11.05.2021 Aufrufe

26_50

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Pelz UND

LEDER

WAS IST SCHLIMMER?

NATUR STATT PLASTIK TRAGEN

IST ES OKAY PELZ ZU TRAGEN?

FOTOGRAF NINA KALUZA/TANJA KALUZA

STYLING / HAARE / MAKE-UP TANJA KALUZA

MODELL JULIUS SCHMIDT / TANJA KALUZA

26


IEVIE

27


was ist

schlimmer ?

28


Pelz oder Leder?

Mai 2015

Für die Pelzherstellung sterben jedes

Jahr Millionen von Tieren einen grausamen

Tod. Nicht nur Nerze, Kaninchen

und Füchse, sondern auch Hunde

und Katzen werden erschlagen oder per

Stromstoß getötet – und manchmal sogar

lebendig gehäutet. Aber auch für die Produktion

von Leder leiden unzählige Kühe,

Schafe oder Hunde. Ihr Schicksal ist nicht

weniger qualvoll als das der Tiere, die

wegen ihres Pelzes getötet werden.

Ist Leder jetzt besser oder schlechter

als Pelz? Die Antwort lautet: Leder ist

GENAUSO SCHLIMM wie Pelz. Leder

ist nämlich keineswegs ein „Abfallprodukt“

der Fleischindustrie, sondern

ein weltweiter Wirtschaftszweig mit

mehr als 80 Milliarden US-Dollar Umsatz

pro Jahr. Die Haut eines Tieres zu

tragen bedeutet immer, dass dieses Tier

Qualen erleiden musste und gewaltsam

getötet wurde. Darum wollen immer mehr

Menschen und Promis, wie Stella MaCartney

oder Joaquin Phoenix, die rücksichtslose

Lederindustrie nicht länger unterstützen.

Eine Recherche von PETA Asia in der chinesischen

Hundeleder-Industrie hat gezeigt, wie

Arbeiter in einem Schlachthaus bis zu 200

Hunde am Tag erschlagen und häuten, um

daraus Handschuhe, Gürtel und andere Accessoires

für den Weltmarkt herzustellen.

Die tierischen Mitbewohner werden von

Banden entführt und an Schlachthäuser

verkauft – und keiner dieser Hunde wollte

sterben.

Ein Großteil des weltweit verkauften Leders

kommt aus Indien. Hier werden Kühe Hunderte

von Kilometern unter extremen Wetterbedingungen

bis nach Bangladesch in den

Tod getrieben. Wenn sie vor Erschöpfung

nicht mehr weiterlaufen können oder

zusammenbrechen, wird ihnen Chilipulver

oder Tabak in die Augen gerieben,

um sie zum Weitergehen zu zwingen. Im

Schlachthaus angekommen wird ihnen die Kehle

durchgeschnitten und sie werden gehäutet – manchmal

sogar lebendig.

Quelle: https://www.peta.de/themen/pelz-oder-leder/

IEVIE

29


Natur statt

plastik tragen

Am Puls der Zeit mit

unseren Modellen und mit

dem Label „weprefur“ und

dem Redesign von Jacken

und Mänteln

30


Alles künstlich

Viele Geschäfte haben Plastiktüten verboten, da diese zum

Sondermüll gehören. Der Zerfall dauert Jahrhunderte auf

den Müllkippen. Umso verwunderlicher ist die Tatsache,

dass billige Anoraks und Steppteile aus künstlich hergestelltem

Polyester immer noch getragen werden dürfen, da es

nachweislich die Umwelt schädigt.

Nicht nur das Einfärben und Bleichen der Stoffe, sondern

auch die Weiterverarbeitung zu Textilien setzt der Umwelt

enorm zu. Hinzu kommt noch die Herstellung in Billigländern,

wozu die in Armut lebenden Arbeiter ausgebeutet

werden. Mit dem Label „weprefur“ steuern wir in unserem

Geschäft aktiv dagegen und forcieren ein Umdenken bei

den Kunden. Das zertifizierte, patentierte und jährlich kontrollierte

Label „weprefur“ mit Materialien aus der Raubwildregulierung

und der Schädlingsbekämpfung, die ansonsten

wertlos entsorgt würden, unterstützt das Thema Nachhaltigkeit

in jeder Weise.

