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Quality Engineering 03.2021

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Ausgabe 03 | 2021<br />

www.qe-online.de<br />

Interview<br />

Integration<br />

Qualitätsmanagement<br />

verknüpft sich mit ERP<br />

» Seite 06<br />

Bildverarbeitung<br />

Von der Nischen-Technologie<br />

zum Mainstream<br />

» Seite 34<br />

Automatisierung<br />

Flexible Lösungen für<br />

kleine Losgrößen<br />

» Seite 22<br />

Werth-Chef Dr. Ralf Christoph<br />

erklärt, warum im Geschäft<br />

mit der Computertomographie<br />

die Musik spielt<br />

» Seite 12<br />

TITELSTORY<br />

Messen in der<br />

dritten<br />

Dimension<br />

» Seite 26<br />

Qualität in der Fertigung


Industrie<br />

Das Kompetenznetzwerk der Industrie<br />

24. Anwenderforum<br />

Additive<br />

Produktionstechnologie<br />

10. Juni 2021,<br />

DIGITAL EDITION<br />

Digital-<br />

Event!<br />

Der steigende Reifegrad der<br />

additiven Fertigung ermöglicht<br />

den immer stärkeren<br />

Einsatz dieser Technologie in der industriellen Fertigung.<br />

Freuen Sie sich auf spannende Vorträge von<br />

Herstellern und Anwendern sowie auf hochkarätige<br />

Keynote-Speaker! Die Veranstaltung beleuchtet die<br />

additve Fertigung sowohl metall- als auch kunststoffseitig.<br />

Additive Fertigung<br />

mit Metall als<br />

Innovationstreiber<br />

10. Juni 2021 |<br />

09:30 – 12:45 Uhr<br />

Wie additive Kunststoffverfahren<br />

den<br />

Markt erobern<br />

10. Juni 2021 |<br />

13:30 – 16:05 Uhr<br />

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Auf Austausch müssen Sie dabei nicht<br />

verzichten: Beteiligen Sie sich gerne mit Ihren<br />

Fragen an die Referenten via Chat.<br />

Wir freuen uns auf Sie!<br />

Bild: Fraunhofer IPA<br />

2 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


» EDITORIAL<br />

Generationswechsel<br />

Wir befinden uns nach wie vor in turbulenten und aufregenden Zeiten.<br />

Auch bei der <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> gibt es Neuigkeiten: Der langjährige<br />

Chefredakteur des Industrieanzeiger, der Beschaffung Aktuell und der<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong>, Werner Götz, wird im Juni nach insgesamt bald 27<br />

Jahren im Konradin-Verlag in den wohlverdienten Ruhestand wechseln<br />

und ich, Alexander Gölz, werde seine Nachfolge antreten. Daher möchte<br />

ich dieses Editorial nutzen, um mich Ihnen kurz vorzustellen.<br />

Begonnen hat meine journalistische Tätigkeit im Jahr 2012 in der<br />

Industrieanzeiger- Redaktion in Form eines zwei-jährigen Volontariats. Im<br />

Anschluss war ich für den Industrieanzeiger und die Schwesterzeitschrift<br />

„Beschaffung aktuell“ als Redakteur mit den Ressorts Intralogistik, Arbeitsschutz<br />

und C-Teile-Management tätig. Die vergangenen zwei Jahre hatte<br />

ich die Position als Chefredakteur der Onlineredaktion Industrie inne.<br />

Ich freue mich auf die kommenden Aufgaben und darauf gemeinsam mit<br />

dem QE-Team um Sabine Koll, Markus Strehlitz und Uwe Schoppen, Sie,<br />

liebe Leserinnen und Leser, weiterhin über Trends und Neuheiten rund um<br />

die Qualitätssicherung auf dem Laufenden zu halten.<br />

In dieser Ausgabe möchte ich Ihnen insbesondere unser Fokusthema „Automatisierte<br />

Qualitätssicherung empfehlen (ab Seite 22). Des Weiteren beleuchten<br />

wir im Special „Bildverarbeitung“ (ab Seite 33) ein Rolle-zu-<br />

Rolle-Inspektionssystem für Barrierefolien am Fraunhofer FEP, welches<br />

mittels Hyperspektral-Bildgebung und Künstlicher Intelligenz Folien für<br />

organische Leuchtdioden (OLED) oder Solarzellen (OPV) überprüft.<br />

Zu guter Letzt empfehle ich Ihnen noch ein Interview (Seite 12) mit Dr.<br />

Ralf Christoph, Geschäftsführer von Werth Messtechnik, über die Auswirkungen<br />

der Corona-Krise. So viel sei verraten: Die Talsohle ist bei Werth<br />

durchschritten und die Nachfrage zieht wieder an. Vor allem im Geschäft<br />

mit der Computertomographie (CT) spiele die Musik. Viel Spaß beim Lesen!<br />

ScopeCheck ® FB<br />

in Multi-Z-Achsen-Bauweise zur<br />

perfekten Integration von Multisensorik<br />

Produktneuheiten 2021<br />

Multisensorik und<br />

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TomoScope ® XS FOV 500<br />

für schnelle Messergebnisse in<br />

Fertigung und Messraum<br />

Alexander Gölz<br />

Chefredakteur<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />

alexander.goelz@konradin.de<br />

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Werth Messtechnik GmbH<br />

Siemensstraße 19<br />

35394 Gießen, Deutschland<br />

mail@werth.de<br />

Tel. +49 641 7938-0<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 3


» INHALT 03 2021 40. JAHRGANG<br />

IM FOKUS<br />

Automatisierte<br />

Qualitätssicherung<br />

schreitet<br />

Automatisierungslösungen<br />

decken<br />

voran<br />

Fehler frühzeitig auf<br />

» Seite 22<br />

– nicht nur in der Großserie.<br />

Gefordert sind schnelle<br />

sowie flexible Systeme.<br />

Bild: Wenzel<br />

MANAGEMENT<br />

Integration<br />

QM- und ERP-Software –<br />

Speziallösung oder alles aus einer Hand? 06<br />

Alles was Recht ist<br />

Rückruf – ein Begriff und seine<br />

oft ungenaue Verwendung 09<br />

Kooperationsprojekt<br />

QI-Digital soll die deutsche<br />

Qualitätsinfrastruktur digitalisieren 10<br />

Werth-Chef im Interview<br />

Ralf Christoph über die aktuellen Geschäftsaussichten<br />

und die Bedeutung der Computertomographie 12<br />

Personal & Karriere<br />

Fachkräftemangel – Unternehmen müssen sich<br />

auf vielfältige Bewerbergruppen einlassen 15<br />

Messmittel<br />

Regelmäßige Überprüfung sorgt<br />

für mehr Sicherheit 16<br />

Eine Redaktion – zwei Meinungen<br />

Wie viel Kontrolle braucht es im Privatleben? 18<br />

DQS-Konferenz<br />

Remote Audits gewinnen in der Pandemie<br />

an Bedeutung 20<br />

IM FOKUS:<br />

AUTOMATISIERUNG<br />

Trendbericht<br />

Automatisierte Messtechnik lohnt sich<br />

auch bei kleinen Losgrößen 22<br />

Lasertriangulation<br />

Neue 3D-Sensoren beschleunigen<br />

die Oberflächenmessung 26<br />

Optische Messtechnik<br />

Roboter mit Weißlichtsensor reduziert<br />

Zykluszeiten bei Automobilzulieferer 30<br />

BILDVERARBEITUNG<br />

Interview mit Fraunhofer-Vision-Experte<br />

Michael Sackewitz sieht Forschungsboom<br />

in der Bildverarbeitung 34<br />

Digitalmikroskop<br />

Visioner 1 liefert tiefenscharfe<br />

Bilder in Echtzeit 36<br />

Oberflächenrauheit<br />

Vorteile der Weißlichtinterferometrie lassen<br />

sich jetzt auch direkt in der Fertigung nutzen 40<br />

Schallvisualisierung<br />

Akustische Kameras unterstützen Maschinenbauer<br />

bei der Qualitätssicherung 42<br />

Schutzmaskenproduktion<br />

System mit Künstlicher Intelligenz<br />

übernimmt die Qualitätskontrolle 44<br />

Verpackungskomponenten<br />

Kameraverbund prüft 100 %<br />

und in Hochgeschwindigkeit 46<br />

TECHNIK<br />

Prüfung biomedizinischer Teile<br />

Die Integration einer Torsionsfähigkeit in<br />

ein axialdynamisches Prüfsystem bietet Vorteile 48<br />

Betriebsfestigkeit<br />

Software berechnet Lebensdauer von Zahnrädern 50<br />

Elektromobilität<br />

Zwei Testsysteme prüfen und<br />

messen Steuerplatinen 52<br />

News und Produkte 53<br />

4 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Bild: exentia/stock.adobe.com/<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />

Kooperationsprojekt QI-Digital gestartet: Deutschland denkt<br />

Qualitätssicherung digital.<br />

» Seite 10<br />

Bild: Zeiss<br />

Mit dem Digitalmikroskop Visioner 1 lassen sich Proben bis zu einer Tiefe<br />

von 69 mm inspizieren.<br />

» Seite 36<br />

QUALITY WORLD<br />

Umweltverschmutzung<br />

Forschungsprojekt etabliert Prüfkriterien<br />

zur Bestimmung von Mikroplastik im Boden 57<br />

Firmenindex 59<br />

Impressum 59<br />

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Ein Unternehmen von <strong>Quality</strong> Vision International<br />

Der größte optische Multisensorkonzern der Welt<br />

<strong>Quality</strong> 65719 <strong>Engineering</strong> Hofheim-Wallau » 03|2021 5<br />

T: 06122/9968-0 • www.ogpgmbh.de


» MANAGEMENT<br />

Ein Puzzle-Teil von<br />

vielen – es existiert<br />

ein breites Spektrum<br />

an Systemen, mit<br />

denen sich Qualitätsmanagement-Software<br />

verbindet.<br />

Bild: alphaspirit/stock.adobe.com<br />

Integration von QM- und ERP-Software<br />

Speziallösung oder alles<br />

aus einer Hand?<br />

Die Beteiligung von Proalpha an Böhme & Weihs sorgt für eine enge Verzahnung<br />

von ERP und Qualitätsmanagement-Software – mit Vorteilen für die Anwender,<br />

wie die beiden Firmenchefs behaupten. Auch andere Anbieter setzen auf<br />

Integration, wollen aber unabhängig bleiben.<br />

» Markus Strehlitz<br />

Wir fokussieren uns auf die Fertigungsindustrie.<br />

Das Qualitätsmanagement<br />

ist für unsere Kunden extrem<br />

relevant“, sagt Eric Verniaut, CEO des ERP-<br />

Anbieters Proalpha. Damit gibt er die Antwort<br />

auf die Frage, warum sich sein Unternehmen<br />

vor kurzem an dem CAQ-Spezialisten<br />

Böhme & Weihs beteiligt hat. Proalpha<br />

soll sich zu einer Innovationsplattform<br />

für die fertigende Industrie im Mittelstand<br />

entwickeln. Und Qualitätsmanagement<br />

ist ein Baustein dieser Strategie.<br />

Mit einem einfachen QM-Modul, wie es<br />

andere ERP-Anbieter in ihre Lösung integriert<br />

haben, sei es nicht getan, so Verniaut.<br />

„Gerade CAQ ist ein sehr spezifischer<br />

Bereich, in dem tiefes Normen- und Prozesswissen<br />

entscheidend sind. Das können<br />

wir allein nicht abdecken.“ Mit Böhme<br />

& Weihs will Verniaut daher das Proalpha-Portfolio<br />

um eine Expertenlösung<br />

erweitern. „Wir wollen Best of Suite mit<br />

Best of Breed verbinden.“<br />

Nutzer sollen zur Migration<br />

bewegt werden<br />

Die Einbindung der Technologie von Böhme<br />

& Weihs in die ERP-Lösung soll nahtlos<br />

sein. Diese wird von der Prozessintegration<br />

bis zu einer Integration der Nutzeroberfläche<br />

reichen, so der Plan. „Die<br />

Anwender werden nicht mal merken,<br />

wenn sie das ERP verlassen und in die<br />

Böhme-&-Weihs-Applikation wechseln“,<br />

sagt der CEO.<br />

Ziel ist es, sukzessive alle Proalpha-<br />

Kunden, die zur Zeit noch eine andere<br />

Qualitätsmanagement-Software nutzen,<br />

zu einer Migration nach Böhme & Weihs<br />

zu bewegen. Das soll laut Verniaut im<br />

Laufe eines „vernünftigen Zeitraums“<br />

passieren. Gerade für Unternehmen, die<br />

mit der Komplexität einer Integration<br />

nicht umgehen können, sei die enge Verknüpfung<br />

von ERP und CAQ interessant.<br />

„Das wird die Entscheidung, zu Böhme &<br />

Weihs zu wechseln, deutlich beeinflussen“,<br />

glaubt Verniaut.<br />

6 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 7


» MANAGEMENT<br />

„Gerade CAQ ist ein sehr spezifischer Bereich, in dem tiefes Normen- und<br />

Prozesswissen entscheidend sind. Wir wollen Best of Suite mit Best of Breed<br />

verbinden“, sagt Eric Verniaut, CEO von Proalpha.<br />

Bild: Proalpha<br />

Das Konzept, ERP- und QM-Software miteinander zu nutzen, hänge immer<br />

auch von den individuellen Gegebenheiten eines Unternehmens ab, meint<br />

Iris Bruns, Geschäftsführerin von Consense.<br />

Bild: Consense<br />

„Böhme & Weihs wird aber weiterhin<br />

vollständig unabhängig im Markt agieren“,<br />

sagt Professor Norbert Böhme, Geschäftsführer<br />

des CAQ-Spezialisten. Die<br />

Lösung werde auch weiterhin Schnittstellen<br />

zu anderen ERP-Systemen bereit stellen.<br />

Das sei schon allein deshalb notwendig,<br />

weil Unternehmen häufig mit mehreren<br />

unterschiedlichen ERP-Systemen arbeiten<br />

– zum Beispiel abhängig von Werk<br />

zu Werk. „Uns fällt dann oft die Aufgabe<br />

zu, für eine Synchronisation zu sorgen“,<br />

so Böhme.<br />

Jeder muss mit dem System<br />

arbeiten können<br />

Auch andere Anbieter betonen, wie wichtig<br />

ein offener Ansatz ist. „Wir schaffen in<br />

unseren Projekten immer die notwendigen<br />

Schnittstellen und verlinken aus unseren<br />

Prozessen in alle Systeme, mit denen<br />

operativ gearbeitet wird“, sagt Dr. Iris<br />

Bruns, Geschäftsführerin von Consense.<br />

Hieraus werden auch Kennzahlen generiert,<br />

aufbereitet und kommuniziert.“<br />

Das Konzept, ERP- und QM-Software<br />

miteinander zu nutzen, hängt ihrer Meinung<br />

nach immer auch von den individuellen<br />

Gegebenheiten eines Unternehmens<br />

ab. „Qualitätsmanagement ist ein Thema,<br />

das wirklich jeden Mitarbeiter erreichen<br />

muss“, so Bruns. „Jeder einzelne sollte die<br />

Möglichkeit haben, die Inhalte eines QM-<br />

Systems schnell verfügbar zu haben – und<br />

dies in einer einfachen und verständlichen<br />

Weise, sodass jeder mit dem System<br />

arbeiten kann.“ Daher sei die Informati-<br />

»Der Markt hat Bedarf<br />

an unabhängigen<br />

Anbietern«<br />

Michael Flunkert, Babtec<br />

onsaufbereitung ganz entscheidend für<br />

die Akzeptanz eines Qualitätsmanagement-Systems.<br />

Böhme sieht gerade im Thema Prozesse<br />

ein wichtiges Argument für die Integration<br />

von Proalpha und Böhme & Weihs.<br />

„Für uns ist es eine sehr angenehme Art,<br />

eine Integration auf direktem Weg zu<br />

schaffen.“ Normalerweise müsse sich der<br />

Anwender überlegen, welche Abläufe er<br />

benötigt. „Nun muss er nicht mehr darüber<br />

nachdenken, weil er eine Standardintegration<br />

mit den entsprechenden Abläufen<br />

erhält“, so Böhme.<br />

Auch MES oder Messmittel<br />

brauchen Anbindung<br />

Michael Flunkert, Geschäftsführer von<br />

Babtec, ist jedoch der Ansicht, dass im<br />

Markt einen Bedarf an unabhängigen Anbietern<br />

von Qualitätsmanagement-Software<br />

gibt. „Anwender suchen nach der<br />

besten Lösung, die sie dabei unterstützt,<br />

ihre Qualität dauerhaft zu stärken. Diese<br />

Entscheidung möchten sie nicht von der<br />

Wahl des ERP-Anbieters abhängig machen.“<br />

Er betont, wie wichtig die Integration<br />

von Qualitätsmanagement-Software mit<br />

den verschiedenen Systemen im Unternehmen<br />

ist. „Die beste Konnektivität der<br />

besten Fachapplikationen für die jeweiligen<br />

Fachabteilungen – also Best of Breed<br />

– ist für uns der einzig richtige Ansatz,<br />

um den Anwender mit hohem Qualitätsanspruch<br />

bestmöglich in seinen Prozessen<br />

zu unterstützen.“ Die Konnektivität zum<br />

ERP-System sei in nahezu allen Projekten<br />

selbstverständlich und eine klassische<br />

Marktanforderung. „Darüber hinaus existiert<br />

jedoch ein breites Spektrum an weiteren<br />

Systemen, welche anzubinden sind<br />

– zum Beispiel MES, CAD, PLM, Messmittel<br />

oder -maschinen.“<br />

Qualitätsmanagement ist<br />

keine Randdisziplin<br />

Grundsätzlich sieht er die Stellung des<br />

Qualitätsmanagement mitten im Unternehmen<br />

verankert. „Es ist keine Randdisziplin,<br />

sondern mischt überall mit und<br />

kann eine führende Rolle bei der Erkennung<br />

und Umsetzung relevanter Entwicklungen<br />

im Unternehmen spielen.“ Das Bewusstsein,<br />

dass Qualitätsmanagement eine<br />

elementare Aufgabe der Firmenführung<br />

darstellt, sei als Trend deutlich<br />

wahrnehmbar.<br />

Die Bedeutung des Qualitätsmanagements<br />

im Unternehmen wächst nach<br />

Meinung von Proalpha-CEO Verniaut gerade<br />

durch die Verknüpfung von ERP und<br />

CAQ. „Diese enge Verzahnung wird sich<br />

als ein wesentlicher Bestandteil der digitalen<br />

Transformation in der Fabrik durchsetzen.“<br />

8 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Sprachliche Ungenauigkeit<br />

Was bedeutet „Rückruf“?<br />

Die Folge unsicherer Bauteile kann ein Rückruf sein. Doch dieser Begriff wird<br />

aus juristischer Sicht nicht immer korrekt verwendet. Die sprachliche Ungenauigkeit<br />

zeigt sich dann im Lieferantenregress und kann Auswirkungen darauf haben, ob<br />

Versicherungsschutz in Betracht kommt oder nicht.<br />

Wenn es mal dicke kommt, kommt es meistens<br />

dicker: Mangelhafte Stückzahlen beim Kunden,<br />

die über das „akzeptable“ Grundrauschen hinausgehen,<br />

haben häufig komplexe Folgen. Je nach<br />

Industrie und Vertragswesen findet man sich (als Lieferant)<br />

schnell in komplizierten Abläufen des Kostenregresses<br />

wieder – mal ganz abgesehen von der stets<br />

umfangreichen Klärung der technischen Ursachen<br />

und Abstellmaßnahmen sowie der Verantwortung<br />

hierfür.<br />

Im Extremfall geht der Kunde in den Markt: Er<br />

warnt oder ruft zurück, still oder öffentlich. Teilweise<br />

aus Image- oder Qualitätsmarkengründen, teils aber<br />

auch aus Sicherheitsgründen. Im Lieferantenregress<br />

wird dann gerne alles in einen Topf geworfen und mit<br />

einem Alles-oder-nichts-Ansatz die aufkommenden<br />

Kosten moniert. Schließlich hat aus Kundensicht der<br />

Lieferant mit seinem mangelhaften Bauteil die Ursache<br />

für die Maßnahme gesetzt – ob sie nun „übertrieben“<br />

war oder nicht.<br />

Spätestens dann wird sich der Lieferant mit seiner<br />

Versicherung auseinandersetzen – was er aufgrund<br />

entsprechender Obliegenheiten aus dem Versicherungsverhältnis<br />

schon deutlich eher tun sollte – und<br />

die Frage klären müssen, ob denn eine passende Versicherung<br />

vorliegt, was sie überhaupt deckt und welche<br />

Voraussetzungen es zu erfüllen gilt. Hierbei<br />

kommt oft zum Vorschein, dass der Begriff des<br />

„Rückrufs“ auf technischer Ebene für nahezu alle<br />

proaktiven Marktmaßnahmen genutzt wird – auf<br />

Kunden- wie auch Lieferantenseite. Die Versicherer<br />

und Juristen haben diesbezüglich aber ein deutlich<br />

anderes Verständnis.<br />

Der Rückruf ist beispielsweise in § 2 Nr. 26 ProdSG<br />

definiert als „jede Maßnahme, die darauf abzielt, die<br />

Rückgabe eines dem Endverbraucher bereitgestellten<br />

Produkts zu erwirken“. Die Funktion des Rückrufs als<br />

solche ist hingegen nicht direkt definiert. Aus den<br />

entsprechenden Folgevorschriften des ProdSG (z.B. §<br />

6 Abs.2 ProdSG) sowie in zivilrechtlicher Sicht aus<br />

der Rechtsprechung zu § 823 Abs. 1 BGB (der die<br />

entsprechende Rechtsgrundlage für Pflicht zu<br />

Marktmaßnahmen bildet) ergibt sich, dass der<br />

„Rückruf“ im rechtlichen Sinne als Gefahrbeseitigungsmaßnahme<br />

verstanden wird, nicht als Mittel<br />

zur Imagepflege.<br />

Es ist nicht untersagt, Marktmaßnahmen zur<br />

Imagepflege als Rückruf zu bezeichnen. Die Konsequenz<br />

dieser sprachlichen Ungenauigkeit zeigt sich<br />

vielmehr im eingangs<br />

erwähnten Regress, und<br />

dort oft (erst) bei der<br />

Aufarbeitung der häufig<br />

ernüchternden Versicherungslage.<br />

Die Musterbedingungen<br />

des Gesamtverbandes<br />

der<br />

Deutschen Versicherungswirtschaft<br />

(GDV),<br />

die nahezu allen deutschen<br />

Versicherungspolicen<br />

zugrunde liegen,<br />

definieren im Bereich<br />

der KFZ-Rückrufkostenversicherung<br />

den Rückruf<br />

als „die auf gesetzli-<br />

von Reusch Rechtsanwälte<br />

Daniel Wuhrmann<br />

cher Verpflichtung beruhende<br />

Aufforderung […]<br />

rechtlichen Themen.<br />

liefert regelmäßige Beiträge zu<br />

an KFZ-Halter, ihre Fahrzeuge<br />

[…] zu bringen<br />

www.reuschlaw.de<br />

[…]“. Mit dem Verweis<br />

auf die gesetzliche<br />

Grundlage schließt sich der Kreis zur Gefahrbeseitigungsmaßnahme,<br />

umfasst allerdings in Ausnahmefällen<br />

– insbesondere in den USA – auch den Rückruf<br />

wegen technischer Non-Compliance.<br />

Was hilft diese Erkenntnis? Sie ist ganz entscheidend<br />

für das Verständnis, ob überhaupt Versicherungsschutz<br />

in Betracht kommt oder nicht. Zudem<br />

hilft sie, in Diskussionen mit dem Kunden die Rechtsgrundlage,<br />

auch im Verhältnis Kunde-Lieferant, besser<br />

einordnen und diskutieren zu können. Passen Vertragsinhalte<br />

im Kundenverhältnis auf der einen und<br />

Versicherungslage auf der anderen Seite nicht zueinander,<br />

gibt dies zudem Anlass, über etwaige Anpassungen<br />

beider nachzudenken.<br />

Alles was Recht ist<br />

Bild: Reusch Rechtsanwälte<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 9


» MANAGEMENT<br />

Kooperationsprojekt QI-Digital gestartet<br />

Deutschland denkt<br />

Qualitätssicherung digital<br />

Die deutsche Qualitätsinfrastruktur soll digital werden, also Standardisierung,<br />

Normen- und Messwesen, Prüfdienstleistungen, Akkreditierung sowie die<br />

Zertifizierung des Qualitätsmanagements. Die beteiligten Akteure haben<br />

kürzlich für das Projekt QI-Digital den Startschuss gegeben.<br />

» Sabine Koll<br />

Professor Frank Härtig,<br />

Vizepräsident der PTB<br />

(groß im Bild) gehörte<br />

zum Kreis derer, die<br />

den Startschuss für<br />

QI-Digital gaben.<br />

Bild: exentia/stock.adobe.com/<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />

„Wir sehen die Qualitätsinfrastruktur als ganz wesentlichen<br />

Baustein des Qualitäts-Ökosystems und<br />

damit letztlich auch für die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Unternehmen im Land sowie für die Menschen<br />

im Hinblick auf Verbraucherschutz und Sicherheit“,<br />

sagte Ole Janssen, Leiter der Unterabteilung „Innovations-<br />

und Technologiepolitik“ im Bundesministerium<br />

für Wirtschaft und Energie (BMWI) zu Beginn der<br />

virtuellen Podiumsdiskussion, mit der QI-Digital<br />

während der Hannover Messe im April 2021 gestartet<br />

wurde. „Messwesen, Normen und Standardisierung,<br />

Konformitätsbewertung sowie Akkreditierung<br />

müssen im digitalen Zeitalter auf der Höhe der Zeit<br />

sein. Dafür brauchen wir die Digitalisierung innerhalb<br />

der einzelnen Organisationen der Qualitätsinfrastruktur,<br />

aber wir brauchen durch die hohe Komplexität<br />

auch die Teamleistung der Akteure“, so Janssen<br />

weiter. Das BMWI hat für QI-Digital die Bundesanstalt<br />

für Materialforschung und -prüfung (BAM),<br />

die Deutsche Akkreditierungsstelle (Dakks), das Deutsche<br />

Institut für Normung (DIN), die Deutsche Kommission<br />

Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik<br />

(DKE) und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt<br />

(PTB) an einen Tisch gebracht:<br />

Doch was genau steckt hinter QI-Digital? Dakks-<br />

Geschäftsführer Dr. Stephan Finke verwies auf die<br />

10 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Digitalisierung von Akkreditierungen und Kalibierscheinen:<br />

