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VKD-Praxisberichte 2012

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Editorial<br />

»Eines der Probleme beim Fußball ist,<br />

dass die einzigen Leute, die wissen,<br />

wie man spielen müsste,<br />

auf der Pressetribüne sitzen.«<br />

(Robert Lembke)<br />

»Spielpraxis« ist eines der Leitmotive, das Sie in den Aktivitäten des Verbandes der<br />

Krankenhausdirektoren Deutschlands (<strong>VKD</strong>) seit seiner Gründung im Jahre 1903 immer<br />

wieder finden. Die vom <strong>VKD</strong> herausgegebenen <strong>Praxisberichte</strong> bieten Hilfestellungen<br />

und Erfahrungen zu den aktuellen Fragen des Klinikmanagements. Sie sind für jeden<br />

Klinikmanager eine Fundgrube, der selbst an ähnlichen Fragestellungen arbeitet. Sie<br />

sind natürlich auch hilfreich für Berater, Politiker, Krankenkassen, wissenschaftliche<br />

Institutionen und alle, die wissen wollen, wie ein Krankenhaus funktioniert. Sie können<br />

damit die Perspektive der »Pressetribüne« für einen kurzen Moment verlassen und erleben,<br />

was »auf dem Rasen« passiert.<br />

Schwerpunkt der <strong>Praxisberichte</strong> <strong>2012</strong> sind Beispiele für eine mitarbeiterorientierte und<br />

familienfreundliche Unternehmenspolitik. Wie können Krankenhäuser als Arbeitgeber<br />

attraktiver werden? Weiterhin spielen Strukturfragen eine Rolle. Dabei geht es sowohl<br />

um Angebots- als auch Organisationsstrukturen bis hin zu der Möglichkeit, dass auch<br />

Mitarbeiter Mitgesellschafter eines Krankenhauses werden können. Neben Einzelthemen<br />

liegt ein besonderes Interesse im IT-Bereich. Im privaten Umfeld spüren wir die immensen<br />

Veränderungen. Die Computer werden immer kleiner, die Nutzungsmöglichkeiten<br />

immer größer. Auch in der Klinikbranche sind immense Veränderungen zu erwarten.<br />

Die <strong>Praxisberichte</strong> sind ein Instrument zum Knowhow-Transfer. In der Schwerpunktsetzung<br />

<strong>2012</strong> treffen sie wieder den »Nerv der Zeit«. Allen Autorinnen und Autoren danke<br />

ich sehr herzlich, dass sie ihre Erfahrungen und Kenntnisse hier eingebracht haben. Sie<br />

unterstützen damit auch den <strong>VKD</strong>, weil so der Anspruch, gerade in Fragen der Praxis<br />

und des Klinikmanagements erster Ansprechpartner zu sein, ausgezeichnet erfüllt wird.<br />

Danken möchte ich auch dem Redaktionsteam, das wieder hervorragende Arbeit geleistet<br />

hat. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich eine anregende Lektüre und<br />

verbleibe<br />

mit den besten Wünschen<br />

Ihr<br />

Dr. Josef Düllings<br />

<strong>VKD</strong>-Präsident<br />

3


<strong>Praxisberichte</strong> zu aktuellen Fragen<br />

des Krankenhausmanagements<br />

PERSONALFÜHRUNG<br />

Vertrauen ist kein Sprintprojekt<br />

Wie die Schön Klinik Bad Bramstedt ein »Great Place to Work« wurde<br />

Markus Baer, Stefanie Klein, Astrid Reining ........................................................... Seite 3<br />

Ein attraktives Gehalt genügt nicht<br />

Familienfreundliche Unternehmenspolitik zur erfolgreichen<br />

Mitarbeiterbindung und Fachkräfteakquise<br />

Ingrid Sacher, Christin Drescher, Daniela Wolter .................................................. Seite 11<br />

Mitarbeiterorientierung ist Patientenorientierung<br />

Regionaler Marktführer mit strategisch ausgerichtetem Personalkonzept<br />

Sabine Hellwig, Harald Kothe-Zimmermann ......................................................... Seite 19<br />

Attraktiv als Arbeitgeber<br />

Lahn-Dill-Kliniken: Mit sorgfältiger Planung und Kontinuität<br />

gegen den Fachkräftemangel<br />

Richard Kreutzer ...................................................................................................... Seite 27<br />

Familienfreundlichkeit gecheckt<br />

Mitarbeiterorientierung im Leitbild des Städtischen Klinikums Wolfenbüttel<br />

Joachim Kröger, Ralf Harmel .................................................................................. Seite 35<br />

Kooperations-Kita »Schweriner Seefahrer«<br />

Bau und Betrieb einer eigenen Kindertagesstätte auf dem Klinikgelände<br />

Christoph Essmann .................................................................................................. Seite 41<br />

Qualifikationen richtig einsetzen<br />

Umverteilung von Tätigkeiten und interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

im stationären Bereich<br />

Stefanie Bothur, Dr. Gunhild Küpper, Norbert Vongehr, Helena Wohlgemuth .... Seite 47<br />

GESUNDHEITSZENTRUM<br />

Großprojekt Gesundheitszentrum<br />

Das Städtische Klinikum Brandenburg führte vier MVZ zusammen<br />

und sichert so auch die ambulante Versorgung<br />

Gabriele Wolter, Dr. Harald Vanherpe, Olaf String ............................................... Seite 57<br />

1


ALTERNATIVE EIGENTUMSSTRUKTUR<br />

Ein Förderverein als Trägereinrichtung – kann das gut gehen?<br />

Organisationsstruktur der freigemeinnützigen Tessinum GmbH<br />

ermöglicht vielfältige Synergien<br />

Frank Acker, Kerstin Trommer ................................................................................ Seite 63<br />

Das Spremberger Modell<br />

Mitarbeiter des Krankenhauses als Mitgesellschafter und Mitgestalter<br />

Kathrin Möbius ........................................................................................................ Seite 69<br />

BABYKLAPPE<br />

Die Babyklappe am St. Adolf-Stift in Reinbek<br />

Eine Abwägung zwischen Bedenken und Rechtfertigungen<br />

Lothar Obst .............................................................................................................. Seite 75<br />

ENTSCHEIDERFABRIK<br />

Erfolgsmodell Entscheiderfabrik<br />

Krankenhaus-Erfolg durch optimalen IT-Einsatz<br />

Dr. Pierre-Michael Meier ......................................................................................... Seite 83<br />

Speicherung und Aufbewahrung großer Datenmengen<br />

Effizientes Management der Massen an medizinischen und administrativen<br />

Daten unter Berücksichtigung von Zukunfts- und Investitionssicherheit<br />

Dr. Andreas Zimolong, Gerhard Härdter, Gunther Nolte, Claus Zuppa ................ Seite 85<br />

Werkzeug zur strategischen Krankenhaussteuerung<br />

Risiko- und Potenzialanalysen anhand von Geo- und Marktdaten<br />

für ein strategisches Konzernmanagement in der Gesundheitswirtschaft<br />

Dr. Uwe Günther, Dr. Andreas Goepfert, Nils Wittig, Dr. Silke Haferkamp,<br />

Roland Mennicken, Stefan Lachmann, Alois Steidel ............................................. Seite 95<br />

Chancen und Risiken der IT-Mobilität<br />

Evaluation von mobilen Endgeräten für den Einsatz bei mobiler Visite,<br />

bei Pflege und in anderen Szenarien<br />

Michael Haumann, Detlef Lübben, Harald März, Günter Reckmann,<br />

Carmen Schönberg, Josef Schüler, Haiko Sabbe, Ellen Simon ............................ Seite 103<br />

Integration mobiler Werkzeuge in die EFA<br />

Mobility Solutions für das FallAkten-Portal FallAkte Plus auf Basis<br />

von Soarian Integrated Care unter Erfüllung der aktuellen<br />

Datenschutz- und Datensicherheitsanforderungen<br />

Dr. Andreas Beß, Volker Lowitsch, Dr. Martin Grandy, Nicolas Starck,<br />

Jan C. E. Wendenburg ........................................................................................... Seite 113<br />

2


Patientenaufklärung 2.0<br />

Effizienzsteigerung im Patientenkontakt durch elektronischen Ersatz<br />

von patientenunterschriebenen Dokumenten<br />

Thomas Pettinger, Dr. Carl Dujat, Andreas Schneider, Thomas Kleemann,<br />

Axel Maier, Sven Fröbel, Hubert Köferl ............................................................... Seite 119<br />

GOLDEN HELIX AWARD <strong>2012</strong><br />

Gute Ideen exzellent umgesetzt<br />

Zum 20. Mal wird der traditionsreiche Qualitätspreis verliehen .................... Seite 125<br />

Mehr Lebensqualität für krebskranke Kinder und ihre Familien<br />

Verbund PädOnko Weser-Ems – Regionale ambulante Versorgung<br />

pädiatrisch-onkologischer Patienten aus der Weser-Ems-Region<br />

im Rahmen einer Integrierten Versorgung ........................................................ Seite 127<br />

Informierte Patienten erkennen Schwachpunkte<br />

Einführung eines Patientensicherheitsfilms<br />

am Klinikum Altenburger Land ........................................................................... Seite 131<br />

Mehr Transparenz, bessere Vergleichbarkeit, stetige Verbesserung<br />

Projekt: Qualitätssicherung in der stationären Therapie durch die Einführung<br />

eines klinikinternen und klinikübergreifenden Benchmarkprojektes<br />

am Beispiel der Behandlung von PatientInnen mit einer Anorexia nervosa<br />

oder einer Major Depression ............................................................................... Seite 135<br />

Autoren ........................................................................................................ Seite 141<br />

Impressum<br />

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in den folgenden Texten in der Regel die<br />

männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist aber selbstverständlich immer mit<br />

eingeschlossen.<br />

3


Vertrauen ist kein Sprintprojekt<br />

Wie die Schön Klinik Bad Bramstedt ein »Great Place to Work ® « wurde<br />

von Marcus Baer, Stefanie Klein, Astrid Reining<br />

Der Schön Klinik Bad Bramstedt ist es gelungen, innerhalb von vier Jahren aus einer<br />

hohen Unzufriedenheit der Mitarbeiter mit dem Arbeitsplatz und der Klinik als<br />

Arbeitgeber einen sogenannten »Great Place To Work ® « zu entwickeln. Die Teilnahme<br />

an dem Wettbewerb »Beste Arbeitgeber im Gesundheitswesen« legte hierfür den<br />

Grundstein. Das Besondere an dem Prozess war, dass sich die Zufriedenheitswerte in<br />

den ersten Jahren spürbar, aber dennoch nur moderat entwickelten. Am Ende der beiden<br />

letzten von bislang fünf Befragungen standen nicht nur hohe Veränderungsraten<br />

der einzelnen Werte, sondern ein Gesamtergebnis, das zur Prämierung als einer der<br />

besten Arbeitgeber Deutschlands führte.<br />

Die Schön Klinik Bad Bramstedt zählt im Ranking des unabhängigen »Great Place to<br />

Work ® « Instituts zu den »100 Besten Arbeitgebern Deutschlands <strong>2012</strong>«. Unter allen teilnehmenden<br />

Krankenhäusern erzielte sie den dritten Platz. Um das zu erreichen, waren<br />

Geduld und Durchhaltevermögen gefragt. Denn Vertrauen zu gewinnen stellte sich als<br />

Schlüsselelement in der Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit heraus. Und Vertrauen<br />

entsteht nicht über Nacht oder lässt sich gar verordnen. Mit Hilfe vielfältiger Maßnahmen<br />

und einer grundsätzlichen Änderung im Umgang miteinander ist es der Klinik gelungen,<br />

einen Kulturwandel zu vollziehen – und das innerhalb von nur vier Jahren.<br />

Der Weg zu einem »Great Place to Work ® «<br />

»Alles in allem kann ich sagen, dies hier ist ein sehr guter Arbeitsplatz.«<br />

Im Jahr 2007 stimmten dieser Aussage im Fragebogen 44 Prozent der Mitarbeiter zu.<br />

Im vergangenen Jahr waren es 82 Prozent.<br />

Abbildung 1: Zufriedenheit der Mitarbeiter im Jahresvergleich.<br />

3


Die Ausgangslage war denkbar schlecht, der dringende Handlungsbedarf offensichtlich:<br />

Nur vier von zehn Mitarbeitern gaben 2007 an, zufrieden mit ihrem Arbeitsplatz zu<br />

sein. Die Befragungsergebnisse bei Ärzten und Psychologen lagen noch weit darunter.<br />

Schon einige Jahre zuvor hatte die Schön Klinik Bad Bramstedt selbst entwickelte<br />

Zufriedenheitsbefragungen durchgeführt, jedoch ohne konkrete Maßnahmen daraus<br />

abzuleiten.<br />

Die Teilnahme an der externen und standardisierten Benchmark-Befragung durch das<br />

»Great Place to Work ® « Institut bildete für das psychosomatische Krankenhaus eine Art<br />

Neuanfang im Kontext der Mitarbeiterzufriedenheit. Schon die Befragung selbst stellte<br />

dabei ein gewisses Werkzeug dar. Schließlich konnte 2007 niemand ernsthaft davon<br />

ausgehen, als einer der »besten Arbeitgeber Deutschlands« aus dem Wettbewerb hervorzugehen.<br />

Die durch die Befragung ermittelten Ergebnisse bildeten vielmehr einen<br />

Status Quo ab und stellten die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz in Relation zu anderen<br />

Unternehmen der Branche. Dabei geben die Ergebnisse ein recht gutes Bild des aktuellen<br />

Arbeitsklimas. Denn die Beurteilung durch das unabhängige Institut basiert zu einem<br />

großen Teil auf der anonymen Befragung der Mitarbeiter.<br />

Von Anfang an spielte die Einbindung des Betriebsrats eine große Rolle. Ärztliche und<br />

Kaufmännische Leitung sowie die Mitarbeitervertretung entschieden sich gemeinsam dazu,<br />

sich durch ein externes Institut beurteilen zu lassen. Dies war eine wichtige Voraussetzung<br />

für die weitere Entwicklung und half, Misstrauen und Vorbehalte bei den Mitarbeitern<br />

abzubauen: Der gesamte Prozess zur Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit wurde<br />

seitens des Betriebsrats nicht nur wohlwollend begleitet, sondern aktiv unterstützt und<br />

mitgestaltet.<br />

Die Schön Klinik Bad Bramstedt im Norden Hamburgs ist eines der größten Kompetenzzentren<br />

Deutschlands für psychosomatische Erkrankungen wie Angststörungen,<br />

Zwangserkrankungen, Essstörungen, Burn-out, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen<br />

sowie somatoforme und Schmerzstörungen. Das Therapiekonzept ist integrativverhaltensmedizinisch<br />

ausgerichtet. Durch die Zusammenarbeit mit der Universität zu<br />

Lübeck und dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf entsprechen die Therapieverfahren<br />

jeweils dem neuesten Stand der Wissenschaft. Die Schön Klinik Bad Bramstedt<br />

behandelt in mehr als 400 Betten pro Jahr rund 3.200 Patienten.<br />

Die Fachklinik gehört zur Klinikgruppe Schön Klinik in privater Trägerschaft mit den<br />

Schwerpunkten Orthopädie, Neurologie, Psychosomatik, Chirurgie und Innere Medizin.<br />

In den Kliniken in Bayern, Schleswig-Holstein, Hessen und Hamburg verfügt die Schön<br />

Klinik über rund 4.200 Betten und beschäftigt 7.900 Mitarbeiter.<br />

4


Die Fußballmannschaft der Klinik – Zusammenhalt stärken, gemeinsam Spaß haben.<br />

Die Analyse: Handlungsbedarf in allen Bereichen<br />

Der Weg von 44 Prozent auf 82 Prozent Mitarbeiterzufriedenheit gelang der Schön Klinik<br />

Bad Bramstedt nicht allein aufgrund einzelner Sozialleistungen oder Sportangebote.<br />

Nachdem die desaströsen Ergebnisse bekannt wurden, folgten wochenlange intensive<br />

Analysen. Es zeigte sich, dass in nahezu allen Bereichen großer Handlungsbedarf bestand.<br />

Dabei war schnell klar: Ohne Vertrauen in das Unternehmen und die Vorgesetzten kann<br />

sich die Mitarbeiterzufriedenheit nicht positiv entwickeln. Damit daraus eine solide Basis<br />

wachsen konnte, brauchte es Zeit und individuelle Methoden, die zum Unternehmen und<br />

vor allem zu den handelnden Personen passten. Gerade deshalb war es auch kein linearer<br />

Prozess, der dazu führte, dass heute acht von zehn Mitarbeitern ihrem Arbeitsplatz die<br />

Note »sehr gut« verleihen. Denn Vertrauen entsteht nicht von heute auf morgen, sondern<br />

im Rahmen eines teilweise langwierigen Prozesses, der viel Offenheit, Ehrlichkeit,<br />

Mut und auch Vertrauen seitens der Leitung in die Belegschaft verlangt. Glaubwürdigkeit<br />

und Authentizität sind dabei unabdingbare Voraussetzungen, um eine vertrauensvolle<br />

Beziehung zwischen Mitarbeitern und Führungskräften zu etablieren.<br />

Um nicht gleich mit den »dicken Brettern« zu beginnen, konzentrierte man sich zu allererst<br />

auf die Bereiche Information und Kommunikation. Hier waren für alle Mitarbeiter<br />

sichtbare und schnell umsetzbare Veränderungen möglich. Eine veränderte Haltung<br />

der Klinikleitung und Führungskräfte zu grundlegenden Themen wie Transparenz,<br />

Wertschätzung, Verbindlichkeit und Teamgeist unterfütterte die Maßnahmen und<br />

gab ihnen zusätzliches Gewicht. Im Laufe der Zeit entwickelte sich daraus eine neue<br />

Unternehmenskultur, deren Veränderung nicht nur innerhalb der Klinik spürbar ist, sondern<br />

auch von Patienten und Geschäftspartnern bemerkt und thematisiert wird.<br />

5


Information und Kommunikation<br />

»Erklären hat nichts damit zu tun, sich zu rechtfertigen.<br />

Das wird häufig verwechselt. Wenn man jedoch möchte, dass Mitarbeiter im Boot<br />

sind, sollte man sie auf dem Laufenden halten und ihnen Zusammenhänge und<br />

Hintergründe transparent machen.«<br />

Marcus Baer, Kaufmännischer Leiter der Schön Klinik Bad Bramstedt<br />

Lediglich 25 Prozent der Mitarbeiter stimmten im Jahr 2007 der Aussage zu, die<br />

Führungskräfte würden sie über wichtige Themen und Veränderungen auf dem<br />

Laufenden halten. Aktuell liegt dieser Wert bereits bei 73 Prozent. Dahinter steht die<br />

neu entwickelte, klare Grundhaltung, Informationen transparent zu machen und kommunizieren<br />

zu wollen. In Zusammenarbeit mit den einzelnen Abteilungen und der<br />

Arbeitnehmervertretung wurde eine ganze Reihe von Maßnahmen entwickelt, die dem<br />

Zweck dienten, ausnahmslos allen Mitarbeitern den Zugang zu relevanten Informationen<br />

zu ermöglichen. Verbindliche und regelmäßige Sitzungen auf allen Hierarchieebenen<br />

zählten ebenso dazu wie geregelte Kommunikationswege via Aushänge, Intranet,<br />

Mitarbeiterzeitung und Hausmitteilungen.<br />

Zu den wichtigsten Maßnahmen in diesem Zusammenhang zählt die Erweiterung der<br />

monatlichen Leitungskonferenz, in der mittlerweile alle Bereiche vertreten sind – von den<br />

Ärzten und Psychologen über die Pflege bis zur Küche, den Fachtherapien und der Haustechnik.<br />

Darüber hinaus war die Einführung regelmäßiger Mitarbeiterversammlungen<br />

von großer Bedeutung. »Klinik im Dialog« heißen diese alle zwei Monate stattfindenden<br />

Veranstaltungen, auf denen die Klinikleitung über die aktuelle Lage informiert und neue<br />

Themen vorstellt, Zwischenberichte über laufende Projekte gibt oder besondere Anlässe<br />

feiert. Auf diese Weise hat sich eine Informationskaskade von der Geschäftsführung<br />

bis zum einzelnen Mitarbeiter etablieren können, die Kommunikationswege regelt und<br />

nachvollziehbar macht.<br />

Sehr von Vorteil sind hierbei die insgesamt flachen Hierarchieebenen in der Klinik.<br />

Die Klinikleitung, bestehend aus dem Kaufmännischen Leiter und drei gleichberechtigten<br />

Chefärzten, kommt ohne einen Ärztlichen Direktor aus, womit bereits eine<br />

Hierarchieebene entfällt. Die äußerst konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit innerhalb<br />

der Klinikleitung ersetzt die klassische »Rivalität« zwischen Kaufleuten und Ärzten.<br />

Stattdessen werden betriebswirtschaftliche und medizinische Notwendigkeiten im Team<br />

abgewogen und in aller Regel gemeinsam einvernehmliche Lösungen entwickelt.<br />

Allein dieses Auftreten der Klinikleitung als Einheit ist als sehr erfolgreiche Teiletappe<br />

auf dem Weg zum »Great Place to Work ® « zu bewerten. Denn Vertrauen kann nur dort<br />

entstehen, wo Angst und Misstrauen keine Rolle spielen. In welche Richtung soll sich ein<br />

Mitarbeiter orientieren, wenn Vorgesetzte im ständigen Dissenz agieren und der eine<br />

nach links, der andere nach rechts steuert? Um einen gemeinsamen Weg erfolgreich zu<br />

beschreiten, ist es essenziell, an einem Strang zu ziehen.<br />

6


Wertschätzung und Glaubwürdigkeit<br />

»Für mich ist das hier ein Great Place to Work,<br />

weil ich als ganzer Mensch wahrgenommen werde.«<br />

Pia Wenz, Sachbearbeiterin<br />

Wertschätzung war im Laufe der Jahre zu einem Reizwort geworden. Das ambitionierte<br />

Arbeitsumfeld hatte ein sensibles Gleichgewicht zerstört: zwischen dem Anspruch,<br />

Höchstleistung und Spitzenmedizin zu bieten, und dem Bedürfnis, wertschätzend und<br />

respektvoll mit dem Einzelnen und seinen Leistungen umzugehen. Daher wurde seit der<br />

ersten Befragung im Jahr 2007 eine Vielzahl wertschätzender Maßnahmen eingeführt,<br />

die den Mitarbeitern vor Augen führen sollen, dass die Klinikleitung sie als Person sowie<br />

ihre Leistungen im Unternehmen anerkennt.<br />

Heute sind Maßnahmen dieser Art fest in der Arbeitsplatzkultur der Schön Klinik Bad<br />

Bramstedt verankert. Dazu zählen beispielsweise Hausmitteilungen bei Personalveränderungen<br />

und persönliche Glückwünsche und Präsente zu besonderen Anlässen.<br />

Die Art und Weise, wie sich die Anerkennung äußert, unterscheidet sich genauso wie die<br />

Anlässe, die betrieblich oder auch nicht-betrieblich sein können. Deshalb werden besondere<br />

Teamleistungen oder Jubiläen genau so bedacht wie eine Geburt, Hochzeit, längere<br />

Krankheit oder Trauerfälle.<br />

In den letzten fünf Jahren hat die Schön Klinik Bad Bramstedt auf diese Weise eine ganze<br />

Reihe einzelner Maßnahmen eingeführt, die für sich genommen vielleicht gar nicht einmal<br />

so bedeutend scheinen – die aber in der Summe und aus Sicht der Mitarbeiter umso<br />

bedeutsamer sind. Die Voraussetzung dafür ist jedoch Glaubwürdigkeit dessen, was man<br />

tut. Mitarbeiter haben ein feines Gespür dafür, ob es einem als Arbeitgeber ernst ist. Die<br />

Erfahrungen der Schön Klinik Bad Bramstedt zeigen, dass es offensichtlich weniger darauf<br />

ankommt, was man macht, sondern vielmehr darauf, wie man es macht. So spielt es<br />

beispielsweise eine große Rolle, ob man das Überbringen von Glückwünschen delegiert<br />

oder zur »Chefsache« macht.<br />

Auch gesundheitsfördernde Maßnahmen und solche zur Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf hat das psychosomatische Fachkrankenhaus begonnen, nach und nach umzusetzen.<br />

So können sich die Mitarbeiter jederzeit an einen externen Familienservice wenden, der<br />

sie auf Wunsch bei allen Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt:<br />

angefangen bei der Kinderbetreuung über die Pflege älterer Familienmitglieder bis hin<br />

zur individuellen Hilfe in schwierigen Lebenslagen. Zu den festen Betriebssportangeboten<br />

zählen mittlerweile eine betriebseigene Fußballmannschaft, die auch bei Firmenturnieren<br />

antritt, eine Radsportgruppe, Bogenschießen und die Option, zwei Mal wöchentlich das<br />

hauseigene Schwimmbad zu benutzen. Präventionskurse, etwa im Yoga, werden regelmäßig<br />

angeboten und monatlich kommt ein Masseur für die Mitarbeiter ins Haus.<br />

Auch wurden in den letzten Jahren eigeninitiativ Vergütungsstrukturen angepasst,<br />

Urlaubstage erhöht oder Sonderurlaubstage für alle Mitarbeiter bei Übertreffen der<br />

Klinikziele gewährt. Alle Mitarbeiter der Schön Klinik werden in den Krankenhäusern des<br />

