Maas No. 21 Verbundenheit
Das erzwungene Social distancing in der Corona-Zeit hat uns gezeigt, wie wichtig menschliche Nähe für uns ist. Viele Möglichkeiten zum Austausch sind weggefallen, aber die geblieben sind, haben ihre Qualität verändert. In diesem Magazin bekommst du einen Vorgeschmack von einem neuen Level der Verbundenheit. Wenn wir uns für echte Beziehungen öffnen, können wir näher zueinander finden und gemeinsam über uns hinaus wachsen. Darin liegt die Antwort auf viele Fragen der heutigen Zeit und enormes Zukunftspotential für eine neue, schöne Welt. Mit Beiträgen von u. a. Prof. Dr. Gerald Hüther, John Strelecky, Steffen Lohrer, Angelika Gulder, Bärbel Wardetzki, Beate Hofmann, Anita Maas uvm.
Das erzwungene Social distancing in der Corona-Zeit hat uns gezeigt, wie wichtig menschliche Nähe für uns ist. Viele Möglichkeiten zum Austausch sind weggefallen, aber die geblieben sind, haben ihre Qualität verändert.
In diesem Magazin bekommst du einen Vorgeschmack von einem neuen Level der Verbundenheit. Wenn wir uns für echte Beziehungen öffnen, können wir näher zueinander finden und gemeinsam über uns hinaus wachsen. Darin liegt die Antwort auf viele Fragen der heutigen Zeit und enormes Zukunftspotential für eine neue, schöne Welt.
Mit Beiträgen von u. a. Prof. Dr. Gerald Hüther, John Strelecky, Steffen Lohrer, Angelika Gulder, Bärbel Wardetzki, Beate Hofmann, Anita Maas uvm.
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VERBUNDENHEIT
No. 21
VERBUNDENHEIT
Das neue Wir
THEMENBAND No. 21
Wie wir gemeinsam
über uns hinaus wachsen
9,90 € (D)
10,90 € (AT)
15,50 CHF (CH)
b e w u s s t und erf ü l lt leben
www.maas-mag.de
2
Miteinander geht
es leicht
Foto: Meinhard Stulz
Liebe Leserin, lieber Leser!
Wir wollen alle irgendwo dazu gehören, wir möchten uns mit Menschen
umgeben, die die gleichen Interessen und Ansichten
haben. In dieser Gruppe fühlen wir uns wohl. Aber jedes Wir braucht
auch ein Gegenüber: das Ihr. Die Spaltung der Gesellschaft in arm und
reich, schwarz und weiß, Frauen und Männern, Geimpfte und Ungeimpfte
usw. nimmt zu – angefeuert von den Algorithmen von Facebook
und Instagram, die dir nur Aussagen zeigen, die deine eigene
Meinung bestärken.
Diese Spaltung bringt uns aber
nicht weiter, denn wir sitzen alle
im selben Boot, bewohnen den
gleichen Planeten. Wie wäre es,
wenn wir an einem Strang ziehen
und unsere Unterschiedlichkeiten
dazu einsetzten, co-kreativ ganz
neue Lösungen zu finden, zum
Wohle aller? Das Wissen und die
Fähigkeiten sind da, wir müssen
sie nur noch mit vereinten Kräften
für das große Ganze einsetzen statt
gegeneinander.
Die Zeit ist reif dafür, dass die
Menschheit als Ganzes eine neue
Stufe erreicht, ein anderes Bewusstsein.
Die schon in den alten Kalendern
angekündigte neue Epoche
geht stark mit der Verbundenheit
einher. Durch die Digitalisierung
sind wir weltweit fein vernetzt und
werden mehr Zeit haben, um uns
lokal in autarken Gemeinschaften
miteinander zu verbinden.
Was wie eine riesige Aufgabe
aussieht, ist in Wirklichkeit ein
ganz kleiner Schritt, den jede*r tun
kann: Verbinde dich wieder mit dir
selbst, mit deinen Gefühlen, mit
deinen Wünschen und Sehnsüchten!
Wenn du den Kontakt zu dir
selbst wieder hergestellt hast, fällt
es dir auch leichter, mit Anderen
echte Beziehungen zu pflegen: Du
bleibst ganz bei dir und nimmst den anderen
mit all seinen Bedürfnissen und Ängsten wahr.
So entstehen viel tiefere und ehrlichere Beziehungen
auf allen Ebenen: in der Partnerschaft,
aber auch zu Kollegen, Kunden, Lieferanten,
Nachbarn, Familie usw. Das muss nicht immer
ein Schmusekurs sein, auch die Wut gehört als
wichtiger Bestandteil zu einer ehrlichen Kommunikation.
Der Schlüssel zu dieser neuen Entwicklung
liegt für mich in der Verbundenheit zur Natur.
Bei einem achtsamen Spaziergang im Wald verbinde
ich mich mit allen Sinnen mit meiner lebendigen
Umgebung. Ich werde weich und weit,
strecke meine Fühler aus. Ich fühle mich verbunden,
geborgen, angenommen, so wie ich bin. Ich
lasse alle Masken fallen, mein Ego und die herausgeputzte
Persönlichkeit bröckeln und hervor
kommt mein wahres Selbst. Auf dieser Ebene
des Seins angekommen, kann ich anderen ganz
einfach die Hand reichen. Und mit ein bisschen
Anleitung und Übung spüre ich sogar die Verbindung
mit der Schöpfung und kann mich dem
großen Ganzen öffnen. Dann hört alle Trennung
auf. Es gibt nur noch das Einssein.
Das Gefühl der Verbundenheit ist die Basis für
das neue Wir. Dann können wir gemeinsam über
uns hinaus wachsen in eine schöne, neue Welt.
Im Juni 2021
3
Inhalt
WIE WIR ZUEINANDER FINDEN
Im Geiste verbunden 22
Das Frauennetzwerk
Futurewoman (Janine Steeger)
Human Project net. 34
Miteinander Instrumentsein!
(Helge Burggrabe)
Das Wir im ICH 46
Wer ist eigentlich ICH?
(Friedrich Assländer)
Narzissmus 56
und die Suche nach Verbundenheit
im Wir (Bärbel Wardetzki)
Von der Gesellschaft 78
zur Gemeinschaft
Visionen für eine lichtvolle Welt
(Antje Tittelmeier)
Brücken bauen zu 84
Andersdenkenden
in Zeiten von Corona
(Martin Kirchner)
8
66
reconnect to nature
von Anita Maas
ein gefühl von nach hause kommen
von Udo Schroeter
VERBUNDEN MIT DEM GRÜNEN BAND DER NATUR
Reconnect to nature 8
Wie du dich mit den Elementen
verbindest (Anita Maas)
Sommersonnenwende 42
Die Zeit der Fülle und des
Feierns beginnt!
(Christine Fuchs)
Lebe als bewusster Teil 50
der Grünen Welt!
So nimmst du Kontakt zu
Bäumen auf. (Isabel Arends)
62
wie können wir die spaltung
überwinden von Steffen Lohrer
70
gemeinsam wachsen wir über
uns hinaus von Gerald Hüther
4
narzissmus
von Bärbel Wardetzki 56
lebe als bewusster teil der
grünen welt von Isabel Arends 50
DAS NEUE WIR
Wir und die anderen 14
Ihr gehört nicht dazu, oder
doch? (Friedrich Assländer)
Gemeinschaft als Lebens- 18
lernort für Verbundenheit
Die Lebensgemeinschaft im
ZEGG (Barbara Stützel)
Wut 26
Geheime Zutat für
gelingende Beziehungen
(Friederike von Aderkas)
In Zeiten der Krise 32
füreinander da sein
Firmen zeigen Solidarität …
(Marion Bredebusch)
Sich mit Allem und Jedem 38
verbinden
(John Strelecky)
Wie können wir die 62
Spaltung in der Gesellschaft
überwinden?
Interview mit Steffen Lohrer
Ein Gefühl von 66
Nach-Hause-Kommen
In der Natur spüre ich den Takt
des Lebens. (Udo Schroeter)
Gemeinsam wachsen 70
wir über uns hinaus
Die Lösung liegt in
der Co-Kreativität
(Prof. Dr. Gerald Hüther)
Das neue Wir verbindet, 90
Kopf Herz und Hand
Wie die alternativen Nobelpreisträger
Politik und
Spiritualität verbinden
(Geseko von Lüpke)
gemeinschaft als lebenslernort
von Barbara Stützel 18
IN JEDER AUSGABE
Positive Psychologie 48
Ein Quiz für dich (Oliver Haas
und Julian Scharbert)
Coaching to go 83
Wie verbunden fühlst du
dich?(Angelika Gulder)
warum es so wichtig ist
sich zu verbinden von John Strelecky 38
Schwarzes Brett 61
Sinnerfüllter leben 76
und arbeiten
Keiner lebt für sich allein…
(Beate Hofmann)
Filmtipps 96
(Dunja Burghardt)
Impressum 98
5
Wenn du schnell
sein willst,
gehe allein.
Wenn du weit
gehen willst, gehe
mit anderen
—
a f r i k a n i s c h e s
s p r i c h w o r t
RECONNECT!
—
ANITA MAAS
Dies ist ein Aufruf, dich wieder mit der Natur zu verbinden.
Nicht um der Natur willen, sondern um deiner selbst willen.
Dass wir die Verbindung zu unserem natürlichen
Lebensraum verloren haben, ist unser größter
Schmerz, unter dem wir unbewusst leiden. Die
Trennung von der Natur ist eine Folge davon, dass
wir abgestumpft sind, unsere Sinne zurückgezogen
und eine Mauer um uns herum gebaut haben. Wir
haben uns isoliert, sitzen durch Mauern aus Beton
und Stahl abgeschottet von allen natürlichen Einflüssen
in unseren Häusern, Büros, Geschäften
und Autos. Unser erster Blick geht morgens auf
die Wetter-App, um herauszufinden, was wir anziehen
und auf welche Temperatur wir uns an
diesem Tag einstellen. Die App sagt uns ganz genau,
um wieviel Uhr es mit welcher prozentualen
Wahrscheinlichkeit regnen wird. Aber eigentlich
ist es fast egal, wie das Wetter wird, denn das Auto
hat ja eine Klimaanlage und das Büro oder Geschäft
wahrscheinlich auch. In den Supermärkten
gibt es das ganze Jahr erntefrisches Obst aus aller
Welt. Das ist alles sehr praktisch und wir wissen
diese Annehmlichkeiten zu schätzen. Ein großer
Fortschritt! Wer möchte schon leben wie im Mittelalter!
Aber wir bezahlen auch einen hohen Preis
dafür: Wir entfernen uns immer mehr von unserer
natürlichen Umwelt und ersetzen sie durch eine
künstliche. Wir brauchen aber die Verbindung zur
Natur mehr zum Menschsein, als wir ahnen.
Foto: Ronny Barthel
HIMMEL UND ERDE
Wir laufen also mit unseren Schuhen über Asphalt,
sind umgeben von wohltemperierter und befeuchteter
Luft, es duftet nach Parfum, Deo und Aftershave.
Wir trinken Wasser mit Apfel- oder Zitronengeschmack
und essen aufwendig verarbeitete Fertigprodukte.
Wo kommen wir noch in wirkliche Verbindung
mit der Erde? Unmerklich, aber stetig haben
wir den Boden unter den Füßen verloren. Es fehlt
uns die Gelegenheit, Stress und Elektrosmog an die
Erde abzugeben und uns wieder mit frischer, unverbrauchter
Energie aufzuladen. Wir treiben auf einer
isolierenden Schicht aus Asphalt und Schuhsohlen
über der Erde, ohne mit ihr verwurzelt zu sein. Unser
Gemüse wächst auf Substraten in künstlicher Beleuchtung
und wir leben eigentlich auch wie eine
Topfpflanze in Hydrokultur, deren Wurzeln sich
durch den mit nährstoffreichem Wasser getränkten
Blähton schieben. Wir haben den Kontakt zur Erde
verloren, unsere Wurzeln berühren nicht mehr den
humosen und von Millionen Mikroorganismen lebendigen
Boden. Wir sind zwar keine Pflanzen, aber
die Erdung, die Bodenhaftung, das Gefühl eingebettet
zu sein in einen intakten Lebensraum, dessen
Bestandteil wir sind, fehlt uns dennoch. Und das
zeigt sich daran, dass wir viel zu viel im Kopf sind,
unsere Gedanken sich demzufolge überschlagen
und in emsiger Betriebsamkeit enden – die allzu
oft in den Burn-out führt. Uns fehlen die Ruhe und
die Geduld, das Gefühl der Geborgenheit, all das,
was uns eine liebende Mutter gibt. Wie die verlorenen
Kinder irren wir umher und werden immer kränker,
als Einzelner, aber vor allem als Gesellschaft.
DEN BODEN UNTER
DEN FÜSSEN FÜHLEN
Diese Entwicklung lässt sich ganz leicht umdrehen:
Zieh deine Schuhe aus! Laufe barfuß in deiner Wohnung,
auf der Terrasse oder dem Balkon, auch im
Garten, auf dem Rasen und in den Beeten. Wie fühlt
es sich an: mal kalt, mal warm, feucht vom Tau oder
sogar nass vom Regen, weich und federnd wie im
Wald oder hart und pieksig? Jetzt im Sommer kannst
du jeden Morgen ein paar Schritte barfuß auf der
Erde tun und du wirst sehen, wie sehr das deinen
Tag verändert! Oder in der Mittagspause mal die
Schuhe ausziehen und über die Wiese im Park laufen.
Und am Abend mal eine Runde barfuß durch den
Wald streifen. Deine Füße gewöhnen sich schnell
daran. Automatisch bist du langsamer unterwegs
und registrierst deine Umwelt wesentlich mehr. Das
Barfußlaufen regt nicht nur alle Sinne an und stimuliert
über die Reflexzonen an den Füßen den ganzen
Körper, sondern man neutralisiert auch die Energie
und nimmt vor allem auf weichem Waldboden viele
Elektronen auf, die wir zum Ausgleich brauchen.
SICH DEM HIMMEL ÖFFNEN
Letztlich geht es darum, einen guten Stand zu haben
und deine Umwelt ganz bewusst wahrzunehmen.
Nicht der Umwelt zuliebe, sondern weil du damit
deine Sinne schärfst und du ganz aktiv wahrnimmst,
was um dich herum passiert. Diese Feinsinnigkeit
ermöglicht dir zu erkennen, was gerade falsch läuft
und vor allem auch, wo der richtige Weg für dich
hinführt. Das erspart dir jede Menge Umwege. Das
allergrößte Geschenk der Verbindung mit der Erde
an dich aber ist, dass du bei dir selbst ankommst. Du
bist in der Sicherheit und in Ruhe.
Von diesem Punkt aus kannst du dich dem Himmel
öffnen. Gut verwurzelt spannst du deine Arme auf
und öffnest dein Herz. Du schaust mit geschlossenen
Augen nach oben und lauschst auf eine Eingebung.
Sie wird kommen. Früher oder später. Diese Achse
in dir zwischen Himmel und Erde wird immer stärker
werden. Du fühlst dich gut eingebunden und folgst
deinem göttlichen Plan. Das ist das Geschenk der
Erde an dich und alle ihre Kinder.
DIE VIER ELEMENTE
Alles hier unten auf der Erde besteht aus den vier
Elementen Feuer, Erde, Wasser und Luft. In irgendeiner
Form ist alles daraus zusammengesetzt. Bei
uns Menschen finden wir das Element Erde in unserem
Körper, die Knochen sind wie die Steine. Unser
Blut schlängelt sich in den Adern wie die Flüsse über
die Erde. Unser Atem, der jede Zelle durchströmt,
ist wie der Wind, der in großen Luftströmen um die
Erde zieht und bis in den kleinsten Winkel gelangt.
Das Feuer finden wir in unserem Geist, den sprühenden
Ideen, der flammenden Begeisterung. Wenn
wir uns also noch stärker mit der Erde verbinden
möchten, können wir uns ganz bewusst und intensiv
auf die vier Elemente einlassen.
→
9
rec o n n ect
ERDE
Das Element Erde steht für alles
Körperliche, Nährende, Tragende.
Wir können uns mit der Erde über das Essen verbinden,
ganz besonders über Wurzelgemüse wie
Möhren, Kartoffeln und rote Beete. Bei jeglicher
Zufuhr von Nahrung können wir der Erde danken,
die es hervorgebracht hat und die nun unseren Körper
speist, bis er eines Tages wieder zu Erde wird.
Wenn wir im Garten arbeiten oder Blumen umtopfen
und mit unseren Händen ganz tief in der Erde
stecken, sie zwischen den Fingern zerkrümeln und
locker über die Saat streuen, Regenwürmer retten
und Kompost ansetzen, sind wir ganz nah mit der
Erde verbunden.
Natürlich erden wir uns über das Barfußlaufen.
Wem das noch nicht genug ist, kann sich bäuchlings
auf die Erde (oder das Gras) legen, tief ein- und ausatmen
und dabei die Chakren öffnen, besonders
das dritte Chakra unter den Rippenbögen oberhalb
des Nabels, und alle verbrauchte Energie und
allen Stress über das geöffnete Chakra in die
Erde abfließen lassen.
Es tut auch gut, dich einfach an einen Baum zu setzen,
mit deinem Wurzelchakra seine Wurzeln zu berühren
und mit deinem Ausatem kleine Wurzeln von deinem
Steiß in die Erde hineinwachsen zu lassen bis sie
ganz tief ins Erdreich vorgedrungen sind wie die
des Baumes.
WASSER
Das Element Wasser steht für alles Fließende, Bewegliche und die Gefühle.
Wir verbinden uns mit dem Wasser am besten am
oder im Wasser. Setze dich an einen Fluss und
schaue zu, wie das Wasser stetig an dir vorbei fließt.
Du kannst kleine Stöckchen ins Wasser werfen,
um dir das Fließen noch besser zu verdeutlichen.
Wenn ein Bach rauscht, gurgelt und gluckst, kannst
du mit geschlossenen Augen der Musik des Wassers
lauschen, bis du das Gefühl hast, mittendrin zu sein
in der Sinfonie der
Wassermusik. Im Sommer
kannst du dich mit
deinen Füßen hineinstellen
oder auch ganz
in einen See oder das
Meer eintauchen. Mache
das ganz bewusst
und spüre wie das Wasser
deine Haut Zentimeter
für Zentimeter
kühlend benetzt und
dich dann ganz aufnimmt.
Das Wasser fließt und reinigt dich nicht nur beim
Waschen. Es nimmt alles Angestaute aus deiner
feinstofflichen Hülle mit. Wenn in deinem Leben
etwas ins Stocken geraten ist oder du merkst, dass
du deine Gefühle zurückhältst, dann suche einen
Fluss auf und lasse dich wieder in Bewegung bringen.
Das Element Wasser hilft dir, wieder in den
Fluss zu kommen.
Du kannst dich auch unter der Dusche oder in der
Badewanne mit dem Wasser verbinden. Sogar mit
einem Glas Wasser, das du trinkst, füllst du deinen
Wasserhaushalt wieder auf und bringst wieder etwas
ins Fließen.
Gefühle müssen fließen wie das Wasser. Wenn
wir sie zurückhalten, vermodern sie und vergiften
uns. Die Freude, die Traurigkeit, die Angst und die
Wut, alle wollen gelebt werden. Sie müssen durch
uns durch fließen, dann machen sie uns lebendig
und halten uns gesund.
10
LUFT
Das Element Luft steht für die Leichtigkeit, die
Klarheit, die Flexibilität und unsere Gedanken.
Foto: Alin Andersen (Erde), Savvas Kalimeris (Wasser), Krzysztof Hepner (Feuer) / Unsplash
Wir können uns am leichtesten mit der Luft verbinden,
indem wir ganz bewusst tiefe Atemzüge nehmen
und unsere Lungen mit Luft füllen.
Manchmal tut es auch richtig gut, sich frischen
Wind um die Nase wehen zu lassen, einmal so richtig
durchgepustet zu werden. Dann kannst du plötzlich
wieder klar sehen und besser Entscheidungen treffen.
Nicht immer ist es so windig, wie wir es vielleicht
gerade brauchen, aber auch eine leichte Brise kannst
du ganz bewusst und wohltuend in deinem Gesicht
wahrnehmen. Überall, wo ein Baum steht, hast du
Gelegenheit, auf das Rauschen der Blätter zu lauschen
und so eine herannahende Böe wahrzunehmen
und damit deine Verbindung zum Element Luft zu
intensivieren.
Du kannst auch auf einen Berg steigen, eine Anhöhe,
einen Turm oder ein Hochhaus, um mehr Wind
abzubekommen. Breite deine Arme aus und lasse
die Luft dich ganz umströmen. Von hier oben fällt
es dir leichter, eine Vogelperspektive einzunehmen
und mit etwas Abstand auf die Dinge zu schauen.
Vielleicht spürst du, wie alles leichter wird und sich
danach Lösungen auftun, wo du keine vermutet
hättest.
FEUER
Das Element Feuer steht für die Transformation,
die Energie, die Lebensfreude.
Wenn wir am Lagerfeuer sitzen, verbinden wir uns perfekt mit der
Feuerenergie. Wir schauen in die flackernden Flammen, lauschen
dem Lodern und Knistern und wärmen unsere Hände am Feuer.
Feuer transformiert Holz zu Kohlendioxid und Asche und setzt
dabei Energie frei, die in der durch Sonnenlicht aufgebauten Materie
gespeichert war. Wir alle brauchen Energie, allein für die Verdauung,
unsere Körperwärme und die Fortbewegung. Wenn jemand
richtig Feuer hat, dann vermag er oder sie viel zu bewegen. Wer
hingegen träge und gelangweilt ist, könnte ein bisschen mehr
Feuerenergie gebrauchen.
Die Sonne ist ein riesiger Feuerball. So kannst du dich auch mit
dem Feuer verbinden, indem du dein Gesicht in die Sonne hältst,
die Wärme auf deiner Haut spürst und die Helligkeit noch hinter
deinen Augenlidern wahrnimmst.
Auch die Meditation mit einer Kerze, bei der du dich ganz mit
der Flamme verbindest, stärkt deine Feuerenergie. Ebenso das Essen
von feurig gewürzten Speisen.
→
11
rec o n n ect
EIN GESCHENK FÜR DIE ERDE
Es gibt also täglich unzählig viele Möglichkeiten,
bewusst Verbindung zu den vier Elementen aufzunehmen,
aus denen der Planet Erde mit all seinen
Bewohnern besteht. Und wer weiß, vielleicht trittst
du eines Tages vor die Tür und spürst den Boden
unter deinen Füßen, unter dem Asphalt. Du schnupperst
in der Luft und stellst fest, dass es warm und
trocken riecht, ein bisschen nach Tannen oder Staub.
Vielleicht ist es auch feucht und kühl und es liegt
Regen in der Luft. Du schaust in den Himmel und
siehst fein gezogene, dünne Wolken ganz weit oben,
weiße Watte-Wölkchen oder graue, tiefe zusammenhängende
Schichten. Und du weißt, ohne auf die
Wetter-App zu schauen, das wird ein schöner Tag!
Und nicht nur das. Du fühlst dich als integraler
Bestandteil der Natur eingebunden in das große
Ganze. Deine Sinne sind wie feine Tentakel aufgespannt
und nehmen alles wahr, was um dich herum
passiert. Sie zucken zusammen, wenn du an einen
Ort kommst, der dir nicht guttut, und sie dehnen
sich aus, wenn du in der richtigen Richtung unterwegs
bist. Du bist offen für Eingebungen und Inspirationen
des Himmels. Du lebst ein Leben in Gesundheit
und Harmonie, in Übereinstimmung mit deinem
Lebensplan.
Dann bist du ein Geschenk für die Erde und alle
ihre Bewohner.
»
ICH BIN LEBEN,
DAS LEBEN WILL,
INMITTEN VON LEBEN,
DAS LEBEN WILL.
ALBERT SCHWEITZER
Anita Maas ist Apothekerin, Heilpflanzenkundige
und ausgebildete Schamanin in der Tradition der
Q’eros (Peru). Seit 2015 gibt sie das Maas Magazin
für ein bewusstes und erfülltes Leben heraus.
Sie begleitet mit ihrer schamanischen Arbeit und
in Natur-Coachings Menschen auf dem Weg zu
sich selbst.
www.maas-naturcoaching.de
12
a n z e i g e
RETREAT IN DER NATUR
Wünschst du dir mehr
Klarheit und Kraft?
So kann es nicht weitergehen. Das weißt du genau. Aber du drehst dich im
Kreis und findest allein keinen Ausweg aus deiner Situation. Dann nimm
dir ein Wochenende Zeit für dich.
Gemeinsam tauchen wir in einen grenzenlosen Raum in wundervoller
Natur ein. Hier kommst du zur Ruhe und kannst ganz weit werden. Alles,
was nicht zu dir gehört und dich belastet, fällt von dir ab.
Im Wechsel zwischen achtsamem Wahrnehmen und einfühlsamen Gesprächen
zeigt sich das Kernthema und die Lösung dafür. Schamanische
Methoden und Rituale geben dir Kraft für den nächsten Schritt.
Ganz gleich, ob dein Thema in der Partnerschaft, der Gesundheit oder
dem Beruflichen liegt oder du die Frage noch gar nicht konkret formulieren
kannst. Wir finden gemeinsam eine Lösung.
www.maas-naturcoaching.de
anita.maas@maas-naturcoaching.de
WIR und
die anderen
—
FRIEDRICH ASSLÄNDER
WIR und die Nicht-WIR
WIR-Deutsche, WIR-Bayern, WIR-Christen, WIR-
Republikaner, WIR Frauen, WIR-Virologen, WIR-
Impfgegner/Befürworter, WIR-Wissenschaftler,
... Diese Liste ist vermutlich unendlich. Bei diesem
WIR schwingt oft mit, WIR, das sind die Besonderen,
die Guten, die Besseren, die Edlen. Das
ist gefährlich, denn dann sind automatisch und
implizit die anderen die Dummen, die Bösen, die
Underdogs.
WIR erkennen uns an der Sprache, am Dialekt,
an der Kleidung, an Abzeichen, an der Wortwahl,
an unseren Werten, Zielen und Glaubenssätzen.
Es gibt klare Merkmale, die die Zugehörigkeit zu
einer Gruppe, zum WIR zeigen, die für Außenstehende,
manchmal auch nur für Eingeweihte,
erkennbar sind. Damit grenzen WIR uns von den
anderen ab, den Nicht-WIR, die nicht zu uns
gehören.
Was ist der Sinn einer solchen Abgrenzung?
Sind wir nicht alle einfach Menschen? Und alle
Geschöpfe Gottes, wenn wir an ihn glauben? Sind
wir nicht alle gleichwertige Teile eines größeren
Lebens, das um uns herum ständig stattfindet, als
Grundlage unseres eigenen Lebens?
Grenzen und damit auch jede Form der Abgrenzung
schaffen Identität und Zugehörigkeit
und geben damit eine, wenn auch nur oberflächliche,
Antwort auf die zentrale Frage des Menschen:
Wer bin ich? Diese Identität hat Vorteile
für das menschliche Miteinander. Sie gibt mir und
anderen Orientierung.
Sätze wie »Ich bin Arzt«, »Ich bin Journalist«,
»Ich bin Wissenschaftler« weisen uns als Träger
14
Die Menschen werden dir vertrauen,
wenn sie bei dir auf Werte schauen.
Dem Einzelnen geben Gemeinschaften Sicherheit, Schutz und
Geborgenheit. Gruppen liefern aber auch Regeln, moralische
Maßstäbe und Denkstrukturen, die zur Aufrechterhaltung
dieser Gemeinschaft erforderlich sind. Die Zugehörigkeit zu
einer Gruppe gibt dem Einzelnen einen Platz in der Gesellschaft,
oft auch einen Rang und Sinnhaftigkeit.
Wir sind etwas Besonderes
besonderer geistiger und sozialer
Merkmale aus, die uns privilegieren,
aber auch verpflichten, was im
sozialen Miteinander durchaus
sinnvoll sein kann. Einen Polizisten
kann ich um Hilfe bitten, bei einem
Dr. rer. nat. kann man naturwissenschaftliche
Kenntnisse vermuten.
Gruppen, ob Berufsgruppe, Vereine
oder ethnische Zugehörigkeiten
schaffen eine erkennbare Ordnung
und geben Orientierung, was ich
erwarten und bekommen kann.
Damit können wir Vertrauen entwickeln,
aber nur in dem Maße, wie
die Mitglieder einer Gruppe deren
Wertekodex beachten.
WIR, in diesem Sinne, nährt oftmals unser Ego. Die Zugehörigkeit
gibt in vielen Fällen Status und Bedeutung. Ich fühle
mich als etwas Besonderes. Nicht nur in der deutschen Geschichte,
in vielen Kulturen und Gruppen wird das WIR erhöht
durch Abwertung der anderen. In der Folge entsteht eine eigene
Moral als Gruppennorm, die erlaubt, die Anderen, die Minderwertigen,
schlecht zu behandeln. Historisch zeigte sich das z.
B. in der Sklaverei, im Holocaust. Das erleben wir im Umgang
mit Tieren, im Verhältnis der Weißen zu den Farbigen, im Umgang
mit »Ausländern« und an vielen anderen Stellen.
Besonders markant zeigt sich die Selbstüberhöhung in den
Religionen, wenn wir die anderen etikettieren, z. B. als »Ungläubige«
oder »Heiden«. Diese dürfen wir dann im Heiligen
Krieg töten, wie in den Kreuzzügen oder noch heute im Dschihad.
Das gilt dann als gottgefällig und als gutes Werk. Auf
diese Weise wird das eigentlich Menschliche, das Mitgefühl
oder die im Christentum gepriesene Nächstenliebe im Bewusstsein
dieser »frommen Menschen« ausgelöscht. WIR halten
uns für gut, sind aber im Kern Barbaren, die das Leid und das
Leiden der anderen nicht mehr sehen und spüren.
Warum machen wir das? Die Psychologie weiß schon lange,
dass wir die eigenen Defizite und Minderwertigkeitsgefühle
abspalten, auf andere projizieren und sie dann im Außen bekämpfen.
C.G. Jung nannte das Abgespaltene, das Nicht-
Bewusste den Schatten, den wir nicht sehen, der aber wirksam
und oft unheilvoll in unsere Lebensgestaltung eingreift.
Wir finden ihn dort, wo wir andere respektlos, abfällig oder
abwertend behandeln.
Es ist eine unserer wichtigsten Lebensaufgaben, diesen
Schatten zu erlösen, unsere »hässlichen« Seiten anzuschauen
und zu integrieren, statt sie im anderen zu sehen und dort zu
bekämpfen. Der andere ist der Spiegel, der uns zeigt, was uns
fehlt. Erst wenn wir dieses annehmen, werden wir wieder vollständig
und heil.
→
15
w i r un d di e and e re n
Der hl. Benedikt sagt dazu:
Der Abt heile zuerst sich selbst.
Erst mit dieser inneren Freiheit von unseren
Projektionen können wir den Schritt zur Verbundenheit
mit anderen beginnen, zum größeren WIR.
Das größere WIR
WIR wird zu einem spirituellen WIR, wenn wir
jedem anderen den gleichen Respekt, dieselbe
Wertschätzung, Dankbarkeit und Liebe entgegenbringen,
die wir selbst gerne bekommen
möchten.
Es gibt eine schöne Seminarübung, die uns hilft,
unsere Abwertungen von anderen aufzulösen.
Diese Übung lässt sich jederzeit und überall - auch
alleine - machen. Wir suchen uns eine Person im
Geiste aus, die wir unsympathisch oder schwierig
finden. Mit geschlossenen Augen beobachten wir
dabei im Inneren unsere Gedanken und Empfindungen,
die auftauchen, wenn wir an diese Person
denken. Der Leiter trägt die nachfolgenden Sätze
vor oder man liest sie ab:
GENAU WIE ICH hat dieser Mensch im
Leben Leid und Verletzungen erfahren.
GENAU WIE ICH ist dieser Mensch
ungerecht behandelt worden.
GENAU WIE ICH
• sehnt sich dieser Mensch nach Liebe
• nach Vollkommenheit
• hat Sorgen, Ängste und Probleme
• leidet unter seinen Unvollkommenheiten
• möchte sein Bestes geben
• wurde missverstanden und verurteilt
• sehnt sich danach, verstanden zu werden
• möchte geachtet und gesehen werden
• hat seine Lebensgeschichte mit
Verletzungen und Wunden
• sehnt sich dieser Mensch nach Liebe
und Zuneigung
• tut es ihm gut, wenn wir ihm offen und
ohne Vorurteile begegnen
• sehnt sich nach Anerkennung und
Wertschätzung
• macht Fehler und wünscht sich Vergebung
• hat als Kind auch Schweres erlitten
GENAU WIE ICH…
GENAU WIE ICH…
Was verändert sich in meinem Empfinden gegenüber
diesem Menschen, wenn ich mir das alles
bewusst mache?
Ein Bewusstsein von »GENAU WIE ICH« führt
uns zu den Bedürfnissen des anderen, zu seinen
Gefühlen und Empfindungen, zu seiner Lebensgeschichte,
die vielleicht sogar dramatischer ist als
meine. Es verändert meinen Blick auf den anderen,
16
der nun zum Bruder oder zur Schwester wird.
»GENAU WIE ICH« haben auch Tiere, Pflanzen,
auch Mineralien ein Leben, Bedürfnisse und Bewusstsein.
Diese Sätze helfen, das Bewusstsein
vom Wert dieses Lebens um uns herum immer
mehr zu erkennen. Mein persönlicher tiefster
Wunsch ist, dass wir wieder gegenüber allem, was
ist, Respekt entwickeln. Im Respekt schaffen wir
eine positive Beziehung auf der Basis von Würde
und Wohlwollen. Nur über Respekt entstehen zu
allen und zu allem gute Beziehungen. WIR Menschen
stehen nicht über den ANDEREN Lebensformen,
sondern wir sind EINE Gemeinschaft.
Im Biotop gedeiht das Leben,
weil alle gerne allen geben.
Vom Wir-Besonderen zum WIR-alle
Dieses »Neue WIR-alle« steht in Konkurrenz zum
Denken der Egomanen und Autokraten, der Menschen,
die nur sich selbst sehen, sich selbst ständig
erhöhen. Sie können diesen Schritt »GENAU WIE
ICH« nicht machen, weil sie an ihrem Überlegenheitsgefühl
zwanghaft und angstgetrieben festhalten.
Aktuell ist das im »Trumpismus« sichtbar,
der den Wunsch vieler Amerikaner nach Überlegenheit,
nationalistisch, evangelikal und ethnisch
bedient. In der Nazi-Ideologie, im Kolonialismus
und andernorts finden wir weltweit
Denksysteme, die die Überlegenheit des WIR
suggerieren und Unterdrückung der anderen
rechtfertigen. Als sog. Sinozentrismus findet sich
das auch im Selbstverständnis der Chinesen, die
sich für die überlegene Rasse halten.
In der Bibel, im Evangelium nach Matthäus
steht (Mt 23,12):
»Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und
wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.«
In der Frühzeit der Menschheit war die Zugehörigkeit
zu einer Sippe die einzige Überlebensmöglichkeit
in einer wilden und feindlichen Umwelt.