„Der digitale Kalibrierschein dient künftig<br />

nicht nur dem Nachweis der meteorologischen Rückführung,<br />

sondern er bietet durch die Maschinenlesbarkeit<br />

deutlich mehr Möglichkeiten. Dieses Projekt<br />

ist schon sehr weit fortgeschritten.“<br />

„Digitale maschinenlesbare Zertifikate und Cloud-<br />

Lösungen wie die Metrology Cloud sind nur der Anfang“,<br />

machte Professor Frank Härtig, Vizepräsident<br />

der PTB, klar. „Wir müssen auch die komplexen Prozessabläufe<br />

hinter der funktionierenden Qualitätsinfrastruktur<br />

schneller, effizienter<br />

und agiler machen. Digitalisierung<br />

ist daher nur die notwendige<br />

Voraussetzung.“ Auch<br />

die Produkte und Dienstleistungen<br />

entwickeln sich laut<br />

Härtig im Zuge der Digitalisierung<br />

rasant weiter. „Das stellt<br />

auch die Messtechnik vor neue<br />

Herausforderungen. So erhalten nicht nur einzelne<br />

Messgeräte Anbindung ans Internet, sondern es greifen<br />

auch ganze Systeme ineinander – wie etwa bei<br />

Smart Production. Diese basieren auf hunderten oder<br />

gar tausenden vernetzter Messgeräte.“<br />

Daneben befasst sich die PTB mit dem Einsatz von<br />

Künstlicher Intelligenz (KI) – im Rahmen von QI-Digital<br />

zunächst bei Medizinprodukten. Dabei geht es<br />

um die Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit der<br />

KI-Verfahren. „Nur so kann aus KI Made in Germany<br />

ein international anerkanntes Qualitätssiegel werden,<br />

das auf unseren europäischen Rechtsstandards<br />

beruht – und damit diese Produkte weltweit konkurrenzfähig<br />

macht“, so Härtig.<br />

„Die deutsche Industrie ist sehr innovativ, auch<br />

was die Entwicklung digitaler Verfahren und Produkte<br />

betrifft. Damit diese am Markt angenommen werden,<br />

braucht es Vertrauen in deren Sicherheit – denn<br />

erst Sicherheit macht Märkte. Dafür benötigen wir<br />

eine moderne und effiziente Qualitätssicherung –<br />

und das ist die Vision von QI-Digital“, bestätigte<br />

auch BAM-Präsident Professor Ulrich Panne. „Es ist<br />

unser Ziel, praxisnahe Lösungen für die Bedarfe der<br />

Wirtschaft zu entwickeln.“ Er nannte das Beispiel der<br />

Qualitätssicherung in der additiven Fertigung. Hier<br />

baut die BAM gemeinsam mit den Partnern im Rahmen<br />

von QI-Digital ein offenes Kompetenzzentrum<br />

für kleine und mittlere Unternehmen auf, bei dem die<br />

gesamte Messkette abgebildet wird. Denn gerade<br />

diese Zielgruppe benötige praktikable und kostengünstige<br />

Lösungen. Panne: „Diese Beispiel zeigt den<br />

gesamtheitlichen Ansatz des QI-Digital-Konsortiums<br />

über die technische Entwicklung über die Entwicklung<br />

smarter Standards bis hin zur Zertifizierung.“<br />

»QI-Digital schafft die<br />

Basis für eine moderne<br />

und effiziente<br />

Qualitätssicherung.«<br />

Professor Ulrich Panne, BAM<br />

Auch Christoph Winterhalter, Vorsitzender des<br />

DIN-Vorstands betonte, QI-Digital gemeinsam mit<br />

der Industrie voranbringen zu wollen. Daher werde es<br />

neue, angepasste Normen für Meteorologie, Akkreditierung<br />

und Konformitätsbewertung geben. „Wir<br />

müssen es schaffen, die Digitalisierung und die Entwicklung<br />

der Qualitätssicherung organisations- und<br />

ressortübergreifend zu gestalten – auf internationaler<br />

Ebene“, sagte Winterhalter. „QI-Digital kann zum<br />

Game-Changer von vielen weiteren Themen werden<br />

–- etwa der Umsetzbarkeit des Lieferkettengesetzes<br />

oder der Circular Economy.<br />

Denn wir wissen, wie man im<br />

Digitalen Qualität sicherstellt.<br />

Insofern ist QI-Digital eine<br />

Einladung an alle Stakeholder<br />

in Deutschland und in Europa,<br />

uns zum Vorreiter im Handling<br />

der digitalen Transformation<br />

zu machen. Es geht darum,<br />

auch in der digitalen Welt Qualität zu sichern und<br />

damit Vertrauen in neue Technologien zu schaffen.“<br />

„Wenn Anwendungen und Produkte sowie Produktprüfungen<br />

voll digital ablaufen, muss natürlich<br />

auch die Norm folgen und komplett digital vorliegen“,<br />

ergänzte DKE-Geschäftsführer Michael Teigeler.<br />

Man arbeite seit einiger Zeit an der Digitalisierung<br />

der Normung und habe gemeinsam mit dem<br />

DIN die Initiative digitaler Standard (Ides) gegründet.<br />

Die Idee dahinter: Weg vom bedrucktem Papier hin<br />

zu digitalen Inhalten, die in Datenbanken liegen. Teigeler:<br />

„Man könnte fast sagen: Die Anwendung von<br />

Normen ist dann erst erfolgreich, wenn man das fertige<br />

Produkt in den Händen hält und die Norm darin<br />

eingeflossen ist, ohne dass man es gemerkt hat.“<br />

Webhinweis<br />

Wie das digitale Kalibrierzertifikat und<br />

der digitale Workflow für metrologische<br />

Dienstleistungen funktionieren, zeigt die<br />

PTB in diesen beiden Videos:<br />

http://hier.pro/iBrBH<br />

http://hier.pro/LVmW9<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 11


» MANAGEMENT » Interview<br />

Dr. Ralf Christoph, Werth Messtechnik<br />

„Wir machen Computertomo graphie<br />

wirtschaftlicher“<br />

Durch die Corona- und die Automotive-Krise verbuchte Werth im vergangenen Jahr<br />

erstmals seit langem kein zweistelliges Umsatzplus. Doch allmählich zieht die<br />

Nachfrage laut Geschäftsführer Dr. Ralf Christoph wieder an. Vor allem im Geschäft<br />

mit der Computertomographie (CT) spiele die Musik.<br />

» Sabine Koll<br />

Herr Dr. Christoph, wie sah bei Werth<br />

das vergangene Geschäftsjahr aus?<br />

Welchen Einfluss hatte die Corona-<br />

Pandemie auf das Geschäft?<br />

Durch die Krise im Automobilbereich und<br />

die ersten Auswirkungen von Covid 19<br />

können wir für 2020, anders als in den Jahren<br />

davor, leider keine zweistelligen Zuwachsraten<br />

vermelden. Durch die gute<br />

Ausgangslage war es uns jedoch möglich,<br />

die Effekte weitgehend zu kompensieren.<br />

Eine besondere Herausforderung stellten<br />

die Einschränkungen durch das Stornieren<br />

praktisch aller Messen dar. Auch unsere<br />

Service-Aktivitäten waren durch Reiseund<br />

Zugangsbeschränkungen behindert. So<br />

dürfen zum Beispiel unsere chinesischen<br />

Mitarbeiter noch immer nicht für Schulungen<br />

zu uns nach Deutschland einreisen.<br />

Auch wir mussten einiges mit Kurzarbeit<br />

kompensieren. Positives kann man der gesamten<br />

Situation sicher kaum abgewinnen.<br />

Gibt es Unterschiede in Bezug auf die<br />

globalen Märkte und auf einzelne<br />

Branchen?<br />

Werth-Geschäftsführer Dr. Ralf Christoph treibt die Weiterentwicklung der Röntgen-CT weiter<br />

voran. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Simulation mit der Messsoftware Winwerth.<br />

Bild: Werth<br />

Insbesondere das internationale Geschäft<br />

ist durch die globalen Beschränkungen<br />

hinsichtlich Reisen und anderer Aktivitäten<br />

stark behindert. Das Inlandsgeschäft<br />

ist bei uns weniger betroffen, nicht zuletzt<br />

durch Zuwachs im Bereich CT.<br />

Welches sind die wichtigsten Märkte<br />

für Werth?<br />

12 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Deutschland ist nach wie vor unser größter<br />

Einzelmarkt. Dahinter folgen gleichauf<br />

China und die USA. Das US-Geschäft lief<br />

vor allem vor der Corona-Pandemie sehr<br />

gut, wurde in den vergangenen zwölf Monaten<br />

natürlich leicht ausgebremst, zieht<br />

nun aber wieder an. Der chinesische<br />

Markt ist im Moment noch relativ ruhig.<br />

Wir sind aber optimistisch, dass er bald<br />

wieder anziehen wird.<br />

Wie haben sich Umsatz und Auftragseingang<br />

in den ersten Monaten<br />

2021 entwickelt?<br />

Wir haben den Eindruck, dass<br />

die Talsohle zwischenzeitlich<br />

durchschritten ist und es langsam<br />

wieder etwas aufwärts<br />

geht.<br />

Wie nehmen Sie im Moment die Nachfrage<br />

aus der Automobilindustrie wahr?<br />

Welchen Stellenwert hat die Branche<br />

für Werth? Welche Ihrer Lösungen sind<br />

für den Strukturwandel zur E-Mobilität<br />

geeignet?<br />

Prinzipiell sind hierfür sowohl Multisensorik<br />

als auch CT geeignet. Die Automobilindustrie<br />

hat jedoch in der letzten Zeit<br />

sehr zurückhaltend investiert, es kommen<br />

dennoch einzelne Projekte die mit der<br />

Umstellung auf Elektroantriebe zusammenhängen.<br />

Insgesamt sind wir jedoch<br />

unter den gegebenen Bedingungen froh,<br />

dass wir nicht so stark von der Automobilwirtschaft<br />

abhängig sind.<br />

Ist die Nachfrage aus der Medizintechnik<br />

gestiegen?<br />

Die Nachfrage im Bereich Medizintechnik<br />

steigt seit einigen Jahren. Mit der Coronakrise<br />

hat dies wahrscheinlich weniger<br />

zu tun. Im Gegenteil – es gab auch in<br />

dieser Branche negative Effekte durch die<br />

Pandemie. Viele medizinische Behandlungen<br />

wurden aufgrund von Vorsicht<br />

oder Beschränkungen nicht durchgeführt<br />

und somit ist die Nachfrage nach bestimmten<br />

Produkten gesunken. Insgesamt<br />

ist diese Branche jedoch ein Wachstumsmarkt.<br />

Welche anderen Branchen sind für Ihr<br />

Unternehmen wichtig?<br />

Unsere Koordinatenmessgeräte sind aufgrund<br />

ihrer Flexibilität im gesamten verarbeitenden<br />

Gewerbe vertreten. Neben<br />

der Medizintechnik und Automobilindustrie<br />

ist für uns die Telekommunikation<br />

und die Konsumgüterproduktion besonders<br />

wichtig. Der größte Anteil stammt<br />

jedoch von den vielen anderen Wirtschaftszweigen.<br />

»Wir reduzieren die Kosten beim<br />

CT-Betrieb kontinuierlich durch die<br />

Weiterentwicklung von röntgen -<br />

spezifischen Komponenten.«<br />

Die Messtechnik wandert in beziehungsweise<br />

an die Fertigung. Ist das ein<br />

Thema für Werth? Und was bedeutet<br />

das konkret für Ihre Messtechnik?<br />

Für einen großen Teil unserer Anwendungen<br />

trifft dies zu. Unsere Messgeräte werden<br />

in diesem Zusammenhang zum Beispiel<br />

durch Robotertechnik mit Fertigungsstraßen<br />

verbunden. Das Lösen von<br />

Problemen wie Verschmutzung und Temperaturschwankungen<br />

stellen hierbei besondere<br />

Herausforderungen dar. Auch ist<br />

die Bedienerphilosophie auf die Mitarbeiter<br />

in der Fertigung anzupassen. Insgesamt<br />

sind die Erwartungen der Anwender<br />

an die Inline-Messtechnik sehr hoch, zum<br />

Teil auch unrealistisch – auch wenn sich<br />

die Messgeschwindigkeit in der Koordinatenmesstechnik<br />

mit CT innerhalb weniger<br />

Jahre um circa den Faktor 10 erhöht hat.<br />

Ist Multisensorik ein Thema für die Fertigung?<br />

Wenn ja – welche Voraussetzungen<br />

müssen die Messgeräte in dem<br />

Fall erfüllen?<br />

Multisensorik ist insbesondere dann ein<br />

Thema, wenn es um das schnelle Messen<br />

ausgewählter Merkmale mit hoher Genauigkeit<br />

geht. Hier hat die Kombination<br />

zwischen verschiedenen optischen Sensoren<br />

und der konventionellen taktilen<br />

Messtechnik ihre Vorteile. Auch die Kombination<br />

der Multisensorik mit CT kommt<br />

zum Einsatz<br />

Bei der CT haben Sie sich in jüngster<br />

Zeit vor allem auf kleine Werkstücke<br />

fokussiert. Mit welchem Erfolg?<br />

Ja, wir haben uns in den vergangenen<br />

zwei Jahren bei Neuentwicklungen vorrangig<br />

auf kleinere CT-Geräte konzentriert.<br />

Wir haben hier Nachholbedarf gesehen,<br />

der sich hauptsächlich auf die<br />

Wirtschaftlichkeit der Systeme<br />

bezieht. Daher haben wir in<br />

der jüngsten Zeit insbesondere<br />

Geräte mit hoher Verfügbarkeit<br />

zum akzeptablen Preis<br />

realisiert. Mit unserem aktuellen<br />

Tomoscope XS FOV haben<br />

wir erneut einiges erreicht.<br />

Mit etwas mehr als 100.000 Euro liegt der<br />

Preis deutlich unter dem vergleichbarer<br />

Geräte. Genauigkeitsfragen wurden dabei<br />

entsprechend des Rufs unseres Unternehmens<br />

nicht vernachlässigt.<br />

Sie haben gemeinsam mit Partnern die<br />

Röhrentechnik optimiert. Sind hier oder<br />

bei anderen Komponenten noch weitere<br />

Fortschritte zu erwarten?<br />

Unsere bevorzugt eingesetzten Röntgenquellen<br />

zeichnen sich im Vergleich zu anderen<br />

durch etwa fünffache Leistung –<br />

und somit Messgeschwindigkeit – bei<br />

gleicher Auflösung aus. In den letzten<br />

Jahren haben wir uns auch auf Verschleißreduzierung<br />

konzentriert und<br />

konnten den Wartungszyklus für die<br />

meisten Varianten auf zwölf Monate, wie<br />

in der Koordinatenmesstechnik üblich,<br />

verlängern. Durch Reduzierung der Stillstandszeiten<br />

und der Serviceaufwände<br />

trägt dies zur Kostensenkung bei. Der<br />

Schwerpunkt liegt sicher auch für die Zukunft<br />

in der Weiterentwicklung der röntgenspezifischen<br />

Komponenten.<br />

Inwiefern ist die Simulation bei CTs<br />

mittlerweile ein Thema für die Kunden?<br />

Was bieten Sie hier an?<br />

In der aktuellen Version unserer Messsoftware<br />

Winwerth, die gerade in den<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 13


» MANAGEMENT » Interview<br />

Markt eingeführt wird , ist die weitgehend<br />

vollständige Simulation der CT integriert.<br />

Dies dient unter anderem dazu,<br />

schon bei der Offline-Programmierung<br />

die verschiedenen Effekte zu visualisieren.<br />

Ausgehend von zum Beispiel CAD-<br />

Daten kann der Anwender den Einfluss<br />

der Parameter-Einstellung bewerten. Im<br />

Ergebnis sind die Programme für das<br />

Koordinatenmessgerät mit CT fertig, bevor<br />

die ersten Werkstücke produziert<br />

werden.<br />

Eines der neuen Produkte<br />

von Werth ist<br />

das Koordinatenmessgeräte<br />

Scopecheck FB,<br />

das nun mit drei unabhängigen<br />

Z-Achsen zur<br />

Verfügung steht.<br />

Auch andere Unternehmen haben den<br />

CT-Bereich in den vergangenen Jahren<br />

aus- beziehungsweise aufgebaut.<br />

Wächst der Markt für CTs? Wenn ja, für<br />

welche Anwendungsfelder vor allem?<br />

Bild: Werth<br />

Wir waren zwar im Jahr 2005 die ersten<br />

mit einem speziell für die Koordinatenmesstechnik<br />

entwickelten Gerät mit<br />

Röntgen-CT, allein bleibt man bei so einer<br />

Technik jedoch leider nie. Der Wettbewerb<br />

befruchtet allerdings auch das Geschäft.<br />

Aus unserer Sicht wächst der<br />

Markt für Koordinatenmesstechnik mit CT<br />

in vielen Feldern, insbesondere aber im<br />

Bereich der Kunststofffertigung.<br />

Die Qualitätssicherung additiv gefertigter<br />

Bauteile ist ein Bereich, in dem<br />

CTs ihre Vorteile ausspielen. Warum ist<br />

das so aus Ihrer Sicht?<br />

Die additive Fertigung und die Koordinatenmesstechnik<br />

mit Röntgen-CT könnte<br />

man gut als Zwillinge bezeichnen. Beide<br />

Technologien bieten die Besonderheit,<br />

dass komplexe Werkstücke nahezu ohne<br />

Einschränkungen produziert beziehungsweise<br />

gemessen werden können. Hinterschnitte<br />

und Hohlräume stellen kein nennenswertes<br />

Problem dar. Auch der Detaillierungsgrad<br />

der Werkstücke erhöht den<br />

Aufwand nur gering. Alternative Messtechnik<br />

mit vergleichbarer Qualität ist,<br />

zumindest für den Innenbereich der<br />

Werkstücke, aus unserer Sicht derzeit<br />

nicht verfügbar. Optische Verfahren sind<br />

für einige Fälle einsetzbar, jedoch aufgrund<br />

des Wirkprinzips etwas eingeschränkt.<br />

Mit Licht kann man nicht um<br />

die Ecke sehen.<br />

Vor allem in der industriellen Bildverarbeitung<br />

ist die Nutzung von Künstlicher<br />

Intelligenz (KI) bereits in der Praxis angekommen.<br />

Wo sehen Sie Potenzial für<br />

KI in der Messtechnik?<br />

Wir befassen uns seit einigen Jahren in<br />

Forschung und Entwicklung mit dem Thema<br />

Künstliche Intelligenz. Aktuell setzen<br />

wir KI zum Beispiel für Algorithmen im<br />

Bereich der Röntgen-CT ein, etwa für die<br />

Artefakte-Korrektur. Hier ist sicher in der<br />

Zukunft noch einiges zu erwarten.<br />

Auch Automation ist ein großes Thema<br />

für die Anwender in der Qualitätssicherung.<br />

In wie weit ist dies aktuell und<br />

künftig ein Thema für Werth?<br />

Wie vorhin schon erwähnt, ist die Integration<br />

unserer Koordinatenmessgeräte<br />

ein wichtiger Themenschwerpunkt. Insbesondere<br />

im Bereich der CT ist hier einiges<br />

in Bewegung.<br />

Wo sehen Sie den Platz von Werth in<br />

einem Markt, in dem die größten Player<br />

durch Zukäufe weiter wachsen? Eröffnet<br />

das für Sie neue Chancen?<br />

Wir haben es in den vergangenen Jahren<br />

geschafft, auch ohne Zukäufe meist mit<br />

zweistelligen Raten zu wachsen. Innovationen<br />

und das flexible Eingehen auf Kun-<br />

denwünsche sind oft wichtiger als die Unternehmensgröße.<br />

Wir prüfen auch regelmäßig,<br />

ob Akquisitionen für uns infrage<br />

kommen. Doch sind wir dabei vorsichtig,<br />

weil es im Zuge der Integration eines neuen<br />

Unternehmens immer zu Reibungsverlusten<br />

kommt. Für die Innovationsrate<br />

insgesamt bleibt es wichtig, wirtschaftliche<br />

Rahmenbedingungen so zu gestalten,<br />

dass mittelständische Unternehmen gestärkt<br />

werden. Wir hoffen, dass die Politik<br />

hier die richtigen Wege geht.<br />

Die Control fällt in diesem Jahr erneut<br />

aus. Was sind Ihre beiden wichtigsten<br />

Neuentwicklungen, die Sie dort vorgestellt<br />

hätten?<br />

Die Absage der Control bedauert das<br />

Werth-Team sehr. Als „Messeneuheit“<br />

bringen wir jetzt zwei Messgeräte auf den<br />

Markt. Zum einen gibt es eine neue Version<br />

des Tomoscope XS FOV, also eines<br />

kompakten Geräts mit CT. Hier haben wir<br />

insbesondere wieder die Anforderungen<br />

an das Preis-Leistungsverhältnis berücksichtigt<br />

und sowohl die Leistung als auch<br />

die Auflösung verbessert. Im Bereich der<br />

Multisensor-Koordinatenmesstechnik<br />

gibt es mit dem neuen Scopecheck FB außerdem<br />

ein Gerät mit drei unabhängigen<br />

Z-Achsen. Hierdurch ist der ergonomische<br />

Einsatz verschiedener Sensorprinzipien<br />

gewährleistet.<br />

14 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Fachkräftesicherung<br />

Personalmangel<br />

erfordert Umdenken<br />

Noch immer herrscht in Deutschland Fachkräftemangel – aus<br />

verschiedenen Gründen. Um diesem zu begegnen, müssen<br />

Unternehmen sich auf vielfältige Bewerbergruppen einlassen<br />

und den einzelnen Arbeitsplatz attraktiv gestalten.<br />

Deutschlandweit fehlt es an Fachkräften,<br />

speziell in den MINT-Berufen<br />

(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft<br />

und Technik) und dem Gesundheitswesen.<br />

Aber auch im Handwerk und im<br />

Maschinenbau herrscht Personalmangel.<br />

Ein Grund für die sich immer weiter zuspitzende<br />

Situation in Deutschland ist der<br />

demografische Wandel: Die geburtenstarken<br />

Jahrgänge der Nachkriegszeit gehen<br />

nun langsam in den Ruhestand, die nachrückende<br />

Anzahl jüngerer Arbeitnehmer<br />

ist dagegen wesentlich geringer. Ein weiteres<br />

Problem ist, dass heutzutage wesentlich<br />

mehr Schüler das Abitur machen<br />

und im Anschluss studieren wollen. Somit<br />

wird es in den Ausbildungsberufen immer<br />

schwieriger, geeignete Nachwuchskräfte<br />

zu finden und zu motivieren.<br />

Die Corona-Krise hat auch ihren Beitrag<br />

dazu geleistet, dass 2020 deutschlandweit<br />

die Anzahl der dualen Berufsausbildungen<br />

laut Statistischem Bundesamt<br />

um rund 9,4 % auf rund 465.200 zurückgegangen<br />

ist.<br />

Welche Potenziale zur Gewinnung von<br />

Fachkräften stehen zur Verfügung? Eine<br />

Möglichkeit ist die vermehrte Beschäftigung<br />

von Frauen. Aufgrund familiärer<br />

Strukturen arbeiten diese heutzutage<br />

teilweise gar nicht oder nur in Teilzeit. Die<br />

Mehrzahl dieser Frauen verfügt jedoch<br />

über eine ausgezeichnete Ausbildung, es<br />

fehlt aber an attraktiven Möglichkeiten<br />

der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.<br />

Eine weitere Möglichkeit besteht darin,<br />

jüngere Mitarbeiter von Know-how und<br />

Erfahrung der Älteren durch enge Zusammenarbeit<br />

voneinander profitieren zu lassen.<br />

Aber auch ungelernte Arbeitskräfte,<br />

Menschen mit Migrationshintergrund<br />

oder Behinderung sowie Menschen aus<br />

dem Ausland sollten noch stärker beachtet<br />

werden, indem sowohl von Seiten der<br />

Unternehmen wie auch der Regierung<br />

entsprechende Aus- und Umschulungsprogramme,<br />

Arbeitserlaubnis etcetera angeboten<br />

werden.<br />

Personal & Karriere<br />

Die Beratungsgruppe wirth +<br />

partner informiert regelmäßig<br />

über Personal und Karriere.<br />

www.wirth-partner.com<br />

Die Autorin:<br />

Sabine Zapf<br />

Es gibt unterschiedliche Wege, wie man<br />

dem Fachkräftemangel begegnen kann.<br />

Unternehmen müssen lernen umzudenken<br />

und sich sowohl auf vielfältige Bewerbergruppen<br />

einlassen, als auch den<br />

einzelnen Arbeitsplatz attraktiv gestalten,<br />

um den Mitarbeiter im Unternehmen zu<br />

halten beziehungsweise zu gewinnen.<br />

Bild: wirth + partner<br />

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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 15


Topometric-Mitarbeiter Simon Koch bereitet<br />

die Messmittelüberwachung mit einem Kugelmaßstab<br />

vor. Dieser wird für die Prüfung an<br />

unterschiedlichen Positionen innerhalb des<br />

Messvolumens platziert.<br />

Bild: Topometric<br />

Messmittelüberwachungen für mehr Sicherheit<br />

Messmittel unter der Lupe<br />

Für eine dauerhaft verlässliche Aussagekraft von Messmitteln müssen diese<br />

hinsichtlich Qualität, Zuverlässigkeit und Einsatzfähigkeit regelmäßig überprüft<br />

werden. Damit wird sichergestellt, dass diese auch nach längerem Einsatz den<br />

angegebenen Herstellerspezifikationen entsprechen.<br />

Maren Röding<br />

Pressearbeit<br />

Topometric<br />

www.topometric.de<br />

Offizielle Zertifizierungen wie etwa ISO 9001 erfordern<br />

eine periodische Überprüfung der<br />

Messmittel. Bei vielen Anwendern hat sich dabei ein<br />

Zwei-Jahres-Rhythmus durchgesetzt. Bei besonders<br />

kritischen Anwendungen oder anfälligen Systemen<br />

wird jährlich geprüft. Für Geräte, die im Außendienst<br />

eingesetzt werden oder durch eine Spedition transportiert<br />

werden, sind ebenfalls kürzere Prüfabstände<br />

empfehlenswert. Ein Messmittel muss gemäß der<br />

Herstellerspezifikationen funktionsfähig und für die<br />

jeweilige Messaufgabe geeignet sein. Es gilt laut Zertifizierungs-<br />

und Akkreditierungsrichtlinien<br />

dann als funktionsfähig, wenn es<br />

regelmäßig und rückführbar überprüft<br />

wird. Für die meisten Messverfahren<br />

sind VDI/VDE oder DIN EN ISO-Normen<br />

vorgegeben. Dabei werden eindeutig definierte<br />

Merkmale wie Kugeldurchmesser<br />

mit den Grenzwerten der Messsystems<br />

verglichen. Ein Messmittel gilt als überwacht,<br />

wenn es die Grenzwerte einhält.<br />

Neben der formalen Funktionsfähigkeit muss das<br />

Messmittel auch für die jeweilige Aufgabe hinsichtlich<br />

der erforderlichen Präzision und Wiederholbarkeit geeignet<br />

sein. Korrekte Messungen brauchen sinnvoll aufeinander<br />

abgestimmte Messvorgaben und Messpläne.<br />

„Es ist bereits im Vorfeld die Zusammenarbeit mit erfahrenen<br />

Messspezialisten ratsam, welche die Planung<br />

der Messprozesse sowie die Erstellung von Vorgaben<br />

und Plänen beratend unterstützen“, erklärt Stefan Findeis,<br />

Abteilungsleiter Optische Messtechnik bei Topometric.<br />

Auf die Überprüfung optischer Systeme ausgerichtet,<br />

hat der Messdienstleister schon mehrere hundert<br />

Messgeräte unterschiedlicher Anbieter geprüft –<br />

sowohl Einzelsensoriken in der optischen Messtechnik<br />

als auch deren Verbund in automatisierten Messzellen.<br />

Bei einem Streifenlichtsensor zum Beispiel werden<br />

die Werte mit einem Kugelnormal mit den vom Her-<br />

16 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


MANAGEMENT «<br />

steller oder Betreiber bestimmten Grenzwerten verglichen.<br />

Die Überprüfung des Messsystems umfasst<br />

Sensor, Messvolumen und Kalibrierplatte. Für die<br />

Überwachung müssen gleichbleibende Umgebungsbedingungen<br />

gegeben sein. Dazu zählen Temperatur,<br />

Lichtbedingungen, Staub, Vibrationen. Die Topometric-Ingenieure<br />

starten mit einer Sichtprüfung der zu<br />

überprüfenden Elemente, sodass bestehende Probleme<br />

oder Unregelmäßigkeiten gleich zu Beginn bekannt<br />

sind und Lösungswege für spätere Anwendungen<br />

skizziert werden können. Es folgt die eigentliche<br />

Prüfung durch einen Prüfartefakt – also etwa einen<br />

Messbalken. Dieser wird in mehreren Messreihen in<br />

mindestens zehn unterschiedlichen Aufnahmepositionen<br />

gemessen. Diese Messdaten werden durch das<br />

in der Messgeräte-Software enthaltene VDI-Modul<br />

berechnet und mit den Soll-Daten verglichen.<br />

Bewegen sich die Daten innerhalb der vorgeschriebenen<br />

Grenzwerte, erstellt Topometric ein Zertifikat,<br />

das die erfolgreiche Überprüfung in Anlehnung an<br />

VDI/VDE 2634 (Blatt 1 für Photogrammetrie beziehungsweise<br />

Blatt 3 für Sensorik) bestätigt. In einem<br />

Überwachungsprotokoll, das zum Beispiel bei internen<br />

Audits als Zertifizierung herangezogen wird,<br />

werden die gemessenen Werte detailliert aufgeführt.<br />

Auf dem geprüften Messsystem wird ein Prüfsiegel<br />

angebracht, das die ordnungsgemäßen Zustand bestätigt.<br />

Damit die Überwachungen auf nationale<br />

Normen rückführbar sind, lässt Topometric die eigenen<br />

Prüfkörper regelmäßig durch ein akkreditiertes<br />

Dakks-Kalibrierlabor zertifizieren.<br />

Eigener Standard für<br />

Robotermesszellen<br />

Bei Robotermesszellen stimmt Topometric die jeweiligen<br />

Prüfanforderungen mit dem Anwender ab und<br />

führt diese zu einem individuell definierten Ablaufplan<br />

zusammen. Diese Vorgehensweise hat sich unter<br />

anderem bei der Prüfung großvolumiger Automatisierungsanlagen<br />

mit optischer Messtechnik für Flugzeugteile<br />

mit Abmessungen von 6 m x 4 m bewährt.<br />

„Bisher existiert für die Überwachung von optischen<br />

Messzellen mit Roboterführung keine verbindliche<br />

Norm. Wir haben deshalb dafür einen Topometric-<br />

Standard entwickelt, der sich an den Normen der<br />

VDI/VDE 2634 und DIN EN ISO 10360–2 orientiert“,<br />

erklärt Daniel Sigel, Teamleiter Messmittelüberwachung.<br />

Bevor die Messzelle überprüft wird, müssen<br />

die einzelnen Systemkomponenten wie Sensor, Kalibierobjekt,<br />

Photogrammetriesystem und Maßstäbe<br />

gemäß VDI/VDE überwacht worden sein. Für jede<br />

Messreihe erfolgt eine separate Photogrammetrie,<br />

wobei die Temperaturen aufgezeichnet werden und<br />

in die Auswertung einfließen.<br />

Zukunft sicher<br />

gestalten<br />

Die Welt sicherer, komfortabler und nachhaltiger<br />

zu machen, ist ein Kernbeitrag von<br />

Materialwissenschaft und Werkstofftechnik.<br />

Shimadzu Testmaschinen geben Forschung,<br />

Entwicklung und Qualitätskontrolle die<br />

Gewissheit für belastbare Ergebnisse und das<br />

seit über 100 Jahren. Die heutigen Techno -<br />

logien umfassen:<br />

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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 17