Konzerns auf Wunsch als Wahlleistungspatienten mit Chefarztbetreuung behandelt.<br />

7


Fröhliche Truppe beim Sommerfest der Klinik.<br />

All diese Maßnahmen hat die Schön Klinik Bad Bramstedt ohne Druck von außen, zum<br />

Beispiel aufgrund eines Tarifabschlusses, etabliert. Das unterstrich die Ernsthaftigkeit der<br />

Maßnahmen und führte zu einer Form der offen gelebten Wertschätzung, die nach und<br />

nach Vertrauen in die Leitung des Hauses generierte.<br />

Teamspirit und Atmosphäre<br />

»Was ich an der Tätigkeit hier besonders finde, ist, dass wir einerseits<br />

alle sehr ernsthaft, kritisch und auch konstruktiv miteinander arbeiten<br />

und andererseits wirklich sehr viel Spaß miteinander haben können.<br />

Das macht es mir leicht, jeden Tag wieder herzukommen.«<br />

Stefanie Ehlers, Oberärztin<br />

Gemeinsam lachen zu können, ist in einem Umfeld mit seelisch erkrankten Menschen<br />

ein wesentlicher Aspekt, der das Zusammenarbeiten im Team erleichtert. Im Kreise der<br />

direkten Kollegen lobten die Mitarbeiter früher schon eine gute Arbeitsatmosphäre und<br />

einen engen Zusammenhalt. Doch klinikübergreifend oder sogar im Austausch mit der<br />

Leitungsebene hatte sich Vieles grundlegend ändern müssen.<br />

Mittlerweile veranstaltet die Schön Klinik Bad Bramstedt regelmäßig zielgruppenspezifische<br />

Events, um Spaß und Teamgeist über alle Berufsgruppen hinweg zu fördern:<br />

Beispielsweise führen einzelne Abteilungen gemeinsame Aktivitäten außerhalb der<br />

Arbeitszeit durch, die Auszubildenden veranstalten zwei Mal im Jahr einen eigenen<br />

Workshop, die Betriebssportgruppen nehmen an Turnieren oder Wettkämpfen<br />

teil und beim Sommerfest sind auch Familienangehörige willkommen. Die bereits<br />

8


erwähnten »Kleinigkeiten mit besonderer Wirkung« bereichern mitunter auch diese Art<br />

der Veranstaltungen und Aktivitäten: Zum Beispiel ist es ein schon fast traditioneller<br />

Bestandteil der Weihnachtsfeier, dass die Führungskräfte vorab gemeinsam Plätzchen<br />

backen – und diese dann auf der Weihnachtsfeier an die Mitarbeiter verteilen.<br />

Gerade im Bereich Teamspirit zeigt sich deutlich, wie sich anfänglich initiierte Maßnahmen<br />

in alltäglich praktizierte Unternehmenskultur gewandelt haben: Flache Hierarchien<br />

und interdisziplinäre Zusammenarbeit prägen das Arbeitsklima der Schön<br />

Klinik Bad Bramstedt über alle Berufsgruppen hinweg. Zwanglose Zusammenkünfte<br />

wie das gemeinsame Mittagessen im Mitarbeiterspeisesaal oder das Get together vor<br />

der Mitarbeiterversammlung »Klinik im Dialog« führen deshalb regelmäßig zu einem<br />

Erfahrungs- und Informationsaustausch, der noch vor einigen Jahren unüblich bzw. eher<br />

zufällig war.<br />

Vertrauen und Nachhaltigkeit<br />

»Eine Maßnahme aufzuschreiben, ist die eine Sache,<br />

aber sie auch wirklich anzupacken und als Person dafür zu stehen,<br />

das zeigt erst, dass man es ernst meint.«<br />

Barbara Schlaghecke-Josenhans, Sozialberatung<br />

In den zwei Jahren nach der ersten Befragung zur Mitarbeiterzufriedenheit im Jahr 2007<br />

hatten sich die allgemeinen Werte trotz einer Vielzahl an Maßnahmen zwar deutlich<br />

verbessert, dümpelten allerdings immer noch knapp jenseits der 50 Prozent (s. Abb. 1).<br />

Daran ließ sich deutlich messen, wie tief das Problem bei den Mitarbeitern saß. Auch<br />

wenn einzelne Stimmen bereits zurückmeldeten, dass sich einiges getan habe, so blieb<br />

die breite Anerkennung noch aus. Analysen zeigten: Viele Mitarbeiter fürchteten offenbar,<br />

der umfangreiche Maßnahmenkatalog sei vielleicht doch nur ein »Strohfeuer« gewesen.<br />

Sie hielten es für möglich, dass die Klinikleitung ihr Engagement einstellen würden, wären<br />

die Befragungsergebnisse deutlich besser ausgefallen.<br />

Trotz dieser ernüchternden Ergebnisse hat die Klinikleitung am Ziel festgehalten,<br />

die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern. Das war eine der vielleicht wichtigsten<br />

Entscheidungen im gesamten Prozess. Insgesamt dauerte es vier Jahre, bis die Mitarbeiter<br />

wirklich glauben konnten, dass die Leitung den angestrebten Kulturwandel innerhalb des<br />

Krankenhauses ernst meinte und dass sich das Arbeitsklima nachhaltig verbessern sollte.<br />

Während dieser Zeit wurden immer wieder neue Maßnahmen umgesetzt und solche, die<br />

sich bewährten, wurden beibehalten.<br />

Fazit und Ausblick<br />

Ein Geheimrezept dafür, wie ein Unternehmen ein »Great Place to Work ® « werden kann,<br />

gibt es nicht. Im Fall der Schön Klinik Bad Bramstedt hat sich vor allem eines gezeigt:<br />

Gegenseitiges Vertrauen ist die Voraussetzung für einen attraktiven Arbeitsplatz. Bis sich<br />

Vertrauen entwickelt und zur soliden Basis für ein gesundes Arbeitsklima wachsen kann,<br />

braucht es Zeit und Durchhaltevermögen.<br />

9


Wo, wann, was geändert werden muss, ist dagegen höchst individuell. Denn auch das hat<br />

sich im geschilderten Fall gezeigt: Damit die einzelnen Maßnahmen die erhoffte Wirkung<br />

zeigen konnten, mussten sie glaubwürdig und authentisch sein. Dazu hat die Schön<br />

Klinik Bad Bramstedt immer wieder Prozesse in Frage gestellt, Abläufe unter die Lupe<br />

genommen, hingehört und Kritik angenommen – um im nächsten Schritt optimierende<br />

Maßnahmen in die Wege zu leiten.<br />

Auch beim<br />

Bogenschießen<br />

geht es nicht nur<br />

um den Treffer<br />

ins Schwarze.<br />

Wo, wann, was geändert werden muss, ist dagegen höchst individuell. Denn auch das hat<br />

sich im geschilderten Fall gezeigt: Damit die einzelnen Maßnahmen die erhoffte Wirkung<br />

zeigen konnten, mussten sie glaubwürdig und authentisch sein. Dazu hat die Schön<br />

Klinik Bad Bramstedt immer wieder Prozesse in Frage gestellt, Abläufe unter die Lupe<br />

genommen, hingehört und Kritik angenommen – um im nächsten Schritt optimierende<br />

Maßnahmen in die Wege zu leiten.<br />

Darüber hinaus strahlt ein gesundes Arbeitsklima auch nach außen ab: Kunden, im<br />

Fall des Krankenhauses die Patienten, spüren es, wenn Mitarbeiter zufrieden sind.<br />

Deshalb fügt sich das Engagement, das die Schön Klinik Bad Bramstedt in Bezug auf die<br />

Mitarbeiterzufriedenheit an den Tag legt, in die gesamte Unternehmensphilosophie: Die<br />

konsequente Qualitätsmessung und die Kontrolle durch unabhängige Institutionen entspricht<br />

dem Selbstverständnis der Schön Klinik. Deshalb lässt das Krankenhaus seit Jahren<br />

die medizinischen Leistungen überprüfen und zertifizieren. Sogar die Servicequalität hat<br />

bereits eine Auszeichnung nach hohem Hotellerie-Standard erhalten.<br />

Die Mitarbeiter- und die Patientenzufriedenheit sind Werte, die in den Klinikzielen<br />

fest etabliert sind. Und die auch künftig immer dem Anspruch unterliegen, stets<br />

verbessert werden zu können. Hier liegt eine der größten Herausforderungen: Die<br />

Mitarbeiterzufriedenheit auf dem hohen Niveau zu halten, auf dem sie sich jetzt befindet.<br />

Themenfelder mit Aktionspotenzial gibt es genug, vom Demografiemanagement bis zur<br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf.<br />

10


Ein attraktives Gehalt genügt nicht<br />

Familienfreundliche Unternehmenspolitik zur erfolgreichen<br />

Mitarbeiterbindung und Fachkräfteakquise<br />

von Ingrid Sacher, Christin Drescher, Daniela Wolter<br />

Der Vereinbarkeit von Beruf und Familie kommt im Zuge der demografischen<br />

Entwicklung und angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels eine größer werdende<br />

Bedeutung zu. Insbesondere bei der Rekrutierung von Fachkräften steht die<br />

Gesundheitswirtschaft vor einer Herausforderung, denn gut qualifiziertes Personal<br />

wird knapp. In einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern sind die Krankenhäuser<br />

in besonderem Maße vom Personal- und vor allem Ärztemangel betroffen.<br />

Daher setzte die Sana-Krankenhaus Rügen GmbH als Tochterunternehmen der<br />

Sana Kliniken AG verstärkt und frühzeitig auf eine familienfreundliche Unternehmenspolitik.<br />

Als einer der größten Arbeitgeber der Insel Rügen sieht das Sana-Krankenhaus die<br />

Notwendigkeit, die Standort- und Arbeitgeberattraktivität für potenzielle Mitarbeiter zu<br />

erhöhen. Die Erfahrungen zeigen, dass qualifizierte Fachkräfte allein durch ein attraktives<br />

Gehalt nicht mehr zu gewinnen sind. Die weichen Faktoren sind daher fester Bestandteil<br />

in der Erwartungshaltung der Interessenten. Sie stellen darüber hinaus auch einen klaren<br />

Wettbewerbsvorteil für die Klinik dar.<br />

Das Krankenhaus erfüllt den gesetzlichen Versorgungsauftrag des Landes Mecklenburg-<br />

Vorpommern zur medizinischen Versorgung der Region Rügen. Um dieser Verantwortung<br />

weiterhin gerecht zu werden, ist ein Konzept zum Fachkräfteerhalt und zur<br />

Fachkräfterekrutierung unabdingbar. Daher gilt es, die bereits seit einiger Zeit bestehenden<br />

familienfreundlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiter im Rahmen der<br />

Personalakquise konkret zu kommunizieren sowie darüber hinaus weitere Ansätze zur<br />

Vereinbarung von Beruf und Familie zu schaffen und diese ständig zu optimieren.<br />

Familienfreundlichkeit versus Gehalt<br />

Abbildung 1:<br />

Mitarbeiter wollen Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Familie.<br />

11


Eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung zeigt, dass für 92 Prozent aller<br />

Beschäftigten mit Kindern ein familienfreundlicher Arbeitsplatz ebenso wichtig ist wie<br />

das Gehalt. Für Arbeitnehmer ohne Kinder trifft dies zu 65 Prozent zu (Abbildung 1).<br />

Hält man diesen Zahlen die Ergebnisse der betriebsinternen Bedarfsermittlung des<br />

Sana-Krankenhauses auf Rügen entgegen, so lässt sich erkennen, dass auch hier die<br />

Wünsche der Mitarbeiter nach einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf genau in diese<br />

Richtung gehen. Die Befragung bestätigte den aktuellen Bedarf. Danach gaben etwa 79<br />

Prozent der Befragten an, in Vollzeit beschäftigt zu sein. Etwa 21 Prozent - mit steigender<br />

Tendenz - nehmen das Angebot der Teilzeitbeschäftigung in Anspruch, hauptsächlich,<br />

um familiären Gegebenheiten gerecht zu werden. Sie akzeptieren also ein geringeres<br />

Einkommen. Das ist ein deutliches Signal.<br />

Die Arbeitszeitmodelle gehen jedoch weit über die Möglichkeit der Teilbeschäftigung<br />

hinaus. Dass dies angesichts des bereits existierenden Fachkräftemangels fester<br />

Bestandteil der Personalakquise sein muss, steht außer Frage. Daneben schreibt sich die<br />

Sana-Krankenhaus Rügen GmbH im Zuge der Familienfreundlichkeit auch die folgenden<br />

Felder auf die Fahne (Abbildung 2).<br />

Abbildung 2: Maßnahmen zur Verbesserung der Familienfreundlichkeit.<br />

Was zeichnet ein familienfreundliches Krankenhaus aus?<br />

Einsatzbereitschaft und Engagement von Mitarbeitern können durch eine hohe<br />

Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz und den Arbeitsbedingungen nachhaltig gesteigert<br />

werden. Hierzu ist ein verantwortungsbewusstes Entgegenkommen von Seiten des<br />

Arbeitgebers unabdingbar.<br />

12


Arbeitszeitmodelle<br />

Die weitgehende Berücksichtigung der individuellen familiären Situation der Mitarbeiter<br />

spielt hierbei eine wichtige Rolle. Adäquate Arbeitszeitmodelle, wie flexible Arbeitszeiten<br />

mit Kern- und Gleitzeiten, tragen maßgeblich dazu bei, die Vereinbarkeit von Berufs- und<br />

Familienleben auszubalancieren. Grundlegend sind die zwischen den Gewerkschaften<br />

und dem Krankenhausträger geschlossenen Tarifverträge, welche die Interessen der<br />

Arbeitnehmer und -geber widerspiegeln. Unter Sicherstellung des in einem Krankenhaus<br />

erforderlichen Schicht- und Bereitschaftsdienstsystems werden Dienst- und Urlaubspläne<br />

optimal mit den betrieblichen Erfordernissen in Einklang gebracht. Hierzu gehört<br />

eine rechtzeitige und für Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglichst verlässliche<br />

Urlaubsplanung, die in unserer Einrichtung zu Beginn eines Urlaubsjahres vorliegt und<br />

mit dem Betriebsrat abgestimmt ist.<br />

Die Gestaltung der Arbeitszeit ist wesentlich für eine gute Vereinbarkeit von Beruf und<br />

Familie. Die Herausforderung im Krankenhausbetrieb ist, dass die Patientenversorgung<br />

rund um die Uhr sichergestellt werden muss. Das Krankenhaus hat den Anspruch an eine<br />

strukturierte mittelfristige Dienstplanung mit ausreichend zeitlichem Vorlauf und der<br />

Möglichkeit, individuelle Wünsche zu berücksichtigen. Auch Teilzeit-Modelle unterstützen<br />

eine gute Balance von Familien- und Berufsleben. So sind Teilzeitverträge sowohl im ärztlichen,<br />

pflegerischen und administrativen Bereich schon lange üblich. Das Krankenhaus<br />

stellt sich permanent der Problematik, Arbeitzeitmodelle und Strukturen so zu optimieren,<br />

dass die Balance von Familie und Karriere selbstverständlich und umsetzbar wird.<br />

Unterstützung für Mitarbeiter mit Kindern<br />

Ein Tarifvertrag beinhaltet neben diversen Ausgestaltungsmöglichkeiten zu Arbeitszeitmodellen<br />

auch die Möglichkeit der finanziellen Förderung der Kinderbetreuung in<br />

Form von Zuschüssen. Mütter und Väter, die einen Krippen- und /oder Kindertagesstätten-Platz<br />

beanspruchen, erhalten einen monatlichen Zuschuss in Höhe von derzeit 100<br />

Euro brutto.<br />

Weiterhin stehen werdenden Müttern und jungen Eltern ständige Kontakthaltemöglichkeiten<br />

mit dem Unternehmen zur Verfügung. Dabei können während der Elternzeit unter<br />

anderem Fortbildungsangebote in Anspruch genommen werden. Daraus ergeben sich<br />

Vorteile für beide Seiten. Mitarbeiter erweitern ihre Kompetenz und erleichtern sich<br />

den Wiedereinstieg nach der Elternzeit. Das Krankenhaus fördert das Potenzial ihrer<br />

Mitarbeiter, überwindet die Trennung von Beruf und Familie und sichert sich damit wertvolles<br />

Know-how sowie Fachkompetenz.<br />

Unterstützung für pflegende Angehörige<br />

Gerade ältere Mitarbeiter müssen ihre berufliche Tätigkeit aber oft auch in Einklang mit<br />

der Pflege von Angehörigen bringen. Das Krankenhaus bietet hier Informationen und<br />

Unterstützung. Der Kontakt mit dem Krankenhaus, auch bei familienbedingter Abwesenheit,<br />

ist stets gegeben, so dass kurze Kommunikationswege und Abstimmungsmöglichkeiten<br />

als alltägliche Selbstverständlichkeiten gelebt werden können. Mitarbeiter sollen<br />

sich vertrauensvoll auf die Unterstützung des Arbeitsgebers verlassen können, auch<br />

13


in Zeiten, wo vorübergehend familiäre Verpflichtungen Vorrang haben. Letztlich ist ein<br />

Geben und Nehmen auch im beruflichen Miteinander Ausgangspunkt grundlegender<br />

gegenseitiger Wertschätzung und Wertschöpfung.<br />

Betriebliche Gesundheitsförderung<br />

Neben der Familienfreundlichkeit ist ein Unternehmen, vor allem eine Gesundheitseinrichtung,<br />

stets daran interessiert, dass die Mitarbeiter gesund sind und bleiben.<br />

Daher bietet das Krankenhaus neben familienfreundlichen Angeboten ebenfalls präventive<br />

Gesundheitsangebote, z. B. Aqua-Fitness, Rückenschule, Nordic Walking oder<br />

Thai Chi. Für Mitarbeiter, deren Arbeitsvertrag sich nach dem Konzerntarifvertrag ver.di<br />

richtet, beteiligt sich der Arbeitgeber mit finanziellen Zuschüssen an den Kursen. Diese<br />

werden gern angenommen und wirken darüber hinaus als wichtige Motivations- und<br />

Erfolgsfaktoren.<br />

Qualitätssiegel als familienfreundliches Krankenhaus<br />

Es gibt viele junge Eltern und auch Mitarbeiter mit pflegebedürftigen Angehörigen im<br />

Sana-Krankenhaus und somit viele gute Gründe, in eine familienorientierte Personalpolitik<br />

zu investieren, die nachhaltig wirkt. Das Sana-Krankenhaus in Bergen setzt an diesem<br />

Punkt an. Bereits im Jahr 2009 hat sich das Haus dem Lokalen Bündnis für Familien auf<br />

Rügen als Bündnispartner angeschlossen. Turnusmäßige Treffen verschiedener regionaler<br />

Akteure befördern die aktuelle Thematik der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Bei<br />

einem Wettbewerb der Insel Rügen in der Kategorie Sozialwesen/Gesundheitswesen<br />

konnte die Sana-Krankenhaus Rügen GmbH im Dezember 2011 eine Auszeichnung als<br />

»Familienfreundlichstes Unternehmen auf Rügen« entgegen nehmen.<br />

Darüber hinaus wurde mit dem renommierten Audit »Beruf und Familie« (berufundfamilie<br />

gGmbH) der gemeinnützigen Hertie-Stiftung die Arbeitssituation im Krankenhaus<br />

unter familienfreundlichen Gesichtspunkten im Juni <strong>2012</strong> zertifiziert. Dabei handelt<br />

es sich um ein Qualitätssiegel, das von führenden Wirtschaftsverbänden empfohlen<br />

wird und das unter der Schirmherrschaft des Bundesfamilienministeriums und des<br />

Bundeswirtschaftsministerium steht.<br />

Das Sana-Krankenhaus Rügen betreibt als Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung<br />

206 Betten. Jährlich werden etwa 24.000 stationäre und ambulante Patienten versorgt.<br />

Angeschlossen sind dem Inselkrankenhaus eine Kurzzeitpflegeeinrichtung sowie<br />

ein stationäres Hospiz. Die Sana-Krankenhaus Rügen GmbH beschäftigt in <strong>2012</strong> rund<br />

400 Mitarbeiter, davon ca. 50 Ärzte.<br />

14


Die Jury freut sich mit den Mitarbeitern des Sana-Krankenhauses Rügen über den Gewinn als<br />

»Familienfreundlichstes Unternehmen auf Rügen« in der Kategorie »Sozialwesen/ Gesundheitswesen«.<br />

(v.l.n.r.: Wilfried Rothkirch, Vorsitzender des DEHOGA Regionalverbandes Rügen; Daniela<br />

Wolter, Assistentin der Geschäftsführung; Ronny Voigtsberger, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender;<br />

Christin Drescher, Planung/Organisation/Qualitätsmanagement; Karsten Liefländer,<br />

Leiter der IHK-Geschäftsstelle Nordvorpommern/ Rügen (Stralsund); Margitta Bergmann,<br />

Betriebsratsvorsitzende; Dr. med. Oec. med. Knut Müller, Leitender Chefarzt; Silke Ritschel,<br />

Geschäftsführerin; Marga Unger, Pflegedienstleitung; Ingrid Sacher, Verwaltungsdirektorin und<br />

Christine Wenmakers, Sprecherin des Lokalen Bündnisses für Familien auf Rügen)<br />

Betriebsnahe Kindertageseinrichtung mit Randzeitenbetreuung<br />

In dem stetigen Bestreben, das Erwerbs- und Familienleben in Einklang zu bringen,<br />

stoßen Klinikmitarbeiter mit Kindern häufig an ihre Grenzen. Ein Grund sind die eingeschränkten<br />

Öffnungszeiten der Kindertageseinrichtungen. Das Sana-Krankenhaus Rügen<br />

hat dies frühzeitig erkannt und arbeitet bereits seit 2009 an der Idee, eine betriebsnahe<br />

Kindertageseinrichtung mit Randzeitenbetreuung zu realisieren. Zur Umsetzung der Vision<br />

wurde eine Projektgruppe gegründet. Die Ende 2010 durchgeführte Befragung ermittelte<br />

den Bedarf für ein solches Angebot. Im Ergebnis wurde ein reges Interesse der Mitarbeiter<br />

mit betreuungspflichtigen Kindern an einer solchen Einrichtung deutlich.<br />

Im Anschluss an die Befragung konnte das Krankenhaus die Eckpunkte dieses Projektes<br />

genauer definieren. Gewünscht wurden unter anderem Betreuungsmöglichkeiten, insbesondere<br />

für Kinder im Alter zwischen 0 bis 6 Jahren. Die Öffnungszeiten sollten zwischen<br />

5.30 Uhr und 20.30 Uhr liegen. Auch die Betreuung am Wochenende und an Feiertagen sei<br />

wichtig, hier insbesondere in der Zeit von 5.30 Uhr bis 15.00 Uhr. Öffnungszeiten darüber<br />

hinaus seien nur in Ausnahmefällen notwendig.<br />

15


Krankenhauseigene Räumlichkeiten stehen bereits zur Verfügung und müssen noch<br />

durch Baumaßnahmen den rechtlichen Vorgaben angepasst werden. In einer Begehung<br />

mit dem zuständigen Jugendamt sowie mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales<br />

Mecklenburg-Vorpommern wurden die Räume für grundsätzlich geeignet befunden.<br />

Mit Fortschreiten des Projektes wurde allerdings klar, dass das Krankenhaus zur<br />

weiteren Umsetzung einen Kooperationspartner mit Kernkompetenzen im Bereich der<br />

Kinderbetreuung benötigt. Er wurde über eine öffentliche Ausschreibung gefunden.<br />

Aktuell werden gemeinsam die genauen Umsetzungsmöglichkeiten geprüft und die<br />

Rahmenbedingungen für die geplante Kindertageseinrichtung mit Randzeitenbetreuung<br />

ausgelotet. Das Projekt findet sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei der lokalen<br />

Bevölkerung großen Zuspruch.<br />

Die Vorteile des Projekts:<br />

1. Motiviertere Mitarbeiter und höhere Arbeitsqualität belohnen den Arbeitgeber<br />

mit höherer Produktivität und sorgen für Patientenzufriedenheit<br />

2. Höhere Chancen, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und langfristig an das<br />

Krankenhaus zu binden<br />

3. Wertvolles Fachwissen bleibt dem Krankenhaus erhalten. Weniger Fluktuation<br />

bedeutet auch weniger Kosten bei der Neubesetzung von Stellen.<br />

Auditierungsworkshop »Beruf und Familie« im Sana- Krankenhaus Rügen<br />

16


Teilnehmer am Auditierungsworkshop »Beruf und Familie«:<br />

(v.l.n.r.): Silke Ritschel, Britta Stielow, Ronny Voigtsberger, Christin Drescher, Margitta Bergmann,<br />

Sandra Kankel, Holger Hannig, Anja Busch, Christa Preuhs, Dr. Claudia Wriske, Ingrid Sacher<br />

Ausblick<br />

Ein Blick in die Zukunft verdeutlicht den großen Handlungsbedarf im Gesundheitswesen,<br />

familienfreundlichere Arbeitswelten zu schaffen. Die Gesellschaft wird in den kommenden<br />

Jahren immer älter. Aktuelle Prognosen des Allensbach-Instituts (im Familienmonitor<br />

2010) gehen davon aus, dass im Jahr 2050 mehr als 30 Prozent der Bevölkerung<br />