Nachhaltigkeit

In unserer Meisterwerkstätte werden aus alten Pelzen,

federleichte, funktionelle Teile zum „sich wohlfühlen“

gearbeitet. Ob innen, als samtig weiches Kuschelfutter

oder als Materialmix in einer individuellen Verarbeitung

wird der alte Pelz von der Oma oder sonstiger

Verwandtschaft zum unverwechselbaren Lieblingsstück.

Durch Recycling erfährt das ausgediente,

alte Teil auch noch einen wichtigen Beitrag zum

Umweltschutz. Man kann es mit gutem Gewissen

tragen! Immer öfter werden auch im Herrenbereich

individuelle Jacken gefertigt.

Wir bringen Sie als Kunden 100%ig nachhaltig

in die Zukunft. Tradition und Innovation leisten

bei uns -Berchtold Pelz- Leder einen wichtigen

Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit. Überzeugen

Sie sich bei einem Besuch von den

Möglichkeiten, „Natur in Mode“ zu tragen.

IEVIE

31


Fellarten und deren

Herkunft

Es wird leider überhaupt nicht differenziert zwischen den

unterschiedlichen Fellarten und deren Herkunft. So gibt

es eben Materialien die in jedem Fall anfallen, die Umwelt

nicht belasten und nachhaltig sind, wie Felle aus der kontrollierten

Jagd und Schädlingsbekämpfung sowie Felle als

Nebenprodukt der Fleischerzeugung.

Werden diese Felle nicht sinnvoll zu Bekleidungsstücken

verarbeitet, so müsste man sie verrotten lassen oder entsorgen.

Die allgemeine Behauptung, dass die Tiere ausschließlich

für die Pelzindustrie getötet werden, ist daher schlichtweg

falsch. Pelzmaterialien aus der streng kontrollierten

Jagd und Schädlingsbekämpfung sind unter anderem vom

heimischen Rotfuchs, Marder, Dachs, Waschbär, Bisamratte,

Spitznutria, Enok, Opossum und noch einige mehr. Hier

spricht man von Tieren, die aufgrund ihrer Überpopulation

in ihren jeweiligen Ländern zu einer Plage geworden sind,

keine natürlichen Feinde haben und daher bejagt werden

müssen. Zudem gibt es dann noch die Fellarten, die als

Nebenprodukt der Fleischproduktion anfallen. Dazu gehören

alle Arten von Lamm, Schaf, Ziege und Kanin. In diesen

Fällen ist es sowohl moralisch vertretbar als auch ethisch

völlig bedenkenlos das Leder und auch das Fell der Tiere zu

verwerten. Wenn man nun mit Pelz in irgendeiner Form konfrontiert

wird, wäre es sinnvoll zu hinterfragen um welches

Fell es sich handelt, woher dieses stammt und wie die Tiere

dort gehalten, behandelt oder bejagt werden.

Kennzeichnung

Eine freiwillige Kennzeichnung (Art und Herkunft) aller Echtpelz

Artikel besteht bei uns (und in allen Fachgeschäften)

seit langem. In Ländern ohne Vorschriften und Kontrollen

gibt es Missstände, deshalb verarbeiten wir nur Felle aus

der Zucht aus Skandinavien (SAGA, Kopenhagen Fur).

Wir überlassen unseren Kunden beim Fellkauf gerne die

Entscheidung, für welches Material er sich entscheidet,

nachdem wir ihn über alle Thematiken informiert haben.

Quelle: https://pelzberchtold.de/ethik-und-oekologie/

32


IEVIE

33


Ist es okay,

Pelz zu

tragen?

34


Die eine kommt im Nerzmantel, die andere in veganer Outdoorjacke: ZEIT ON-

LINE hat eine Vertreterin der Pelzindustrie und eine Tierschützerin an einen Tisch

gebracht.Von Lara Malberger, Frankfurt am Main

3. März 2018, 17:07 Uhr

Promis zeigen sich in Anti-Pelz-Kampagnen lieber nackt als

umhüllt von totem Tier. „Pelz ist nicht okay“ – das scheint

Konsens zu sein. Verkaufszahlen offenbaren etwas anderes.