Bild: Pixel-Shot/stock.adobe.com<br />

Stromsparen ja oder nein, um die<br />

Kosten unter Kontrolle zu haben –<br />

in vielen Haushalten gibt es dazu<br />

widersprüchliche Meinungen.<br />

Eine Redaktion – zwei Meinungen<br />

Alles unter Kontrolle?<br />

In der Industrie sorgt die Überwachung von Messmitteln für mehr Sicherheit.<br />

Auch im Privatleben gibt es viele Gelegenheiten zu Kontrollaktionen. Doch<br />

sind diese immer sinnvoll? Die Redaktion von <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> hat dazu<br />

unterschiedliche Meinungen.<br />

Bild: Studioline Photography<br />

Sabine Koll, Redaktion<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong>,<br />

bevorzugt das Chaos<br />

und plädiert für weniger<br />

die Kontrolle.<br />

Mein kreatives Chaos ist<br />

wenig kompatibel mit<br />

den regelmäßigen Kontrollmaßnahmen,<br />

die mein Mann<br />

in vielen Bereichen für das<br />

Überleben für absolut notwendig<br />

hält. Das Auto einmal<br />

im Jahr in die Inspektion zu<br />

bringen, sehe ich ja noch ein –<br />

aber auch nur, weil es am Ende<br />

der Leasingzeit ansonsten finanzielle<br />

Einbußen gibt. Aber<br />

warum muss man zum Beispiel<br />

die Küchenmesser bitteschön<br />

in einem festen Rhythmus schärfen? Oder warum<br />

ohne Not überprüfen, ob der Akku im Zauberstab<br />

noch genügend Saft hat? Es reicht doch, wenn<br />

ich das Messer schärfe, wenn ich den Eindruck habe,<br />

dass das Zwiebelschneiden auch schon mal leichter<br />

von der Hand ging. Und wenn der Zauberstab mitten<br />

im Suppepürieren die Arbeit einstellt, dauert es mit<br />

dem Abendessen eben noch ein paar Minuten – bis<br />

der Akku wieder ein wenig Strom getankt hat. Es gibt<br />

vor allem im Arbeitsleben so viele feste Prozesse und<br />

Musts, dass ich in der Freizeit doch gerne ein wenig<br />

Chaos habe. Und notfalls sorgt der Kontrolletti an<br />

meiner Seite für Ordnung.<br />

Ein Freund von mir ist ein<br />

Kontrollfreak. Ein Lieblingsüberwachungsobjekt<br />

für<br />

ihn sind Steckerleisten. Er unternimmt<br />

mehr oder weniger<br />

regelmäßig Kontrollgänge<br />

durchs Haus, um sicherzugehen,<br />

dass jede Leiste ausgeschaltet<br />

ist, wenn die mit ihr Redaktion <strong>Quality</strong><br />

Markus Strehlitz,<br />

verbundenen Geräte nicht in <strong>Engineering</strong>, hat<br />

Betrieb sind. Auch Geschirrspülmaschinen<br />

werden von im Freundeskreis.<br />

einen Kotrollfreak<br />

ihm einer ständigen Kontrolle<br />

unterzogen. Man kann sich<br />

stets darauf verlassen, dass er die verschmutzten<br />

Tassen oder Teller neu ordnet, nachdem ein Familienmitglied<br />

diese in die Maschine geräumt hat. Ziel ist<br />

es, das Gerät möglichst effizient zu nutzen. Sein<br />

Handeln hat leider auch immer etwas Erzieherisches<br />

und ist mit Lektionen in Sachen Energieeffizienz verbunden.<br />

Das nervt natürlich. Aber wenn man über die<br />

Oberlehrer-Attitüde hinweg sieht, muss man ihm<br />

Recht geben. Ich weiß nicht, ob es an dem Kontrollzwang<br />

liegt, aber mein Freund erhält in der Regel alle<br />

zwölf Monate Geld von seinem Energieversorger zurück.<br />

Und in Bezug auf Nachhaltigkeit hat er mit seiner<br />

Pedanterie auch die besseren Argumente.<br />

Bild: Tom Oettle<br />

18 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


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können Prozesse optimiert werden, ohne die Qualität der Produkte zu „gefährden“?<br />

Die Antwort bietet ein datengestützter Qualitätsverbesserungsprozess.<br />

Prozesse müssen zahlreiche Richtlinien und<br />

Anforderungen zuverlässig erfüllen und stets<br />

einen gleichbleibenden Standard liefern. Zudem<br />

müssen die Prozesse reproduzierbar sein. Nicht<br />

zuletzt fallen oftmals große Datenmengen an,<br />

die zu analysieren und spezifizieren sind.<br />

Genau hier bietet ADDITIVE mit den Softwaresystemen<br />

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Die ADDITIVE Soft- und Hardware für Technik<br />

und Wissenschaft GmbH ist seit über 30 Jahren<br />

ein Systemhaus, das aus Standardprodukten<br />

und individuellen Ingenieurdienstleistungen Lösungen<br />

für Messtechnik und technische, wissenschaftliche<br />

Anwendungen erstellt. Von der<br />

einfachen Softwarelösung per Standardprodukt<br />

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KONTAKT<br />

ADDITIVE<br />

Soft- und Hardware für Technik<br />

und Wissenschaft GmbH<br />

Max-Planck-Straße 22b, D-61381 Friedrichsdorf<br />

Ansprechpartner: Lisa Schreiber, Master of Science<br />

Telefon: +49 (0)6172 5905–141<br />

E-Mail: lisa.schreiber@additive-net.de<br />

www.additive-net.de<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 19


» MANAGEMENT<br />

Funktionierende<br />

Konferenzsysteme<br />

sind eine wichtige<br />

Voraussetzung für<br />

Remote Audits.<br />

Bild: apinan/stock.adobe.com<br />

Audits aus der Ferne<br />

Neue digitale Realität<br />

Remote Audits gewinnen an Bedeutung – gepusht durch die aktuelle Krise.<br />

So lautet die Botschaft einer Konferenz und einer Studie der DQS zu dem Thema.<br />

In Kombination mit der Vor-Ort-Auditierung könnte ihnen die Zukunft gehören.<br />

» Markus Strehlitz<br />

Remote Audits sind der Beginn eines umfassenden<br />

Wandels“, sagte Ingo Rübenach, Sprecher<br />

der DQS-Geschäftsführung, auf der Konferenz Rem-<br />

Audit. Auf der virtuellen Veranstaltung diskutierten<br />

Experten auf Einladung der DQS drei Tage lang über<br />

die Möglichkeiten von Remote Audits – also Audits,<br />

die nicht vor Ort, sondern mithilfe von entsprechenden<br />

Technologien aus der Ferne durchgeführt werden.<br />

Mit seinem Statement machte Rübenach gleich<br />

zu Beginn deutlich, dass diese Form der Audits Teil<br />

des allgemeinen digitalen Wandels sind.<br />

Durch die Corona-Pandemie haben die Audits aus<br />

der Ferne einen großen Schub bekommen, wie DQS-<br />

Geschäftsführer Michael Drechsel hervorhob. „Remote<br />

Audits wurden innerhalb eines Jahres Teil einer<br />

neuen Realität“, so Drechsel. So habe die DQS allein<br />

im ersten Quartal 2021 in Zusammenhang mit dem<br />

Regelwerk IATF 16949 mehr als 2.500 Audit-Tage remote<br />

durchgeführt<br />

Wie sehr die Bedeutung von Remote Audits in den<br />

vergangenen Monaten angewachsen ist, belegt auch<br />

eine Umfrage der DQS. Bereits 2019 hatte das Zertifizierungsunternehmen<br />

seine Kunden zu Remote Audits<br />

befragt. Ein Jahr später wurde eine weitere Studie<br />

zu dem Thema durchgeführt. Dieses Mal richtete<br />

sich die Umfrage aber nur an Unternehmen, die 2020<br />

bereits ein Remote Audit ganz oder teilweise durchgeführt<br />

hatten.<br />

Das waren 150 Firmen, wie Frank Graichen berichtete,<br />

der die Studienergebnisse auf der DQS-Konferenz<br />

vorstellte. 37 % davon gaben an, Audits im Rahmen<br />

einer Zertifizierung vollständig remote umgesetzt<br />

zu haben. Bei 63 % war dies in Teilen der Fall.<br />

Für die meisten davon scheint dies funktioniert zu<br />

haben. Denn 80 % der befragten DQS-Kunden empfinden<br />

Remote Audits und Audits vor Ort als gleichwertig.<br />

9 % halten die Audits aus der Ferne sogar für<br />

besser. Als Vorteile nannten die Befragten unter an-<br />

20 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


derem, dass Remote Audits flexibler und zielführender,<br />

weniger kosten-, zeit- und energieintensiv sowie<br />

umweltschonender seien.<br />

Vor allem Unterstützungs-, Management- und<br />

Führungsprozesse sehen die Befragten als geeignet<br />

für eine Auditierung aus der Ferne. Das Gleiche gilt<br />

für administrative und vollständig digitalisierte Prozesse.<br />

Die Studie zeigt aber auch die Grenzen von Remote<br />

Audits. So sehen die Studienteilnehmer zum Beispiel<br />

komplexe Fertigungsprozesse dafür als ungeeignet.<br />

Auch Fälle, in denen Begutachtungen vor Ort<br />

notwendig sind, kommen für Remote Audits eher<br />

nicht in Frage.<br />

Zudem zeigt die Umfrage auch, dass bestimmte<br />

Voraussetzungen gegeben sein müssen. Dazu zählen<br />

etwa geeignete Technik und eine passende Infrastruktur<br />

wie zum Beispiel funktionierende Konferenzsysteme.<br />

Auch müsse die Informationssicherheit<br />

gewährleistet sein.<br />

Graichen geht daher davon aus, dass Remote Audits<br />

die herkömmliche Form nicht vollständig erset-<br />

Digital <strong>Quality</strong> Space<br />

Am 24. Juni lädt die DQS zum Online-Kongress Digital<br />

<strong>Quality</strong> Space 2.0 – dem Treffpunkt rund um<br />

Prozesse, Managementsysteme, Normen und Audits.<br />

Zielgruppe sind Geschäftsführer, Verantwortliche<br />

für Managementsysteme und interne Audits<br />

sowie Produktions- und Werkleiter.<br />

Infos und Anmeldung:<br />

http://hier.pro/MbQ7Y<br />

zen werden. Stattdessen sieht er hybride Audits als<br />

optimale Variante. Dabei werden Audits aus der Ferne<br />

und solche vor Ort miteinander kombiniert. „Hybride<br />

Audits gewinnen an Zustimmung und könnten<br />

ein Zukunftsmodell sein“, so Graichen.<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 21


IM FOKUS » Automatisierung<br />

Bild: Wenzel<br />

Automatisierte Lösungen<br />

gewährleisten, dass<br />

Fehlerquellen frühzeitig<br />

identifiziert werden.<br />

Automatisierungstrends<br />

Effizienz auch<br />

bei Losgröße 1<br />

Die Automatisierung in der Messtechnik schreitet weiter voran, wie<br />

eine Umfrage unter Branchenexperten zeigt. Selbst bei kleinere Losgrößen<br />

können entsprechende Technologien Nutzen bringen. Gefordert<br />

sind dafür einfache und flexible Lösungen. Und die Anbieter arbeiten<br />

daran, dass diese auch ohne großen Aufwand einsetzbar sind.<br />

» Markus Strehlitz und Sabine Koll<br />

22 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Die Nachfrage nach Automatisierungslösungen<br />

in der Messtechnik wächst. Das ist die einhellige<br />

Meinung von Experten, wenn sie zu diesem Thema<br />

befragt werden. „Früher wurden im Messraum einzelne<br />

Teile unter optimalen Bedingungen gemessen“,<br />

sagt etwa Thomas Werner Leiter des Produktmanagements<br />

bei Wenzel. „Inzwischen wird viel mehr gemessen,<br />

die Toleranzen werden enger und die Serienproduktion<br />

immer perfekter.“ Die Anbieter müssten<br />

im Wettbewerb unter hohem Kostendruck perfekt<br />

Teile mit geringer Varianz herstellen.<br />

Mit einer automatisierten Qualitätssicherung tragen<br />

viele Unternehmen diesen Anforderungen Rechnung.<br />

Für den wirtschaftlichen Erfolg im Produktionsumfeld<br />

spiele diese eine zentrale Rolle, so Carsten<br />

Reich, Director Automation bei GOM. „Automatisierte<br />

Lösungen gewährleisten, dass Fehlerquellen frühzeitig<br />

identifiziert und zuvor definierte Qualitätsanforderungen<br />

an ein Produkt erfüllt werden.“ Das Risiko<br />

der Ausschussproduktion und Stillstände in der<br />

Produktion würden entsprechend auf ein Minimum<br />

reduziert.<br />

Grundsätzlich lohne sich die Automatisierung,<br />

wenn ein Return On Investment (ROI) vorhanden ist,<br />

wie Jérôme-Alexandre Lavoie hervorhebt, Produktmanager<br />

bei Creaform. „Wenn beim Vergleich der<br />

manuellen Aufgaben, die durch Automatisierung ersetzt<br />

werden sollen, der ROI positiv ist, wird es interessant,<br />

auf Automatisierung umzusteigen.“ Dabei<br />

geht es nicht mehr nur um Massenproduktion. Auch<br />

bei kleineren Losgrößen ergeben automatisierte Lösungen<br />

einen Sinn.<br />

Effiziente Lösungen für<br />

die Werkstückbeschickung<br />

Gefordert seien dabei schnelle und sehr flexible Systeme<br />

wie zum Beispiel multisensorische Koordinatenmessgeräte,<br />

sagt Maximilian Wiedemann, der als<br />

Global Product Manager bei Zeiss Industrial Metrology<br />

für Koordinatenmesstechnik zuständig ist. Er berichtet,<br />

dass Zeiss etwa bei der Werkstückbeschickung<br />

der Messgeräte auch bei geringen Losgrößen<br />

effiziente Automatisierungslösungen bereit stelle.<br />

„Hierzu werden beispielsweise fahrerlose Transportsysteme<br />

eingesetzt, die bedarfsgerecht die richtigen<br />

Werkstücke am entsprechenden Messgerät bereitstellen.“<br />

Auch nach Meinung von Lavoie spreche die zunehmende<br />

Individualisierung der Fertigung nicht gegen<br />

die Automatisierung in der Messtechnik. Die heutigen<br />

Lösungen könnten problemlos die Produktion<br />

mit geringen Stückzahlen bei vielen verschiedenen<br />

Bauteilen bewältigen. „Selbst bei kleineren Losgrößen<br />

können hochqualifizierte Techniker, die, anstatt<br />

ein Teil selbst zu messen, einem Roboter diese Aufgabe<br />

übertragen, dazu beitragen, einen Mehrwert<br />

für ihr Unternehmen schaffen.“<br />

Doch ein Selbstläufer ist die Automatisierung<br />

in diesen Fällen nicht. Zwar ist es AUSWAHL<br />

für die Messlösung laut Werner erst einmal<br />

unerheblich, ob immer die gleichen<br />

Firmen können bei<br />

ihren Automatisierungsprojekten<br />

auf System -<br />

oder verschiedene Teile gemessen werden.<br />

„Für jedes zusätzliche Teil werden<br />

integratoren oder<br />

jedoch neue Messprogramme oder<br />

Komplett lösungen der<br />

Werkstückaufnahmen benötigt. Der gesamte<br />

Prozess muss automatisierbar sein.<br />

Hersteller setzen.<br />

Das setzt zumindest eine gewisse Ähnlichkeit<br />

der Bauteile voraus, damit das Messsystem, der<br />

Messbereich und die Sensorik passen.“<br />

Programmierung auf Knopfdruck<br />

Grundsätzlich müssen auch die eingesetzten Technologien<br />

bestimmte Anforderungen erfüllen, wenn Automatisierungsprojekte<br />

erfolgreich gestaltet werden<br />

sollen. Dazu zählt unter anderem die einfache Bedienbarkeit<br />

beziehungsweise Nutzbarkeit der eingesetzten<br />

Systeme. Dies ist laut Lavoie der Schlüssel<br />

zur Einführung der Automatisierung in der Qualitätssicherung.<br />

„Um diesem Bedarf gerecht zu werden,<br />

wird eine digitale Off- und Online-Programmierung<br />

hierbei nun eher zu einem Muss als ein Nice to have“,<br />

so der Creaform-Manager. Als Beispiel nennt er den<br />

hauseigenen robotergeführten 3D-Scanner Metrascan-R,<br />

der inklusive der Software mit integrierter Of-<br />

Bild: Creaform<br />

Jérôme-Alexandre<br />

Lavoie, Creaform, sieht<br />

die einfache Nutzbarkeit<br />

der eingesetzten<br />

Systeme als Schlüssel<br />

zur Einführung der<br />

Automatisierung in der<br />

Qualitätssicherung.<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 23


IM FOKUS » Automatisierung<br />

Anbieter wie GOM<br />

versprechen, dass<br />

Anwender keine Ro -<br />

boterfachkenntnisse<br />

mehr benötigen.<br />

Bild: GOM<br />

Algorithmen helfen beim<br />

Closed Loop<br />

Wie wichtig das Thema Automatisierung für die Anbieter<br />

ist, zeigt sich etwa darin, dass sich bei Wenzel<br />

sogar eine eigene Task Force darum kümmert. „Unsere<br />

Messmaschinen sind bereits für den Einsatz in Fertigungslinien<br />

und Automationslösungen vorgerüstet“,<br />

so Werner.<br />

Zeiss sieht sich bei diesem Thema als Gesamtlösungs-Anbieter.<br />

„Die Automatisierung erfolgt aus einer<br />

Hand“, sagt Wiedemann. Die Kunden erhielten<br />

mit Zeiss einen Ansprechpartner, „der die Kompatibiflineprogrammierung<br />

ein breites Spektrum an Anwendungen<br />

abdecken könne.<br />

Auch GOM-Mann Reich sieht eine einfache und<br />

schnelle Programmierung als Erfolgsfaktor. So erfolge<br />

etwa die Programmierung der Roboter in dem<br />

3D-Koordinatenmesssystem Atos Scanbox einfach<br />

auf Knopfdruck in einem virtuellen Messraum. Dieser<br />

bestehe aus Roboter, Sensor, Kollisionselementen,<br />

Bauteil sowie Messplan und berechne für sämtliche<br />

Prüfmerkmale und CAD-Oberflächen die erforderlichen<br />

Sensorpositionen und Roboterpfade. „Der Anwender<br />

benötigt keine Roboterfachkenntnisse.“<br />

Endnutzer bleibt in der<br />

Verantwortung<br />

Wenn es darum, die Automatisierung im Unternehmen<br />

umzusetzen, kommen traditionell Systemintegratoren<br />

ins Spiel. Sie kümmern sich um das Zelldesign,<br />

den Materialaufbau, die Installation, die Programmierung<br />

und die Schulung. In den vergangenen<br />

Jahren gibt es laut Lavoie aber die Entwicklung, dass<br />

die Hersteller von Messgeräten schon schlüsselfertige<br />

Lösungen entwickeln. Diese würden direkt vom<br />

Hersteller der Messtechnik aufgebaut, sodass kein<br />

Systemintegrator erforderlich ist.<br />

Doch er warnt: „In beiden Fällen wäre es ein Fehler<br />

zu glauben, dass die Endbenutzer keine Verantwortung<br />

tragen. Die Bereitstellung einer automatisierten<br />

Lösung innerhalb einer Organisation ist ein Projekt<br />

und erfordert eine gute Kommunikation mit allen<br />

Stakeholdern oder Mitarbeitern, die mit der Maschine<br />

interagieren.“<br />

Auch Reich berichtet, dass schlüsselfertige Lösungen<br />

verstärkt nachgefragt werden. GOM habe auf<br />

diese Entwicklung reagiert. „Durch die Einfachheit<br />

der Systeme können die Anwender unsere automatisierten<br />

Messsysteme nach erfolgter Produktschulung<br />

selbst betreiben, teachen und damit messen.“<br />

Wenzel-Experte Werner hat die Erfahrung gemacht,<br />

dass vor allem die Produktionsplaner in den<br />

Unternehmen die Ansprechpartner seien. „Wir als<br />

Messtechnik-Hersteller nehmen dann unsere Automatisierungspartner<br />

mit ins Boot. Die andere Variante<br />

ist, dass komplette Produktionslinien angefragt<br />

werden und wir als Partner für die Integration einer<br />

automatisierten Messzelle beziehungsweise Messmaschine<br />

verantwortlich sind.“ Die Automatisierungsprojekte<br />

sind laut Werner meist sehr individuell<br />

und unterliegen oftmals hohen Geheimhaltungsrichtlinien,<br />

da sich die Fertiger nicht in die Karten<br />

schauen lassen wollen.<br />

24 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Maximilian Wiedemann von Zeiss setzt auf<br />

schnelle und flexible Systeme wie multisensorische<br />

Koordinatenmessgeräte.<br />

Bild: Zeiss<br />

Laut Carsten Reich von GOM reduziert die Automatisierung<br />

das Risiko der Ausschussproduktion und<br />

die Stillstände in der Produktion auf ein Minimum.<br />

Bild: GOM<br />

Bei Wenzel kümmert sich eine Task Force um das<br />

Thema Automatisierung, wie Thomas Werner berichtet.<br />

Bild: Wenzel<br />

lität aller Komponenten sicherstellt und den reibungslosen<br />

Ablauf der Automation gewährleistet“.<br />

Ist eine Automatisierungslösung erst einmal umgesetzt,<br />

gilt es für Unternehmen, daraus den entsprechenden<br />

Nutzen zu ziehen und die Produktion zu<br />

optimieren. Ein langfristiges Ziel könnte dann auch<br />

der Closed Loop sein – also die Mess- und Prüfergebnisse<br />

wieder in den Fertigungsprozess zurückzuspielen,<br />

um gegebenenfalls nachzusteuern.<br />

Das Konzept wird seit einiger Zeit in der Branche<br />

diskutiert, ist für viele Anwenderunternehmen aber<br />

derzeit sicherlich noch eher ein Thema für die Zukunft.<br />

Gleichwohl beschäftigen sich Anbieter wie<br />

Wenzel schon konkret damit. „Wir liefern die Soll-<br />

Ist-Abweichung an eine Statistik-Datenbank. Mit<br />

dem Ergebnis kann die Produktion dann entsprechend<br />

nachjustiert werden. Sind gewisse Eingriffsgrenzen<br />

erreicht, kann der Bediener reagieren“, erklärt<br />

Werner.<br />

Doch dies sei kein leichtes Unterfangen. „Es ist<br />

umso komplizierter, je komplexer das Bauteil ist.“ Eine<br />

Herausforderung ist es laut Werner, wenn Messund<br />

Produktionsmaschine unterschiedliche Koordinatensysteme<br />

und Achsen haben. Dafür würden Algorithmen<br />

benötigt, die bei der Umrechnung helfen,<br />

damit die Bearbeitungsmaschine umgestellt werden<br />

kann. „Der Aufwand hilft aber in jedem Fall die Fertigungsprozesse<br />

zu optimieren.“<br />

Statistische Analysen im Qualitätsmanagement<br />

Wir bieten Ihnen Lösungen für diverse<br />

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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 25