über 65 Jahre alt sind. Ende 2005 waren es noch 19 Prozent. Zugleich geht die Zahl der<br />

potenziell erwerbstätigen Personen immer weiter zurück. Bis 2030 werden cirka 5,5<br />

Millionen Arbeitskräfte fehlen. Durch sinkende Absolventenzahlen entsteht ein erheblicher<br />

Personalmangel bei Ärzten sowie bei Klinikfachkräften.<br />

Neben dieser Entwicklung gibt es weitere wichtige Tendenzen: Die Gesundheitsbranche ist<br />

traditionell ein Arbeitsbereich mit hohem Frauenanteil. Dieser Trend wird auch in Zukunft<br />

anhalten. Über 60 Prozent aller Medizin-Studienanfänger sind weiblich, ebenso über 80<br />

Prozent der Pflegekräfte. Der Klinikalltag in Medizin und Pflege erfordert viel Flexibilität<br />

und ein hohes Maß an Konzentration. Eine familienfreundliche Unternehmenspolitik, die<br />

diesen Trend unterstützt, erkennt den Bedarf der Mitarbeiter und reagiert mit attraktiven<br />

Teilzeitvarianten, familienorientierten Dienstplanmodellen und Urlaubsregelungen darauf.<br />

17


Ein Blick über den Tellerrand<br />

Im Vergleich von 19 europäischen Staaten belegt Deutschland laut einer Untersuchung<br />

des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (2010) in Sachen Familienfreundlichkeit<br />

Platz 7. Verglichen wurden die Rahmenbedingungen für Familien. Führend ist Deutschland<br />

hingegen bei der finanziellen Unterstützung der Eltern. Väterfreundlichkeit liegt im<br />

Trend. Auch Männer übernehmen mehr familiäre Aufgaben als früher, etwa durch das<br />

Wahrnehmen der Elternzeit. So ist insgesamt zu beobachten, dass sich die Prioritäten<br />

verschieben. Die berufliche Karriere steht nicht mehr bedingungslos über dem Thema<br />

Familie.<br />

Andere Länder, z. B. in Skandinavien, bieten bereits Konzepte, die beides bei noch dazu<br />

attraktiver Vergütung vereinbaren. Da gerade Nachwuchskräfte zunehmend ins Ausland<br />

abwandern, ist es aus Sicht des Sana-Krankenhauses in Bergen die logische Konsequenz,<br />

schnell und nachhaltig im Sinne des Gesundheitsstandortes Deutschland zu handeln.<br />

Erreicht werden soll dieses Ziel durch vielfältige Maßnahmen, unter anderem in den<br />

Bereichen Arbeitszeitmodelle, Kinderbetreuung und Karriereplanung. Gelingt es, die<br />

Wünsche der Mitarbeiter erfolgreich mit den Krankenhausinteressen zu verbinden, ist dies<br />

für alle ein Plus.<br />

Innenansicht Sana-Krankenhaus Rügen GmbH<br />

18


Mitarbeiterorientierung ist<br />

Patientenorientierung<br />

Regionaler Marktführer mit strategisch ausgerichtetem Personalkonzept<br />

von Sabine Hellwig, Harald Kothe-Zimmermann<br />

Durch die Lage der Gesellschaft für Leben und Gesundheit (GLG) – sie grenzt direkt<br />

an Berlin – gibt es vor allem zwei Hauptproblemfelder: die Gewinnung von Personal<br />

und eine hohe Fluktuation bei den Ärzten. Das Unternehmen reagiert darauf<br />

sowie auf die ohnehin schwierige Arbeitsmarktsituation und den damit verbundenen<br />

Fachkräftemangel mit einem strategisch ausgerichteten, breit angelegten<br />

Personalkonzept. Für Bewerber und Mitarbeiter wurde ein umfangreiches Bündel<br />

von Maßnahmen geschnürt, zu dem neben attraktiven Arbeitsplätzen die Förderung<br />

der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ebenso gehören wie besondere Anreize<br />

für Medizinstudierende. Die GLG verfügt über ein klares Unternehmensprofil, zu<br />

dem auch die regionale Identifikation gehört. Sie ist Marktführer in der regionalen<br />

Gesundheitswirtschaft, arbeitet beständig und erfolgreich an hoher Qualität, investiert<br />

zielgerichtet und engagiert sich in zahlreichen Netzwerken.<br />

Die Gesellschaft für Leben und Gesundheit (GLG) nutzt ganz verschiedene Möglichkeiten,<br />

um mit den Eckpfeilern ihres Unternehmenserfolgs berufsgruppenbezogen zu werben.<br />

Einheitliches Corporate Design als Erkennungsmerkmal<br />

Als attraktiver und leistungsstarker Arbeitgeber präsentiert sich die GLG durch ein einheitliches<br />

Corporate Design (CD). Die Unternehmensidentität muss schnell und eindeutig<br />

erkennbar sein. Dazu wurden alle externen und auch internen Kommunikationsmittel<br />

umgestaltet. Mit dieser Arbeitgebermarke stellt sich die GLG in den klassischen<br />

Bereichen der Werbung in Print-, Internet-, Radio- und Fernsehmedien dar. Gezielte<br />

Arbeitsplatzanzeigen werden durch regelmäßige Imagewerbung ergänzt. Letztere<br />

dient vor allem im regionalen Umfeld der Information über Leistungsangebote und<br />

Engagement, aber auch der Möglichkeit der Identifikation mit dem Unternehmen.<br />

Anreize für den ärztlichen Nachwuchs<br />

Um potenzielle Bewerber für die GLG zu interessieren, werden Jobbörsen und Messen<br />

besucht. Je nach Berufsgruppe finden diese in der Region, aber auch überregional und<br />

international statt. Das alles reicht allerdings längst nicht aus, um genügend Ärzte für<br />

die Zukunft zu uns zu holen. Deshalb bemühen wir uns besonders um den Nachwuchs.<br />

Stipendien<br />

Seit 2006 gibt es das GLG-Stipendium. Ziel ist es, den medizinischen Nachwuchs zu<br />

sichern und die Stipendiaten frühzeitig und langfristig an die GLG und die Region zu binden.<br />

Dem Management der GLG als größtem Arbeitgeber der Region ist das Engagement<br />

in und für die Gesundheitsregion Nord-Ost-Brandenburg sehr wichtig. In Brandenburg gibt<br />

es keine medizinische Fakultät. Studenten aus der Region müssen das Bundesland zum<br />

Studieren verlassen. Das GLG-Stipendium ist eine Form, die jungen Leute danach zurück<br />

19


in ihre Heimat zu holen. Deshalb wird es an Studierende der Medizin vergeben, die aus<br />

der Region stammen und nach ihrem Studium ihren Arbeitsplatz als Ärztin oder Arzt in<br />

einem Unternehmen der GLG antreten.<br />

Das GLG Stipendium bietet eine finanzielle Unterstützung während des Medizinstudiums<br />

in einer Höhe von monatlich bis zu 500 Euro. Nach Bestehen der zweiten ärztlichen<br />

Prüfung erhält der Stipendiat ein Angebot zur Festanstellung als Arzt in Weiterbildung<br />

in einem Unternehmen der GLG. Der Vertrag regelt weiterhin, dass nach Notwendigkeit<br />

und vorhandenen Möglichkeiten nötige praktische Ausbildungen und Famulaturen in<br />

den Unternehmen der GLG absolviert werden können. Der Stipendiat hat im Gegenzug<br />

einige Bedingungen zu erfüllen: Er muss das Studienziel in vorgesehener Zeit erreichen,<br />

regelmäßige Nachweise über absolvierte Studienabschnitte und Prüfungen vorweisen<br />

und sich nach erfolgreich absolviertem Studium für ein Beschäftigungsverhältnis in einem<br />

Unternehmen der GLG für mindestens drei Jahre verpflichten.<br />

Bewerben können sich Abiturienten, die im Vergabejahr des Stipendiums ein Medizinstudium<br />

beginnen, aber auch bereits eingeschriebene Medizinstudenten. Die Bewerber<br />

müssen aus der Region Barnim/Uckermark/Märkisch Oderland kommen.<br />

Inzwischen ist das Stipendium 37 Mal vergeben worden. Vier Stipendiaten haben ihr<br />

Studium bereits erfolgreich abgeschlossen und arbeiten in Unternehmen der GLG. Wer<br />

in dieser Region seine Wurzeln hat, sich über einige Jahre hinweg keine Sorgen um<br />

einen Arbeitsplatz machen muss und zudem noch finanziell unterstützt wird, der verlässt<br />

die Region und den Arbeitgeber nicht so schnell. Wir sichern mit dem Stipendium<br />

nicht nur unseren eigenen Nachwuchs, sondern wirken auch der Fluktuation entgegen.<br />

Mussten wir in den Anfangsjahren der Vergabe des Stipendiums noch kräftig dafür die<br />

Werbetrommel rühren, haben wir seit 2010 mehr Bewerber als zur Verfügung stehende<br />

Stipendien. Tendenz steigend.<br />

Weiterbildungsangebote<br />

Das größte Krankenhaus der GLG, das Werner Forßmann Krankenhaus in Eberswalde, ist<br />

akademisches Lehrkrankenhaus der Charité Berlin. Das ist derzeit die beste Möglichkeit,<br />

möglichst viele Medizinstudenten mit attraktiven Weiterbildungsangeboten im Rahmen<br />

der Facharztausbildung für unser Unternehmen zu interessieren. In Zusammenarbeit<br />

mit der Landesärztekammer Brandenburg präsentieren wir das Unternehmen vor den<br />

Medizinstudenten im sechsten Studienjahr.<br />

Praktisches Jahr<br />

Eine umfangreichere Unterstützung erhalten Medizinstudenten im Praktischen Jahr (PJ).<br />

Ihnen wird eine fachübergreifende Fortbildungsreihe angeboten, die GLG finanziert ihnen<br />

eine Unterkunft oder das Fahrgeld zum Arbeitsplatz und ermöglicht ein kostenfreies<br />

Mittagessen. Jeder Medizinstudent, der im Unternehmen sein praktisches Jahr absolviert,<br />

hat grundsätzlich die Möglichkeit, ein Stipendium in Höhe von monatlich 350 Euro<br />

zu bekommen. Für diejenigen, die sich während dieser PJ-Zeit für eine Bindung an ein<br />

Unternehmen der GLG nach erfolgreich abgeschlossenem Studium entscheiden, besteht<br />

20


die Möglichkeit, eine vertraglich fixierte Zusage für einen Arbeitsplatz zu bekommen,<br />

verbunden mit einem höheren PJ-Stipendium.<br />

Derartige Anreize sind wichtig, und eine Arbeitsplatzgarantie sorgt für Sicherheit. Angehende<br />

Ärzte schauen sich aber auch sehr genau an, was der Arbeitgeber sonst noch so<br />

zu bieten hat, wie er mit seinen Mitarbeitern umgeht, welche Entwicklungsmöglichkeiten<br />

es gibt, wie gegebenenfalls die Familie eingebunden werden kann und was der Ort, die<br />

Region zu bieten hat.<br />

Personalgewinnung für die Pflege<br />

Personalgewinnungsmaßnahmen für den ärztlichen Dienst haben aufgrund des Ärztemangels<br />

oberste Priorität. Dennoch verlieren wir die anderen Berufsgruppen nicht aus<br />

den Augen. Auch die Bewerbungen für den Bereich der Pflegeberufe haben abgenommen.<br />

Berufsorientierung für den Pflegenachwuchs<br />

Für die Akquise von Auszubildenden für Pflegeberufe sind konkrete Angebote zur<br />

Berufsorientierung festgeschrieben. Dazu gehören der klassische Tag der offenen<br />

Tür im Krankenhaus, aber auch z.B. Lehrertouren, die in Zusammenarbeit mit dem<br />

Schulamt und der Ausbildungsstätte durchgeführt werden. Gemeinsam mit dem<br />

Berufsinformationszentrum wollen wir künftig noch viel stärker in den Schulen unterwegs<br />

sein. Sowohl die Schüler als auch Lehrer und Eltern müssen besser und rechtzeitiger über<br />

die Berufsbilder in der Pflege informiert werden. Neben der ausführlichen Präsentation<br />

der Ausbildungsberufe in unseren Ausbildungsbroschüren, setzen wir zusätzlich auf<br />

persönliche Ansprechpartner, auf Informationsmaterial, das wir für die Lehrkräfte zur<br />

Verfügung stellen, sowie auf gemeinsame Projekte.<br />

Fachkräfte aus dem Ausland<br />

Ein weiterer Baustein ist die Rekrutierung baltischer Fachpflegekräfte für das Unternehmen.<br />

Die GLG bietet Bewerber/innen aus Lettland und Litauen eine Sprachausbildung<br />

und einen medizinischen Update-Kurs Pflege nach dem deutschen Krankenpflegegesetz<br />

an. Ziel des Engagements ist eine langfristige Bindung der Bewerberinnen an eine<br />

Tätigkeit in den Unternehmen der GLG. Die Vertragslaufzeit besteht aus einem<br />

Förderzeitraum von z.Zt. sechs Monaten – dem Zeitraum zum Erlernen der deutschen<br />

Sprache und einem medizinischen Uptdate-Kurs Pflege mit Kompetenzprüfung – und<br />

einer sich anschließenden Tätigkeit als Pflegefachkraft von mind. 24 Monaten in einem<br />

Unternehmen der GLG. Im März 2011 haben wir mit einer ersten kleinen Gruppe begonnen.<br />

Fast alle Teilnehmerinnen arbeiten inzwischen im Unternehmen. Derzeit bereiten<br />

wir eine vierte Gruppe vor.<br />

Mitarbeiterorientierung ist Teil der Qualitätssicherung<br />

Wer in der GLG arbeitet weiß, dass dem Thema Qualität große Bedeutung beigemessen<br />

wird. Dazu gehört für das Unternehmen auch, dass in der Mitarbeiterorientierung ein<br />

Schwerpunkt gesetzt und ungewöhnliche Ideen entwickelt werden. Mitarbeiterorientierung<br />

ist Patientenorientierung. Jedes Krankenhaus ist KTQ-zertifiziert.<br />

21


Es gibt verschiedene Arbeitszeitmodelle, schnittstellenübergreifende Zusammenarbeit,<br />

Service für Familien genauso wie Stärkung von Kompetenzen aller Mitarbeiter, besonders<br />

der Führungskräfte, bis hin zu gesundheitsfördernden Angeboten. Die GLG hat zahlreiche<br />

Kooperationspartner und ist Mitglied in verschiedenen Netzwerken, was sich positiv auf<br />

die Arbeitsvielfalt und Weiterbildungsmöglichkeiten auswirkt.<br />

Jeder Mitarbeiter kann sich aktiv mit Ideen zur Verbesserung seines Arbeitsumfeldes<br />

einbringen, es gibt ein betriebliches Vorschlagswesen und regelmäßige Mitarbeiterbefragungen.<br />

Verhaltenskodex entwickelt<br />

Im Jahr 2009 wurde gemeinsam mit Mitarbeitern aus allen Berufsgruppen der<br />

GLG-Verhaltenskodex entwickelt. Dieser Kodex bezieht sich auf das Verhalten der<br />

Mitarbeiter untereinander, auf eine professionelle Führung, den einfühlsamen Umgang<br />

mit Patienten und externen Kunden, den konsequenten Schutz der Umwelt und auf<br />

die kontinuierliche Sicherung der Qualität. Damit im Zusammenhang stand auch die<br />

Einführung von Mitarbeiterjahresgesprächen. Dazu gehörte die Entwicklung eines<br />

Leitfadens und die Schulung der Führungskräfte. Für jeden Mitarbeiter wird zukünftig<br />

eine persönliche Qualifizierungs- und Personalentwicklungsplanung im Rahmen des<br />

Mitarbeiterjahresgespräches erstellt und eine Fortbildungsbedarfsplanung abgegeben.<br />

Im Verhaltenskodex ist u.a. die Verpflichtung zur Durchführung des Mitarbeiterjahresgespräches<br />

genauso verankert, wie das Recht auf Teilnahme der Führungskräfte<br />

an einem jährlichen Führungstraining. Es gibt Fortbildungsangebote, die die Fachkompetenzen<br />

der Mitarbeiter stärken oder erweitern, aber auch berufsgruppen-spezifische<br />

Angebote, die alle im GLG- Fortbildungskalender aufgeführt sind.<br />

Viele Angebote zur Mitarbeiterbindung<br />

Abseits vom direkten Arbeitsalltag werden den Mitarbeitern weitere interessante<br />

Angebote gemacht, mit dem Ziel, sie an das Unternehmen zu binden.<br />

Wohnraumsuche<br />

Wer aus einer anderen Region zu uns ziehen möchte, um in einem Unternehmen der GLG<br />

zu arbeiten, den unterstützen wir bei der Suche nach Wohnraum, zum Teil übernimmt die<br />

GLG auch Umzugskosten.<br />

Kinderbetreuung<br />

Für Familien mit Kindern bieten wir Kita-Plätze in Partnerkitas an, die auf verlängerte<br />

Betreuungszeiten eingestellt sind. Wir fördern Musikschulunterricht für Mitarbeiterkinder.<br />

Rabatte und Ferienhäuser<br />

Für die Mitarbeiter gibt es zahlreicher Rabatte, die mit regionalen Anbietern und<br />

Geschäften vereinbart werden konnten. Wer Erholung braucht, kann die betriebseigenen<br />

Ferienhäuser nutzen.<br />

22


Gut aufgehoben –<br />

Mitarbeiterkinder im Ferienlager<br />

Gemeinsame Feste<br />

Und das Feiern gehört ebenfalls dazu, bietet es doch Raum für Anerkennung von<br />

Leistungen, vor allem aber für die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls. An jedem<br />

Krankenhausstandort wird jährlich das Mitarbeiterfest gefeiert, es gibt Weihnachtsfeiern<br />

für Kinder, für Rentner und in jedem Jahr auch das GLG-Sportfest.<br />

Einzigartige Gesundheitsmesse<br />

Die GLG veranstaltet gemeinsam mit Partnern für Gesundheit ein Mal im Jahr die Erlebnismesse<br />

»Mensch und Gesundheit«. Hier engagieren sich Mitarbeiter in Bezug auf eine<br />

besondere, außergewöhnliche Präsentation gezielter Gesundheitsthemen – entdecken,<br />

staunen, ausprobieren. Darüber hinaus erhält jeder GLG Mitarbeiter Messeeintrittskarten<br />

für die ganze Familie.<br />

Erfolgreiche Messe<br />

Mensch & Gesundheit<br />

23


GLG-Bikes für die Pendler<br />

Mit dem GLG-Bike kommen wir einem Teil unserer Mitarbeiter auf dem Weg zur<br />

Arbeit »entgegen«. Das Unternehmen stellt kostenfrei Fahrräder im GLG-Design für die<br />

Berufspendler zur Verfügung. Sie können damit die Strecke vom Bahnhof zum Krankenhaus<br />

schneller zurücklegen. Die GLG-Bikes werden an allen Krankenhausstandorten angeboten.<br />

An den Bahnhöfen wurden extra Abstellplätze eingerichtet. Die GLG-Bikes werden auch<br />

im Stadtbild wahrgenommen und ergeben so einen besonderen Werbeeffekt. Es wird als<br />

positiv erlebt, dass das Unternehmen sich für die Mitarbeiter und ihre Gesundheit sowie<br />

für eine gesunde Umwelt einsetzt.<br />

Gute Idee umgesetzt: Die GLG-Bikes<br />

Exklusive Veranstaltungen<br />

Für die Bindung an das Unternehmen sind auch die exklusiven, nicht öffentlichen<br />

Veranstaltungen initiiert, die es nur für GLG Mitarbeiter gibt. Dazu gehören im Laufe<br />

eines Jahres mehrere hochkarätige klassische Konzerte, Comedyabende und ein Rock/<br />

Pop Konzert, mit renommierten regional und überregional bekannten Künstlern, wie z.B.<br />

Musikern der Staatskapelle Berlin, Mirja Boes, Karat/ City u.a.<br />

Audit und Zertifikat<br />

Das Bestreben, eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Mitarbeiter zu erreichen,<br />

zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Unternehmen und beeinflusst<br />

alle Bereiche der Arbeit. Einen kleinen Teil davon – die Personalgewinnung und die<br />

Mitarbeiterorientierung – haben wir in Ausschnitten hier dargelegt.<br />

24


Perspektiven und Karriere:<br />

Interessenten auf der<br />

Messe »Perspektiven<br />

und Karriere« informieren<br />

sich über das<br />

Klinikunternehmen<br />

Fazit<br />

Die Vielzahl der Aktivitäten zur Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung hatte das<br />

erfreuliche Ergebnis, dass die Anzahl der freien Stellen im Unternehmen deutlich reduziert<br />

und die früher sehr hohe Fluktuationsrate auf ein erträgliches Maß zurückgeführt<br />

werden konnte. Insbesondere mit dem GLG Stipendium, den exklusiven Veranstaltungen,<br />

dem GLG Bike und den Weiterbildungsmöglichkeiten, haben wir in der Region deutliche<br />

Impulse gesetzt, die auch bundesweit Beachtung fanden<br />

Die Gesellschaft für Leben und Gesundheit mbH (GLG) ist ein Unternehmen der<br />

Landkreise Barnim, Uckermark und der Stadt Eberswalde im Nordosten des Landes<br />

Brandenburg. Als Marktführer in der regionalen Gesundheitswirtschaft bietet sie das<br />

komplette Leistungsspektrum der Krankenhausversorgung an. Zur GLG gehören vier<br />

Krankenhäuser, eine Fachklinik für verhaltensmedizinische Rehabilitation, Medizinische<br />

Versorgungszentren, eine ambulante Pflege, ein ambulantes Rehabilitationszentrum<br />

und weitere Unternehmensbereiche.<br />

25


26


Attraktiv als Arbeitgeber<br />

Lahn-Dill-Kliniken: Mit sorgfältiger Planung und Kontinuität<br />

gegen den Fachkräftemangel<br />

von Richard Kreutzer<br />

Krankenhäuser müssen sich heute und künftig um qualifiziertes Personal aktiv bewerben.<br />

Die Lahn-Dill-Kliniken bringen sich als Arbeitgeber erster Wahl mit einem langfristig<br />

angelegten Programm in Position. Sie verbessern ihre organisatorische Substanz<br />

konkret und zielgenau und haben dafür wesentliche Handlungsfelder definiert,<br />

innerhalb derer passgenaue Maßnahmen entwickelt werden. Fünf Planungsschritte<br />

ermöglichen ein strukturiertes, zielführendes Vorgehen, das in die unternehmerische<br />

Gesamtstrategie eingebunden ist. Die ersten Maßnahmen wurden bereits erfolgreich<br />

umgesetzt.<br />

Es könnte eine Nachricht sein, die positive Erwartungen weckt: Erstmals ging nach<br />

Jahren des kontinuierlichen Anstiegs die Zahl unbesetzter Arzt-Stellen in deutschen<br />

Krankenhäusern um sage und schreibe rund ein Viertel zurück. Ist man auf bestem<br />

Wege, dem Fachkräftemangel Herr zu werden? Mitnichten. Was vordergründig nach<br />

aussichtsreicher Problembewältigung aussieht, geht in weiten Teilen auf den kurz- und<br />

mittelfristigen Einsatz von Honorarärzten zurück. Umgerechnet 2.500 durch Honorarärzte<br />

kompensierte Vollzeitstellen schönen so das Bild, lösen aber nicht das grundlegende<br />

Problem. Zudem ist es eines, das nicht nur den ärztlichen Dienst betrifft. Vielmehr zeichnet<br />

sich ab, dass sich die Situation im Bereich der Pflege merklich verschärfen könnte: Auf<br />

den Stationen ist die Zahl nicht besetzter Stellen in zwei Jahren um 140 Prozent gestiegen.<br />

Die Pflege im OP-Dienst weist rund zwei Drittel mehr offene Stellen aus, und in der<br />

Anästhesie-Pflege hat sich laut Krankenhausbarometer 2011 des Deutschen Krankenhaus<br />

Instituts (DKI) die Zahl unbesetzter Stellen um 150 Prozent erhöht. Hier steuern die<br />

Krankenhäuser auf ein – in letzter Konsequenz – existenzielles Problem zu. Einrichtungen,<br />

die versorgungsseitig und letztlich wirtschaftlich überleben wollen, müssen sich heute<br />

und künftig um qualifiziertes Personal buchstäblich bewerben. Wie das gelingen kann,<br />

zeigt das Beispiel der Lahn-Dill-Kliniken.<br />

Auf die Plätze – fertig – los?<br />

Es braucht sicher nicht allzu viel Fantasie, um zu erkennen, dass es so schnell<br />

nicht gehen kann. Auch wenn die Notwendigkeit drängt, hinsichtlich der eigenen<br />

Arbeitgeberattraktivität zu punkten und schnelle Ergebnisse zu erzielen, so ist doch<br />

die Sorgfalt der Grundpfeiler für belastbare, langfristige Erfolge. Ein eiligst aus dem<br />

Boden gestampfter Betriebskindergarten mag öffentlichkeitswirksam für kurzzeitige<br />

Aufmerksamkeit sorgen, hilft aber der Einrichtung langfristig nicht weiter, wenn er<br />

am Bedarf vorbei geht oder als vermeintliches Highlight nicht in ein umfassendes<br />