Auch Susanne Kolb-Wachtel sagt, Pelz sei hochaktuell. Wir

treffen die Geschäftsführerin des Deutschen Pelzinstituts an

der Ecke zum ehemaligen Kürschnerviertel in der Frankfurter

Niddastraße – zusammen mit einer Frau, deren Position

gegensätzlicher kaum sein könnte: Henriette Mackensen

vom Tierschutzbund. Die Tierärztin setzt sich dafür ein, dass

Pelzfarmen verboten werden. Ein Streitgespräch.

ZEIT ONLINE Diesen Winter fallen mir erstaunlich viele

Leute im Pelz auf. Ältere Damen im Nerz oder Fuchsmantel

und junge Männer mit wehenden Fellkrägen. Ich hätte gedacht,

das Thema sei durch. Frau Kolb-Wachtel, warum wird

weiterhin Tierfell getragen?

Susanne Kolb-Wachtel Ein Pelz ist einfach warm. Besonders

wenn es feucht-kalt ist, verleiht so ein Mantel eine

trockene Wärme, die synthetische Materialien nicht erreichen.

Und ein Pelz kann nachhaltig sein. Der Nerz, den ich

trage, stammt von 1985. Ich habe ihn mehrfach umarbeiten

lassen – inzwischen ist er geschoren und wird nach innen

getragen.

Henriette Mackensen ist Tierärztin und arbeitet für den

Deutschen Tierschutzbund, wo sie sich unter anderem für

ein Verbot von Pelztierfarmen einsetzt. Sie ist seit 20 Jahren

Vegetarierin und nähert sich einer veganen Lebensweise

an. „Wer sich viel mit Tierschutz auseinandersetzt, kommt

irgendwann automatisch dahin“, sagt sie. Ihr Hund darf

allerdings weiterhin Fleischfresser bleiben.

Henriette Mackensen : Ich habe zwei kleine Kinder,

einen Hund und verbringe sehr viel Zeit draußen. Trotzdem

schaffe ich es, mich ohne Pelz warmzuhalten. Meine Winterjacke

ist von einer Outdoormarke, ich glaube aus Norwegen

– jedenfalls ohne tierische Bestandteile. Und sehr warm.

Kolb-Wachtel : Das ist ja das Schöne! Wärmeempfinden

ist individuell, manche frieren eher als andere. Der Verbraucher

hat die Wahl. Das sollte so bleiben, schließlich ist

Mode etwas, das unsere Entscheidungsfreiheit repräsentiert.

ZEIT ONLINE : Und diese Freiheit geht soweit, dass sich

jemand für den Tod von Tieren entscheidet, die zur Fellproduktion

gezüchtet wurden? Diese Felle stammen ja bei

Weitem nicht alle von Tieren, die gegessen werden.

Kolb-Wachtel : Richtig, aber gute Pelze hierzulande

werden aus Fellen von zertifizierten, kontrollierten Farmen

hergestellt.

ZEIT ONLINE : Da kann ich mich als Käuferin im Laden drauf

verlassen?

Mackensen : Absolut nicht! Es gibt unzählige importierte

Textilien mit Fellen dran, von denen niemand nachvollziehen

kann, wo sie herkommen oder wie die Tiere gehaltewurden.

IEVIE

35


Kolb-Wachtel : Moment. Sie müssen zweierlei unterscheiden.

Auf der einen Seite gibt es unsere in Deutschland

gefertigten Pelze: Nerze und Fuchsjacken etwa, die hier in

Handwerksbetrieben verarbeitet werden. Und dann gibt

es auf der anderen Seite, wie Frau Mackensen richtig sagt,

Fellverarbeitung in der internationalen Modeindustrie. Bei

dieser Art von Massenproduktion geht es nur darum, ob ein

Teil mit Fell dran in der Fertigung 50 Cent günstiger ist – die

Wege sind kaum nachvollziehbar. Nur ist das ein Markt, auf

den unsere Branche keinerlei Einfluss hat.

ZEIT ONLINE : Das heißt, es gibt gute und böse Pelze?