Heute können wir nur als ganze Menschheit
überleben oder untergehen. Das WIR ist ein großes
Ganzes. Diese notwendige Verbundenheit mit
einem größeren WIR entwickeln wir, wenn wir
das Andersartige bei den anderen als Bereicherung
sehen. Vielfalt ist nicht nur schön, wie wir
das bei Pflanzen oder Tieren erkennen können,
sondern auch für jedes System stabilisierend. Als
Voraussetzung dafür müssen wir unsere Ängste,
die oft aus Vorurteilen und Unwissenheit resultieren,
überwinden. Eine therapeutisch-spirituelle
Aufgabe.
Der Weg aus der Sackgasse des »WIR-Besonderen«
und die Lösung für die heutigen Menschheitsfragen
geht über das Bewusstsein von »WIRalle«
hinaus. Indem WIR unsere Gedanken auf
das Gute, das Bereichernde im anderen richten
und auf das Wertvolle, das in jedem Menschen
und in jedem Wesen angelegt ist, gehen wir diesen
Weg zum »neuen Wir«. Damit laden wir dieses
ein, sich zu entfalten. Kaufmännisch nennt man
das einen »Mehrwert für alle«. Mein Leitsatz dazu
für den Alltag lautet:
Vermehre stetig Gutes, Schönes,
dann ist kein Platz für Dunkles, Böses.
Friedrich Assländer studierte Betriebswirtschaftslehre,
Soziologie und Psychologie und ist Vater von
4 Kindern. Nach 10 Jahren Managementtätigkeit in
einem Finanzkonzern ist er seit 1984 selbstständiger
Trainer und Unternehmensberater. Er verbindet
Spiritualität und Wirtschaft in seinen Führungsseminaren
und leitet Ausbildungen in Systemaufstellungen.
Er ist Mitbegründer und langjähriger
Vorstand der Vereine ›Spirituelle Wege‹ und ›spirit
plus‹. Gemeinsam mit Pater Anselm Grün leitete er
die erfolgreiche Kursreihe ›Führen und geführt
werden‹ und verfasste mehrere Bücher.
www.asslaender.de
17
Gemeinschaft
ALS LEBENSLERNORT FÜR
VERBUNDENHEIT
—
BARBARA STÜTZEL
Vor 20 Jahren bin ich in eine Gemeinschaft gezogen, weil ich ein sinnvolleres Leben
führen wollte. Glücklicher sein, weniger einsam, erfüllter in dem, was ich tue. Die
Sehnsucht war groß, die Ahnung, wie ich dahin kommen könnte, eher vage. Es gab
etwas in mir zu verstehen, und alleine kam ich nicht weiter.
Meine Suche führte mich ins ZEGG, dem Zentrum für experimentelle Gesellschaftsgestaltung
südwestlich von Berlin. Es ist eine Lebensgemeinschaft und ein
Bildungszentrum. Ich landete dort, weil ich bereits Seminare und Festivals erlebt
hatte, während derer ich die Antworten ahnen konnte, die ich suchte. Weil ich dort
Tiefe und Selbsterfahrung erlebt hatte, Momente von Verbundenheit. — Was hat
sich seitdem eingelöst?
18
Der Alltag – viele kleine WIRs
Foto: ZEGG
Ich lebe mit 100 Menschen auf einem 16 ha großen Platz.
Seit 1991 hat die Gruppe hier einen ökologischen Garten
angelegt, basierend auf Permakulturprinzipien eine essbare
Landschaft gepflanzt, ein altes Gelände der Staatssicherheit
in ein buntes Dorf verwandelt. Die Menschen wohnen
in Wohngruppen bis zu 8 Leuten, jede Gruppe hat eine
Küche, aber es gibt auch eine Großküche mit gemeinschaftlicher
Verpflegung, dem sogenannten »Restaurant«. Hier
wird das Gemüse aus dem Garten tagesfrisch verarbeitet
(70% des Bedarfs produzieren wir selbst). Hier entstehen
immer wieder neue vegetarische und vegane Köstlichkeiten
und die Mahlzeiten sind der tägliche Treffpunkt und Umschlagplatz
für Kontakt und Neuigkeiten. Wer etwas anspricht,
wird beraten; wer Unterstützung sucht, bekommt
sie; wer einfach in Ruhe essen will, kann das auch.
Unser Wasser kommt aus unserem eigenen Brunnen,
wir haben eine Pflanzenkläranlage, die das Wasser geklärt
wieder in den Boden fließen lässt. Photovoltaik und Blockheizkraftwerke
produzieren Strom, Solarthermie und ein
Holzhackschnitzelwerk eine CO2 neutrale Energieversorgung.
Es tut gut zu wissen, dass wir (fast) klimaneutral
wirtschaften und Wasser,
Energie und einen Teil unserer
Nahrung selber produzieren.
Viele Menschen, die Dinge
teilen, reduzieren deutlich
den Verbrauch, der Einkauf
im Supermarkt ist so gut wie
passé, Großgebinde aus dem
Biogroßhandel sind ökologischer
und trotzdem erschwinglich.
Wir teilen Autos
im Car-Sharing, Waschund
Bohrmaschinen, Bücher
und noch einiges mehr
über einen Verschenketisch.
Und wer etwas braucht,
fragt im Email-Verteiler nach
und kann sich das Benötigte
meist ausleihen.
Es gibt im Alltag regelmäßige
Treffpunkte (in Coronazeiten
leider reduziert):
Sauna, Discoabende, eine
Kneipe, gemeinsame Yoga-
…
wer Unterstützung
sucht, bekommt sie;
wer einfach in
Ruhe essen will, kann
das auch.
stunden, Meditationen, Mantrasingen,
Geburtstagsfeiern, Gesprächsrunden
zu interessanten Themen, Heilkreise,
Frauen- und Männerrunden, Jahreskreisfeste
– es geschieht das, was
jemand einbringt. Und immer gibt es
andere, die sich für dasselbe interessieren.
Ich bin eingewoben in ein Netz
vielfältiger aktiver Menschen. Wo ich
früher aktiv werden musste, um in
Kontakt zu kommen, muss ich jetzt
aktiv werden, um mich zurückzuziehen
– so groß ist das Angebot an Gemeinschaftsaktivitäten.
Die Struktur —
ICH und WIR in Balance
Eine oft gestellte Frage ist: Wie trefft
ihr Entscheidungen? Wir leben als
gleichberechtigte Gemeinschaftsmitglieder
zusammen, jede Person hat
eine Stimme, es gibt keine Chefs. Der
Platz gehört einer gemeinnützigen
GmbH und alle Gemeinschaftsmitglieder
haben über einen Trägerverein
teil an ihr. So ist jede Person Vermieterin
und Mieter zugleich, Arbeitnehmer
und Arbeitgeberin. Und alle sind
mitverantwortlich für die Belange des
Geländes und des Bildungsbetriebes.
Die Einnahmen der gGmbH kommen
aus Seminaren und Festivals, Mietein-
→
19
g e m e i n s c h a f t als lebenslerno rt für verb u n d e n h e i t
nahmen der Bewohner*innen sowie Spenden.
Nach einer langen Phase von Entscheidungsfindung
im Konsens haben wir unsere Organisationsform seit
nunmehr über 10 Jahren in die Soziokratie überführt.
Arbeitsbereiche sind in Kreisen organisiert, die innerhalb
eines festgelegten Rahmens autonom ihre Entscheidungen
treffen. Übergeordnete Entscheidungen
kommen in einen Lenkungskreis, der aus Vertreter*innen
der Kreise zusammengesetzt ist. Und über allem
steht die Vollversammlung der Mitglieder, die allerdings
in den seltensten Fällen gebraucht wird. Vertrauen
und Transparenz – sowie immer mal wieder
loslassen von persönlichen Vorlieben – unterstützen,
dass der Alltag gut funktioniert. Die Soziokratie ist
ein systemisches Modell mit vielen eingebauten Rückkopplungsprozessen. Ihre Grundidee ist die
dynamische Steuerung, d.h. Entscheidungen werden recht schnell gefällt, wenn sie der Vision entsprechen
und sicher genug sind, und können jederzeit nachgesteuert werden. Evaluation und Feedback
gehören zum Prozess dazu. Die frühere Konsensentscheidung wurde abgelöst durch den Konsent,
wo begründete Bedenken einen Beschluss eher modifizieren statt wie früher blockieren.
Konflikte und Entwicklung —
ein neues Verständnis von ICH
Jetzt können die Strukturen und äußeren Bedingungen noch so gut
sein – Menschen sind verschieden und daraus entstehen Konflikte.
Wie gehen wir damit um?
Gemeinschaft braucht neben Momenten der Freude, die man gemeinsam
erlebt, und einer guten organisatorischen Struktur Räume,
in denen Menschen sich gegenseitig tiefer sehen können.
Das ZEGG ist entstanden aus der Frage, wie Frieden in der Welt
verwirklicht werden kann, wie Menschen wirklich gewaltfrei zusammenleben
können. Eine Erkenntnis war schon damals: Um im Außen
etwas zu verändern, braucht es innere Transformation. Wir verstehen
den Menschen also als stets lernendes, sich veränderndes Wesen.
Und so unterstützen wir uns gegenseitig bei inneren Fragen: Wie
kann ich das Leben führen, das mir wirklich entspricht? Wie kann ich
mein Potenzial entfalten und (auch emotional) selbst verantwortlich
werden? Und darüber hinaus: Wie entwickeln wir eine menschlichere
Kultur des Zusammenlebens im Hier und Jetzt?
Eine gelebte Praxis im ZEGG ist das »Forum«. In diesem Kommunikationsprozess
erforschen Menschen innere Anliegen, sie werden
dabei von einer Forumsleitung begleitet. Im Anschluss bekommen
sie Feedback von den anderen Gruppenmitgliedern. So entsteht
Transparenz über Motive, Hintergründe, alte Verletzungen und Sehnsüchte.
Es ist im Alltag ungemein hilfreich, solche Räume jenseits von
Small Talk oder Problemlösung zu pflegen. Denn hier lernen Menschen
sich selbst und andere tiefer kennen. Zu erfahren, was andere über
20
Menschenbild – das große WIR
mich denken, hilft ebenfalls, denn dann muss ich
es nicht mit Annahmen oder Projektionen auffüllen.
Und da wir alle unsere Schwachpunkte
haben, muss ich auch nichts verstecken, sondern
kann andere einfach für diese Stellen um Unterstützung
bitten. Es macht einen Riesenunterschied,
ob jemand mit seinem Verhalten immer wieder
aneckt oder ob diese Person um das Thema dahinter
weiß und die anderen bittet, sie an diesen
Stellen auf unangemessenes Verhalten aufmerksam
zu machen, um es zu verändern.
Im Forum erfahre ich immer wieder Verbundenheit.
Ich erfahre, dass wir uns als Mensch unter
Menschen beheimaten können, wenn wir uns
gegenseitig so wahrnehmen, wie wir sind – und
dass durch das Bewusstwerden dessen Entwicklung
und Veränderung möglich wird.
Und letztlich ist das Forum eine Haltung, die sich
in vielen kleinen Momenten des Alltags niederschlägt.
Wo ich um Unterstützung bitten darf und
lernen kann, dass nicht Unabhängigkeit das erstrebenswerte
Ziel ist, sondern dass wechselseitige
Abhängigkeit die Grundlage allen Lebens ist.
Wir verstehen unsere Gemeinschaft als Lernort
für Verbundenheit. Hier können wir Resonanz
erfahren und lernen, wie kollektive Intelligenz
und Synergieeffekte entstehen. Wir glauben, dass
diese Prozesse nicht nur sinnvoll sind, um uns in
einer Gruppe beheimatet zu fühlen und ein schönes
Leben zu führen. Sondern dass eine andere
Gesellschaft entstehen würde, wenn wir Menschen
alle wahrnehmen und spüren könnten, dass alles
Leben wechselseitig voneinander abhängt. Wir
brauchen gemeinschaftliches Denken, um den
Krisen der heutigen Zeit zu begegnen. Dies beinhaltet
die Fähigkeit, mich selbst und die anderen
gleichermaßen wahrzunehmen und für das Ganze
zu denken. Und Verantwortung für das zu übernehmen,
was mein Verhalten im Außen auslöst.
Dies geht von der Unterstützung eines Mitmenschen
über den persönlichen CO2-Fußabdruck
hin zu kollektiven Prozessen wie dem notwendigen
ökologischen Umbau unserer Gesellschaft.
In den 20 Jahren, die ich in dieser Gemeinschaft
leben durfte, habe ich immer mehr über mich selbst
gelernt. Mich eingebunden zu fühlen in die Gemeinschaft
hat mich unterstützt, mich im Leben
mehr zu Hause zu fühlen. Ich lebe immer mehr
die Veränderung, die ich mir im Außen wünsche.
Und der Weg ist noch lange nicht zu Ende.
Barbara Stützel ist Dipl. Psychologin, Seminarleiterin
und Sängerin. Sie liebt die Momente, in
denen aus präsentem Kontakt mit sich selbst
und anderen Neues entsteht. Beruflich erschafft
sie diese in Seminaren und Workshops zu Forum
und Gemeinschaftsaufbau – und immer wieder
auch in Liedern und Texten.
Das ZEGG bietet regelmäßig Möglichkeiten,
die menschliche Arbeit des ZEGG tiefer kennen
zu lernen.
www.zegg.de | www.zegg-forum.org
21
Im Geiste verbunden
Das Frauennetzwerk
FUTUREWOMAN
—
JANINE STEEGER
22
Es ist der 4. Februar 2021 gegen 21:30 h, als
mir die Tränen in die Augen schießen und
ich ganz langsam verstehe, was wir da für
ein sensationelles Netzwerk auf die Beine
gestellt haben.
Wir haben das erste digitale Treffen der bis
dahin 100 Futurewomen veranstaltet. Das Feedback
aller zugeschalteten Frauen ist überragend,
es haut uns Gründerinnen förmlich um. Da ist so
viel Verbundenheit in diesem digitalen Raum. Wir
drei verabschieden uns an diesem Abend mit den
Worten voneinander: »Das müssen wir erst mal
sacken lassen, wir telefonieren morgen früh.«
WIE ALLES ANFING…
2017 bin ich schon seit vielen Jahren als Moderatorin
und Speakerin zu allen Themen der Nachhaltigkeit
tätig. Ich habe während dieser Zeit unheimlich
viele tolle Frauen getroffen, die irre viel
Expertise in unterschiedlichen Bereichen der
Nachhaltigkeit haben. Komischerweise sah ich sie
nahezu nie auf der Bühne. Im Dezember 2017 zeigt
das Abschlussbild einer bekannten Preisverleihung
im Nachhaltigkeitsbereich ausschließlich Männer.
Das ist der Tropfen, der mein Fass zum Überlaufen
bringt und die Geburtsstunde von futurewoman.de.
Aus der Wut heraus beginne ich die vielen Frauen
zu porträtieren, die mir besonders in Erinnerung
geblieben sind in den vergangenen Jahren. Ein
paar Monate später meldet sich Dr. Saskia Juretzek
bei mir, selbst im Nachhaltigkeitsbereich der Allianz
tätig, und sagt: »Ich bin auf der Suche nach
einem Netzwerk für Frauen in der Nachhaltigkeit.
Aber ich finde einfach keins. Wäre es nicht eine
gute Idee, das auf deine Seite aufzusatteln?« Ich
muss nicht lange überlegen. Wir veranstalten die
ersten Netzwerktreffen und merken schon damals:
Wahnsinn, was da für eine Energie entsteht, wenn
Frauen zur Lösung einer Krise zusammenkommen!
Die Anfragen von Frauen, die dabei sein wollen,
nehmen stetig zu, so dass wir im Coronajahr 2020
beginnen, größer zu denken. Und bauen die Seite
um. Wir werden zur Suchplattform. Programmmachende
jeder Art können jetzt nach Expertinnen
der Nachhaltigkeit suchen. Und wir beraten auch.
Unser Ziel: Empowering Women in Sustainability.
Wir wollen die Sichtbarkeit dieser tollen Expertinnen
erhöhen. Mit dieser Entscheidung wird der
Ansturm noch mal größer. Inzwischen ist Sandra
Broschat zu uns gestoßen. Die Dritte im Bunde.
Wir beschließen, das Ding jetzt ganz groß zu denken,
auch untereinander. Wir gründen die Futurewoman
UG, ohne uns je zu dritt in der realen
Welt getroffen zu haben. Vertrauen ist trotzdem
da. Weil wir auch so spüren, dass wir das gleiche
Ziel haben. Wir wollen die weibliche Expertise in
die Diskussionen um den Klimawandel einbinden,
um so in der Sache schneller voranzukommen.
DAS ERSTE DIGITALE INTERNE
NETZWERKTREFFEN
Als wir kurz davor stehen die 100. Futurewoman
zu begrüßen, wird uns klar: Wir müssen die Frauen
jetzt untereinander vernetzen. Viele fragen danach
und es macht auch bestimmt ganz viel Sinn.
Also laden wir für den 4. Februar ein. Nach einer
kurzen Begrüßung beginnen wir mit drei Runden
Speeddating. Schon hier sind die Rückmeldungen
in den kurzen Pausen zwischen den Runden
eindeutig: »Och Mensch, es war gerade so
spannend.«
Danach gehen wir noch mal in 3 Breakout Sessions
zu unterschiedlichen Themen der Nachhaltigkeit.
Es entstehen erste Ideen, wie man das
Netzwerk voranbringen kann, aber auch, welche
Projekte wir gemeinsam starten könnten.
Beim Abschluss wird deutlich, dass wir da etwas
losgetreten haben. »Wann findet das nächste Treffen
statt?« »Wollen wir in Projektgruppen weiter
nachdenken?« Mein Gott, meine Tage sind so voll,
ich hatte nicht so richtig Lust. Aber das war die
wertvollste Videokonferenz der vergangenen
Monate.«
Sandra, Saskia und ich sind völlig geflasht. Und
vor allem ich begreife, was da aus meiner kleinen
Wut-Idee erwachsen ist.
→
23
i m ge i s t e verb u n d e n
EIN NETZWERK, UM DEN
PLANETEN ZU RETTEN
Was uns am meisten freut: Es ist ein Netzwerk, in dem
es uns allen darum geht, den Planeten zu retten.
Worum es nicht geht: Konkurrenzdenken, Jammerei
darüber, als Frau zu wenig zu Wort zu kommen,
oder um den Spagat zwischen Kind und
Karriere. Wir sind verbunden im Kampf gegen die
größte Krise, die uns bevorsteht. Und das stärkt
uns. Weil es um etwas geht, das größer ist als
Stutenbissigkeit, die uns ja gerne unterstellt wird.
Anfang März dieses Jahres konnte man im Handelsblatt
lesen, dass Frauennetzwerke in der Pandemie
deutlich zunehmen. Gerade Frauen würden
in der Krise die Notwendigkeit sehen, sich mehr
auszutauschen. Es geht um ein Miteinander, um
mehr Verbundenheit, um mehr gegenseitige Unterstützung.
Analoge Nähe wird einfach durch
digitale ersetzt. Wir werden erfinderisch, wir wollen
uns der schlechten Stimmung und dem Leiden
nicht ergeben, sondern gemeinsam etwas Sinnvolles
schaffen in dem ganzen Irrsinn.
DAS SCHWACHE GESCHLECHT?
Frauen, das vermeintlich schwache Geschlecht.
Komisch, dass das so heißt. Denn Krise können
wir besonders gut. Klimakrise gehört dazu. Nicht
zuletzt aufgrund unserer Verbundenheit, oder?
Gerade machen wir bei futurewoman.de eine
Studie, in der es darum geht, den Mehrwert von
Frauen in der Nachhaltigkeit darzulegen. Alle
Ergebnisse deuten bislang darauf hin, dass wir
uns besonders verbunden fühlen durch unser
Frau-Sein, dadurch, dass wir den Zyklus durchleben,
und dadurch, dass wir unsere dadurch vermeintlichen
Schwächen nach und nach zu Stärken
umdeuten.
Frauen sind zäh, Frauen können durchhalten,
Frauen werden besonders kreativ, wenn die Herausforderungen
immens scheinen. Damit sind wir
prädestiniert für Krisen. Wir können Krise. Wir
können Klimakrise. Und das Wissen darum,
schweißt uns zusammen.
Ich sag euch ganz ehrlich: Für mich ist das eine
ziemlich neue Erfahrung. Ich komme aus der Fernsehwelt.
Dort wollen nahezu alle Frauen vor die
Kamera. Ich habe es mit Leistung geschafft, dahin
zu kommen. Aber es gibt auch ausreichend Beispiele,
wo es anders gelaufen ist. Die Bussi-Bussi-
Welt ist in Wirklichkeit ein einziger, großer Konkurrenzkampf.
Welche Frau ist schöner, schlanker,
jünger. Schlauer kommt erst sehr viel später. Wahrscheinlich
auch deshalb beeindruckt mich diese
neue Verbundenheit so sehr. Insgesamt in der
Nachhaltigkeitsszene. Nicht nur bei Futurewoman.
Natürlich gibt es persönliche Befindlichkeiten
auch dort. Natürlich versprechen sich manche
davon, mit ihrem Engagement besonders groß
rauszukommen.
24
JEDE HAT IHREN TEIL BEIZUTRAGEN
Aber im Netzwerk geht es vor allem um Support.
Auch unser Anspruch bei Futurewoman ist ein
gemeinsamer, einer, der von Verbundenheit geprägt
ist. Uns geht es nie darum zu behaupten,
dass Frauen es besser könnten, als Männer. Ist
auch nicht so. Wir glauben fest daran, dass es nur
gemeinsam gelingen kann, diesen Planeten zu
retten. Fakt ist aber, dass diverse Teams mit Männern
und Frauen noch die Ausnahme sind, obwohl
so wertvoll.
Das ist unser großes Ziel: Nur in diversen Teams
in Entscheidungsebenen können wir Wirtschaft
nachhaltig gestalten und den Planeten retten.
Dafür braucht es Bereitschaft von allen Seiten.
Und eine Verbundenheit im Geiste. Zwischen allen
Geschlechtern, zwischen Menschen aller Herkünfte,
zwischen allen, die verstanden haben, um
was es geht.
betrifft? Gerade beim Klimaschutz ist das oft ein
Aspekt, der zu kurz kommt und ich kann das verstehen.
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Mein Traum ist, dass alle Jugendlichen ein paar
Monate in den globalen Süden gehen, anstatt zum
üblichen Schüleraustausch. Dort werden sie Kontakte
knüpfen, mit Gleichaltrigen vor Ort sprechen
und verstehen: Fuck, das was ich erlebe, ist die
Ausnahme, nicht die Norm. Und sie werden zu
einer globalen Verbundenheit kommen, die unerlässlich
ist für die Klimaziele. Schon jetzt spüren
die Menschen im globalen Süden die Auswirkungen
unseres egoistischen Lebensstils. Nur wenn
wir deren Leben kennen, wenn wir verbunden sind
mit ihren Erlebniswelten, nur dann können wir
verstehen und werden unser Verhalten ändern.
IM GEISTE VERBUNDEN
Was ist für dich Verbundenheit? Es geht doch nie
darum, wie oft man mit Freunden spricht oder
sich trifft, sondern ob das Gefühl, die Verbundenheit,
gleich bleibt. Verbundenheit ist für mich das
Kriterium, nach dem ich Freundschaft definiere.
Dieses im Geiste Verbundensein.
Verbundenheit kann aber sogar Grenzen überwinden.
Ich erlebe es bei futurewoman.de. gar
nicht selten, dass ich anderer Meinung bin als
einige unserer Expertinnen. Aber Verbundenheit
bedeutet eben auch, einander zu respektieren,
zuzuhören, zu verstehen und andere Meinungen
wertschätzen zu können. Nur das bringt
die Diskussion weiter. Nur so werden wir zum
Ziel kommen. Erst dann, wenn wir Argumente
austauschen, ohne uns dabei an die Gurgel zu
gehen, sondern zielführend miteinander sprechen,
erst dann werden wir ernsthaft Klimaschutz
betreiben können.
Die globale Verbundenheit ist für uns alle meistens
sehr weit weg. Was bedeutet meine Art zu
leben für Menschen im globalen Süden? Was
richte ich hier an, was andere Menschen massiv
Janine Steeger ist ausgebildete Fernsehjournalistin
mit fast 20 Jahren Erfahrung im
TV Bereich vor und hinter der Kamera für
öffentlich-rechtliche wie auch Privatsender.
2015 hat Janine Steeger sich als Moderatorin
und Speakerin auf die Themen Nachhaltigkeit
und Umweltschutz spezialisiert.
www.janine-steeger.de
www.futurewoman.de
25
Wut
Geheime Zutat für gelingende Beziehungen
—
FRIEDERIKE VON ADERKAS MIT SYLVIA GREDIG
W
ut ist gut für unsere Beziehungen! Kaum vorstellbar, wenn du beim
Gedanken an Wut in Partnerschaft oder Freundschaft eher an böse
Blicke und eisiges Schweigen, verletzende Worte, zerstochene Reifen oder
fliegende Teller denkst. Blinde Wut, die Vorwurf, Aggression oder sogar
Gewalt transportiert, zerstört das, was wir in Beziehungen doch eigentlich
suchen, das Verbindende und das Nährende. Es ist diese Schattenseite
der Wut, die durch unbewusstes Agieren, verbale und/oder körperliche
Übergriffe oft Trennungen verursacht.
Die andere Seite der Wut | Ganz anders verhält es sich
mit der Lichtseite der Wut – die uns Wut als nützliche
Lebenskraft erfahren lässt, in allen Lebenssituationen und
besonders in Beziehungen. Oft haben wir schon
in der Kindheit verlernt, die hilfreiche Stimme
unserer Wut zu hören. Durch Eltern, Lehrer*innen
oder andere Bezugspersonen, die uns vermittelt
haben, dass sie unsere Wut nicht wollen, dass sie
uns lieber haben, wenn wir angepasst und nett
sind, wenn wir unsere Wut am besten nicht mehr
zeigen. Wut zu unterdrücken und schließlich gar
nicht mehr wahrzunehmen ist fatal, denn dann
hören wir nicht mehr oder nicht früh genug, was
für uns in einer Partnerschaft, Freundschaft oder
(Arbeits-) Beziehung nicht (mehr) stimmt. Dann
verharren wir entweder viel zu angepasst oder
sehen plötzlich rot und explodieren geradezu, weil
die angestaute und unterdrückte Wut sich unbewusst
Bahn bricht.
Ja sagen zur Wut | Um Beziehungen möglichst
lebendig und authentisch zu gestalten, brauchen
wir die lichte Wut als innere Ratgeberin und Antrieb
für Veränderungen. Nur, wenn wir unsere
Wut wieder zulassen und spüren, erkennen wir,
was für uns nicht stimmt. Dann sehen wir, was wir
wirklich brauchen, welches Bedürfnis wir haben,
und bekommen Hinweise und Ideen, was wir dafür
tun können. Und wir finden in uns die Kraft, das
Unstimmige zu benennen, Wünsche zu äußern
und für Veränderung aufzustehen. Wut dient uns
dabei, uns zu positionieren, Grenzen zu setzen,
Ja und Nein zu sagen und das Miteinander aktiv
zu gestalten. Wenn wir der lichten Seite der Wut
in uns Raum geben, haben wir die geheime Zutat
für gelingende Beziehungen gefunden. Doch wie
geht das konkret?
Mit Wutkraft aus dem Pandemiekoller | Gerade
in Zeiten wie momentan mit Corona haben
viele Familien und Lebensgemeinschaften erlebt,
wie es ist, wenn alle Familienmitglieder oder Mitbewohner
ständig zu Hause sind. Bei Elke und
Pavel mit ihrem zehnjährigen Lucas gelang der
erste Lockdown noch ganz gut, es wurde viel gespielt,
zusammen gekocht, und der Zusammenhalt
gab Kraft in den unsicheren Zeiten. Doch je länger
der Lockdown alle ins Zuhause trieb, desto
schwieriger wurde die Situation für die drei, besonders
bei nasskaltem Wetter. Die offen gestaltete
Wohnung erlaubte nur wenig Rückzugsmöglichkeiten.
Immer öfter gab es Krach, weil einer
den anderen störte. Elke hatte neben der Betreuung
des Distanzlernens des Sohnes und dem
Haushalt das Brot- und Kuchenbacken für sich
entdeckt und ließ jeden zweiten Tag die Küchenmaschine
röhren. Das Museum, in dessen Kunstwerkstatt
sie arbeitete, war geschlossen. Pavel
hatte den alten Plattenspieler seines verstorbenen
Vaters wieder fit gemacht und spielte neben
Homeoffice und Sportprogramm mit Sohn Lucas
am liebsten alte LPs ab. Lucas beschäftigte sich
zum Ausgleich des Homeschoolings und wenn er
mal wieder keine Medienzeitverlängerung bekam
ausschließlich mit Dingen, die auf die ein oder
andere Weise Krach machten, Freestylemusik auf
der Kindergitarre, rasante Würfeltricks, Tennisball-an-die-Wand
werfen zu Harry-Potter-Hörspiel.
Jeder sorgte auf seine Weise gut für sich –
aber im Miteinander lief es gehörig schief.
»Hör endlich damit auf, den blöden Ball gegen
die Wand zu werfen, ich werde noch wahnsinnig!«,
schrie Elke immer öfter und war dann im Nu von
null auf hundert.
»Na wunderbar, endlich mal was Neues. Backst
du schon wieder Brot?«, warf Pavel ihr zynisch
durch die Küchentür zu.
→
27
w u t
»Deine Musik ist so uncool, Papa«,
maulte Lucas. Und für seine Mutter
gab es am Esstisch immer nur Klagen
mit langem Gesicht: »Oh nee,
nicht schon wieder Kartoffeln.«
Es war zum aus der Haut fahren.
Für jeden der drei.
»Du könntest auch mal das Aufräumen
der Küche übernehmen«, regte
sich Elke abends nach dem Essen auf, während
Pavel sich noch mal an Büroarbeit machte.
Alle drei agierten ihre Wut unbewusst aus –
jedoch auf unterschiedliche Art: Elke mutierte
zur Furie, Pavel zum Zyniker und Lucas nörgelte
fast pausenlos über alles, was die Eltern machten
oder von ihm verlangten und ging bald ganz auf
Widerstand.
Im Lockdown kamen bei den Dreien verstärkt
Verhaltensweisen zum Vorschein, die sie auch
schon vorher voneinander kannten. Nur jetzt gab
es kein Ausweichen, keinen Rückzugsort, die
anderen waren ständig da. Die Luft fühlte sich
häufig zum Schneiden an.
Als Lucas das erste Mal fragte, ob er allein in
seinem Zimmer essen dürfe, schauten sich Elke
und Pavel an und nickten sich gleichzeitig zu.
Lucas meckerte nicht über das Essen, ging mit
seinem Teller und einem erleichterten Lächeln in
sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Harry-Potter drang leise, fast schon beruhigend
in den Wohnraum rüber. Elke und Pavel machten
es sich nach dem Essen auf dem Sofa gemütlich
und sprachen sich endlich einmal aus. Wie es
ihnen damit erging, wenn alle immer zu Hause
sind, und wonach sie sich sehnten. »Ich möchte
endlich mal wieder etwas Schönes gestalten, mir
fehlt meine kreative Arbeit in der Werkstatt«,
sagte Elke und spürte, wie ein paar Tränen aufstiegen.
Pavel verstand das. »Ich muss auch mal
für mich sein, wenn ich die alten Platten höre,
kann ich am besten abschalten.«
An diesem Abend war der erste Schritt getan,
um die Familiensituation unter den verschärften
Bedingungen der aktuellen Zeit nicht weiter eskalieren
zu lassen. Stattdessen führten die drei
Veränderungen herbei, die alle Familienmitglieder
entlasteten und gleichzeitig die individuellen
Bedürfnisse anerkannten.
Wut wahrnehmen und Konflikte in Austausch
bringen | Elke und Pavel setzten sich nun einmal
in der Woche mit Lucas zusammen und sprachen
darüber, wie es jedem Einzelnen ging, was jeder
brauchte und wie es gemeinsam umgesetzt werden
konnte. Wahrzunehmen, was sich nicht gut anfühlte,
sich für Besserung einzusetzen und dabei
auch Rücksicht auf die anderen zu nehmen, veränderte
die Stimmung in der Familie völlig. Die
drei trafen neue Absprachen und planten bestimmte
Zeitfenster, die jedem ermöglichten, seine Bedürfnisse
zu befriedigen: Elke backte nun meist,
wenn Pavel und Lucas mit dem Mountainbike
draußen waren – und sie nahm sich fortan samstags
regelmäßig Zeit, um neue Werkstattprojekte
fürs Museum zu planen. Pavel hörte seine LPs über
Kopfhörer, wenn es die anderen störte, und übernahm
wie auch Lucas verschiedene Haushaltsarbeiten.
Lucas aß unter der Woche eine Mahlzeit
am Tag allein in seinem Zimmer und jagte den
Tennisball nur noch selten gegen die Wand.
Für die Klärung solcher Konflikte, die wir alle
auch aus dem Alltag ohne Pandemie kennen,
brauchen wir immer wieder Zeit für Austausch und
Kommunikation. Zeit, in der wir benennen, was
uns stört, und somit vermeiden, dass sich unsere
Wut unkontrolliert ausdrückt. Und ja, es bedeutet
auch mal, eine klare Grenze zu setzen. Wenn ich
Nein zum Verhalten des anderen sage – etwa dem
Kind das Ballspielen in der Wohnung verbiete,
dann ist es sinnvoll zu überprüfen, ob ich das Nein
als Bestrafung einsetze oder um für meine Bedürfnisse
einzustehen. Um mit dem anderen in Verbindung
zu bleiben, benenne ich klar, warum ich
die Veränderung gerade brauche. Gemeinsam
können wir dann überlegen, ob das Ballspielen
draußen, wenn möglich sogar mit dem Nachbarkind
zusammen, nicht auch viel befriedigender ist.
Wir alle brauchen Konflikte, um an ihnen zu
wachsen und uns in unseren Beziehungen nahe
zu kommen. Durch sie lerne ich dich und deine
Sichtweisen kennen. Wut schenkt uns die Klarheit
und Kraft, Konflikte als Chance zu nutzen, für sich
selbst einzustehen und gleichzeitig das Miteinander
zu beleben.
28
Wut-Übung
In 6 Schritten
Beziehungen vertiefen
#1
Wut wahrnehmen
Ich nehme wahr, dass in meiner
Beziehung etwas nicht stimmt, und
finde heraus, was es ist.
#2
Klar kommunizieren
Ich sage dir, was mich stört, was
für mich nicht stimmt.
#3
Offenheit für die Position/
das Interesse des anderen haben
Ich frage dich und höre zu, wie du
die Situation wahrnimmst.
Was dein Antrieb war und welches
Bedürfnis du hast.
#4
Ergebnisoffenheit
Ich mache mir bewusst, dass meine Sicht
nicht die einzig wahre ist.