Maßnahmenpaket eingebunden ist. Möchte man sich als Arbeitgeber der Wahl in Position<br />

bringen, muss dafür die organisatorische Substanz konkret und zielgenau verbessert<br />

werden. Das erfordert eine systematische Projektplanung und -organisation, wie sie<br />

die Lahn-Dill-Kliniken mit Unterstützung des externen Beratungsunternehmens Rochus<br />

Mummert erfolgreich initiiert haben und kontinuierlich weiter entwickeln.<br />

27


Systematische Bestandsaufnahme und detaillierte Planung<br />

Was macht einen attraktiven Arbeitgeber aus? Welche Kriterien sind für Arbeitnehmer<br />

wichtig? So unterschiedlich die individuellen Lebensumstände der Mitarbeiter sind, so<br />

unterschiedlich gestalten sich persönliche Präferenzen in Sachen Arbeitgeberattraktivität.<br />

Man muss sich daher als erstes darüber klar werden, welche Handlungsfelder tatsächlich<br />

relevant sind. Das Direktorium der Lahn-Dill-Kliniken ergänzt um weitere Führungskräfte<br />

(= erweitertes Direktorium) hat für den Verbund folgende Bereiche definiert:<br />

• Führung und Transparenz<br />

• Ausbildung, Mitarbeiterentwicklung und berufliche Perspektive<br />

• Motivation und Sinnstiftendes<br />

• Work-Life-Balance<br />

In diesen Handlungsfeldern sollte der konkrete Bedarf an Verbesserungen erhoben und<br />

passgenaue Maßnahmen entwickelt werden. Gemessen am Umfang dieses Vorhabens<br />

hat sich sofort die zweite Notwendigkeit abgezeichnet: Für eine größtmögliche<br />

Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Veränderungen mussten die dafür notwendigen<br />

Prozesse schnell und standardisiert ablaufen. Das Projektteam »Attraktiv als Arbeitgeber«<br />

hat dazu fünf Schritte konzipiert, die letztlich zu einem unter allen Beteiligten abgestimmten<br />

Gesamtprogramm führten (Abb. 1):<br />

Abbildung 1: Die fünf Planungsschritte des Projekts<br />

28


• Bestandsaufnahme planen<br />

Zusammengefasst und dokumentiert bildeten die Projektziele die Grundlage für die<br />

detaillierte Aufbereitung eines Interviewleitfadens, mit dem der Verbesserungsbedarf<br />

der Belegschaft erhoben werden konnte. Um ein möglichst repräsentatives Ergebnis<br />

zu erzielen, wurden Interviewpartner aus allen Arbeitsbereichen und Hierarchieebenen<br />

vorgesehen.<br />

• Bedarf erheben<br />

Insgesamt 17 Interviews wurden mit Führungskräften im Zeitraum zwischen<br />

Dezember und Januar 2010 durchgeführt. Ergebnis war eine Fülle unterschiedlicher<br />

Themen und Maßnahmenvorschläge.<br />

• Sortieren und priorisieren<br />

Innerhalb eines Priorisierungsworkshops mit dem erweiterten Direktorium ging es<br />

darum, die benannten Themen innerhalb der Handlungsfelder zu bewerten und<br />

bereits vorgetragene Maßnahmenideen aufzugreifen. Der Workshop wurde erfolgreich<br />

abgeschlossen mit einer abgestimmten Situationsbewertung und priorisierten<br />

Themen samt erster Maßnahmenideen.<br />

• Arbeitspakete schnüren<br />

Auf Basis der gesetzten Prioritäten wurden Arbeitspakete definiert und die<br />

Umsetzung sowohl zeitlich als auch organisatorisch skizziert. Zu den initial festgelegten<br />

Arbeitspaketen gehörten:<br />

➜ Mitarbeitergespräche einführen<br />

➜ Gesundheitsakademie aufbauen<br />

➜ Umstrukturierung der Krankenpflegeschule und Erhöhung der Attraktivität der<br />

Ausbildung »Gesundheits- und Krankenpfleger/in«<br />

➜ Organisation und Prozesse verbessern<br />

➜ Quick Wins realisieren<br />

• Umsetzung festlegen<br />

Konkrete Projektpläne mit detaillierten Zeitabläufen, Verantwortlichkeiten und<br />

Ressourcenplanungen waren Inhalt des finalen Planungsschrittes. Ebenso wie die<br />

sorgfältige Konsolidierung der Arbeitspakete mit laufenden Projekten.<br />

Diese fünf Planungsschritte haben ein strukturiertes, zielführendes Vorgehen ermöglicht.<br />

Nach ihrem Durchlauf konnte klar aufgezeigt werden, welche Projekte wie in die unternehmerische<br />

Gesamtstrategie eingebunden und wie sie im Detail jeweils organisiert sind<br />

(Zeit- und Ressourcenplanung).<br />

Grundsätze und Erfolgsfaktoren der Projektarbeit<br />

Von Beginn an haben wir sichergestellt, dass die Steuerung der »Attraktiv als Arbeitgeber«-Maßnahmen<br />

als integraler Bestandteil in die Unternehmensstrategie fest eingebunden<br />

ist. Daneben war und ist der Erfolg der Maßnahmen allerdings noch von einer<br />

Reihe ganz pragmatischer Faktoren auf Projektebene abhängig:<br />

29


Interdisziplinäre Teams<br />

Alle Teams sind interdisziplinär zusammengesetzt. So können wir sehr effizient von<br />

unterschiedlichen Kompetenzen, Blickwinkeln und Fähigkeiten aller Mitglieder profitieren.<br />

Klare Ziele<br />

Klar definierte, realistische Ziele, solide geplante zeitliche Projektphasen sowie eindeutige<br />

Zuständigkeiten schaffen einen Rahmen, in dem die Teams sehr strukturiert vorgehen<br />

können.<br />

Ergebnisverantwortung<br />

Wichtig ist, dass die jeweilige Projektleitung ergebnisverantwortlich agiert. Regelmäßige<br />

Berichte an den Lenkungsausschuss tragen dazu bei, dass eventuelle Schwierigkeiten<br />

schnell und konstruktiv ausgeräumt werden und der jeweilige Projektverlauf nicht gefährdet<br />

wird.<br />

Umfassende Kommunikation<br />

Nicht zuletzt spielt eine umfassende und kontinuierliche Kommunikation über Ziele, Hintergründe<br />

und Fortschritte eine große Rolle. Hierzu haben wir frühzeitig Meinungsbildner<br />

eingesetzt, die eine hohe Glaubwürdigkeit und damit ein hohes Maß an Akzeptanz für die<br />

Projektabläufe und Maßnahmen bei den Mitarbeitern erreichen.<br />

Interne und externe Kompetenz nutzen<br />

Beim gesamten Programm ist es von Beginn an Ziel gewesen, soweit wie möglich interne<br />

Kompetenzen und Ressourcen zu nutzen. Zusätzlich war es eingangs dennoch notwendig,<br />

spezifische Expertisen zur Unterstützung der Umsetzungsteams einzukaufen. Dies betraf<br />

zum Beispiel Kompetenzen wie Projektmanagement, Zielgruppenkenntnisse, Moderation<br />

oder Kommunikation.<br />

Auswahl erfolgreicher Maßnahmen<br />

So gut die Planung im Vorfeld auch sein mag (und sein muss), so wenig kann die<br />

Umsetzung der Maßnahmen von heute auf morgen erfolgen. Es ist deshalb wichtig darauf<br />

zu achten, dass man eine Ausgewogenheit schafft zwischen Projekten, die eine längere<br />

Anlaufzeit benötigen und solchen, die schnell erkennbare Ergebnisse liefern. »Quick<br />

Wins« sind in der Frühphase entscheidend, um Skeptiker zu überzeugen, die angesichts<br />

des vergleichsweise hohen Initialisierungsaufwandes negative Stimmungen verbreiten<br />

könnten, wenn den Worten nicht bald auch sichtbare Taten folgen. Nachfolgend eine<br />

kleine Auswahl an erfolgreich initiierten Maßnahmen:<br />

Einführungstag – In jeder Hinsicht ein guter Start<br />

Der erste Eindruck ist entscheidend. Das gilt auch für den Arbeitsplatz und damit insgesamt<br />

für den Arbeitgeber. Deshalb sollen sich unsere neuen Mitarbeiter von Beginn<br />

an willkommen fühlen. Vergleichsweise rasch umsetzbar war die Initiierung eines<br />

Einführungstages, den wir seit Sommer 2010 quartalsweise für alle neuen Mitarbeiter<br />

durchführen. Das Programm berücksichtigt drei Bausteine:<br />

30


1. Informationen zur Einrichtung, ihre Strukturen und Leitbilder<br />

2. Kennenlernen der Menschen, die die Lahn-Dill-Kliniken führen: Geschäftsführung,<br />

Direktorium, leitende Mitarbeiter<br />

3. Besichtigung weiter Teile des Hauses.<br />

Es ist uns ein Anliegen, unsere neuen Kollegen faktisch gut zu informieren, sie aber auch<br />

persönlich wertzuschätzen und willkommen zu heißen. Deshalb wird der Einführungstag<br />

überwiegend von Geschäftsführung, Direktorium und leitenden Mitarbeitern durchgeführt.<br />

Mitarbeitergespräche – Potenziale<br />

für Mitarbeiter und Klinik erkennen<br />

»Gut, dass wir darüber gesprochen haben.« Was im betriebsamen Klinikalltag häufig zu<br />

kurz kommt, soll in Form von strukturieren Gesprächen zwischen allen Mitarbeitern und<br />

ihren jeweiligen direkten Führungskräften unter vier Augen zur Sprache kommen: Fragen<br />

zur beruflichen Weiterentwicklung, zur Zusammenarbeit auf der Station oder all das, was<br />

schon längst einmal hätte gesagt werden sollen.<br />

Nach Schulung der Führungskräfte und Information der Mitarbeiter in neun ausgewählten<br />

Pilotabteilungen fanden ab Ende 2010 die ersten 100 Mitarbeitergespräche statt.<br />

Hilfestellung für beide Gesprächspartner bot ein Leitfaden, der vom berufsgruppenübergreifenden<br />

Projektteam konzipiert wurde. Die Rückmeldungen aus den Abteilungen<br />

waren überwiegend positiv. Es hatten sich aber auch zwei kritische Punkte heraus kristallisiert:<br />

Zum einen konnten insbesondere auf den Stationen nicht immer geeignete<br />

Räume für die Gespräche gefunden werden. Und zum anderen war es offenbar einigen<br />

Mitarbeitern noch nicht ganz klar, was sie in dem Gespräch erwarten würde. So konnten<br />

im Vorfeld der einrichtungsweiten Einführung im Sommer 2011 sinnvolle Anpassungen<br />

vorgenommen werden.<br />

Wenngleich das Raumproblem noch nicht abschließend gelöst werden konnte, so ist dennoch<br />

die Maßnahme in allen Abteilungen positiv angenommen worden.<br />

Neue Wege gehen: Aus-, Fort- und Weiterbildung<br />

Die Lahn-Dill-Kliniken sind Akademisches Lehrkrankenhaus der Justus-Liebig-Universität<br />

und haben einen großen Anteil an der Ausbildung von Medizinstudenten, insbesondere<br />

im Praktischen Jahr. Wichtig ist uns die praxisnahe Ausbildung der Studenten direkt am<br />

Krankenbett unter fachkundiger Anleitung unserer Ärzte.<br />

Dieses Engagement wird auf Dauer nicht mehr ausreichen. Darum haben die Lahn-Dill-<br />

Kliniken gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten des Arzt-Notrufs für die Region<br />

Lahn-Dill (ANR) im Sommer 2011 die Gesellschaft zur Förderung der Gesundheitsregion<br />

Lahn-Dill (GFG) gegründet. Eine ihrer Kerntätigkeiten ist der Aufbau einer Gesundheitsakademie<br />

mit Fort- und Weiterbildungsangeboten für Mitarbeiter der Lahn-Dill-<br />

Kliniken und regional niedergelassenen Ärzten. Der Fokus liegt darauf, den Bedarf sowie<br />

die Planung und Durchführung von Veranstaltungen zentral zu verwalten. So können<br />

Parallelveranstaltungen vermieden, Synergien in der Akquise von Teilnehmern genutzt<br />

und damit letztlich ausgewählte, hochwertige Angebote geschaffen werden. Neben der<br />

31


Organisation der Gesundheitsakademie berät die GFG regionale Gesundheitsdienstleister<br />

bei Projekten an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung.<br />

Doch nicht nur im medizinischen Bereich werden wir zukünftig mit Fachkräftemangel zu<br />

kämpfen haben, auch im pflegerischen Bereich werden wir uns engagieren müssen. Aus<br />

diesem Grund planen wir, die Ausbildung zur Fachkraft für Gesundheits- und Krankenpflege<br />

attraktiver zu machen und werden ein neues Konzept für unsere Krankenpflegeschule<br />

entwickeln.<br />

Innovatives Weiterbildungsangebot –<br />

»Netzwerkorientiertes Prozessmanagement im Gesundheitswesen«<br />

Der Arbeitsalltag im Krankenhaus wird zunehmend bestimmt von abteilungs-, einrichtungs-<br />

und sektorenübergreifenden Prozessen. Sich in Netzwerken zu organisieren wird<br />

deshalb immer stärker von allen Berufsgruppen im Krankenhaus gefordert. In naher<br />

Zukunft werden entsprechende Kompetenzen zum Qualitätsmerkmal einer Einrichtung.<br />

Um uns hierfür zu qualifizieren und unsere Mitarbeiter bestmöglich dafür auszubilden,<br />

bieten wir 184 Kollegen unterschiedlicher Funktionsbereiche die Möglichkeit, die<br />

Fortbildung »Netzwerkorientiertes Prozessmanagement im Gesundheitswesen« am<br />

Studienzentrum Marburg der Steinbeis-Hochschule Berlin zu absolvieren. Hierzu stellen<br />

wir alle teilnehmenden Mitarbeiter an 20 Tagen im Jahr frei. Insgesamt durchlaufen<br />

zehn Schulungsgruppen gestaffelt ab <strong>2012</strong> bis 2014 die Weiterbildungsmaßnahme. Sie<br />

besteht aus fünf Modulen: Organisationsentwicklung, integriertes Managementsystem,<br />

Projektmanagement, Leadership und Kommunikation im interdisziplinären Team.<br />

Von bundesweit 140 Weiterbildungen dieser Art finden nur 12 im Gesundheitswesen und<br />

der Sozialwirtschaft statt. Der Europäische Sozialfonds (EFS) hat die Lahn-Dill-Kliniken vor<br />

diesem Hintergrund als innovatives und zukunftsorientiertes Unternehmen gewürdigt und<br />

fördert die Weiterbildungsmaßnahme mit rund 30 Prozent der Gesamtkosten.<br />

Für die interne Projektkoordination ist die GFG (s.o.) gemeinsam mit der Akademie der<br />

Steinbeis-Hochschule Berlin in Marburg zuständig.<br />

Betriebskindergarten – paradiesisch für Klein und Groß<br />

Er ist nicht das Allheilmittel im Wettstreit um gutes Personal. Aber in der Innen- und<br />

Außenwirkung ist der Betriebskindergarten das mediale Vorzeigeprojekt – wenn die<br />

Bedingungen stimmen. Am Standort Wetzlar ist uns das für den Kindergarten der Lahn-<br />

Dill-Kliniken in besonderer Weise gelungen: Nach vorausgegangener Bedarfsanalyse<br />

stehen jetzt 500 Quadratmeter Innenraum und 2.300 Quadratmeter Außengelände<br />

für 50 Mitarbeiterkinder zur Verfügung. Vier thematisch gestaltete Gruppenräume, ein<br />

Bewegungsraum, ein Atelier und ein Badezimmer mit Planschbecken lassen keine<br />

Kinderwünsche offen.<br />

Für Begeisterung bei den Eltern sorgen neben der professionellen Betreuung die<br />

Öffnungszeiten: montags bis freitags von 6:00 bis 20:00 Uhr, weitere Öffnungszeiten für<br />

Samstag und Sonntag von je acht Stunden sind geplant. Geschlossen ist die Kita nur an<br />

gesetzlichen Feiertagen. Damit ist der Kindergarten der Lahn-Dill-Kliniken vom räumlichen<br />

Umfang einer der großzügigsten im Landkreis und bezüglich der Öffnungszeiten sogar<br />

einzigartig.<br />

32


Viel Platz zum Spielen<br />

im Betriebskindergarten<br />

Die laufenden Kosten bestreiten die Eltern über ortsübliche Beiträge. Hinzu kommen<br />

Zuschüsse des Landes, der Kommune und der Lahn-Dill-Kliniken. Die (Um-)Baukosten von<br />

rund 1,45 Millionen Euro stammen zu rund 80 Prozent aus Eigenmitteln der Lahn-Dill-<br />

Kliniken; die restliche Summe wurde durch Fördermittel gedeckt. Für die Kita war kein<br />

Neubau erforderlich, ein Gebäudeteil des Schwesternwohnheimes konnte hierfür sinnvoll<br />

umfunktioniert werden.<br />

Zwischenbilanz und Ausblick<br />

Mit der zügigen Implementierung von »Einführungstag« und »Mitarbeitergesprächen«<br />

konnten wir zwei Quick Wins verbuchen, die sofort deutlich gemacht haben, dass wir<br />

über Verbesserungsmöglichkeiten nicht nur sprechen, sondern sie auch realisieren. Zudem<br />

haben insbesondere die Mitarbeitergespräche selbst zu weiteren Verbesserungen geführt:<br />

Im Pflegebereich werden inzwischen grundsätzlich »Wunscharbeitszeiten« und tatsächlicher<br />

Pflegeaufwand abgeglichen, und OP-Zeiten werden über 16 Uhr hinaus ausgedehnt<br />

und schaffen individuellere Arbeitszeitmodelle. Dass dies insgesamt auch wirtschaftliche<br />

Vorteile mit sich bringt, macht das Ganze zu einer Win-Win-Situation.<br />

Das sind nur zwei Beispiele aus einer Reihe von Fortschritten, die einerseits die Abläufe<br />

der Einrichtung verbessern und gleichzeitig positive Auswirkungen auf das subjektive<br />

Empfinden unserer Mitarbeiter haben. Die Quick Wins haben somit einerseits das originär<br />

an sie gestellte Verbesserungspotenzial gehoben, gleichzeitig haben sie das Vertrauen der<br />

Mitarbeiter in weitere langfristig angelegte Maßnahmen gestärkt. Denn eines ist sicher:<br />

Mit ein paar schnellen Maßnahmen wird man nicht zum Arbeitgeber der Wahl. Das ist<br />

ein langfristiger und kontinuierlicher Prozess, der niemals zum Erliegen kommen darf –<br />

wenngleich es im Tagesgeschäft sicher Schwankungen in der Intensität gibt. Wer sich auf<br />

erreichten Lorbeeren ausruht, läuft Gefahr, dass er schon bald wieder hinterher hinkt.<br />

33


An den Lahn-Dill-Kliniken haben wir deshalb fortlaufend die Projekte im Blick: Sie werden<br />

kritisch begleitet, evaluiert und wo erforderlich angepasst. Und auch für neue Ideen<br />

behalten wir immer ein offenes Ohr. So planen wir momentan ein Austauschprogramm<br />

mit Krankenhäusern aus den USA. Ziel ist es, dass unsere Ärzte neue Impulse sowie Ideen<br />

erhalten und wir diese dann - angepasst auf unser Krankenhaus-Unternehmen – bei den<br />

Lahn-Dill-Kliniken implementieren können. Ein Engagement, das unsere Mitarbeiter honorieren<br />

und von dem alle Beteiligten profitieren.<br />

Die Lahn-Dill-Kliniken sind ein Klinikverbund in Mittelhessen. Zu ihm zählen die<br />

Standorte Wetzlar, Braunfels und Dillenburg. Das Klinikum Wetzlar-Braunfels ist Akademisches<br />

Lehrkrankenhaus der Justus-Liebig-Universität und Haus der Schwerpunktversorgung<br />

mit rund 650 Betten. Das Krankenhaus Dillenburg ist Haus der Regelversorgung<br />

mit etwa 260 Betten. In Summe werden im Verbund jährlich über 38.000 Patienten<br />

von fast 2.000 Voll- und Teilzeitkräften stationär behandelt. Der Zusammenschluss der<br />

drei Einrichtungen hat es ermöglicht, Synergien zu nutzen und in Mittelhessen eine<br />

wohnortnahe medizinische Versorgung auf höchstem Niveau zu etablieren. Fallzahlen,<br />

Schweregrad und Mitarbeiterzahlen sind seither stetig gestiegen. Die Lahn-Dill-Kliniken<br />

schreiben seit 2003 kontinuierlich schwarze Zahlen.<br />

Tochtergesellschaften sind die MedServ Lahn-Dill GmbH, die MVZ Lahn-Dill-Kliniken<br />

GmbH und die Gesellschaft zur Förderung der Gesundheitsregion Lahn-Dill.<br />

Die Klinik Falkeneck in Braunfels<br />

Die Dill-Kliniken Dillenburg<br />

Das Klinikum Wetzlar<br />

34


Familienfreundlichkeit gecheckt<br />

Mitarbeiterorientierung im Leitbild des Städtischen Klinikums Wolfenbüttel<br />

von Joachim Kröger, Ralf Harmel<br />

Seit rund sieben Jahren gibt es in Wolfenbüttel ein lokales »Bündnis für Familie«, in<br />

das neben anderen Institutionen der Stadt auch das Städtische Klinikum eingebunden<br />

ist. Das Klinikum versucht, für seine Mitarbeiter Bedingungen zu schaffen, die ihnen<br />

die Balance von Familie und Beruf ermöglichen. Seit dem Jahr 2008 wird systematisch<br />

an dem Thema gearbeitet. Das Klinikum wurde Mitglied im Unternehmensnetzwerk<br />

»Erfolgsfaktor Familie« und nimmt an der Kampagne des Marburger Bundes für<br />

ein familienfreundliches Krankenhaus teil. Ein »Familienfreundlichkeitscheck« des<br />

Unternehmensnetzwerks »Bündnis für Familie« Anfang 2011 zeigte den bis dahin<br />

erreichten Stand der Dinge und ist nun Grundlage weiterer Verbesserungen.<br />

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bezieht sich nicht nur auf junge Familien mit<br />

Kindern. Familie – das sind auch Partner und Partnerinnen, sind zu pflegende Angehörige,<br />

sogar nachbarschaftliche Kontakte. Rund 360 der 650 Mitarbeiter des Städtischen<br />

Klinikums Wolfenbüttel haben Kinder, aber auch fast 120 tragen Verantwortung für pflegebedürftige<br />

Angehörige. Der weit gefasste Familienbegriff ist Basis unseres Handelns in<br />

Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.<br />

Die Städtisches Klinikum Wolfenbüttel gGmbH ist ein Krankenhaus der Grund- und<br />

Regelversorgung. Die Gesellschaft ist eine hundertprozentige Tochter der Stadt Wolfenbüttel,<br />

geführt von einem Sana-Management. Das Haus verfügt über 300 Betten und<br />

beschäftigt rund 650 Mitarbeiter. Jährlich werden rund 14.000 Patienten stationär<br />

behandelt.<br />

Die Aktivitäten des Klinikums zum Thema »Balance von Familie und Beruf« gehen in zwei<br />

Richtungen: Sie beziehen sich auf die Stadt und die Region innerhalb des kommunalen<br />

Netzwerks sowie nach innen, auf die Mitarbeiter. Koordiniert werden sie von einer offenen<br />

Projektgruppe, die feste Mitglieder hat, aber auch jedem, der an einer temporären<br />

Mitarbeit interessiert ist, die Möglichkeit dazu gibt. Wichtig bei der Besetzung der Gruppe<br />

war nicht, dass jeder Bereich einen Mitarbeiter entsendet, sondern dass diejenigen, die<br />

dabei sind, auch wirklich Engagement zeigen. Ständige Teilnehmer besuchen auch die<br />

Treffen des Netzwerks »Erfolgsfaktor Familie«. Die Projektarbeit wird im Klinikum sehr<br />

positiv bewertet. Da sowohl Vertreter der Personalabteilung als auch des Betriebsrats<br />

Mitglieder sind, finden sich für Anliegen und Probleme sehr schnell Lösungen. Da die<br />

Projektarbeit für alle Interessenten offen ist, kommen immer wieder neue Ideen hinein.<br />

Leiter der Projektgruppe ist Pflegedirektor Ralf Harmel.<br />

35


Im lokalen »Bündnis für Familie« sind kommunale Institutionen, wie der Familien- und<br />

Kinderservice, das Seniorenservicebüro, das Jugendamt, das Gesundheitsamt und auch<br />

das Städtische Klinikum Wolfenbüttel, zudem Vertreter der Schulen und die Kindertagesstätten-Aufsicht<br />

miteinander vernetzt. Es werden gemeinsame Aktionen organisiert,<br />

z.B. Ferienaktionen, Besuche des Hubschrauberlandeplatzes am Klinikum, oder<br />

Tage der offenen Tür im Klinikum für Kinder.<br />

Familienfreundlichkeit geprüft<br />

Mit einem Familienfreundlichkeitscheck (s. Textkasten S. 37) wurde im vergangenen Jahr<br />

erstmals die Personalpolitik des Krankenhauses auf den Prüfstand gestellt: Wie weit ist<br />

das Thema Familienfreundlichkeit schon in allen Köpfen verankert? Familienfreundlichkeit<br />

muss zum Bestandteil der täglichen Ablauforganisation werden. Das ist das Ziel. Auf dem<br />