Mackensen : Ein Pelz als Kleidungsstück kann für mich

niemals gut sein.

Kolb-Wachtel : Es ist wie mit allen Produkten: Qualität

kostet Geld. Die geprüften, hochwertigen Waren sind den

Leuten oft zu teuer. Jeder weiß, wenn er billig kauft, muss

einer den Preis dafür bezahlen. Wenn Sie eine Mütze mit

Pelzbommel für zehn Euro bekommen oder einen Parka

mit Pelzbesatz für 99 Euro, dann wissen Sie doch, dass da

was in der Produktion nicht stimmen kann. Nur nehmen das

viele in Kauf.

Mackensen : Manch einer erkennt doch gar nicht, dass es

sich bei dem, was er kauft, um echten Pelz handelt. In den

Kaufhäusern hängen billige Echtpelze neben Kunstpelz

zum gleichen Preis am selben Ständer. Die Kundinnen und

Kunden sind nicht in der Lage, die Fasern zu unterscheiden

– auch, weil es nicht richtig gekennzeichnet ist.

Kolb-Wachtel : Mit der Kennzeichnung rennen Sie bei mir

offene Türen ein! Das deutsche Pelzinstitut hat das längst

eingeführt. Bei allen Waren unserer Verbandsmitglieder

steht drauf, dass es Echtfell ist. Zusätzlich ist der deutsche

Name des Tieres auf dem Kleidungsstück vermerkt (siehe

Kasten), der lateinische und der amerikanische. Gute Modehändler

bieten nur derart gekennzeichnete, hochwertige

Ware an. Die billigen Sachen haben diese Hinweise nicht.

Damit Kundinnen und Kunden nachvollziehen können, wie

die Tiere gehalten werden, hat das Pelzinstitut mit dem

europäischen Pelzverband Fur Europe das Label WelFur

eingeführt.

ZEIT ONLINE : Die teuren gekennzeichneten Produkte sind

also alle aus Farmen, in denen es den Tieren gut geht?

Mackensen : Das ist Unsinn. Aus Tierschutzsicht sind die

36


Bedingungen auch in europäischen Farmen absolut nicht

akzeptabel. Teilweise sind sie nicht besser als in China.

ZEIT ONLINE : Auch in den zertifizierten? Wieso bekommen

solche Farmen dann das Siegel?

Mackensen : Weil es nur darum geht, ob die niedrigen

Rahmenbedingungen eingehalten werden – nicht darum,

ob die Haltung tiergerecht ist. Wir reden noch immer von

Käfigen. Und zwar von sehr kleinen. Eine Nerzfarm bekommt,

was die Unterbringung angeht, nach WelFur schon

die beste Bewertung, wenn die Käfige fünf Zentimeter

höher sind als vom Europarat empfohlen. Dieser hat vorgegeben:

0,26 Quadratmeter pro Nerz reichen. Das ist auf

keinen Fall tiergerecht!

Kolb-Wachtel : Unser Verband arbeitet daran, europaweit

gleiche Standards durchzusetzen. Sieben europäische Universitäten

haben das WelFur-Programm entworfen, die teilnehmenden

Farmen werden regelmäßig überprüft – alles

finanziert durch die Farmer und den europäischen Pelzverband.

ZEIT ONLINE : Was genau wird kontrolliert?

Kolb-Wachtel : Die Unterbringung, die Gesundheit, das

Verhalten und die Fütterung. Die Tiere dürfen in den Käfigen

nicht so körperlich eingeschränkt sein, dass sie krank

werden. Sie sollen sich adäquat verhalten können. Naturnah

leben sie in den Farmen nicht, das ist klar.

Mackensen: Wenn jemand den Begriff WelFur hört, denkt

er doch, da ist etwas tolles Neues entstanden. Nicht, dass

die vorhandenen Käfiganlagen einfach zertifiziert worden

sind. Der Verbraucher will wissen, dass die Tiere vernünftig

gehalten werden. Das wird durch WelFur sichergestellt. Für

eine Zertifizierung wird die Farm drei Mal pro Jahr besucht.

Mindestens. Die Tiere werden sechs bis acht Stunden am

Tag beobachtet. Dabei fällt auf, falls sie sich komisch verhalten

oder krank sind. Unsere Pelztiere werden stärker kontrolliert

als jedes andere Tier in Menschenhand.