#5
Die Spannung im
Miteinander akzeptieren
Ich sage ja zu der Spannung
zwischen uns, halte diese aus
und bleibe im Kontakt.
#6
Verbindende Lösung (nach
Abklingen der größten Spannung)
Wir finden gemeinsam Bedürfnisse heraus
und schauen, welche Handlungen/
Strategien notwendig sind, damit diese
erfüllt werden können.
Erinnere dich an eine Situation in den letzten
Tagen, in der du wütend warst und diese Wut
ausgedrückt hast. Hole sie dir vor dein inneres
Auge. Lass sie Revue passieren. — Wie ist die
Situation abgelaufen. Was ist passiert? Wie hast
du deine Wut ausgedrückt und in Kontakt
gebracht. Was hat für dich nicht gestimmt? Was
war das Ergebnis des Wutausbruchs? — Nun
nutze die sechs Schritte als Reflexionshilfe, um
den Konflikt im Nachhinein für dich selbst oder
mit dem involvierten Gegenüber gemeinsam
zu reflektieren.
Herausfordernde Situationen wie in dem Beispiel
oben gibt es im Alltag jeden Tag. Ob in
der Familie, auf der Arbeit, in der Beziehung
oder im Einkaufsladen. Und jede*r von uns
drückt seine/ihre Wut im Kontakt und mit
verschiedenen Gegenübern unterschiedlich
aus. Im Folgenden stelle ich dir neun Wuttypen
vor. Findest du dich in einem oder mehreren
wieder? Anregungen zur Einordnung
findest du durch den Wuttypentest in meinem
Buch ›Wutkraft‹.
Der Nörgler
Die 9 Wut-Typen
Unbewusste Wut-Typen
Wutausdruck: über Negativität und Nörgeln.
Motivation: Aufmerksamkeit auf sich ziehen,
Gruppen dominieren, Mitleid erregen.
Strategie: Opfergeschichten erzählen, Miesepeter
sein, an allem etwas aussetzen.
Beispiel für Gedanken und Äußerungen:
»Ich arbeite am härtesten und verdiene am
wenigsten.«
→
29
w u t
Die Furie
Wutausdruck: ungebremst nach außen, verbal
oder auch körperlich.
Motivation: andere beschuldigen, bezichtigen,
verantwortlich machen. Das Gegenüber durch
Lautstärke und Intensität einschüchtern.
Strategie: Hau drauf, möglichst laut! Zerstört,
was ihr/ihm vor die Finger kommt.
Beispiel für Gedanken oder Äußerungen: »Räum
sofort deinen Mist hier weg oder ich raste aus!«
Der Ignorant
Wutausdruck: durch Schweigen oder Ignoranz.
Motivation: das Gegenüber zappeln lassen, bestrafen
durch Entzug von Aufmerksamkeit.
Strategie: den anderen auflaufen lassen. Im Falle
eines Konflikts, dem Auslöser aus dem Weg
gehen. Das Gegenüber auch über einen längeren
Zeitraum durch Ignoranz missachten.
Beispiel für Gedanken oder Äußerungen: »Der
wird schon merken, was er davon hat.«
Der Aktionist
Wutausdruck: über Handlung und Aktivität.
Motivation: will die eigene Wut nicht fühlen
oder ausdrücken müssen, kontrolliert und
bevormundet andere.
Strategie: nicht lang herumreden, sondern
machen; Wut direkt in Handlung, Kontrolle
umsetzen.
Beispiel für Gedanken oder Äußerungen: »Oje,
wenn die das so machen, das geht ja voll den
Bach runter. Ich übernehme das am besten
sofort, um Schlimmeres zu verhindern.«
Die Klatschtante
Wutausdruck: über Klatsch und Tratsch mit
Dritten.
Motivation: Aufmerksamkeit bekommen und
Allianzen bilden.
Strategie: den Ruf anderer zerstören, andere
bloßstellen, um sich selbst besser zu fühlen;
Konkurrenzgefühle ausblenden.
Beispiel für Äußerungen: »Wie kann man sich
nur trauen, so etwas anzuziehen? Unmöglich,
wie die schon wieder aussieht.«
Der Selbstzerstörer
Wutausdruck: auto-aggressiv, nach innen, innerer
Dialog, selbstverletzendes Verhalten.
Motivation: niemanden außer sich selbst zu
verletzen oder zu kritisieren.
Strategie: Selbstzerfleischung, Selbstzerstörung
(sich selbst körperlich verletzen), entweder
durch Unachtsamkeit oder bewusst, auch aus
Wut irgendwo gegentreten oder mit der Faust
auf etwas draufhauen.
Beispiel für Gedanken und Äußerungen: »Vielleicht
war es doch mein Fehler. Ich habe bestimmt
etwas übersehen.«
Die Heilige
Wutausdruck: zeigt keinen Wutausdruck,
kreiert keinen eigenen Wutausdruck.
Motivation: Harmonie erhalten und Frieden
stiften, von der Wut ablenken.
Strategie: Wut verleugnen, harmonisieren;
lebt nach dem Motto »Wir haben uns alle lieb!«
Beispiel für Gedanken oder Äußerungen:
»Schwamm drüber!«, »Hey, ist doch nicht so
schlimm.«
Bewusster Wut-Typ
Der Zyniker
Wutausdruck: passiv-aggressiv, verbal nach außen,
spitze Kommentare, Sarkasmus, Zynismus,
schwarzer Humor.
Motivation: Gegenüber aus Rache bloßstellen;
andere verletzen, um eigenen Schmerz nicht zu
fühlen; andere herabsetzen; wenn es mir schlecht
geht, soll mein Gegenüber auch leiden.
Strategie: andere verbal fertigmachen, zerstören.
Die anderen sind schuld!
Beispiel für Gedanken oder Äußerungen: »Wie
kann man nur so dumm sein!«
Der Krieger
Wutausdruck: Wut für Handlung und Veränderung
nutzen.
Motivation: Klarheit schaffen und Verbindung
kreieren, in Handlung kommen.
Strategie: Unstimmiges in bewussten direkten
Kontakt bringen; was nicht stimmt, verändern.
Beispiel für Handlungen: Wenn eine Entscheidung
ansteht, zögert der Krieger sie nicht hinaus und
übernimmt Verantwortung für die Konsequenzen.
Podcast »Maas macht Mut« Hör dir auch die
Podcast-Folge mit Friederike von Aderkas
»Warum du öfter wütend sein solltest« an!
Friederike von Aderkas, geb. 1981, ist Dipl.-Pädagogin
und systemische Coachin. In ihren Coachings und
Seminaren unterstützt sie Menschen, ihre Wut besser
kennenzulernen und positiv einzusetzen. Sie ist begeisterte
Gefühleforscherin und nutzt Methoden der GFK
(gewaltfreie Kommunikation), des Possibility Managements
sowie körpertherapeutische Ansätze. Den Suizid
ihres Bruders sieht sie in engem Zusammenhang mit
unterdrückter Wut und hat sich in der Folge intensiv
mit Wut und deren Kraft auseinandergesetzt.
www.wutkraft.de
www.friederikevonaderkas.com
31
IN ZEITEN DER KRISE
FÜREINANDER DA SEIN
Firmen zeigen Solidarität in der saarländischen Initiative Auf! Schwung!
Vor allem Künstler und Kulturschaffende,
aber auch Start-ups und kleine Unternehmen
sind im letzten Jahr durch die Verkettung
unglücklicher Umstände und ohne
eigenes Verschulden in eine existenzielle Krise
geraten. Soweit, dass sie kurz vor der Insolvenz
stehen. Das Geld ist verdammt knapp im Moment,
aber mit der Lockerung des Lockdowns kann es
gleich wieder losgehen. Nur wie schafft man es
durch dieses tiefe Tal?
Andere kommen gut durch diese schwierige
Zeit, weil ihre Branche nicht von der Corona-Lockdown-Welle
erfasst wurde oder vielleicht sogar
zu den Gewinnern gehört. Was liegt da näher, als
sich gegenseitig auf regionaler Ebene zu unterstützen?
Wenn dir das lebendige Bild in deiner
Stadt mit kleinen Geschäften, Kneipen und Kultur
wichtig ist und es dir wirtschaftlich gut geht, dann
kannst du jetzt Solidarität zeigen.
Mit diesem Ziel gründete sich die saarländische
Initiative Auf! Schwung!, die ganz unkompliziert
Unternehmen unter die Arme greift, die gerade
Hilfe brauchen. Diese neue Verbundenheit in der
Wirtschaft könnte auch bundesweit Vorbild für
neues Denken sein.
»Wir müssen uns gerade in der Krise
alle miteinander um die Menschen
kümmern, die allein nicht die Kraft
haben, wieder aufzustehen. Und das
gelingt uns am besten, wenn wir aus
unseren Ideen Zukunft machen.«
32
Diese Zeilen aus dem Buch »Herzblut« von David
Zimmer, Gründer des Unternehmens inexio,
gaben der Initiatorin Marion Bredebusch den Ausschlag
für die Initiative Auf! Schwung!
Zu Beginn der Corona-Zeit gründete sie bereits
»Marions Herzenstalk«, um den Menschen mit
positiven Nachrichten Mut zu machen. Doch instinktiv
wusste sie auch während ihrer eigenen
Suche nach Herzensinvestoren für diesen Talk,
dass es um etwas viel Größeres ging, denn vielen,
die durch Corona mit dem Rücken an der Wand
standen, musste finanziell möglichst schnell geholfen
werden. Es sollte nicht um die Idee des
Investierens gehen, sondern darum, Unternehmen
zu finden, die von Herzen gerne geben –
ohne Gegenleistung, ohne Bedingung.
Als Marion Bredebusch im Dezember 2020 das
Buch von David Zimmer las, wusste sie, dass sie
vielen kleinen Unternehmen, die eben allein nicht
die Kraft haben, wieder aufzustehen, »Zukunft
machen wollte«. Sie sprach mit einigen klugen
und kritischen Köpfen, die ihr von einem ähnlichen
Projekt für den Kulturbereich berichteten,
das gescheitert war. Dies half ihr, einiges klarer
zu sehen: Es sollte möglichst niedrigschwellig
sein, keine Jury haben, die entscheidet, wer berechtigt
ist, Geld zu bekommen, oder wem wie
viel Geld zufließen darf. »Was machst du, damit
die Nehmenden nicht nachher Fördermittel zurückzahlen
müssen?« Auch solche Fragen halfen
ihr weiter, denn es geht schließlich um das Prinzip
der Selbstverantwortung.
RAUS AUS DER KRISE
Der drohenden Insolvenzwelle etwas entgegenzusetzen,
damit ALLE gut durch die Coronakrise
kommen, genau darum geht es in diesem Projekt.
Im Januar suchte Auf! Schwung! kreative Menschen
zur Unterstützung, im Februar bereits gab
es die Seite www.aufschwung.de, im März hatten
sie 80.000 Euro gesammelt und im Augenblick
finden sich täglich weitere Gebende und Nehmende.
Quer durch alle Branchen geben große und
mittelgroße Unternehmen, denen es gut geht,
Geld, um die kleinen Betriebe, freiberuflich Tätige,
Selbstständige und den Mittelstand zu retten. Die
Gebenden suchen sich auf dieser Plattform aus,
wem sie wieviel geben wollen. Besonders wertvoll
ist, dass immer wieder einige sagen: Ich fange mit
diesem an und nächsten Monat suche ich mir weitere
aus. Oder ein Unternehmer, der selbst Musiker
ist, suchte sich eine Band aus. Schon jetzt
reift die Idee, dass sich alle auf einem Auf!
Schwung!-Event persönlich begegnen und zusammen
auf der Bühne stehen werden.
Das Projekt ist sehr einfach und unbürokratisch
zu realisieren und lässt sich bestimmt auch auf
andere Regionen übertragen. Denn überall gibt
es Menschen und Unternehmen, die Hilfe benötigen,
und ebenso oft Menschen und Unternehmen,
die so dankbar dafür sind, dass sie von den
Umsatzeinbußen verschont blieben, dass sie sehr
gerne und von Herzen Unternehmen in Not unterstützen.
Marion Bredebusch: »Meine zwei größten Erkenntnisse
neben den vielen kleinen, berührenden
Begegnungen und Geschichten dazwischen
sind: Menschen freuen sich in diesen Zeiten schon
über 500 Euro und sind dankbar. Erfolgreiche
Unternehmerinnen und Unternehmer geben von
Herzen gerne, ohne Bedingungen, einfach weil
es um Zusammenhalt geht.«
Was kannst du heute tun, um die Welt für morgen
besser zu machen?
EINFACH GEBEN, EINFACH NEHMEN
Saarländische Firmen packen gemeinsam
an. Das Projekt setzt auf Vertrauen und
Selbstverantwortung. Wer teilnehmen
möchte, als Gebender oder als Nehmender
nimmt Kontakt mit den Initiator*innen auf
oder schaut direkt in das Verzeichnis von
Gebenden und Nehmenden auf der
Website.
www.aufschwung.de
33
In Resonanz gehen.
Miteinander Instrumentsein!
—
HELGE BURGGRABE
GEDANKEN UND IMPULSE EINES KOMPONISTEN
Community, Gemeinschaft. Sehnsucht nach Begegnung,
Berührung und Verbundenheit. Schmerzlich
spüren wir besonders jetzt in der Abstinenz, was uns
fehlt, wenn wir »auf Abstand sind«. Wir sind wie Musikinstrumente,
die seit Längerem nicht mehr gespielt
wurden. Wie eine Flöte oder Geige, die auf dem Dachboden
in einem leicht angestaubten Kasten liegt und
davon träumt, endlich wieder klingen zu dürfen und
in Resonanz zu gehen mit anderen Instrumenten.
Als Komponist und Musiker habe ich immer das Ziel,
das Potential einzelner Instrumente aufblühen zu lassen
und im Zusammenklang vieler Instrumente neue Resonanzräume
zu eröffnen.
So ist es auch mit meiner neuen Komposition, der
HUMAN Suite für Orchester und Percussion. Sie ist
eine sechzigminütige, kreative Hommage an die
Menschenrechte und »Grundmelodie« des HUMAN
International Culture Project (www.human-project.
net). Von den 13 einzelnen Musiksätzen ist das Finalstück
»Community« der Gemeinschaft, dem Verbundensein
gewidmet.
Die Komposition entstand im Frühjahr 2020 in der
Zeit des ersten Lockdowns und ich fragte mich, wie
lebensfreudige und zugleich zerbrechliche Dimensionen
von Gemeinschaft und von Verbundensein mit allem
Leben in Musik ausgedrückt werden können. Wie könnte
Albert Schweitzers »Ich bin Leben, das leben will,
inmitten von Leben, das leben will« von einem Orchester
erzählt werden? Schnell kamen mir Bilder
eines großen Lebensfestes mit vielen unterschiedlichen
Gästen und einer Atmosphäre von Leichtigkeit
und Freude.
Zu Beginn »ruft« daher die Oboe die anderen herbei,
eine Gemeinschaft beginnt zu wachsen, die immer
ausgelassener das Leben feiert wie ein Fest. Alle Musikerinnen
und Musiker der HUMAN-Suite treten noch
einmal auf, von den Holzbläsern über die Blechbläser
und Streicher und das Klavier bis zu den Perkussionisten
mit ihren vielen Instrumenten. Miteinander künden sie
alle von der Großartigkeit und Zerbrechlichkeit von
Gemeinschaft, von der Kraft gemeinsamer Lebensfreude,
der Leichtigkeit und Sicherheit des Getragen-
34
seins, der Energie des miteinander Verbundenseins! Miteinander
zutiefst verbunden zu sein stärkt, fordert heraus
– und weist über das Sichtbare hinaus.
JEDE UND JEDER IST INSTRUMENT
Denn in jedem Menschen träumt eine Lebensmelodie, die
geweckt werden möchte. Sie entspringt der Sehnsucht,
zutiefst erkannt zu werden und sich selbst-bewusst zu sein.
Musik ist für mich somit auch eine wesentliche Tür, mit
dem Heiligen und letztlich »Nichtnennbaren« in Berührung
zu kommen. Musik kann den Raum für eine Erfahrung
öffnen, die wir Menschen – egal in welcher Kultur und
Religion wir verankert sind – auf unseren Lebenswegen
suchen: sich selbst als Teil der Schöpfung, als Teil des
großen Ganzen zu erleben. Die indische Formulierung
»Nada Brama« – die Welt ist Klang – bringt es auf den
Punkt. Nicht überraschend ist es daher, dass die Musik in
allen Jahrhunderten eine wesentliche Rolle bei kultischreligiösen
Ritualen einnimmt, also bei dem Versuch, mit
dem Transzendenten in Resonanz zu kommen. Musik ist
sowohl eine universelle Ausdrucksform als auch seit jeher
eine Möglichkeit, sich selbst als ein Instrument zu verstehen
und zu erleben, wie es in vielfältiger Weise in
Resonanz mit der sichtbaren und unsichtbaren Mitwelt
schwingt.
In diesem Sinne sind wir einerseits eingeladen und
aufgefordert, uns stets neu – wie ein Musikinstrument
– im Bewusstsein einstimmen zu lassen, dass die große
Symphonie des Lebens von einer größeren Kraft gespielt
wird und unvorhersehbar ist. »Es sind nicht wir, die durch
das Leben gehen, es ist das Leben, das durch uns geht«,
stellt der Sufimeister Hazrat Inayat Khan treffend fest.
Andererseits nährt sich – angesichts der gravierenden
globalen Herausforderungen – aus diesem Verständnis
heraus der Aufruf gleichermaßen, individuell wie gemeinsam
»für das Leben, inmitten von Leben, das leben will«
einzustehen. So ist im Zusammenhang mit der HUMAN-
Komposition ein Text entstanden mit dem Titel: ES IST
ZEIT. Ein träges »Weiter so« funktioniert nicht mehr,
das führt die Corona-Pandemie noch einmal deutlich
vor Augen. Es ist Zeit für Veränderung!
Daher rufen die HUMAN-Musik und das Projekt dazu
auf, die eigene Lebensweise und Lebenshaltung neu zu
gestalten, die Prioritäten vom Haben zum Sein auszurichten.
Die Veränderung beginnt bei jeder und jedem
Einzelnen, wie Musikinstrumente, die sich neu stimmen,
um dann mit ihrer Melodie einen stimmigen Teil zum
großen Klang der Schöpfung beizutragen.
ES IST ZEIT
einfacher zu leben
dann wächst von alleine das Bedürfnis
alles Überflüssige, Anmaßende und
Verschwenderische loszulassen
äußeren Reichtum in inneren Reichtum
zu verwandeln und das Glück
im Einfachen zu finden.
ES IST ZEIT
achtsamer zu leben
dann wächst von alleine die Sehnsucht
wacher im Augenblick zu leben
und das Große im Kleinen zu sehen
anderen Menschen und der ganzen
Schöpfung mit offenem Herzen zu
begegnen und tiefe Liebe, Mitgefühl und
Dankbarkeit für das Leben zu entwickeln.
ES IST ZEIT
bewusster zu leben
dann wächst von alleine die Tatkraft
eigene Verhaltensweisen zu überdenken
und zu ändern entschieden einzutreten für
ein gerechteres Miteinander ohne
Ausgrenzung und aufzustehen für eine
lichtvollere Welt.
ES IST ZEIT
Helge Burggrabe
→
35
IV
Sisterhood
Brotherhood
III
Equality
II
Liberty
Themen der HUMAN-Suite
V
Love
I
Needs
INTERNATIONAL CULTURE PROJECT
Concept: Helge Burggrabe
Birth
VI
Home
Death
VII
Protection
VIII
Work
IX
Recreation
X
Creativity
XI
Community
Als Einstieg in das Komponieren und um eher spielerisch
in die großen Themen der HUMAN Musik einzutauchen,
schrieb Burggrabe in den Raunächten
2018/2019 an zwölf Tagen hintereinander jeweils frühmorgens
Bilder zu den 13 Themen. Die Bilder für jedes
Thema loten die jeweiligen Gegensätze und Spannungen
aus wie Freiheit/Unfreiheit oder Heimat/Heimatlosigkeit
oder Gemeinschaft/Isolation und dienten ihm
fortan als Inspiration für die Komposition.
Community Dance-Premiere
28. und 29. August 2021
Theater Bremen
HUMAN International Culture Project
‚Herz‘ des Projektes ist die HUMAN Suite für Orchester
und Percussion von Helge Burggrabe , die vom Label
Berlin Classics/Neue Meister auf CD eingespielt wurde.
Das Werk folgt einem Lebenskreis, beginnt mit der
Geburt, wird umschlossen vom Tod, es thematisiert 11
Grundthemen und Sehnsüchte, die Menschen aller
Generationen, Kulturen, Lebensumstände und Weltanschauungen
auf dieser Erde miteinander verbinden.
Musikalisch ‚zu Wort kommen‘ u.a. – neben Gemeinschaft
– auch Geschwisterlichkeit, Freiheit, Heimat,
Schutz, Liebe oder das Recht auf Arbeit und das auf
Erholung. Die Musik lädt ebenso zur Umsetzung in Tanz
wie zu einer facettenreichen Beschäftigung mit Grundthemen
des Mensch-Seins vor allem auch in Schulen
ein: Die Einbindung der HUMAN Musik/einzelner
Musikstücke ist in vielen Unterrichtsfächern möglich,
sie kann zu Projekttagen oder einer Projektwoche anregen,
die mit einer Community Dance-Aufführung
abgerundet werden. Mit einem Konzert oder einer
Konzertlesung (z.B. mit Texten zur Menschenrechtsthematik)
können Orchester eindrucksvolle Akzente
für mehr Menschlichkeit setzen. Tanzkompanien
und Ballett-Ensembles haben mit der Musik vielfältige
choreografische Möglichkeiten für eigene
Inszenierungen.
HUMAN Konzertpremiere
26. September 2021
Großer Saal der Philharmonie, Berlin
Helge Burggrabe, Als Komponist und künstlerischer Leiter
von Kulturprojekten wie dem HUMAN International Culture
Project interessiert Burggrabe (*1973) die Synergie von
Kunst, gesellschaftlichen Themen und einer interreligiösen,
offenen Spiritualität. Dabei entstehen Werke, die durch
ihren synästhetischen Ansatz alle Sinne ansprechen und
unterschiedliche Kunstsparten wie Musik, Tanzchoreografie
und Lichtkunst miteinander verbinden. Eine große Rolle
spielt bei Burggrabes Seminaren das Entdecken und Entfalten
der Stimme. Dazu komponierte er einen Liederfundus, der die alte Gesangstradition
der Klöster und Gemeinschaften in neuer Weise fortführt. Die ein- bis
vierstimmigen Gesänge umkreisen das Heilige wie »gesungene Gebete«, lebendig
und kraftvoll oder in die Meditation und Stille führend.
www.burggrabe.de
www.human-project.net
36
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37
WARUM ES SO WICHTIG IST,
DICH MIT JEDEM
UND ALLEM ZU VERBINDEN
—
JOHN STRELECKY
38
Unsere Fähigkeit, uns zu verbinden,
ist oftmals entscheidend dafür, ob wir
das Leben leben, das wir gerne leben
würden. Obwohl diese Fähigkeit so
wichtig ist, schenken wir ihr wenig
Aufmerksamkeit in unserer Ausbildung
des Lebens. Es gibt kein Fach
namens ›Verbindung‹ in der Schule
und die meisten Menschen haben über
das Thema ›Verbindung‹ noch nie ein
Aufklärungsgespräch von ihren Eltern
erhalten. Wir haben hier oft eine Wissens-
und eine Erfahrungslücke, die
uns im Leben zurückhält.
Versuchen wir also, diese Lücke
mit 4 ganz konkreten Vorschlägen für
Verbundenheit zu schließen:
1. Verbinde dich mit dem,
was dir Spaß macht!
Bei der endlosen Flut an Informationen
und Anfragen, die täglich auf uns
hereinprasseln, ist es ziemlich leicht,
die Minuten unseres Lebens mit Dingen
zu verbringen, die uns gar nicht
viel bedeuten. Zum Beispiel lassen wir
uns oft ablenken von Werbeanzeigen
für Dinge, die wir weder brauchen
noch wollen. Oder erhalten Teilnahmeanfragen
für Veranstaltungen, die
uns gar nicht interessieren. Oder
Menschen wollen uns dazu bewegen,
ihrem Leben zu folgen, anstatt unser
eigenes zu leben. Es ist ziemlich einfach,
in diese Welt hineingesogen zu
werden, die vom ersten Moment des
Aufwachens bis zum Moment des Zu-
Bett-Gehens dadurch bestimmt wird,
was sich in unserem Email-Eingang, in
den Handynachrichten oder im Social-Media-Feed
befindet.
Dies muss jedoch nicht so sein. Mit
ein klein wenig bewusstem Denken
und einer minimalen Anstrengung
können wir uns stattdessen mit etwas
verbinden, das unser Leben interessant,
spannend und vergnüglich macht.
Wenn wir dies tun, dann geschehen wunderbare Dinge. Zunächst
einmal können wir mehr Minuten des Lebens als ›sinnvoll‹
verbuchen. Allein das sollte die Anstrengung wert sein.
Darüber hinaus inspirieren wir jedes Mal, wenn wir uns mit dem
verbinden, was uns Spaß bereitet, auch andere, es uns gleich zu
tun. Es ist also nicht nur gut für uns, sondern auch für andere,
ein guter Deal also.
Dahin zu kommen, ist einfacher, als wir denken. Zunächst geht
es darum herauszufinden, was für uns persönlich ›Spaß‹ bedeutet.
Wir können uns zu Beginn mal daran erinnern, was uns große
Freude bereitete, als wir Kinder waren. Vielleicht war es Fahrrad
fahren, eine bestimmte Sorte Comics oder Romane lesen,
Kekse backen oder Spiele mit Freunden spielen. Vielleicht war
es auch etwas ganz anderes. Stell dir einfach eine kleine Liste
von 5 Dingen zusammen und schreibe dir bei jeder Sache auf,
warum du sie als Kind so toll fandest.
Als Beispiel für das Warum könntest du dich fragen: Konntest
du dadurch neue Orte sehen, über körperliche Grenzen hinausgehen
oder Freiheit erleben? War es etwas, das deine Kreativität
gefördert, deinen Geist für neue Realitäten geöffnet oder dich
mit anderen Menschen verbunden hat?
Sobald du deine Liste fertiggestellt hast, nimm dir während
der nächsten Wochen Zeit, genau diese Dinge nochmal als Erwachsener
zu tun. Oder probiere zumindest etwas aus, was dem
Warum von damals entspricht. Die Verbindung zu dem, was dir
früher einmal Spaß gemacht hat, löst nicht nur neue Fun-Momente
aus, sie wird auch deinen Geist offener machen für andere
Dinge, die du gerne tun, sehen und erleben würdest.
2. Verbinde dich mit deiner Herde!
Auf dem ganzen Planeten gesellen sich Tiere immer zu ähnlichen
Tieren. Von den Karibus in Alaska bis hin zu den Seelöwen
in Namibia gehört es zum natürlichen Flow der Tiere, in Verbindung
mit anderen zu sein. Nachdem du deine Liste im ersten
Schritt zusammengestellt hast, hast du schon einen riesengroßen
Sprung gemacht und kannst nun fantastische Verbindungen zu
deiner Herde knüpfen. Bist du fasziniert von Origami, dieser japanischen
Art des Papierfaltens? Brennst du für alte Schwarz-
Weiß-Filme aus den 40er Jahren? Ist Gesellschaftstanz genau
dein Ding?
Nun, wenn dich eine von diesen oder irgendeine andere der
Abermillionen von Aktivitäten interessiert und dir Spaß bereitet,
es gibt immer eine Gemeinschaft von Menschen, die die gleichen
Vorlieben haben, und du kannst dich mit ihnen verbinden!
Gerade jetzt haben wir mehr als je zuvor gute Möglichkeiten,
→
39
wa ru m es so wi c h t i g ist…
uns mit Menschen zu verbinden, nicht weil sie sich in unserer
unmittelbaren geographischen Nähe befinden, sondern weil sie
das Gleiche im Leben bewegt und inspiriert.
Wenn wir unsere Herde einmal gefunden haben, kann dies
unser Leben komplett verändern. Wir haben dann immer eine
Anlaufstelle, wo wir hingehen können, wo uns die Menschen
verstehen, ähnliche Dinge wertschätzen und auch oftmals eine
ähnliche Sprache sprechen, wobei die Sprache hier weit über das
hinausgeht, was wir gewöhnlich darunter verstehen. Die Herde
führt uns zudem kraftvoll vor Augen, dass wir nicht allein sind.
Wenn wir unsere Herde aufgrund der Dinge auswählen, die
für unser Leben wichtig sind, wie z. B. wer wir wirklich sind, was
wir am meisten genießen oder was unsere größten Wünsche und
Sehnsüchte sind, dann fühlen sich diese Verbindungen auch
nicht wie weitere Verpflichtungen oder leerer Zeitvertreib an.
Im Gegenteil, sie bringen enormen Mehrwert für unser Leben!
3. Verbinde dich mit
deinem höheren Zweck!
Jedes Leben hat einen Zweck. Für manche Menschen ist der
Zweck etwas, zu dem sie sich schon immer hingezogen fühlen,
solange sie denken können. Für andere ist es etwas, das sie nach
sorgfältiger Überlegung und tiefem Ergründen ausgewählt haben.
Oft hängt dieses Ergründen mit der Frage »Warum bin ich
hier?« zusammen, über die ich viel in meinem Buch Das Café
am Rande der Welt spreche.
Es ist absolut spannend, unseren Zweck zu kennen und zu erfüllen.
Auf der einen Seite verleiht er unserem Leben Bedeutung.
Es ist genau das Gegenteil von einem Leben sinnloser Ablenkungen.
Wir wachen morgens auf und wissen nicht nur genau, was
zu tun ist, sondern wir fühlen uns darüber hinaus auch tief verbunden
mit dem, wie wir unser Leben gestalten. Diese Freude
und dieses Gefühl von Zufriedenheit, das wir fühlen, wenn wir
unseren Zweck vollkommen leben, kann uns eine tiefe Erfüllung
bringen wie nichts anderes.
Zugleich kann jedoch die Weite des Lebens auch das Gefühl
von Sinnlosigkeit mit sich bringen. Zum Beispiel ist es egal, wie
ambitioniert und fokussiert ein Arzt unterwegs ist, es wird immer
noch Krankheiten geben. Egal wie liebevoll und fürsorglich wir
zu unseren Kindern, Partnern oder anderen Menschen, die uns
am Herzen liegen, sind, es wird immer Herausforderungen geben
und nicht alles wird sich wiederherstellen lassen.
Genau deshalb sind die Vorschläge in Nummer 1 und 2 so
wichtig. Zu wissen, woran wir Spaß haben und diesem dann
auch Rechnung zu tragen, hält uns in der Balance. Es bietet uns
eine Perspektive und hilft uns, wieder auf die Beine zu kommen,
wenn wir uns niedergeschlagen fühlen.
Es bringt auch unsere Bestrebungen
weiter nach vorne, denn ein Leben,
das zwar einen Zweck hat, jedoch
ohne Spaß verläuft, ist wie eine Aufgabe,
die man übertragen bekommt,
sie jedoch gar nicht wirklich ausführen
will, und das Ergebnis ist dann
keinesfalls nachhaltig.
Unsere Herde zu kennen ist genauso
wichtig. Sie schenkt uns Schultern
zum Anlehnen, wenn wir verzweifelt
sind. Sie schenkt uns Freunde, mit
denen wir lachen können über Dinge,
die der Rest der Menschheit gar nicht
verstehen würde. Sie bringt uns Menschen,
die genauso leidenschaftlich
sind wie wir, wenn es darum geht unseren
Zweck zu erfüllen.
4. Verbinde dich mit
jedem und allem!
Wenn wir uns mit dem Spaß, der Herde
und unserem Zweck verbinden, dann
geschieht etwas Wunderbares. Wir
sehen die Welt auf einmal ganz anders.
Die Frustrationen, Ärgernisse,
Hindernisse und Grenzen, die sonst
unsere Sicht dominierten, beginnen
sich langsam aufzulösen.
Plötzlich wünschen wir auch anderen
von ganzem Herzen, dass sie das
finden mögen, was ihnen Spaß und
Freude bereitet, ihre Herde und ihren
Zweck des Lebens. Und wenn ihre
Vorstellungen dabei anders sind als
unsere, dann fühlen wir uns nicht eingeschüchtert,
verärgert oder verängstigt.
Denn trotz dieser Unterschiede
erkennen wir in ihnen den gleichen
Geist, der auch in uns ist.
Diese neue Bewusstheit eröffnet
uns ganz neue Möglichkeiten, uns
mit dem Energiefluss des Lebens zu
verbinden, der jeden und alles in diesem
Universum durchströmt. Dies
40
führt so weit, dass egal, ob es sich um eine warme
Brise im Gesicht handelt, um eine winzige Blume
im Wald, um einen Vogel am Himmel, um ein
schaukelndes Kind, um einen Fremden auf einem
Foto eines entfernten Ortes oder um den
ganzen Planeten – wir fühlen uns verbunden.
Und das ist etwas Schönes.
DIE SEMINARE NACH DER PHILOSOPHIE
VON JOHN STRELECKY IN DEUTSCHLAND,
DER SCHWEIZ UND ÖSTERREICH!
Die Geschichten vom ›Café am Rande der Welt‹ und
›The Big Five for Life‹ haben weltweit bereits
Millionen von Menschen inspiriert, ein glückliches
und erfülltes Leben zu führen.
INTRO-SEMINAR
Hier beginnt die Safari Deines Lebens
Im Intro-Seminar begibst Du Dich auf die Spur zu dem,
was wirklich wertvoll und bedeutsam für Dich ist.
———
DISCOVERY-SEMINAR
Hier findest Du Deine Big Five for Life
Im Discovery-Seminar gehst Du auf Entdeckungsreise
und findest Deine Big Five for Life.
———
DO-IT!-SEMINAR
Hier entdeckst Du Deinen Zweck der Existenz
Im DO-IT!-Seminar folgt der krönende Abschluss.
Du findest Deinen Zweck der Existenz, die Antwort
auf die Frage: »Warum bin ich hier?«
———
John P. Strelecky ist Nr. 1 Beststeller-Autor
von ›Das Café am Rande der Welt‹ sowie der
›The Big Five for Life‹-Serie. Mehr über seine
Arbeit und wie du deine eigene Version eines
wundervollen Lebens entdeckst und lebst,
findest du unter
www.johnstrelecky.com
LEADERSHIP-SEMINAR
Hier erfährst Du, was in der Führung wirklich zählt.
Im Leadership-Seminar geht es um Dich als
»Kulturbereiter«, der eine gute und solide Basis
für alle Mitreisende schafft. Inspiriert von dem
Buch »The Big Five for Life« entwickelst Du neue
Führungsansätze, die Du in Zukunft leben und
in Deine Firma integrieren wirst.
———
ONLINE-SEMINARE
Entdecke Deine Big Five for Life,
egal wo Du bist auf der Welt.
Alle unsere Seminar finden auch ONLINE statt.
Inhaltlich sind diese gleich aufgebaut wie die
Präsenzveranstaltungen und werden live
von einem Big Five for Life-Coach moderiert.