Weg dorthin ist man schon ein gutes Stück vorangekommen, doch – wie der Check zeigte<br />

– es gibt auch noch einiges zu tun.<br />

Das Klinikum bietet seinen Mitarbeitern schon eine ganze Reihe familienfreundlicher<br />

Maßnahmen an. Dennoch waren die Ergebnisse des Familienfreundlichkeitschecks nicht<br />

durchweg erfreulich. Als wesentliches Defizit stellte sich heraus, dass sehr viel offensiver<br />

und kommunikativer mit dem Thema »Vereinbarkeit von Beruf und Familie«<br />

umgegangen werden muss. So war eine ganze Reihe von schon umgesetzten<br />

Maßnahmen zum Zeitpunkt der Befragung nicht in der gesamten Belegschaft bekannt.<br />

Zum Beispiel fühlten sich Mitarbeiter ohne Kinder oft nicht angesprochen. Die Umsetzung<br />

verlief auch auf den einzelnen Stationen sehr unterschiedlich – abhängig z.B. von den<br />

jeweiligen Stationsleitungen. Es wurde u.a. erkannt, wie wichtig es ist, nicht nur über<br />

neue Angebote nachzudenken, sondern immer wieder die vorhandenen Möglichkeiten zu<br />

kommunizieren, Vorschläge aufzunehmen bzw. dazu überhaupt erst einmal zu ermuntern.<br />

36<br />

Das<br />

Städtische<br />

Klinikum<br />

Wolfenbüttel


Das Projekt »Familienfreundlichkeitscheck« – aus dem Auswertungsbericht des<br />

Unternehmensnetzwerks »Erfolgsfaktor Familie«<br />

(Das Pilotprojekt wurde u.a. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und<br />

Jugend und der Europäischen Union unterstützt.)<br />

Zentrale Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung im Städtischen Klinikum Wolfenbüttel<br />

waren u.a.:<br />

• Ein großer Teil der Beschäftigten bewertet die eigene Vereinbarkeitssituation<br />

als gut.<br />

• Etwa die Hälfte hatte aber auch regelmäßig ein Gefühl der Überlastung und der<br />

Vernachlässigung familiärer Aufgaben zugunsten des Berufs.<br />

• Es besteht eine hohe Bereitschaft, Kolleginnen zu unterstützen, diese wird aber<br />

nicht gleichermaßen wahrgenommen. Vorgesetzte werden als unterstützender als<br />

die Kollegen erlebt.<br />

• Die Hälfte der Befragten hatte erkannt, dass die Unternehmensleitung das Thema<br />

ernst nimmt.<br />

• Der Informationsstand zu den Angeboten für die Beschäftigten scheint aber ausbaufähig<br />

zu sein – nur ca. 30 Prozent fühlten sich gut informiert.<br />

• Angebote wurden nur teilweise genutzt.<br />

• Als wichtigste Verbesserungsmöglichkeiten wurden genannt: Flexibilisierungsmöglichkeiten<br />

bei den Arbeitszeiten, Kinderbetreuung, gerade auch in Ferienzeiten<br />

oder Ausnahmesituationen, Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen.<br />

Aus der Befragung wurde auch deutlich: Das Thema der Vereinbarkeit von Beruf und<br />

Familie betrifft zwar alle Mitarbeiter, jedoch fühlen sich nicht alle in derselben<br />

Weise davon betroffen. Es gibt hier nicht nur deutliche Unterschiede zwischen den<br />

einzelnen Berufsgruppen, sondern auch zwischen den Altersgruppen, die von der<br />

Krankenhausführung beachtet werden müssen.<br />

Während sich zum Beispiel vor allem Ärzte planbare und geregelte Arbeitszeiten wünschten,<br />

eine längerfristige Planung auch von obligatorischen und wichtigen Terminen,<br />

da bei Ad-hoc-Zusammenkünften die Arbeit am Patienten liegen bleibt und nach der<br />

eigentlichen Arbeitszeit erledigt werden muss, war das für die Verwaltung oder auch die<br />

Pflegedienstdirektion und den Pflege- und Funktionsdienst offenbar kein so drängendes<br />

Problem.<br />

Während jüngere oder kürzer im Klinikum tätige Mitarbeiter Unterstützungsangebote eher<br />

wahrnehmen, ist das bei Älteren weniger der Fall. Auch die Bereitschaft, selbst Kollegen zu<br />

unterstützen, ist unterschiedlich ausgeprägt und bei jenen, die zwischen 10 und 20 Jahren<br />

im Klinikum arbeiten, am geringsten.<br />

Die Schlussfolgerung war: Einige Maßnahmen und Projekte zur Vereinbarkeit von Beruf<br />

und Familie können nicht für alle Berufs- und Altersgruppen in derselben Weise umgesetzt<br />

werden. Diese Fokussierung auf spezielle Gruppen führt dann allerdings wieder<br />

dazu, dass diese oft relativ klein sind und die Maßnahmen nicht von allen Mitarbeitern<br />

als familienfreundlich wahrgenommen werden. Auch das ist natürlich wieder eine Frage<br />

der Kommunikation.<br />

37


Einige Beispiele von Angeboten des Klinikums für die Mitarbeiter:<br />

Gesundheitsförderung<br />

Das Krankenhaus bietet Kurse zur Gesundheitsförderung an. Mit einem Fitnessstudio gibt<br />

es darüber hinaus eine Kooperation für teilnehmende Beschäftigte. Das war zur Zeit der<br />

Befragung aber offenbar relativ unbekannt.<br />

Individuelle Arbeitszeiten<br />

Es werden vielfach individuelle Arbeitszeitlösungen in den einzelnen Bereichen gefunden.<br />

Neben einer Vielzahl an unterschiedlichen Teilzeitarbeitsverträgen ist abteilungsbezogen<br />

auch die Lage der Arbeitszeit verschiebbar. Von diesem Angebot machen insbesondere<br />

Mitarbeiter des Pflege- und Funktionsdienstes und des ärztlichen Dienstes Gebrauch.<br />

Fortbildungen und Kurse<br />

Fortbildungen zu Themen wie Burnout, Rückenschule, Konfliktmanagement werden<br />

angeboten, Freistellungen aber bisher nur für den Pflege- und Funktionsdienst gewährt.<br />

Parkplätze und mehr<br />

Gut angenommen werden die kostenlosen Parkplätze für Mitarbeiter, der Personaleinkauf<br />

in der Krankenhausapotheke und das Mittagessen in der Cafeteria – sie betreffen<br />

viele, werden daher zusätzlich auch untereinander kommuniziert.<br />

Mittagessen zum Mitnehmen<br />

Nicht immer gelingt es, nach einem Arbeitstag mit anschließender Übergabezeit zu<br />

Hause noch ein warmes Mittagessen auf den Tisch zu bringen. Daraus entstand die Idee,<br />

Mittagessen zum Mitnehmen anzubieten. Nachdem der Bedarf dafür nochmals erfragt<br />

worden war, macht die Klinikküche das Angebot eines Essens zum Mitnehmen. Die<br />

Portionen können je nach Bedarf von jedem selbst zusammengestellt und in speziellen<br />

Styroporbehältnissen nach Hause getragen werden.<br />

Patenschaften<br />

Mitarbeiterinnen, die Nachwuchs erwarten und in die Elternzeit gehen, wird eine<br />

Patenschaft angeboten. Die Paten – Mitglieder der Projektgruppe – klären mit den<br />

Betreffenden den Unterstützungsbedarf und erläutern ihnen die möglichen Angebote,<br />

leiten, wenn nötig, auch Maßnahmen ein. Zu den Angeboten gehören z.B. die<br />

Unterstützung bei Behördengängen, die Vermittlung von Betreuungsstellen, aber auch<br />

Beratungsgespräche, in denen es um Wünsche und Ängste die künftige berufliche<br />

Situation betreffend, geht. Die Projektgruppe berät, wenn die betreffende Kollegin das<br />

wünscht, über die Möglichkeit angepasster Arbeitszeiten, die Veränderung der wöchentlichen<br />

Dienstzeit oder auch den Einsatz in einem anderen Bereich des Klinikums.<br />

Ferienbetreuung für Mitarbeiterkinder<br />

An Brückentagen und in den Ferien ist es für die Eltern kleinerer Kinder oft schwierig,<br />

die Betreuung abzusichern. Daher wurde eine hausinterne, professionelle Möglichkeit<br />

geschaffen. Es sollte kein externes Personal angestellt werden. Mitarbeiterinnen und<br />

auch ein Mitarbeiter des Hauses setzten sich für ein halbes Jahr an den Wochenenden<br />

38


auf die Schulbank und ließen sich zu Tagespflegepersonen ausbilden, finanziert vom<br />

Klinikum. Die Betreuung findet im Konferenzzentrum des Hauses statt. Entsprechende<br />

Ausstattung und Spielzeug wurden angeschafft. Die Betreuungszeit wird als reguläre<br />

Arbeitszeit gewertet.<br />

Pflegeberatung für Mitarbeiter<br />

Für Mitarbeiter, die zu Hause Angehörige pflegen, bietet das Team der Sozialberatung des<br />

Klinikums Unterstützung an. Es informiert über die verschiedenen Betreuungsangebote<br />

und vermittelt bei Bedarf auch stationäre Pflegeplätze.<br />

Die nächsten Schritte<br />

Die Ergebnisse des FamilienfreundlichkeitsChecks des Netzwerkbüros »Erfolgsfaktor<br />

Familie« wurden als gut bewertet. Jetzt ist man dabei, die nächsten Schritte zu gehen.<br />

Kommunikation verbessern<br />

Der Check hat gezeigt, dass vor allem in der Kommunikation Verbesserungspotenziale<br />

liegen. Diese werden inzwischen umfassend angegangen – mit ersten guten Ergebnissen.<br />

• So steht die familienbewusste Personalpolitik in allen Sitzungen auf der Tagesordnung.<br />

In jedem Team gibt es Beauftragte dafür.<br />

• Es wurde ein Führungskräftecoaching etabliert.<br />

• Das Städtische Klinikum hat sein Leitbild erneuert, in dem auch die<br />

familienbewusste Philosophie verankert ist.<br />

• In die Stellenbeschreibungen der Führungskräfte wurde die Aufgabe einer<br />

familienbewussten Führung aufgenommen.<br />

• Noch stärker sollen die verschiedenen Angebote kommuniziert werden – in der<br />

Mitarbeiterzeitung ebenso wie auf entsprechenden Postern.<br />

• Eine neue, zentrale Anlaufstelle für umfassende Beratungsleistungen ist angedacht.<br />

Die Ergebnisse des Familienfreundlichkeitschecks wurden der Belegschaft bekanntgemacht<br />

und öffentlich durch die Projektgruppe präsentiert. Die örtliche Presse war dazu<br />

eingeladen und berichtete darüber. In der Mitarbeiterzeitung wurde umfangreich berichtet<br />

und über die nächsten Schritte und Ziele informiert.<br />

Angebote ausweiten<br />

Die bereits vorhandenen Angebote sollen erweitert und je nach Bedarf weitere geschaffen<br />

werden. Mittelfristig soll ein Springerpool aufgebaut werden.<br />

Permanente Aufgabe ist auch künftig die Ermöglichung familienbewusster Arbeitszeiten.<br />

Fazit<br />

Familienfreundlichkeit ist ein Dauerthema, dem sich ein Krankenhaus beständig widmen<br />

muss. Dabei ist zu bedenken, dass die Angebote und ihre Akzeptanz immer<br />

wieder auf den Prüfstand zu stellen sind. Sie werden sich mit den Bedürfnissen der<br />

Belegschaft ändern – so, wie die Zusammensetzung der Belegschaft sich ebenfalls ändert.<br />

Voraussetzung dafür, hier immer auf dem richtigen Weg zu bleiben, ist Kommunikation.<br />

Jetzt wird das Audit »Beruf und Familie« angestrebt.<br />

39


40


Kooperations-Kita »Schweriner Seefahrer«<br />

Bau und Betrieb einer eigenen Kindertagesstätte auf dem Klinikgelände<br />

von Christoph Essmann<br />

Die AHG Klinik Schweriner See hat im Jahr 2009 gemeinsam mit drei Gemeinden und<br />

regionalen Handwerksbetrieben eine Kindertagesstätte auf ihrem Gelände errichtet.<br />

Sie steht Mitarbeiterkindern ebenso zur Verfügung wie Kindern von Patienten und<br />

dem Nachwuchs von Einwohnern der Gemeinde und der Region. Neben anderen<br />

Maßnahmen wird damit jungen Mitarbeitern und potenziellen Bewerbern signalisiert:<br />

Die Rehabilitationsklinik legt Wert darauf, dass ihre Belegschaft Beruf und Familie<br />

vereinbaren kann und dass sie dafür ihr Möglichstes tut.<br />

Vor zehn Jahren noch beschäftigten sich viele Kliniken fast ausschließlich mit Kostenmanagement<br />

und Prozessoptimierung. Dem Personalmanagement wurde nur eine untergeordnete<br />

Rolle zugewiesen. Fachkräfte standen in ausreichender Zahl zur Verfügung,<br />

man konnte sich aus der Vielzahl der Bewerbungen den passenden Kandidaten aussuchen.<br />

Im Fokus des Personalwesens stand vor allem die Entwicklung effizienter<br />

Personalauswahlverfahren.<br />

Das hat sich grundlegend geändert. Aus einer Studie des Deutschen Krankenhausinstitutes<br />

geht hervor, dass im Jahr 2010 bundesweit 5.500 Stellen im ärztlichen Dienst<br />

der Krankenhäuser nicht besetzt werden konnten. Bis 2019 fehlen etwa 37.400 Ärzte,<br />

wenn man die heutigen »Schwundquoten« unter den Medizinstudierenden bzw.<br />

Absolventen auch in Zukunft unterstellt. Der tatsächliche Ärztemangel im deutschen<br />

Gesundheitswesen lag schon 2010 vermutlich noch um einiges höher, da in der Studie<br />

nur Krankenhäuser berücksichtigt wurden. Auch in den über 1.200 Rehabilitationskliniken<br />

Deutschlands sind Arztstellen nur mit großer Mühe zu besetzen.<br />

Dieser Trend ist auch in anderen Fachbereichen (z.B. Pflege, Psychotherapeuten,<br />

Erzieherinnen) deutlich spürbar - und das nicht nur in strukturschwachen und ländlichen<br />

Regionen.<br />

Die Verfügbarkeit an qualifizierten Fachkräften wird schon aufgrund der demografischen<br />

Veränderung in Deutschland in vielen Bereichen weiter deutlich sinken. Sowohl die<br />

Personalakquise als auch die Mitarbeiterbindung werden für Rehabilitationskliniken und<br />

Krankenhäuser in den nächsten Jahren zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil.<br />

Der Fachkräftenachwuchs bei den Medizinern ist bereits heute zu über 63 Prozent<br />

weiblich. Der Anteil der Ärztinnen an den berufstätigen Medizinern steigt kontinuierlich.<br />

Gute Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erhöhen damit<br />

die Attraktivität einer Klinik als Arbeitgeber. Sie verbessern und erleichtern die Gewinnung<br />

von Personal und die Bindung vor allem junger Mitarbeiter mit Kindern.<br />

Was ist potenziellen Bewerbern besonders wichtig?<br />

Um vakante Positionen bei fortschreitendem Fachkräftemangel weiterhin optimal besetzen<br />

zu können, muss das Personalmanagement – so banal es vielleicht klingen mag –<br />

41


sich in »die Schuhe der potenziellen Stellenbewerber stellen«. Welche Präferenzen<br />

haben sie? Was ist ihnen besonders wichtig? Eine bundesweite Befragung von<br />

Medizinstudenten hat gezeigt, dass 73,7 Prozent aller Befragten es als sehr wichtig einschätzen,<br />

Familie und Beruf gut miteinander vereinbaren zu können. (Jacob R., Universität<br />

Trier; Heinz A., Universität Trier; Müller C.-H., KBV; Kassenärztliche Bundesvereinigung (Hg.):<br />

Berufsmonitoring Medizinstudenten 2010. Ergebnisse einer bundesweiten Befragung. Köln:<br />

Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, <strong>2012</strong>). Das ist ihnen bei der Auswahl eines Krankenhauses<br />

als Arbeitgeber sogar deutlich wichtiger als ein hohes Einkommen.<br />

Arbeitgeber müssen sich also intensiv Gedanken darüber machen, welche zusätzlichen<br />

Angebote neben der absoluten Gehaltshöhe ihr Unternehmen für Bewerber attraktiv<br />

macht.<br />

Die Gehälter von Ärzten werden in vielen Krankenhäusern und Rehakliniken über<br />

Tarifverträge festgelegt. Dadurch ist der Spielraum auf der Gehaltsebene für die<br />

Geschäftsleitung oft eingeschränkt. Selbst wenn die tariflichen Bedingungen eine freie<br />

Gehaltsfestsetzung ermöglichen, setzen dieser die bereits bestehende Gehaltsstruktur<br />

und/oder das Budget sehr enge Gestaltungsgrenzen. Auch dadurch rücken Maßnahmen<br />

zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter in den Vordergrund und werden zum<br />

strategischen Wettbewerbsvorteil.<br />

Mitglied im Unternehmensnetzwerk<br />

Die AHG Klinik Schweriner See engagiert sich bereits seit vielen Jahren für die<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie ist unter anderem Gründungsmitglied<br />

des Unternehmensnetzwerkes Erfolgsfaktor Familie unter der Schirmherrschaft des<br />

Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und des<br />

Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Das Netzwerk ist mit derzeit rund<br />

2.400 Mitgliedern die bundesweit größte Plattform von Unternehmen, die familienbewusste<br />

Unternehmensführung als Teil der Unternehmenskultur verstehen, Müttern oder<br />

Vätern bei der Kinderbetreuung oder beim Wiedereinstieg in den Beruf helfen, oder im<br />

Unternehmensumfeld für den ökonomischen Nutzen einer besseren Vereinbarkeit aktiv<br />

werben wollen.<br />

Gerade wegen der attraktiven Arbeitsbedingungen folgten zahlreiche Auszeichnungen<br />

und Preise- u.a. als Frauenfreundlicher Betrieb (1999), Preisträger im Landeswettbewerb<br />

Chancengleichheit für Männer und Frauen sichert Zukunft (2002), Sonderpreis »Betriebliche<br />

Kinderbetreuung« Erfolgsfaktor Familie (2008) und Bester Arbeitgeber im Gesundheitswesen<br />

(2008, Great Place to Work).<br />

Kindertagesstätte auf dem Klinikgelände<br />

Seit ihrer Gründung im Jahr 1994 ist die AHG Klinik Schweriner See auf die Mitaufnahme<br />

von Begleitkindern ausgerichtet. Gerade für Familien mit kleinen Kindern und Alleinerziehende<br />

ist es sehr schwierig, während des Aufenthaltes in einem Krankenhaus<br />

oder einer Rehabilitationseinrichtung auch noch die Kinderbetreuung zu organisieren.<br />

Deswegen gibt es in manchen Kliniken die Möglichkeit, Kinder während des<br />

42


Klinikaufenthaltes mitzunehmen. Diese werden dann während der Therapiezeiten der<br />

Eltern von Erzieherinnen in speziell dafür gestalteten Räumlichkeiten betreut.<br />

Die Infrastruktur zur Kinderbetreuung existierte damit seit Gründung der Klinik. Da lag<br />

es nahe, auch Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, ihre Kinder mit zur Arbeit zu<br />

bringen und in einer klinikeigenen Kindertagesstätte während der Arbeitszeit betreuen<br />

zu lassen. Diese Idee wurde 2002 von der Klinikleitung mit der Eröffnung einer<br />

eigenen Kindertagesstätte mit zunächst sechs Plätzen (drei Krippenplätze und drei<br />

Kindergartenplätze) innerhalb der Klinik in die Tat umgesetzt. Die Kita war bereits seit<br />

dieser Zeit in der Jugendhilfeplanung des Landkreises Nordwestmecklenburg berücksichtigt<br />

und erfüllte im Rahmen der üblichen Betriebserlaubnis durch das Landesjugendamt<br />

Mecklenburg-Vorpommern alle gesetzlichen Anforderungen an Kindertagesstätten.<br />

Bereits damals fiel die Entscheidung, den Mitarbeitern eine kostenlose Kinderbetreuung<br />

innerhalb der betrieblichen Kindertagesstätte zu ermöglichen. Die erhobenen Elternbeiträge<br />

wurden den Mitarbeitern dafür steuerfrei über einen Kinderbetreuungskostenzuschuss<br />

vollständig erstattet. Neben der in Kindergärten sonst üblichen Ganztagsoder<br />

Halbtagsbetreuung (hier werden Kinder in der Regel langfristig über mindestens<br />

einen Monat betreut) konnten alle Mitarbeiter ihre Kinder unkompliziert auch tageweise<br />

mit zur Arbeit bringen und im Kindergarten betreuen lassen.<br />

Aufgrund der großen Nachfrage und des positiven Feedbacks der Mitarbeiter wurde die<br />

Kapazität der betriebseigenen Kindertagesstätte im Jahr 2006 auf fünfzehn Plätze erhöht<br />

(sechs Krippenplätze und neun Kindergartenplätze).<br />

Die Nachfrage blieb aber weiterhin hoch. Daher gab es von Seiten der Klinik schon länger<br />

Überlegungen, die Kapazitäten für die Kinderbetreuung nochmals auszuweiten und<br />

die Rahmenbedingungen dafür durch großzügigere Räume und Außenanlagen zu verbessern.<br />

Hier trafen sich dann die Interessen der Klinik mit denen des Klinikstandortes,<br />

der Gemeinde Lübstorf. Der 1.500-Einwohner-Ort unterhielt neben dem Gelände der<br />

Grund- und Gesamtschule eine Kita, in der zwischen 90 und 100 Jungen und Mädchen<br />

aus den umliegenden Dörfern betreut wurden. Das 1976 errichtete Gebäude war jedoch<br />

völlig veraltet und die benötigten Flächen für eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung<br />

waren nicht vorhanden. Auch provisorisch aufgestellte Container boten keine wirkliche<br />

Langzeitalternative und die finanzielle Ausstattung der Gemeinde ließ einen Neubau aus<br />

eigener Kraft nicht zu.<br />

Kooperation für einen Neubau<br />

Eine Kooperation bot sich also an. Die Gemeinde Lübstorf und die AHG Klinik Schweriner<br />

See beschlossen den gemeinsamen Neubau einer größeren Kindertagesstätte auf<br />

dem Klinikgelände und die Zusammenführung der kommunalen und der klinikeigenen<br />

Einrichtungen unter einem Dach und suchten für die Realisierung des Bauvorhabens<br />

weitere Partner.<br />

43


Für den Neubau des Kindergartens wurde eine Objektgesellschaft gegründet, an der<br />

neben der AHG Klinik Schweriner See und mit ihr verbundenen Unternehmen drei<br />

Gemeinden und einige Handwerksunternehmen beteiligt waren. Zweck dieser Gesellschaft<br />

war die Errichtung und Vermietung der Immobilie an den Betreiber.<br />

Der neu zu errichtende Kindergarten war zunächst für 99 Kinder geplant. Da jedoch<br />

die Nachfrage nach Krippenplätzen in der Bauphase weiter stieg, erhöhte man die<br />

Kapazität um zwei weitere Krippengruppen auf insgesamt 111 Kinder. Das zweistöckige<br />

Gebäude bietet heute auf einer Fläche von ca. 2000 Quadratmetern Platz für fünf<br />

Kindergartengruppen (davon einer integrativen Gruppe) und sechs Krippengruppen. Am<br />

1. September 2009 konnte das Haus nach einigen Verzögerungen in der Bauphase eingeweiht<br />

werden. Die Kita »Schweriner Seefahrer« wurde eröffnet und die Kinder staunten<br />

nicht schlecht, als sie in das farbenfrohe und großzügig gestaltete Gebäude einziehen<br />

durften (s. Foto).<br />

Die neue »Kita Schweriner Seefahrer«<br />

In dem Neubau werden seit 2009 sowohl die Kinder von Mitarbeitern, von Bewohnern<br />

aus den umliegenden Gemeinden als auch die Begleitkinder der Patienten betreut. Durch<br />

intensive Kommunikation der Angestellten der Kita mit den Mitarbeitern der Klinik kann<br />

die Betreuung der Mitarbeiterkinder optimal den Bedürfnissen angepasst werden. Die<br />

Öffnungszeiten von 6 bis 18 Uhr (Randzeitenbetreuung bis 19.00 Uhr) sind für die meisten<br />

Mitarbeiter vollkommen ausreichend. Bei Bedarf können auch individuelle Lösungen<br />

mit der Kita vereinbart werden. Das wird aber nur selten in Anspruch genommen.<br />

44


Bei Mitarbeitern im Schichtdienst (das sind zumeist Pflegekräfte, da die Nachtdienste<br />

im ärztlichen Bereich überwiegend von speziell dafür eingestellten Bereitschaftsärzten<br />

durchgeführt werden) müsste eigentlich ein 24-stündiger Kindergartenbetrieb vorgehalten<br />

werden, um die Kinderbetreuung hier immer gewährleisten zu können. Dazu sollte<br />

jedoch eine ausreichend große Zahl von Mitarbeitern diesen Service auch nachfragen – in<br />