IM FOKUS » Automatisierung<br />

Der 3D-Snapshot-Ssensor<br />

Surfacecontrol 3D 3500<br />

eignet sich für Geometrie-,<br />

Form- und Oberflächenprüfungen.<br />

Bild: Micro-Epsilon<br />

Neue Lasertriangulationssensoren für Oberflächenmessungen<br />

Die dritte Dimension<br />

Die optische Triangulation eignet sich für hochauflösende Geometrie- und Oberflächenmessungen<br />

an Bauteilen mit diffus-reflektierender oder hochglänzender<br />

Oberfläche. Neue 3D-Sensoren von Micro-Epsilon erfassen das Messobjekt per<br />

Single-Snapshot, sodass schnelle automatisierte Prüfungen möglich sind.<br />

Leonhard Geupel<br />

Vertrieb 2D/3D<br />

Optische Messtechnik<br />

Micro-Epsilon<br />

www.micro-epsilon.de<br />

Ihren Ursprung hat die geometrische Triangulation<br />

als Verfahren in der Geodäsie. Landvermesser haben<br />

bereits im Mittelalter ganze Staaten mit Dreiecksnetzen<br />

überzogen und so Flächen<br />

und Entfernungen bestimmt. Die hochpräzise<br />

Abstandsmessung mit optischer<br />

Triangulation basiert auf einem ähnlichen<br />

Prinzip: Dabei wird ein Lichtpunkt<br />

auf eine Oberfläche projiziert und<br />

gleichzeitig von einer Sensorzeile unter<br />

einem definierten Winkelversatz aufgenommen.<br />

Mit dem festen Abstand zwischen<br />

Projektor und Sensorzeile sowie der Position<br />

des Punktes auf der Sensorzeile lässt sich durch einfache<br />

Trigonometrie der Abstand zwischen Sensor<br />

und Oberfläche sehr genau bestimmen.<br />

Das Messprinzip der optischen Triangulation lässt<br />

sich auch auf zwei oder sogar auf drei Dimensionen<br />

übertragen. Dabei misst der Sensor nicht nur den Abstand<br />

zu einem einzelnen Punkt auf einer Oberfläche,<br />

sondern es werden die Abstände zu allen Oberflächenpunkten<br />

innerhalb des Messfelds simultan erfasst.<br />

Statt eines einzelnen Punkts wird dazu eine<br />

Folge verschiedener Streifenmuster auf die Oberflä-<br />

26 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


che projiziert. Kameras nehmen das Muster auf. Aus<br />

den Daten lässt sich dann eine 3D-Punktewolke berechnen.<br />

Nach diesem Prinzip arbeitet der neue Surfacecontrol<br />

3D 3500 von Micro-Epsilon: Ein Matrix-<br />

Projektor projiziert die Folge verschiedener Streifenmuster<br />

auf die Oberfläche des Messobjekts. Das diffus<br />

reflektierte Licht der Muster wird mit zwei Kameras<br />

erfasst. Aus den aufgenommenen Bildfolgen und<br />

der Kenntnisse der Anordnung der beiden Kameras<br />

zueinander und zum Projektor berechnet der zum<br />

Sensor gehörende Rechner die dreidimensionale<br />

Oberfläche des Prüfobjekts.<br />

Der Surfacecontrol 3D 3500 ist in zwei Versionen<br />

erhältlich, die entweder eine Fläche von 50 mm x 80<br />

mm oder von 120 mm x 75 mm vermessen können –<br />

und zwar sehr präzise: Die Genauigkeit der Höhenmessung<br />

in z-Richtung liegt je nach Modell bei 1 μm<br />

oder 2 μm, die Wiederholpräzision bei bis zu 0,4 μm.<br />

Webhinweis<br />

Mehr zum Snapshot-Sensor Surfacecontrol 3D<br />

3500 erfährt man in diesem Paper von<br />

Micro-Epsilon:<br />

http://hier.pro/4Zl5b<br />

Für Inline-Messungen<br />

mit hoher Geschwindigkeit<br />

Neben der hohen Präzision standen für Micro-Epsilon<br />

bei der Entwicklung zwei Eigenschaften besonders<br />

im Fokus. Da der Sensor vor allem für die Inline-<br />

Qualitätskontrolle eingesetzt werden soll, muss die<br />

Messung sehr schnell erfolgen. Außerdem ist die industrietaugliche<br />

Ausstattung wichtig, hierzu gehört<br />

unter anderem die einfache Integration in die Anwendung<br />

und passende Schnittstellen. Neben Gigabit<br />

Ethernet (Gige Vision/Genicam) sind auch Profinet,<br />

Ethercat und Ethernet/IP möglich. Hinzu kommen<br />

vier parametrierbare digitale I/Os, die sich beispielsweise<br />

als Trigger oder zur Ausgabe von Sensorzuständen<br />

verwenden lassen. Der kompakte vollintegrierte<br />

Sensor ist in einem industrieoptimierten Gehäuse<br />

untergebracht und kommt mit einer passiven<br />

Kühlung aus, wodurch die hohe Schutzart IP67 erreicht<br />

wird. Drei Montagebohrungen ermöglichen<br />

mit den passenden Zentrierhülsen die reproduzierbare<br />

Montage in der Anwendung.<br />

Zahlreiche Fertigungsprozesse arbeiten etwa im Sekundentakt.<br />

Entsprechend muss die 3D-Vermessung<br />

des Messobjekts in einer einzigen schnellen Aufnahme<br />

erfolgen. In dieser Zeit darf sich das Messobjekt nicht<br />

bewegen. Beim Surfacecontrol 3D 3500 sind die Projektion<br />

der bis zu 20 verschiedenen Streifenmuster<br />

und die Aufnahme durch die beiden Kameras je nach<br />

Messaufgabe in etwa 0,2 bis 0,4 s erledigt. Im Anschluss<br />

übernimmt der Rechner die Berechnung der<br />

3D-Punktewolke. Das Messobjekt kann dabei bereits<br />

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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 27


IM FOKUS » Automatisierung<br />

Die Software 3D-Inspect<br />

ist intuitiv zu<br />

bedienen und bietet<br />

dabei einen großen<br />

Funktionsumfang.<br />

Bild: Micro-Epsilon<br />

Software für Parametrierung und<br />

Messdaten-Aufnahme<br />

Außerdem liefert Micro-Epsilon zusammen mit dem<br />

Sensor die Software 3D Inspect, die zur Sensorparametrierung<br />

und zur Umsetzung industrieller Messaufgaben<br />

dient. Die Software überträgt die Messdaten<br />

vom Sensor über Ethernet und stellt diese dreidimensional<br />

dar. Fertig definierte Messprogramme vereinfachen<br />

die Auswertung der Messdaten. Damit ist<br />

diese Software sehr leistungsstark und trotzdem sehr<br />

intuitiv zu bedienen. Umfassende Möglichkeiten für<br />

die Detektion und Analyse von Oberflächen hat der<br />

Anwender mit der Software Surfacecontrol Defmap3D.<br />

Sie beinhaltet alle Komponenten und Verfahren<br />

für die Einrichtung, Konfiguration und Auswertung<br />

für die Oberflächenprüfung. Der große Funktiweitertransportiert<br />

werden, um Platz für das nächste<br />

Werkstück zu machen. Pro Sekunde kann der Sensor<br />

bis zu 2,2 Mio. 3D-Punkte liefern.<br />

Die Punktewolke ist innerhalb<br />

einer Sekunde berechnet<br />

Die Verarbeitungszeit zu einer 3D-Punktewolke ist<br />

stark von den Messparametern und der Komplexität<br />

des Messobjekts abhängig. Dank eines optimierten<br />

Algorithmus für die Verarbeitung ist die Punktewolkenberechnung<br />

beim Surfacecontrol 3D 3500 in der<br />

Regel nach knapp 1 s abgeschlossen, so dass sich der<br />

Sensor sehr gut für Applikationen der Qualitätssicherung<br />

in Fertigungsprozessen eignet, in denen mit<br />

entsprechenden Taktraten produziert wird.<br />

Ein Beispiel für eine Anwendung, bei der eine automatisierte<br />

Inline-Geometrie-, Form- und Oberflächenvermessung<br />

notwendig ist, ist etwa die Leiterplattenfertigung,<br />

bei der die Ebenheit überprüft wird.<br />

Nach der Bestückung von Leiterplatten lassen sich<br />

mit dem neuen Sensor Bestückungsfehler erkennen.<br />

Typisch ist der sogenannte Tombstone-Effekt, bei<br />

dem sich kleine SMD-Bauteile während des Lötens<br />

aufrichten und dadurch nur auf einer Seite kontaktiert<br />

werden. Durch die 3D-Oberflächenmessung fällt<br />

dies sofort auf, da die Oberflächen von Bauteil und<br />

Leiterplatte nicht mehr exakt parallel zueinander<br />

sind. Die hierfür notwendige Präzision von wenigen<br />

Mikrometern kann der Surfacecontrol 3D 3500 sicherstellen.<br />

Auch bei dicht bestückten Leiterplatten<br />

werden solche Fehlbestückungen zuverlässig und<br />

schnell erkannt.<br />

Um den 3D-Sensor zu integrieren, stehen dem Anwender<br />

mehrere Möglichkeiten offen. Zunächst ist<br />

dies die Software 3D-View, die ein komfortables Benutzerinterface<br />

bereitstellt, mit dem die Surfacecontrol-Sensoren<br />

angesprochen werden können. Die<br />

Software ermöglicht die schnelle Inbetriebnahme<br />

und Evaluierung des Sensors. So können Parameter<br />

eingestellt und optimiert oder die korrekte Positionierung<br />

von Messobjekt und Sensor sichergestellt<br />

werden. Die Datenaufnahme kann direkt aus der<br />

Software gestartet werden.<br />

Bei der Nietprüfung<br />

erfasst der Surfacecontrol<br />

die Höhe und<br />

Verkippung sowie die<br />

Breite und Position<br />

des Niets.<br />

Bild: Micro-Epsilon<br />

Der 3D-Snapshot-Sensor<br />

Surfacecontrol 3D 3500<br />

detektiert und bewertet<br />

Ausbrüche auf Kupplungsscheiben.<br />

Bild: Micro-Epsilon<br />

28 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


onsumfang unterstützt gleichermaßen die Analyse<br />

von Einzelteilen, die Messung kleiner Serien sowie<br />

die robotergestützte Inspektion mehrerer Messfelder.<br />

Wenn der Anwender eine alternative Bildverarbeitungslösung<br />

verwendet oder selber entwickeln<br />

möchte, steht ein umfangreiches SDK zur Verfügung.<br />

Dieses basiert auf den Industriestandards Gige Vision<br />

und Genicam und stellt zahlreiche Funktionsblöcke<br />

zur Verfügung. Eine C/ C++/ C# Bibliothek mit zahlreichen<br />

Beispielprogrammen und Dokumentationen<br />

unterstützt bei der Softwareentwicklung. Der Zugriff<br />

auf den Sensor über Gige Vision ist auch ohne SDK<br />

mit einer Genicam-konformen Software von Drittanbietern<br />

möglich.<br />

Wenn es reflektiert<br />

Bild: Micro-Epsilon<br />

Defekte unter einem 1 μm erkennt Reflectcontrol in einer Zeit von weniger<br />

als 2 s – hier am Beispiel eines Wafers.<br />

Gezielt für spiegelnde und glänzende Oberflächen eignet<br />

sich das hochgenaue 3D-Oberfächeninspektionssystem Reflectcontrol.<br />

Der Sensor erfasst Ebenheitsabweichungen im<br />

Bereich weniger Mikrometer. Er kann stationär zur Überwachung<br />

der Fertigungslinie oder für die Inline-Inspektion am<br />

Roboter eingesetzt werden. Hierzu wird ein Streifenmuster<br />

auf dem Display generiert, welches über die Oberfläche des<br />

Messobjekts in die Kameras des Sensors gespiegelt wird.<br />

Abweichungen auf der Oberfläche verursachen Verzerrungen<br />

im Streifenmuster, die mit der Software ausgewertet<br />

werden. Die Vorteile zeigen sich besonders in der zuverlässigen<br />

Detektion kleinster Defekte unter einem 1 μm und einer<br />

Inspektionsrate von < 2 s pro Messposition. Die Software-Anbindung<br />

erfolgt über das Micro-Epsilon 3D-SDK,<br />

basierend auf den Industriestandards Gige Vision und Genicam.<br />

Reflectcontrol basiert auf der gleichen Softwareplattform<br />

wie Surfacecontrol.<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 29


IM FOKUS » Automatisierung<br />

Mit einem 3D-Sensor<br />

am Arm wird der Roboter<br />

zu einer flexiblen<br />

Messmaschine, die sich<br />

leicht an wechselnde<br />

Produkte und Umgebungen<br />

anpassen lässt.<br />

Bild: ABB<br />

Optische Messtechnik verkürzt die Zykluszeiten bei Benteler<br />

Roboter mit Argusaugen<br />

Der Automobilzulieferer Benteler hat sich in seinem Werk im spanischen Vigo<br />

von der klassischen Koordinatenmessmaschine verabschiedet und setzt auf<br />

optische Messtechnik. Ein Roboter des Herstellers ABB mit einem 3D-Weißlichtsensor<br />

am Arm sorgt jetzt für kürzere Zykluszeiten und weniger Ausschuss.<br />

» Uwe Schoppen<br />

Bild: Benteler<br />

Der Roboter führt bei<br />

Benteler die typischen<br />

Messungen durch, die<br />

zuvor mit einem Koordinatenmessgerät<br />

umgesetzt<br />

wurden.<br />

Benteler ist ein führendes Unternehmen, das Produkte,<br />

Systeme und Dienstleistungen für die Automobil-,<br />

Energie- und Maschinenbaubranche entwickelt,<br />

produziert und vertreibt. Die Automotive-Sparte<br />

des Unternehmens beschäftigt rund 26.000 Mitarbeiter,<br />

die in 75 Werken<br />

in 24 Ländern tätig sind.<br />

Zum Portfolio gehören<br />

maßgeschneiderte Lösungen<br />

für die Autobauer<br />

wie Module für Fahrwerk,<br />

Karosserie, Motor und<br />

Abgassystem. Geliefert<br />

werden auch Lösungen<br />

für Elektrofahrzeuge.<br />

Die Qualitätskontrolle ist bei Benteler ein zentraler<br />

Bereich, der konsequent weiterentwickelt wird. Das<br />

Unternehmen investiert deswegen in die Optimierung<br />

seiner Prozesse und nutzt digitale Technologien,<br />

um hohe Qualität bieten zu können. Am Standort in<br />

Vigo in Westspanien wurde bislang ein traditioneller<br />

Ansatz verfolgt und die Qualität der Teile mit einer<br />

»Die 3DQI-Technik wurde<br />

in Automobilanwendungen<br />

entwickelt und getestet.«<br />

Tanja Vainio, ABB Robotics<br />

Koordinatenmessmaschine sichergestellt. Benteler<br />

war jedoch der Ansicht, dass sich der Prozess in zwei<br />

Punkten verbessern ließe. Erstens sollte die Zeit für<br />

die Inspektion verkürzt und zweitens die Qualität der<br />

erfassten Daten verbessert werden. Schließlich haben<br />

sich die Verantwortlichen<br />

dazu entschieden,<br />

das Konzept grundsätzlich<br />

zu ändern.<br />

Der Prozess wurde vom<br />

Messraum in den Produktionsbereich<br />

verlagert<br />

und es kam eine Qualitätssicherungs-Lösung<br />

mit einem Roboter des<br />

Herstellers ABB zum Einsatz, an dessen Arm ein<br />

3D-Weißlichtsensor montiert ist. Mit digitalen Scans<br />

sollte fortan die Inspektion optimiert werden. Die<br />

Sensoren können Defekte an einem gefertigten Teil<br />

mit hoher Genauigkeit erkennen (siehe auch Kasten).<br />

Die Technik gehört zum Portfolio von ABB und nutzt<br />

das industrielle Internet der Dinge. Dadurch wird ein<br />

30 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


hoher Automatisierungsgrad mit moderner Datenanalyse<br />

möglich, was insgesamt die flexible Fertigung<br />

und die Produktionsprozesse bei Benteler fördert.<br />

Auf diese Weise will der Zulieferer die zahlreichen<br />

Produktvarianten und kundenspezifischen Anpassungen<br />

in kleineren Losen optimieren, die Produktivität<br />

verbessern und sich so einen Wettbewerbsvorteil<br />

verschaffen.<br />

Die 3D-Weißlichtsensoren können für die Offlineund<br />

Inline-Inspektion gleichermaßen eingesetzt werden.<br />

Benteler entschied sich für die Installation der<br />

Offline-Inspektionslösung. Das System führt die typischen<br />

Messungen durch, die zuvor mit dem Koordinatenmessgerät<br />

umgesetzt wurden und erstellt dabei<br />

Kontrollberichte, die intern genutzt, aber auch dem<br />

Kunden zur Verfügung gestellt werden. Die Integration<br />

eines Roboters mit der 3D-Messtechnik bietet dabei<br />

eine hohe Erfassungsgeschwindigkeit und dadurch<br />

mehr Messungen als mit der alten Lösung.<br />

Vom Konzept her arbeitet die Lösung wie eine Fertigungszelle,<br />

wobei der Schwerpunkt auf einem hohen<br />

Durchsatz liegt. Zu diesem Zweck wurden zwei<br />

Messtische installiert. Ein zweiter Roboter belädt<br />

und entlädt die Messwerkzeuge einschließlich der zu<br />

messenden Teile automatisch entsprechend der vom<br />

Bediener erstellten Produktionswarteschlange. Auf<br />

diese Weise wird eine kontinuierliche Messung möglich,<br />

was die Produktivität erhöht.<br />

Benteler hat zudem drei Inline-Zellen installiert, in<br />

denen strukturelle Sicherheitsteile wie Hinterachse<br />

und Motorhalterung gemessen werden. An dieser<br />

Stelle kommt die gleiche Technik mit angepasster<br />

Funktionalität zum Einsatz. Auch hier werden am Ende<br />

der Produktionslinie die 3D-Geometrien der Bauteile<br />

mit optischer, berührungsloser Abtastung gemessen<br />

und auf traditionelle, mechanische Kontrollwerkzeuge<br />

verzichtet. Alle Teile werden im kontinuierlichen Modus<br />

einer 3D-Maßkontrolle unterzogen, wodurch sich<br />

mögliche Fehler effizient identifizieren lassen.<br />

Mit der 3D-Visionlösung lassen sich nach eigenen<br />

Angaben in der Zeit, die eine Koordinatenmessmaschine<br />

für die Kontrolle eines 3D-Punktes braucht, bis<br />

zu fünf Millionen 3D-Punkte prüfen, ohne das Bauteil<br />

zu berühren. Ein weiterer Vorteil ist, dass jedes einzelne<br />

Teil inspiziert werden kann. Oft verlassen sich<br />

Fertigungsbetriebe auf die statistische Qualitätskontrolle,<br />

bei der Stichproben genommen werden. Das<br />

kann jedoch dazu führen, dass sich der gleiche Fehler<br />

in vielen Produkten wiederholt, bevor er entdeckt<br />

wird. Die Folge sind teure Nacharbeit und Ausschuss.<br />

Mit einer kontinuierlichen Kontrolle aller Teile<br />

werden solche kostspieligen Risiken vermieden. Tier-<br />

1-Automobilzulieferer wie Benteler, bei denen die<br />

Prozesse kontinuierlich weiterentwickelt werden,<br />

können mit der digitalisierten 3D-Inspektionslösung<br />

ihre Qualität gegenüber großen Automobilherstellern<br />

validieren, deren Qualitätsanforderungen ebenso<br />

hoch sind.<br />

Weißlichtsensor erstellt<br />

digitales Modell<br />

Die skalierbare Roboterzelle von ABB für die 3D-Qualitätsinspektion<br />

(3DQI) erkennt Mängel an Bauteilen, die<br />

weniger als halb so dick sind wie ein menschliches<br />

Haar. Die Lösung ist konzipiert für Anwendungen im<br />

Automobilbau, in der Luft- und Raumfahrt sowie im<br />

Schwermaschinenbau und Baugewerbe. Zu den Vorteilen<br />

der Zelle gehört die Kombination aus hoher Geschwindigkeit,<br />

einer Genauigkeit von unter 100 μm<br />

und Flexibilität, denn dank des modularen Aufbaus<br />

lässt sich die Lösung genau auf die Bedürfnisse des<br />

Anwenders zuschneiden.<br />

3DQI ist für Offline-Prüfstationen konzipiert. Mit einem<br />

optischen 3D-Weißlichtsensor, der Millionen von<br />

3D-Punkten pro Aufnahme abtastet, wird ein detailliertes,<br />

digitales Modell des zu prüfenden Teils erstellt.<br />

Dies wiederum kann mit den CAD-Daten abgeglichen<br />

werden. Die Abläufe sind nach eigenen Angaben um<br />

den Faktor zehn schneller als bei Koordinatenmessgeräten.<br />

Jeder Roboter, der 20 kg oder mehr tragen kann,<br />

lässt sich mit dem Sensor nachrüsten. Der Sensor ist<br />

dabei mit marktüblichen Robotern, Verfahrachsen und<br />

Drehtischen kompatibel. So gibt es bei den Abmessungen<br />

der zu prüfenden Teile keine Beschränkungen. Die<br />

Lösung bietet zudem eine umfassende Echtzeit-Datenanalyse.<br />

Digitale Aufzeichnungen unterstützen die<br />

Rückverfolgbarkeit, die in den anvisierten Branchen<br />

erforderlich ist.<br />

Bild: ABB<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 31


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SPECIAL<br />

» Bildverarbeitung<br />

Vision-Technologien erweitern stetig ihre Möglichkeiten<br />

und erobern neue Anwendungen in der<br />

Qualitätssicherung. Dazu trägt auch der Einsatz von<br />

Künstlicher Intelligenz bei.<br />

Interview<br />

Fraunhofer Vision: „Forschungsboom<br />

treibt Bildverarbeitung an“<br />

» Seite 34<br />

Digitalmikroskopie<br />

Visioner 1 liefert tiefenscharfe<br />

Bilder in Echtzeit<br />

» Seite 36<br />

Oberflächenrauheit<br />

Weißlichtinterferometrie<br />

direkt in der Fertigung<br />

» Seite 40<br />

Schallvisualisierung<br />

Akustische Kameras schützen<br />

vor Gesundheitsschädigungen<br />

» Seite 42<br />

Schutzmasken<br />

Künstliche Intelligenz<br />

übernimmt Qualitätskontrolle<br />

» Seite 44<br />

Hyperspektral-Bildgebung und KI sind die Basis des Rolle-zu-Rolle-Inspektionssystems für Barrierefolien am<br />

Fraunhofer FEP. Die Folien werden etwa für organische Leuchtdioden (OLED) oder Solarzellen (OPV) benötigt.<br />

Bild: Ronald Bonß<br />

Verpackungs -<br />

komponenten<br />

Kameraverbund prüft 100 %<br />

und in Hochgeschwindigkeit<br />

» Seite 46


SPECIAL » Interview<br />

Bildverarbeitung auf dem Sprung zur Mainstream-Technologie<br />

„Wir stehen vor einer neuen Ära“<br />

Für Michael Sackewitz, Koordinator des Fraunhofer Geschäftsbereichs Vision, ist die<br />

industrielle Bildverarbeitung derzeit von einem beispiellosen Forschungsboom<br />

getrieben. Die Nischen-Lösungen von einst entwickeln sich dank Machine Learning<br />

zur Mainstream-Technologie.<br />

» Uwe Schoppen<br />

Herr Sackewitz, was morgen die Welt<br />

verändern soll, muss heute entwickelt<br />

werden. Ist es denn möglich, künftige<br />

Anforderungen an die Bildverarbeitung<br />

zu erkennen, um bereits heute die richtigen<br />

Entwicklungsweichen zu stellen?<br />

Für eine robuste Vorausschau müssen wir<br />

uns systematisch, intensiv und nachvollziehbar<br />

mit den relevanten Einflussfaktoren<br />

und Akteuren auseinandersetzen. Danach<br />

gilt es, die gefundenen Zusammenhänge<br />

und Wechselwirkungen hinsichtlich<br />

Plausibilität und Konsistenz zu überprüfen.<br />

Am Ende erkennt man, dass viele<br />

Dinge in der Zukunft heute bereits strukturell<br />

vorgeprägt sind und eine Einschätzung<br />

der Entwicklung zulassen.<br />

Wird die Bildverarbeitung künftig noch<br />

näher an den Herstellungsprozess rücken?<br />

Dieser Trend ist unübersehbar. Nur so lassen<br />

sich Qualitätsabweichungen bereits bei<br />

der Entstehung erkennen und frühzeitig<br />

korrigieren. Ein zentrales Kriterium für die<br />

Zukunftsfähigkeit von Bildverarbeitungslösungen<br />

ist deswegen die einfache Integration<br />

in den Prozess. Miniaturisierung, Modularität<br />

und insbesondere die Flexibilität<br />

sind die Trends der nächsten Jahre.<br />

Wird die Bildverarbeitung in den kommenden<br />

Jahren mehr fertigungssteuernde<br />

Aufgaben übernehmen?<br />

Vision-Experte Michael Sackewitz: „Eine einfache Bedienung ist für die Anwender von Bildverarbeitungs-Systemen<br />

oft wichtiger als der Wunsch nach mehr Leistung.“<br />

Bild: Fraunhofer<br />

Vision-Systeme werden künftig komplexere<br />

Aufgaben übernehmen als die automatisierte<br />

Erfassung ausgewählter Inspektionsdaten<br />

an isolierten Überwachungspunkten.<br />

34 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Die Systeme werden als Sinnesorgane einer<br />

vernetzten Produktion nahezu in Echtzeit<br />

die Material-, Produkt- und Prozessdaten<br />

zur Verfügung stellen und auswerten.<br />

Die Bildverarbeitung übernimmt damit<br />

zunehmend fertigungssteuernde Aufgaben.<br />

Die Mess- und Automatisierungstechnik<br />

verschmelzen dabei zusehends.<br />

Werden in Zukunft immer mehr Sensortypen<br />

miteinander kombiniert?<br />

Sensoren werden leistungsfähiger und die<br />

Kombination unterschiedlicher Sensortypen<br />

vielfältiger. Die smarten Datenlieferanten<br />

können zudem in das Innere vieler<br />

Objekte hineinschauen. So lassen sich<br />

Strukturen, aber auch optische und stoffliche<br />

Eigenschaften erfassen. Die Ergebnisse<br />

werden direkt bildgebend ausgewertet<br />

und visualisiert, wodurch sie sich<br />

leichter interpretieren lassen. Die Gefahr<br />

einer Fehldeutung verringert sich.<br />

Welche Herausforderungen wird es in<br />

Zukunft beim Datenhandling geben?<br />

Wie werden die gewonnenen Messdaten<br />

sinnvollerweise aufbereitet und<br />

verarbeitet?<br />

Die Herausforderung wird sein, alle Daten<br />

über ein Produkt entlang des gesamten<br />

Produktions- und Lebenszyklus konsistent<br />

zusammenzuführen. Dafür brauchen wir<br />

standardisierte Schnittstellen und einheitliche<br />

Datenmodelle, mit denen sich<br />

multimodale Sensordaten fusionieren und<br />

über alle Informationsebenen hinweg<br />

austauschen lassen. Die wesentliche Aufgabe<br />

besteht darin, die Datenströme aus<br />

verschiedenen Quellen und Formaten örtlich<br />

und zeitlich zu synchronisieren und in<br />

einem gemeinsamen Koordinatensystem<br />

gegeneinander auszurichten. Die Herausforderung<br />

liegt somit in der vollständigen<br />

horizontalen und vertikalen Integration.<br />

Es gibt heute bereits Standards im Rahmen<br />

von Industrie 4.0 wie etwas der offene<br />

Schnittstellenstandard OPC-UA.<br />

Wird sich die Bildverarbeitung künftig<br />

automatisch der Messaufgabe und der<br />

Messumgebung anpassen können?<br />

Welche Rolle spielt dabei der Bediener?<br />

Mess- und Prüfsysteme von morgen werden<br />

nicht mehr auf feste Arbeitsschritte<br />

oder Aufgaben ausgelegt sein, sondern<br />

werden sich an verschiedene Randbedingungen<br />

wie Prüfinhalte, Fehlerklassen<br />

oder Gestalt der Prüfobjekte frei anpassen<br />

lassen. Im Idealfall sind die Systeme so<br />

schlau, dass sie die Aufgabe ohne jeglichen<br />

Bedienereingriff übernehmen können.<br />

Hinzu kommen weitere Funktionen<br />

wie Selbstüberwachung, Störungserkennung,<br />

Störungsdiagnose, Selbstkalibrierung<br />

und Rekonfiguration.<br />

»Vision-Systeme<br />

werden die<br />

Sinnesorgane einer<br />

vernetzten Produktion<br />

und übernehmen<br />

dabei zunehmend<br />

fertigungssteuernde<br />

Aufgaben.«<br />

Sind kleine, integrierte Vision-Systeme<br />

die Stars von morgen?<br />

Embedded-Vision-Systeme gewinnen weiter<br />

an Bedeutung. Die flexiblen All-in-one-<br />

Lösungen sind mit kognitiver Sensorik, modernen<br />

Algorithmen, einem integrierten<br />

Rechner und einem Betriebssystem ausgestattet.<br />

Und das alles in einem Gehäuse.<br />

Die Technologie reduziert die Hardwarekosten<br />

von Vision-Systemen signifikant.<br />

Das klassische Single-PC-basierte System<br />

wird zunehmend in den Hintergrund treten.<br />

Welche Bedeutung hat Machine Learning<br />

für die Bildverarbeitung?<br />

Machine Learning, kurz ML, führt derzeit<br />

zu einem regelrechten Umbruch. Wir stehen<br />

in der Bildverarbeitung vor einer neuen<br />

Ära. Die Algorithmen, die dahinterstehen,<br />

können anhand von Beispielbildern<br />

lernen und eigenständig Daten analysieren<br />

und klassifizieren. Die Zutaten für die<br />

Rezeptur sind vorhanden, sprich hohe und<br />

billige Rechenleistung, Softwarebibliotheken<br />

sowie große annotierte Trainingsdatensätze.<br />

Trainieren statt Programmieren<br />

könnte die Devise der Zukunft lauten.<br />

Die ML-basierte Bildverarbeitung wird in<br />

viele neue Anwendungsbereiche vorstoßen,<br />

wo klassische Ansätze teuer, langsam,<br />

unflexibel und ineffizient sind. So<br />

gesehen wird die Bildverarbeitung getrieben<br />

von einem beispiellosen Forschungsboom<br />

und entwickelt sich derzeit von der<br />

klassischen Nischen-Lösung zur Mainstream-Technologie.<br />

Welche Aufgaben könnten Vision-Systeme<br />

mit Machine Learning lösen, die<br />

heute noch nicht lösbar sind?<br />

Machine Learning wird sich im praktischen<br />

Einsatz dort widerspiegeln, wo maschinelles<br />

Bildverstehen gefragt ist. Unzählige<br />

Anwendungen sind denkbar, viele<br />

liegen auch jenseits der Fabrikgrenzen<br />

wie etwa beim Handel. Ein Beispiel ist die<br />

automatische Kasse, wo Waren auf dem<br />

Kassenband über einen Video-Livestream<br />

markerfrei identifiziert und abgerechnet<br />

werden. Im industriellen Sektor könnte<br />

Machine Learning neue Möglichkeiten für<br />

die prädiktive Wartung eröffnen. Dadurch<br />

lassen sich Maschinenausfälle besser vorhersagen<br />

und so vorausschauend vermeiden.<br />

Die Lerndaten wären in diesem Fall<br />

dann keine Bilder, sondern repräsentative<br />

akustische Muster.<br />

Welche Rolle wird die einfache Bedienung<br />

von Vision-Systemen in Zukunft<br />

haben?<br />

Eine entscheidende. Eine einfache Bedienung<br />

ist für die Anwender oft sogar wichtiger<br />

als der Wunsch nach mehr Leistung.<br />

Die Vision-Systeme müssen in Zukunft so<br />

einfach gestaltet sein, dass auch Laien sie<br />

intuitiv bedienen können. Die stärksten<br />

Impulse kommen aus dem Consumerbereich.<br />

Insbesondere die technische Entwicklung<br />

der Smartphones beflügelt die<br />

Erwartungshaltung der Nutzer.<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 35