MEHR INFOS & BUCHUNG UNTER
WWW.BIGFIVEFORLIFE-SEMINAR.COM
SOMMERSONNENWENDE
Die Zeit der Fülle und des Feierns beginnt!
—
CHRISTINE FUCHS
42
Am 21. Juni ist der längste Tag des Jahres, die kürzeste
Nacht – die Sonne auf ihrem Höchststand – die Natur
auf ihrem Höhepunkt: Was für eine überaus erfüllende
Jahreszeit! Die Beerenzeit beginnt, das Gemüse gedeiht
und das Herz aller Kräutersammler schlägt jetzt höher
angesichts dieser grünen Vielfalt. Im dämmernden Abendlicht
flitzen Fledermäuse durch die Gegend und mit viel Glück lässt
sich sogar der Lichterzauber von Glühwürmchen entdecken.
Wie an der Wintersonnenwende treffen Licht und Dunkelheit
jetzt in einem besonderen Moment aufeinander. Am 21. Dezember
wird das Licht dann geboren, wenn die Dunkelheit am größten
ist. An der Sommersonnenwende am 21. Juni ist der Tag, an dem
das Licht seine größte Ausdehnung erreicht hat, die Dunkelheit
gewinnt bereits wieder unmerklich an Kraft, die Tage werden
wieder kürzer.
Unserem Gefühl will das so noch gar nicht
entsprechen. Denn wir haben den Eindruck,
dass der Sommer jetzt erst so richtig in Fahrt
kommt. Deswegen – und das gilt für alle Jahreskreisfeste
– sind sie kein punktuelles Highlight,
das nur an einem einzigen Tag im Jahr
gefeiert werden darf. Vielmehr sind sie ein
Auftakt, ein Kickoff, für eine ganz bestimmte
Qualität im Jahr, die wir über vier bis sechs
Wochen nutzen können mit Ritualen, Bräuchen,
Tranceübungen und Meditationen – bis zum
nächsten Jahreskreisfest, das uns dann wieder
einen anderen Fokus schenkt.
Nichts hält uns jetzt mehr in den eigenen
vier Wänden, wir genießen laue Sommerabende
und sitzen so viel und lange wie möglich draußen
auf Balkon, Terrasse, im Garten. Die Einschränkungen
der letzten Monate hängen uns
noch in den Knochen. Sehnsüchtig werden
Lockerungen erwartet, um diese besondere
Zeit des Jahres gemeinsam mit Familie und
Freunden im Freien zu genießen. Gerade in
solchen herausfordernden Zeiten zeigt sich die
Natur uns gegenüber wieder in all ihrer Großzügigkeit:
Ihre Tür steht immer offen! Wieso
also nicht die Sommersonnenwende mit Rucksack,
Decke und Picknickkorb mit den Liebsten
in freier Natur begehen? Vielleicht wagen wir
sogar etwas Neues: Eine Übernachtung im Freien mit
Blick auf das noch leise glimmende Lagerfeuer?!
Die Sommerzeit hält jedoch beides für uns bereit
– Ausgelassenheit und Pflicht. Wir spüren eine
ausgeprägte Daseinsfreude, fühlen uns verbunden
mit den Menschen, die wir gerne haben, und wollen
mit ihnen gemeinsam die vielfältigen Möglichkeiten
dieser Jahreszeit teilen. Gleichzeitig kennt jeder,
der auch nur den kleinsten Garten sein Eigen nennt,
die Verantwortung, alles zu hegen und zu pflegen,
was jetzt in einer überbordenden Fülle sprießt, und
auch noch rechtzeitig zu ernten und zu verwerten.
Wie ein Pendeln zwischen Verpflichtung und Ausgelassenheit
nehmen wir das wahr, wobei die Verbindung
mit unseren Pflanzen und der Natur immer
im Vordergrund zu stehen scheint.
SOMMERSONNENWENDE FRÜHER UND HEUTE
Auf Spurensuche nach den Bräuchen unserer Vorfahren
treffen wir immer auf die starke Verbundenheit,
die sie zur Natur spürten. Diese Verbindung
wurde mit starken, symbolträchtigen Ritualen gefeiert,
die den Menschen kulturelle und spirituelle
Heimat waren. So war der Kranz aus Johanniskrautblüten
im Haar der jungen Mädchen die Dating-
Plattform unserer Ahninnen: In den leuchtenden
Blüten sollte sich beim nächtlichen Orakeln der
zukünftige Liebste zeigen.
Verliebte Paare, die sich beim Tanz unterm Maibaum
bereits gefunden hatten, beabsichtigten mit
dem traditionellen Sprung über das Feuer, dessen
→
43
s o m m e rs o n n e n w e n d e
Kraft und lodernde Leidenschaft in die Beziehung
zu holen. Ein Gürtel aus Beifuß um die Lenden
geschwungen sollte das körperliche Feuer der
Liebe anheizen, denn nur so konnte sich Nachwuchs
einstellen. Im Kreis um das Feuer sitzend,
den aufsteigenden Rauch interpretierend, das von
Frauen mit psychoaktiv wirkenden Zutaten gebraute
Bier trinkend, Geschichten lauschend und
die Lieder ihrer Ahnen singend – das waren die
verbindenden Elemente eines solchen Festes, das
Zugehörigkeit vermittelte und die Gemeinschaft
stärkte.
In den letzten Jahren nimmt die Erinnerung an
die ursprüngliche Bedeutung wieder enorm an
Fahrt auf. Vielleicht leben sogar in den fröhlichen
und ausgelassenen Grillpartys im Garten die einstigen
Bräuche wieder auf: Neue Menschen lernen
sich kennen, die Vertrauten begegnen sich wieder.
Das Feuer im Grill mitsamt seinen Zutaten darauf
wartet mit einer geradezu magnetischen Anziehungskraft
auf. Alle genießen die Fülle an bunten
Sommersalaten und leckeren Beeren-Nachtischen.
Eine offene Feuerstelle lädt ein zum langen Beisammensein
und Austausch über dies und jenes.
Denn das Feuer als traditionelles Ritualelement
berührt uns in zweifacher Hinsicht: Wir würdigen
die Magie dieses Elementes als Symbol der Sonne.
Und wir nähren Geist und Seele durch die praktischen
Handhabungen, wenn wir Feuer machen
und in die Glut schauen. Der Effekt öffnet ein Feld,
in dem wir uns in einer tiefen und uralten Ver-
bindung begegnen können, so wie es unsere Ahnen
taten – und jenseits von aktuellen Diskursen und
Verschiedenheiten.
WIE KÖNNEN WIR AUF SEELISCH-SPIRITUELLER
EBENE DIESE QUALITÄT NUTZEN?
Am Zeitpunkt der Sommersonnenwende wird auf
dem Höhepunkt des Lichtes der Umschwung bereits
eingeleitet. Die Nächte werden ganz langsam
wieder länger. Wir sind jedoch noch umgeben von
Fülle und Reichtum in der Natur. Die Sonne hat
ihren Höhepunkt erreicht, die strahlende Kraft
lässt uns noch luxuriöse Üppigkeit genießen. Alle
Sinne werden angeregt. Schöpferische Energien
und Kräfte werden geweckt. Wir geben und nehmen,
alles ist im Überfluss vorhanden.
Im gleißenden Licht der Sonne wird jedoch auch
alles erhellt, auch das Verborgene. Das regt an,
einen kritischen Blick auf Lebensumstände zu
werfen, die dem Wachstum nicht mehr dienlich
sind – oder es womöglich behindern und einschränken.
Wir tun uns schwer, der Wahrheit ins
Auge zu sehen und uns einzugestehen, dass bewährte
Problemlösungen nicht mehr taugen. Denn
wenn wir ehrlich sind, können wir den lauten Ruf
der Veränderung, des Umkehrschwungs, nicht
mehr überhören. Wir fürchten uns jedoch davor,
Vertrautes zu verlassen, selbst wenn es den inneren
Regungen entspricht. Die Angst vor dem, was
Entdecke das Räuchern für
Deinen spirituellen Alltag
• Räucherausbildung
• Onlinekurse: Hausräucherung
• Zoom: Jahreskreisfeste zelebrieren
• Räuchersortiment
Christine Fuchs
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danach kommen könnte, ist zu groß, denn auf dem
neuen Terrain kennen wir die Spielregeln nicht.
Doch damit stehen wir uns oft selbst im Weg. Es
ist eine Geste der Liebe zu sich selbst, sich die
Wahrheit einzugestehen, selbst wenn sie unangenehm
ist und Veränderungen nach sich zieht.
Zur Sommersonnenwende und deren Qualität
gehören auch die Aspekte Reife und Geduld. Dinge,
die sich in der Umsetzung befinden, geerntet
oder aufgelöst werden wollen, bedürfen der Reifung
und diese fordert oft mehr Geduld als wir
aufbringen können.
Diese Aspekte werden durch die aktuelle jahreszeitliche
Energie begünstigt und es fällt uns jetzt
leichter, Antworten auf die entsprechenden Fragen
zu finden:
Wo gilt es, etwas zu klären, zu bereinigen
und zu verabschieden, wo ich mich seither
gescheut habe, genauer hinzuschauen?
Wo nehme ich in meinem Leben im gleißenden
Licht der Sonne Schatten wahr?
Wie müsste ich mich selbst anderspositionieren,
damit der Schatten nicht länger eine
Blockade ist?
Wie kann ich lernen, mich besser um die
Erfüllung meiner inneren, vielleicht auch
kindlichen Wünsche zu kümmern?
Wo darf noch etwas reifen, wo ist noch
Geduld von mir gefordert?
Wodurch kann der Austausch in meinen
Beziehungen bereichert werden?
Wo ist Fülle in meinem Leben? Was verbinde
ich damit? Was bedeutet das für mich?
Diese Fragestellungen lassen sich wunderbar begleiten
mit einer Räucherung. Als Räucherstoffe
eignen sich jetzt Beifuß, Johanniskraut, Königskerze,
Lavendel, Bernstein, Myrrhe und Dammar.
Du kannst dir daraus selbst eine Räuchermischung
herstellen oder nur 2-3 dieser Stoffe auswählen
und auf einem Räucherstövchen oder auf der Kohle
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45
das
wi r
i m
ich
—
FRIEDRICH ASSLÄNDER
Es ist über 20 Jahre her, da kam »aus dem Off«
der Satz zu mir: »Ich liebe mich.« Er war einfach
da. Er hallte wie ein Echo von den tief
verschneiten Schweizer Bergen wider. Es war am
letzten Tag eines Selbsterfahrungskurses. Ich fühlte
mich wie neu geboren, beschenkt und voll Zuversicht,
nachdem mein Leben bis dahin stark von
Selbstzweifeln und Minderwertigkeitsgefühlen
geprägt war.
Später schaltete sich mein kluger Verstand ein
und fragte: Wer liebt hier eigentlich wen? Das sind
doch zwei! ICH liebe MICH. Das sind ein Subjekt,
der Macher, und ein Objekt, der Erlebende. Wer ist
dieses ICH, das da so schön agiert? Oder macht das
ICH gar nichts? Es geschieht und ICH erlebe das.
Was ist nun aus dem anderen, dem MICH geworden?
»Ich liebe mich« ist korrekte deutsche Sprache,
die aber völlig unlogisch für etwas, was einfach geschieht,
einen Täter (Subjekt) und ein Opfer (Objekt)
braucht. Diese Spaltung unseres Geistes in zwei ist
symptomatisch für unsere Denkstrukturen und unser
derzeitiges Bewusstsein. Mir ist dazu eingefallen:
Durch Denken machen wir das ICH.
Als Objekt braucht das ICH dann MICH.
Und so entsteht aus Gott — aus Einheit
die Welt in ihrer Zweiheit.
46
Dieses MICH habe ich dann vielfach
gefunden. ICH ärgere MICH.
ICH halte MICH für begabt, gebildet
oder für dumm, unwürdig
(das haben uns vor allem die christlichen
Religionen beigebracht)
oder für gutaussehend, für einen
offenen Menschen, für … Es spiegelt
sich darin mein Selbstbild. Es
treten aber immer zwei Beteiligte
auf, das ICH als »Richter« und das
MICH, das bewertet wird.
Das MICH treffen wir aber auch
noch in der Form des MIR an. MIR
meint ebenfalls das Objekt, aber
in der Dativform, z. B. wenn wir
sagen: »Das gehört MIR«. Ganz
spannend wird es beispielsweise,
wenn ICH MIR eine Hose kaufe,
die ICH dann anziehe und MICH
darüber freue, weil sie MIR gut
steht. Sind wir jetzt schon zu dritt?
Vor 3 Jahren dachte ich, wenn
ich mich doch sehr liebe, dann
kann ich mein Singledasein beenden.
Und dann habe ICH MICH
geheiratet. Das ist eine coole Sache.
Wir verstehen uns prächtig,
führen viele interessante Gespräche
miteinander, sind gemeinsam auch
mal still. Leider erkennt das Finanzamt
das nicht an. Es ist aber eine
gute Praxis geworden, dass ICH
sehr bewusst MICH selbst frage,
»Was meinst du?« Und von innen
kommen oft gute Antworten, wenn
ich still bin und ein bisschen warte.
MICH ist meine innere Führung
geworden, der weise Friedrich in
mir, dem ich durch meine tägliche
Meditationspraxis immer näherkomme.
Die Philosophin Hannah Arendt
spricht von »Zwei in einem« als
Voraussetzung für abstraktes Denken.
Wir können mit uns selbst in
Beziehung treten und machen das
ständig, in Selbstgesprächen, die
oft Selbstbewertungen beinhalten.
Z. B. wenn wir zu uns selbst sagen:
»Mei, bin ICH doof!« oder: »Warum
hast du nicht besser aufgepasst,
Friedrich?« oder »ICH habe
einen Fehler gemacht / alles richtig
gemacht.« Sehr häufig gehen
wir dabei mit uns kritisch, abwertend
und eher selten liebevoll um.
Ein großes Arbeitsfeld für Psychotherapeuten!
Billiger und effektiver
ist es, wenn wir uns in der Meditation
diesem inneren Dialog
stellen, ihn beobachten und durch
lange Übung allmählich zum Verstummen
bringen.
Beim Meditieren auf dem Kissen
mich gute Geister liebend
küssen.
Die Psychosynthese, die von Roberto
Assagioli entwickelt wurde,
macht aus einem ICH eine Vielzahl
von Teilpersönlichkeiten. Das
meint aber etwas anderes. ICH und
WIR erleben wir als etwas Vollständiges,
wobei das agierende
ICH wie ein Chamäleon viele Rollen
und Muster benutzen kann,
quasi für Spezialaufgaben und
spezielle Settings, was das ICH
auch gewohnheitsmäßig ständig
macht.
In der Selbstbeobachtung können
wir unserem gespaltenen
Geist auf die Spur kommen und
ihn untersuchen. ICH kann MICH
selbst wahrnehmen in meinen
Gefühlen, Gedanken, als Körper
und als empfindendes Wesen.
Dazu müssen wir unsere Aufmerksamkeit,
die sich gerne mit
irgendetwas im Außen beschäftigt,
auf uns selbst richten. Das
ist der Kern jeder Meditationspraxis.
Das führt unweigerlich
zu der Frage: Wer ist dieses launenhafte,
flüchtige ICH? Wenn
das ICH aus unserem Bewusstsein
verschwindet, sich auflöst
im einfachen stillen Dasein, im
Zustand des Samadhi, dann löst
sich automatisch auch das MICH
und MIR auf. Es gibt dann nur
noch »Dieses Eine«. Die Überwindung
dieser Spaltung wird in
den spirituellen Lehren als Einheitserfahrung
beschrieben.
Wenn sich das ICH auflöst, dieses
ICH will, ICH weiß, ICH muss,
ICH kann, ICH …, dann entsteht
eine Verbundenheit mit allem, ein
neues WIR, das umfassend alles
einschließt, ohne Trennung. ICH
bin tatsächlich auch der andere
und alles ist in mir. Das ist das Ziel
aller spirituellen Wege.
Denken macht die Fülle klein.
Das Ganze findest du im Sein.
Friedrich Assländer studierte Betriebswirtschaftslehre, Soziologie und Psychologie
und ist Vater von 4 Kindern. Nach 10 Jahren Managementtätigkeit in einem
Finanzkonzern ist er seit 1984 selbstständiger Trainer und Unternehmensberater.
Er verbindet Spiritualität und Wirtschaft in seinen Führungsseminaren und leitet
Ausbildungen in Systemaufstellungen. Er ist Mitbegründer und langjähriger Vorstand
der Vereine ›Spirituelle Wege‹ und ›spirit plus‹. Gemeinsam mit Pater
Anselm Grün leitete er die erfolgreiche Kursreihe ›Führen und geführt werden‹
und verfasste mehrere Bücher.
www.asslaender.de
47
p o s i t i v e psyc h o lo g i e
Hier ist ein Quiz für dich:
Was ist das größte
Gesundheitsrisiko
für uns Menschen
im 21. Jahrhundert?
a) Virale Krankheite?
b) Der Schaden durch Genussmittel
wie Alkohol oder Zigaretten?
c) Fettleibigkeit und mangelnde Bewegung?
Dr. Oliver Haas und
Julian Scharbert
Corporate Happiness® setzt
die Erkenntnisse der »Positiven
Psychologie« in einer
tiefgreifenden Ausbildung für
Mitarbeiter und Führungskräfte
ein, um Wachstum zu
ermöglichen — für Menschen
und Unternehmen.
www.corporate-happiness.de
Die Antwortet lautet: nichts davon! Das ist die erstaunliche Bilanz, die Psycholog*innen
zogen, als sie die Studienlage der letzten Jahre auswerteten.
Das gesamte Gesundheitsverhalten der Studienteilnehmenden hatte man
durchleuchtet: Trieben sie Sport? Wie viele Zigaretten rauchten sie am Tag?
Was war ihr BMI? All diese Variablen wurden in die Rechnung mit eingespeist
und am Ende ein fetter Strich gezogen. Eine Variable stellte sich dabei als der
stärkste Einflussfaktor heraus – und damit hatte keiner gerechnet. Die eine
Frage, die das Sterberisiko um unglaubliche 50% beeinflusste war:
»Wie eingebunden fühlen Sie sich in Ihr soziales Umfeld?«
Oder etwas weniger wissenschaftlich ausgedrückt: Wie einsam bist du? Mit
wie vielen Menschen hast du regelmäßig tiefgründige Kontakte? Kannst du
jemanden mitten in der Nacht anrufen, wenn du ein Problem hast? All diese
Komponenten fassten die Forschenden mit dem Begriff der »sozialen Eingebundenheit«
zusammen. Diese eine Frage war für die Gesundheit der
Menschen in den Studien entscheidender als der Konsum von 15 (!) Zigaretten
am Tag, ihr Körpergewicht oder ob sie Sport trieben oder nicht. Auch in anderen
Studien zeigten sich vergleichbare Ergebnisse: Menschen mit wenig
sozialer Verbundenheit hatten ein schlechteres Immunsystem, vermehrte
Entzündungen und waren anfälliger für Herzerkrankungen, Diabetes und
vieles mehr.
Der mittlerweile verstorbene Psychologe Christopher Peterson verwies auf
diese Tatsache bereits zu Beginn der Entstehung der Positiven Psychologie.
Sein gesamtes Leben und seine wissenschaftliche Karriere hatten ihn zu der
Überzeugung gebracht, dass unsere sozialen Beziehungen der wichtigste
Faktor für unser Wohlbefinden und ein erfülltes Leben sind. Er scherzte
manchmal, dass sich sein einstündiger Vortrag zur Positiven Psychologie auch
auf diese 5 Sekunden runterbrechen ließe: Other people matter – Andere
Menschen (und unsere Beziehungen zu ihnen) sind wichtig!
Die Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie stellen unsere Verbundenheit
allerdings vor eine besondere Herausforderung. Doch gerade
weil sie für unser psychisches und physisches Wohlbefinden so entscheidend
ist, gibt es bereits eine Fülle an psychologischer Forschung, die uns Wege
48
Fotos: Corporate Happiness®
aufzeigt, wie wir unsere Beziehungen stärken und unsere
Freundschaften festigen können. Oft sind es die kleinen
Dinge, die einen großen Effekt erzielen, und diese kleinen
Dinge kannst du auch (und gerade) in Krisenzeiten umsetzen,
um mehr Verbundenheit in deinem Leben zu
erfahren. Drei dieser Wege möchten wir dir heute
vorstellen:
GEH AUF FÜNF ZU EINS!
Es gibt einen Beziehungsforscher mit einer erstaunlichen
Fähigkeit. Beobachtet John Gottmann ein Paar in
seinem Labor, so kann er im Anschluss mit einer Genauigkeit
von 94% vorhersagen, ob diese zwei Menschen in
drei Jahren noch zusammen sein werden. Wie ist das
möglich? Eine magische Glaskugel? Hellseherische Fähigkeiten?
Weit gefehlt! Die Grundlage bildet eine konkrete
Beobachtung: Er hat in seiner Arbeit mit Paaren
festgestellt, dass ein bestimmter Aspekt in der Kommunikation
absolut kritisch für die Harmonie und das Fortbestehen
der Beziehung ist: das Verhältnis von 5:1.
5:1 wovon fragst du dich? Mit dieser Quote bezieht
er sich auf das Verhältnis von positiven zu negativen
Interaktionen. Wie oft kommunizieren die Paare mit
positiven, bestärkenden Botschaften? Wie oft gibt es auf
der anderen Seite Streitgespräche und negative Botschaften?
Je näher dieses Verhältnis an 5:1 ist, als desto
gesünder entpuppt sich die Beziehung nach drei Jahren.
Ein Überwiegen negativer Interaktionen ist dabei ebenso
wenig zielführend, wie wenn nie irgendwelche Konflikte
auftreten. Wenn einem etwas gegen den Strich geht, ist
es wichtig, diese Irritation offen ansprechen zu können.
Aber dafür sollte es auch viele Momente geben, in denen
das Zusammenleben harmonisch und angenehm ist –
bestenfalls fünf.
AKTIV-KONSTRUKTIV
ODER PASSIV-DESTRUKTIV?
Stell dir einmal vor, du triffst dich nach einer gewissen
Zeit mit einer guten Freundin wieder und sie erzählt
dir voller Begeisterung, wie gut es gerade in ihrem
Leben läuft und wie sie vor kurzem befördert wurde.
Wie reagierst du jetzt?
• Du bist neidisch und gönnst ihr den Erfolg nicht,
weshalb du aktiv versuchst, ihre Stimmung
runterzuziehen. (aktiv-destruktiv)
• Du wechselst das Thema und fängst an,
von dir selbst zu erzählen. (passiv-destruktiv)
• Du ringst dir ein müdes »Freut mich für dich« ab,
bestärkst deine Freundin aber auch nicht weiter
in ihrem Aufstreben. (passiv-konstruktiv)
• Du drückst deine Freude über ihren Erfolg aus,
ermunterst sie aktiv, mehr zu erzählen, und
signalisierst ihr aufrichtiges Interesse und
Wertschätzung. (aktiv-konstruktiv)
Die Psychologin Shelly Gable identifizierte in ihren Studien
diese Arten der Kommunikation, die für die langfristige
Entwicklung einer Beziehung wegweisend sind.
Besonders toxisch ist eine aktiv-destruktive Kommunikation,
doch auch bei einem passiv-destruktiven Stil wird
deine Freundin spüren, dass du dich nicht mit ihr freust
und nicht an ihrem Glück interessiert bist. Reagierst du
passiv-konstruktiv, so nimmst du den Erfolg deiner
Freundin zumindest bewusst wahr und erkennst ihn an.
Allerdings gibst du keine Energie in die Konversation
und wirklich aufbauen kann eure Beziehung darauf
nicht. Erst wenn du aktiv-konstruktiv deine Freude über
die Erfolge deiner Freundin zum Ausdruck bringst und
dein aufrichtiges Interesse an ihrem Glück signalisiert,
wird sich deine Freundin wirklich gesehen und wertgeschätzt
fühlen. Den Unterschied merkt man auch am
Telefon!
DRÜCKE DEINE WERTSCHÄTZUNG OFFEN AUS!
Einer der simpelsten Wege, um einen sofortigen Schub
an positiven Emotionen und Verbundenheit zu bekommen,
ist Dankbarkeit. Doch gerade im Arbeitsalltag fallen
zur Zeit die vielen kurzen Interaktionen auf dem Flur
weg, wo wir uns nochmal für das kurzfristige Einspringen
die Tage oder die Rückendeckung im Teammeeting bedanken
könnten. Dankbarkeit ist in diesen Zeiten stattdessen
etwas, das wir aktiv betreiben müssen, etwa
indem wir eine Dankes-Mail (oder altmodisch: einen
Dankbarkeits-Brief) verfassen.
Erstaunlich ist: Studien zeigen, dass wir überschätzen,
als wie peinlich ein solcher direkter Akt der Dankbarkeit
rüberkommen könnte, und unterschätzen, welchen positiven
Effekt das »Danke« beim Gegenüber auslöst. Tendenziell
lassen wir also viel Potential für eine stärkere
Verbundenheit brach liegen, weil wir uns komisch damit
vorkommen, explizit unsere Wertschätzung auszudrücken,
oder weil wir denken, dass es ja gar nicht so wichtig
ist. Es ist wichtig (!) und gerade in
Krisenzeiten ein simpler Weg, um
mehr Verbundenheit zu erzeugen
und deinen Mitmenschen ein Lächeln
ins Gesicht zu zaubern. Wer
weiß – vielleicht rettest du ihnen
damit sogar das Leben ;)
49
Lebe als bewusster
Teil der Grünen Welt!
—
ISABEL ARENDS
50
Baumverbundenheit
Heute schon einen Baum gegrüßt? Warum nicht? Ein heiteres, vielleicht
auch stilles »Hallo«, ein Nicken aus der Ferne in Richtung deines
Lieblingsbaumes lässt deine innere Laune steigen. Menschen grüßen Bäume
seit Jahrtausenden. Bei den alten Griechen war es Brauch, heilige
Bäume mit dem sogenannten »dorischen Gruß« zu grüßen. Das heißt, man
verehrte den Baum, indem man ihm eine heitere Kusshand zuwarf.
Was geschieht genau, wenn wir Bäume grüßen, uns an sie lehnen
oder einen schönen Spaziergang im Wald oder einem Park machen?
Wir beginnen, uns zutiefst zu erholen. Hier greift das, was man als
Baummedizin bezeichnet. Hier erinnert sich ein uralter Teil von uns
an die Kraft der intakten Natur und ahnt Gutes. Unser Immunsystem
– das eigentlich auch eine Art Sinnesorgan ist – beginnt, stille und
gesunde Baumgespräche zu führen. Ein selbstständiges kommunizierendes
und handelndes Immunsystem? »Wir sind mit der überraschenden
Tatsache konfrontiert, dass es sich beim Immunsystem um ein
Sinnessystem handelt, das fähig ist, wahrzunehmen, zu kommunizieren
und zu handeln.«, erläutert Joel Dimsdale, Professor für Psychiatrie
an der Universität San Diego.
Das Wissen um die Heilkräfte der Bäume ist in unserem Körpergedächtnis
gespeichert. Zudem besitzt unser Unterbewusstsein einen
gut funktionierenden Zugang zu dem kulturellen Gedächtnis unserer
Vorfahren. Früher gab es zahlreiche Baummythen, Legenden, Lieder
und Heilreime rund um Bäume, die unseren Ahnen erklärten, wie sie
mit den Bäumen umgehen sollten, so dass alle Nutzen hatten und
niemand zu Schaden kam.
Eine neue Zeit der Bäume darf jetzt kommen, in der wir bewusst die
Bäume wieder wahrnehmen, wertschätzen, schützen und neu pflanzen.
Bäume dürfen wertvolle Begleiter in unserer heutigen Zeit sein. Dort,
wo wir erschöpft sind vom Maskentragen, erinnern sie uns daran, vertrauensvoll
tief durchzuatmen. Mit dem Sauerstoff können Bäume uns
auch ihre Kraft schenken, wechselvolle Zeiten gut zu durchstehen.
Suche nicht deinen Kraftbaum —
lass dich von ihm finden!
Die Frage ist
nicht, auf was du
schaust, sondern
was du siehst
Henry David Thoreau (1817-1862)
Waldmystiker
Baumkontakt ist gesund und darf
dich glücklich machen. Aber wie
findest du den richtigen Baum für
dich heute? Ganz einfach – der
Baum findet dich! Lass dich vertrauensvoll
von deiner Intuition
leiten. Deine Intuition ist mit deinem
Immunsystem verbunden und
hilft dir den Baum zu finden, der
heute heilsam dein Gefährte sein
möchte. Verschiedene Intuitionstechniken
können dabei helfen.
Du kannst zum Beispiel eine Baumgruppe
anschauen und fragen:
»Welcher Baum ist für mich heute
der richtige?« Dann gilt – Augen
auf – Augen zu – Augen auf! Der
Baum, der dir energetisch entgegenspringt,
ist heute dein Baum.
Wenn dich aus der Ferne ein
bestimmter Baum fasziniert, dann
besuche ihn und finde heraus, was
Welches war der Lieblingsbaum deiner Kindheit? Über
welche Bäume kannst du dich heute besonders freuen,
wenn du sie siehst? Freude über die Schönheit der Natur
ist eine uralte Achtsamkeitsübung mit einem wunderbaren
Nebeneffekt: Sie verbindet dich direkt mit dem Netzwerk
der Grünen Welt. Freude stärkt dein Mitgefühl und deine
Dankbarkeit – dein Wohlbefinden verbessert sich sofort
und dein Immunsystem erholt sich nachhaltig.
→
51
l e b e als bew us s t e r tei l der grü n e n welt!
das Besondere an diesem Baum ist. Oft wissen wir
nicht, warum uns ein Baum aus der Ferne besonders
anspricht. Manchmal ist es ein Reh, das hinter dem
Baum steht, das uns kurz begrüßen möchte. Oder
wir finden von diesem Baum aus einen anderen,
vorher nicht sichtbaren Baum, vielleicht voller Walnüsse.
Erlaube dir eine gesunde Verspieltheit beim
Spaziergang durch Wiesen oder beim Waldbaden.
Kinder folgen diesen Impulsen frei. Wer sich erlaubt,
neuen intuitiven Impulsen aus der Grünen Welt nachzuspüren,
der wird in der Natur mit vielen Überraschungen
belohnt.
Vom Biophilia-Effekt —
Warum wir die Verbindung
zur Natur brauchen
Wir Menschen sind genetisch darauf programmiert:
Wir fühlen uns automatisch dort wohl, wo wir den
größten Teil der Evolution verbracht haben. Also bei
Bäumen in der Natur, im Wald und unter freiem
Himmel. Genau dort regenerieren wir uns auch am
besten. Der Kontakt zur Natur ist genauso wichtig für
uns wie regelmäßige Bewegung und gesunde Ernährung.
Wir profitieren als Mensch von der Naturnähe
und leiden dort, wo wir uns ihr entfremdet haben.
Hier greift der sogenannte Biophilia-Effekt. Das
Wort Biophilia stammt aus dem Griechischen und
bedeutet wörtlich übersetzt »Liebe zum Leben und
zur lebendigen Welt.« Der Evolutionsbiologe Edward
Wilson, Professor in Harvard, stellte 1984 die Biophilia-Hypothese
auf. Diese besagt, dass der Mensch
ein tiefes Bedürfnis habe, sich mit anderen Lebewesen
zu verbinden. Über Jahrtausende hat der Mensch
im steten Kontakt zur Natur gelebt und sich hier
entwickelt. Kontakt zu Bäumen, aber auch zu unseren
Haustieren ist heilsam für uns Menschen. Je mehr
du dich mit der Natur und deinen Mitgeschöpfen
beschäftigst und in sie hineinlauschst, umso besser
wird auch der Kontakt zu dir selbst. Du erfährst das
gute Gefühl, deinem Körper und seiner Intuition
vertrauen zu können. Auf diese Weise erwachen
deine Sinne und du wirst intuitiv wissen, welches die
nächsten Schritte sind, die du tun möchtest.
Dem Flüstern der Bäume
lauschen: Das Baumtelefon
nutzen
Die Geschichte der Menschheit ist voller sprechender
Bäume. Alexander der Große führte lange Gespräche
mit einem Birnbaum. Baumorakel kennen wir aus
allen antiken Hochkulturen. Es gab besondere »Flüsterbäume«
z. B. Pappeln, Eichen und Kiefern. Oft
wohnten hier direkt auch Priester, die den Ratsuchenden
die Informationen der Bäume übermittelten.
Mal lauschte man dem Rauschen der Pappelblätter,
dann wieder warf man ein Orakel mit Buchenstäben,
dann wiederum wickelte man sich drei Lindenblätter
um die Finger, um die richtige Frau zu finden – daher
kommt die Redensweise – jemanden um den Finger
wickeln.
Die indigenen Völker leben immer auch baumverbunden.
Sie lauschen, was die Bäume ihnen als
Informationen mitteilen. Dafür reicht es oft, dass sie
sich auf eine Wurzel stellen oder eine Hand an den
52
Baum legen. Sie können über das »Baumtelefon«
erfühlen, wo in der näheren Umgebung
Tiere zu jagen sind oder an welcher
Stelle im Wald gerade Früchte reif werden
– eine Fähigkeit, die auch noch irgendwo
tief in uns rudimentär schlummert. Wir dürfen heute
ganz entspannt mit Bäumen sprechen. Diese Form
der Kommunikation mit der Natur schenkt immer
seelische Erleichterung. Die Antworten sind vielleicht
etwas anders als unsere gewohnten Dialoge: Es gibt
vielleicht kaum ganze Sätze an Lebensratschlägen
– dafür aber Kraftmomente der Ruhe und intuitive
Impulse.
In Japan ist es ganz normal im Wald auf Menschen
zu treffen, die mit Bäumen sprechen oder bei ihnen
beten. In diesem Land spielt der Shintoismus, eine
Naturreligion, eine große Rolle. Hier werden eine
Fülle heiliger Bäume verehrt. Es gibt auch ganze
Wälder, die als heilig gelten. Diese Bäume werden
mit einem sogenannten Tori, einem Torbogen oder
einem Schrein, eigens gekennzeichnet. Hier wohnen
die Kodama, die verehrungswürdigen Baumgeister.
Solche Bäume dürfen nie gefällt werden, sonst gilt
man als verflucht. Das Wissen, wo die Baumgeister
leben, wird in Japan von Generation zu Generation
weitergegeben. Im alten Griechenland hießen die
alten Baumgeister Dryaden, in Indien Devas und
auch unsere Vorfahren kannten Baumgötter und
Baumwesen aller Art, so die Saligen, die freundlichen
Baumfeen der Lärchen. Mit der Christianisierung
wurden an vielen der alten heiligen Baumorte Kreuze
oder Marienfiguren aufgestellt. So darf man gerne
dort, wo man auf Heiligenfiguren in der Natur trifft,
kurz innehalten und Kraft tanken.
Wir dürfen heute auch dann zum Baumtelefon
greifen, wenn wir Trost in Trauerzeiten benötigen.