Mackensen: Das sind Mindeststandards, die nur den

Status quo regulieren. Und die werden nicht in ganz Europa

eingehalten.

Kolb-Wachtel : Ja, in Polen gibt es noch Farmen, die

dem Verband nicht beigetreten sind. Die Betreiber sind der

Ansicht, sie würden ihre Felle auf dem großen Modemarkt

auch so los. Diese Farmen lassen niemanden rein. Dort

herrschen mit Sicherheit andere Bedingungen als hier in

Deutschland, wo ich alle Farmen kannte.

ZEIT ONLINE : Von denen alle, bis auf eine, aufgegeben

haben.

Kolb-Wachtel : Stimmt, auch der letzte Farmer wird wohl

in den nächsten fünf Jahren aufhören. Dann sind Pelzfarmen

in Deutschland sowieso kein Thema mehr.

Mackensen: Bis dahin müsste er die verschärften Gesetze

einhalten: Die schreiben noch größere Käfige und ein Wasserbecken

für Nerze vor.

ZEIT ONLINE : Lohnt es sich für deutsche Farmer also nicht

mehr?

Mackensen : Verschärfte Regeln führen oft dazu, dass

Pelztierfarmer aufhören. Wie in Schweden, wo Grabegelegenheiten

für Füchse vorgeschrieben wurden. Danach

haben die meisten Fuchsfarmen den Betrieb eingestellt.

ZEIT ONLINE : Wandern die Farmer dann nicht ins Ausland

ab?

Mackensen : Solche Verschiebungen haben wir bemerkt,

als 2012 das Farmverbot in den Niederlanden beschlossen

wurde. Danach sind viele nach Polen gegangen, wo sich

dann Protest gerührt hat. Im Sommer können die Anwohner

nicht mehr draußen sitzen, wegen der Fliegen und des

Gestanks – die Fäkalien sammeln sich unter den offenen

Käfigen. Hinzu kommen Rattenplagen und sinkende Immobilienpreise.

Jetzt hat die Regierung einen Entwurf zum

Verbot von Pelzfarmen ins Parlament eingebracht.

ZEIT ONLINE : Und außerhalb Europas?

Mackensen : Wenn mehr Staaten Pelztierfarmen verbieten,

sagen die anderen vielleicht: „Warum soll es bei uns stattfinden?“

Kolb-Wachtel : Ich glaube nicht, dass das so bald passiert.

Die Nachfrage ist da. In Europa herrscht ein weitaus besseres

Tierschutzverständnis als beispielsweise in China. Deshalb

finde ich es aus Tierschutzsicht sinnvoller, die Farmen

hier zu haben. So hat man eine bessere Kontrolle über die

Haltungsbedingungen.

ZEIT ONLINE : Eine Farm vor der eigenen Haustür möchte

niemand. Woher die eigene Kleidung kommt, scheinen

wiederum wenige zu hinterfragen. Seit Jahren sind Parkas

IEVIE

37


38


mit riesigen Fellkragen im Trend. Es gibt sie von billigen,

mittelpreisigen und teuren Marken.

Kolb-Wachtel : Dass sich ein Trend so lange hält, haben

wir noch nie erlebt. Es gibt sogar Mitglieder unseres Verbandes,

die haben sich darauf spezialisiert, echte Fuchsfelle

an günstige Parka zu nähen. Die jungen Frauen wollen

einen modernen Parka, aber nicht das billige falsche Fell.

Was übrigens zeigt, dass Pelz auch unter jungen Leuten

weiter beliebt ist.

Mackensen : Gerade was diese Krägen angeht, gibt es

große Probleme mit der Kennzeichnung. Der Tierschutzbund

hat etliche Kleidungsstücke untersuchen lassen, und

da war ein Großteil falsch oder nicht gekennzeichnet, etwa

aus einem edlen Kaufhaus am Marienplatz in München,

wo es nicht unbedingt die billigsten Sachen gibt. Auf den

Etiketten fanden sich Bezeichnungen wie „Tanuki“ oder

„Enok“. Auf einem stand „Waschbär“ als Übersetzung für

Asiatic Raccoon. Die meisten waren aus Marderhund – das

haben Stichproben im Labor gezeigt.