Mit dem Digitalmikroskop Visioner 1<br />

lassen sich Proben bis zu einer Tiefe<br />

von 69 mm inspizieren, ohne dabei<br />

das optische System verfahren oder die<br />

Probe erneut fokussieren zu müssen.<br />

Bild: Zeiss<br />

Zeiss schlägt ein neues Kapitel in der Mikroskopie auf<br />

Die Physik sauber ausgetrickst<br />

Auch Zeiss kann die Gesetzte der Optik nicht brechen – aber umgehen. Mit dem<br />

Visioner 1 bringt das Unternehmen ein Digitalmikroskop auf den Markt, das<br />

tiefenscharfe Bilder in Echtzeit liefert. Dafür mussten die Spezialisten aus Jena<br />

ganz tief in die Entwicklungskiste greifen, denn physikalisch ist das eigentlich<br />

gar nicht möglich.<br />

» Uwe Schoppen<br />

Die Mikroskopie ist das Herzstück von Zeiss“,<br />

sagt Dr. Robert Zarnetta, der das Geschäftsfeld<br />

Industrial Microscopy Solutions bei Zeiss Industrial<br />

<strong>Quality</strong> Solutions leitet. „Die Technik haben wir in der<br />

Vergangenheit immer wieder an neue Grenzen geführt.“<br />

Und diesmal sogar noch ein Stückchen weiter.<br />

Bedarf am neuesten Wurf von Zeiss ist reichlich<br />

vorhanden, denn in der Mikroskopie gibt es schon<br />

immer ein Problem. Wenn der Anwender eine Probe<br />

vergrößert, um feine Details sehen zu können,<br />

nimmt die Tiefenschärfe des Bildes<br />

ab und er sieht immer nur einen kleinen<br />

Bereich deutlich. Beim Prüfen<br />

von Leiterplatten zum Beispiel ist<br />

das ein Problem, weil hier oft<br />

Merkmale in unterschiedlichen<br />

Höhen kontrolliert werden müssen.<br />

Aber auch bei anderen Anwendungen<br />

ist dieser physikalische<br />

ENDLICH<br />

Das Problem mit der<br />

Tiefenschärfe ist so alt<br />

wie das Mikroskop: 175<br />

Jahre. Jetzt ist es endlich<br />

gelöst - dank<br />

schneller Rechner.<br />

Effekt hinderlich und die Gefahr groß, dass Defekte,<br />

Verunreinigungen oder Produktionsfehler übersehen<br />

werden und die Inspektion dadurch unvollständig ist.<br />

Bislang musste sich der Mitarbeiter zu Fuß aus der<br />

Misere helfen, immer wieder nachfokussieren und<br />

die verschiedenen Ebenen zusammenführen, um am<br />

Ende ein Bild mit erweiterter Tiefenschärfe zu bekommen.<br />

„Damit ist das Problem zwar gelöst, aber<br />

die Vorgehensweise ist komplex und kostet viel Zeit“,<br />

stellt Zarnetta fest.<br />

Die Lösung des Problems ist eine virtuelle<br />

Linse, die aus kleinen Spiegelelementen<br />

aufgebaut ist, die sich in<br />

alle Richtungen frei bewegen lassen<br />

(siehe auch Kasten). In der<br />

Praxis wird die Linse permanent<br />

auf verschiedene Bereiche fokussiert<br />

und zwar so schnell, dass das<br />

menschliche Auge davon nichts<br />

36 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Bildverarbeitung « SPECIAL<br />

merkt. Der Anwender schaltet das Mikroskop an, hat<br />

sofort ein tiefenscharfes Bild und kann frei über die<br />

Probe navigieren. „Ich kann das Werkstück drehen<br />

und kippen, auch mal von der Seite drauf schauen<br />

und verliere dabei nie den Fokus“, versichert Zarnetta.<br />

Das ist eine ganz neue Herangehensweise an die<br />

optische Inspektion. Der Mitarbeiter muss sich keine<br />

Gedanken mehr machen, wie er das Bauteil führen<br />

muss, damit er alle entscheidenden Stellen scharf<br />

sieht, sondern er kann sich auf seine eigentliche Aufgabe<br />

konzentrieren. Das neue Digitalmikroskop<br />

kommt nach Ansicht von Zarnetta zum richtigen<br />

Zeitpunkt auf dem Markt, denn die Bauteile werden<br />

immer kleiner, die Beschichtungen filigraner und die<br />

Kombination aus verschiedenen Materialien komplexer.<br />

„Sei es die Gratbildung im Spitzguss oder Elektronikbauteile,<br />

die Anforderungen wachsen mit jedem<br />

Tag“, so Zarnetta.<br />

Wegen der Corona-Pandemie fand die Produkteinführung<br />

im Herbst rein digital statt. Alle Eigenschaften<br />

des neuen Digitalmikroskops sind auf den Internetseiten<br />

von Zeiss verfügbar. Vor allem aus der Me-<br />

„Der Unterschied ist wirklich erstaunlich“<br />

Bild: Reliance Precision<br />

Das Digitalmikroskop Visioner 1 hat die Inspektion komplexer Teile bei Reliance Precision<br />

wesentlich vereinfacht und zugleich beschleunigt.<br />

Erste Pilotkunden konnten das<br />

neue Digitalmikroskop Visioner 1<br />

bereits im täglichen Einsatz nutzen.<br />

Einer davon ist Reliance Precision<br />

mit Sitz im englischen Huddersfield.<br />

Das <strong>Engineering</strong>-Unternehmen versteht<br />

sich als zentrale Anlaufstelle<br />

für den Konstrukteur. Das Portfolio<br />

reicht von der einfachen Schraube<br />

bis hin zu kompletten Baugruppen<br />

für Dreh- und Linearbewegungen.<br />

In der täglichen Praxis werden dabei<br />

komplexe Formen bearbeitet.<br />

Die Produkte zeichnen sich aus<br />

durch Variantenvielfalt, geringe<br />

Stückzahlen und eine hohe Präzision.<br />

Die Anforderungen an die optische<br />

Inspektion sind hoch, denn<br />

nur so kann sichergestellt werden,<br />

dass keine Fremdkörper die Qualität<br />

der Produkte beeinträchtigen.<br />

Die Inspektion mit Stereomikroskopen<br />

war für die Mitarbeiter in der<br />

Vergangenheit mühsam und zeitintensiv,<br />

da verschiedene Abschnitte<br />

der Bauteile immer wieder neu fokussiert,<br />

einzeln abgebildet und<br />

schließlich zu Berichten zusammengefasst<br />

werden mussten.<br />

Während einer Produktpräsentation<br />

von Zeiss UK lernten die Engländer<br />

das neue Digitalmikroskop Visioner<br />

1 kennen und hatten auch<br />

die Gelegenheit, das Gerät ausgiebig<br />

zu testen. Das erste, was den<br />

Engländern dabei auffiel, war natürlich<br />

die durchgehende Tiefenschärfe.<br />

„Mit dem Visioner 1 können<br />

wir eine Inspektionsaufgabe<br />

manchmal mit einem einzigen Bild<br />

erledigen“, freut sich David Torr,<br />

Head of Metrology bei Reliance<br />

Precision. „Wenn man diese Technik<br />

zum ersten Mal bei Produkten<br />

nutzt, die man bisher nur durch ein<br />

übliches Stereomikroskop gesehen<br />

hat, dann ist der Unterschied wirklich<br />

erstaunlich. Und wenn wir einen<br />

interessanten Bereich identifiziert<br />

haben, können wir sogar<br />

grundlegende Messungen durchführen.“<br />

Mit dem neuen Digitalmikroskop<br />

von Zeiss haben die Spezialisten<br />

von Reliance Precision bislang gute<br />

Erfahrungen gesammelt. „Mit<br />

dem System können wir die Effizienz<br />

der visuellen Inspektionen<br />

und der qualitativen Beurteilungen<br />

enorm steigern“, fasst David Torr<br />

zusammen. „Wir erfassen mehr Details<br />

in einem Bild, können Routinen<br />

programmieren und profitieren<br />

nicht zuletzt von der besseren Bedienerergonomie.“<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 37


SPECIAL » Bildverarbeitung<br />

dizintechnik erreichten Zeiss viele Anfragen, denn in<br />

diesem Bereich sind die Anforderungen besonders<br />

hoch und Hundertprozent-Kontrollen keine Seltenheit.<br />

Jedes Bauteil, das im Körper implantiert wird –<br />

sei es ein Stent, ein Spinal Cord Implant für die Rückenmarkstimulation<br />

oder ein Hüftgelenk – wird inspiziert<br />

und frei gegeben. „Für die Mitarbeiter wird<br />

der Alltag durch unsere neue Technik leichter und<br />

das führt automatisch zu einem höheren Durchsatz“,<br />

versichert Zarnetta.<br />

Scharf bis in die letzte Ecke<br />

Mit dem neuen Digitalmikroskop Visioner 1 hebt<br />

Zeiss die Möglichkeiten der Inspektion auf ein<br />

neues Niveau, denn der Anwender kann damit<br />

bei der Qualitätskontrolle in der Fertigung erstmals<br />

die Probe dank einer erweiterten Tiefenschärfe<br />

erstmals vollständig in Echtzeit scharf sehen.<br />

Der Schlüssel für diesen Fortschritt liegt in<br />

einem mikro-elektro-mechanischen System, das<br />

aus einem Komplex kleiner Spiegel mit einer Größe<br />

von 100 x 100 μm besteht. Diese lassen sich individuell<br />

einstellen, um virtuelle Linsen mit verschiedenen<br />

Krümmungen und damit Fokussierebenen<br />

zu generieren. Dadurch kann das Digitalmikroskop<br />

jeden Punkt der Probe scharf abbilden.<br />

Das eigentlich revolutionäre daran ist, dass<br />

die Mikro-Spiegel so schnell eingestellt werden<br />

können, dass die Bilddarstellung für den Nutzer<br />

in Echtzeit abläuft. Das Ergebnis ist eine erweiterte<br />

Tiefenschärfe, mit der sich Proben bis zu einer<br />

Tiefe von 69 mm inspizieren lassen, ohne dabei<br />

das optische System verfahren oder die Probe erneut<br />

fokussieren zu müssen. Alle 3D-Informationen<br />

der Probe sind auf einen Blick sichtbar und<br />

ermöglichen so eine schnelle und zuverlässige<br />

Inspektion.<br />

Bild: Zeiss<br />

Dr. Robert Zarnetta<br />

leitet das Geschäftsfeld<br />

Industrial<br />

Microscopy<br />

Solutions bei Zeiss<br />

Industrial <strong>Quality</strong><br />

Solutions<br />

Herr Dr. Zarnetta, wie alt ist eigentlich<br />

das Problem der unzureichenden<br />

Tiefenschärfe?<br />

So alt wie die Mikroskopie, 175 Jahre.<br />

Der Konflikt ist begründet in den Gesetzen<br />

der Optik. Mit steigender Vergrößerung<br />

sinkt die Tiefenschärfe, das<br />

ist einfach so.<br />

Und warum mussten wir so lange<br />

warten, bis es endlich eine Lösung<br />

für dieses Problem gibt?<br />

Weil keiner die Gesetze der Optik brechen<br />

kann, wir können Sie nur umgehen.<br />

Und das erfordert in diesem Fall<br />

über 15 Jahre Forschung und Entwicklung,<br />

moderne Halbleiterfertigung<br />

und Rechner der neuesten Generation.<br />

Nur so lassen sich die immensen<br />

Datenmengen schnell genug<br />

verarbeiten.<br />

Was war die eigentliche Herausforderung<br />

bei der Lösung des Problems?<br />

Im direkten Vergleich wird deutlich, welche Erleichterung die<br />

erweiterte Tiefenschärfe dem Mitarbeiter beschert.<br />

Bild: Zeiss<br />

Ein ganz aktueller Anwendungsfall ist die Inspektion<br />

von Injektionsnadeln. „Jeder von uns wird hoffentlich<br />

bald Bekanntschaft mit so einer Nadel machen“,<br />

sagt Zarnetta. „Da ist uns allen daran gelegen,<br />

dass die sauber geschliffen sind und wir bei der Impfung<br />

keinen Schmerz verspüren.“ Die Nadeln werden<br />

deshalb einer stringenten Qualitätskontrolle unterzogen.<br />

Früher musste der Mitarbeiter die feine Probe<br />

immer so lange führen, bis er endlich jedes Detail<br />

scharf gesehen hatte und er sagen konnte, dass alles<br />

38 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


„Die Technik ist ausgereift und sehr robust“<br />

Eindeutig die Hardware. Insbesondere<br />

die Herstellung der Mikro-Spiegel war<br />

eine Herausforderung . Diese müssen<br />

sich in alle Raumrichtungen bewegen<br />

können, also Drehen nach vorne und<br />

hinten, links und rechts und Verschieben<br />

nach oben und unten. Die Spiegelelemente<br />

müssen quasi freischwebend<br />

gelagert werden. Nur so lassen<br />

sie sich individuell ansteuern und bewegen.<br />

Wie viele Mikro-Spiegel sind es<br />

überhaupt?<br />

Das hängt vom Design ab, aber es<br />

sind Hunderte. Jeder Mikro-Spiegel<br />

hat nur eine Fläche von 0,1 mal 0,1<br />

Millimeter.<br />

Die schnelle Ansteuerung der einzelnen<br />

Spiegel ist sicher auch nicht<br />

einfach.<br />

Kann man so sagen. Damit die einzelnen<br />

Spiegelelemente verschiedene<br />

optische Oberflächen bilden können,<br />

die eine perfekte Abbildung der Probe<br />

ermöglichen, müssen diese präzise<br />

ausgerichtet werden. Kleinste<br />

Schwankungen im Produktionsprozess<br />

der Spiegel sind grundsätzlich nicht<br />

zu vermeiden, so dass jedes Element<br />

separat kalibriert und dann auch individuell<br />

angesteuert wird.<br />

Was ist das eigentlich Revolutionäre<br />

am Visioner 1?<br />

Es gibt schon lange die Möglichkeit,<br />

tiefenscharfe Bilder durch die Verrechnung<br />

von Bildern zu erhalten, die<br />

mit unterschiedlichen Fokusebenen<br />

aufgenommen wurden. Das dauert allerdings<br />

mehrere Sekunden bis Minuten,<br />

ist also für die Inspektion von<br />

Bauteilen nicht zu gebrauchen. Der<br />

Visioner 1 ermöglicht nun zum ersten<br />

Mal die Inspektion von kleinen Bauteilen<br />

bei hoher Vergrößerung mit erweiterter<br />

Tiefenschärfe in Echtzeit inklusive<br />

instantaner Dokumentation.<br />

Das Nachfokussieren fällt weg und es<br />

werden potenziell weniger Fehler<br />

übersehen.<br />

Der Aufbau der virtuellen Linse<br />

macht in der Phantasie einen eher<br />

filigranen Eindruck. Ist die Technik<br />

denn anfällig?<br />

Nein, denn es gibt keine mechanisch<br />

bewegten Teile. Die Spiegel werden<br />

nur elektrostatisch ausgelenkt und<br />

dabei von einer sehr dünnen, aber<br />

stabilen Membran gehalten. Entsprechende<br />

Module sind seit Jahren rund<br />

um die Uhr in Inline-Anwendungen<br />

im Einsatz. Deswegen können wir sagen,<br />

dass die Technik ausgereift und<br />

sehr robust ist.<br />

Wie sieht es aus mit Erschütterung<br />

und Temperaturschwankungen? Das<br />

sind die typischen Bedingungen, wie<br />

sie im praktischen Umfeld auftreten<br />

können.<br />

Das ist alles kein Problem. Die Spiegelelemente<br />

sind sehr klein und deswegen<br />

auch sehr leicht. Es gibt also<br />

wenig bewegte Masse, die erschüttert<br />

werden könnte. Und damit auch wenig<br />

Material für thermische Ausdehnungsunterschiede.<br />

Daher zeigen die<br />

Systeme eine hervorragende Schockbeständigkeit<br />

und sind temperaturstabil.<br />

Sie können das Digitalmikroskop<br />

problemlos in der Produktion<br />

einsetzen.<br />

Wie haben die ersten Anwender auf<br />

die neue Technik reagiert?<br />

Es ist schon faszinierend zu sehen,<br />

dass sich viele Kunden sozusagen damit<br />

abgefunden hatten, mit den Limitierungen<br />

bestehender Mikroskop-<br />

Lösungen auf immer zu leben. Wir<br />

übrigens auch. Deswegen sind sie nun<br />

um so überraschter, dass es auf einmal<br />

eine Lösung für das Problem gibt.<br />

Damit hatte keiner wirklich gerechnet.<br />

Für viele ergeben sich plötzlich<br />

völlig neue Möglichkeiten, ihre Inspektionsaufgaben<br />

anzugehen und effektiver<br />

zu arbeiten.<br />

in Ordnung ist. „Beim Visioner 1 hält er die Nadel<br />

drunter, bekommt das komplette Bild und macht einen<br />

Haken dran“, fasst Zarnetta zusammen.<br />

Zum neuen Digitalmikroskop liefert Zeiss ein workflow-orientiertes<br />

Softwaresystem, das die Inspektion<br />

und Dokumentation deutlich vereinfachen soll. Das<br />

ist besonders relevant für stark regulierte Branchen<br />

mit umfangreichen Nachweispflichten wie der Automobilbau,<br />

die Luft- und Raumfahrt oder die Medizintechnik.<br />

Diese Branchen sind darauf angewiesen,<br />

dass GxP-Richtlinien eingehalten werden. „Mit unserem<br />

neuen Produkt lösen wir ein fundamentales Problem<br />

in der Mikroskopie“, fasst Robert Zarnetta zusammen.<br />

„Damit unmittelbar verbunden ist ein praktischer<br />

Nutzen für unsere Kunden, denn sie können<br />

mit der neuen Technik die Produktivität steigern und<br />

sie haben eine höhere Gewissheit bei ihren Inspektionsergebnissen.“<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 39


Bild: Polytec/ssguy/www.shutterstock.com<br />

3D-Messung der Oberflächenrauheit mit Weißlicht-Interferometrie<br />

Im Takt der Produktion<br />

Weißlicht-Interferometer bieten kurze Messzeiten und eine hohe<br />

Reproduzierbarkeit. Sie arbeiten zudem berührungslos. Diese Vorteile lassen<br />

sich jetzt auch bei Messungen der Oberflächenrauheit direkt in der laufenden<br />

Fertigung nutzen, etwa für die Qualitätskontrolle oder Prozessüberwachung.<br />

Die Interferometrie ist eine sehr genaue<br />

Messmethode, die je nach<br />

Konfiguration ganz unterschiedliche Aufgaben<br />

lösen kann. Der Abstand von der<br />

Erde zum Mond beispielsweise lässt sich<br />

ebenso mit hoher Genauigkeit bestimmen<br />

wie die Oberflächenrauheit industrieller<br />

Bild: Polytec<br />

Dr. Özgür Tan<br />

strategisches Produktmarketing<br />

optische<br />

Messsysteme<br />

Polytec<br />

www.polytec.com<br />

Produkte mit Auflösungen im Nanometerbereich.<br />

Letztere spielt bei vielen Produkten<br />

eine wichtige Rolle, da sie sowohl mechanisches<br />

als auch elektrisches oder<br />

chemisches Verhalten beeinflussen können.<br />

Informationen über die Ebenheit<br />

oder Rauheit bilden deshalb eine wichtige<br />

Grundlage für Optimierungen und geben<br />

Auskunft über die Produktqualität. Mit ihrer<br />

Hilfe lassen sich zum Beispiel Reibung<br />

erhöhen oder vermindern, Verschleiß minimieren,<br />

die Unempfindlichkeit gegenüber<br />

äußeren Einflüssen steigern oder die<br />

Leitfähigkeit verbessern. Sie kann sogar<br />

zur Prozessüberwachung genutzt werden,<br />

denn geometrische Oberflächeneigenschaften<br />

liefern auch Hinweise auf Werkzeugverschleiß,<br />

optimierungsbedürftige<br />

Maschinenparameter oder Vibrationen.<br />

Die Produktoberfläche wird dadurch<br />

quasi zum „Fingerabdruck“ des Herstellungsprozesses.<br />

Dabei lässt sich eine Höhenauflösung<br />

bis zu 0,1 nm realisieren.<br />

Das ist deutlich besser als bei anderen op-<br />

tischen Messmethoden. Im Gegensatz zu<br />

Verfahren mit Fokus-Variation oder konfokaler<br />

Mikroskopie bleibt bei Weißlicht-<br />

Interferometern die hohe laterale Auflösung<br />

auch bei Messfeldern von einigen<br />

Quadratzentimetern Größe erhalten.<br />

Moderne Weißlicht-Interferometer<br />

nutzen die Interferenzeffekte, die bei der<br />

Überlagerung des vom Messobjekt reflektierten<br />

Lichts mit einem Referenzsignal<br />

auftreten. Das Messverfahren basiert auf<br />

dem Prinzip des Michelson-Interferometers,<br />

wobei der optische Aufbau eine<br />

Lichtquelle mit einer Kohärenzlänge im<br />

Mikrometer-Bereich enthält. An einem<br />

Strahlteiler wird der kollimierte – also gerade<br />

gerichtete beziehungsweise parallelisierte<br />

– Lichtstrahl in Mess- und Referenzstrahl<br />

aufgeteilt. Der Messstrahl trifft<br />

das Messobjekt, der Referenzstrahl einen<br />

Spiegel. Das vom Spiegel und Messobjekt<br />

jeweils zurückgeworfene Licht wird am<br />

Strahlteiler überlagert und auf eine Kamera<br />

abgebildet. Stimmt der optische<br />

40 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Bildverarbeitung « SPECIAL<br />