Bäume sind sehr gute Tröster. Seit Urzeiten lehren
sie uns Menschen, immer wieder Lebensmut zu
finden. Als die Tochter des großen Cicero starb,
suchte er Trost in seiner Trauer im Wald. Hier unter
Bäumen fand er sich selbst und seine Liebe zu seiner
Tochter wieder. Vor allem Bäume, die selber schwer
verletzt Jahrhunderte gut überlebten – so die Blitzeichen
–, haben diese heilenden Kräfte. Dort, wo
wir trauern, weil liebe Menschen gingen und wir
nicht zur Beerdigung konnten, sind Eiben hilfreich.
Den Kelten dienten Eiben als eine Art schnelles
Sprachrohr zu verstorbenen Menschen, mit denen
man gerne sprechen wollte. Man sagte, die Eibe lasse
zu jedem Mund eines Verstorbenen eine Wurzel
wachsen. Wer im Eibenschatten lausche, könne die
Stimmen der geliebten Verstorbenen empfangen.
Heute ist die Eibe der häufigste Friedhofsbaum in
Deutschland. Du kannst einfach eine Hand an den
Eibenstamm legen, an den Verstorbenen denken,
Liebe fühlen und in den Stamm schicken. Das kommt
an! Immer!
Von Bäumen lernen:
Du stehst für dich selber
»Wer bin ich?« Bäume dürfen unsere Lehrmeister
werden, dort, wo wir aus der Lebensspur geraten
sind und uns neu finden müssen. Bäume wissen, wer
sie sind. Ein Apfelbaum ist ein Apfelbaum und eine
Eiche eine Eiche. Ohne Wenn und Aber. Sie denken
nicht: »Oh, wie schön die Magnolie blüht! Warum
bin ich nur eine Eiche? Was kann ich tun, um solche
Blüten zu bekommen?« Bäume lehren, uns nach
Krisen zu erinnern, wer wir sind, was uns ausmacht
und was unsere Lebensaufgabe hier in dieser Zeit ist.
Wer sich länger in Krisenzeiten an Bäume lehnt,
ihnen zuhört und einfach sein eigenes Sein fühlt,
wird innere Ruhe finden und neues Selbstbewusstsein
wiedererlangen. Bäume sind heilsame Kollegen
in vielen Therapien, die Menschen begleiten. Sie
ankern gesunde Gefühle. Dort, wo Menschen Waldbaden
oder Baumtherapie mit anderen Therapien
kombinieren, stellen sich die Erfolge schneller ein
und sind nachhaltiger. Ätherische Baumöle können
innere und äußere Prozesse heilend begleiten, so der
Duft der Zirbe, der Pappel oder der Weißtanne.
Zu allen Zeiten gingen Menschen auf der Suche
nach dem Lebenssinn, nach Gott oder zur stillen
Einkehr zu den Bäumen in die Einsamkeit des Waldes.
Buddha hatte seine Erleuchtung unter einem
Bodhibaum. Bäume sind sanfte Helfer, um wieder
unser Herz zu öffnen. Wer beginnt, den Bäumen
mehr zu begegnen, der findet immer ein Stück mehr
zu sich selbst. Vielleicht fühlst du dich gerade im
gesellschaftlichen Umfeld etwas verloren? Dann
finde deinen angestammten Platz im Netzwerk der
Natur. Du bist Teil von etwas viel Größerem, als du
ahnst. Du bist Teil des großen Netzwerkes der Schöpfung.
Bäume nehmen einfach und klar ihren Platz
→
53
l e b e als bew us s t e r tei l der grü n e n welt!
ein und machen das Beste aus der Situation und
ihrem Standort. Ein Baum leistet Veränderungen,
die mit seinem Wachstum zusammenhängen, keinen
Widerstand. Wir dürfen von Bäumen lernen, mit der
Sehnsucht unserer Seele zum Licht zu wachsen. Das
Leben ist das, was wir daraus machen. Wir dürfen
das Allerbeste aus jeder Situation machen und uns
erfreuen, wo auch immer wir sind und was auch
immer wir tun. Inmitten der Einsamkeit des Waldes
können wir uns erinnern, wer wir wirklich sind, und
das Mysterium der All-Verbundenheit fühlen.
Baumdüfte im Alltag
Du kannst sie einfach auf ein Taschentuch geben, in eine Duftlampe oder in einen Diffuser.
Weißtanne: schenkt Mut, klare Gedanken. Sie ist
ein Herzheiler und für feinfühlige Menschen ein
bewährter Schutzschild gegenüber unruhigen und
übergriffigen Mitmenschen.
Kiefer: schenkt Mut, die eigene alte und neue
Trauer zu wandeln. Heilt das Vertrauen in unseren
tiefen Atem. Hilft sich selbst und anderen Menschen,
liebevoll Trost zu spenden. Öffnet das Mitgefühl
für alle Lebewesen.
Lärche: schenkt Selbstvertrauen in die eigene
Schöpferkraft, fördert lebendige Kreativität, die
sich mit Geduld und Ausdauer paart.
Zirbelkiefer: schenkt Selbstliebe, Naturverbundenheit
und Grundvertrauen, dass alles einen
tieferen Sinn hat.
Pappel: schenkt Mut, sich auf Beziehungen einzulassen
und die eigene Berufung zu leben.
Übung: Eine Hand reichen
Besuche häufiger deine Lieblingsbäume oder Bäume,
die du gerne anschaust. Es reicht, eine flache
Hand an den Baum zu legen. Dann fühle die Rinde.
Wie fühlt sie sich heute an? Ist sie warm oder kalt?
Bäume, die sehr hartes Holz – wie die Hainbuche
– haben, sind oft kühler, einfach weil das Holz
sehr dicht ist. Lass deine Fingerkuppen über die
Baumrinde streichen oder von Furche zu Furche
mit leichtem Druck springen. Lerne deinen
Baum gut kennen. Lass dich überraschen,
wie das deine Wahrnehmung
verändert. Diese Übung schärft deine Sinne.
Vielleicht begrüßt dich der Baum das nächste
Mal aus der Ferne mit einer freundlichen
Resonanz.
Podcast »Maas macht Mut« Hör dir auch
die Podcast-Folge mit Isabel Arends
»Die Botschaften der Bäume« an!
Dr. phil. Isabel Arends ist eine
der großen Baum-Expertinnen
unserer Zeit. Sie ist Autorin und
entwickelte neue Anwendungsformen,
um Bäume als Mitarbeiter
in verschiedene Therapieansätze
einzubeziehen. Dabei spielen einheimische
Bäume sowie ihre
Früchte, Rinde und Wurzeln in
Form einer Baumholztherapie eine
entscheidende Rolle.
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54
a dv e rto ri a l
Wie Nachhaltigkeit
verbindet
Die bunte Vielfalt, die uns tagtäglich in Form
vieler verschiedener Gesichter, Talente, Meinungen
und Lebensweisen umgibt, macht uns
als Menschen aus, das gemeinsame Miteinander
so aufregend, spannend und schön. Bei all unserer Diversität
existieren aber natürlich essentielle Elemente, die uns
immer verbunden haben und werden: Gefühle wie Freude,
Glück und Liebe, aber auch gemeinsame Ziele, das Streben
nach einer besseren, grüneren Welt, in der wir alle gemeinsam
miteinander leben. Gerade in diesem Zusammenhang
findet das Thema Nachhaltigkeit einen immer größeren
Anklang. Menschen in aller Welt entwickeln Konzepte
und Produkte, lassen sich inspirieren und stellen ihr Leben
um für Natur und Umwelt. Nachhaltige, innovative Unternehmen
wie das junge Start-up TrendRaider aus Berlin
können hier als Impulsgeber agieren und Menschen zu
mehr Bewusstsein im Alltag bewegen.
ren und testen können. Wenn das als Anreiz nicht genügt,
tut es der Warenwert, der mit mindestens 85 Euro immer
deutlich über dem eigentlichen Kaufpreis liegt. Nachhaltigkeit
entdecken wird so zu einem verbindenden Ereignis,
das man gemeinsam mit Familie und Freund*innen erleben
kann.
Gemeinsam für eine grünere Welt
Ob auf der Arbeit, bei Freunden oder Zuhause in den eigenen
vier Wänden: Nachhaltigkeit wird ein immer präsenteres
und wichtigeres Thema, das für viele Menschen
zwar interessant, jedoch abstrakt und nicht wirklich greifbar
erscheint. Wo und wie genau fängt man eigentlich an,
nachhaltig zu sein? Die gute Nachricht ist: Wir müssen
dieses weite Gebiet nicht allein beschreiten, sondern können
und dürfen uns mit anderen zusammenschließen, von
Experten und Vorreitern inspirieren, von neuen Marken
und Produkten begeistern lassen. Die Vision einer plastikfreien,
sauberen und gesunden Natur verbindet die unterschiedlichsten
Menschen auf der ganzen Welt, die sich
gegenseitig anspornen, noch ein wenig grüner zu leben - und
vielleicht sogar Nachlässigkeiten zu überwinden.
Nachhaltige Inspiration aus der Box
Das Berliner Start-up TrendRaider macht aus der Umstellung
der eigenen Gewohnheiten eine spannende Entdeckungsreise,
auf der Neugierige ihre ersten Schritte in
Richtung Nachhaltigkeit gehen oder ihren umweltbewussten
Weg festigen können. Die Idee ist so einfach wie genial:
Mithilfe nachhaltiger Überraschungsboxen möchte
das Start-up die Menschen zu einer bewussten Lebensweise
animieren. Jeden Monat widmen sich die TrendBoxen
verschiedenen Themen, die saisonale Stimmungen oder
nachhaltige, plastikfreie Konzepte in den Fokus rücken.
Ein Sammelsurium aus veganen Köstlichkeiten, plastikfreien
Alltagshelfern, nachhaltiger Naturkosmetik und
fairen Fashion-Accessoires erwarten neugierige Entdecker*innen,
die die zahlreichen Produkte direkt ausprobie-
Ein Gruß aus der Ferne
Die vergangenen Monate haben vielen von uns ziemlich
zugesetzt. Geburtstage fielen ins Wasser, Verwandte konnten
nicht besucht, Freund*innen nicht umarmt werden.
Für den Menschen als soziales Wesen sind diese Verbindungen
die Basis für ein erfülltes, glückliches Leben, weshalb
sie auch in komplizierten Zeiten Aufmerksamkeit und
Pflege bedürfen. Eine kleine, unerwartete Wertschätzung
zwischendurch kann dabei mehr bewirken, als wir uns
vorstellen können. Wenn diese unverhoffte, aber umso
schönere Geschenk dann auch noch nachhaltig ist, macht
jedes (grüne) Herz gleich einen doppelten Freudenhüpfer.
Die nachhaltigen Überraschungsboxen von TrendRaider
zaubern der Mama im beschaulichen Heimatort oder der
besten Freundin aus der Großstadt ein Lächeln ins Gesicht
und vermitteln auch Dank der grünen Inspirationen eine
tief in uns verwurzelte, klare und wunderschöne Botschaft:
Wir sind nicht allein.
ÜBRIGENS
Mit dem Code »trendmaas10« sparen
angehende TrendEntdecker*innen zehn
Prozent auf die nachhaltigen
Überraschungsboxen von TrendRaider.
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NARZISSMUS UND DIE
SUCHE NACH
VERBUNDENHEIT IM WIR
—
BÄRBEL WARDETZKI
56
Das Feuerwerk
Narzissmus ist nicht nur ein Selbstwertproblem, sondern auch
eine Beziehungsstörung. Man spricht in diesem Zusammenhang
von sogenannten toxischen Beziehungsmustern, die es einem
Paar nicht erlauben, eine befriedigende und erfüllende Beziehung
aufzubauen.
Dabei beginnen diese Beziehungen mit einem großen emotionalen
Feuerwerk und einem Verschmelzen in der gemeinsamen Grandiosität.
Die Partner idealisieren sich gegenseitig, zeigen sich von ihrer
besten Seite und gehen gewissermaßen das Versprechen der großen
Liebe ein. Die Frau fühlt sich auserwählt von einem Mann, den sie
als ihren Märchenprinzen erlebt, und er trifft in ihr seine Traumfrau.
Die Gefühle sind heiß, die Begierde ist groß, doch
das Erlöschen folgt auf dem Fuß. Denn so, wie
nach einem Feuerwerk nur der Schwefelgeruch
zurückbleibt, so endet auch nach einer Weile die
märchenhafte Darbietung.
Narzisstische Beziehungen sind Begegnungen,
die oft von großer Intensität und Anziehung, jedoch
auf Dauer unbefriedigend oder sogar zerstörerisch
sein können.
Das Feuerwerk ist die »heiße« Anfangsphase
vieler Beziehungen, doch damit kann man sich
keine gemütliche Atmosphäre im Wohnzimmer
schaffen. Dazu brauchen wir beständiges Kerzenlicht,
das nicht so aufregend, dafür aber stetig
brennt. Und genau das ist die Schwierigkeit in
narzisstischen Beziehungen. Es ist, als wenn die
Partner das Feuerwerk mit einem Kerzenleuchter
verwechseln.
Egozentrik und Funktionalisierung
Narzisstische Beziehungen sind charakterisiert
durch Egozentrismus und Funktionalisierung
ihres Gegenübers. Alles steht im Dienste des eigenen
Selbst, was zur Folge hat, dass es weniger um
den anderen Menschen geht, als mehr um die
Funktion, die er für das eigene Selbsterleben hat.
So lange die Partnerin oder der Partner das eigene
Selbstwertgefühl stärkt, ist sie / er willkommen.
Erfüllt sie / er diese Erwartung jedoch nicht, dann
wird sie / er entwertet oder sogar durch jemand
anderen ersetzt.
Daran zeigt sich, dass es in diesen Beziehungen
kein Wir im Sinne einer Verbundenheit mit einem
anderen Menschen gibt, sondern es geht einzig und
allein um die eigene Befriedigung. Die fehlende Einfühlung
und Empathie in den anderen Menschen verhindern
eine erfüllende Gemeinsamkeit. Man könnte
auch sagen, dass diese Beziehungen weniger dialogisch
und mehr monologisch sind.
Das ganze Streben geht dahin, die Bewunderung des
anderen zu erringen. Wie schon Alice Miller sagte,
verwechseln narzisstische Menschen Liebe mit Bewunderung.
Bewunderung ist also eine Ersatzbefriedigung
für den tiefen Wunsch nach Liebe und Annahme.
Die geringe emotionale Anteilnahme am Gegenüber
zeigt sich auch darin, dass wichtige Daten im Leben
ihrer Liebespartner*innen vergessen werden und wenig
Interesse an Familiengeschichten ihrer Partner*innen
besteht.
Sie bleiben passiv und schützen sie nicht vor Angriffen
durch andere. Ihre Egozentrik führt dazu, dass
sie ihre Bedürfnisse nicht mit denen des anderen abstimmen,
aber auch die des anderen nur selten erfüllen.
Statt neugierig und aufmerksam zuzuhören, unterbrechen
sie die Erzählung ständig, um von eigenen Erlebnissen
und Erfolgen zu sprechen und auf diese Weise
die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Sie wollen selber nicht auf ihre eigene vollkommene
Autonomie verzichten, dem anderen aber seine Eigenständigkeit
nicht zugestehen, sondern am liebsten mit
ihm verschmelzen. Durch ihr nachtragendes und rachsüchtiges
Verhalten fällt es ihnen schwer zu verzeihen
und zu vergessen. So kann es dazukommen, dass die
Partner*in immer wieder mit ironischen oder sarkastischen
Abwertungen konfrontiert wird, oftmals sogar
vor Dritten. Durch die Beschämung des anderen können
sie ihr eigenes gekränktes Selbst aufrichten.
→
57
n a rz i s s m us un d di e su c h e nac h verb u n d e n h e i t i m wi r
Narzisstische Menschen sind rechthaberisch, können
keine Kritik aushalten, ertragen aber auch keine
Fehler der anderen. Die werden dann als Idioten
bezeichnet und entwertet.
Narzisstischen Beziehungen fehlt die »zärtliche
Strömung der Liebe« wie es Akhtar nennt. Diese
zeigt sich in der Sorge um den anderen, in Neugier
für den anderen und sein Leben, in Empathie und
Einfühlung in die Gefühle und Bedürfnisse des anderen,
in einer optimalen Distanz zwischen den Partnern,
in Versöhnlichkeit, Dankbarkeit, Achtung und
Wertschätzung.
Das Gefälle in der Beziehung
Narzisstische Beziehungen finden nicht auf Augenhöhe
statt, sondern es besteht immer ein Gefälle. Da
narzisstische Menschen ein brüchiges Selbstwertgefühl
haben, nehmen sie die Partner*in nicht als
eigenständiges Individuum war, sondern als sogenanntes
»narzisstisches Objekt«, als eine Erweiterung
des eigenen Selbst, als etwas, das ihr Selbst auffüllt,
ergänzt, schmückt und erhöht. Dadurch wird der
andere seiner Eigenart und Individualität beraubt.
Diese Unterlegenheit dient dazu, sie / ihn abhängig
und kontrollierbar zu machen. Und das alles, um das
eigene Selbstwertsystem zu stabilisieren.
Narzisst und Komplementärnarzisst
In narzisstischen Beziehungen finden sich sehr häufig
die komplementären Rollen des sogenannten Narzissten
und Komplementärnarzissten. Das sind zwei
grundlegende narzisstische Reaktionsmuster: das
depressiv-minderwertige und das offen-grandiose.
In der Regel finden sich in Liebesbeziehungen der
grandiose Narzisst und die depressive Komplementärnarzisstin.
Die Grandiosen leben den sogenannten
offenen Narzissmus mit Dominanzstreben, Egoismus
und Misstrauen und kompensieren ihr Mangelgefühl
durch Großspurigkeit und den Versuch, die Besten
zu sein. Ihr Beziehungsverhalten ist defensiv und
emotional distanziert und sie haben ein vermeidendes
Bindungsmuster. In Beziehungen stellen sie sich
großartig dar, um bewundert und verehrt zu werden.
Im Gegensatz dazu zeichnet den sogenannten
verdeckten Narzissmus eine eher minderwertig depressive
Haltung aus. Er zeigt sich in Gehemmtheit,
übermäßiger Empfindlichkeit und hoher Selbstentwertung.
Diese Menschen vermuten überall Ablehnung
und können das Positive nicht für sich gelten
lassen, außer sie erfüllen übersteigerte Erwartungen
an sich. Sie passen sich an, um geliebt zu werden,
verhalten sich altruistisch und aufopfernd und meiden
enge Bindungen aus Angst vor Zurückweisung.
Diesen Typus habe ich den weiblichen Narzissmus
genannt, da er vielfach bei Frauen zu finden ist,
häufig im Zusammenhang mit Essstörungen. Über
Schönheit, Schlankheit und Perfektionismus versuchen
sie, ihr Selbstwertgefühl zu erhöhen.
Doch nicht immer sind die Rollen so einfach auf
Männer und Frauen verteilt, denn sie können je nach
Partnerwahl auch wechseln. Mal befinden sich die
Partner in der unterwürfigen komplementären Rolle,
mal in der überheblich grandiosen. Entweder werden
sie sich anpassen, um geliebt zu werden, oder sich
großartig darstellen, um bewundert und verehrt zu
werden.
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Die Herausforderungen der Menschheit sind
nur durch eine neue, bewusstere Cokreation
der Geschlechter zu lösen.
Männer und Frauen können sich ewig an alten
Wunden zerreiben, oder aber in eine völlig
neue Dimension an Ehrlichkeit, Intimität und
WIR-Power hineinreifen.
Das Buch »Genesis« leistet einen provokanten
und zugleich heilsamen Beitrag für die Versöhnung
und Befreiung der Geschlechter.
Der Bestsellerautor Veit Lindau bietet einen gemeinsamen,
lebendigen Weg für beide Seiten,
indem er Lösungsansätze für Mann und Frau
und »Gender« im Allgemeinen liefert. Er zeigt,
wie beide Seiten miteinander vereint werden
können, denn in der bewussten Integration beider
geschlechtlicher Pole in uns setzen wir eine
enorm starke Quelle an Kreativität frei, von der
beide Seiten nur profitieren können.
Die Suche nach Beachtung und Sein
In narzisstischen Beziehungen begegnen sich in der
Regel zwei Menschen mit einem verletzten Selbst.
Wer narzisstisch liebt, liebt um seiner selbst willen,
um Beachtung, Wertschätzung oder sogar eine Daseinsberechtigung
zu bekommen.
Wir alle brauchen eine grundlegende Bejahung
unsers Daseins. Ohne ein Ja, da sein zu dürfen, wie
wir sind, werden wir uns verstellen und anpassen,
um wenigstens geduldet zu werden. Das ist ein zentraler
Mechanismus in narzisstischen Beziehungen:
Der tiefe Wunsch, gesehen zu werden, als der, der
man ist, und nicht als der, der man sein soll.
Diese Erfüllung bleibt narzisstischen Menschen ein
Leben lang versagt. Sogar schon vor der Geburt ist
ihr Auftrag für die Beziehungspersonen und die
Familie vorgeschrieben: Werde so, wie ich dich
brauche.
Das ist die grundlegende Erfahrung der narzisstischen
Ausbeutung. Es wird ein Bild von ihnen
gezeichnet, wie sie zu sein haben, um die narzisstischen
Bedürfnisse der Bezugspersonen zu erfüllen.
Was passiert aber, wenn das Kind diesem Bild nicht
entspricht? Kann die Umwelt das nicht akzeptieren,
dann wird das Kind sich anpassen und sich eine
Fassade aufbauen, hinter der sein wahres Selbst verborgen
bleibt.
Später werden sie andere Menschen für ihren eigenen
Nutzen funktionalisieren, so wie sie funktionalisiert
wurden:
• Sei du für mich da, für meine narzisstischen
Bedürfnisse, für die Erhöhung meines Selbstbildes.
• Sieh mich, beantworte mich, nähre mich.
• Und daher sehe ich dich nicht als dich, sondern nur
als den, der etwas für mich tun kann. Wer und wie
du bist, interessiert mich nicht, es interessiert
mich nur, ob du diese Aufgabe erfüllst. Falls nicht,
trenne ich mich von dir und suche mir einen
anderen Spiegel.
Wer dieses Ja zum Dasein, den Blick auf sich nicht
erlebt hat, wird ihn zeitlebens im Partner oder der
Partnerin suchen. Doch die sind meist überfordert,
da sie ja dasselbe vom anderen fordern. Am Ende
bleiben sie enttäuscht und hungrig zurück und hoffen
auf die nächste Partner* in, die ihnen das geben soll.
Wie finden sie Verbundenheit im Wir?
Ko-evolution
Ko-evolution ist nach Jürg Willi eine gesunde Form
des Zusammenlebens und eine gegenseitige Beeinflussung
der persönlichen Entwicklung. Ko-evolution
ist ein Prozess, den die Partner beiderseitig, gemeinsam
vollziehen müssen. Einer allein kann das narzisstische
Beziehungsdefizit nicht kompensieren. Koevolution
in narzisstischen Beziehungen hieße, das
eigene Selbstwertgefühl und die eigene Autonomie
in der Beziehung auf eine Weise zu stärken, die die
Partner nicht einschränkt, sondern bereichert.
→
59
n a rz i s s m us un d di e su c h e nac h verb u n d e n h e i t i m wi r
Das bedeutet, sich gegenseitig im anderen spiegeln
zu können, bestätigt zu werden als der, der man ist,
als ein wertvoller und liebenswerter Mensch. Die
Erfahrung, geachtet zu werden, für den anderen
wichtig zu sein und gebraucht zu werden, führt zu
einer verlässlichen Bindung und schafft eine Basis
für die notwendige Kompromiss- und Konfliktbereitschaft,
um bei Unstimmigkeiten die Beziehung nicht
abzubrechen.
Eine Ich-Du-Beziehung aufbauen
Das Fehlen von Empathie, Verbindlichkeit und Interesse
in narzisstischen Beziehungen führt dazu,
dass jede Ich-Du-Beziehung zu einer Ich-Es-Beziehung
wird, in der die Partner*in wie eine Sache betrachtet
wird. Für eine Verbundenheit im Wir aber
muss das Gegenüber als eine autonome Person wahrgenommen
und behandelt werden. Man lässt sich
ein auf den anderen und auf die Beziehung, ohne
sich symbiotisch aufzulösen. Auch schaut man auf
den anderen mit einem liebenden Blick, statt ihn
ständig zu kritisieren und ihr / ihm die Schuld für
das Scheitern der Beziehung zuzuschieben, sobald
sie / er nicht ins ideale Bild passt.
Das Wir-Gefühl
Ein Wir-Gefühl zeigt sich in Loyalität, füreinander
einspringen, stolz aufeinander sein, sich auf den
anderen verlassen, dass auch schwere Zeiten gemeistert
werden können. Es bedeutet aber auch, dem
anderen seinen Raum zu lassen und sich selbst seinen
zu nehmen.
So wie Khalil Gibran es blumig formuliert:
Lasset Raum zwischen eurem Beieinandersein und
lasset Wind und Himmel tanzen zwischen euch.
Schaffet aus eurer Liebe ein webendes Meer
zwischen den Ufern eurer Seelen. Singet und
tanzet zusammen und seid fröhlich, doch lasset
jeden von euch allein sein.
Gleich wie die Saiten einer Laute allein sind,
erbeben sie doch von derselben Musik.
Dr. phil. Bärbel Wardetzki arbeitet als
Gestalttherapeutin, Supervisorin und
Coach. Sie ist Autorin zahlreicher
Artikel und Bücher zu Narzissmus und
Kränkungen, sowie zu narzisstischen
Beziehungsproblemen. Sie hält Vorträge
und ist häufig im Radio und Fernsehen
zu hören und zu sehen
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60
Schwarzes
Brett
MEHR FREUDE AM BACKEN
Egal ob Backmatte, Brotbackform
oder Muffinform: die Backutensilien
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Lösung, um nachhaltige Alternativen
in den Alltag zu integrieren.
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Verzicht auf Einweg aber nicht nur umweltbewusster
backen! Durch die Antihafteigenschaft des
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und spart somit nicht nur Kalorien, sondern
auch Zeit und weitere Ressourcen: das Gebackene
kommt nämlich ohne jegliches Ankleben aus den
Formen heraus! Backefix verwendet ausschließlich
hochwertiges Platin-Silikon und achtet auf
die richtige Umsetzung aller essenziellen Produktionsschritte,
was ein lebensmittelechtes und
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DAS MANIFEST DER NEUEN ERDE
WIR, souveräne Lebewesen, reines Bewusstsein,
reine Liebe, erkennen an, dass der Mensch Teil des
Ökosystems Erde ist. Wir haben erkannt, dass unsere
Gesundheit untrennbar mit der Gesundheit der
Pflanzen, Tiere, Gewässer, der Böden, der Luft, mit
den natürlichen elektromagnetischen Feldern und
den kosmischen Zyklen verbunden ist.Wir erinnern
uns an die uns innewohnende Schöpferkraft und
unser Entwicklungspotenzial, und manifestieren
gemeinsam eine Neue Erde, auf der alles Leben wertgeschätzt
wird. Das vorliegende Manifest ist keine
finale Version, sondern eine durch Dutzende von
Menschen erschaffende Vision einer nahen Zukunft
mit riesigem Wachstumspotential, die sich durch das
gemeinsame Wirken von uns allen weiter entfalten
darf. Es ist sozusagen eine erste Grundlage, um
unsere Welt von morgen bereits heute gemeinsam
zu erträumen und zu erschaffen.
Wir manifestieren: Die Gesundung von Menschen
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STEHEN
Wie können wir
die Spaltung
in der Gesellschaft
überwinden?
—
INTERVIEW MIT
STEFFEN LOHRER
Die Corona-Zeit hat wie ein Wirbelsturm
an allem gerüttelt und geschüttelt
und Vieles ist dabei zerbrochen. Auch
unsere Beziehungen zu Freunden, Familienmitgliedern
und Kollegen werden
teilweise auf eine harte Probe gestellt,
wenn es z.B. um die Einstellungen zur
Impfung geht. Es sind mitunter tiefe Gräben
entstanden, die wir erst wieder überwinden
müssen, um wieder näher zueinander
zu finden und gemeinsam den
Weg in eine neue Zeit zu beginnen.
Angesichts der aktuellen Situation zeigt sich
die Trennung der Menschen deutlicher denn je.
Wie kommt es, dass wir uns so sehr voneinanderentfernt
haben?
Die Spaltung fühlt sich tatsächlich sehr groß an.
Eine Hauptursache dafür liegt für mich daran,
dass wir unterschiedliche Informationen aus
verschiedenen Medien erhalten. Unsere Mainstream-Medien
beeinflussen uns sehr und lassen
kaum kontroverse Diskussionen zu. Im Social
Media-Bereich wird unsere Aufmerksamkeit sehr
stark durch künstliche Intelligenz gelenkt. Diese
Plattformen sehen genau, welche Themen uns
interessieren und registrieren, was wir wie lange
anschauen. Wir werden immer wieder mit Informationen
bespielt, die uns gefallen, und erhalten
dazu passende Werbung. Um Werbeeinnahmen
zu generieren, ist es für Social Media-Unternehmen
wichtig, dass die Viewer so lange wie möglich
auf der Plattform sind, denn so erhöht sich der
Werbebeitrag, den sie von ihren Industriekunden
erhalten. Deswegen sehen wir immer mehr von
62
demselben und bekommen nichts von einer anderen
Seite mit anderen Meinungen mit. Da wir
keine neutralen, sondern immer auf uns zugeschnittene
Informationen sehen, sind wir dieser
künstlichen Intelligenz ausgeliefert. Wenn ich also
beispielsweise schon immer pro Impfung war, erhalte
ich nur Informationen pro Impfung und umgekehrt.
Das entfernt die Gesellschaft immer mehr
voneinander, weil jede Seite jeweils immer mehr
Informationen erhält, die die eigenen Argumente
füttern. Diese einseitige Informationszufuhr bestärkt
Jeden in seinem Standpunkt und es schrumpft
das Verständnis für die Meinung der anderen. Wir
kommen immer mehr ins Ego und bemerken gar
nicht, dass unser Gegenüber seine Meinung auf
anderen Informationen bildet.
Der Dokumentarfilm ›The Social Dilemma‹ beschäftigt
sich kritisch mit den Auswirkungen der
sozialen Medien auf die Gesellschaft und lässt
Social Media-Experten und auch Mit-Gründer der
bekannten Plattformen selbst zu Wort kommen.
Hier erfahren wir: Alles ist User-angepasst und
kalkuliert. Ziel ist die Dopamin-Ausschüttung,
was bedeutet, unser Belohnungssystem wird aktiviert
und wir werden dazu verleitet, immer öfter
online zu sein, »gefällt mir« zu klicken, Reaktionen
anderer auf unsere Kommentare zu sehen. So entwickelt
sich schnell eine Sucht. Die Gründer selbst
geben zu, dass das so geplant war. So nützt es uns
einerseits, dass wir nur zu den Themen informiert
werden, die uns wirklich interessieren. Wenn es
aber dadurch zu Spaltung führt und unterschiedliche
Lager entstehen, die sich immer weiter voneinander
entfernen, dann wird es gefährlich.
Was hilft uns dabei, die andere Seite
besser zu verstehen?
Hinter der Haltung und den Handlungen der
meisten Menschen liegen ihre Gefühle. Wir habenaber
unterschiedliche Ängste, die wiederum
andere Aktionen triggern. Es gibt Menschen, die
die Freiheit lieben oder vielleicht irgendwo aufgewachsen
sind, wo Freiheit begrenzt war – beispielsweise
im Osten Deutschlands. Diese sind
eher getriggert, wenn es darum geht, dass Grundrechte
oder die Freiheit beschnitten werden. Andere
Menschen haben große Angst vor dem Tod und
davor, jemanden anzustecken. Sie sind eher für
die Maßnahmen. Und dann gibt es noch eine
dritte Gruppe mit Angst vor materiellem Verlust
und Existenzangst wie Künstler, Restaurant- oder
Kinobetreiber, die in ihr Angstthema kommen,
weil Umsätze und Zuschüsse der Regierung fehlen.
Es kommt also immer darauf an, aus welcher
Perspektive ich das ganze Bild betrachte. Und
wenn ich erkenne, dass dahinter unterschiedliche
Motivationen und Ängste liegen, kann ich andere
besser verstehen. Darum ist es unglaublich wichtig,
dass wir uns gegenseitig fragen: »Wie geht
es dir denn?«, »Warum bist du dieser Meinung?«
Das haben wir vergessen. Wir beharren auf unserer
Meinung und interessieren uns nicht dafür,
was andere Menschen denken oder fühlen.
Das geht so weit, dass man sich voneinander
bedroht fühlt. Beispielsweise jemand, der vor
einer Infektion Angst hat, vor jemandem, der die
Maske unter der Nase trägt.
Die Spaltung entsteht aus den unterschiedlichen
Informationsständen, unterschiedlicher
Konditionierung und Grundüberzeugungen mit
dahinter liegenden Ängsten. Das fängt im Kleinen
an, wenn zum Beispiel innerhalb der Familie das
Thema der Impfung unterschiedlich betrachtet
wird und festigt sich weiter, solange wir nicht
aufeinander zugehen.
Wie schaffen wir also das große Miteinander
und verhindern, dass sich die Spaltung weiter
manifestiert?
Es beginnt immer bei uns selbst. Es ist Gedankenhygiene
gefragt, indem wir bei uns selbst beobachten:
Wann stellen wir uns gegen andere Meinungen
oder gegen andere Menschen? Und sind
wir wirklich offen für das, was der andere sagt?
Merken wir, dass wir das nicht sind, können wir
dazu übergehen, den anderen verstehen zu wollen,
auch innerhalb der Familie. Fragen zu stellen
wie: »Was sind deine Gründe für die Entscheidung?«,
»Was sind deine Ängste?« Im Austausch
über unsere Ängste, Sorgen und Gefühle
schaffen wir sowohl Verständnis für Entscheidungen
als auch Bindung, denn diese entsteht in
→
63
w i e kö n n e n wi r di e spa lt u n g …
Wie gelingt es, die eigene Meinung nicht
als absolut richtig hinzustellen?
der Verletzlichkeit, wenn ich mich öffne und über
meine Gefühle spreche. Lege ich meine Meinung
auf den Tisch und argumentiere, wird der andere
nicht zuhören und sich verschließen. Missionieren
und Überzeugenwollen von meiner Ansicht baut
eine Mauer zwischen mir und anderen. Fragt mich
jemand nach meiner Meinung, bleibe ich offen,
weil ich weiß, dass ich nicht die vollumfängliche
Wahrheit kennen kann. Ich hole von verschiedenen
Seiten so viele Informationen ein wie möglich
und entscheide mich dann nach Wahrscheinlichkeiten.
Zur Maskenpflicht zum Beispiel habe ich
verschiedene Studien und Erfahrungen recherchiert
und für mich kristallisierte sich heraus, dass
Masken keine große Wirkung haben. Das wurde
dann meine Meinung basierend auf meinen Informationen.