Kolb-Wachtel : Das Letzte ist wirklich falsch übersetzt.

Wenn der Verbraucher sich allerdings für das interessieren

würde, was er kauft, wüsste er, dass Asiatic Raccoon die

offizielle Bezeichnung für Marderhund ist. Wenn Tanuki

draufsteht, ist der japanische Marderhund gemeint. Enok ist

der russische Name für dasselbe Tier. In den verschiedenen

Sprachen heißen die Tiere nun einmal anders. Das ist keine

vorsätzliche Täuschung. Falls wirklich etwas falsch gekennzeichnet

ist, sollte man es meiner Meinung nach aber

zurückbringen.

Mackensen : Ich halte das sehr wohl für Verbrauchertäuschung.

Soll jeder sich die Spezialnamen für Tiere aus verschiedenen

Ländern merken?

ZEIT ONLINE : Oft steht ja auch gar nichts drauf.

Mackensen : Genau, und da kann trotzdem Fell dran oder

drin sein. Die aktuelle gesetzliche Lage ist unbefriedigend.

Auf Kleidung, die zu 80 Prozent aus Textilfasern besteht,

muss nur stehen: „Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“.

Ein sperriger Begriff, der alles bedeuten kann:

Daunen in der Füllung, Hornknöpfe oder eben Pelz.

Kolb-Wachtel : Die EU wollte ja keine Sonderregelung,

wir hatten denen unsere Etiketten vorgeschlagen – in drei

Sprachen mit dem Hinweis, dass es Echtpelz ist.

Mackensen : Auch wir wollen, dass die EU das überarbeitet.

Ob dadurch aus Tierschutzsicht etwas besser wird, ist

fraglich. Zumindest würde es – anders als derzeit – eine aufgeklärte

Kaufentscheidung ermöglichen.

Kolb-Wachtel : Kennen Sie die Studie der Dualen Hochschule

Ravensburg? Dafür haben Studierende Hunderte

Leute befragt, die Pelz tragen. Die Überraschung: Einem

großen Teil war es relativ egal, ob das Fell an ihrer Kleidung

echt war.

Mackensen : Es war einem Teil egal. Viele Bekleidungsketten

schließen sich in letzter Zeit der pelzfreien Unternehmenspolitik

an. Beim Fur Free Retailer Program zum

Beispiel machen große Anbieter wie Zara mit, die verhältnismäßig

günstige Kleidung verkaufen. Aber auch Designer

wie Armani, Hugo Boss oder zuletzt Gucci nehmen teil.

Gucci hat angekündigt, ab Frühjahr 2018 auf Pelze zu verzichten.

Das machen diese Unternehmen nicht aus reiner

Tierliebe, sondern weil ihre Kundinnen und Kunden keine

Pelze möchten.

Kolb-Wachtel : Gucci verzichtet nur auf Fuchs und Nerz.

Felle aus der Nutztierhaltung werden weiterhin verwendet.

Shearling, ein Lammfell, zum Beispiel. Eines der wichtigsten

Produkte von Gucci sind Slipper aus Lamm. Die wird es

weiterhin geben. Was sie aufgeben, sind die Nerzmäntel

für 45.000 Euro. Von denen verkaufen sie ohnehin nur fünf

Stück im Jahr. Das ist für mich Heuchelei, wenn ein Unternehmen

einfach 30 Produkte weniger verkauft, die für das

Geschäft unwichtig sind, und sich dann damit rühmt.

Mackensen: Pelze aus der reinen Pelztierhaltung kann

man anders bewerten als die, die aus der Nutztierhaltung

zur Fleischgewinnung stammen. Den Weg ist Gucci jetzt

gegangen, indem sie auf Pelze aus Zuchten verzichten, weil

das nicht mehr aktuell ist und wir wunderbare Kunstprodukte

haben. Es stimmt: Die Produkte aus der Fleischgewinnung

verwenden sie weiter. Aber das ist ein Unterschied.

Kolb-Wachtel : Auch unsere Nerze werden weiterverwertet.