Inline-Anwendungen in der Fertigung<br />

erfordern hohe Genauigkeit und möglichst<br />

kurze Messzeiten. Das neue<br />

Topmap Rapid View erfüllt hier die<br />

sehr hohen Anforderungen.<br />

Der optische Aufbau<br />

eines Weißlichtinterferometers<br />

Weg für einen Objektpunkt im Messarm<br />

mit dem Weg im Referenzarm überein,<br />

kommt es für alle Wellenlängen im Spektrum<br />

der Lichtquelle zu einer konstruktiven<br />

Interferenz. Das Kamerapixel des betreffenden<br />

Objektpunkts hat dann die<br />

maximale Intensität. Für Objektpunkte,<br />

die diese Bedingung nicht erfüllen, hat<br />

das zugeordnete Kamerapixel eine niedrigere<br />

Intensität.<br />

Geräte mit telezentrischem Aufbau erlauben<br />

damit eine simultane Vermessung<br />

mehrerer Punkte und erfassen so die Topografie<br />

großer Flächen in einem einzigen<br />

Messvorgang und innerhalb einer kurzen<br />

Messzeit. Wenn dagegen eine hohe laterale<br />

Auflösung gefordert ist, bieten sich<br />

mikroskopbasierte Systeme an, bei denen<br />

der optische Aufbau samt dem Referenzarm<br />

in das Objektiv integriert ist.<br />

Inline-Messtechnik ist schnell,<br />

präzise und flexibel integrierbar<br />

Mit den Weißlicht-Interferometern der<br />

Topmap-Familie bietet Polytec für unterschiedliche<br />

Anwendungsfelder bereits seit<br />

etlichen Jahren passende Messsysteme<br />

an. Typische Anwendungen sind Ebenheits-<br />

oder Wölbungsmessungen oder die<br />

Detektion von Formabweichungen. Die<br />

mikroskopbasierten Ausführungen Micro<br />

View und Micro View+ bieten eine besonders<br />

hohe laterale Auflösung und das<br />

dank spezieller Scanning-Technologie<br />

(Continous Scanning Technology) über<br />

den gesamten vertikalen Messbereich von<br />

100 mm. Damit sind sehr detaillierte<br />

Messungen möglich, etwa um Mikrostrukturen<br />

auf Waferoberflächen zu detektieren,<br />

die Mikrostrukturen bei Druckverfahren<br />

zu analysieren oder um Oberflächenrauheiten<br />

optischer Komponenten<br />

zu bestimmen.<br />

Insbesondere für die Anwendungen in<br />

der laufenden Fertigung, wo hohe Genauigkeit<br />

und möglichst kurze Messzeiten gefordert<br />

sind, hat Polytec die Produktfamilie<br />

um Topmap Rapid View erweitert. Je<br />

nach Aufgabe und Messbereich sind<br />

Messzeiten im Sekundenbereich realisierba.<br />

Bei einem Höhenmessbereich von<br />

400 μm eignet sich das mikroskopbasierte<br />

System mit seiner hohen lateralen Auflösung<br />

für präzise Inline-Rauheitsmessungen.<br />

Gescannt wird in Echtzeit unter Nutzung<br />

komplexer Algorithmen auf Grafikkarten.<br />

Verkleinert man das Bildfeld, kann<br />

die Bildwiederholungsfrequenz bis auf<br />

3 kHz beschleunigt werden. Das Weißlicht-Interferometer<br />

erkennt feinste Oberflächenstrukturen<br />

und hält mit schnellen<br />

Fertigungstakten Schritt. Da es sehr kompakt<br />

baut, lässt es sich gut in die Fertigungslinie<br />

integrieren. Der Messkopf kann<br />

zudem wie ein Sensor separat montiert<br />

und damit flexibel positioniert werden.<br />

Dank vieler Exportmöglichkeiten können<br />

die 3D-Messdaten der Weißlicht-Interferometer<br />

mit jeder geeigneten Auswertesoftware<br />

bearbeitet werden.<br />

Besonders einfach und praxisgerecht<br />

wird der Umgang<br />

allerdings mit der speziell<br />

für diese Polytec-Topografie-<br />

Messsysteme entwickelten TMS<br />

Software, die zahlreiche Möglichkeiten<br />

bietet, um die Messergebnisse<br />

zügig und ISO-konform<br />

auszuwerten. „Messrezepte“<br />

beispielsweise erleichtern<br />

Routineaufgaben. Hier lassen<br />

sich die Einstellungen für die<br />

Datenaufnahme – zum Beispiel<br />

Messposition, Beleuchtungsein-<br />

Bild: Polytec<br />

stellungen, Kameraparameter – zusammen<br />

mit Auswerteparametern (wie etwa Nachbearbeitungsschritte,<br />

Visualisierungs- oder<br />

Exportmöglichkeiten) für spezielle Messaufgaben<br />

definieren und abspeichern. Somit<br />

werden aus komplexen Oberflächenanalysen<br />

einfache Ein-Klick-Lösungen. Das<br />

spart besonders im Produktionsumfeld<br />

Zeit, vermeidet Bedienfehler und auch<br />

Nicht-Fachleute können mit den Messsystemen<br />

arbeiten. Die Bauteillage innerhalb<br />

des Messfelds wird automatisch erfasst<br />

und der Bediener kann die Messung mit einem<br />

einfachen Mausklick starten. Darüber<br />

hinaus sind Änderungen innerhalb eines<br />

vorhandenen Rezepts mit einem zusätzlichen<br />

Tool einfach zu überwachen. So lassen<br />

sich erwünschte und unerwünschte<br />

Änderungen leicht nachvollziehen, was einen<br />

wesentlichen Beitrag zur Nachverfolgbarkeit<br />

der Produktion leisten kann.<br />

Webhinweis<br />

Zu den Hintergründen der Entwicklung<br />

der Topmap-Produktfamilie und<br />

warum ein Friseur für die Produkteinführung<br />

notwendig war, berichtet Özgür<br />

Tan in diesem Video von Polytec:<br />

http://hier.pro/NWhsp<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 41


SPECIAL » Bildverarbeitung<br />

Akustische Kameras für die Schallvisualisierung<br />

Daher kommt der Lärm<br />

70 dB oder 7 Bel daueräquivalenter Schalldruckpegel ist jener Grenzwert, der<br />

für den Menschen als langfristig gesundheitsschädigend gilt. Nicht nur deshalb<br />

ist es wichtig, die Geräusche von Produkten zu überprüfen. Möglich ist das<br />

durch die Visualisierung des Schalls mit Hilfe akustischer Kameras.<br />

Die Schallvisualisierung<br />

mit dem Sound<br />

Scanner P132 von<br />

Seven Bel ermöglichte<br />

eine schnellere Inbetriebnahme<br />

einer Sondermaschine<br />

von Fill.<br />

Bild: Seven Bel<br />

Michael Andessner<br />

Chief Sales Officer<br />

Seven Bel<br />

www.sevenbel.com<br />

Akustische Kameras zur Schallvisualisierung kosten<br />

bislang viel, sind nur begrenzt mobil einsatzfähig<br />

und ohne Expertenwissen nur schwer zu<br />

bedienen. Eine neue Technologie von Seven Bel beseitigt<br />

viele dieser Problemstellungen, während keine<br />

Abstriche in der Bildqualität gemacht<br />

werden. Ein beweglicher Sensor scannt<br />

dabei das Schallfeld auf einer Kreisfläche<br />

ab. Durch das Zusammenspiel von<br />

Rotation und Software können mit nur<br />

Bild: Seven Bel<br />

fünf verbauten Mikrofonen bis zu 480<br />

virtuelle Mikrofonpositionen simuliert<br />

werden, die zu hochgenauen Mess -<br />

ergebnissen beitragen. Vergleichbare<br />

Geräte sind in der Regel mit knapp über<br />

100 Mikrofonen ausgestattet.<br />

Nach dem Messvorgang werden in<br />

der dazugehörigen mobilen App Schallquellen<br />

sowie akustisch problematische<br />

Stellen ähnlich wie bei einer Wärmebildkamera auf<br />

dem Foto oder Video angezeigt. Die akustischen Bilder<br />

können direkt am Handy des Anwenders analysiert<br />

und mit Kollegen, Partnern oder Kunden in Form<br />

von automatisch generierten Berichten geteilt werden.<br />

Bei Entwicklung des Messsystems hat Seven Bel<br />

speziell darauf Wert gelegt, dass der Anwender<br />

schnell zu Ergebnissen gelangt. Bis akustische Messergebnisse<br />

vorliegen, dauert es mit den Instrumenten<br />

inklusive Aufbauzeit für das Messsystem weniger als<br />

3 min. Weitere Alleinstellungsmerkmale sind die hohe<br />

Bildqualität sowie die Einfachheit, mit der das<br />

System zu bedienen ist. Zusätzlich sprechen Mobilität<br />

und die hohe Kostenattraktivität im Vergleich zu<br />

Konkurrenzprodukten für Seven Bel. Die Sound Scanner<br />

stehen in zwei Größen zur Verfügung: Die längere<br />

Variante, der Sound Scanner P132, liefert zuverlässige<br />

Messergebnisse besonders bei tieffrequentem<br />

Schall von industriell relevanten Applikationen. Der<br />

42 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Sound Scanner P50, die kürzere Variante, lässt sich<br />

auch in räumlich beengten Verhältnissen wie zum<br />

Beispiel in Fahrzeugkabinen einsetzen.<br />

„Immer wieder sind Kunden erstaunt darüber, wie<br />

schnell und genau Schallquellen durch unsere Technologie<br />

identifiziert und analysiert werden können“,<br />

sagt Seven-Bel-Geschäftsführer Thomas Rittenschober.<br />

Der wirtschaftliche Nutzen akustischer Bilder für<br />

Anwender ist enorm. Oft werden in der Produktentwicklung<br />

in Form von langwierigen Trial-and-Error<br />

Prozessen Wochen damit verbracht, Lärmprobleme in<br />

den Griff zu bekommen.<br />

Kann man Schallquellen jedoch<br />

orten, so wissen die<br />

Verantwortlichen sofort,<br />

wo man ansetzen muss, um<br />

die jeweils passende Lösung<br />

zu finden. Auch im<br />

Bereich Qualitätskontrolle<br />

und Instandhaltung ist das<br />

Messsystem einsetzbar: So können akustische<br />

Schwachstellen an Produkten in der Fertigung einfach<br />

lokalisiert und entsprechende Maßnahmen abgeleitet<br />

werden.<br />

»An zwei Schallquellen<br />

hätten selbst unsere<br />

erfahrensten Techniker<br />

nie gedacht.«<br />

Matthias Gamisch, Fill<br />

Unbekannten Geräuschen in der<br />

Maschine auf der Spur<br />

Das Beispiel des oberösterreichischen Spezialmaschinenbauers<br />

Fill zeigt, wie sich mit dem akustischen<br />

Messsystem Zeit und Kosten einsparen lassen. Bei Maschinen,<br />

die Profile aus Aluminium produzieren, verstärken<br />

Hohlräume in den Profilen Schwingungen<br />

manchmal auf eine höchst eigenwillige Art. Die Geräusche,<br />

die dabei entstehen, sind zwar deutlich hörbar,<br />

doch lassen sie sich oft nicht genau orten. Matthias<br />

Gamisch, Sales Manager bei Fill, hat erst unlängst<br />

einen solchen Fall erlebt: Während der Abnahme<br />

machte die Maschine ein Geräusch, das niemand<br />

identifizieren konnte. Leise, aber doch klar wahrnehmbar.<br />

Ausgerechnet dieser Kunde wünschte aber aufgrund<br />

der räumlichen Gegebenheiten in seiner Fabrik<br />

eine maximale Lärmreduktion. „Für solche Fälle gibt es<br />

eigentlich eine simple Standardlösung: Man umhüllt<br />

die gesamte Maschine mit einer Schallschutzverkleidung<br />

und die Sache ist erledigt“, so Gamisch.<br />

Die Verkleidung braucht allerdings Platz, was in<br />

beengten Produktionshallen zu einem Problem werden<br />

kann. Bei der Maschine, die Fill lieferte, war eine<br />

Ummantelung aber noch aus einem anderen Grund<br />

keine Option: Zu einem der wichtigen Features der<br />

Maschine gehört nämlich ein Fenster, das Einblick in<br />

ihr Inneres erlaubt, ein Spezialwunsch des Kunden.<br />

Bei einer Schutzverkleidung hätte das Fenster mit<br />

verkleidet werden müssen. Für Fälle, wo eine Verkleidung<br />

nicht in Frage kommt, gibt es natürlich auch eine<br />

Lösung. Die ist allerdings mehr als aufwendig:<br />

Man baut auf mehr oder minder begründeten Verdacht<br />

Komponenten aus, prüft, ob sie möglicherweise<br />

den Schall verursachen, baut sie wieder ein, baut<br />

die nächsten aus, bis man den Fehler findet. Oder<br />

auch nicht. Man kann auch versuchen, mit einem<br />

Mikrofon über die Maschine streichen, das Geräusch<br />

aufnehmen und hoffen, dass dort, wo das Geräusch<br />

am lautesten ist, sich auch tatsächlich die Schallquelle<br />

befindet. „Das funktioniert leider sehr bedingt,<br />

denn Schall wird sehr leicht<br />

abgelenkt und dringt nur<br />

selten von der Stelle, an der<br />

er entsteht, direkt nach außen“,<br />

erklärt Gamisch.<br />

Zum Glück kannte er eine<br />

Alternative: den Einsatz<br />

von akustischen Kameras.<br />

„Wir hatten schon vorher<br />

losen Kontakt zu Seven Bel. Jetzt kam der Moment,<br />

um deren Sound Scanner einmal in einer Reallife-Situation<br />

auszuprobieren.“ Das Ergebnis war gleich<br />

mehrfach eine Überraschung. Innerhalb eines Nachmittags<br />

waren die vier entscheidenden Schallquellen<br />

identifiziert. Vor allem aber: „Zwei davon hätten wir<br />

vielleicht auch ohne die Kamera gefunden, die waren<br />

letztlich logisch. Aber an die zwei anderen hätten<br />

selbst unsere erfahrensten Techniker nie gedacht“, so<br />

Garmisch Die Zeitersparnis war immens: Nach rund<br />

einer Woche, in der die ungewünschten Schallquellen<br />

durch eine verbesserte Konstruktion ausgeschalten<br />

wurden, kam die Akustikkamera von Seven Bel<br />

noch einmal zum Einsatz, und dokumentierte auch<br />

für den Kunden, dass nun alles in grünem Bereich<br />

war. Der Fall konnte somit nach nicht einmal zwei<br />

Wochen als gelöst ad acta gelegt werden.<br />

Intelligent Testing<br />

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Herausforderungen<br />

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Manchmal sind es die kleinen Details die den Unterschied<br />

ausmachen. Egal wie klein oder groß die Prüfherausforderung<br />

ist, die Prüfmaschine zwickiLine eignet sich für<br />

die Forschung und Entwicklung genauso hervorragend<br />

wie für die laufende Qualitätssicherung.<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 43


SPECIAL » Bildverarbeitung<br />

Prüfung von Mund-Nasen-Schutzmasken<br />

Smart und sofort einsatzbereit<br />

Ein Hersteller von FFP2-Schutzmasken setzt seit Kurzem das autonome Bildverarbeitungssystem<br />

S70 von Inspekto für die Qualitätsprüfung ein. Das mit KI<br />

ausgerüstete System stellt sicher, dass die Masken den Spezifikationen entsprechen<br />

und die Fertigungslinie während der Produktion nicht beschädigt wird.<br />

Bei der nun realisierten Qualitätsprüfung von<br />

FFP2-Schutzmasken bestand die Aufgabe darin, Fehler<br />

an den mit Ultraschall geschweißten Masken, am<br />

metallischen Nasenbügel, am Firmen- und CE-Logo<br />

sowie an den verschweißten Bändern sicher zu erkennen.<br />

Die Inspektion des metallischen Nasenbügels<br />

ist dabei von entscheidender Bedeutung, da defekte<br />

Metallstreifen die Schneidemaschine in der Produktionslinie<br />

dauerhaft beschädigen könnten.<br />

Fehler an den mit Ultraschall<br />

geschweißten<br />

Masken, am metallischen<br />

Nasenbügel, am<br />

Firmen- und CE-Logo<br />

sowie an den verschweißten<br />

Bändern<br />

werden sicher erkannt.<br />

Peter Stiefenhöfer<br />

im Auftrag von<br />

Inspekto<br />

www.inspekto.com<br />

Bild: Inspekto<br />

Univent Medical ist ein deutscher Hersteller von<br />

FFP2-Mund-Nasen-Schutzmasken mit Sitz in<br />

Villingen-Schwenningen. Um die Qualität der Masken<br />

in einer neuen Produktionslinie sicherzustellen,<br />

nutzt das Unternehmen das System S70 von Inspekto.<br />

Dieses ist laut Anbieter das erste eigenständige,<br />

sofort einsatzbare Bildverarbeitungssystem zur industriellen<br />

Qualitätssicherung. Im Gegensatz zu herkömmlichen<br />

Bildverarbeitungslösungen, die maßgeschneidert<br />

sind und einen komplexen, langen und<br />

zeitaufwändigen Integrationsprozess erfordern, ist<br />

S70 ein vollständig konfiguriertes Gerät, das sofort<br />

einsatzbereit ist und nur die Integration in die Produktionslinie<br />

erfordert.<br />

Diese Eigenschaft macht das Produkt<br />

ideal für Hersteller, die schnell eine zuverlässige<br />

Lösung für die Qualitätssicherung<br />

benötigen, ohne die Vorlaufzeiten<br />

herkömmlicher Bildverarbeitungsprojekte<br />

abwarten zu müssen, deren Entwicklung<br />

und Integration häufig mehrere<br />

Wochen oder sogar Monate dauert.<br />

System muss sich einfach<br />

bedienen lassen<br />

„Eine manuelle Inspektion weist unweigerlich eine<br />

sehr hohe Fehlerrate auf, was bei der Produktion von<br />

kritischen Schutzausrüstungen wie Mund-Nasen-<br />

Schutzmasken nicht akzeptabel ist“, erklärt Jürgen<br />

Eichinger, Betriebsleiter bei Univent Medical. „Qualität<br />

steht im Mittelpunkt unserer gesamten Fertigung.<br />

Deshalb benötigten wir eine flexible Bildverarbeitungslösung,<br />

die schnell einzurichten und einfach<br />

zu bedienen ist. Mit Inspekto haben wir den idealen<br />

Partner für diese Aufgabe gefunden.“<br />

S70 arbeite dabei nicht produktspezifisch, sondern<br />

lerne die Eigenschaften eines neuen Produkts autonom<br />

in etwa einer Stunde aus nur 20 Gutteilen, wie<br />

Vanessa Pfau berichtet, Managerin für den Inspekto-<br />

Standort in Deutschland. Alle Anomalien würden danach<br />

während der Inspektion angezeigt.<br />

Zusätzlich zu dem durch das Zeigen von Gutteilen<br />

erzeugten Toleranzraum hat der Anwender die Möglichkeit,<br />

Grenzmuster nachlernen zu lassen, die noch<br />

zulässig sind, aber vom Idealzustand abweichen. Dieses<br />

Nachlernen ist sehr einfach möglich, da weder<br />

zusätzliche Hardware noch Software benötigt wird,<br />

und eine Anpassung in unter einer Minute möglich<br />

ist. Diese Optimierung kann auch retrospektiv durchgeführt<br />

werden, da Bilder der Inspektionen lokal vorgehalten<br />

werden. Das erlaubt dem Anwender, das<br />

System schon innerhalb einer Stunde nach Erhalt<br />

produktiv zu nutzen.<br />

Bei Univent Medical haben diese Möglichkeiten<br />

der Technologie zu positiven Ergebnissen geführt.<br />

Mit dem System lässt sich eine genaue und zuverläs-<br />

44 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Incircuit-Funktionstestsysteme,<br />

Adaptionen, Kabeltester<br />

sige Qualitätssicherung durchführen. Masken, die<br />

Defekte in den untersuchten Bereichen oder fehlerhafte<br />

Metallstreifen aufweisen, werden zuverlässig<br />

erkannt.<br />

Drei parallel arbeitende KI-Module<br />

sorgen für schnelle Anpassung<br />

S70 arbeitet dabei auch mit künstlicher Intelligenz<br />

(KI). Das System umfasst drei unabhängige, parallel<br />

arbeitenden KI-Module, die nicht jeweils neu konstruiert<br />

werden müssen, sondern bereits auf dem<br />

System vorhanden sind. Mit dieser Systemarchitektur<br />

ist es möglich, die Inspektion durch das bloße Zeigen<br />

von Gutteilen anzupassen und sofort einzusetzen.<br />

Zudem wird künstliche Intelligenz auch zur optischen<br />

Einrichtung und der Lageerkennung eingesetzt.<br />

Daher können auch Benutzer, die über keine<br />

Kenntnisse industrieller Bildverarbeitung verfügen,<br />

das System erfolgreich in der Produktion platzieren.<br />

»S70 lernt die<br />

Eigenschaften eines<br />

neuen Produkts autonom<br />

in etwa einer Stunde<br />

aus nur 20 Gutteilen.«<br />

Vanessa Pfau, Inspekto<br />

WINGS-FERNSTUDIUM<br />

Testsysteme für elektronische Flachbaugruppen,<br />

Module und Geräte für die Qualitätssicherung<br />

Incircuit- und Funktionstest, Boundary Scan,<br />

Mehrfachnutzentest, Paralleltest (auch Flashen),<br />

Displaytest, EOL<br />

praxisnahe und anwenderfreundliche Testprogrammerstellung,<br />

hohe Prüfschärfe und Prüftiefe<br />

breitestes Spektrum an Produkten für das automatische<br />

Testen aus eigener Entwicklung<br />

Stand-alone und Inline-Einsatz<br />

manuelle und pneumatische Adaptionen<br />

Niederhaltersysteme für bis zu 1000 gefederte<br />

Kontaktstifte<br />

austauschbare Adapterplatten (Nadelbett)<br />

langlebig und geringe Folgekosten<br />

MCT192 Kabel- und Backplanetester mit 192<br />

Messkanälen<br />

Teststecker für viele gängige Kabel<br />

optionales Lochrasterfeld<br />

Prüfprogrammerstellung mit Autolern von einem<br />

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REINHARDT<br />

System- und Messelectronic GmbH<br />

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Ein Zusatznutzen ist die Möglichkeit, spontane Adhoc-Prüfungen<br />

schnell und sicher implementieren zu<br />

können, um akute Produktionsprobleme zu analysieren<br />

oder Änderungen am Produktionsprozess zu bewerten.<br />

Aufgrund der autonomen Architektur unterstützt<br />

das S70 hierbei sowohl den Inline- als auch<br />

den Offline-Betrieb.<br />

„Wir sind sehr stolz darauf, Teil der Bemühungen<br />

zu sein, die enorme Nachfrage nach hochwertigen<br />

Schutzmasken in diesen turbulenten Zeiten zu befriedigen“,<br />

sagt Ofer Nir, CEO von Inspekto. „Eines der<br />

Ziele von Inspekto ist es, allen kleinen und großen<br />

Herstellern solcher Schutzausrüstungen eine erstklassige<br />

automatisierte Lösung für ihre Qualitätssicherung<br />

zu ermöglichen.“<br />

Die Anlage bei Univent Medical wurde mit Mitteln<br />

der Deutschen Bundesregierung entwickelt. „Mit S70<br />

war es sehr schnell möglich, die Eigenschaften von<br />

FFP2-Masken anzutrainieren“, so Vanessa Pfau. „Bei<br />

künftigen Produktionswechseln sind diese Systeme<br />

jedoch in der Lage, auch völlig andere Produkte zu<br />

prüfen.“<br />

Master <strong>Quality</strong> Management<br />

Technisches QM für Ingenieure<br />

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9 Studienstandorte bundesweit<br />

Master of <strong>Engineering</strong> (M.Eng.)<br />

Das Original seit 2008.<br />

wings.de/mqm<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 45


Pharmazeutische Gummistopfen<br />

werden als<br />

sicherer Verschluss für<br />

Ampullen verwendet.<br />

Bild: Simac Masic<br />

Qualitätskontrolle von Verpackungskomponenten für Pharmaprodukte<br />

Kameraverbund prüft in High-Speed<br />

Die Inspektionssysteme von Simac Masic sichern die Qualität von<br />

Gummistopfen und Kolben, die für Arzneimittelfläschchen und Spritzen<br />

verwendet werden. Die eingesetzte Bildverarbeitungstechnik wurde gemeinsam<br />

mit Stemmer Imaging entwickelt und ermöglicht eine 100-Prozent-Kontrolle von<br />

mehr als 700 Objekten pro Minute.<br />

Denis Bulgin<br />

im Auftrag von<br />

Stemmer Imaging<br />

www.stemmer-imaging.com<br />

Jahr für Jahr werden für die pharmazeutische Industrie<br />

enorme Mengen an Gummistopfen und<br />

Kolben in verschiedensten Größen aus den unterschiedlichsten<br />

Elastomeren hergestellt. Diese Stopfen<br />

dienen zum Verschließen von Arzneimittelfläschchen<br />

und werden mit einer Aluminiumkappe fixiert.<br />

Dabei handelt es sich um Hohlstopfen, durch<br />

den zur Entnahme des Medikaments<br />

eine Spritzennadel<br />

eingeführt wird.<br />

Eine der wichtigsten Anforderungen<br />

in der pharmazeutischen<br />

Industrie ist<br />

sicherzustellen, dass diese<br />

Komponenten keinerlei Defekte<br />

oder Verunreinigungen aufweisen. Die vollautomatischen<br />

Inspektionssysteme der IM-Serie des<br />

»Die Fehler -<br />

erkennungsrate liegt<br />

bei über 99 %.«<br />

Roberto Griguoli, Simac Masic<br />

niederländischen Unternehmens<br />

Simac Masic wurden speziell für<br />

diese Aufgabenstellung konzipiert.<br />

Dabei werden High-Speed-Bildverarbeitungssysteme<br />

mit mehreren<br />

Kameras eingesetzt, die in Zusammenarbeit<br />

mit Stemmer Imaging<br />

entwickelt wurden. Die Systeme<br />

der IM-Serie sind für die Qualitätskontrolle von<br />

Gummistopfen und Kolben und für den Einsatz in einer<br />

Reinraumumgebung der ISO-Klasse 5 konzipiert.<br />

Sie sind modular aufgebaut und bestehen aus einem<br />

Zuführungssystem, zwei Bildverarbeitungsstationen<br />

mit Farbkameras, einem Metalldetektor, einem automatischen<br />

Probenauswurf an zwei Positionen sowie<br />

der Option zur Integration zusätzlicher<br />

Module für Dimensionsmessung<br />

und Beschichtungsprüfung.<br />

Die Prüfteile bewegen sich<br />

kontinuierlich durch die beiden<br />

Bildverarbeitungsstationen und<br />

den Metalldetektor, wobei fehlerhafte<br />

Produkte entweder nach der ersten Prüfstation<br />

oder nach der zweiten Inspektion und dem Metalldetektor<br />

automatisch ausgeschleust werden. Die Stopfen<br />

oder Kolben werden an einem Ende der Maschine<br />

zugeführt und am anderen automatisch in verschiedene<br />

Behälter für Gutteile, Schlechtteile und Stichproben<br />

sortiert. Beide Komponenten können in derselben<br />

Maschine inspiziert werden, wobei die eingesetzten<br />

Zuführungssysteme das flexible Handling<br />

vom 0,5-ml-Kolben bis hin zum Stopfen mit 32 mm<br />

46 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Bildverarbeitung « SPECIAL<br />