Rehabilitationskliniken sind dafür die Mitarbeiterzahlen meist zu gering.<br />

Den Betrieb der Kita übernahm die Servicegesellschaft der Klinik. Dort wurden bis zur<br />

Kita-Eröffnung überwiegend Dienstleistungen in den Bereichen Reinigung und Küche<br />

für die Klinik erbracht. Die Erzieherinnen der Klinik und die in der kommunalen<br />

Kita angestellten Mitarbeiterinnen wurden im Rahmen eines Betriebsüberganges<br />

in die Servicegesellschaft überführt. Neben der neu errichteten Kita betreibt die<br />

Servicegesellschaft auch den Hort der Schule mit 66 Plätzen am ehemaligen Standort<br />

der kommunalen Kita. Die Gemeinde Lübstorf hat es im vergangenen Jahr geschafft,<br />

das veraltete Gebäude aufwändig zu sanieren. Im Januar <strong>2012</strong> konnte es eingeweiht<br />

werden. Dadurch sind auch im Hortbereich moderne und mit viel Liebe zum Detail<br />

konzipierte Plätze geschaffen worden - ein weiterer Meilenstein zur Verbesserung der<br />

Kinderbetreuung in der Region.<br />

Weitere Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />

Neben dem Betrieb eines Kindergartens auf dem Klinikgelände setzt die Klinik zusätzlich<br />

eine Vielzahl von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie um.<br />

Dazu gehören u.a.:<br />

• Flexible Arbeitszeitmodelle<br />

• Keine Verpflichtung für Ärzte zur Teilnahme an Ruf- und Bereitschaftsdiensten<br />

• Vertrauensarbeitszeit<br />

• Langfristige Dienstplanung<br />

• Möglichkeit zur Beschäftigung während der Elternzeit<br />

• Längere Beurlaubungen (oft auch Sabbatical-Zeiten genannt: eine längere Auszeit,<br />

die für Umschulungen, Weiterbildungen, Reisen oder auch Orientierung genutzt<br />

werden kann)<br />

• Kostenlose telefonische Beratung in allen sozialen und familiären Fragen rund um<br />

die Uhr<br />

Fazit<br />

Alle diese Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie haben einen<br />

positiven Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit und erleichtern die Stellenbesetzung<br />

deutlich. Gerade für Mitarbeiter mit kleinen Kindern erleichtern sie den Arbeitsalltag<br />

erheblich – auch wenn der Nutzen nur sehr schwer in Zahlen bewertet werden kann.<br />

Das Vorhalten betrieblich unterstützter Kinderbetreuung fordert vom Unternehmen<br />

zunächst eine Investition – gerade beim Bau und Betrieb einer Kindertagesstätte sind<br />

erhebliche finanzielle und personelle Mittel notwendig. Diese Investition signalisiert<br />

jedoch die Bereitschaft des Unternehmens, sich sozial zu engagieren – in diesem Fall<br />

nicht nur für die eigenen Mitarbeiter, sondern auch für die Bewohner der umliegenden<br />

Ortschaften.<br />

45


Aber selbst wenn keine großen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, kann eine Klinik<br />

sich für eine verbesserte betriebliche Kinderbetreuung engagieren. Eine Kooperation<br />

mit Tagesmüttern in der Umgebung des Hauses und ein finanzieller Zuschuss bei der<br />

Betreuung sind ohne großen Aufwand für jede Klinik möglich. Darüber hinaus kann<br />

man auch den Kontakt zu Betreibern von Kindertageseinrichtungen suchen und die<br />

Möglichkeiten der Zusammenarbeit sowohl in einer nahe gelegenen Kita als auch in den<br />

eigenen Räumlichkeiten prüfen.<br />

Wie auch immer die Entscheidung fällt - bei allen Planungen sollte idealerweise das<br />

örtliche Jugendamt oder das Landesjugendamt mit einbezogen werden. Eine gute<br />

Kommunikation erleichtert den Prozess der Betriebserlaubnis und der damit zusammenhängenden<br />

Prüfungen erheblich.<br />

Die AHG Klinik Schweriner See ist eine Rehabilitationsklinik mit 204 Behandlungsplätzen<br />

mit den Behandlungsschwerpunkten psychosomatische Erkrankungen und Abhängigkeitserkrankungen.<br />

Sie besteht seit 1994. Jährlich werden rund 1.100 Patienten<br />

behandelt. Die Klinik beschäftigt zusammen mit der eigenen Servicegesellschaft ca. 180<br />

Mitarbeiter, darunter 14 Ärzte, 17 Pflegende, 17, Erzieherinnen und 55 therapeutisch<br />

tätige Mitarbeiter.<br />

46


Qualifikationen richtig einsetzen<br />

Umverteilung von Tätigkeiten und interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

im stationären Bereich<br />

von Stefanie Bothur, Dr. Gunhild Küpper, Norbert Vongehr, Helena Wohlgemuth<br />

Krankenhäuser stehen vor großen Herausforderungen: Demografischer Wandel,<br />

Fachkräftemangel, knapper werdende finanzielle Ressourcen. Gleichzeitig müssen sie<br />

ihre Qualität steigern und im Wettbewerb bestehen, dabei steht das Patientenwohl<br />

immer an erster Stelle. Das Hellmig-Krankenhaus in Kamen verfolgt diese Ziele erfolgreich<br />

mit der Umverteilung von Tätigkeiten im stationären Bereich und dem Einsatz<br />

von Servicekräften.<br />

Insbesondere für Krankenhäuser in ländlichen Regionen ist es schwierig »gutes« und ausreichend<br />

Personal zu rekrutieren. Verstärkt wird die Situation durch den demografischen<br />

Wandel: Es gibt immer weniger Nachwuchskräfte. Weitere Facetten des demografischen<br />

Wandels – die die Krankenhäuser gleich zweifach treffen – sind zum einen die immer<br />

älter werdenden multimorbiden Patienten, welche zunehmend pflegebedürftiger sind.<br />

Zum anderen werden aber auch die Mitarbeiter/-innen immer älter, was insbesondere<br />

in der Funktionsgruppe Pflegedienst bereits heute zu hohen Belastungen führt. Zukünftig<br />

werden diese noch deutlich zunehmen. Zusätzlich verkomplizieren die immer schwieriger<br />

gewordene Finanzierung der Krankenhäuser und die damit erfolgte starke Reduzierung<br />

der Personaldecke eine qualitativ hochwertige Versorgung.<br />

Hier setzte die Hellmig-Krankenhaus Kamen gGmbH an. Mit der Umverteilung der stationären<br />

Tätigkeiten sollten sowohl dem demografischen Wandel und Fachkräftemangel<br />

begegnet, aber auch ein weiterer Schritt zur Qualitätssteigerung gegangen werden. Im<br />

Wettbewerb um Patienten, wie auch um zukünftige Mitarbeiter, sollte das Hellmig-<br />

Krankenhaus noch attraktiver werden und den Patienten mehr Service bieten können.<br />

Mit dem im Jahr 2010 gestarteten Projekt »Kooperatives Prozessmanagement: Umverteilung<br />

von Tätigkeiten im stationären Bereich – Der Einsatz von Servicekräften« stellten<br />

Geschäftsführung und Pflegedirektion die Weichen, um die Strukturen im Hellmig-<br />

Krankenhaus an aktuelle und zukünftige Herausforderungen anzupassen und einen weiteren<br />

Schritt in Richtung Stärkung der Unternehmensresilienz zu gehen. Durch Delegation<br />

und Substitution ärztlicher Tätigkeiten auf Pflegekräfte und pflegefremder Tätigkeiten auf<br />

Servicekräfte erfolgt eine Entlastung der Beschäftigtengruppen. (Vgl. VPU (2009a), S. 9ff.;<br />

VPU (2009b), S. 3. ff.; Bostelaar, R. A./Kießling, C. (2010), S. 11.) Der ärztliche Dienst wie<br />

auch der Pflegedienst kann sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren, die Qualität<br />

der Versorgung wird verbessert und personelle Engstellen können entspannt werden.<br />

Die Reduktion von pflegefremden Tätigkeiten führt im Pflegedienst zu einer inhaltlichen<br />

Aufwertung, Leistungsqualität wird verbessert und gleichzeitig werden Kosten gespart.<br />

Das Change-Projekt wurde von der Unternehmensberatung Küpper Sozialforschung ® &<br />

Consulting GmbH konzeptionell und operativ-beratend begleitet.<br />

47


Bedarfsermittlung, Organisation und Rahmenbedingungen<br />

Das Projekt startete mit einer Prozessanalyse auf allen Stationen des Krankenhauses.<br />

Ziel war es zu analysieren, wer real welche Tätigkeiten ausübt, welche Prozesse wie<br />

verlaufen, welche Rollenverteilung auf den Stationen stattfindet und welche spezifischen<br />

Tätigkeiten auf den einzelnen Stationen erfolgen. Jede Station (insgesamt<br />

sieben) wurde im Rahmen einer offenen, teilnehmenden Beobachtung individuell<br />

begleitet und diese bedarfsorientiert durch Fachgespräche ergänzt. Die Mitarbeiter/-<br />

innen konnten und sollten ihren Arbeitsalltag wie üblich bewältigen, hatten aber<br />

auch die Möglichkeit, auf Besonderheiten hinzuweisen. Aus den Ergebnissen wurden<br />

Handlungsempfehlungen abgeleitet, die auf einem interdisziplinären Treffen des oberen<br />

und mittleren Managements vorgestellt und diskutiert wurden. Anschließend verabschiedete<br />

die Betriebsleitung einen Fahrplan für den weiteren Projektverlauf, u. a. auch die<br />

Pilotierung auf einer internistischen Station.<br />

Ziel war es, delegations- und substitutionsfähige ärztliche Tätigkeiten an Pflegefachkräfte<br />

oder den Admed-Service © zu übertragen, wie z.B. venöse Blutentnahmen, i. v.<br />

Injektionen oder Folgeverbandwechsel. Parallel wurden die Pflegekräfte durch den<br />

Einsatz der Servicekräfte entlastet (Abbildung 1). Die Innovation lag hier insbesondere<br />

im Qualifikationsmix der Servicekräfte: Administrative und medizinische Aufgaben<br />

(Kurven verwalten, Telefonate annehmen, Aufnahme- und Entlassungsmanagement,<br />

Blutentnahmen etc.) werden vom Admed-Service © durchgeführt; der Stations-Service<br />

unterstützt die Pflegekräfte z.B. bei der Grundpflege, übernimmt die Messung und<br />

Dokumentation von Vitalzeichen und führt Reinigungstätigkeiten durch, wie das<br />

Abwischen der Nachtschränkchen.<br />

Abbildung 1: Neuverteilung der Tätigkeiten auf die Berufsgruppen<br />

48


Eine interdisziplinär zusammengesetzte Steuerungsgruppe passte für die Umverteilung<br />

der Tätigkeiten zunächst die Rahmenbedingungen an; die Tätigkeitenkataloge wurden<br />

aufgestellt, Zuständigkeiten und Kommunikationsstrukturen festgelegt sowie<br />

Stellenbeschreibungen für den Admed © - und Stations-Service erstellt bzw. für die<br />

Pflegefachkräfte und stationäre Leitung verändert. Ein wichtiger Baustein war hier<br />

auch die Definition einer Medikamentenpositivliste, die ergänzt um Wirkungsweise,<br />

Nebenwirkungen und Verabreichungsdetails festlegt, welche Medikamente von den<br />

Pflegekräften überhaupt appliziert werden dürfen. Diese Liste wird alle drei Monate<br />

aktualisiert und muss durch den Ärztlichen Direktor oder zuständigen Chefarzt gegengezeichnet<br />

werden. So herrscht jederzeit Transparenz und Sicherheit über Medikamente,<br />

die von der Pflege oral, als Kurzinfusion oder auch injiziert verabreicht werden dürfen.<br />

Die Steuerungsgruppe verabschiedete darüber hinaus einen neuen Fragebogen zur<br />

Evaluation der Patientenzufriedenheit. Die Patientenbefragung sollte quantitativ gesteigert<br />

und die einzelnen Items optimiert ausgewertet werden. Dazu wurden die<br />

Bewertungsbereiche differenziert und ein patientenfreundliches Benotungssystem<br />

(ankreuzen, Bewertung nach Schulnoten) aufgenommen. In jedem Bewertungsbereich<br />

(von der Sauberkeit der Zimmer über die krankengymnastische Betreuung bis hin zum<br />

Entlassungsprozess) gibt es Raum für Kommentare. Der Fragebogen berücksichtigt nicht<br />

nur die stationäre Versorgung, sondern auch die Betreuung durch andere Berufsgruppen,<br />

Sauberkeit im Krankenhaus und Abläufe.<br />

Die Pilotierung erfolgte auf einer internistischen Station mit 36 Betten. Das Patientenklientel<br />

ist meist sehr pflegeintensiv (high-care), hier liegen komorbide Patienten, viele<br />

ältere Personen und Isolationspatienten. Während der siebenmonatigen Pilotierungsphase<br />

wurden die Bereichsleitung und stationäre Leitung begleitet und in ihrer<br />

Leadershiprolle gestärkt. Es konnten ein großer Mehrwert erreicht, anfängliche Skeptiker<br />

überzeugt und Servicekräfte erfolgreich auf der Station eingesetzt werden.<br />

Personalrekrutierung und –qualifizierung<br />

Ziel war es, Servicekräfte möglichst hausintern zu rekrutieren, projektbedingte Kündigungen<br />

zu vermeiden und Pflegepersonal so umzuverteilen, dass es auf anderen<br />

Stationen offene Stellen besetzen konnte. Sowohl der Admed-Service © als auch<br />

Mitarbeiterinnen des Stations-Services konnten intern besetzt bzw. es konnte auf ehemalige<br />

Mitarbeiterinnen (Praktikantinnen, Aushilfen) zurückgegriffen werden. Einige Stellen<br />

wurden aber auch extern neu besetzt. Der Bewerberpool, meist Frauen über 40, bestand<br />

aus überwiegend sehr gut qualifizierten Kandidatinnen. Viele hatten bereits Erfahrungen<br />

in der Alten- bzw. Krankenpflege oder waren in sozialen Bereichen engagiert.<br />

Neben Stellenanzeigen und professioneller Unterstützung einer Personalvermittlung<br />

bekam die Pflegedirektion auch Bewerbungen aufgrund des persönlichen Kontakts der<br />

Bewerberinnen mit Krankenhausmitarbeitern. Zunächst wurden neben einer Admed-<br />

Servicekraft © noch zwei Stations-Servicekräfte eingesetzt, später wurde die Anzahl der<br />

Mitarbeiterinnen im Stations-Service auf vier Personen erhöht.<br />

49


Alle Servicekräfte wurden intensiv geschult und für die zu übernehmenden Tätigkeiten<br />

qualifiziert. Beispiele für Schulungs- und Trainingsinhalte sind »Schulung der pflegerischen<br />

Tätigkeiten«, »Grundlagen diätischer Versorgung und Lebensmittelkenntnisse«, »Hygiene<br />

und Desinfektion« sowie »Kundenorientierung«. Einige Schulungsinhalte konnten intern<br />

erfolgen, Trainings zur Kundenorientierung und Rollenreflexion wurden von der begleitenden<br />

Unternehmensberatung angeboten. Erst nach intensiver Vorbereitung erfolgte<br />

der Praxiseinsatz; ein hoher Sicherheits- und Qualitätsanspruch waren hier unabdingbare<br />

Voraussetzung. Auch im stationären Einsatz standen den Servicekräften jederzeit für<br />

Rückfragen oder bei Unsicherheiten Ansprechpartner zur Verfügung.<br />

Ergebnisse und Erfahrungen der Pilotierungsphase<br />

Die Pilotierung auf der pflegeintensiven, internistischen Station startete im Februar/<br />

März 2011 mit den Schulungen und Trainings. Vor Beginn der Praxisphase fand eine<br />

Informationsveranstaltung für die Mitarbeiter statt, die allen Beteiligten die Hintergründe,<br />

Ziele und den Ablauf deutlich machte. Da die Einführung von Servicekräften für die<br />

Mitarbeiter eine große Veränderung war, wurde besonders viel Wert auf Transparenz,<br />

offene Kommunikation und die Einbeziehung funktionsgruppenübergreifender Experten<br />

gelegt. Nur wenn alle Mitarbeiter den Change mittragen, kann die Veränderung erfolgreich<br />

sein.<br />

Die Rahmenbedingungen für den Einsatz der Servicekräfte waren gut gestaltet und vorbereitet:<br />

Es gab für jede Berufsgruppe einen Tätigkeitskatalog, eine Stellenbeschreibung<br />

und eine auf der Station aushängende Übersicht, wer für welche Tätigkeiten zuständig<br />

ist (Abbildung 2). Direkt zu Pilotierungsbeginn waren alle Beteiligten stark gefordert:<br />

Die Station hatte viele Isolationspatienten und einen deutlich spürbar erhöhten<br />

Pflegeaufwand. So wurden die Belastungsfähigkeit des Konzepts schnell erprobt und<br />

kleinste Unregelmäßigkeiten aufgedeckt. Erklärtes Ziel war es, die Belastungsprobe »aus<br />

eigener Kraft« zu bestehen und die Erfahrungen für eine resiliente Aufstellung zu nutzen.<br />

Das Stationsteam war nach kleinen Veränderungen erfolgreich und kann unbedenklich<br />

zukünftigen Ausnahmesituationen entgegensehen.<br />

Hellmig-Krankenhaus Kamen gGmbH<br />

Bettenzahl: 207<br />

Anzahl Mitarbeiter/-innen (in Köpfen): ca. 350 MA<br />

Versorgungsart: Grund- und Regelversorgung<br />

Träger: Hellmig-Krankenhaus Kamen gGmbH<br />

Ort: Kamen, Nordrhein-Westfalen<br />

Geschäftsführer: Norbert Vongehr<br />

Pflegedirektorin: Helena Wohlgemuth<br />

Ärztlicher Direktor: Dr. Dieter Metzner<br />

Homepage: www.hellmig.de<br />

50


Abbildung 2: Übersicht: Wer ist wofür zuständig?<br />

51


Nach rund sechs Wochen fand ein erster Reflexionsworkshop mit allen beteiligten<br />

Berufsgruppen statt: Pflegeteam, Servicekräfte, zuständige Ober- und Assistenzärzte, Führung<br />

(Pflegedirektorin, Bereichsleitungen, stationäre Leitung). Hier wurden die Prozesse<br />

auf der Station, die berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit und Schnittstellen zum<br />

Thema gemacht. Es wurden konkrete Schwachstellen in der Zusammenarbeit analysiert,<br />

Schritte für die Prozessanpassung erarbeitet und eine offene Kommunikation gefördert.<br />

Alle »Betroffenen« konnten sich aktiv an der weiteren Gestaltung beteiligen und ihre<br />

Praxiserfahrungen einbringen.<br />

Die Ergebnisse des Reflexionsworkshops bildeten die Grundlage für die anschließende<br />

bedarfsorientierte Prozessoptimierung:<br />

• Bessere Abstimmung und Verbindlichkeit bei den von der Pflege<br />

begleiteten ärztlichen Visiten<br />

• Geringe Veränderung der Tätigkeitenzuordnung und damit auch des Stellenschlüssels<br />

• Gemeinsame tägliche Stationsbesprechungen aller Pflege-, Admed ©<br />

und Stations- Servicekräfte<br />

• Organisation »Erster Durchgang und Grundpflege«.<br />

Insbesondere die interdisziplinäre Zusammenarbeit führt häufig zu Irritationen. Tradierte<br />

berufsgruppeninterne Abläufe können nur schwer verändert werden und auch bestimmte<br />

Verhaltensweisen sind oft nicht einfach abzulegen. Hier ist es notwendig, Rituale zu<br />

überdenken und einen Kompromiss zu finden, der jeder Berufsgruppe entgegenkommt.<br />

Rituale überdenken und Kompromisse finden<br />

Pflege an der Visite beteiligen<br />

In der Pilotierung zeigte sich dieses Muster beim Thema »Visite«: Die Visiten konnten<br />

vor Projektbeginn nur sporadisch von der Pflege begleitet werden. Um jedoch die<br />

interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern, den Informationsaustausch zu optimieren,<br />

redundante Kommunikationsprozesse zu vermeiden und damit eine verbesserte Qualität<br />

in der Patientenbetreuung zu erreichen, sollen Visiten zukünftig von der zuständigen<br />

Bereichspflegekraft begleitet werden. Die Abstimmung der Visitenzeiten gestaltete<br />

sich dabei kompliziert: Zeitweise mussten Visiten von bis zu vier Assistenzärzten, zwei<br />

Oberärzten und einem Chefarzt koordiniert werden.<br />

Der ärztliche Dienst hat Verpflichtungen in der Funktionsabteilung, der Pflegedienst<br />

muss einen reibungslosen Stationsablauf sicherstellen (Grundpflege, Mahlzeiten, Untersuchungsvorbereitungen).<br />

Insbesondere durch die hohe Pflegeintensität, aber auch durch<br />

den zeitlichen Aufwand für die Versorgung der Isolationspatienten benötigt man ein<br />

gutes Zeitmanagement. Ziel war daher, die Visiten, nicht wie bisher, dann durchzuführen,<br />

wenn der behandelnde Arzt ein freies Zeitfenster hatte, sondern vorab feste Visitenzeiten<br />

abzustimmen. Bewährt hat sich die Definition von Zeitkorridoren, in denen Visiten stattfinden.<br />

Diese werden jeweils zu Wochenbeginn durch genaue Terminabsprachen mit der<br />

stationären Leitung oder dem Admed-Service © konkretisiert. Bei unvorhergesehenen<br />

Zwischenfällen im ärztlichen Dienst erfolgt eine rechtzeitige Information der Station. Nur<br />

in Ausnahmefällen finden die Visiten ohne eine Pflegekraft statt. Voraussetzung für einen<br />

52


gemeinsamen Durchgang ist selbstverständlich eine gute Vorbereitung und eine zeitlich<br />

effiziente Visite.<br />

Neue Berufsgruppe einbinden<br />

Mit der Einführung einer neuen Berufsgruppe gibt es nicht nur neue Mitarbeiter auf der<br />

Station, sondern »die Fraktionen« müssen auch zusammenwachsen: Die neue Berufsgruppe<br />

muss ein Teil des interdisziplinären Leistungsteams werden. Die Teamfindung<br />

und das Aufbauen eines »Wir-Gefühls« konnte in der Pilotierung durch ausgewählte<br />

Maßnahmen unterstützt werden, wie z.B. gemeinsame tägliche Teambesprechungen,<br />

Kooperation bei Tätigkeiten und Förderung der gegenseitigen Wertschätzung. So<br />

fand zu Beginn der Pilotierung die fünfzehnminütige Pflegebesprechung nur mit<br />

den Pflegekräften, teilweise auch mit dem Admed © -Service statt. Zur Förderung des<br />

Informationsflusses, aber auch zur Teamintegration, sind nun sowohl der Admed © - als<br />

auch der Stations-Service fester Bestandteil der morgendlichen Besprechung. Auch die<br />

Übergabe an den Spätdienst (Übergabe am Patientenbett) erfolgt gemeinsam mit dem<br />

Stations-Service.<br />

Loslassen alter Tätigkeiten<br />

Einen Entwicklungsprozess für die Pflegekräfte stellte auch das Loslassen alter Tätigkeiten<br />

dar. Schwierigkeiten mit dem Abgeben von Aufgaben waren insbesondere im morgendlichen<br />

»ersten Durchgang« und der Grundpflege erkennbar. Zu Beginn der Pilotierung<br />

erfolgten hier die Tätigkeiten des Stations-Services und der Pflegekräfte parallel. Das<br />

führte häufig dazu, dass einige Pflegekräfte bestimmte Tätigkeiten nicht wie festgelegt<br />

an den Stations-Service abgaben, sondern sie »mal eben schnell selbst« erledigten;<br />

Zuständigkeiten verschwammen und reibungslose Abläufe waren nicht möglich. Hier<br />

konnte durch konsequente Führung Einheitlichkeit sichergestellt werden: Pflege- und<br />

Servicekräfte arbeiten nun getrennt, die Pflegekräfte können sich weiterhin bei bestimmten<br />

Tätigkeiten vom Stations-Service unterstützen lassen, die stationäre Leitung und auch<br />

die Bereichsleiterin kommunizieren und reflektieren regelmäßig die Abläufe. Wichtig<br />

war es, »dran zu bleiben« bis die alten Denkmuster aufgelöst und das Neue alltäglich<br />

geworden ist. Die Führungskräfte wurden, um die neuen Herausforderungen noch besser<br />

bewältigen zu können, durch Coachings unterstützt.<br />

Evaluation und Roll-out<br />

Nach dem Ende der Erprobungsphase fand auf der Pilotstation die Verstetigung statt. Eine<br />

abschließende Evaluation ermittelte qualitative und quantitative Erfolge.<br />

Im Rahmen von Mitarbeitergesprächen gaben 80 Prozent der Stationsärzte, Pflegeund<br />

Servicekräfte an, dass die Einführung von Servicekräften das Krankenhaus als<br />

Dienstleistungseinrichtung am Patienten einen großen Schritt weiter gebracht hat. Die<br />

Pflegekräfte und Ärzte empfinden die Einführung der Servicekräfte als große Entlastung<br />

(Abbildungen 3 und 4a und b). Sie berichten von erheblicher Zeitersparnis durch den<br />

Wegfall von Tätigkeiten aus ihrem »alten« Aufgabenkatalog, die die Pflege z.B. für die<br />

Durchführung ärztlicher Tätigkeiten oder die Visitenbegleitung nutzen kann; der ärztliche<br />

Dienst lobt die verbesserten Organisationsstrukturen.<br />

53


Abbildung 3: Große Zufriedenheit mit dem Ergebnis des Projekts bei den Mitarbeitern<br />

Abbildung 4a: Feedback Pflegedienst<br />

54<br />

Feedback Pflegedienst<br />

• Der erste Durchgang ist nun viel besser, da der Stations-Service<br />

die Vitalzeichen und den Blutzucker misst.<br />

• Sie sind notwendig! Schön, dass sie da sind!<br />

• Die Patienten sind sehr zufrieden!<br />

• Bessere Kommunikation zwischen Pflege und Ärzten.<br />

• Es gibt eine erhebliche Zeitersparnis aufgrund des Essensverteilens,<br />

des Abrüstens der Zimmer und dem Hol-und Bringedienst durch<br />

den Stations-Service.<br />

• Tätigkeiten, die vorher nicht durchgeführt wurden, können nun<br />

meistens erledigt werden.<br />

• Die Servicekräfte sind eine große Unterstützung und wir werden<br />

sehr entlastet. Der Stations-Service misst die Vitalzeichen und den<br />

Blutzucker und der Admed-Service unterstützt administrativ.<br />

Das bringt viel mehr Zeit für die ärztlichen Tätigkeiten.<br />

• Stimmung und Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen auf der Station<br />

sind klasse!<br />

• Wenn ich jetzt schon mal auf anderen Stationen ohne Servicekräfte<br />

aushelfe, fehlen sie mir besonders. Ich weiß gar nicht mehr, wie<br />

wir ohne sie auskommen konnten.