Sie gehen in Biogasanlagen, die Tierfutterverwertung

und Nerzöl ist in der Kosmetik- und Pharmaindustrie gefragt.

Mackensen : Trotzdem ist das nicht der primäre Zweck

für die Haltung dieser Tiere. Der Grund, dass sie gezüchtet

werden, ist das Fell. Man kann sich dagegen entscheiden.

IEVIE

39


ZEIT ONLINE : Einige sagen, so ein Pelz habe aber eine

super Ökobilanz.

Kolb-Wachtel : Beim Thema Nachhaltigkeit liegt unsere

Branche – und ich spreche wieder nur vom Pelzhandwerk –

weit vorne. Das haben Life-Cycle-Analysen gezeigt.

Mackensen : Ich kenne da andere Zahlen. Wenn man

alles mit einbezieht – von der Futtergewinnung über die

Aufzucht, die Fäkalien, die produziert werden, den Stickstoffeintrag

in die Erde bis hin zur Schlachtung, den Transport

der Felle und die weitere Verarbeitung – dann fällt der

ökologische Fußabdruck schon deutlich schlechter aus.

Hinzu kommen die Chemikalien, die für das Gerben und für

Färbungen eingesetzt werden.

Kolb-Wachtel : Ein echter Pelz hält 30 Jahre. Ein künstlicher

Pelz ein oder zwei, dann fliegt er auf den Müll. Dort

bleibt er 100 Jahre erhalten. Mittlerweile verwenden wir zunehmend

pflanzliche Gerbstoffe: Der Pelzmantel hält dann

zwar keine 30 Jahre mehr, aber man kann ihn vergraben

und hat hinterher nur die Knöpfe übrig. Meist wird ein Pelz

gar nicht weggeworfen, sondern umgearbeitet.

ZEIT ONLINE : Kann man jedes Stück problemlos umarbeiten

lassen? Und macht man sich mit Fellen von Tieren, die

unter Artenschutz stehen, nicht strafbar?

Mackensen : Man kann gravierende Probleme mit dem

Gesetz bekommen! Es gibt ein Vermarktungsverbot für geschützte

Arten. Selbst wenn jemand einen Mantel von der

Oma übernommen hat, muss er ihn bei der Naturschutzbehörde

melden, egal ob er ihn nur besitzt, tragen oder verkaufen

will. Jedem sollte klar sein: Mit solchen Erbstücken

darf man nicht zu leichtfertig umgehen.

Kolb-Wachtel : Die Strafen sind wirklich drastisch. Sie

müssen, wenn Sie mit so was erwischt werden, nachweisen,

dass der Vorbesitzer den Pelz legal erworben hat. Das kann

durch Fotos aus der Zeit passieren, auf denen man den

Mantel erkennt. Oder mit einem Gutachten, aber das kostet

Geld.

hoffen, dass künftig aus der Jagd jährlich bis zu 250.000

Felle genutzt werden können.

Mackensen : Der Tierschutzbund sieht auch die Jagd

kritisch, so wie sie derzeit durchgeführt wird. Der Waschbär

gilt zwar als invasive Art, ist aber ökologisch nicht so

problematisch, wie Jäger sagen. Man könnte die Tiere zur

Eindämmung auch kastrieren. Bei Füchsen hat sich sogar

gezeigt, dass die Jagd die Vermehrung ankurbeln kann. Solange

Felle da sind, ist es dennoch besser, sie zu verwerten,

als sie wegzuwerfen. Pelze sollten aber kein Anreiz für die

Jagd sein.

Kolb-Wachtel : Wenn wir alle rausgehen und unser Fleisch

selber besorgen müssen, würde unser ganzer Konsum anders

aussehen. Viele Menschen wissen nicht mehr, woher all

ihre Nahrung oder ihre Kleidung kommt.

ZEIT ONLINE : Was wäre denn Ihr Ziel als Vertreterin der

Pelzbranche?

Kolb-Wachtel : Den Handel damit so gut wie möglich zu

machen. Wir fangen mit WelFur an, also der Zertifizierung in

ganz Europa. Wir wollen, dass die Tiere bestmöglich gehalten

werden und nicht leiden. Aber Kunden für Pelz – die

wird es immer geben.