Und trotzdem trage ich aus Solidarität
im Supermarkt eine Maske. Ich bleibe dann
auch immer offen, meine Meinung aufgrund neuer
Erkenntnisse wieder zu ändern. Mit der Haltung
»Ich weiß, dass ich nichts weiß« würde automatisch
Offenheit entstehen, ohne den Anspruch
darauf, dass meine Position die Richtige ist.
»Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort
treffen wir uns!« sagt Rumi. Jenseits davon bedeutet,
jenseits des Egos. Das Ego möchte gerne
Recht haben, gewinnen, seine Meinung durchsetzen.
Dort wo ich weich werde, fließe, das Ego
draußen lasse und im Hier und Jetzt bin – da
entsteht der Ort, den Rumi meinte: Verbunden
mit meiner wahren Natur gibt es kein Recht haben
oder bewerten, sondern hier ist es einfach okay,
das Leben lebt sich. Es ist, wie es ist, und wie kann
ich damit jetzt umgehen und auch anderen Menschen
mit Liebe und Verständnis begegnen? Damit
lassen wir Raum für beide Positionen in dem
Wissen: Wer weiß schon, was richtig ist? Dazu
gibt es eine chinesische Geschichte, die mich
gerade intensiv begleitet:
Der Sohn eines Bauern vergisst abends das Gatter
richtig zu schließen und das Pferd ist morgens
verschwunden. Das ganze Dorf sagt zu ihm, dass
er so arm dran wäre. Er erwiderte: »Wer weiß?« Am
nächsten Tag kommt das Pferd plötzlich zurück
– im Schlepptau drei Wildpferde. Alle sind voller
Freude: »Was für ein Glück!« Der Bauer antwortet
nur: »Wer weiß?« Am Tag darauf reitet der Sohn
mit einem der Wildpferde aus, stürzt und bricht
sich das Bein. »Was für ein Unglück!«, sagen alle
bestürzt, »nun kann dir dein Sohn nicht mehr helfen«.
Der Bauer antwortet wieder: »Wer weiß?« Und
dann kommt der Krieg und alle jungen Männer
werden eingezogen, doch der Sohn des Bauern
bleibt zu Hause. Und alle sagen: »Was für ein
Glück!« Aber der Bauer bleibt in seiner Nicht-Bewertung:
»Wer weiß?« Und so geht die Geschichte
immer weiter.
Das heißt, wir könnten unser Augenmerk, egal
in welcher Position wir sind, darauf richten,
dass die Situation wie sie ist auch für etwas
gut sein wird?
Oh ja! Die meisten Menschen sehen jetzt das
große Drama. Wer weiß aber, ob da nicht noch
anderes kommt? Beispielsweise kann Erwachen
oft dann geschehen, wenn wir die dunkle Nacht
64
der Seele durchleben, also viel Leid erfahren
haben. Dann entsteht der Druck, den es braucht,
um Dinge zu ändern. Immer mehr Menschen
kommen nun ins Denken, ob das bekannte System
valide und zukunftsfähig ist. Es ist ein großer
Umbruch mit viel Potential und guten Möglichkeiten
für einen ganz neuen Blick auf die Welt.
Für mehr Verbundenheit und gegenseitiges
Unterstützen, für mehr Menschlichkeit. Mit der
Zeit zeigen sich neue Werte und ich glaube, es
können auch wundervolle Dinge passieren, nicht
nur die, vor denen wir Angst haben.
Vielleicht sollten wir tatsächlich mehr
nach vorne schauen und nicht danach,
was uns trennt.
Wir alle stehen vor einem Feld, das wir neu bereiten
können. Ein Neustart wartet und die Frage:
Wie wollen wir unsere Zukunft miteinander gestalten?
Der Fokus ist unglaublich wichtig. Viele
Menschen sind noch verhaftet in der Vergangenheit.
Was ist passiert und warum? Da sind Grübeleien
über die täglichen, schrecklichen Infektionszahlen
und wenn ich mich nur darauf fokussiere,
ist klar, dass das mein Energiesystem belastet.
Die Kunst ist, den Fokus zu ändern. Wir haben
Schöpferkraft: Schauen wir uns an, was wir ändern
und bewegen können und wie wir die Situation
nutzen können, um Neues zu kreieren. Ändern
wir den Fokus, ändert sich sofort das Gefühl
und es ändert sich die Grundstimmung. Gehen
wir in diese Kraft, stecken wir andere Menschen
an. Und dann finden wir den Ort, um diese Situation
aufzulösen, jede*r für sich. In die Mitte
kommen und den Fokus ändern von Drama auf
Möglichkeiten.
Das kostet viel Kraft. Wie kann das gelingen?
Es ist ganz wichtig, bewusst Pausen von jedweden
Nachrichten zu machen, um Abstand zu gewinnen
und sich neu auf die Zukunft und das Positive
auszurichten. Jede*r für sich darf dabei auf eben
diese Gedankenhygiene achten. Wenn wir also
eine halbe Stunde kritische Nachrichten in den
Medien konsumieren, sollten wir mindestens die
gleiche Zeit bewusst das Energiesystem auffüllen
mit Dingen, die uns gut tun – Meditation, ein
Spaziergang oder ein schönes Buch zum Beispiel.
Dann können Kraft und Lust entstehen, hoffnungsvoll
in die Zukunft zu blicken und gemeinsam
etwas Neues zu gestalten.
Das Interview führte Anita Maas.
Podcast »Maas macht Mut« Hör dir auch die
Podcast-Folge mit Steffen Lohrer »Wie wir die
Spaltung überwinden können« an!
Steffen Lohrer ist Wirtschaftsingenieur und Unternehmensberater.
Er arbeitet als ›Coach für Inneren Frieden,
Erfolg und Gesundheit‹ und wird von der internationalen
Vermittlungsstelle für herausragende Heiler empfohlen.
Er ist Therapeut für buddhistische Psychotherapie.
65
—
UDO SCHROETER
Ein Gefühl von
Nach-Hause-Kommen
»Die zivilisatorische Schicht, die uns von der
Wildnis trennt, ist nicht dicker als drei Tage.«
GARY SNYDER
Dieses Zitat drückt für mich aus, was ich
draußen am Meer immer wieder aufs
Neue erlebe: Ich trage die uralte Verbundenheit
mit der Natur in mir. Und es ist tatsächlich
nur eine dünne zivilisatorische Schicht, die meine
tief verwurzelte Sehnsucht nach der ursprünglichen
Naturverbundenheit zudeckt. Nach kurzer
Zeit am Meer bin ich wieder angekommen – im
Rhythmus der Natur, in der Kraft der Stille und
bei mir. Ich bin zurückgekehrt in eine Welt, aus
der ich gekommen bin, in eine Verbundenheit, die
in jeder meiner Zellen gespeichert ist.
Den Takt des Lebens spüren
In der Natur komme ich wieder mit meinem ursprünglichen
Lebensrhythmus, der mir zum Anbeginn
meiner Lebensreise in mein Herz gepflanzt
wurde, in Berührung: dem Takt der Natur.
Es ist der Takt von Einatmen und Ausatmen
Der Takt von Tag und Nacht
Der Takt der Jahreszeiten
Der Takt von Ebbe und Flut
Es ist der wahre Takt des Lebens.
66
Dankbarkeit, Fülle und Endlichkeit. Das natürliche Gefühl
einer Verbundenheit mit den Elementen und anderen Lebewesen
wird durch meine Naturerfahrungen zu einem spirituellen
Erlebnis, weil diese Erfahrungen zur Quelle meiner
Empathie und meines Mitgefühls für alles Lebendige und das
Leben selbst werden.
Alles ist mit allem verbunden und ich bin ein Teil dieser
All-Verbundenheit.
Die Folgen der Entfremdung
Foto: Udo Schroeter
Diesen Takt des Lebens zu spüren, ihn
wahrzunehmen, erinnert mich an meine
ursprüngliche Natur. Wenn ich in
die Natur gehe, eröffne ich mir die
Möglichkeit, mein eigenes Leben wieder
in der natürlichen Welt zu verorten
und zu spiegeln. Ein Gefühl von Nach-
Hause-Kommen nimmt sich seinen
inneren Raum.
Es sind die Prinzipien von Annahme
und Loslassen, von Aktivität und Ruhe,
von Verwurzelung und Wachstum, von
Leben und Tod, die ich bewusst und
unterbewusst in der Natur wahrnehme
und mit meinem Menschsein in Verbindung
bringe. Ich komme wieder in
Resonanz mit meinem Leben, erfahre
Die globalen und gesellschaftlichen Krisen unserer Zeit sind
ein Ausdruck dafür, dass wir unsere natürliche Verbundenheit
zur Natur aufgegeben und verloren haben. Wir plündern
diesen Planeten aus, weil wir ihn nicht mehr fühlen und uns
auf unserer äußeren Reise aus unserer Verbundenheit mit
allem Leben losgesagt haben. Wir haben uns über die Natur
gestellt, statt unseren Platz in der Natur einzunehmen. Mit
der Naturentfremdung haben wir uns auch als Menschen
entfremdet. Und so ist auch die aktuelle Pandemie ein Ergebnis
unseres unablässigen Profitstrebens. Wir plündern
die Naturräume aus und schaffen uns so unsere eigenen,
lebensgefährlichen Bedrohungen, weil wir dem Leben selbst
seinen Raum nehmen.
Unsere industrielle Fleischproduktion in Massentierhaltungen,
die Aufzucht von Farmlachsen, die Jagd auf Wildtiere,
der auszehrende Umgang mit den Ackerböden, der
maßlose Umgang mit Pestiziden und Umweltgiften, die
Meeresverschmutzung mit Plastik, Kreuzfahrttourismus,
Flugreisen zu Billigtarifen … ich könnte die Liste an dieser
Stelle endlos weiterführen, jede dieser Anmerkungen ist ein
zivilisatorischer Ausdruck unserer Unverbundenheit mit dem
Leben selbst. Es ist ein Leben nach dem Motto »Nach uns
die Sintflut«. Unsere Empathielosigkeit geht sogar so weit,
dass wir für unser Profitstreben und der ewigen Gier nach
steigendem Bruttosozialprodukt sogar die Verbundenheit
mit den nachfolgenden Generationen, unseren Enkeln und
Urenkeln, rücksichtslos opfern. Wir fühlen diesen Planeten
und die nächsten Generationen nicht. Und am Ende schon
lange uns selbst nicht mehr.
Wieder zusammen am Lagerfeuer sitzen
Jeder Mensch trägt aber nach wie vor die Sehnsucht nach
dieser alten Verbundenheit, nach reiner Natur und dem balsamischen
Takt des Lebens in seinem Herzen, auch wenn sie
verschüttet ist. Aber das moderne digitalisierte und globalisierte
Leben mit seinen Anforderungen treibt viele Menschen
→
67
e i n ge f ü h l vo n nac h-haus e-ko m m e n
aus diesem Takt und aus dieser Verbundenheit
heraus. Wir klicken uns durch unser Leben. Partnerwahl,
Einkäufe, Info-Dienste – alles ist auf
Knopfdruck verfügbar. Dazu das Abtauchen in die
Social-Media-Accounts, in denen es oftmals nur
um Likes, Follower und Selbstdarstellung geht.
Statt Verbundenheit macht sich Einsamkeit, Konkurrenzdenken
und Oberflächlichkeit breit, weil
sich eine Verbundenheit im ursprünglichen Sinne
so nicht darstellen und erleben lässt. Wir sind
Naturwesen. Wir kommen vom Feuer. Dort haben
wir auf Augenhöhe Gemeinschaft erlebt, Geschichten
geteilt und unsere Erfahrungen ausgetauscht.
Unsere innere Welt, unsere Emotionen sind über
Zehntausende von Jahren in kleinen Jäger- und
Sammlerkulturen geprägt worden. Das ist die
emotionale Erfahrungssicherheit, die wir zu Beginn
unserer Lebensreise im Gepäck haben. Deshalb
trägt jeder Mensch auch eine natürliche Sehnsucht
nach Gemeinschaft in sich.
Das ist der Grund, warum jeder Mensch beim
Blick in ein Lagerfeuer in kürzester Zeit andächtig
und ruhig wird. Innere und äußere Welt kommen
wieder in Harmonie. Eine alte Verbundenheit
nimmt sich am Lagerfeuer wieder ihren Raum.
Und wie beim Eintauchen in die Natur, macht sich
auch am Feuer ein Gefühl von Nach-Hause-Kommen
breit.
Ein Mensch braucht diese liebevolle Verbundenheit
mit anderen, weil sie ihm Sicherheit und
Rückhalt gibt. Gemeinschaft trägt. Und zu diesem
spirituellen Gerüst gehört unbedingt auch der
liebende Blick auf die nächsten Generationen.
Fehlt diese Verbundenheit im modernen Leben,
nehmen sich Gefühle wie Einsamkeit und Angst
ihren Raum. Und so sind die alten Feuerbilder
auch die Tore zu einer Verbundenheit im modernen
Leben. Die wichtigsten Fragen haben sich nicht
verändert:
Wofür brenne ich?
Wo brennt mein Feuer?
Wer sitzt mit mir an meinem Feuer?
Welche Geschichten erzähle ich
an meinem Feuer?
Die Antworten auf diese Fragen sind das Tor, um
Verbundenheit im eigenen Leben wieder zu kreieren
und zu fördern.
Medizin für die Seele und
den Planeten
In unseren Herzen ruht immer noch das balsamische
Wissen um unsere ursprüngliche Verbundenheit
mit der Natur und mit anderen Menschen.
Wenn wir viele der aktuellen Probleme lösen wollen,
ist es eine gute Idee, durch dieses Tor der
Erinnerung zu gehen. Die größte Medizin für uns
und diesen Planeten wäre es, wenn wir uns auf den
Weg machten, diese ursprüngliche in uns ruhende
Verbundenheit zu anderen Menschen und zur
Natur wieder zu fördern und herzustellen.
Wir müssen uns daran machen, nachhaltige
Wirtschaftskonzepte zu entwickeln, die das Leben
selbst, in all seinen Facetten, wieder in den Blick
nehmen und würdigen. Jeder von uns kann seinen
Beitrag dazu leisten. Mit seinem eigenen Leben
hat jeder von uns einen eigenen Gestaltungsraum
mit auf seine Lebensreise bekommen. Einen Raum,
in dem er seine eigene Verbundenheit mit der
Natur leben, ausdrücken und pflegen kann. Wo
und was kaufe ich ein? Wie reise ich? Wo kommt
meine Nahrung her? Was brauche ich wirklich
zum Leben? Wie gestalte ich meinen Garten?
Jede dieser Fragen ist ein Zugang, die alte Verbundenheit
zur Natur zu würdigen und mit Leben
zu füllen. Es ist eine Reise, im eigenen Leben
wieder mehr Sinn, Zufriedenheit und Verbundenheit
zu stiften. Es ist Medizin für den Planeten und
für die eigene Seele.
Mir kommt an dieser Stelle immer mein Freund
Lars in den Sinn, mit dem ich vor ein paar Jahren
an einem Lagerfeuer am Strand saß und wir über
unsere Naturverbundenheit philosophierten.
»Stell dir vor …«, begann er damals, »jeder Grundstückseigentümer
würde vier Gehwegplatten auf
seinem Grundstück wieder rausnehmen und Mutter
Erde auf diesem Raum wieder atmen lassen.
Und nicht nur das, er würde auf dieser kleinen
Fläche das Leben selbst wieder ansiedeln mit einem
Busch, Pflanzen, einem Baum – oder auf der
Fläche Wildblumensaat ausbringen.
68
»Stell dir das nur mal vor!«, sagte er damals und
ich finde das bis heute eine schöne Vorstellung,
weil es genau darum geht:
Was kann ich in meinem Leben, in meinem Gestaltungsraum
dafür tun, das Leben selbst wieder
zu fördern und eine alte Verbundenheit wieder
mit Leben zu füllen?
Im wahrsten Sinne des Wortes. Da sind die Gehwegplatten
nur ein Anfang, da bin ich mir sicher!
Viel Freude auf dieser Reise!
Udo Schroeter arbeitet als Seminarleiter,
Wegbegleiter für Unternehmen und als
Buchautor. Er
lebt auf der dänischen Ostseeinsel
Bornholm, liebt das Meer,
die Stille und die ursprüngliche dänische
Art zu leben: »Hygge«.
www.udoschroeter.com
69
Ist der Mensch ein soziales
oder asoziales Wesen?
Gemeinsam
wachsen wir
über uns hinaus
Die Lösung liegt
in der Co-Kreativität
—
INTERVIEW MIT
PROF. DR. GERALD HÜTHER,
MITGRÜNDER DER AKADEMIE
FÜR POTENTIALENTFALTUNG
Unsere größten, aktuellen Probleme fußen
auf einer Beziehungskultur, in der wir
uns gegenseitig zum Objekt unserer Bewertungen
und Absichten machen. Wir
könnten die überall anzutreffenden hierarchischen
Strukturen aber auch auflösen
und uns, statt einander dominieren
zu wollen, gegenseitig unterstützen. Ganz
automatisch entsteht in einer derartigen
neuen Beziehungskultur ein Ausmaß an
Co-Kreativität, das es uns leicht macht,
gemeinsam Lösungen für die dramatischen
Situationen auf der Welt zu finden.
Vor allem nachhaltige, die auch unseren
Kindern zu Gute kommen.
Der Mensch ist ein soziales Wesen, hat
aber die Möglichkeit, für eine gewisse Zeit
auch asoziale Verhaltensweisen zu entwickeln.
Dauerhaft asozial geht nicht. Dann
wären wir weder Menschen geworden,
noch könnten wir Menschen bleiben.
Unser größtes Problem ist, dass wir glauben,
wir existierten als Einzelwesen. Dadurch
vergessen wir, wie sehr wir andere
Menschen brauchen, um das zu lernen,
was wir heute können.
Wie sollte unsere Gesellschaft
idealerweise aussehen?
Es gibt ein universelles Prinzip, das uns
Astrophysiker erklären können: Die Entwicklung
des Universums ist auf allen
Stufen eine ständige Erweiterung der
Möglichkeitsräume für die dabei entstehenden
Strukturen. Das heißt, ein einzelnes
chemisches Element hat weniger Interaktionsmöglichkeiten
als organische
Substanzen. Lebendige Wesen, die daraus
entstanden sind, haben noch größere Dimensionen
an Möglichkeitsräumen. Am
Ende der Entwicklung steht der Mensch
als ein Wesen, das über die größten Möglichkeitsräume
verfügt. Wenn das ein universelles
Entwicklungsprinzip ist, dann
wäre die Erweiterung unserer Möglichkeitsräume,
also die Potentialentfaltung,
unsere wichtigste Aufgabe.
Was hindert uns daran,
diesen Zustand zu erreichen?
Wir Menschen unterscheiden uns von den
Tieren dadurch, dass wir nicht mehr von
Instinkten geleitet werden, auf die wir uns
verlassen können. Wir müssen das Zusammenleben
erst lernen. Dabei kann man
sich verirren, z. B. indem man kurzfristige
70
Ziele verfolgt und das Langfristige aus den Augen
verliert. Das haben wir gemacht und sind dabei
offenbar in eine Sackgasse geraten. Wenn wir
unseren Nachkommen eine Welt hinterlassen, die
ärmer, verschmutzter und ausgelaugter ist als die,
die wir selbst vorgefunden haben, sind wir auf
einer Rückentwicklung.
Was hat uns in
diese Situation gebracht?
Die Menschheitsgeschichte ist durchzogen von
Krieg. Gegen eine solche Bedrohung kann man
sich nur wehren, wenn man strenge Hierarchien
ausbildet. Wir waren gezwungen, Beziehungen
aufzubauen, in denen es einen Anführer gibt und
andere, die das machen, was der Anführer sagt.
So haben wir Objektrollen und Objektbeziehungen
entwickelt. Einer macht den anderen zum
Objekt seiner Vorstellungen, Maßnahmen, Ziele
und Absichten. In Notsituationen ist das not-
wendig, um zu überleben. Heute müssen wir uns
fragen, ob die pyramidale Struktur unserer Gesellschaft
uns nicht an der Entfaltung unserer
Möglichkeiten dramatisch hindert. Wir müssen
uns fragen, ob wir andere Formen der Beziehung
ausbilden können als die, die seit tausenden von
Jahren unsere menschliche Entwicklung dominiert
hat: Einer macht den anderen zum Objekt
seiner Vorstellung.
Wir kommen nicht so zur Welt, sondern müssen
erst lernen, andere zum Objekt zu machen. Jedes
Kind kommt als Subjekt zur Welt. Die ersten Beziehungen
sind Subjekt-Subjekt Beziehungen
zwischen den engsten Bezugspersonen. Da benutzt
keiner den anderen für seine Zwecke. Wenn
das Kind eine Vorstellung von sich selbst entwickelt,
so mit 3-4 Jahren, beginnen Eltern, ihre
Kinder zu erziehen. Sie meinen das gut, aber wie
sie es machen, führt dazu, dass das Kind zum Objekt
elterlicher Erwartungen, Bewertungen, Vorstellungen,
Ratschläge und Maßnahmen wird. Für
die Kinder ist das eine schmerzhafte Erfahrung.
→
71
g e m e i n s a m wac h s e n wi r über uns h i n a us
Wenn man diesen Schmerz hat, braucht man eine
Lösung. Dafür gibt es zwei Optionen: Wenn mich
jemand (die Mutter, die Erzieherin, der Lehrer)
zum Objekt macht, dann mache ich den anderen
auch zum Objekt meiner Bewertungen und sage:
»Blöde Mama, doofer Lehrer!«. Diejenigen, die
das besonders gut und früh lernen, werden die
Peer-Leader im Kindergarten und die Anführer
in den Schulen. Sie finden heraus, wie sie die
anderen Kinder für ihre Zwecke benutzen können.
Die es am besten gelernt haben, kommen in
Führungspositionen in Politik, Wirtschaft und in
den Medien.
Die zweite Strategie, die Kinder einschlagen
können, um den Schmerz zu überwinden, dass
sie zum Objekt gemacht werden, besteht darin,
dass sie sich selbst zum Objekt machen. Das Kind
sagt dann nicht »Blöde Mama!«, sondern »Ich bin
blöd!«, »Ich bin nicht liebenswert«, »Ich kann
kein Mathe«. Das führt dazu, dass man sich selbst
nicht leiden kann und mit sich selbst in keiner
guten Beziehung ist. Wer das gemacht hat, hat
auch Schwierigkeiten, in eine gute Beziehung zu
anderen zu kommen.
Die Grunderfahrung ist, dass jedes Kind als
Objekt behandelt wird und eine der beiden Optionen
als Bewältigungsstrategien wählt: Sich
selbst zum Objekt zu machen oder die anderen.
Das ist unsere gegenwärtige Beziehungskultur.
Wie sieht die Alternative aus?
Das Wichtigste ist, dass man erkennt, wie man
selbst zum Objekt geworden ist. Das, was man sich
als Bewältigungsstrategie angeeignet hat, ist ein
Konstrukt in der eigenen Vorstellungswelt, von
dem man sich verabschieden könnte. Man kann
ja als Erwachsener ausprobieren, wie das ist, wenn
man aus den Objektrollen rausgeht und sich als
Subjekt zeigt. Zum Beispiel in Situationen, in denen
man zum Objekt gemacht wird – beim Chef,
beim Elternabend, beim Arzt – und antwortet:
»Ich sehe ein, was Sie sagen, aber wie Sie es sagen,
das tut mir weh. Vielleicht haben Sie eine Idee,
wie Sie mir das auf eine andere Weise sagen können,
die uns nicht trennt, sondern, die uns verbindet.«
Dann bleiben Sie einfach sitzen. Das ist
72
die Emanzipation des Objektes zum Subjekt.
Wenn Sie das machen, verwandelt sich das Gegenüber
selbst zum Subjekt. Es gibt zwei Möglichkeiten,
darauf zu reagieren: Entweder, er schmeißt
Sie raus (dann haben Sie ihn in seiner wahrhaftigen
Haltung gesehen) oder er sagt, »Das tut mir
leid, das möchte ich gar nicht. Ich versuche es
nochmal anders.« Sie können nur gewinnen. Was
die meisten Menschen daran hindert, so zu reagieren,
ist die Angst. Sie haben nicht die Kraft
und den Mut, sich selbst als Subjekt zu zeigen.
Aus Angst vor der Retraumatisierung, wieder in
den alten Schmerz hineingestoßen zu werden,
wieder zum Objekt gemacht zu werden. Sie sind
nicht sicher, ob sie die Position als Subjekt aufrechterhalten
können.
Weil das alle machen, steht eine große Gemeinschaft
auf der Stelle, in der sich alle gegenseitig
als Objekt behandeln und ihre jeweiligen Rollen
als Objekte spielen. So können keine co-kreativen
Entwicklungsprozesse entstehen und so lassen
sich keine Probleme lösen.
Wo könnte man da ansetzen?
Wir müssen Mut machen, aus den Objektrollen
auszusteigen. Mut kann man Menschen nur machen,
indem man zeigt, dass es geht. Deswegen
versuchen wir in der Akademie für Potentialentfaltung
Beispiele dafür zusammenzutragen, wie
Menschen sich in Gemeinschaften nicht mehr als
Objekte behandeln.
Man braucht Mut, aber man muss es auch
durchhalten können. Der Einzelne kann nur
schwer solche Veränderungsprozesse in Gang
setzen, z. B. ist es schwer, als Alkoholiker allein
mit dem Trinken aufzuhören. In einer Gemeinschaft
wie den Anonymen Alkoholikern, die sich
gegenseitig unterstützen und Verantwortung füreinander
übernehmen, die sich einladen, inspirieren
und ermutigen, funktioniert es. Sie haben
eine Erfolgsquote von 80–90%, während die
Suchttherapeuten und deren Einrichtungen froh
sind, wenn sie 50% erreichen.
In Potentialentfaltungsgemeinschaften gibt es
keine hierarchischen Ordnungen mehr. Es gibt
auch keine Objektrolle wie Therapeut und Patient
mehr. Da begegnen sich Menschen. In hierarchischen
Strukturen ist das möglich. Sie sind so aufgebaut,
dass das Kommando von oben nach unten
durchgereicht wird. In Subjekt-Subjekt-Beziehungen
ist die Hierarchie automatisch aufgelöst.
Woran liegt es, dass derzeit so viele
Gemeinschaften entstehen,
z. B. als Co-Working Space, in der
solidarischen Landwirtschaft und
als Lebensgemeinschaft?
Offenkundig ist ein Zeitpunkt in unserer Entwicklung
erreicht, an dem viele erkennen, dass es so
nicht mehr weitergeht. Das Zeitalter der Einzelkämpfer
ist zu Ende. Diese Phase ist vergleichbar
mit dem Übergang der Entwicklung von den Einzellern
zu den Vielzellern vor Milliarden von Jahren.
Den Einzellern wird es vermutlich nicht leicht
gefallen sein, sich zusammen zu tun und eine Gemeinschaft
zu bilden. Die haben es hingekriegt,
auch ohne Hirn. Deswegen gehe ich davon aus,
dass wir durchaus auch eine Chance haben, diesen
schwierigen Übergang zu meistern.
Wie kann man den Einzelnen
am besten stärken
in einer Gemeinschaft?
In einer Gemeinschaft müsste ich mich in jedem
Moment fragen, ob ich alles getan habe, andere
einzuladen, zu ermutigen, zu inspirieren, ein kleines
Stück über sich hinaus zu wachsen. Wir reden
hier nicht über Gemeinschaften, die zusammen
auf dem Sofa sitzen und sich freuen, wie toll es ist,
sondern wir reden über Potentialentfaltungsgemeinschaften.
Das Ziel ist nicht Bequemlichkeit,
sondern Glück und Wachstum, Wiederentdeckung
der eigenen Entwicklungsfähigkeit. Wenn
das geschieht, bleibt man automatisch gesünder
als solche, die sich nicht richtig entwickeln können
und mit so vielen Problemen zu kämpfen
haben. Es geht um Entwicklungsfähigkeit, Gesundheit
und Lebensfreude. Das kriegen Sie automatisch,
wenn Sie Mitglied einer solchen Gemeinschaft
werden. Es fällt uns schwer, uns das vor-
→
73
g e m e i n s a m wac h s e n wi r über uns h i n a us
zustellen, weil wir das noch nie erlebt haben. Sie
würden sich in einer solchen Gemeinschaft so frei
fühlen wie noch nie zuvor in Ihrem Leben. Sie
würden sich stimuliert fühlen und autonom. Unsere
Erfahrungen sehen meist so aus, dass wir von
anderen für ihre Zwecke benutzt werden oder
dass die ganze Gemeinschaft einem Ziel hinterherjagt
und alle Mitglieder sich zum Objekt dieser
Ideologie machen.
Das klingt wunderbar. Wie kann man
die Menschen auf der Straße
und im Freundeskreis dazu einladen,
sich auf den Weg zu machen?
Am besten man zeigt anderen, wie gut es einem
selbst damit geht. Wer sich so auf den Weg macht,
müsste etwas so Attraktives ausstrahlen, dass alle
um ihn herum sagen, »Das hätte ich auch gerne«.
Keine schlechte Laune mehr, immer diesen offenen,
freien Blick, keine Angst mehr, immer im
Gefühl, selbst der Gestalter seines Lebens zu sein
und nicht Opfer der Verhältnisse. Manchmal trifft
man solche Menschen mit einer solchen Attraktivität.
Man nennt das auch Charisma. Die kann
man ja mal fragen, wie sie das machen.
Viele sind ja tatsächlich auf der
Suche nach Veränderung …
Das ist das Neue an dieser Entwicklung. Sie kann
nicht durch Parteien und Gewerkschaften oder
Organisationen umgesetzt werden, sondern nur
durch die Menschen vor Ort. Wir finden überall
im Land kleine Gemeinschaften, die sich auf den
Weg machen. Ich wohne auf dem Dorf. Ich habe
dieses Jahr das erste Mal bemerkt, dass das ganze
Dorf gemeinsames Apfelmosten organisiert hat.
Die Feuerwehr hatte dazu aufgerufen, dass alle
Dorfbewohner an einem Samstag Äpfel sammeln,
zur Moststation bringen, dort gemeinsam mosten
und abfüllen und den Most untereinander aufteilen.
Das ist doch grandios! Vor 10 Jahren wäre
es noch schwer denkbar gewesen, dass ein ganzes
Dorf mitmacht. Wenn man erst einmal danach zu
suchen beginnt, wird man viele solcher Beispiele
finden. Das ist die eigentliche Revolution, die im
Moment stattfindet: dass sich immer mehr Menschen
zusammen mit anderen gemeinsam auf den
Weg machen. Unsere Akademie ist so etwas wie
ein Sammelbecken, eine Plattform, eine Heimat,
wo Menschen sich anschließen und den Prozess
in die Breite tragen können. Es ist keine Transformation
der Gesellschaft, die von oben nach unten
eingeleitet wird, so wie wir das immer erwarten.
Das müssten wir doch allmählich begriffen haben:
Es wird keiner kommen, der es für uns richtet. So
ein Transformationsprozess kann nur von unten
durch jeden Einzelnen von uns in Gang kommen,
indem wir uns gemeinsam auf den Weg machen.
Wie kommt man in Potentialentfaltungsgemeinschaften,
in denen es keine
Hierarchien gibt, zu Entscheidungen?
Das ist ein interessanter Punkt. In solchen Gemeinschaften
stellen alle recht schnell fest, dass
nicht dauernd etwas entschieden werden muss.
Dass man es miteinander hinkriegen möchte, ist
ja klar. Es geht also nur noch um den besten Weg,
den man einschlägt. Das heißt wir haben eine ganz
andere Intentionalität. Wenn alle gemeinsam eine
Lösung finden wollen, finden sie die auch.
Es ist dann ja auch nicht mehr notwendig, dass
einer dem anderen unbedingt beweisen will, dass
er recht hat. So etwas gibt es nur dort, wo sich
Menschen auf Kosten anderer profilieren wollen,
also andere benutzen, um sich selbst aufzuwerten.
Dann aber ist keine konstruktive Lösung möglich
und Co-Kreativität sowieso nicht.
Was ist Co-Kreativität?
Was uns als Menschen so viel Wissen, Erkenntnis
und kulturelle Entwicklung ermöglicht hat, war
der Umstand, dass Menschen ihr Wissen und Können
seit jeher miteinander austauschen. Es geht
in der Menschheitsgeschichte nicht voran, wenn
einer sein Wissen vor den anderen versteckt, sondern
wenn das Wissen miteinander geteilt wird.
Einer findet etwas und die anderen überprüfen
und übernehmen das, wenn es gut ist. Die höchste
74
zur Erzeugung von Gewinnen betrachtet
und behandelt. Jeder Konsument, jeder
der sich Werbemaßnahmen aussetzt, ist
ein Objekt von Bewertungen und Verkaufsstrategien.
Unser Wirtschaftssystem
ist auf diese Objektbeziehung angewiesen.
Aber unser Überleben, die Entfaltung
unserer Potenziale und jede Form von ökologischem
Zusammenleben hängen davon
ab, dass wir diese Form des Umgangs miteinander
überwinden. Das ist das Dilemma,
in dem wir gefangen sind und wofür
wir eine Lösung brauchen.
Form dieser Art von Austauschprozessen entsteht immer
dann, wenn gemeinsam nach einer Lösung gesucht wird.
Diese gemeinsame Suche nach Lösungen heißt Co-Kreativität,
an der jeder als Individuum beteiligt ist, aber das
Ganze sich in einer Gemeinschaft abspielt. Es kommt auf
jeden an. Was gefunden wird, ist mehr als das, was sich
ein Einzelner ausdenken könnte.
Wir scheitern gegenwärtig in so vielen Bereichen unserer
gesellschaftlichen Entwicklung, weil wir die Probleme,
die wir erzeugt haben und die uns jetzt zu schaffen
machen, auf die bisherige Weise nicht lösen können. Wir
haben keine Erfahrung, wie wir Gemeinschaften bilden,
deren Mitglieder wirklich Interesse haben, die Probleme
gemeinsam zu lösen und nicht gegeneinander. Die Ursache
dafür ist ein Wirtschaftssystem, das auf Konkurrenz
gebaut ist und den Menschen zwangsweise als Objekt
Dafür machen wir uns gemeinsam
auf den Weg. Die Richtung dieses
Weges wird aber nicht von der
Politik oder der Wirtschaft bestimmt,
sondern von den Menschen,
die das erkannt haben und
mit gutem Beispiel vorangehen
und viele Nachahmer finden.
Und zwar, indem sie nicht länger anderen
sagen, was und wie sie es tun sollen, sondern
indem sie es selber tun und die Attraktivität
ihrer Argumentation dadurch unter
Beweis stellen, dass jeder, der sie sieht,
automatisch merkt, dass es diesen Menschen
gut geht, weil sie gemeinsam etwas
aufbauen, was weit über das hinausgeht,
was sie als Einzelne zustande bringen.
Das Interview führte Anita Maas.