Feedback ärztlicher Dienst<br />

• Ich habe mehr Freiräume, ich muss nicht Zwecks Spritzen zu<br />

bestimmten Zeitpunkten auf der Station sein.<br />

Das schafft mir mehr Zeit für andere Dinge und ich kann meine<br />

Arbeit anders organisieren.<br />

• Der Admed © -Service ist klasse, ich vergebe fünf Sterne. Er ist sehr<br />

gut, sehr hilfreich, sehr wichtig.<br />

• Erhebliche Entlastung der Ärzte!<br />

• Begleitung der Visite: Die Visite hat ein höheres Niveau und ist<br />

umfangreicher. Die Ärzte erhalten wichtige Patienteninformationen<br />

von der Pflege.<br />

• Alle Befunde sind jetzt zeitnah da und ich muss nicht mehr selbst<br />

überall anrufen, das brauchte meistens viele Versuche und kostete<br />

viel Zeit.<br />

• Bessere Kommunikation zwischen Pflege und Ärzten.<br />

• Es gibt jetzt eine große Entlastung bei den Ärzten. Wir müssen<br />

nicht mehr i.v. spritzen, selten Vigos legen und haben kaum<br />

Blutentnahmen.<br />

• Die Außendarstellung der Pflege wurde verbessert.<br />

Abbildung 4b: Feedback ärztlicher Dienst<br />

Neben der gesteigerten Mitarbeiterzufriedenheit spiegeln auch die betriebswirtschaftlichen<br />

Kennzahlen den Projekterfolg wider:<br />

So sinkt das pflegerische Überstundenkonto kontinuierlich. Die Pilotstation hat aktuell nur<br />

rund 30 bis 45 Prozent der Überstunden, die andere Stationen des Krankenhauses aufweisen;<br />

und sie gehen weiter zurück. Gründe hierfür sind die verbesserten Prozessabläufe<br />

und die Aufwertung der pflegerischen Tätigkeiten.<br />

Die Mitarbeiter sind weniger »gehetzt«, sie sind zufrieden, für alle ist es ein gesünderes<br />

Arbeiten als zuvor. Das zeigt auch der niedrige Krankenstand von 3,3 Prozent, er ist hier<br />

geringer als auf allen anderen Stationen.<br />

Auch die Anzahl der Überlastungsanzeigen hat sich während der Pilotierung im Vergleich<br />

zum Vorjahreszeitraum um mehr als 50 Prozent reduziert.<br />

Die Patientenverweildauer sank bei gestiegener Patientenfallzahl um 5,7 Prozent.<br />

Nach der erfolgreichen Erprobung soll das Konzept nun auch auf den anderen Stationen<br />

umgesetzt werden. Hier erhält die Pflegedirektion sogar Anfragen der Pflegekräfte, wann<br />

auch bei ihnen endlich der Einsatz von Servicekräften erfolgt. Zu beachten ist, dass die<br />

Stationen ihre spezifischen Bedarfe aufzeigen und weder Tätigkeitenkataloge noch die<br />

55


Personalbemessung ohne Korrekturen zu übertragen sind. Insbesondere die VK-Stellen<br />

und Einsatzzeiten müssen auf den Versorgungsbedarf abgestimmt sein. Das fordert im<br />

Übrigen auch der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe DBFK. Unabhängig davon wird<br />

eine Betriebsvereinbarung geschlossen, und die stationären Leitungen müssen konsequent<br />

in ihrer Führungsrolle begleitet werden.<br />

Fazit<br />

In einem Pilotprojekt konnten Admed © - und Stations-Servicekräfte erfolgreich im<br />

Hellmig-Krankenhaus Kamen implementiert werden. Innovativ und erfolgreich war hier<br />

der Qualifikations-Mix aus Admed © - und Stations-Service. Das Projekt trägt dazu bei,<br />

dass das Krankenhaus gegenüber aktuellen und zukünftigen Herausforderungen gut aufgestellt<br />

ist. Auch wird es dem Pflegekäfte- und Ärztemangel besser begegnen können.<br />

Die beiden größten Berufsgruppen werden entlastet, pflegerische Tätigkeiten aufgewertet<br />

und die Attraktivität des Krankenhauses bei Patienten und potenziellen Bewerbern<br />

erhöht. Neben der Leistungsqualität, konnten auch ökonomische Kennzahlen und die<br />

Mitarbeiterzufriedenheit gesteigert werden. In den nächsten Monaten erfolgt das Roll-out<br />

im gesamten Krankenhaus<br />

Das Hellmig-Krankenhaus ist ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung am<br />

östlichen Rand des Ruhrgebiets. Es beschäftigt rund 200 Mitarbeiter/-innen im Pflegeund<br />

Funktionsdienst sowie rund 40 Ärztinnen und Ärzte und verfügt über 207 Betten.<br />

In der Bereichspflege übernehmen die Pflegekräfte alle patientennahen Tätigkeiten. Sie<br />

werden im administrativen Bereich von pflegerischen/ärztlichen Assistentinnen unterstützt,<br />

die auch die DRG-Kodierung der Diagnosen durchführen.<br />

Literatur<br />

Bostelaar, René A./Kießling, C. (2010):<br />

Patienten-Service im Krankenhaus – Ein strategisches Instrument für das Gesundheitsunternehmen<br />

der Zukunft<br />

Hannover<br />

König, Romy (<strong>2012</strong>):<br />

Assistenten sind kein Allheilmittel.<br />

In: kma pflege, 11. Jg., H. 1, S. 6-7<br />

VPU, Verband der Pflegedirektorinnen und Pflegedirektoren der Universitätsklinika in<br />

Deutschland (2009a):<br />

Übernahme ärztlicher Tätigkeiten<br />

Münster<br />

VPU, Verband der Pflegedirektorinnen und Pflegedirektoren der Universitätsklinika in<br />

Deutschland (2009b):<br />

Leitfaden Servicekräfte<br />

Münster<br />

56


Großprojekt Gesundheitszentrum<br />

Das Städtische Klinikum Brandenburg führte vier MVZ zusammen<br />

und sichert so auch die ambulante Versorgung<br />

von Gabriele Wolter, Dr. Harald Vanherpe, Olaf String<br />

Das Städtische Klinikum Brandenburg gründete am 1. April 2005 sein erstes<br />

Medizinisches Versorgungszentrum mit zwei Arztsitzen unter Führung der 100prozentigen<br />

Tochtergesellschaft »Gesundheitszentrum Brandenburg an der Havel GmbH«.<br />

Der weitere Erwerb von Kassenarztsitzen ergab zum Ende 2010 den Stand von 15<br />

Fachdisziplinen an vier Standorten. Die organisatorischen, logistischen und strukturellen<br />

Mängel dieses Konstrukts wurden durch die strategische Investition in einen<br />

Neubau mit zentraler Lage und guter verkehrstechnischer Anbindung gelöst. Zur<br />

Erhöhung der Standortattraktivität wurden zusätzlich Anbieter von gesundheitsnahen<br />

Dienstleistungen in das Projekt mit einbezogen. Das Projekt, die Umsetzung, die<br />

Vor- und Nachteile eines Gesundheitszentrums werden dargestellt. Ein Jahr nach<br />

Inbetriebnahme wird die aktuelle Lage positiv bewertet.<br />

Die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung in einer ländlichen Umgebung<br />

zu gewährleisten, wird immer schwieriger. Einzelpraxen in ländlichen Regionen können<br />

häufig nicht nachbesetzt werden mit der Folge, dass sich die ambulante Versorgung<br />

weiter verschlechtert. Das Städtische Klinikum Brandenburg hat eine Reihe von nicht<br />

nachbesetzten KV-Sitzen erworben und in mehrere Medizinische Versorgungszentren<br />

(MVZ) überführt. Sicherstellung der ambulanten Versorgung und ein wirtschaftlich ausgeglichenes<br />

Ergebnis waren die Prämissen des nachfolgend geschilderten Projektes.<br />

Situation der Medizinzischen Versorgungszentren (MVZ)<br />

Laut Information der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) waren in Deutschland<br />

mit dem Stand 1. Quartal 2011 bundesweit 1700 MVZ zugelassen. In diesen MVZ waren<br />

insgesamt 8969 Ärzte tätig, davon 7657 im Angestelltenverhältnis. Durchschnittlich<br />

waren je MVZ 5,3 Ärzte beschäftigt. Die Zentren befanden sich zu 37,1 Prozent in der<br />

Trägerschaft eines Krankenhauses. Im Land Brandenburg waren nach Angaben der<br />

Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB), Stand 4. Quartal 2010, 58 MVZ mit 402<br />

im Angestelltenverhältnis beschäftigten Ärzten zugelassen. Die meisten von ihnen, 63,8<br />

Prozent, befinden sich in der Trägerschaft eines Krankenhauses.<br />

Entwicklung der MVZ Gesundheitszentrum Brandenburg GmbH<br />

Das erste MVZ wurde am 1. April 2005 gegründet und in die 100-prozentige<br />

Tochtergesellschaft der Städtisches Klinikum Brandenburg GmbH, der Gesundheitszentrum<br />

Brandenburg an der Havel GmbH (GZB), integriert. In der Folgezeit wurde durch<br />

den Erwerb weiterer Arztsitze das GZB stetig vergrößert. Diese Ausweitung erfolgte nicht<br />

durch eine aktive Akquise oder strategische Aufkäufe von KV-Zulassungen, sondern durch<br />

kalkulierte Übernahmen von Arztpraxen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung.<br />

Es wurde darauf geachtet, dass aus den Ankäufen von KV-Sitzen ein ausgewogenes<br />

Portfolio an ambulanten Versorgungsangeboten resultierte.<br />

57


Mit dem Stand Ende 2010 waren im GZB vier MVZ zusammengefasst, die allerdings an<br />

vier verschiedenen Standorten in der Stadt Brandenburg an der Havel lokalisiert waren. Es<br />

handelte sich dabei um ein MVZ mit zwei Fachdisziplinen und zwei Ärzten (Chirurgie und<br />

Dermatologie), ein MVZ mit vier Fachdisziplinen und sechs Ärzten (Rheumatologie, Innere<br />

Medizin - Hausärztliche Versorgung, Allgemeinmedizin und Kinderheilkunde). An zwei weiteren<br />

Standorten in der Stadt gab es ein MVZ mit drei Fachdisziplinen und vier Ärzten (HNO,<br />

Physikalische und Rehabilitative Medizin) sowie ein MVZ mit sechs Fachdisziplinen und elf<br />

Ärzten (Augenheilkunde, Neurochirurgie, Pathologie, Nuklearmedizin, Endokrinologie,<br />

Radiologie). In Summe waren im GZB Ende 2010 an vier Standorten 15 Fachdisziplinen<br />

und Arztpraxen mit 24 angestellten Ärzten zusammengefasst.<br />

Mit zunehmender Größe des GZB stiegen stetig nicht nur die Anforderungen an die<br />

Logistik, sondern auch die strukturellen und organisatorischen Kosten kontinuierlich an.<br />

Die wichtigsten strukturellen und organisatorischen Mängel waren:<br />

• ein hoher Aufwand für An- und Abtransport von Materialien, Verbrauchsgütern,<br />

Blut- und Gewebeproben, Praxis- und Sondermüll bis hin zum sicheren Transport<br />

von Praxisgebühreinnahmen<br />

• keine gemeinsamen Personalpläne, die eine personelle Sicherstellung des Praxisbetriebes<br />

bei krankheits- und urlaubsbedingten Ausfällen gewährleisten<br />

konnten<br />

• erhebliche Investitionsrückstände und ein hoher Anteil notwendiger Ersatzbeschaffungen<br />

(der überwiegende Anteil der übernommenen Arztpraxen war<br />

in den Jahren 1990 bis 1992 gegründet worden)<br />

• ein sehr unterschiedliches Niveau der Ausstattung mit Hardware und Bürotechnik -<br />

zum Teil erfolgte die Dokumentation ohne EDV-Unterstützung, jedes MVZ dokumentierte<br />

in einer eigenen, nicht vernetzten Praxissoftware, die zudem verschiedene<br />

Service- und Wartungsverträge bedingten<br />

• unterschiedliche Konditionen für Miete und Betriebskosten an den vier Standorten,<br />

autarke Arbeit jedes Standorts ohne direkten fachlichen Austausch der im GZB<br />

geführten Arztpraxen<br />

• weite Wege für die Patienten<br />

Die Städtisches Klinikum Brandenburg GmbH ist ein Klinikum der qualifizierten Regelversorgung<br />

mit Schwerpunktaufgaben. Es verfügt über 466 Betten. Dreizehn bettenführende<br />

Fachabteilungen, ein Institut und eine große interdisziplinäre Notaufnahme<br />

versorgen pro Jahr ca. 25.000 stationäre und ca. 35.000 ambulante Patienten aus der<br />

Stadt Brandenburg an der Havel und den angrenzenden Landkreisen, ein Einzugsgebiet<br />

das ca. 250.000 Einwohner umfasst. Überregionale Bedeutung haben die Bereiche<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die Gefäß- und Neurochirurgie sowie die augenärztliche<br />

und HNO-ärztliche Behandlung. Das Klinikum Brandenburg ist akademisches Lehrkrankenhaus<br />

der Charité.<br />

58


Das Gesundheitszentrum des Städtischen Klinikums Brandenburg<br />

Planung des Projektes »Gesundheitszentrum am Hauptbahnhof«<br />

Die genannten Nachteile zeigten deutlich, dass eine Zusammenführung der Standorte<br />

unter Vereinheitlichung von Struktur, Organisation und Logistik dringend geboten war.<br />

Nach Unterstützung des Vorhabens durch die Politik erfolgte die Planung des Neubaus<br />

»Gesundheitszentrum am Hauptbahnhof« unter folgenden Prämissen:<br />

1. Zentrale Lage an einer Bundesstraße mit großer Nähe zum Brandenburger Hauptbahnhof<br />

und gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV),<br />

2. Aufnahme sämtlicher im GZB vorgehaltenen Arztpraxen aller Standorte und darüber<br />

hinaus Ausweisung ausreichender Flächen für freiberufliche Ärzte sowie gewerbliche<br />

Gesundheitsanbieter, um Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen und den Patienten eine<br />

ganzheitliche Versorgung und kurze Wege anzubieten,<br />

3. Ermöglichung von Synergien im Hinblick auf gemeinsamen An- und Abtransport,<br />

gemeinsame Nutzung von Warte- und Anmeldebereichen, spezielle Angebote für logistische<br />

Unterstützung, gemeinsame Nutzung von Sozialräumen, Umkleidebereichen und<br />

Konferenzzimmern, zeitnahe Umsetzung einer abgestimmten gemeinsamen Nutzung des<br />

ausgebauten OP-Bereiches von Ärzten des GZB als auch ambulant operierenden Ärzten,<br />

4. Umstellung auf eine vernetzte einheitliche Praxissoftware mit einer komfortablen<br />

Nutzerverwaltung zur Sicherstellung eines schnellen Informationsaustausches unter<br />

Einhaltung des Datenschutzes sowie zentraler Quartalsabrechnung mit der KVBB,<br />

5. Realisierung erweiterter Sprechstundenangebote durch Flexibilisierung und Abstimmung<br />

der Öffnungszeiten,<br />

6. Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit der Möglichkeit, zusätzliche<br />

Einnahmen zu erzielen,<br />

59


7. Die Fachdisziplinen, die einen unmittelbaren räumlichen Bezug zum Klinikum<br />

Brandenburg haben, sehr gut und neuwertig ausgestattet sind, sollten nicht in das<br />

»Gesundheitszentrum am Hauptbahnhof« umziehen und verblieben am bisherigen<br />

Standort (Pathologie, Radiologie, Nuklearmedizin und Endokrinologie).<br />

Neben diesen geschilderten, unmittelbaren Vorteilen für das GZB wurden für die<br />

Errichtung des Gebäudes aus Sicht des Städtischen Klinikums Brandenburg weitere<br />

Vorteile gesehen:<br />

Die Einweisung von stationär zu behandelnden, elektiven Patienten kann durch<br />

Abstimmung mit den Ärzten des GZB gesteuert werden.<br />

Die Vernetzung von ambulantem und stationärem Bereich wird intensiviert, insbesondere<br />

durch die elektronische Unterstützung (Einweiserportal) zum Austausch behandlungsrelevanter<br />

Informationen.<br />

Es ergeben sich interessante Beschäftigungsangebote für Ärzte (auch des Klinikums), im<br />

Anstellungsverhältnis ambulant tätig zu sein, ohne ein eigenes wirtschaftliches Risiko zu<br />

tragen und mit der Möglichkeit, flexible Arbeitszeiten zu vereinbaren.<br />

Es können Weiterbildungsmöglichkeiten für Allgemeinmediziner zur Sicherung der ambulanten<br />

ärztlichen Versorgung in Zusammenarbeit mit dem Klinikum angeboten werden.<br />

Kooperationen mit niedergelassen freiberuflichen Kollegen im Hinblick auf gemeinsame<br />

Nutzung von Labor, Röntgen und Medizintechnik werden möglich.<br />

Der OP-Bereich im »Gesundheitszentrum am Hauptbahnhof« kann sowohl für ambulante<br />

Operationen des Klinikums als auch von ambulant operierenden Ärzte genutzt werden.<br />

Nicht zuletzt erfolgte die Planung »Gesundheitszentrum am Hauptbahnhof« mit dem<br />

gesellschaftlichen und politischen Auftrag, ein wohnortnahes verlässliches Angebot für<br />

die ambulante ärztliche Versorgung zu gewährleisten.<br />

Das Projekt<br />

Die Stadt Brandenburg an der Havel plante Anfang 2010 die Neugestaltung des<br />

Hauptbahnhofes und der angrenzenden Grundstücke, um die Attraktivität für Bevölkerung<br />

und Investoren zu erhöhen. Die zum Verkauf angebotenen Baugrundstücke eigneten<br />

sich hervorragend auch dafür, die zuvor skizzierten Planungsvorgaben für das<br />

Gesundheitszentrum zu erfüllen. Hierzu wurde ein 2.176 qm großes Baugrundstück in<br />

unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof mit Anbindung an eine Bundesstraße sowie in<br />

direkter Haltestellennähe von Bus und Straßenbahn erworben.<br />

Nach Bauantrag und –genehmigung erfolgte mit der Beräumung der Baufläche im Januar<br />

2010 der Baustart für das »Gesundheitszentrum am Hauptbahnhof«. Die Bauzeit betrug<br />

bis zum Einzug der ersten Arztpraxen am 2. April 2011 gut 14 Monate. Offiziell konnte<br />

das Gebäude bereits im Mai 2011 eingeweiht werden. Die Baukosten beliefen sich auf<br />

14,5 Millionen Euro ohne Fördermittel. Das Gebäude wurde mit vier Geschossen errichtet<br />

und verfügt über eine Bruttomietfläche von 5.607 qm, einen OP-Bereich mit zwei<br />

voll ausgestatteten OP-Sälen mit 527 qm Nutzfläche sowie über eine Tiefgarage mit 43<br />

Stellflächen auf einer Grundfläche von 2.176 qm.<br />

60


Mit dem Stand Mai <strong>2012</strong> sind 19 angestellte Ärzte des GZB mit den zuvor genannten<br />

Fachdisziplinen sowie zusätzlich einer Zahnärztin und einer MKG-Chirurgin im Gebäude<br />

etabliert. Des Weiteren haben acht freiberuflich tätige Ärzte im »Gesundheitszentrum am<br />

Hauptbahnhof« ihre angemieteten Räume bezogen. Darunter sind die Fachrichtungen<br />

Zahnmedizin, Frauenheilkunde, Neurologie und Psychiatrie, Radiologie (Mammographie-<br />

Screening), Anästhesie und Pulmologie. Zusätzlich konnten als Anbieter gesundheitsnaher<br />

Dienstleistungen eine Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Pflegeberatung,<br />

ein Hörgeräteakustiker, Zahnlabor, Labor, Sanitätshaus und eine Apotheke als Mieter<br />

gewonnen werden. Das Angebot wird komplettiert durch eine EDV-Beratungsfirma,<br />

eine Bäckerei und den Verein »Gesund in Brandenburg«, der sich um die Belange des<br />

Gesundheitsstandortes Stadt Brandenburg an der Havel bemüht.<br />

Panoramaansicht des Gesundheitszentrums<br />

Fazit<br />

Das Kontrahieren der MVZ-Standorte mit der Errichtung eines zentral gelegenen, gut<br />

erreichbaren Neubaus war eine sinnvolle und vor allem notwendige Entscheidung für<br />

das wirtschaftliche Führen der vier MVZ. Im Jahr <strong>2012</strong>, ein Jahr nach Einweihung des<br />

Gebäudes, war das Planungskonzept erfolgreich umgesetzt und die gesteckten Ziele<br />

weitgehend erreicht:<br />

Für das Unternehmen GZB:<br />

Senkung der Kosten für Gebäude, Logistik, Transport und Personal, Sicherstellung der<br />

Praxissprechzeiten auch bei krankheits- oder urlaubsbedingten personellen Engpässen<br />

Für die Patienten:<br />

gute Erreichbarkeit und kurze Wege durch eine hohe Facharztdichte und wichtige<br />

Dienstleistungen, Austausch autorisierter behandlungsrelevanter Informationen<br />

Für die Arztpraxen:<br />

gute Erreichbarkeit, flexiblere Arbeitszeiten, neues Inventar und Medizintechnik<br />

Für das Klinikum:<br />

gute logistische Anbindung und geregelter Informationsaustausch sowie die Möglichkeit<br />

der Patientensteuerung bei elektiven Behandlungen durch die Einweiser.<br />

61


Für die Stadt Brandenburg an der Havel:<br />

Schaffung sicherer sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze und Sicherstellung wohnortnaher<br />

ambulanter ärztlicher Versorgung<br />

Für niederlassungswillige Ärztinnen und Ärzte:<br />

angepasste Beschäftigungsangebote in einem attraktiven Umfeld, bei Wunsch auch in<br />

Kombination mit dem Klinikum<br />

Ein so großes MVZ bzw. Gesundheitszentrum hat allerdings auch einige Nachteile und<br />

birgt Risiken:<br />

So wird das zentralisierte Angebot von Gesundheitsleistungen von niedergelassen Ärzten<br />

zum Teil als existenzielle Bedrohung empfunden, obwohl sich die Anzahl der KV-Sitze<br />

in unserem zulassungsbeschränkten Bereich nicht erhöht hat. Hier gab es im Vorfeld<br />

des Projektes einen hohen Diskussionsbedarf, der noch anhält. Kooperationsangebote<br />

des »Gesundheitszentrums am Hauptbahnhof« sollen die Zusammenarbeit sichern und<br />

Vorbehalte abbauen.<br />

Nicht jeder Patient findet sich damit zurecht, dass nicht »seine« Sprechstundenhilfe oder<br />

»sein« Arzt immer zu den Sprechzeiten da ist, sondern diese auch von anderen Ärzten<br />

und Medizinischen Fachangestellten abgedeckt werden. Diese Patienten werden dann<br />

vielleicht andere, einzelgeführte Arztpraxen oder Gemeinschaftspraxen bevorzugen.<br />

Nicht jeder Arzt möchte sich in eine kooperative, interdisziplinäre Zusammenarbeit einbinden<br />

lassen, so dass am Anfang der Zusammenlegung der MVZ-Standorte eine höhere<br />

Fluktuation des Personals, sowohl bei Ärzten als auch Medizinischen Fachangestellten, zu<br />

verzeichnen war. Es ist dann nicht mehr die »eigene« Praxis und Teambildung kann man<br />

nicht verordnen. Es ist daher wichtig, den Mitarbeitern Zeit und Unterstützung zu geben,<br />

damit sich bei ihnen das Gefühl, gemeinsam an diesem Projekt »Gesundheitszentrum am<br />