ZEIT ONLINE : Und was wünschen Sie sich als Tierschützerin,

Frau Mackensen?

Mackensen : Dass kein Tier mehr wegen seines Fells leiden

und sterben muss. Verbraucher sollten schnell erkennen

können, was sich hinter den Bezeichnungen versteckt.

Und ein europäisches Pelztierfarmverbot fände ich gut. Im

besten Fall würde so ein Trend entstehen, der sich weltweit

fortsetzt.

Quelle: https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2018-02/pelz-jacke-tierschutz-industrie-debatte/komplettansicht

ZEIT ONLINE : Felle können ja auch bei der Jagd anfallen

– etwa auf invasive Arten wie den Waschbären. Wäre das

nicht eine Alternative?

Kolb-Wachtel : Momentan kommt nicht mal ein Prozent

von gejagten Tieren. Unser Verband will das ändern. Wir

40


IEVIE

41


42


Pelz

i

herstellung

So wird ein Pelz

hergestellt:

1. Weichen : In der Weiche werden die getrockneten und konservierten

(durch Einfrieren oder Einsalzen zum Beispiel) Rohfelle

im Wasser wieder weich und geschmeidig gemacht.

2. Entfleischen : Maschinell oder von Hand wird auf der

Lederseite der Felle das überflüssige Unterhautbindegewebe

entfernt.

3. Waschen : Stark verschmutzte und naturfetthaltige Rohfelle

werden gereinigt.

4. Pickeln : Eine Lösung aus Kochsalz und Säuren bereitet die

Haut auf den eigentlichen Gerbprozess vor.

IEVIE

43


Pelztiere

im

ueberblick

Baranduk/Burunduk : asiatisches Erdhörnchen, auch sibirisches

Streifenhörnchen genannt

Mink : amerikanischer Nerz

Persianer oder Karakul : Lammfell einer asiatischen

Schafsrasse – die verwerteten Schafe sind nur wenige Tage alt.

Marderhund : Asiatischer Waschbär, Asiatic Raccoon, Enok,

Tanuki, Murmansky, all diese Bezeichnungen meinen den Marderhund.

Asian Wolf : Steppenwolf, kleine Wolfsart aus Zentralasien, eurasische

Unterart des Wolfes

Asian Jackal : Schakal ist die Bezeichnung für fleischfressende

Säugetiere der Gattung Canis, zu der Wölfe und Hunde zählen.

Der Handel konkret mit Hundefellen ist in Europa seit 2009

verboten.

Chinchilette : So nennt sich veredeltes Kaninchenfell, das

wie Chinchilla aussehen soll.

Corsac Fox : Steppenfuchs, der in Sibirien und Zentralasien

heimisch ist

Gaewolf, Goupee oder Sobaki : Gae ist das koreanische

Wort für den Pariahund, einem verwilderten Haushund. In

Russland heißt dieser Sobaki, in China Goupee. Dieser in den

1960er-Jahren viel gehandelte Pelz wird in Europa nicht mehr

verkauft.

44


IEVIE

45


LOVE

YOURSELF

ANY BODY IS BEAUTIFUL

FOTOGRAF NINA KALUZA

STYLING / HAARE / MAKE-UP TANJA KALUZA

MODELL ELISA KASTEN

46


IEVIE

47


48


CLOSELY

IEVIE

49


CLOSELY:

UNSERE

PHILO-

SOPHIE

Wir sind eine neue schwedische

Marke, 2019 von Tove

Langseth und Filip Nilsson gegründet.

Wir kreieren Wäsche

und Sportswear und haben uns

vorgenommen, in beiden Kategorien

völlig neue Maßstäbe zu

setzen.

Wir betreten die Bühne ohne

überholte Vorstellungen von

Frauen, ihren Körpern oder

ihrer Unterwäsche. Für kompromisslose

Funktionalität und

das Gefühl von Freiheit gehen

wir bis zum Äußersten. Das

bedeutet unter anderem auch,

alles dafür zu tun, unsere Auswirkungen

auf den Planeten zu

minimieren.

DIE CLOSELY GRÜNDER.

50

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!