Durchmesser erlauben. Das System ist in der Lage, je<br />

nach Ausführung der Komponenten mehr als als 700<br />

Objekte pro Minute zu inspizieren.<br />

Anspruchsvolle Inspektion<br />

In der ersten Bildverarbeitungsstation sind zwei<br />

hochauflösende Kameras im Einsatz, welche die<br />

Oberseite des Stopfens und die steilen Innenwände<br />

des Hohlstopfens auf Defekte wie zum Beispiel Markierungen,<br />

kosmetische Defekte, Einschlüsse, Dellen,<br />

Partikelablagerungen oder Fasern untersuchen. Die<br />

Inspektion des Hohlraums sowie der Innenwände des<br />

Stopfens ist besonders anspruchsvoll und erfordert<br />

neben einer präzisen Positionierung auch die sorgfältige<br />

Auswahl der Beleuchtung und entsprechende<br />

Objektive.<br />

Ein ähnlicher Ansatz wird für die Kolben verwendet.<br />

Da deren Hohlräume jedoch wesentlich kleiner<br />

sind, wird eine Kamera mit Weitwinkelobjektiv eingesetzt.<br />

Die Stopfen und Kolben werden aus einer Vielzahl<br />

von Elastomergemischen hergestellt. Hier sollen<br />

Farbkameras sicherstellen, dass helle Farbfehler<br />

auf hellen Produktgemischen identifiziert werden können.<br />

Ein Druckluftauswerfer bläst alle Teile, die diese<br />

Prüfung nicht bestehen, in einen Ausschussbehälter.<br />

Die zweite Prüfstation besteht aus einem kompakten<br />

Arrangement aus mehreren Kameras. Vier davon<br />

sind um das Prüfobjekt herum angeordnet, um alle<br />

Seitenflächen vollständig zu erfassen. Eine weitere<br />

Kamera ist nach unten gerichtet und bildet die Oberseite<br />

des Stopfens ab. Alle Inspektionen werden<br />

gleichzeitig ausgelöst. Zudem bietet die Kameraanordnung<br />

Platz für optionale Kameras zur Dimensionsmessung<br />

und Prüfung von Oberflächenbeschichtungen.<br />

Bewegungen lassen sich einfrieren<br />

Der hohe Prüfdurchsatz stellt besondere Anforderungen<br />

an die Bilderfassung und -verarbeitung sowie an<br />

die Datenauswertung und -speicherung. Das hochauflösende<br />

Bildverarbeitungssystem liefert kontrastreiche<br />

Bilder mit geringer geometrischer Verzerrung,<br />

so dass kleinste Defekte identifiziert werden können.<br />

Die für jede Kamera verwendeten individuellen Beleuchtungen<br />

werden im gepulsten Overdrive-Modus<br />

betrieben. Dadurch lässt sich die Bewegung der Prüfteile<br />

einfrieren, um Bildunschärfe zu vermeiden, und<br />

gleichzeitig eine ausreichende Lichtintensität für die<br />

in Hochgeschwindigkeits-Prozessen üblichen kurzen<br />

Shutter-Zeiten zu erzielen. Die Kameras sind mit<br />

leistungsstarken Windows-10-basierten Industrie-<br />

PCs vernetzt, die mit der gleichen Bildverarbeitungssoftware<br />

arbeiten, mit der auch die Anwendungen<br />

entwickelt werden.<br />

„Die Fehlererkennungsrate liegt bei über 99 %,<br />

wobei die aktuellen Inspektionsgeschwindigkeiten<br />

durch das mechanische Zuführungssystem begrenzt<br />

sind – das Bildverarbeitungssystem könnte durchaus<br />

eine höhere Inspektionsrate bewältigen“, sagt Roberto<br />

Griguoli, Manager <strong>Engineering</strong> bei Simac Masic.<br />

„Darüber hinaus können wir Zusatzmodule für die Inspektion<br />

anbieten und sind immer gerne bereit, mit<br />

unseren Kunden über ihre spezifischen Anforderungen<br />

zu sprechen und gegebenenfalls zusätzliche Anpassungen<br />

vorzunehmen. Wir bieten unseren Kunden<br />

umfassenden Support, bei Bedarf auch einen Remote-Zugriff<br />

zur Überwachung des Maschinenstatus.“<br />

Bild: Simac Masic<br />

Webhinweis<br />

Dieses Video zeigt das Inspektionssystem<br />

und die Bildverarbeitung in Aktion:<br />

http://hier.pro/GqnWQ<br />

Die IM-Serie von<br />

Simac wurde speziell<br />

zur automatisierten<br />

Inspektion von pharmazeutischen<br />

Gummistopfen<br />

entwickelt.<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 47


» TECHNIK<br />

Materialprüfungen<br />

Flexibler mit zwei Achsen<br />

Die Integration einer Torsionsfähigkeit in ein axialdynamisches Prüfsystem<br />

bietet Vorteile bei der Prüfung und Modellvalidierung biomedizinischer Teile<br />

während des gesamten Konstruktionszyklus. Die Bedingungen, denen etwa<br />

Knochenschrauben später ausgesetzt sind, lassen sich so besser nachbilden.<br />

Die mechanische Charakterisierung medizinischer<br />

Knochenschrauben wird typischerweise<br />

gemäß ASTM F543 – 17 durchgeführt wird. Die Norm<br />

beschreibt die Verfahren von vier separaten Tests zur<br />

vergleichenden Bewertung der Torsions- und Zugeigenschaften<br />

von medizinischen Knochenschrauben,<br />

die zur Charakterisierung ihrer Haltbarkeit während<br />

und nach dem Einbringen dienen.<br />

Das erste Prüfverfahren dient zur Ermittlung der<br />

Torsionsstreckgrenze und des Bruchdrehmoments<br />

von Schrauben, während das zweite zur Ermittlung<br />

der maximalen Eindreh- und Ausdrehmomente verwendet<br />

wird. Dies ist entscheidend für das Verständnis<br />

der sicheren Betriebsbedingungen während der<br />

Probe und Spannvorrichtung für den<br />

Eindrehmomenttest einer medizinischen<br />

Knochenschraube in Knochenersatzmaterial<br />

im Rahmen der Prüfung<br />

nach ASTM F543.<br />

Bild: Instron<br />

Operation ohne Risiko für das Bauteil, die Werkzeuge<br />

oder den Patienten.<br />

Das dritte Verfahren bestimmt die axiale Auszugskraft<br />

und hilft dabei, die Trag- oder Klemmkapazität<br />

für die Platte zu modellieren, die damit befestigt<br />

werden soll. Test 4 in der Norm wird speziell für eine<br />

Untergruppe von selbstschneidenden Schrauben verwendet,<br />

um eine „Selbstschneidekraft“ zu ermitteln –<br />

die Kraft, die erforderlich ist, um das anfängliche<br />

„Einbeißen“ der Schraube in ein Knochenersatzmaterial<br />

zu erreichen.<br />

Insgesamt erfordert diese Gruppe von Tests verschiedene<br />

Arten der präzisen und komplexen Regelung<br />

und Messung der axialen und torsionalen Belastung.<br />

Am Beispiel der „selbstschneidenden Kraft“ bedeutet<br />

dies das Aufbringen und Messen einer variablen<br />

axialen Belastung sowie einer Rotation und eines<br />

Drehmoments. Das heißt, die Kraft, mit der die<br />

Schraube in das Knochenersatzmaterial gepresst<br />

wird, wird erhöht, während sie gleichzeitig gedreht<br />

wird, bis die Selbstschneidekraft erreicht ist. Aus der<br />

Betrachtung der Testdaten von drei Sensoren können<br />

Tests als erfolgreich oder als Misserfolg gewertet<br />

werden, wobei eine Zeitersparnis möglich ist, wenn<br />

die Testdaten live betrachtet werden können. Ein<br />

„Selbstschneiden“ liegt dann vor, wenn auf einen<br />

schnellen Abfall der Axiallast direkt ein Anstieg des<br />

Drehmomentwertes folgt, verbunden mit einem stetigen<br />

Anstieg der axialen Verschiebung.<br />

Bei anspruchsvollen Normen wie der ASTM F543<br />

würde eine einaxiale Ausführung den Einsatz von<br />

mehr als einem Prüfgerät erfordern. Mit einem vollständig<br />

regelbaren kombinierten Axial-Torsions-System<br />

kann der Benutzer jedoch nahtlos von Prüfung 1<br />

bis 4 übergehen, wobei nur eine geringfügige Anpassung<br />

der Spannvorrichtung erforderlich ist.<br />

Toby Lane<br />

Biomedizinischer<br />

Anwendungsingenieur<br />

Instron<br />

www.instron.de<br />

Bild: Instron<br />

Viele Normen schreiben Prüfungen<br />

in zwei Achsen vor<br />

Die Vielfalt der Normen und Anwendungen, die eine<br />

Prüfung in zwei Achsen zur Validierung erfordern,<br />

geht über Knochenschrauben aber weit hinaus. So<br />

gibt es zum Beispiel die ASTM F1717 für Wirbelsäu-<br />

48 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


lenkäfige, die im Körper sowohl Scherkräften als<br />

auch Zug- und Druckbelastungen ausgesetzt sind,<br />

oder auch die ISO 11608 und ISO 11040 für die Prüfung<br />

von Dosierwahlschaltern an Injektionspens und<br />

Autoinjektoren, bei denen die kombinierte biaxiale<br />

Regelung durch eine intelligente Steuerung der Aktuatorbewegung,<br />

die eine Feder im Betrieb genau<br />

nachahmt, weitergeführt wird. Darüber hinaus gibt<br />

es weitere Anforderungen für die Industrie wie etwa<br />

die ASTM D7860–1 für kindersichere und nicht-kindersichere<br />

Verpackungen wie Tablettenbehälter.<br />

Über die bloße Einhaltung von Prüfstandards hinaus<br />

können Unternehmen, die ihre interne Produktverifizierung<br />

so nah wie möglich an die Lebensdauer<br />

heranführen, die Zeit bis zur Produktfreigabe drastisch<br />

verkürzen. Einige FDA-Richtlinien zur Produktentwicklung<br />

betonen ausdrücklich die Notwendigkeit<br />

und den Nutzen eines hierarchischen Ansatzes<br />

beim Testen, Modellieren und Validieren, angefangen<br />

bei den Materialien über die Strukturelemente, bevor<br />

das gesamte Bauteil betrachtet wird. Daher haben<br />

sich viele Tests vom einfachen „Auf und Ab“ oder<br />

„Drehen nach links und rechts“ weiterentwickelt.<br />

Das Diagramm zeigt die Bedingungen eines abgeschlossenen Selbstgewindeschneidens als<br />

Teil des vierten Tests in ASTM F543. Sobald die erforderliche Axiallast erreicht ist,<br />

beginnen die Messwerte für das Drehmoment und die axiale Verschiebung gleichzeitig zu<br />

steigen, was zu einem schnellen Abfall der Axiallast führt.<br />

Prüfsysteme arbeiten<br />

ohne Hydraulik<br />

Die Integration einer Torsionsfähigkeit in ein axialdynamisches<br />

Prüfsystem, wie bei der Electropuls-Baureihe<br />

von Instron umgesetzt, bietet die Möglichkeit,<br />

die Bedingungen, denen biomedizinische Geräte im<br />

Betrieb ausgesetzt sind, besser nachzubilden. Je vielseitiger<br />

ein einzelnes Prüfsystem ist, desto besser<br />

und größer ist der Nutzen für biomedizinische Labore.<br />

Dies gilt insbesondere für elektrodynamische Systeme,<br />

die einfach über eine Steckdose angeschlossen<br />

werden und keine Hydrauliköl-Versorgung benötigen.<br />

Hydrauliköl kann viele Polymere und Beschichtungen<br />

im Labor oder auf den Prüfkörpern selbst beschädigen<br />

und ist außerdem schädlich oder giftig für Gewebe<br />

und Zellkulturen.<br />

Mit ihrem leisen, ölfreien Betrieb und ihrem geringen<br />

Platzbedarf sind die Systeme laborfreundlicher<br />

als ihre servohydraulischen Pendants. Integrierte<br />

elektrodynamische Systeme haben außerdem einen<br />

viel geringeren Energiebedarf als hydraulische Pumpen,<br />

was zu geringeren Betriebskosten und einer reduzierten<br />

CO 2<br />

-Bilanz führt. Die Möglichkeit, alle Prüfungen<br />

mit einem einzigen System durchzuführen,<br />

spart daher Zeit, Platz und Geld.<br />

Die Prüfgeräte der Electropuls-Baureihe verfügen<br />

über eine sehr hohe dynamische Leistungsfähigkeit,<br />

die mit hohen Datenerfassungsraten, adaptiven<br />

Funktionen innerhalb der Controller-Firmware und<br />

der Möglichkeit, zusätzliche Sensoren für die Aktuatorsteuerung<br />

zu verwenden, die optimale Versuchssteuerung<br />

ermöglicht. Die Rechenleistung ermöglicht<br />

außerdem, dass kundenspezifische Berechnungen für<br />

jeden Zyklus „live“ ausgeführt werden können. Dies<br />

hat Vorteile bei der Reduzierung der Notwendigkeit<br />

von Nach-Test-Arbeit, unterstützt aber auch ausgeklügelte<br />

Regelalgorithmen und nicht standardisierte<br />

Wellenformen, was bedeutet, dass die Testergebnisse<br />

viel mehr Erkenntnisse bieten können als nur grundlegende<br />

mechanische Eigenschaften.<br />

Einige Hersteller von Wearables beispielsweise haben<br />

sich dafür entschieden, Tests auf der Basis von<br />

Energieabsorptions-Feedback zu steuern. In ähnlicher<br />

Weise können spezielle Schuhe und Prothesen<br />

buchstäblich auf Herz und Nieren geprüft werden,<br />

basierend auf Aufzeichnungen der täglichen Bewegungen<br />

des Benutzers, die als Wellenformdaten verwendet<br />

werden.<br />

Webhinweis<br />

Wie sich mit Electropuls-System E3000 Tests<br />

an metallischen Knochenschrauben nach<br />

ASTM F543 durchführen lassen, erklärt Instron<br />

in diesem Video:<br />

http://hier.pro/hSbbr<br />

Bild: Instron<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 49


Die Auslegung von<br />

Kegelrädern ist eine<br />

komplexe Aufgabe.<br />

Der Entwicklungsin -<br />

genieur muss dabei<br />

viele gegensätzliche<br />

Zielsetzungen berücksichtigen.<br />

Bild: Klingelnberg<br />

Betriebsfestigkeit von Zahnrädern<br />

Berechnung statt Dauerlauf?<br />

Das Prüfen der Betriebsfestigkeit ist bei Zahnrädern aufwendig. Nun lässt sich<br />

deren Lebensdauer je nach Auslegung mit einer Software berechnen. Das Tool<br />

von Klingelnberg basiert auf Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur<br />

Lebensdauerberechnung von Werkstoffen.<br />

Die Auslegung von Kegelrädern ist eine<br />

komplexe Aufgabe. Im Gegensatz<br />

zu Stirnrädern wird immer ein Zahnradpaar<br />

entworfen. Der Entwicklungsingenieur<br />

muss viele gegensätzliche Zielsetzungen<br />

berücksichtigen. Dazu gehören<br />

unter anderem die Mindestabmessungen,<br />

Bild: Klingelnberg<br />

Dr. Hartmuth Müller<br />

Head of Technology<br />

and Innovation<br />

Klingelnberg<br />

www.klingelnberg.com<br />

maximale Tragfähigkeit, Geräuschminderung<br />

und Herstellbarkeit auf den Maschinen<br />

in der Produktion.<br />

Ein Aspekt bleibt dabei häufig im Hintergrund:<br />

Wie ist es um die Betriebsfestigkeit<br />

des Zahnrads bestellt? Wenn die<br />

maximale Belastung auf einem Zahn<br />

nicht die Belastungsgrenzen des Werkstoffs<br />

überschreitet, kehrt der Zahn wieder<br />

in seinen Anfangszustand zurück,<br />

nachdem die Last nicht mehr anliegt. Diese<br />

Annahme ist für mehrere hundert Belastungen<br />

zutreffend. Wenn man jedoch<br />

von mehreren Millionen Belastungen<br />

spricht, dann treten Schäden an der Verzahnung<br />

bereits bei Belastungen weit unter<br />

den Belastungsgrenzen des Werkstoffs<br />

auf. Dieses Phänomen wird als Ermüdung<br />

bezeichnet. Das Prüfen der Betriebsfestigkeit<br />

ist eine zentrale Kompetenz von<br />

OEMs und Tier1-Lieferanten von Zahnrädern<br />

und erfolgt durch zeitaufwändiges<br />

Prüfen von Getrieben.<br />

Diese Prüfungen werden mit einem empirisch<br />

definierten Lastkollektiv ausgeführt,<br />

welches dieselben Schäden bewirkt,<br />

wie sie unter realen Einsatzbedingungen<br />

in der Praxis entstehen. Eine der Maschinen,<br />

die für diese Dauerlaufprüfungen an<br />

Kegelrädern eingesetzt werden, ist der<br />

Oerlikon Kegelrad-Prüfstand TS 30.<br />

Doch die Prüfung jeder Auslegung ist<br />

mit hohem Kosten- und Zeitaufwand verbunden.<br />

Daher hat Klingelnberg hat sein<br />

Softwarepaket Kimos (Klingelnberg Integrated<br />

Manufacturing of Spiral Bevel Gears)<br />

um ein Modul zur Berechnung der<br />

Lebensdauer eines Kegel- oder Hypoidradsatzes<br />

erweitert – sowohl für die Auslegung<br />

von Face Hobbing als auch von<br />

Face Milling. Das Tool basiert auf den<br />

neuesten F&E-Arbeiten zur Lebensdauerberechnung<br />

von Werkstoffen.<br />

Für die Berechnung der Betriebsfestigkeit<br />

eines Kegelrads müssen drei grundlegende<br />

Elemente bekannt sein: die präzise<br />

50 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Form der Verzahnung, die Eigenschaften<br />

des Werkstoffs und das Laufverhalten des<br />

Radsatzes. Alle diese Elemente werden in<br />

Kimos berücksichtigt. Die Berechnung der<br />

Betriebsfestigkeit erfolgt mithilfe der Miner-Regel<br />

auf Basis der linearen Schadensakkumulationshypothese.<br />

Eine Kombination aus dem Lastkollektiv,<br />

der Belastungskonzentration auf der<br />

Zahnflankenoberfläche sowie der Biegebelastung<br />

im Zahnfuß und den zyklischen<br />

Spannungsdehnungseigenschaften des<br />

Werkstoffs ermöglichen eine Vorhersage<br />

der Schadensakkumulation eines Zahnradpaars.<br />

Wenn die Summe der Schadensakkumulation<br />

für Grübchen und Zahnbruch<br />

vorliegt, lässt sich die Lebensdauer<br />

des Kegelradsatzes durch Kimos berechnen.<br />

Um ein Lastkollektiv mit einer sehr begrenzten<br />

Anzahl an Lastfällen zu erzeugen,<br />

muss eine der Zählmethoden für die<br />

Lastzyklen verwendet werden. Wenn mit<br />

realen Lastbedingungen begonnen wird,<br />

die viele verschiedene Lastzyklen wie beispielsweise<br />

das Rainflow-Zählverfahren<br />

umfassen, können diese zyklischen Ereignisse<br />

gezählt werden. Dadurch ist es möglich,<br />

reale Einsatzbelastungszyklen mit einer<br />

stark begrenzten Anzahl an Lastfällen<br />

in ein Lastkollektiv umzuwandeln.<br />

Es stellt sich die Frage, ob die Berechnung<br />

der Lebensdauer von Zahnrädern künftig<br />

Dauerlaufprüfungen ersetzen kann. Die<br />

Antwort lautet eindeutig nein. Die Berechnung<br />

der Betriebsfestigkeit ermöglicht<br />

jedoch das sehr effektive Vergleichen<br />

verschiedener Auslegungen. Die erwartete<br />

Lebensdauer eines Zahnradpaars<br />

kann ziemlich präzise bewertet werden,<br />

wenn Daten zur Dauerlaufprüfung für eine<br />

der Auslegungen vorliegen. Deshalb<br />

befähigt Kimos den Entwicklungsingenieur,<br />

eine Auslegung zu erstellen, die<br />

nicht nur die Anforderungen hinsichtlich<br />

Geometrie und Geräuschentwicklung erfüllt,<br />

sondern auch die Ermüdungslebensdauer<br />

berücksichtigt.<br />

Ein Beispiel (siehe Bilder rechts) zeigt<br />

zwei Auslegungen mit denselben Abmessungsdaten,<br />

aber unterschiedlichen Modifikationen<br />

der Zahnflankenform. Die<br />

Zahnrad-Daten sind z=13/38 Zähne, der<br />

äußere Teilkreisdurchmesser des Tellerrads<br />

ist 250 mm und der Hypoid-Achsversatz<br />

beträgt 20 mm. Eine Auslegung hat<br />

eine Lebensdauer von circa 14.000 h, die<br />

durch die Zahnfuß-Spannung am Ritzel<br />

begrenzt ist, während die andere Auslegung<br />

eine Lebensdauer von rund 34.000 h<br />

zeigt, wobei auch hier die berechnete<br />

Ausfallursache der Zahnbruch am Ritzel<br />

sein wird.<br />

Kimos befähigt den Entwicklungsingenieur<br />

somit, nicht nur das Geräuschverhalten<br />

und die Lasttragfähigkeit, sondern<br />

vielmehr die Lebensdauer eines Radsatzes<br />

für gegebene Lastfälle zu optimieren. Dies<br />

eröffnet neue Potenziale bei der Leichtbauweise<br />

und ermöglicht effizientere und<br />

robustere Zahnradauslegungen.<br />

Vergleich verschiedener<br />

Auslegungen ist möglich<br />

Lastkollektiv und Wöhlerkurven der Verzahnung ohne und mit Zahnflankenmodifikation: Das<br />

Beispiel zeigt zwei Auslegungen mit denselben Abmessungsdaten, aber unterschiedlichen Modifikationen<br />

der Zahnflankenform. Die Zahnrad-Daten sind z=13/38 Zähne, der äußere Teilkreisdurchmesser<br />

des Tellerrads ist 250 mm und der Hypoid-Achsversatz beträgt 20 mm. Die obere<br />

Auslegung hat eine Lebensdauer von circa 14.000 h, die durch die Zahnfuß-Spannung am Ritzel<br />

begrenzt ist, während die untere Auslegung eine Lebensdauer von rund 34.000 h zeigt, wobei<br />

auch hier die berechnete Ausfallursache der Zahnbruch am Ritzel sein wird.<br />

Bild: Klingelnberg<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 51


» TECHNIK<br />

Steuerplatinen für die Elektromobilität<br />

Testen unter hoher Spannung<br />

Für einen Hersteller elektronischer Thermosysteme, die für die Temperaturregulierung<br />