Der Neurobiologe und Autor Prof. Dr. Gerald Hüther ist ein Vollblutwissenschaftler
mit dem tiefen Wunsch, bedeutsame Erkenntnisse auch außerhalb
der Hörsäle verfügbar zu machen. In vielen Projekten und Initiativen geht es
ihm darum, exemplarisch zu zeigen, dass nachhaltige Veränderungsprozesse
auf der Ebene sozialer Beziehungen möglich sind. Er ist Initiator und Vorstand
der Akademie für Potentialentfaltung.
www.gerald-huether.de
www.akademiefuerpotentialentfaltung.org
75
s i n n e r f ü l lt e r leben & a r b e i t e n
Keiner lebt für sich allein
— und was heißt dann
»systemrelevant«?
»Der Rat und ich sind zu einer Entscheidung gelangt.«
Der Häuptling machte eine Pause, als habe er Mühe, die folgenden Worte
auszusprechen. »Wir werden die Alten zurücklassen müssen.«
Beate Hofmann begleitet
als Coach und Autorin
Menschen und Unternehmen
in einem sinnorientierten
Wandel. Im TEAM BENEDIKT
leitet sie Seminare zum sinnerfüllten
Leben und Arbeiten.
www.beatehofmann.de
www.hopeandsoul.com
So beginnt die eindrückliche Erzählung »Zwei alte Frauen« von Velma Wallis.
Packend und einfühlsam schildert die indigene Schriftstellerin, wie arktische
Nomaden in einer extremen Hungersnot diese bittere Entscheidung treffen
und was das für den Stamm und die beiden alten Frauen bedeutet. Systemrelevant
oder nicht, das scheint hier das Kriterium zu sein.
So wie viele von uns bin ich selbst zusammengezuckt, als ich das Wort
»systemrelevant« zu Beginn der Corona-Pandemie hörte. Was und wer ist
wann und wofür relevant, habe ich mich gefragt? Und wer kann das überhaupt
beurteilen?
Keiner von uns lebt für sich allein! Wir brauchen beides, die Verbundenheit
und zugleich die persönliche Freiheit. Doch zuallererst braucht ein
Mensch das Wir.
Vom ersten Atemzug an sind wir angewiesen auf Unterstützung, Zuwendung
und die körperliche Nähe anderer Menschen. Das beginnt schon lange
vor unserer Geburt im Bauch der Mutter. Ihr Blut fließt durch unseren Körper,
und bis zur Abnabelung ist ein Baby umgeben von ihrer wärmenden Sicherheit,
angewiesen auf den mütterlichen Herzschlag und ihren nährenden
Biorhythmus. Selbst nach der Geburt ist ein Kind nur überlebensfähig, wenn
es versorgt, berührt und beachtet wird – und das noch viele Jahre lang. Von
Beginn an ist unser Leben eingebettet in ein Netz aus Beziehungen: zu Eltern,
Geschwistern, Großeltern. Und später zu Spielgefährten, Lehrern, Nachbarn,
Kollegen und vielen anderen Menschen. Daher stammt die Überzeugung,
dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind großzuziehen.
Und nicht nur während der Kindheit, sondern auch als Erwachsene und
mitten in unserem beruflichen Alltag sind wir angewiesen auf andere. Mehr
und mehr Unternehmen merken inzwischen, wie wichtig es ist, an der Beziehung
der Mitarbeitenden untereinander und an der Persönlichkeitsbildung
der Führungskräfte zu arbeiten.
Ich erlebe es durch Anfragen im Coaching und an der Anzahl der Teilnehmenden
in Seminaren, die sich der Sinn- und Potenzialentwicklung öffnen.
Menschen, die sich in ihrer Persönlichkeit entwickeln, wachen innerlich
auf, hinterfragen übernommene Denkmuster und Gewohnheiten. Sie erkennen
eigene Begabungen, wollen ihr Potenzial einsetzen und gewinnen
76
dadurch im Idealfall neue Wirksamkeit in einem System,
was für sie zu einer Erfahrung von Sinn führt.
Ein WIR-Faktor entsteht, der einen ganzen Kreislauf
in Gang setzt. Die Kommunikation verbessert sich. Gemeinsam
wird um die Lösung von Schwierigkeiten gerungen,
die erlebte psychologische Sicherheit bewirkt
eine größere Offenheit und mehr Synergie statt Konkurrenzdenken,
was Innovation und höhere Wettbewerbsfähigkeit
auslöst. Mein Eindruck ist, dass dies ein
lohnender, aber auch langwieriger Weg ist. Er beginnt
mit der persönlichen Entwicklung, die vom Ego hin
zum Selbst und dann zum Wir führt.
Eine der besten Übungen, die ich aus der Organisationsentwicklung
dafür kenne und nutze, ist das »Appreciative
Inquiry« (AI) – das wertschätzende Interview.
Entwickelt von Forschern der Case Western
University fördert diese Methode Zugewandtheit, Vertrauen
und ein positives Selbstbild. Es geht darum, das
Potenzial wahrzunehmen, was in jedem einzelnen Menschen
liegt, und den Fokus auf das Gelingen zu richten.
Deshalb werden in Partnerarbeit konkrete Fragen gestellt
nach dem, was einem so richtig Freude macht,
nach den Sternstunden bei der Arbeit, nach Fähigkeiten
und Stärken oder nach dem, was einen am meisten
unterstützt und weitergebracht hat. Dadurch werden
Gaben, Fähigkeiten und Synergien erkannt und ermöglicht.
Dies erweist sich als wesentlich für die Verbindung
untereinander.
Systemisch ausgerichtete, integrativ denkende und
persönlich entwickelte Menschen wandeln auf diese
Weise allmählich ihr Umfeld. Es ist ein Prozess, der
seine Zeit braucht. Wo sich Organisationen, Gemeinschaften
und Unternehmen dafür öffnen, gibt es nachhaltigere,
gerechtere Strukturen, in denen sich Menschen
auf Augenhöhe begegnen und einem großen
WIR verbunden sind. Um es mit den Worten der langjährigen
Personalvorständin und Beraterin, Janina
Kugel, zu sagen: Inklusion und Empowerment sind der
Schlüssel zur Bewältigung vieler Probleme, mit denen
wir konfrontiert sind, seien es die geschäftlichen Herausforderungen
auf der Ebene von Unternehmen und
Organisationen oder die großen globalen Herausforderungen,
denen wir auf der Ebene der Gesellschaft
als Ganzes gegenüberstehen. Um diese Herausforderungen
zu meistern und eine lebenswerte Zukunft für
uns alle zu gestalten, müssen wir die strukturelle Diskriminierung
in unseren Gesellschaften überwinden
und die Fähigkeiten, das Wissen und die Energie aller
nutzen, die einen Beitrag leisten wollen.
In der Erzählung »Zwei alte Frauen« kann ich exakt
diese Vision eines neuen Wir erkennen. Als die beiden
zurückgelassenen Alten beschließen, besser handelnd
statt klagend zu sterben, finden sie zu ihrer Kraft und
damit zum Leben zurück. Sie nutzen ihre Potenziale
und machen das Beste daraus. Letztlich werden die
»unnützen« Alten relevant für das System und sichern
dem Stamm das Überleben. Ein neues WIR, eine tiefere
Gemeinschaft entsteht, die aus dem tragenden, wertschätzenden
JA zueinander erwächst.
Die Frage ist, bist du bereit, deine Einzigartigkeit
einem größeren Wir beizusteuern? Mit anderen Worten:
Willst du gemeinsam mit anderen leuchten oder
für dich glänzen?
Drei Gesprächsimpulse für ein
wertschätzendes Interview:
1.
Erzähle mir von einer Sternstunde in deinem
Leben und was dein Anteil daran war,
dass es so ein Highlight wurde.
2.
Erzähle mir, wie du ein großes Hindernis in
deinem Leben überwinden konntest. Welche
deiner Stärken war dafür besonders wichtig?
3.
Erzähle mir von der größten Veränderung,
die du in den letzten Jahren erlebt hast und
was das Gute daran ist.
77
Von der Gesellschaft
zur Gemeinschaft
—
ANTJE TITTELMEIER
Was leben wir in einer spannenden Zeit
voller Umbrüche, Neu-Ordnungen und
Wandlungsprozesse! Nie war die Chance
so groß, im Kleinen wie im Großen Dinge auf den
Prüfstand zu stellen, Ballast abzuwerfen und sich
zu fragen, was wirklich wichtig ist im Leben. Und
auch wenn die momentane Krise jeden Menschen
auf unterschiedliche Art und Weise extrem
herausfordert und ihn zeitweise an die eigene
Belastungsgrenze bringt, so beinhaltet sie gerade
deswegen ein enormes Potential zur persönlichen
Weiterentwicklung.
78
Wer bin ich wirklich
in der Tiefe meines Seins?
Welche Gaben und Talente wohnen in mir und
warten nur darauf, entdeckt und gelebt zu werden?
Was tut mir gut? Was nährt mich und
schenkt mir Energie und Kraft? Was tut mir nicht
mehr gut, wovon möchte ich mich verabschieden,
was möchte ich loslassen und endlich hinter mir
lassen? Diese und viele andere Fragen tauchen
auf, wenn Ablenkungen wegfallen und der Mensch
Zeit mit sich allein verbringt. Auf sich zurückgeworfen
erleben viele Menschen zur Zeit eine völlig
neue Wahrnehmungsebene zu sich selbst. Sie
spüren plötzlich eine tiefe Sehnsucht nach wahrer
Erkenntnis und authentischem Selbstausdruck,
fühlen, dass sie auf dem Weg sind, ihren echten
Wesenskern zu erforschen und ihr innewohnendes
Potential zur Entfaltung zu bringen.
Dieser Prozess erfordert Mut und bringt in der
Tat auch viele Schattenseiten ans Licht. Doch je
ehrlicher wir hinschauen und unsere eigene Illusion
enttarnen, umso klarer wird die Sicht auf die
Dinge, die uns wirklich am Herzen liegen. Wir
können uns fragen, wie wir unsere Wünsche und
Ziele umsetzen wollen und welche Voraussetzungen
es dafür braucht.
Eine neue Bewusstheit für
die kleinen Momente im Alltag
Welch Wohltat, bei einem Spaziergang im Wald
die frische, würzige, sauerstoffreiche Luft einzuatmen
und sie tief bis in die Lunge zu lenken. Was
für ein Glücksgefühl, die wärmenden Sonnenstrahlen
auf der Haut zu spüren und dem Gesang
der Vögel zu lauschen. Wie hoffnungsvoll, fröhlichen
Menschen zu begegnen, die ebenfalls in
der Natur unterwegs sind, einen offenherzig anschauen
und ein gutgelauntes Hallo zurufen.
In diesen Momenten ist eine Verbundenheit da,
die mir vor Dankbarkeit und Freude Tränen in die
Augen treibt. Was Jahrzehnte lang selbstverständlich
war, ist nun die Chance zur tiefen, bewussten
Wahrnehmung. Sowohl die intensive Verbindung
zur Natur, als auch der Austausch eines glücklichen
Lächelns mit fremden Menschen schenkt
unendlich viel Hoffnung und Zuversicht, Freude
und Kraft. In Gesprächen mit Freunden erlebe ich
ebenfalls eine Zunahme an Bewusstsein und
Dankbarkeit für die kleinen Dinge im Alltag. Ich
habe das Gefühl, dass wir uns noch offener austauschen
und jeder ehrlich mitteilt, was ihn bewegt
oder belastet. Gerade in Zeiten, in denen wir
von den Ereignissen im Außen irritiert sind, uns
vielleicht zwischendurch ohnmächtig und verzweifelt
fühlen, bewirkt ein Gespräch mit Freunden
oftmals Wunder. Wir fühlen uns verstanden, unterstützt
und angenommen in unserer Not. Andersherum
können wir anderen mit offenem Herzen
zuhören und ihnen Verständnis und Mitgefühl
entgegenbringen.
Anbindung an die
geistigen Ebenen
Auch die Anbindung an die geistigen Ebenen kann
helfen, Halt und Sicherheit in turbulenten Zeiten
wiederzufinden. In Gebeten oder Gesprächen mit
unseren geistigen Lehrern, Engelwesen oder anderen
lichtvollen Seelen erhalten wir Antworten
auf Fragen, die wir nicht mit anderen Menschen
teilen möchten. Ich selbst kann diesen Kontakt
am leichtesten in der Natur herstellen bzw. zulassen.
Dort fühle ich mich eingebunden in die
Schöpfung, bewundere die Schönheit der Bäume,
Blumen und Gräser und werde innerlich offen und
weit. Der Kopf wird frei, die Gedanken lassen nach
und die innere Bereitschaft zu empfangen wächst.
Inzwischen habe ich immer einen kleinen Block
dabei, damit ich es einfach aufs Papier fließen lassen
kann.
In der Natur fällt es auch so herrlich leicht, sein
Herz zu öffnen und sich von bezaubernden Kleinigkeiten
berühren zu lassen. Nach dem Motto
»raus aus dem Kopf, rein ins Herz« nehmen wir
die Umgebung aus dem Herzen wahr. Indem wir
die Verbindung zu unserem eigenen Herzen stärken,
erhalten wir Zugriff auf die uns innewohnende
Weisheit unseres Herzens. So schenkt uns auch
unser eigenes Herz Antworten auf brennende
Fragen.
→
79
vo n der ge s e l ls c h a f t zu r ge m e i n s c h a f t
Sich im Herzen
verbinden
Je mehr Menschen sich mit ihrer
eigenen Weisheit verbinden und
den Impulsen des Herzens folgen,
desto authentischer wird
ihre Lebensgestaltung sein. Sie
leben ihre eigene Wahrheit,
bringen ihre Gaben und Talente
ein und haben eine Vision für
eine lichtvollere, freiheitliche
Welt. Lasst uns einmal hineinspüren,
welch enorme Kraft entsteht,
wenn diese Menschen sich
im Herzen verbinden und sich
miteinander vernetzen. Ein riesiges
Energiefeld kann entstehen,
das sich über die gesamte
Erde erstrecken könnte, wenn
die Menschen sich bewusst auf
die hohe Schwingung der Liebe
und Verbundenheit der Herzen
einstimmen. Wie viel Hoffnung,
Freude und Zuversicht kann aus
diesem Feld der Liebe erwachsen!
Das Gemeinschaftsgefühl
erzeugt ein vollkommen neues
Wir-Bewusstsein, das geprägt ist
von Verständnis, Mitgefühl und
gemeinsamen Visionen für die
neue Zeit. Das kollektive Lösen
von alten Strukturen und festgefahrenen
Elementen der momentanen
Gesellschaft führt zu
einem neuen Miteinander, in der
die harmonische, friedliche und
lebensbejahende Gemeinschaft
ihren Ausdruck findet.
Visionen für eine
lichtvolle Welt
Eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte
steht bevor. Die
Veränderung des Bewusstseins
und das Wahrnehmen feinstofflicher
Energien und globaler
Veränderungen führen zu einem
neuen Gewahrsein göttlicher
Präsenz in jedem Lebewesen auf
dieser Erde. Im Zustand des Eins-
Seins, des Verbundenseins mit
allem, was ist, wird es keinerlei
Missbrauch, Neid und Konkurrenzkampf
geben. In dem Gefühl
innerer liebevoller Verbundenheit
achten und schätzen wir
jeden einzelnen Lebensstrom in
seiner individuellen Ausdrucksform.
Im erwachten Zustand unterstützen
wir uns gegenseitig
und profitieren von dem Potential
des anderen. Der Gemeinschaftsgedanke
wird zu einem
Gemeinschaftsgefühl, das selbstverständlich
im Herzen verankert
ist. Dieses bringt neue Lebensinhalte,
Wohnprojekte und
Lebensgestaltungsweisen hervor,
bei der Arbeit und Beruf
einen völlig neuen Stellenwert
bekommen. Da alle Tätigkeiten
den Herzensimpulsen folgen,
werden sie mit Liebe, Leidenschaft
und Hingabe ausgeführt.
So bringt jeder seine Fähigkeiten
und Anlagen mit ein, um einen
Beitrag für das Gemeinwohl zu
leisten. Dieser dienende Ansatz
bringt Erfüllung, Sinn und Wertschätzung
in die Gemeinschaft,
die sich nicht mehr als Gesellschaft
bezeichnet, da sie sich wie
eine große Familie fühlt. Jeder
einzelne ist ein wichtiger Teil des
großen Ganzen und empfindet
sich dadurch wertvoll, geachtet
und geliebt. Der Geist der Liebe
erfüllt jeden Raum, jeden Ge-
danken, alle Projekte und das gesamte Universum.
Das Paradies auf Erden wird gelebte Wirklichkeit.
Nichts ist mehr getrennt, nichts abgespalten oder
verdrängt. Das große Erwachen lässt Wunder geschehen,
die bislang unmöglich schienen. Der
Wandel ist nahe, mach dich bereit auf ein Leben
in der nächsten Dimension!
Das große Erwachen bringt
das Paradies auf Erden.
Der Wandel der Welt bringt viele neue Chancen
mit sich. Nutzen wir doch unsere Visionen, um sie
bereits im transformierten Zustand in den schillerndsten
Farben vor uns zu sehen. Wie sieht die
Welt in deinen schönsten Träumen aus? Schwelge
in Bildern wundervoller Natur mit gesunden Wäldern,
Flüssen, Seen und Meeren. Tauche ein in
die besondere, ja heilige Stimmung der verwandelten
Naturelemente. Mutter Erde, die glücklich
und geheilt die verschiedenen Facetten von sich
zeigt und fruchtbaren Boden für die Nahrungsmittel
der Menschen und Tiere bietet. Alles ist im
Einklang und schwingt gemeinsam in göttlicher
Harmonie. Die Pflanzen werden liebevoll angebaut
und mit Dankbarkeit geerntet. Nachhaltigkeit
und Ökologie sind selbstverständlich und
werden von den weiterverarbeitenden Firmen
gerne umgesetzt.
Das Wohl der Gemeinschaft steht an oberster
Stelle und für jeden einzelnen Menschen ist gesorgt.
Die Arbeit erfolgt mit viel Liebe, Hingabe
und Begeisterung für die Sache. Jeder hat eine
Aufgabe, die ihn erfüllt und das Herz in positive
Schwingung versetzt. Freude und Leichtigkeit ist
die Grundstimmung der Menschen, die hilfsbereit
sind und sich gegenseitig unterstützen.
Geben und Nehmen ist ausgeglichen, niemand
fühlt sich ausgenutzt oder hintergangen. Akzeptanz,
Wertschätzung und Offenheit regieren die
Welt und spiegeln sich im täglichen Miteinander
wider. Demut und Dankbarkeit werden bereits
den Kindern vermittelt und sind ständiger Begleiter
im Alltag. Auch Achtsamkeit wird aktiv
gelebt. Ob in der Familie, beim Lernen oder im
Beruf, überall herrscht ein achtsamer Umgang,
wodurch Empathie und Mitgefühl an der Tagesordnung
ist. Die Menschen verstehen sich als
großes Ganzes, leben im Einklang mit der Schöpfung
und den Naturgesetzen.
Antje Tittelmeier Die Autorin, Gesundheitsexpertin und
Seminarleiterin erlebt seit ihrer Yoga-Ausbildung in den
90er Jahren die Anbindung an die geistige Welt. Diese
Verbindung ist inzwischen nicht nur Inspiration, sondern
ein Teil ihrer Arbeit. In ihrem neuesten Buch geht es um
die Anleitung zum Erwachen. Das Wissen der geistigen
Welt wurde ihr von Jesus Christus übermittelt.
81
Immer die richtige Frequenz fürs Leben!
„Als Erfinder der TimeWaver-Systeme ist es mein Ziel, dass
alle Menschen die Möglichkeiten haben, ganzheitlich gesund
zu leben. Dafür habe ich mit einem internationalen
Team von Ärzten, Wissenschaftlern und Ingenieuren den
Healy entwickelt.“
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und wird über das Smartphone gesteuert.
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Medizin 2
Fitness
Beauty
gramme, um Gesundheit, Wohlbefinden und
Medizin 1
Haut/Wunden
Balance zu fördern.
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Durch regelmäßige Anwendung der ausgewählten
Frequenzprogramme soll der Healy
dabei unterstützen, dass die Zellmembranspannung
wieder auf ein natürliches Niveau
gebracht wird.
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Anwendungszeit, egal ob zu Hause, unterwegs,
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c o a c h i n g t o go
Wie verbunden fühlst du dich?
Wann hast du zum letzten Mal deinen
eigenen Herzschlag ganz bewusst wahrgenommen?
Wann war es zum letzten Mal
so still, dass du dich selbst und die zarte innere
Stimme in dir hören konntest? Oft ist die
äußere Welt so laut oder wir geben ihr so viel Wichtigkeit
und Raum, dass der Kontakt zu uns selbst nahezu verloren
geht.
Nur wenn du dich selbst wahrnimmst, wirklich mit
dir verbunden bist, kannst du auch mit anderen verbunden
sein. Echte Verbundenheit geht von deinem tiefsten
Kern, deinem Herzen, hinüber zum tiefsten Kern des
anderen. Eine Verbindung bleibt sonst nur an der Oberfläche
und kommt über eine Bekanntschaft kaum hinaus.
Fehlt der Kontakt zu dir selbst, so fehlt meist auch der
Kontakt zum großen Ganzen, das dich, mich, uns alle
umgibt und von dem jeder von uns ein Teil ist. Ob es
uns nun bewusst ist oder auch nicht.
Es geht um mehr in unserem Leben als bloß ums
schnelle, laute Außen. Es geht um mehr als unseren Job,
unsere Beziehung, unsere Familie, unser äußeres Sein.
Es geht um unser Herz. Unseren Wesenskern, mit dem
wir so oft und so bewusst wie möglich in Verbindung
sein müssen, um unseren ganz eigenen Kurs durchs
Leben zu finden und zu halten.
Der Wesenskern ist es, der uns lenkt. Unser Herz und
unsere Seele sind es, die uns den Weg zeigen. Doch die
Stimme der Seele ist fein und leise und wir hören und
spüren sie vor allem in der Verbundenheit mit uns selbst.
Die folgenden Coaching-Fragen zielen darum darauf
ab, die Verbundenheit mit dir selbst zu erkennen, zu
verbessern und daraus – wenn du dir das wünschst –
(wieder) mehr Offenheit für die Begegnung mit anderen
und der Welt zu bekommen.
Coaching to go-Fragen für mehr Verbundenheit
Nimm dir für jede der folgenden fünf Fragen etwas
Zeit und schätze sie auf einer Skala von 1 (gar nicht)
bis 10 (absolut) für dich ein.
1. Wie verbunden fühlst du dich mit dem
Leben, das du führst?
2. Wie sehr fühlst du dich mit deinem Job/
dem Sinn/dem Inhalt deines Jobs verbunden?
3. Wie sehr fühlst du dich im täglichen
Leben mit dir selbst verbunden?
4. Wie verbunden fühlst du dich mit dem
höchsten Teil von dir (deinem Wesenskern,
deiner Seele, deinem Höheren Selbst)?
5. Wie verbunden nimmst du dich mit
dem Ganzen, mit Allem-was-ist wahr?
Wo fehlt dir die Verbundenheit am meisten?
Was brauchst du im jeweiligen Bereich, um dich einen
oder mehr Skalenpunkte verbundener zu fühlen? (z. B.
mehr zur Ruhe kommen, meditieren, Yoga machen, einfach
mal nichts tun …)
Was musst/kannst/willst du dafür loslassen? (z. B.
das Hamsterrad, das Getriebensein, das Schneller-Höher-Weiter,
den Fitness-Kurs …)
Was ändert sich, wenn du mehr verbunden bist? Was
ist dir dadurch neu/wieder möglich? (z. B. besser auf
deine innere Stimme hören, mehr auf deine Bedürfnisse
achten, tiefer mit anderen in Verbindung sein, den Sinn
deines Lebens wieder mehr spüren …)
Und nun die wichtigste Frage: Was kannst und wirst
du heute noch (oder zeitnah) konkret tun, damit es dazu
kommt? (z. B. deiner Familie sagen, dass du einen Tag
in der Woche für dich brauchst; morgens eine Stunde
früher aufstehen, um alles entspannter anzugehen; eine
alte Schulfreundin anrufen, die dir immer wichtig war,
die du aber aus den Augen verloren hast; ans Meer fahren
oder eine Stunde alleine im Wald spazieren gehen …)
Nimm dir Zeit, darüber nachzudenken, nachzufühlen
und dich für wenigstens eine Sache zu entscheiden, die
du tatsächlich angehst, um die Verbundenheit mit dir
selbst, deinem Leben und dem Ganzen zu stärken.
Komm aus dem Kopf ins Tun.
Alles Liebe
Angelika
Dipl.-Psych. Angelika Gulder Deutschlands erste
Berufungsfinderin, Ausbilderin für Ganzheitliches
Coaching und spirituelle Lehrerin. Seit sie von der
Stadt aufs Land gezogen ist, fühlt sie sich der Natur,
dem Leben und sich selbst jeden Tag mehr verbunden.
www.coaching-up.de, www.die-coachmacher.de,
www.erdenengel.de
83
—
MARTIN KIRCHNER
BRÜCKEN BAUEN
ZU ANDERSDENKENDEN
IN ZEITEN VON CORONA
Ein Riss geht durch die Gesellschaft – was können wir
in Bezug auf Entfremdung und Spaltung tun?
U
nsere unterschiedlichen Sichtweisen zu Corona
und den Maßnahmen führen zunehmend
zu Entfremdung und Spaltung in
vielen »Feldern« – in Gemeinschaften,
Freundeskreisen und Familien.
Die Fragen rund um COVID19 und die Maßnahmen
bewegen viele: Es geht oft nicht mehr um Wissen,
sondern um eine hochemotionalisierte Glaubensfrage,
an der sich wirklich die Geister scheiden.
Krass sichtbar wurde dies erstmals rund um die »Corona-Demos«
in Berlin im letzten Sommer:Die einen
waren begeistert, viele waren schockiert von mangelnder
Abgrenzung z. B. gegen Rechtsextreme oder
»Reichsbürger«. Es scheinen sich zwei Lager zu
bilden:
• Die einen verunglimpfen Menschen, die besorgt
um die eigene Gesundheit oder die von Nahestehenden
sind oder die alle Maßnahmen gutheißen,
als »Schlafschafe«, die »sich manipulieren
lassen« oder gar »noch nicht so ent-
wickelt« sind.
Die anderen schimpfen auf die »rechten Covidioten
mit Aluhut« oder machen sie als »Pandemie-
Pegida« (Harald Welzer) lächerlich. Dabei werfen
sie differenzierte und begründete Kritik mit den
wildesten Verschwörungsideologien einfach in
einen Topf.
•
Und so erwächst eine zunehmende Entfremdung,
eine Eskalation der Trennung. Dies finde ich
84
wirklich problematisch und insofern ist es mir ein
Anliegen, dass wir einerseits die Mechanismen reflektieren
und andererseits mithelfen beim »Brückenbauen«,
beim De-Eskalieren und beim Herstellen
eines »Common Ground«, einer gemeinsamen Basis,
auf die wir aufbauen können.
Der Großteil von uns ist einfach verunsichert,
überfordert von der Komplexität dieser Entwicklungen
und hat ein großes Bedürfnis nach Orientierung.
Ich bin überzeugt: Wenn die Stimmen von jeweils
Andersdenkenden gehört werden, dann können
Entwicklungen und Lösungen möglich werden,
die von mehr »Weisheit« und kollektiver Intelligenz
getragen werden. Dann können wir als Gesellschaft
zusammenkommen und unseren Blick
auf die anderen grundlegenden Herausforderungen
unserer Zeit lenken und gemeinsam neue
Lösungen entwickeln.
ÄHNLICHE MUSTER BEI BEIDEN SEITEN …
Was beide Seiten gemeinsam zu haben scheinen, ist
das große Unverständnis für »die andere Seite« und
eine gegenseitige Abwertung und Schubladisierung,
basierend auf »absoluten Urteilen«. Beide Seiten
tendieren zu einfachen Antworten in einer komplexen
Gesamtlage und übergehen dabei oft die Anliegen
der anderen Seite. Der Mangel an Empathie wirkt
dabei wie eine Form von Gewalt eskalierend. Die
Herzen und das Denken scheinen sich zu verschließen
gegenüber den jeweils anderen. Otto Scharmer unterscheidet
zwischen »Open Mindset« und »Closed
Mindset«– beide sind sowohl in rechten als auch
in linken politischen Gesinnungen zu finden, im
progressiven wie auch im konservativen Milieu.
Mir scheint, diese Pole eines offenen und geschlossenen
Denkens werden auch angesichts von Corona
deutlich, sie gibt es auch bei Menschen, die sich
als spirituell empfinden, bei Künstler*innen, bei
zivilgesellschaftlich Engagierten – quer durch
alle Szenen.
Können wir die Komplexität aushalten, ohne gleich
zu einfachen Erklärungen und Urteilen überzugehen?
Können wir einander wertschätzend und mit
einer fragenden Haltung begegnen, wo wir nicht im
Vorhinein durch unsere absoluten Urteile ein »closed
mind« haben? Können wir sogar einem »closed
mind« mit Wertschätzung begegnen und auch etwas
Wertvolles darin sehen? »Open« ist so nicht ein
Gegensatz zu »closed« – das neue »Open« ist die
Überwindung der Gegensätze, die ausgehaltene
Ungewissheit, die Toleranz des Chaos.
»Absolute Urteile machen es unmöglich, in Beziehung
zu treten«, sagt Vivian Dittmar . Solange ich
der Meinung bin, dass MEINES absolut richtig ist,
erzeuge ich eine Wut, die zerstörerisch ist. »Wir sind
gefordert, in uns aufzuräumen, vor der eigenen Türe
zu kehren und unsere Haltung zu reflektieren«, sagt
Vivian. Es ist wichtig, unserer eigenen Absolutheitsansprüche
gewahr zu werden, zu erkennen, wo wir
selbst ein »closed mind« haben. Forsche mal bei dir
nach, ob du so etwas in der Art in dir trägst:
»Ich bin reflektiert und die anderen sind verblendet.«
»Ich bin die gute Öko-Aktivistin – und die
anderen (Konzerne, Politiker*innen, …) sind böse.«
»Ich habe mich informiert bei den richtigen Quellen,
die anderen lassen sich manipulieren.« Oder was
sind ähnliche Sätze, die in dir wirken?
Mal ehrlich?
Nun ergeben sich daraus wichtige Fragen, wie zum
Beispiel:
• Wie kann ich meine eigenen Urteile über andere
Menschen und Gruppen transformieren?
• Wie kann ich mit Andersdenkenden einen »Common
Ground« finden, auf dessen Basis ich trotz
unterschiedlicher Sichtweisen in Verbindung
gehen kann?
Was sind die Grenzen im Kontakt mit Andersdenkenden
– wo will ich mich mit einer klaren
Abgrenzung positionieren?
•
WIE KÖNNEN WIR ANDERSDENKENDEN MIT
OFFENHEIT UND NEUGIER BEGEGNEN?
»Es macht keinen Sinn, ich dringe einfach nicht zu
ihr durch.« Vermutlich kennst auch du das, dass du
im Gespräch mit einer andersdenkenden Person zu
diesem Schluss kommst. Dass ihr aneinander vorbeiredet
oder dass sich gar etwas verhärtet zwischen
euch. Dann kannst du dich fragen: Auf welche Art
und wie tief hörst du eigentlich zu? Bist du ernsthaft
bereit zu erfahren oder gar zu spüren, was dein
→
85
b rü c ke n bauen zu and e rs d e n ke n d e n
Gegenüber bewegt? Oder willst du die andere Person
eigentlich von etwas überzeugen, vielleicht sogar
von der »Wahrheit«?
Otto Scharmer unterscheidet vier Ebenen des Zuhörens.
Er nennt als entscheidendes Kriterium die
Qualität der Aufmerksamkeit.
DIE VIER EBENEN DES ZUHÖRENS
WENN WIR BRÜCKEN BAUEN WOLLEN ZU MENSCHEN, DIE ANDERS DENKEN,
DANN IST DIE QUALITÄT UNSERER AUFMERKSAMKEIT ENTSCHEIDEND
EBENE AUFMERKSAMKEIT HÖREN POTENZIAL
DOWNLOADING
Du suchst Bestätigung
für gewohnte Denk- und
Verhaltensmuster.
Du hörst, was deinen
Erwartungen entspricht.
Deine vorgefassten
Urteile werden bestätigt.
Selbstbezogenes Zuhören:
Weiterentwicklung
ist blockiert.
»Ich habe es ohnehin
schon gedacht.«
OFFENES DENKEN
Statt auf das eigene
Urteil zu hören, bist du
offen für neue Fakten.
Du hörst die Unterschiede
zu deinem derzeitigen
Wissen oder Meinung.
Faktenbezogenes Zuhören: wie
»gute Wissenschaft«
»Ich habe Neues gelernt.«
OFFENES HERZ
Wahrnehmung der Innenwelt
des Gegenübers
»Hineinspüren« in die
andere Person
Du hörst, was die andere
Person fühlt und was sie
bewegt, was sie braucht.
Empathisches Zuhören:
Echter Dialog
»Ich bin berührt und kann
verstehen.«
Offener Wille
Wahrnehmen, was
zwischen uns neu entsteht
— In Verbundenheit
mit dem Gegenüber
und mit der höchsten
Zukunftsmöglichkeit
Auf Intuition hören, sich
auf einen inneren Raum
der Stille und des
Werdens ausrichten
Schöpferisches Zuhören:
Generativer, kokreativer Dialog
»Dieses Gespräch hat mich
verändert.«
Nach Otto Scharmer, interpretiert von Martin Kirchner — pioneersofchange.org/bruecken-bauen-2
WIE HÖRST DU ZU?
Nimm dir doch kurz Zeit, rufe dir schwierige Gespräche
mit andersdenkenden Personen in Erinnerung
und reflektiere: Auf welcher Ebene hast du
jeweils zugehört? Natürlich ist es auch von deinem
Gegenüber abhängig, inwiefern eure Kommunikation
gelingt. Du kannst einen »schöpferischen« Dialog
nicht alleine herstellen, sondern das ist ein gemein-
samer Tanz. Aber: Wenn du es zum Beispiel schaffst,
deinem Gegenüber echte Empathie entgegenzubringen,
dann erhöhst du massiv die Chance, dass
sich die andere Person öffnet und schließlich auch
dir wirklich zuhört, so dass ein echter Dialog stattfinden
kann. Es wird nicht immer und mit jeder
Person funktionieren, aber es erhöht definitiv die
Erfolgsaussichten für gegenseitiges Verständnis
86
Foto: Yoal Desurmont / Unsplash
und dass sich dadurch vielleicht wirklich etwas verändert
– und zwar sowohl in der anderen Person als
auch in dir.
VERSTEHEN HEISST NICHT ZUSTIMMEN
Immer wieder erlebe ich in schwierigen Gesprächen
diesen magischen Moment: Wenn sich meine Gesprächspartner*in
ernst genommen und dann »gehört
und gesehen« fühlt in Bezug auf das, was ihr wichtig
ist … Dann lockert sich etwas. Die Emotionen und
der Körper entspannen sich und das »Feld« zwischen
uns wird weicher, durchlässiger. Vor allem wenn
uns die Menschen am Herzen liegen, mit denen wir
eine Meinungsverschiedenheit haben, ist unser Wunsch
nach »Verstanden werden« von geradezu brennender
Wichtigkeit. Vor allem wenn wir wirklich emotional
sind und in unserem Film hängen, dann entsteht in
uns oft die Bereitschaft oder Kapazität, die jeweils
andere Sichtweise zu hören, erst wenn unsere Anliegen
und Bedürfnisse gewürdigt werden. Andere
tief zu verstehen, heißt nicht, dass wir inhaltlich
derselben Meinung sein müssen. Ganz und gar nicht.
»Ich verstehe, dass das für dich so ist«, heißt nicht,
dass es bei mir auch so sein muss. Ein Anliegen bzw.
Bedürfnis zu würdigen, heißt auch nicht, dass wir es
erfüllen müssen oder dass wir einer konkreten Umsetzungs-Strategie
zustimmen. Und trotzdem: Meine
vielfache Erfahrung ist, dass es allein schon einen
Unterschied in der Qualität des Gespräches macht,
wenn ich innerlich um dieses Verstehen der dahinterliegenden
Anliegen des Gegenübers ringe, auch
wenn ich das dann vielleicht gar nicht ausspreche.
COMMON GROUND FINDEN
Eine der hilfreichsten Schlüsselunterscheidungen
aus der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall
Rosenberg ist für mich die Differenzierung von Bedürfnis
und einer Strategie zur Erfüllung eines Bedürfnisses.
Wir streiten oft auf der Ebene konkreter
Strategien, auf die wir uns fixieren. Zum Beispiel
ob wir Masken tragen sollen oder eben nicht, ob sie
uns schützen oder ob sie unserer Gesundheit schaden.
Für jede Seite gibt es Argumente (und viel
Halbwissen) – in der Diskussion darüber können
wir uns ob der scheinbar gegensätzlichen Positionen
richtig verheddern, sie kann emotional schwer eskalieren.
In diesem Beispiel kann uns die oben erwähnte
Differenzierung helfen, unsere Gemeinsamkeiten
zu erkennen, was die Anliegen / Bedürfnisse
hinter diesen Strategien betrifft. Auf der abstrakteren
Ebene der Bedürfnisse können wir so einen »Common
Ground« finden. Beiden Seiten geht es beim Umgang
mit den Masken um universelle menschliche Bedürfnisse
wie Gesundheit und auch um eine Form
von Rücksicht; ja sogar Freiheit ist uns allen wichtig.
Diese gemeinsamen Anliegen beim Gegenüber erstmal
auch anzuerkennen, dies zu würdigen, hilft für
die Verbindung zwischen uns. Wenn wir die Basis
haben, »Ja, das wollen wir beide«, dann können wir
eher über Unterschiede sprechen: was wir wirklich
unter Freiheit verstehen oder über mögliche Fakten
zum Thema. Das Ernstnehmen der unterschiedlichen
Anliegen kann zu neuen, differenzierteren Strategien
und zu Lösungen führen, die viele Perspektiven integrieren
und dadurch weiser sind.
WIE TRANSFORMIEREN WIR EIGENE URTEILE?
Manchmal stehen uns unsere Urteile, die wir über
andersdenkende Menschen haben, im Weg. Nehmen
wir zum Beispiel »Verschwörungstheoretiker*in«
– oder andererseits »unkritische Mitläufer*in«.
Wenn ich das in mir trage und jemanden pauschal
damit abwerte, dann behindert das einen freien,
wertschätzenden Dialog, dann bleibe ich auf der
Ebene des Downloadings im Modell von Otto Scharmer.
Wenn wir das für uns erkennen, dann hilft es,
wenn wir eine innerliche Lockerungsübung machen:
unsere eigenen Anliegen und Bedürfnisse erkennen,
die hinter diesen Urteilen liegen, und was uns hier
wirklich wichtig ist. Zum Beispiel kann mir wichtig
→
87
b rü c ke n bauen zu and e rs d e n ke n d e n
sein, dass »sich Menschen differenziert informieren«,
»sich Quellen aussuchen, wo Themen von mehreren
Seiten betrachtet werden«, wo »ein klarer Unterschied
gemacht wird zwischen Glauben und Wissen«,
wo »komplexe systemische Dynamiken nicht auf
einfache Antworten mit Schuldigen oder Sündenböcken
reduziert werden« etc.
Wenn wir unsere Werte und Anliegen hinter unseren
Urteilen erkennen, dann hilft uns das, unsere
Urteile zu »übersetzen«. Wir kommen von fixen
Schubladen (dass die andere Person eindeutig ein
X ist) hin zu einer prozessorientierteren, flüssigeren,
differenzierteren Sprache. Wenn wir diese innere
Übersetzungsarbeit geleistet haben, dann können
wir eher eine Brücke bauen zu andersdenkenden
Menschen, die sonst mein hartes, inneres Urteil
spüren und sich ebenso verhärten.
WO LOHNT SICH DER EINSATZ?
Wir leben in einer Welt, in der Weltbilder und Wahrheiten
auseinanderdriften. Vielfach erleben wir
heute Menschen, die völlig destruktiv kommunizieren.
Es fehlt der Wille zur Verständigung. Bisher in
unserer Gesellschaft geltende Konventionen werden
völlig über Bord geschmissen (z. B. was Wahrheit
und Anstand betrifft). Wo sollen wir also damit beginnen,
für Toleranz und Verständnis einzustehen?
Wo ist es den Versuch wert, eine Brücke zu bauen,
und wo vergebene Liebesmühe? Wenn Menschen
schon ganz festgefahren sind in einer Meinung, dass
wir alle einer großen Verschwörung der dunklen
Machtelite aufsitzen und mit einem jahrhundertealten
Masterplan manipuliert werden, inwiefern
macht es Sinn, sich zu bemühen? Für mich persönlich
ist ein wichtiges Prinzip, hineinzuspüren, wo ich
meine Energie investiere. In der Permakultur habe
ich den für mich wichtigen Leitsatz gehört »work
where it counts«. Wie sehr liegt mir die Person am
Herzen? Und ganz entscheidend: Ist das Setting
überhaupt so, dass es eine Chance gibt für einen
wirklichen Kontakt, gegenseitiges Verstehen und
Veränderung? Je nachdem entscheide ich.
Um gut Brücken bauen zu können, brauchen wir
einen guten inneren Zustand, wo wir mit uns selbst
gut verbunden sind, uns gut spüren. Auch wo unsere
ganz persönlichen Grenzen gerade im jeweiligen
Moment sind. Wir müssen nicht IMMER Brücken
bauen, nicht IMMER die anderen hören, nicht IM-
MER unsere Feindbilder transformieren. Seien wir
mindestens so empathisch und liebevoll mit uns
selbst, wie wir es gern anderen entgegenbringen
wollen. Ein Tipp von meiner Kollegin Stephanie für
schwierige Gespräche mit Andersdenkenden:
»Stell dir um dich eine Glaskugel vor, werde dir
deines eigenen Raumes bewusst und prüfe, wen
willst du wie nahe zu dir lassen. Das Fundament
für ein gelingendes Brücken-Bauen ist, dass du gut
für dich selbst sorgst.«
Und so möchte ich mich zum Schluss bei dir bedanken,
dass du bis zu Ende gelesen hast und dass bestimmt
auch du kleine Brücken baust im Rahmen
dessen, was gut für dich möglich ist.
Martin Kirchner ist Initiator und geschäftsführender Obmann von
Pioneers of Change. Er entwickelte nach vielen Jahren Engagement im
Global Ecovillage Network das Projekt Cohousing Pomali, wo er seit Ende
2013 mit seiner Frau und drei Kindern lebt. Pioneers of Change bietet
tiefgreifende Seminare zur eigenen Potenzialentfaltung an..
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Das neue Wir verbindet Kopf,
Herz und Hand
Wie die Zukunfts-Pioniere des ›Alternativen
Nobelpreises‹ Politik und Spiritualität verbinden
—
GESEKO VON LÜPKE
90
Spirituelle Menschen stellt man sich gern als
selbstgenügsame Meditierende vor, die die äußere
Welt als ›Maya‹ und Illusion verachten. Politische
Aktivisten gelten dagegen als hitzköpfige Weltverbesserer
mit Symptomen von Eigenblindheit
und einer verarmten seelischen Innenseite. Beide
›Lager‹ stehen einander meist verständnislos gegenüber.
Der Vogel des gesellschaftlichen und
ökologischen Aufbruchs benötigt aber, um abheben
zu können, zwei Flügel: Spiritualität im Innen
und Engagement im Außen. Ökologische Pioniere
unserer Zeit zeigen, wie spirituelle Werte wie Glaube,
Vision, Herz und Mitgefühl politische Aktionen
inspirieren können und für den notwendigen Wandel
ein ›neues Wir‹ schaffen.
Wir machen sie zu Helden, laden sie auf Konferenzen
ein, pilgern zu ihren Vorträgen,
hängen an ihren Lippen – die großen Sozialreformer,
Aktivisten und ökologischen Vordenker.
Dabei haben alle Revolutionäre und Visionäre
angefangen wie du und ich. Worin liegt
das Geheimnis jener Vorbilder, die trotz aller Widerstände
und Hürden ihre Visionen von einer
lebenswerten Zukunft umsetzen?
Ihre visionäre Neuorientierung war in aller
Regel das Produkt einer ganz persönlich empfundenen
Krise. Einer Krise, in der das Modell des
eigenen Weltbildes in Stücke zerfiel und einer
Leere und Orientierungslosigkeit Platz gemacht
hatte, auf die zunächst meist mit Resignation,
Rückzug und langsamer Neubesinnung reagiert
wurde. Einer Krise, in der die innere Zerrissenheit
‒ das eine zu wissen und das andere zu tun ‒ so
unerträglich wurde, dass eine Not gewendet
(›Notwendigkeit‹) und eigene Werte entwickelt
werden mussten.
Den Wandel leben
Der Alternative Nobelpreisträger Bill Mollison,
Farmer und Begründer der ganzheitlichen Permakultur,
wollte seinen Kopf in den australischen Wüstenboden
stecken und die Welt nicht mehr sehen.
»Ich dachte, ich könnte verschwinden, mich auf
einen Berg setzen und dem Zusammenbruch einfach
zuschauen. Es dauerte drei Wochen, bis ich
realisierte, dass ich zurück und kämpfen musste.
( ... ) Als mir da draußen die Idee der Permakultur
kam, war das fast so, als hätte sich etwas in meinem
Gehirn verändert, ich konnte es gar nicht so
schnell aufschreiben, wie es entstand.«
Von Mahatma Gandhi wird der Satz überliefert,
dass wir selbst den Wandel leben müssten, den
wir in die Welt bringen wollen. Das scheint für ein
umfassendes Engagement unverzichtbar. Der
thailändische Sozialreformer und preisgekrönte
engagierte Buddhist Sulak Sivaraksa verließ den
sicheren Hafen des akademischen Elfenbeinturms
und lebte mit den ärmsten Bauern.
»Man kann nicht die ganze Welt ändern«, fasst
Anuraddha Mittal von Food First zusammen,
»aber wenn ich für mich selbst eine bessere Welt
will, kann ich etwas dafür tun.« Das klingt, als
bräuchte es einen buchstäblich ›gesunden‹ Egoismus,
um wirkungsvoll Reformen durchzusetzen.
Es scheint, dass wir zur Evolution als Ganzes dann
wirkungsvoll beitragen, wenn jeder Einzelne sein
Potenzial im Sinne einer authentischen Selbstverwirklichung
bestmöglich zur Entfaltung bringt.
Dann entsteht ein ›Wir‹ aus Menschen, die sich
selbst wertschätzen und dann auch ihre Mitmenschen.
Ein Wachstumsweg, zu dem offenbar eine
hohe Achtsamkeit für die Urteile und Impulse der
eigenen inneren Stimme gehört.
Die Rückkehr der Gefühle
Um bei allem gesunden Eigeninteresse nicht in
die Egozentrik abzugleiten, scheint es dringend
notwendig, das eigene Engagement immer in
den Kontext der Zugehörigkeit zu einem größeren
Lebensnetz zu stellen. Tatsächlich berichten
viele Aktivisten von einem tiefen Naturbezug,
der weit über ein nur theoretisches Verständnis
der gegenseitigen Abhängigkeit hinausgeht.
Natur, besonders im vom Menschen unangetasteten
Zustand, gilt vielen als psychische Tankstelle
und Maßstab des Handelns. »Wenn ich
fertig bin mit den Menschen und keinen Trost
mehr finde, dann ist die Kraftquelle für mich die
große Natur«, bestätigt der 1997 mit dem Alternativen
Nobelpreis ausgezeichnete deutsche
Umweltschützer Michael Succow.
→
91
da s n eu e wi r verb i n d e t ko p f, h e rz un d hand
Mitgefühl ist der zentrale Wert des neu entstehenden
ökologischen Weltbilds. Das Wort, das
sonst als Kernbegriff in allen Religionen der Welt
vorkommt, bekommt im ökologischen Denken
einen ganz neuen Inhalt. »Die moderne Wissenschaft
hat die Gefühle verbannt«, sagt der jüngst
verstorbene Ökoaktivist und langjährige Herausgeber
des Magazins The Ecologist, Edward Goldsmith.
»Das ist eine unweigerliche Konsequenz des
Dogmas, dass wissenschaftliches Wissen objektiv
sein muss. Die Wahrheit ist, dass der Mensch einfach
nicht dafür geschaffen ist, sich auf emotionslose
Art zu verhalten. Eine moralische und emotionale
Verpflichtung ist erforderlich. In der Tat
muss eine der Schlüsselaufgaben darin bestehen,
unsere Emotionen so umzuleiten, dass sie die Aufgabe
erfüllen können, für die sie bestimmt sind.
Sie sollen uns helfen, die kritische Ordnung der
Biosphäre zu bewahren.«
Eine Aussage mit weitreichenden Konsequenzen,
denn sie bedeutet, der vorgeblich rein rationalen
wissenschaftlichen Analyse ganz bewusst einen
emotional begründeten Standpunkt entgegenzusetzen,
um die Biosphäre erhalten zu können. Sie
lehnt es ab, die Probleme der Welt aus einer distanzierten
Position nüchterner Sachlichkeit zu
betrachten und fordert offensiv subjektive und
wertgebundene Stellungnahmen. Sie erklärt den
Mythos wissenschaftlicher Objektivität für überholt
und verweist darauf, dass nicht nur die
scheinbar neutrale Wissenschaft eine Chimäre
ist, sondern jedes Erkennen und Handeln auch
gefühlsgesteuert ist. Damit greifen ökologisches
Bewusstsein und politisches Engagement tief hinein
in den Bereich der Psyche.
Der indische Chipko-Aktivist Sunderlal Bahuguna
baut deshalb sein Engagement auf das
Motto ›Aus dem Kopf übers Herz in die Hände‹:
»Das Herz muss erreicht werden. Sein Impuls
bringt uns dazu, mit der Kraft unserer Hände
etwas zu tun«, sagt der Alternative Nobelpreisträger
von 1987. »Das fehlt den modernen Gesellschaften
‒ sie appellieren nicht ans Herz. Der
moderne Mensch hat einen großen Kopf und riesige
Hände, aber kein Herz.«
Hier bekommt der Begriff des ›Mitgefühls‹
oder der compassion (wörtlich: mit-leiden) seine
zentrale Bedeutung im ökologischen Denken. In
allen religiösen Traditionen der Welt steht das
Mitgefühl für die Fähigkeit, den begrenzten eigenen
Standpunkt zu transzendieren und die Wirklichkeit
aus der Perspektive eines leidenden Mitmenschen
zu erfahren.
Die Logik des Herzens
Die Mitwelt als Teil des Selbst
Ganzheitliches ökologisches Denken geht hier
einen entscheidenden Schritt weiter, sagt der brasilianische
Befreiungstheologe Leonardo Boff, der
im Jahr 2000 den Alternativen Nobelpreis erhielt:
»Nicht nur die Armen rufen um Hilfe, sondern
auch das Wasser, die Tiere, die Wälder, der Erdboden,
letztlich die ganze Erde als lebender Superorganismus,
den wir Gaia nennen. Sie rufen
nach Unterstützung, weil ihre Autonomie und ihr
innerer Wert nicht wahrgenommen werden.«
Die innere Bereitschaft, diesen Ruf zu hören,
ist die eigentliche Basis des umfassenden Engagements,
ob es nun von indianischen Aktivisten
im Amazonas, indischen Baum-Umarmern, europäischen
Initiativen zum Schutz der Wildnis oder
Sozialaktivisten in aller Welt ausgeht.
92
Zahlreiche ökologische Denker haben sich mit
der Möglichkeit beschäftigt, das menschliche
Selbstbewusstsein nicht nur auf den Organismus
innerhalb der Grenzen der Haut zu beschränken,
sondern die größeren Kreisläufe, die den Organismus
am Leben erhalten, mit in das menschliche
Selbstbild einzubeziehen. Wer in sein eigenes
Selbstbild auch Teile der Mitwelt integrieren
kann, wird diese Mitwelt als Teil seines Selbst bereitwillig
zu schützen versuchen – ohne moralischen
Druck von außen. Wer von innen schützt,
muss sich selbst als denkende Natur begreifen.
ältesten kulturellen Traditionen der Menschheit
zu gehören. Als Weltsicht schien sie für die Gegenwart
überholt und nicht mehr zeitgemäß für
die rationale Moderne.
Das kreative Netz des Lebens
Offenbar ist beides nötig: die radikale intellektuelle
Einsicht in die gegenseitige Abhängigkeit
aller natürlichen Phänomene einerseits und die
Fähigkeit zum Mitfühlen andererseits. Bleibt das
Mitfühlen auf der Ebene der Isolation, Abgetrenntheit
und Angst führt es zu Verzweiflung,
Depression, Überforderung und dem verzweifelten
Kampf gegen ›das Böse‹, ›die Armut‹, ›die
Zerstörung‹, ›die Anderen‹.
Ist das Mitfühlen jedoch eingebettet in ein tief
wahrgenommenes und unmittelbar erlebtes Beziehungsgeflecht,
wird es zu einem lebendigen
Ausdruck unserer Verbundenheit mit dem Ganzen.
Empfinden sich Menschen als einzigartige
Teile eines größeren lebenden Ganzen und entwickeln
eine persönliche Beziehung oder gar
Liebe zu dieser Mitwelt, sind sie offenbar in der
Lage, eine zerstörerische Realität ohne lähmende
Verzweiflung wahrzunehmen, das kreative Netz
des Lebens als Unterstützung zu empfinden und
im tiefen Engagement für das Ganze sogar Freude,
Glück und Selbstverwirklichung zu finden.
Begriffe wie Visionen, Ganzheit, Glaube, Beziehung,
Rückbindung, Mitgefühl, Selbstverwirklichung
und Liebe waren in der Vergangenheit
eher die Domäne der Religionen. Tatsächlich gibt
es zahlreiche spirituelle Traditionen in der Welt,
die davon ausgehen, dass alles miteinander in Beziehung
steht, miteinander verbunden und ›heilig‹
ist. Die ehrfürchtige Wahrnehmung der Natur
als etwas Heiliges, Belebtes, Lebendiges ist alles
andere als neu ‒ sie scheint vielmehr zu den
Religion als Erfahrung von Einheit
Doch im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts vollzog
sich ein grundlegender Wandel. Ohne dass
viel darüber gesprochen wird, entdecken immer
mehr Menschen überraschende Parallelen zwischen
uralten Traditionen und modernster Weltsicht.
Helena Norberg-Hodge, Trägerin des Alternativen
Nobelpreises von 1986, gewann diesen
Eindruck während ihres jahrelangen Engagements
im buddhistisch geprägten Ladakh: »Ich
glaube, dass das Herzstück aller großen Religionen
die Einheit und die wechselseitige Abhängigkeit
des Lebens ist. Wenn man meditiert und reflektiert,
dann wird diese Einsicht sichtbar und
die Illusion der Trennung verschwindet. Im Westen
ging der Aufstieg der Wissenschaft parallel
mit dem Niedergang des Glaubens: Es wurde eine
Welt geschaffen, in der die Menschen voneinander
und von der Erde getrennt sind.«
Wer Aktivisten wie den chilenischen ›Barfuß-
Ökonomen‹ Manfred Max-Neef auf ihre Spiritualität
anspricht, erhält eine ebenso zögerliche wie
differenzierte Antwort: »Meine Allegorie ist: Jeder
→
93
da s n eu e wi r verb i n d e t ko p f, h e rz un d hand
Mensch lebt gleichzeitig in mehr als einer Welt,
in mindestens zwei Parallelwelten. Eine ist die
Welt, wo man sehen muss, um zu glauben. Aber
es gibt noch eine andere Welt, wo man glauben
muss, um zu sehen«, sagt der Alternative Nobelpreisträger
von 1986. »Weil ich Beziehungen mit
einer parallelen Welt habe, sehe ich diese Welt
anders und fühle sie anders und handle anders.
Das macht es möglich, dass ich eine andere Ökonomie
entwickeln oder an eine andere Konzeption
von Ökonomie denken kann.«
scheint sie grundsätzlich vertraut zu sein. Bergsteiger,
Wanderer und Wildnisfreunde berichten,
wie sich mit zunehmendem Abstand von der Zivilisation
ein Gefühl einstellt, von bewusster
Natur umgeben zu sein. Bill Mollison, Preisträger
von 1981 und Begründer der Permakultur, erzählt,
dass ihm nach drei Tagen in der Wildnis alles beseelt
erschien und er nicht mehr wusste, wo er
aufhört und der Baum anfängt.
Das theologische Wort für diese Wahrnehmung
ist Panentheismus: Alles ist göttlich ‒ oder Pantheismus:
Gott ist in allem. Diese Grundüberzeugung
teilen traditionelle Kulturen, westliche Mystiker
und asiatische Heilige.
Was alle Religionen eint
Der Baum, das bin ich
Da haben es Umwelt- und Sozialaktivisten nichtwestlicher
Kulturen deutlich leichter. Der indische
Chipko-Aktivist Sunderlal Bahuguna sagt,
ohne zu zögern: »Wir glauben zu sehr an die
Wissenschaft, aber ohne Spiritualität ist Wissenschaft
nutzlos. Wissenschaftlichkeit und Spiritualität,
Kopf und Herz ergeben zusammen den
guten Menschen«.
Ökologische Spiritualität wird bei uns immer
noch selten offen zum Ausdruck gebracht. Die
Erfahrung der Natur als innere Kraftquelle, eine
tiefe emotionale Bindung an Bäume und Tiere
oder eine Haltung der Ehrfurcht vor der Schöpfung
ist aber auch im Westen weit verbreitet, auch
wenn sie nicht ›vernünftig‹ erscheint. Kindern
Er wolle nicht bekehren, sondern an gemeinsame
Werte erinnern, sagt der Öko-Philosoph Edward
Goldsmith: »Die ökologische Sichtweise, die ich
vorschlage, hat sicher etwas Religiöses. Aber ich
fordere nicht, dass alle Menschen die gleiche Religion
haben sollten. Ich glaube vielmehr, dass alle
Religionen auf den gleichen Grundlagen aufbauen,
genauso wie es in den verschiedenen traditionellen
Gesellschaften der Fall war.«
Die Grundsätze sind überall die gleichen,
glaubt der Befreiungstheologe Leonardo Boff. Sie
lauten Solidarität, Mitgefühl, Sorge, Gemeinschaft
und Liebe. »In solchen Dimensionen zu
leben«, ergänzt er, »heißt wirkliche Spiritualität
zu leben. Und diese Spiritualität ist nicht das
Monopol von Religionen oder Kirchen, sondern
die tiefste Wahrheit des Menschen selbst.«
Die Quantenphysikerin und Alternative Nobelpreisträgerin
von 1993, Vandana Shiva, ist davon
überzeugt, dass eine derartige spirituelle Perspektive
alles andere als unpolitisch macht: »Denn was
ist Spiritualität? Sie bezeichnet nichts Anderes als
unsere Fähigkeit, innere Ressourcen zu entwickeln
und uns seelisch gegen alle Formen von
Gewalt und Einschränkungen zu stärken, die
sonst zu Apathie, Lähmung und Angst führen. Um
ohne Angst zu sein und Fesseln sprengen zu können,
braucht man Kraft und Elastizität. Dafür ist
inneres Wachstum als Mensch und Person notwendig.
Spiritualität war in vielen Gesellschaften
94
immer schon ein Werkzeug, um das zu erreichen.
Deshalb können uns auch alle spirituellen Mythen
heute dabei helfen.«
Sehnsüchten, die bislang aus dem politischen Diskurs
herausgehalten wurden. Sie sollen nicht länger
als störende Begleiterscheinung behandelt,
sondern in ihrem Potenzial genutzt werden.
Schließlich geht es darum, die erwiesene Begrenztheit
rein rationaler Konzepte innerlich wie
gesellschaftlich zu überwinden und immer mehr
Menschen dazu zu motivieren, nicht nur aus kühler
Logik, sondern mit dem Herzen Zukunft gestalten
zu wollen. Aus dieser Haltung und Erkenntnis
kann Kooperation, Gegenseitigkeit und
kollektive Intelligenz entstehen – die Grundlage
für ein aktives neues 'Wir'.
Foto: Amauri Mejia (rechts) / Unsplash
Wo Spiritualität politisch wird
Doch die alten Werkzeuge spiritueller Disziplinen
werden neu genutzt. Statt einer nur nach
innen gerichteten Versenkung entsteht so etwas
wie eine Mystik, in der Meditation und soziale
oder ökologische Aktion nicht länger getrennt
sein müssen, sondern eins werden. Der Weg der
geistigen Suche wird nicht länger als eine Flucht
aus der schlechten Welt in irgendeinen paradiesischen
Himmel angesehen. Vielmehr wird hier
die Welt selbst zum Kloster. Die Welt selbst wird
als Arena einer geistigen Transformation verstanden,
sie wird selbst zum geistigen Lehrer oder gar
zum heiligen Ort.
Tiefer Selbstbezug gilt hier als die Basis dafür,
sich von den Verlockungen der Konsumgesellschaft
zu befreien. Innere Emanzipation wird zur
Voraussetzung für die Vision von gesellschaftlicher
Freiheit und Selbstbestimmung. Der chilenische
Ökonom Manfred Max-Neef nennt dies
»Traumfähigkeit ‒ eigentlich ist es mehr als Träumen.
Es sind Bilder von Lebensalternativen«.
Allen genannten Visionären geht es um die Anerkennung
von menschlichen Gefühlen und
Dr. Geseko v. Lüpke arbeitet als freier Journalist,
Autor und Seminarleiter und lebt in der ökologischen
Gemeinschaft Sulzbrunn bei Kempten. Er ist ausgebildeter
Visionssucheleiter schrieb gemeinsam
mit Sylvia Koch-Weser das Buch: »Vision Ouest:
Visionssuche: allein in der Wildnis auf dem Weg
zu sich selbst«. Auf dem Markt sind auch ›Projekte
der Hoffnung‹ (oekom), ›Politik des Herzens‹ (arun)
und ›Altes Wissen für eine neue Zeit‹ (Kösel). In
seiner Gemeinschaft organisiert er zur Zeit das ›IV.
Sulzbrunner Symposium‹ unter dem Titel »Atomkraft
ist kein Klimaretter. Der strahlende Schatten
über der Zukunft«,
www.gemeinschaft-sulzbrunn.de
www.frei-verbunden-sein.de
95
f i l m t i p p s
Alles ist verbunden.
Worte, die ich schon oft gehört, gelesen und auch
selbst gesagt habe. Doch was es heißt, ganz mit
mir verbunden zu sein, das habe ich in den letzten
Monaten in einer neuen Tiefe entdecken dürfen.
In Momenten, in denen ich bewusst einsam war.
Ich kann nicht sagen, dass es nur schöne Momente
waren, doch es waren Momente, in denen sich mir
eine Verbundenheit gezeigt hat, die jenseits von
Worten liegt. Die Verbundenheit zum Menschen
der ich bin, zur Natur und auch zu Freunden, die
ich dadurch erleben durfte, wird mich ab jetzt begleiten.
Hier meine Filmtipps zum Thema Verbundenheit,
jeder trägt auf seine Weise eine ganz
besondere Botschaft …
von Herzen, Dunja Burghardt
IM BANN DER JAHRESZEITEN —
FRÜHLING, SOMMER, HERBST & WINTER
Ein Film von Ira Beetz & Keti Vaitonis
Planet Erde
Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Die 4 Jahreszeiten bestimmen alles
Werden und Vergehen, sie sind das Uhrwerk der Erde. In jeweils 5 spannenden
Folgen entdeckt die HD-Dokumentationsreihe die Besonderheiten
jeder Jahreszeit. Im Frühling erwacht das Leben alles entsteht neu. Rosenzüchterin
Carole Biancalana führt über ihre Plantagen nahe der ›Parfumhauptstadt‹
Grasse. Für Obstbauer Jörg Geiger ist die Zeit der Blüte entscheidend
für den Ertrag seiner Apfel- und Birnbäume. Wenn sich der Sommer
in saftigem Grün präsentiert, kann die Sennerin Fanny Rainer endlich
wieder ihre Kühe hinauf auf die Almwiesen Südtirols treiben. Der Vogelforscher
Peter Becker verfolgt jetzt das Flugtraining der jungen Flussseeschwalben
in Wilhelmshaven. Mit der Sommersonnenwende ist die Sommerzeit
überall in Europa eingeläutet. In Schweden feiern Ann-Lie und Mats
Feijme das traditionelle Mittsommerfest. Im September
geht der Sommer langsam zur Neige. Von der Lüneburger
Heide über Sachsen, die Wälder in den Masuren
und Südtirol bis in die südfranzösische Provence –
Mensch und Natur müssen sich allmählich auf die kälter
werdenden Monate vorbereiten. In Rheinland-Pfalz
beginnt für die Winzerfamilie Volk die Weinlese. Im
Winter gehen in Norwegen die Polarlichtjäger in den
eiskalten klaren Nächten am Polarkreis auf die Suche
nach den magischen Lichtern am Firmament…
Bildquelle: © Gebrüder Beetz Filmproduktion
Diese und weitere Filme für ein sinnerfülltes Leben findet ihr online auf der
Filmplattform www.PANTARay.tv
96
f i l m t i p p s
JANE GOODALL — DIE NÄCHSTE GENERATION
Ein Film von Pascal Sarragot
Viele Jahre erforschte Jane Goodall das Verhalten von Schimpansen in
Tansania. Während die letzten Filme über Jane viel mit ihrer Forschung
und ihrem eigenen Lebensweg zu tun hatten, fokussiert sich dieser Film
auf ihre Aktivitäten als Friedensbotschafterin & Gründerin der internationalen
Umwelt-Bewegung Roots & Shoots. Die Botschaft, der mittlerweile
weltbekannte Primatologin, Paläontologin, Ethnologin und Allround-Pionierin
lautet: Die neuen Generationen sind Hoffnung auf ein besseres
Morgen. Der Film begleitet in zwei Erzählsträngen, zum einen aus der
Sicht von Jane selbst und
zum anderen von ihrem Enkel
Merlin. Ein neues Kapitel
im Leben der vermutlich bekanntesten
Umwelt & Tier-Aktivistin der Welt. Die Kamera
begleitet Jane u. a. nach Tansania, New York, China
und Frankreich, wo sie mit jungen Menschen die
Umwelt-Bewegung Roots & Shoots ausbaut. Immer wieder
reflektiert sie auch selbst über ihren sehr besonderen
und impactreichen Lebensweg.
Bildquelle: © polyband
Generationen
DIE KUNST — SICH DIE SCHUHE ZU BINDEN
Ein Film von Lena Koppel
Alex (gespielt von Sverrir Gudnas) Träume von einer Arbeit beim Theater
scheinen in weiter Ferne zu sein. Seine Freundin Lisa verlässt ihn und der
einzige Job, den ihm das Arbeitsamt anbietet, ist, als Betreuer in einem
Heim für Menschen mit Behinderung in einer Provinzstadt zu arbeiten.
Bürokratische Hürden halten ihn jedoch nicht davon ab auch dort seine
Theaterträume einzubringen. Anders als Alex es sich ausmalt und doch
voller Leben nimmt die Begegnung verschiedenster Menschen und Aktivitäten
ihren Lauf. Die Verfilmung dieser wahren Begebenheit schafft es,
nicht nur Wärme auf die Leinwand zu zaubern, sondern auch Gefühle zu
transportieren die vielleicht dem ein oder anderen Zuschauer auch aus dem
eigenen Leben, gar nicht so
fremd sind. Das berühmte Ensemble
des Behinderten-Theaters
Glada Hudik, das 1996 vom damaligen Behindertenbetreuer
Pär Johansson gegründet wurde, inspirierte den
Film. Die Aachener Zeitung schreibt: »…dem Witz, der
Selbstironie und der Herzensgüte der Geschichte und der
Akteure kann sich wohl kaum jemand entziehen.«
Miteinander
Bildquelle: © mfa
97
Vorschau
—
No. 22
DANKBARKEIT
DER SCHLÜSSEL
ZUM GLÜCK
Wir sollten alle viel öfters DANKE
sagen. Danke dafür, dass ich genug
zu essen habe, dass ich frische Luft
atmen kann. Danke, dass mich meine
Eltern gezeugt haben. Danke dafür,
dass ich am Leben bin.
Danke auch für die Krisen, die mich
auf meinen Weg gebracht haben.
Aber auch im Umgang miteinander
wirkt Danke Wunder. Dieses kleine
Wort drückt Wertschätzung aus,
die oft zu kurz kommt. Nichts ist
selbstverständlich, auch wenn es
viele Menschen als solches hinnehmen.
Ein Dankbarkeitstagebuch
zu führen, richtet deinen Blick von
dem Mangel hin zu dem, was du bereits
hast. Aus dem Gefühl der Fülle
heraus kann dann so viel Gutes,
Neues entstehen!
So kann das kleine Wort Danke
dein ganzes Leben verändern.
IMPRESSUM
herausgeber und verlag
Anita Maas, animaa Verlag, Finkenstraße 15, 66125 Saarbrücken
Telefon +49 (0)6897 96 69 510
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chefredaktion (verantwortlich):
Anita Maas
Leserbriefe bitte an: redaktion@animaa-verlag.de
mitwirkende dieser ausgabe
Isabel Arends, Friedrich Assländer, Dunja Burghardt, Marion Bredebusch,
Helge Burggrabe, Christine Fuchs, Angelika Gulder, Oliver Haas, Beate
Hofmann, Gerald Hüther, Martin Kirchner, Anita Maas, Julian Scharbert,
Udo Schroeter, Janine Steeger, John Strelecky, Barbara Stützel, Antje
Tittelmeier, Friederike von Aderkas, Geseko von Lüpke, Bärbel Wardetzki.
fotos und illustrationen
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N O 5 KÖRPER & GEIST
N O 7 GEFÜHL & VERSTAND
N O 8 LIEBE
N O 9 FREIHEIT
HEILUNG
HEILUNG
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MUT
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FREUDE
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201 8 / N o. 10
THEMENBAND No. 10
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201 9 / N o. 13
THEMENBAND No. 14
No.14
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N O 18 WANDEL
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