und Entfeuchtung im Pkw-Innenraum sowie für die Enteisung der<br />

Scheiben sorgen, hat MCD Elektronik zwei zusammengehörige Testsysteme<br />

entwickelt. Mit diesen werden die Steuerplatinen geprüft und gemessen.<br />

» Tobias Stange, Marketing Coordinator, MCD Elektronik<br />

Elektronische Thermosysteme haben<br />

mit der Elektromobilität Einzug in<br />

die Automobilbranche gehalten. Deren<br />

Steuerplatinen müssen einerseits funktional<br />

geprüft und andererseits vermessen<br />

werden, um einen dauerhaften Wirkungsgrad<br />

von bis zu 95 % zu gewährleisten.<br />

Gleichzeitig übernimmt die Steuerplatine<br />

auch das Batteriemanagement. Dabei<br />

wird die Autobatterie permanent auf Betriebstemperatur<br />

gehalten, um der Kälteempfindlichkeit<br />

bei niedrigen Außentemperaturen<br />

vorzubeugen.<br />

Der End-Of-Line Tester von MCD Elektronik,<br />

der im VTS-Standard modular aufgebaut<br />

ist, prüft die PCBs funktional, was<br />

unter anderem Schaltungsvorgänge mit<br />

bis zu 500 V beinhaltet. Dies stellt die<br />

Durch die Prüfung der Steuerplatinen<br />

mit zwei Stationen wird ein Wirkungsgrad<br />

von bis zu 95 % erreicht.<br />

Spannung des Hochvolt-Bordnetzes im<br />

Automobil dar. Für die Steuerung des<br />

Thermosystems im Fahrzeug werden Bedienelemente<br />

und Taster in der Mittelkonsole<br />

implementiert, die mit der Steuerplatine<br />

per LIN-Protokoll kommunizieren.<br />

Da diese Bedienelemente während<br />

der Produktion noch nicht angeschlossen<br />

sind, simuliert das von MCD entwickelte<br />

LIN-CAN-Remote-Modul im Testsystem<br />

die Schaltungen der Bedienelemente im<br />

Dauerlauf. Darüber hinaus wird auch die<br />

Kommunikation mit den Heizelementen<br />

durch den EOLT simuliert, um die verlustfreie<br />

Leistungsübergabe von maximal 7<br />

kW zu verifizieren.<br />

Damit es hierbei nicht zu Leistungsverlusten<br />

kommt, müssen auf der Platine<br />

Bi<br />

ild : MCD Elektronik<br />

verbaute Bipolartransistoren mit isolierter<br />

Gate-Elektrode (IGBTs) positionsgenau<br />

vermessen werden. Denn nur bei exakter<br />

Lage der angelöteten IGBTs können die<br />

Kühlflächen später bei der Verbauung<br />

ganzheitlich kontaktiert werden. Diese<br />

Vermessung übernimmt die zweite Teststation<br />

mit einem integrierten Laser-Profilsensor<br />

der Firma Keyence. Der Sensor<br />

misst mit einer Genauigkeit von 0,005<br />

mm und erkennt falsch positionierte Elemente<br />

vor der Verbauung. Wäre dies nicht<br />

gewährleistet, könnte eine nicht abgeführte<br />

Verlustleistung zur Zerstörung des<br />

Moduls und damit zu einem Ausfall des<br />

Heizsystems führen.<br />

Für Sebastian Faaß aus der Hardware<br />

Application von MCD Elektronik war die<br />

Entwicklung in vielerlei Hinsicht ein sensibles<br />

Projekt: „Durch die hohen Spannungen,<br />

mit der Autobatterie und Heizsystem<br />

in<br />

die Fahrzeugarchitektur eingebunden<br />

sind, sind diverse Hochspan-<br />

nungssicherheitseinrichtungen innerhalb<br />

der Testadaptionen notwendig. Um dabei<br />

sowohl die Entwicklungsingenieure im<br />

Aufbau als auch das Testpersonal im späteren<br />

Betrieb ausreichend zu schützen,<br />

wurden mehrere Sicherheitsmechanismen<br />

in das System integriert.“ So muss zu je-<br />

der Zeit gewährleistet werden, dass keine<br />

Schaltung mit 500 V durchgeführt wird,<br />

während Türen oder Adapterhauben geöffnet<br />

sind. Aus diesem Grund wurden al-<br />

le Verriegelungen mit Kontaktsicherungen<br />

versehen, die über ein zertifiziertes Si-<br />

miteinander gekoppelt<br />

cherheitssystem<br />

sind. Ist eine Verriegelung nicht aktiv oder<br />

besteht eine potentielle Fehlbedienung,<br />

kann der<br />

Testprozess nicht durchgeführt<br />

werden.<br />

52 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


NEWS & PRODUKTE «<br />

Modulares Prüfsystem<br />

Verkürzt die Umrüstzeiten<br />

Für Wirbelstrom- und optische Prüfungen<br />

an Bauteilen wie Schrauben oder Bolzen<br />

eignet sich das modulare System Mexs<br />

400 von Law NDT. Die Standard-Variante<br />

besteht aus zwei gegenüberliegenden<br />

Modulschächten und kann vor Ort auf<br />

den Einsatz von bis zu zehn vorgefertigten<br />

und standardisierten Modulen erweitert<br />

werden. Bevorstehende Prüfaufgaben<br />

für neue Produkte werden mit dem Kunden<br />

im Vorfeld besprochen und projektiert.<br />

Die Module werden dann von Law<br />

NDT vorgerüstet. Bei der Mexs 400 hat<br />

Law NDT den herkömmlichen Teller mit<br />

seinen immer größer werdenden Durchmessern<br />

durch eine ovale Transportstrecke<br />

ersetzt. Und aus den bekannten, fest<br />

installierten Prüfstationen wurden einzelne,<br />

flexible Module, die jederzeit in die<br />

Anlage eingeschoben werden können.<br />

Diese melden sich vollautomatisch im<br />

System an. Durch den modularen Aufbau<br />

und die Trennung zwischen Materialtransport<br />

und Messsystem können erstmals<br />

auch mehrere verschiedene Produkte<br />

gleichzeitig in einem Prozess geprüft<br />

werden. Man ist nur abhängig von der<br />

Anzahl der Modulplätze sowie der montierten<br />

Zuführ- und Auswurfplätze. Engstellen<br />

im Teilefluss werden bei der Mexs<br />

400 durch die Zuführung auf einer durchgehenden<br />

Ebene von der Führungsschiene<br />

zum Transportsystem eliminiert.<br />

Bild: Law NDT<br />

Bildverarbeitung<br />

KI-Software als Beschleuniger bei der Metall-Inspektion<br />

Bild: Covision Lab<br />

Die Software Covision <strong>Quality</strong> von Covison<br />

Lab automatisiert und skaliert die<br />

Qualitätskontrolle an Metallen<br />

durch den Einsatz von Künstlicher<br />

Intelligenz (KI). Genauer gesagt,<br />

werden dabei Computer Vision<br />

und Deep Learning Technologie<br />

genutzt. Durch den Einsatz<br />

von „Unsupervised Learning“<br />

(Deutsch: Unüberwachtes Lernen)<br />

kann die Software in kurzer<br />

Zeit ein fehlerfreies Metallteil<br />

von einem fehlerhaftem Metallteil unterscheiden.<br />

Durch den darauffolgenden Einsatz von<br />

„Transfer Learning“ (Deutsch: Übertragendem<br />

Lernen) können diese bereits gewonnen<br />

Erkenntnisse auf andere Metallteile<br />

übertragen werden. Die Software<br />

verbessert sich selbst dadurch kontinuierlich.<br />

Der für die Inbetriebnahme des Bildverarbeitungssystems<br />

benötigte Zeitaufwand<br />

lässt sich mit der Software pro Metallteil<br />

von zwei Wochen im Durchschnitt auf<br />

zwei Tage reduzieren.<br />

Additive Fertigung<br />

Wenn Neutronenstrahlen Spannungen messen<br />

Die Bundesanstalt für Materialforschung<br />

und -prüfung (BAM) hat die inneren<br />

Spannungen additiv gefertigter Teile erstmals<br />

zerstörungsfrei an komplexen Bauteilen<br />

gemessen – und zwar mit einem<br />

Neutronenstrahl. Gelungen ist dies an<br />

Gasturbinenschaufeln aus einer Nickel-<br />

Legierung. Durch den lokalen Wärmeeintrag<br />

des Lasers und die schnelle Abkühlung<br />

entstehen im Fertigungsprozess<br />

Spannungen im Material. Eliminieren lassen<br />

sich diese bislang durch nachträgliche<br />

Wärmebehandlung. Doch die kostet<br />

Zeit und Geld. Feststellen lassen sich die<br />

Spannungen durch Röntgenstrahlen,<br />

doch die dringen nicht tief ins Bauteil ein<br />

und sie stoßen bei filigranen Hohlstrukturen<br />

aufgrund der geometrischen Komplexität<br />

an ihre Grenzen.<br />

Neutronenstrahlen hingegen dringen tiefer<br />

ein und werden an spannungsreichen<br />

Stellen von der Gitterstruktur der Atome<br />

auf charakteristische Weise gebeugt. Entscheidend<br />

war, die Messpunkte mit Computertomografie<br />

möglichst genau zu lokalisieren.<br />

Sie konnten unter Beschuss<br />

mit Neutronen exakt verortet werden und<br />

damit auch die Spannungen. In einem<br />

nächsten Schritt will die BAM herausfinden,<br />

welche Parameter während des<br />

3D-Drucks zu Spannungen führen können.<br />

Bild: BAM<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 53


» NEWS & PRODUKTE<br />

Machine Learning<br />

KI-Plattform mit Amazon Web Services<br />

Eine neue KI-Plattform für Machine Vision<br />

von Basler basiert auf den Services für<br />

künstliche Intelligenz und maschinelles<br />

Lernen (KI/ML) von Amazon Web Services<br />

(AWS). Sie ermöglicht Kunden den reibungslosen<br />

Einsatz von KI-basierten Anwendungen<br />

etwa im Bereich Qualitätskontrolle.<br />

Die Plattform umfasst eine Basler-Kamera,<br />

eine Embedded-Processing-<br />

Einheit mit allem notwendigen Zubehör<br />

und Baslers Pylon-Camera-Software-<br />

Suite. Sie verfügt außerdem über einen<br />

vollständig integrierten Edge-to-Cloud-<br />

Software-Stack einschließlich<br />

des AWS Panorama Device SDK.<br />

Baslers KI-Plattform für Machine<br />

Vision schließt die Lücke zwischen<br />

Cloud-Dienstleistungen<br />

und lokaler Bildverarbeitung. Sie<br />

integriert Vision-Hardware und<br />

Edge Computing mit Cloud-Services<br />

und stellt so End-to-End-<br />

Lösungen für maschinelles Lernen<br />

bereit. Mit der Integration<br />

des Panorama-Device-SDK von AWS ermöglicht<br />

die Plattform die Nutzung einer<br />

einheitlichen Architektur, um verschiedene<br />

Anwendungsbereiche zu adressieren.<br />

Bild: Basler<br />

Koordinatenmesstechnik<br />

Computertomografie wird schneller und besser<br />

Dem Forschungsprojekt<br />

Advanct<br />

(Advanced Computed<br />

Tomgraphy for<br />

dimensional and<br />

surface measurements<br />

in industry)<br />

ist es gelungen,<br />

Qualität und Geschwindigkeit<br />

der<br />

Koordinatenmesstechnik mit Computertomografie<br />

(CT) deutlich zu verbessern.<br />

Dies beinhaltet eine Genauigkeitssteige-<br />

Bild: PTB<br />

rung um einen Faktor von 2 bis 8 und eine<br />

Reduzierung der Messzeit auf einige Minuten.<br />

Die Forscher gehen davon aus,<br />

dass diese Fortschritte die Anwendungen<br />

der CT-Technologie erheblich erweitern<br />

werden. Zu den Schwerpunkten der Arbeiten<br />

der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt<br />

(PTB) innerhalb des Projektes<br />

gehört unter anderem die Entwicklung<br />

besserer Methoden zur Einmessung von<br />

CT-Systemen, um die Genauigkeit von CT-<br />

Messungen zu steigern. Außerdem geht<br />

es um die Korrektur von Messabweichun-<br />

gen, die durch Effekte in der Röntgenquelle<br />

und im Detektor entstehen. Auch<br />

werden verbesserte Verfahren zur Messung<br />

von Freiform- und Multimaterial-<br />

Objekten entwickelt sowie eine verbesserte<br />

Schätzung der Messunsicherheit.<br />

Die Projektverantwortlichen erhoffen sich<br />

durch die Ergebnisse von Advanct vor allem<br />

eine Stärkung der europäischen Hersteller<br />

von hochentwickelten Präzisionsteilen<br />

und -systemen, die fortschrittliche<br />

Messmöglichkeiten für Qualitätskontrolle<br />

und Entwicklung benötigen.<br />

Bildverarbeitung<br />

Breiter Wellenlängenbereich in einer Kamera<br />

Die neuen Kameras Exo 990, Exo 991 und<br />

FXO 990 von SVS-Vistek decken einen extrem<br />

breiten Wellenlängenbereich vom<br />

sichtbaren Vis- bis in den unsichtbaren<br />

Swir-Bereich ab. Sie sind außerdem kostengünstig<br />

und in der Anwendung mit<br />

Gen-Icam-Interface so einfach wie ganz<br />

normale Industriekameras. Die Kombination<br />

des herkömmlichen sichtbaren Wellenlängenbereichs<br />

mit dem NIR-Bereich<br />

in einer einzigen Kamera führt zu geringeren<br />

Kosten beim Aufbau von Inspektionssystemen.<br />

Sowohl die Exo 990 als auch die FXO 990<br />

Kamera liefern Bilder mit 1,3 MP Auflösung<br />

(1280 x 1024 Pixel). Die Exo 991 Kamera<br />

eignet sich mit ihrem 0,3 MP-Sensor<br />

(640 x 512 Pixel) für Anwendungen<br />

mit geringeren Anforderungen an die<br />

Auflösung.<br />

Die Pixelgröße von nur 5 μm führt zu einem<br />

kompakten Sensorformat mit einer<br />

Diagonalen von nur 8,2 mm (Exo 990,<br />

FXO 990) beziehungsweise 4,1 mm (Exo<br />

991) und ermöglicht dadurch den Einsatz<br />

kleiner, kostengünstiger Objektive.<br />

Bild: SVS-Vistek<br />

54 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


Fertigungsmesstechnik<br />

100 statische Messungen in 2 Sekunden<br />

Das optische Highspeed-Formmesssystem<br />

Roundtracer Flash von Mitutoyo erreicht<br />

den Messbereich durch die Kaskadierung<br />

mehrerer feststehender 2D-Kameras. Dabei<br />

werden Bilder von unterschiedlichen<br />

Sensoren aufgenommen und dann zu einem<br />

einzigen Werkstückbild zusammengefügt,<br />

das keinerlei Brüche oder Lücken<br />

an den Übergängen aufweist. Der Roundtracer<br />

Flash kann Werkstücke mit einer<br />

Länge von bis zu 300 mm messen, ohne<br />

dass eine vertikale Bewegung der Sensoren<br />

oder des Werkstücks notwendig ist.<br />

Die Messung erfolgt nahezu<br />

verzögerungsfrei. Das Gerät<br />

kann 100 statische Messungen<br />

in gerade einmal 2 s durchführen<br />

– wobei es keine Rolle<br />

spielt, wie die Messabschnitte<br />

entlang des Werkstücks verteilt<br />

sind. Da die Erfassung der<br />

2D-Bilder keine Bewegung<br />

entlang der Z-Achse erfordert,<br />

bleibt die Konsistenz der Profile und<br />

Werkstückgeometrien über Millionen von<br />

Zyklen hinweg stabil. Dieser schonenden<br />

Funktionsweise ist es auch zu verdanken,<br />

dass sich die Wartungsmaßnahmen auf ein<br />

absolutes Mindestmaß beschränken.<br />

Bild: Mitutoyo<br />

3D-Laserscanner<br />

Für Laser Tracker und mobile Messarme gleichermaßen<br />

Bild: Hexagon<br />

Der Absolute Scanner AS1 von Hexagon<br />

kombiniert hohe Präzision mit einer automatisierbaren<br />

Datenerfassungsrate von<br />

1,2 Mio. Punkten pro Sekunde. Der neue<br />

Laserscanner bietet zudem eine hohe Interoperabilität,<br />

da er als erster Scanner<br />

sowohl mit Laser Tracker- als auch mobilen<br />

Messarm-Systemen zum Einsatz<br />

kommt. Bei der Verwendung mit einem<br />

Leica Absolute Tracker AT960 liefert der<br />

AS1 Scanning-Genauigkeiten von bis zu<br />

50 μm aus 30 m Entfernung – und das sowohl<br />

im handgeführten als auch automatisierten<br />

Betrieb. Für kleine Anwendungen<br />

lässt sich die AS1-Scannereinheit leicht<br />

an vorhandenen Absolute Arm-Systemen<br />

mit sieben Achsen der aktuellen Generation<br />

befestigen. Diese Konfiguration eignet<br />

sich dann für die Durchführung präziser<br />

Scans sowie die Erfassung schwer zugänglicher<br />

Bereiche in einem Messvolumen<br />

zwischen 2 und 4,5 m im Durchmesser.<br />

Seine Tracker-Funktionalität basiert<br />

auf der neuen handgeführten Positioniereinheit<br />

Absolute Positioner AP21. Mit<br />

dessen Hilfe erfasst der Tracker AT960<br />

sämtliche Positions- und Orientierungsinformationen<br />

für den Scanner. Der AS1<br />

lässt sich mithilfe des kinematischen Tasteranschlusses<br />

rasch am AP21 montieren.<br />

3D-Sensor für transparente Objekte<br />

Der thermischen Signatur auf der Spur<br />

Mit dem MWIR-3D-Sensor des Fraunhofer<br />

IOF lassen sich selbst transparente Gegenstände<br />

dreidimensional scannen. Auch<br />

können die Oberflächen glänzend metallisch<br />

oder tiefschwarz sein. Ein vorheriges<br />

Überziehen mit Lack ist nicht notwendig.<br />

Das Verfahren eignet sich aufgrund der<br />

Größe des Messfelds sowie der Auflösung<br />

und der Geschwindigkeit auch für die<br />

Qualitätskontrolle in Produktionsprozessen.<br />

Möglich ist dies, weil die Forscher die<br />

Wärmestrahlung für die 3D-Erfassung<br />

nutzbar gemacht haben. Sie bezeichnen<br />

die Methode als „3D-Sensorik im thermischen<br />

Infrarot“. Herzstück des Systems ist<br />

ein energiereicher CO 2<br />

-Laser, mit dem das<br />

Messobjekt bestrahlt wird. Mit speziellen<br />

Linsen für hohe Leistungsdichten wird der<br />

Laserstrahl auf eine das gesamte Objekt<br />

vertikal beleuchtende Linie ausgeweitet.<br />

Für ein hochauflösendes Messergebnis<br />

wird die Linie in einer abgestimmten Sequenz<br />

über das Objekt bewegt. Das Messobjekt<br />

absorbiert die Energie des Laserlichts<br />

und emittiert sie zum Teil wieder.<br />

Zwei Wärmebildkameras analysieren die<br />

Bild: Fraunhofer IOF<br />

thermische Signatur, die der Infrarotstreifen<br />

auf dem Objekt hinterlässt, aus zwei<br />

Perspektiven. Aus den Informationen errechnet<br />

eine Software räumliche Bildpunkte<br />

und fügt sie zu den Abmessungen<br />

des Messobjekts zusammen.<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 55


» NEWS & PRODUKTE<br />

Bildverarbeitung<br />

Vereinfachte Prüfungen in 3D<br />

Bild: Cognex<br />

Mit dem 3D-Vision-System In-Sight<br />

3D-L4000 macht Cognex die Inspektion<br />

von Teilen in 3D jetzt so einfach wie mit<br />

einer 2D-Smartkamera. Während die optische<br />

Prüfung in 3D bisher mit hohem<br />

Programmieraufwand bei gleichzeitig geringem<br />

Nutzen verbunden war, bringt das<br />

neue Embedded-Vision-System eine bessere<br />

Bildqualität, vereinfachte Anwendungsentwicklung<br />

und eine breite Palette<br />

echter 3D-Prüftools<br />

mit sich.<br />

Die Smart-Kamera<br />

ermöglicht es Anwendern,<br />

eine<br />

Reihe von Inline-<br />

Prüf-, Führ- und Messan- wendungen<br />

an automatisierten Produktionslinien<br />

schnell, präzise und kostengünstig zu lösen.<br />

Das System bietet eine umfangreiche<br />

Suite von 3D-Vision-Tools,<br />

die dank der vertrauten und<br />

robusten In-Sight-Spreadsheet-<br />

Umgebung genauso einfach zu<br />

bedienen sind wie die industrieerprobten<br />

2D-Vision-Tools von Cognex. Die patentierte<br />

speckle-freie blaue Laseroptik<br />

ist darüber hinaus eine Branchenneuheit,<br />

welche die Erfassung qualitativ hochwertiger<br />

3D-Bilder ermöglicht.<br />

Fertigungsmesstechnik<br />

Große Bauteile schnell vermessen<br />

Das lückenlose 3D-Scanning großer Bauteile<br />

ist mit dem 3D-Multisensor-System<br />

Z-Scan von Senswork in der Produktion<br />

möglich. Das modulare Konzept erlaubt<br />

eine direkte Integration in verschiedene<br />

Fertigungsprozesse zur schnellen Bewertung<br />

der Maßhaltigkeit. Dank mehrerer<br />

Triangulationssensoren mit freier räumlicher<br />

Anordnung ermöglicht das System<br />

eine fast abschattungsfreie Erfassung und<br />

3D-Vermessung großer Bauteile. Es eignet<br />

sich für Inline- und Offline-Messungen.<br />

Es besteht aus einer hochpräzisen Linearachse<br />

und einem Multisensor-Kopf mit<br />

bis zu acht Profilscannern. Durch die Neigung<br />

der Sensoren sowohl quer zu Transportrichtung<br />

als auch in Transportrichtung<br />

sowie das Flippen von Sensoren zueinander<br />

können auch optisch schwer zugängliche<br />

Bereiche wie Hinterschneidungen<br />

erfasst werden. Dank der Anordnung<br />

der Sensoren ergibt sich eine freie Punktewolke<br />

mit beliebiger räumlicher Anordnung<br />

und Dichte der Punkte. Vergleichbar<br />

ist diese Punktekonstellation mit den angetasteten<br />

Punkten eines Koordinatenmessgeräts,<br />

die Anzahl der Messzahl liegt<br />

jedoch um ein Vielfaches höher. Die Scan-<br />

zeit je Bauteil liegt bei rund 5 s. Pro Scan<br />

werden bis zu 20 Mio. Messpunkte erzeugt<br />

und verarbeitet.<br />

Bild: Senswork<br />

Branchenzahlen<br />

Längenmesstechnik 2021 gut gestartet<br />

Laut der Fachabteilung Längenmesstechnik<br />

im VDMA hat die Branche nach zwei<br />

wirtschaftlich harten Jahren ein gutes<br />

erstes Quartal 2021 erzielt. Bereits zum<br />

Jahresende 2020 hatte sich die Auftragslage<br />

der Unternehmen aufgehellt. Diese<br />

Entwicklung setzte sich im neuen Jahr<br />

fort. Die Auftragseingänge stiegen in den<br />

ersten beiden Monaten um 13 % im Vergleich<br />

zum Vorjahreszeitraum. Wichtige<br />

Impulsgeber für die gute Entwicklung<br />

sind China und die USA, auch der europäische<br />

Markt zeigt sich wieder mit besseren<br />

Geschäftsaussichten. Vor diesem<br />

Hintergrund werden die Unternehmen der<br />

Mess- und Prüftechnik voraussichtlich bis<br />

zur Jahresmitte den Anteil der Kurzarbeit<br />

zurückfahren. Insgesamt blicken alle Unternehmen<br />

verhalten optimistisch in das<br />

Jahr 2021. Die Entwicklung hängt laut<br />

VDMA wesentlich vom weiteren Verlauf<br />

und der Bewältigung der Corona-Pandemie<br />

ab. Insgesamt erwarten die Firmen<br />

der Mess- und Prüftechnik für 2021 wieder<br />

ein moderates Wachstum im einstelligen<br />

Bereich.<br />

„Unsere Branche fasst wieder Tritt. Die<br />

Herausforderungen sind dabei nicht weniger<br />

geworden, denn die Transformationsprozesse<br />

in unseren Kundenbranchen<br />

sind vielseitig und haben direkten Einfluss<br />

auf unsere Produkte und Services“, sagt<br />

Dr. Evelin Arnold, Hexagon Metrology und<br />

Vorsitzende der VDMA-Fachabteilung<br />

Längenmesstechnik. Gutes Beispiel dafür<br />

sei eine der wichtigsten Kundenbranchen<br />

der Mess- und Prüftechnik, die Automobil-<br />

und deren Zulieferindustrie. Zwar<br />

werde der klassische Verbrennungsmotor<br />

mit CO 2<br />

-neutralen, sauberen Kraftstoffen<br />

auch künftig eine wichtige Rolle spielen,<br />

Gleiches gilt für Hybridantriebe und rein<br />

elektrische Antriebe, doch die Anforderungen<br />

an Prüfmittel und Prüfverfahren<br />

werden sich verändern.<br />

56 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


QUALITY WORLD «<br />

Analytik im Forschungsprojekt Imulch<br />

Mikro- und Makroplastik<br />

in Böden auf der Spur<br />

Auf Böden oder Feldern verbleibende Kunststoffe könnten ähnliche Auswirkungen<br />

auf die Umwelt haben wie etwa Kunststoffe in Meeren, Flüssen oder Seen.<br />

Im Forschungsprojekt Imulch ist es nun gelungen, die ersten drei Prüfkriterien<br />

zur Bestimmung von Mikroplastik im Ökosystem Boden zu etablieren.<br />

» Sebastian Hagedorn, Presse, Fraunhofer Umsicht<br />

Bisher gibt es keine validen Messmethoden,<br />

um die Fragen zur Menge, Art oder<br />

Auswirkung von Kunstoffen auf das Ökosystem<br />

Boden zu beantworten. Daher<br />

entwickeln Wissenschaftler des Projekts<br />

Imulch einen Prüfstand zur Untersuchung<br />

von insgesamt neun Kriterien. Dabei haben<br />

sie folgende Untersuchungskriterien<br />

entwickelt und im Prüfstand etabliert:<br />

Identifizierung, Quantifizierung, Typisierung<br />

und Morphologiebestimmung, Verwitterung,<br />

Verbreitung, Anreicherung,<br />

Verlagerung, Bodenfunktion und Ökotoxizität.<br />

Inzwischen ist es Forschern des Instituts<br />

für Energie- und Umwelttechnik,<br />

dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits-<br />

und Energietechnik Umsicht<br />

und der Firma Fischer, Spezialist für Raman-Mikrospektroskopie,<br />

gelungen, die<br />

ersten drei von neun Charakterisierungsmethoden<br />

von Mikroplastik im Ökosystem<br />

Boden zu etablieren.<br />

Zur Identifizierung, Quantifizierung<br />

und zur Typisierung von Mikroplastik in<br />

Böden haben sie zwei Methoden etabliert:<br />

die Thermoextraktions-Desorptions-<br />

Gaschromatographie-Massenspektrometrie<br />

(TED-GC-MS) und die konfokale Raman-Mikroskopie.<br />

Mit der TED-GC-MS<br />

kann die Menge sowie der Typ eines Polymers<br />

in Böden schnell und effizient bestimmt<br />

werden. Dafür wurden zunächst<br />

drei Kunststoffarten – Polyethylen (PE),<br />

Polybutylenadipat-terephthalat (PBAT)<br />

und Polylactid (PLA) – verwendet. Für die<br />

Validierung der Messmethode wurden<br />

Bodenproben mit den verschiedenen Polymeren<br />

vermischt und hinsichtlich ihrer<br />

Wiederfindungsrate analysiert. Dabei lag<br />

die Wiederfindungsrate zwischen 90 und<br />

95 % für PLA/PBAT und 107 bis 110 % für<br />

PE, womit die TED-GC-MS erfolgreich für<br />

die Bestimmung von Polymeren in Böden<br />

im Prüfstand etabliert werden konnte.<br />

Für Größenverteilung und<br />

Form der Partikel<br />

Mit der Raman-Mikroskopie lassen sich<br />

ebenfalls der Polymertyp und zusätzlich<br />

noch die Größenverteilung und die Form<br />

der Partikel bestimmen. Allerdings ist für<br />

diese Form der Untersuchung der Partikel<br />

eine umfangreiche Probenvorbereitung<br />

notwendig, um störende Hintergrundpartikel<br />

wie Bodenbestandteile oder Pflanzenteile<br />

weitgehend zu entfernen. Dazu<br />

wird die Probe zunächst chemisch gereinigt<br />

und filtriert. Danach werden lichtmikroskopische<br />

Bilder der Filteroberflächen<br />

aufgenommen und eine softwarebasierte<br />

Partikelerkennung mithilfe kontrastba-<br />

Bild: David/stock.adobe.com<br />

Bisher gab es keine validen<br />

Messmethoden,<br />

um die Fragen zur<br />

Menge, Art oder Auswirkung<br />

von Kunstoffen<br />

auf das Ökosystem<br />

Boden zu beantworten.<br />

sierter Bildauswertung durchgeführt. Die<br />

Größenverteilung sowie die Form der Partikel<br />

lassen sich bereits aus diesen Daten<br />

erkennen. Um allerdings herauszufinden,<br />

ob es sich bei einem Partikel tatsächlich<br />

um ein Kunststoffteilchen handelt, also<br />

zur chemischen Identifizierung anhand<br />

der Molekülstruktur, werden die gefundenen<br />

Partikel einzeln angesteuert und ramanspektroskopisch<br />

untersucht. Die<br />

Kombination beider Methoden ermöglicht<br />

eine massenbasierte Quantifizierung, eine<br />

eindeutige Identifizierung und die Bestimmung<br />

der Größenverteilung der Mikroplastikpartikel.<br />

Zudem erforscht Imulch, wie Kunststoffe<br />

im Boden verwittern, wie sich die Partikel<br />

im Boden verbreiten und welche Auswirkungen<br />

Kunststoffe auf Organismen,<br />

Bodenfunktion, Wässer aus Drainagesystemen<br />

und angrenzende Gewässer haben.<br />

Auch wird eine Ökobilanz der Umweltverträglichkeit<br />

von Folien erstellt.<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 57


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58 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021


IMPRESSUM<br />

FIRMENINDEX (Redaktion/Anzeige)<br />

ISSN 1436-2457<br />

Herausgeberin:<br />

Katja Kohlhammer<br />

Verlag<br />

Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH<br />

Ernst-Mey-Straße 8,<br />

70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />

Geschäftsführer: Peter Dilger<br />

Verlagsleiter: Peter Dilger<br />

Redaktion:<br />

Chefredakteur:<br />

Dipl.-Ing. (FH) Werner Götz, Phone +49 711 7594-451<br />

Redakteure:<br />

Sabine Koll, Uwe Schoppen, Markus Strehlitz<br />

E-Mail: qe.redaktion@konradin.de<br />

Redaktionsassistenz:<br />

Daniela Engel, Phone +49 711 7594-452<br />

E-Mail: daniela.engel@konradin.de<br />

Layout:<br />

Michael Kienzle, Phone +49 711 7594-258<br />

Gesamtanzeigenleiter:<br />

Joachim Linckh, Phone +49 711 7594-565<br />

E-Mail: joachim.linckh@konradin.de<br />

Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 39 vom 1.10.2020<br />

Auftragsmanagement:<br />

Annemarie Olender, Phone +49 711 7594-319<br />

Leserservice<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> +49 711 7252–209<br />

E-Mail: konradinversand@zenit-presse.de<br />

<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> erscheint 5 x jährlich. Bezugs preise:<br />

Inland 68,50 € inkl. Versand kosten und MwSt.; Ausland:<br />

68,50,- € inkl. Versandkosten. Einzelverkaufspreis: 13,80 €<br />

inkl. MwSt., zzgl.Versandkosten.<br />

Sofern die Lieferung nicht für einen bestimmten Zeitraum<br />

bestellt war, läuft das Abonnement bis auf Widerruf.<br />

Bezugszeit: Das Abonnement kann erstmals vier Wochen<br />

zum Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt werden. Nach<br />

Ablauf des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist von jeweils<br />

vier Wochen zum Quartalsende. Bei Nichterscheinen<br />

aus technischen Gründen oder höherer Gewalt entsteht kein<br />

Anspruch auf Ersatz.<br />

Auslandsvertretungen:<br />

Großbritannien: Jens Smith Partnership, The Court, Long<br />

Sutton, GB-Hook, Hampshire RG29 1TA, Phone 01256<br />

862589, Fax 01256 862182, E-Mail: jsp@trademedia.info;<br />

USA: D.A. Fox Advertising Sales, Inc. Detlef Fox, 5 Penn Plaza,<br />

19th Floor, New York, NY 10001, Phone +1 212 8963881,<br />

Fax +1 212 6293988, detleffox@com cast.net<br />

Gekennzeichnete Artikel stellen die Meinung des Autors,<br />

nicht unbedingt die der Redaktion dar. Für unverlangt<br />

eingesandte Berichte keine Gewähr.<br />

Eingesandte Manuskripte unterliegen der evtl. redak tionellen<br />

Kürzung oder Erweiterung. Korrekturabzüge können leider<br />

nicht zur Verfügung gestellt werden.<br />

Alle in <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> erscheinenden Beiträge sind<br />

urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen,<br />

vorbehalten. Reproduktionen, gleich welcher Art, nur<br />

mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />

Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stuttgart.<br />

Druck:<br />

Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen<br />

Printed in Germany<br />

© 2021 by Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />

Leinfelden-Echterdingen<br />

ABB 30<br />

Additive 19, 25<br />

Babtec 6, 58<br />

Basler 54<br />

Benteler 30<br />

Böhme & Weihs 6<br />

Bundesanstalt für Materialforschung<br />

und -prüfung (BAM) 10, 53<br />

Bundesministerium für Wirtschaft<br />

und Energie (BMWI) 10<br />

Cognex 56<br />

Consense 6<br />

Covison Lab 53<br />

Creaform 22<br />

Deutsche Akkreditierungsstelle 10<br />

Deutsche Kommission Elektrotechnik<br />

Elektronik Informationstechnik (DKE) 10<br />

Deutsches Institut für Normung (DIN) 10<br />

DQS 20<br />

Fraunhofer Umsicht 57<br />

Fraunhofer Vision 34<br />

Fraunhofer IOF 55<br />

GOM 22<br />

Hexagon 55<br />

Inspekto 44<br />

Instron 48<br />

IQM Tools 15<br />

Keyence 52<br />

Klingelnberg 50<br />

Law NDT 53<br />

LDT Dosiertechnik 21<br />

MCD Elektronik 29, 52<br />

Wo Qualität drauf steht,<br />

ist auch Qualität drin.<br />

Micro-Epsilon 26<br />

Mitutoyo 55<br />

OGP Meßtechnik 5<br />

Physikalisch-Technische<br />

Bundesanstalt (PTB) 10, 54<br />

Polytec 40<br />

Proalpha 6<br />

Reinhardt System- und<br />

Messelectronic 45<br />

Reliance Precision 37<br />

Reusch Rechtsanwälte 9<br />

Senswork 56<br />

Seven Bel 27, 42<br />

Shimadzu 17<br />

Sonoro Audio 60<br />

Stemmer Imaging 46<br />

SVS-Vistek 54<br />

Topometric 16<br />

Wenzel 22<br />

Werth Messtechnik 3, 12<br />

Wings Wismar International<br />

Graduation Services 45<br />

wirth + partner 15<br />

Zeiss 7, 22, 36<br />

Zwickroell 43<br />

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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021 59


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<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 03|2021

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