Hauptbahnhof« weiterzuarbeiten, entwickeln kann.<br />

Das Konzept »Gesundheitszentrum am Hauptbahnhof« ist ein mögliches Modell, die ambulante<br />

Versorgung in ländlichen Gebieten – bei vorausgesetzt guter Verkehrsanbindung -<br />

zu unterstützen, Das GZB hat bisher gute Erfahrungen gemacht. Für Fragen zur Planung,<br />

Umsetzung und Fertigstellung des Projektes stehen die Autoren gerne zur Verfügung.<br />

62


Ein Förderverein als Trägereinrichtung –<br />

kann das gut gehen?<br />

Organisationsstruktur der freigemeinnützige Tessinum GmbH<br />

ermöglicht vielfältige Synergien<br />

von Frank Acker und Kerstin Trommer<br />

Seit 1912 existieren am Standort der heutigen Tessinum GmbH Gesundheitseinrichtungen,<br />

die sich im Laufe der wechselvollen (ostdeutschen) Geschichte immer wieder<br />

in verschiedenen Organisations- und Wirtschaftsstrukturen befanden. Gegründet<br />

wurde das ursprüngliche Krankenhaus durch einen Förderverein der Einwohner des<br />

Ackerbürgerstädtchens Tessin und der Umgebung. Auch heute – 100 Jahre später –<br />

fungiert der Förderverein Tessinum e. V. als Hauptgesellschafter der Tessinum GmbH<br />

und ihrer Tochter-Gesellschaften. Die Organisationsstruktur bietet viele gestalterische<br />

Möglichkeiten und Synergie-Effekte.<br />

Die medizinische Versorgungslandschaft im heutigen Mecklenburg-Vorpommern erfuhr<br />

ab 1990 erhebliche Umbrüche. Zahlreiche Einrichtungen wie kleine Krankenhäuser,<br />

Pflegeheime und Polikliniken erwiesen sich als veraltet, unrentabel oder auch überflüssig.<br />

Die in der DDR staatlichen Gesundheitsbetriebe waren weitgehend in den Besitz der<br />

Kommunen, Gemeinden und neuen Landkreise übergegangen.<br />

Dies traf auch auf das Krankenhaus und Pflegeheim Tessin zu. Auf Grund der finanziellen<br />

Unwägbarkeiten sah sich der damalige Landkreis Rostock nicht in der Lage, beides<br />

weiter zu betreiben, zumal eine Kreisgebietsreform geplant war und das Krankenhaus<br />

voraussichtlich auch nicht mehr in den neuen Krankenhausplan des Landes Mecklenburg-<br />

Vorpommern aufgenommen werden sollte. So fanden sich Anfang 1993 engagierte<br />

Bürger der Stadt Tessin und der Umgebung sowie Mitarbeiter der Einrichtung zusammen<br />

und gründeten einen Förderverein – den heutigen Förderverein Tessinum e. V.<br />

Krankenhaus und Pflegeheim waren inzwischen eine freigemeinnützige GmbH, anfangs<br />

zu 100 Prozent dem Landkreis Rostock gehörend. Der Förderverein übernahm sukzessiv<br />

Anteile der GmbH und stellte so sicher, dass das Fortbestehen der Einrichtung nicht von<br />

den strukturellen politischen Veränderungsprozessen abhängig sein würde.<br />

Die Struktur<br />

Heute ist der Förderverein mit 94 Prozent Hauptgesellschafter, die Tessinum Physio- und<br />

Ergotherapie GmbH stellt mit 6 Prozent den zweiten Gesellschafter. Sie ist ein regionales<br />

Unternehmen, auf dem Gelände des Tessinums ansässig und als Kooperationspartner<br />

für die Rehabilitationsklinik – das Therapiezentrum für Geriatrie und Schlaganfall – tätig.<br />

Die Struktur des gesamten Tessinums ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Gesellschafterversammlung<br />

bestellt den Aufsichtsrat des Unternehmens. Dieser setzt sich aus kompetenten<br />

Vertretern der Gesundheits- und Finanzwirtschaft in der Region zusammen.<br />

Damit wird eine gute fachliche Aufsicht sowie eine kompetente Unterstützung des<br />

63


Geschäftsführers sichergestellt. Die Verantwortung für die Führung des Unternehmens liegt<br />

beim Geschäftsführer gemeinsam mit der Geschäftsleitung, der neben dem Geschäftsführer<br />

Führungskräfte aller zum Tessinum gehörenden Gesellschaften angehören.<br />

In der Tessinum GmbH befindet sich der gesamte Dienstleistungsbereich des Unternehmens.<br />

Das Therapiezentrum, das Pflege- und Betreuungszentrum sowie die Ambulante<br />

Alten- und Krankenpflege sind 100-prozentige Töchter der Tessinum GmbH.<br />

Abbildung 1: Die Struktur der Tessinum GmbH<br />

Potenziale und Risiken<br />

In der beschriebenen Struktur arbeitet die Tessinum GmbH seit vielen Jahren. Anfangs gab<br />

es viele Bedenken, ob unter Trägerschaft eines Fördervereins ein zukunftsfähiger Betrieb<br />

der Gesundheitseinrichtung überhaupt möglich sein würde. Dies kann inzwischen mit<br />

einem deutlichen »JA« beantwortet werden.<br />

Die Tessinum GmbH mit ihren Tochter-Gesellschaften ist gut in der Gesundheitslandschaft<br />

integriert. Das Therapiezentrum als geriatrische Rehabilitationsklinik mit 70 Betten ist<br />

hierbei überregional tätig, das Pflege- und Betreungszentrum mit stationärer Pflege (125<br />

Bewohner) und Tagespflege (15 Plätze) und die Ambulante Alten- und Krankenpflege<br />

haben ihren Einzugsbereich vorrangig im angrenzenden Territorium. Die Ambulante<br />

Alten- und Krankenpflege übernimmt außerdem Pflegeleistungen im Betreuten Wohnen<br />

(26 Wohneinheiten), das ebenfalls zum Tessinum gehört. Insgesamt sind inzwischen<br />

etwa 240 Mitarbeiter im Tessinum tätig.<br />

64


Das Krankenhaus Tessin 1912<br />

Luftbild der Tessinum GmbH <strong>2012</strong><br />

65


Die aufgebaute Struktur ermöglicht es, für das Gesamtunternehmen zahlreiche Synergie-<br />

Effekte auszuschöpfen. So hält die gemeinsame Nutzung von Küche, Technischem Dienst<br />

und Verwaltung den administrativen Aufwand relativ klein, die Versorgungsleistungen<br />

können entsprechend kostengünstig erbracht werden. Trotz der geringen Größe<br />

der Tessinum GmbH können beim Einkauf des medizinischen Bedarfs und bei den<br />

Lebensmitteln durch die Mitgliedschaft in einem bundesweiten Zentraleinkauf Konditionen<br />

genutzt werden, wie sie auch ein Konzern bzw. Klinikverbund erhält.<br />

Die Gremien des Fördervereins werden kontinuierlich über die Entwicklungen im<br />

Tessinum informiert:<br />

• Der Vorstand wird in seinen Sitzungen regelmäßig durch den Geschäftsführer des<br />

Tessinums über die aktuelle Situation in der Einrichtung in Kentnis gesetzt.<br />

• Einmal jährlich findet eine Mitgliederversammlung statt.<br />

• Der Aufsichtsrat erhält regelmäßig durch den Geschäftsführer Informationen<br />

über die wirtschaftliche Situation, die Entwicklung sowie über die Planvorhaben des<br />

Unternehmens.<br />

Ein weiterer Vorteil der Organisationsstruktur sind neben den Synergie-Effekten sicherlich<br />

die generell transparenten und kurzen Entscheidungsprozesse im Unternehmen.<br />

Da Vertreter aller GmbHs in der Geschäftsleitung sind, können hier alle relevanten<br />

Entscheidungen vor Ort beraten und getroffen werden. Es sind keine weiteren<br />

Abstimmungen, wie zum Beispiel in Klinikverbünden, notwendig.<br />

Es besteht zwar die Notwendigkeit, Überschüsse für erforderliche Investitionen zu<br />

erwirtschaften, jedoch kein Renditedruck, wie in privat geführten Unternehmen. Durch<br />

die Gemeinnützigkeit ist außerdem gesichert, dass sämtliche Überschüsse wieder in<br />

das Unternehmen fließen und somit ausschließlich den Patienten, Bewohnern und<br />

Mitarbeitern zugutekommen.<br />

Allerdings bringt diese Organisationsstruktur in finanzieller Hinsicht auch Risiken mit sich.<br />

So müssen eventuell entstandene Verluste im Unternehmen selbst aufgefangen werden,<br />

da der Förderverein als Träger über keine großen Kapitalreserven verfügt. Um das wirtschaftliche<br />

Risiko bei einem möglichen Belegungsrückgang im Therapiezentrum oder,<br />

wie aktuell geschehen, bei einer Vergütungsabsenkung der ambulanten Pflegeleistungen,<br />

zu minimieren, wurden die Bereiche 2008 in einzelne GmbHs aufgegliedert.<br />

Das Personalmanagement wird für alle Gesellschaften gemeinsam betrieben. Das Tessinum<br />

ist Ausbildungsbetrieb für Altenpfleger und Praktikumsbetrieb für Krankenpfleger,<br />

Physiotherapeuten und Ergotherapeuten. Es besitzt auch eine Weiterbildungsermächtigung<br />

für Geriater. Durch das breit gefächerte Angebot werden sowohl eigene<br />

Nachwuchskräfte rekrutiert als auch der Bekanntheitsgrad des Gesamtunternehmens<br />

nach außen vergrößert.<br />

66


Dies ist auch unter dem Aspekt der älter werdenden Belegschaft im Tessinum wichtig,<br />

zumal die ungünstige Altersstruktur im Mecklenburg-Vorpommern mit prozentual den<br />

wenigsten jungen Menschen die Arbeitskräftesuche erheblich erschwert.<br />

Damit die Mitarbeiter im Beruf gesund älter werden können, bietet das Tessinum seit<br />

zweieinhalb Jahren verschiedene Möglichkeiten zur Betrieblichen Gesundheitsförderung<br />

an. Dies ist auch mit den eingeschränkten finanziellen Ressourcen einer gemeinnützigen<br />

Einrichtung möglich und wird als ein Baustein für die Gestaltung von alter(n)sgerechten<br />

Arbeitsplätzen angesehen.<br />

Fazit<br />

Die dargestellte Struktur mehrerer Gesundheitsanbieter unter dem Dach einer Mutter-<br />

GmbH mit einem Förderverein als Hauptgesellschafter hat sich als solide und arbeitsfähig<br />

erwiesen. Die Mitglieder des Aufsichtsrates haben die Geschicke des Unternehmens mit<br />

Sachverstand im Blick. Mit jeder einzelnen GmbH wird der Gesamtstandort gestärkt und<br />

können zahlreiche Synergie-Effekte genutzt werden.<br />

Das Tessinum ist ein komplexes Gesundheitszentrum zur Betreuung älterer Menschen.<br />

Zum gemeinnützigen Träger gehören das Therapiezentrum für Geriatrie und Schlaganfall,<br />

das Pflege- und Betreuungszentrum, die Ambulante Alten- und Krankenpflege, Betreutes<br />

Wohnen sowie ein Dienstleistungsbereich (Küche, Technischer Dienst, Verwaltung).<br />

Gleichzeitig sind am Standort Tessinum viele weitere Gesundheitsanbieter für die Bevölkerung<br />

tätig: Physio- und Ergotherapie, niedergelassene Allgemeinmediziner und Fachärzte<br />

für HNO, Chirurgie, Orthopädie sowie Gynäkologie, eine Apotheke, logopädische<br />

und podologische Praxen sowie Hilfsmittelanbieter.<br />

67


68


Das Spremberger Modell<br />

Mitarbeiter des Krankenhauses als Mitgesellschafter und Mitgestalter<br />

von Kathrin Möbius<br />

Die Struktur der Spremberger Krankenhausgesellschaft, einem gemeinnützigen, privaten<br />

Träger des Krankenhauses Spremberg, ist in der deutschen Kliniklandschaft<br />

ungewöhnlich. Das Unternehmen gehört zu 51 Prozent den Mitarbeitern. Deren Ziel<br />

war es, mit dem Erwerb sowohl die Gemeinnützigkeit als auch die private Rechtsform<br />

zu erhalten, die medizinische Grundversorgung auf hohem Niveau zu sichern und über<br />

die weitere Entwicklung mitbestimmen zu können. Das funktioniert bis heute.<br />

Als im Jahr 1997 die Stadt Spremberg, damals Hauptgesellschafterin der Spremberger<br />

Krankenhausgesellschaft, Geschäftsanteile verkaufen wollte, waren viele Mitarbeiter des<br />

Krankenhauses nicht begeistert von der Vorstellung eines neuen Mehrheitseigentümers.<br />

Sie reagierten ziemlich schnell: Der noch im September 1997 auf Initiative des<br />

Betriebsrats gegründete gemeinnützige Förderverein Krankenhaus Spremberg e.V. (FKS)<br />

bewarb sich und setzte sich mit seinem Konzept gegen weitere Bewerber durch. Am 15.<br />

Mai 1998 wurde der Vertrag über den Verkauf und die Abtretung von 51 Prozent der<br />

Geschäftsanteile an den Förderverein Krankenhaus Spremberg e.V. notariell geschlossen.<br />

Für 153.000 DM hatten die Vereinsmitglieder die entsprechenden Stammkapitalanteile<br />

erworben. Der Verein wurde Mehrheitsgesellschafter und übernahm neben der Stadt<br />

Spremberg die Verantwortung als Krankenhausträger.<br />

Die Mitarbeiter hatten damit ein Ziel erreicht: Als Krankenhausträger kann der Verein<br />

seitdem sowohl die ethische, medizinische und ökonomische Zielsetzung der Entwicklung<br />

des Krankenhauses festlegen als auch die Einhaltung dieser Ziele kontrollieren. Er legt<br />

zudem die Maßnahmen fest, die von der Belegschaft des Krankenhauses zu verwirklichen<br />

sind, um diese Zielstellungen umzusetzen.<br />

Der Entscheidung der Gesellschafterversammlung ist u. a. vorbehalten:<br />

• der Erwerb oder Verkauf von Anlagegütern und Grundstücken<br />

• der Abschluss, die Änderung oder Aufhebung längerfristiger kostenintensiver<br />

• Verträge<br />

• die Aufnahme, Kündigung und Änderung von Darlehen und Krediten<br />

• die Bestätigung der Wirtschafts-, Investitions- und Stellenpläne<br />

• die Feststellung des Jahresabschlusses und die Wahl des Abschlussprüfers<br />

• die Entlastung der Geschäftsführung<br />

• der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Chefarzt- und<br />

Geschäftsführerverträgen<br />

Der Förderverein<br />

Zur Gründungsversammlung des Fördervereins Krankenhaus Spremberg e. V. im<br />

September 1997 waren 30 Mitarbeiter des Krankenhauses Spremberg anwesend.<br />

Inzwischen ist die Zahl der Vereinsmitglieder auf 248 angewachsen, wobei rund 90 v. H.<br />

Krankenhausmitarbeiter sind.<br />

69


Abbildung 1: Struktur der Spremberger Krankenhausgesellschaft mbH<br />

Ziele<br />

Der satzungsgemäße Zweck des Vereins besteht in der Absicherung der medizinischen<br />

Grundversorgung im stationären, teilstationären und ambulanten Bereich auf hohem<br />

Niveau im Versorgungsgebiet des Krankenhauses Spremberg. Der Förderverein verfolgt<br />

ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Wohlfahrtszwecke.<br />

Aufgaben<br />

Hauptaufgaben sind die Wahrnehmung der Verantwortung als Träger der Spremberger<br />

Krankenhaus-GmbH, die Erhaltung der medizinischen Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit<br />

des Krankenhauses als Haus der medizinischen Grundversorgung, die Förderung<br />

der Kooperation mit niedergelassenen Ärzten und anderen an der gemeindenahen<br />

ambulanten Betreuung Beteiligten, die Zusammenarbeit mit allen territorialen<br />

Organisationen der freien Wohlfahrtspflege und Körperschaften des öffentlichen<br />

Rechtes, Öffentlichkeitsarbeit, Mitwirkung bei der Organisation und Durchführung von<br />

Weiterbildungskursen sowie Mitarbeit in Ausschüssen der öffentlichen Hand und gesundheitspolitischer<br />

Gremien.<br />

Gesellschafterversammlung<br />

Das oberste Organ der Spremberger Krankenhausgesellschaft ist die Gesellschafterversammlung.<br />

In ihr sind beide Gesellschafter mit je vier Personen vertreten -<br />

70


die Stadt mit vier Abgeordneten, der Förderverein mit vier Vorstandsmitgliedern.<br />

Gesellschafterbeschlüsse sind mit Zweidrittel-Mehrheit zu fassen.<br />

Vorstand<br />

Im Vorstand des Fördervereins sind Mitarbeiter des wirtschaftstechnischen, des ärztlichen<br />

und des Pflegedienstes des Krankenhauses vertreten sowie ein Rechtsanwalt zur fachlichen<br />

Unterstützung des Vorstandes.<br />

Das Krankenhaus Spremberg ist ein Krankenhaus der Akutversorgung und wird seit<br />

dem 1. Januar 1992 in privater Trägerschaft der gemeinnützigen Spremberger Krankenhausgesellschaft<br />

mbH geführt. In den Fachrichtungen Chirurgie, Innere Medizin, Gynäkologie,<br />

Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik werden jährlich über 5000 Patienten<br />

stationär und über 10.000 Patienten ambulant behandelt. Seit Mai 1998 gehören<br />

51 Prozent der Geschäftsanteile dem Förderverein Krankenhaus Spremberg e.V., in dem<br />

rund 90 Prozent der Mitarbeiter Mitglied sind. Zu Gesellschaft gehören neben dem Krankenhaus<br />

zwei psychiatrische Tageskliniken, eine Poliklinik, eine Klinik-Verpflegungs- und<br />

Servicegesellschaft (zu 51 Prozent) sowie ein Kindergarten.<br />

Die Managementstrategie<br />

Intern:<br />

Die Gründung des FKS e. V. und die Übernahme von 51 v. H. der Gesellschafteranteile an<br />

der Spremberger Krankenhausgesellschaft mbH stellt die Verwirklichung eines partnerschaftlichen<br />

Modells der konkreten Mitarbeiterbeteiligung dar. Im Förderverein<br />

ist die Mehrzahl der Mitarbeiter des Krankenhauses organisiert. Sie haben damit Trägerverantwortung<br />

für ihr Krankenhaus übernommen und sich mit diesem identifiziert.<br />

Um den wachsenden Herausforderungen an das Krankenhaus zukünftig gerecht zu werden,<br />

war und ist es äußerst wichtig, die Chancen und Ressourcen dieses partnerschaftlichen<br />

Modells wirkungsvoll auszunutzen, um die Qualität der ambulanten, stationären<br />

und teilstationären medizinischen Leistungen auf hohem Niveau an jedem Arbeitsplatz<br />

zu sichern.<br />

Zur Managementstrategie gehört es daher, die Mitarbeiter mit ihren Kompetenzen ernst<br />

zu nehmen, Verantwortungen zu delegieren und sie in Entscheidungsprozesse stärker<br />

einzubeziehen. Voraussetzungen dafür sind die zeitnahe Vermittlung von Informationen<br />

und eine intensive Kommunikation mit den Mitarbeitern. Nur so werden praxisgerechte<br />

Lösungen gefunden und darüber hinaus auch die Motivation jedes Einzelnen gefördert.<br />

Dazu tragen die Vorstandsmitglieder in ihren unterschiedlichen Wirkungsbereichen bei.<br />

Darüber hinaus wird die Belegschaft regelmäßig zu Informationsveranstaltungen eingeladen,<br />

um ihr ausführlich die Grundlagen von Entscheidungen der Geschäftsführung und<br />

die Entwicklung des Krankenhauses zu erläutern.<br />

71


Im Unternehmen wird ein kooperativer Führungsstil angestrebt entsprechend dem<br />

zentralen Ansatz der Unternehmensphilosophie, die sich auf Patienten und Mitarbeiter<br />

orientiert.<br />

Alle Mitarbeiter sind wichtige Leistungsträger. Von ihrer Leistungsbereitschaft, Leistungsfähigkeit<br />

und Motivation wird die Qualität der Patientenbetreuung getragen.<br />

Die Tatsache, dass der Erfolg des Krankenhauses von der eigenen Arbeit und dem eigenen<br />

Verhalten abhängt, muss jedem Mitarbeiter verinnerlicht sein und sein Handeln<br />

bestimmen. Dazu gehört, dass Teamarbeit gefördert wird.<br />

Extern:<br />

Die Mitarbeiter des Krankenhauses erbringen ihre Leistungen direkt für die Bürger der<br />

Region. Deshalb präsentiert sich das Krankenhaus bürgernah. Voraussetzung hierfür ist<br />

eine umfassende Information im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Als Erfolg sehen wir, dass dem Förderverein des Krankenhauses Spremberg inzwischen<br />

auch Bürger und Firmen beigetreten sind, die das Krankenhaus unterstützen wollen.<br />

Das hat u.a. den Vorteil, dass sie als Mitglieder aktiv werden, über das Krankenhaus in<br />

ihrem Umfeld informieren und damit entscheidend zur Imagepflege beitragen.<br />

Sie machen uns aber auch auf Schwachstellen aufmerksam, die von außen leichter zu<br />

erkennen sind. Wir erwarten uns von ihnen auf diesem Wege zudem Anregungen und<br />

Ideen für die Verbesserung der Patientenbetreuung.<br />

Durch Presseveröffentlichungen, Tage der offenen Tür und eine offene Kommunikation<br />

gegenüber den Gremien der Stadt und der Region werden die Bürger über ihr<br />

Krankenhaus informiert.<br />

Krankenhaus Spremberg<br />

72


Erfolgsfaktoren<br />

Wesentliche Faktoren für einen Erfolg des partnerschaftlichen Eigentümermodells sind:<br />

Vertrauen<br />

• der Mitarbeiter in die Geschäftsführung<br />

• der Geschäftsführung in die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der<br />

Mitarbeiter<br />

Kooperation<br />

• durch partnerschaftlichen Führungsstil auf allen Leitungsebenen<br />

• durch Abbau hierarchischer Strukturen<br />

• durch Ernstnehmen und Akzeptanz der Mitarbeiter<br />

• durch Einbeziehung der Mitarbeiter in die Entscheidungsfindung<br />

• durch Delegation von Verantwortung<br />

• durch klare und transparente Entscheidungen des Managements<br />

Kommunikation<br />

• Aufbau einer Informationsstruktur unter Einbeziehung aller Fachebenen<br />

• Förderung des Gedankenaustauschs<br />

• Unterstützung externer und interner Wissensaneignung<br />

Die Historie<br />

Januar 1992 – Gründung der Spremberger Krankenhausgesellschaft als gemeinnützige<br />

private Trägergesellschaft für das Krankenhaus Spremberg. Gesellschafter sind zu je 20<br />

Prozent der Anteile die Stadt Spremberg und der Landkreis, zu 60 Prozent Privatpersonen.<br />

1996 bis 1997 – Veräußerung der Geschäftsanteile des Landkreises an die Stadt Spremberg,<br />

die privaten Anteile werden eingezogen, die Stadt ist damit alleinige Gesellschafterin.<br />

1997 – Die Stadt Spremberg sucht einen weiteren Gesellschafter, um den gemeinnützigen<br />

privaten Status der Gesellschaft wieder herzustellen.<br />

September 1997 – Gründung des Fördervereins Krankenhaus Spremberg e.V. auf Initiative<br />

der Mitarbeiter des Krankenhauses.<br />

Oktober 1997 – Bewerbung des Fördervereins (neben weiteren Interessenten) um die<br />

Mehrheitsanteile an der Spremberger Krankenhausgesellschaft mbH.<br />

Mai 1998 – Abschluss des Kaufvertrags zwischen der Stadt Spremberg und dem Förderverein.<br />

73


Fazit<br />

Die anfänglich gern als Experiment bezeichnete andere Form einer Trägerkonstellation<br />

und Führung eines Krankenhauses bewährt sich nunmehr seit 14 Jahren. Auch unter dem<br />

zunehmenden Kostendruck und stetig wachsenden Anforderungen ist unser Krankenhaus<br />

erfolgreich geblieben. Das dokumentieren steigende Patientenzahlen und die Tatsache,<br />

dass bisher keine Verluste auftraten.<br />

Jeder wird dem zustimmen, dass die Qualität der gesundheitlichen Betreuung in besonders<br />

hohem Maße von der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter<br />

geprägt wird. Deshalb stehen die Mitarbeiter gleichrangig mit den Patienten im<br />

Mittelpunkt des unternehmerischen Denkens und Handelns in unserem Krankenhaus. Das<br />

partnerschaftliche Eigentümermodell bietet hierfür günstige Voraussetzungen.<br />

Die Erreichung der anspruchsvollen Ziele ist ein langwieriger Prozess der auch in unserer<br />

Einrichtung noch nicht abgeschlossen ist. Es wird auch weiterhin viel Zeit und Mühe kosten<br />

um bestehende Hürden zu überwinden.<br />

74


Die Babyklappe am St. Adolf-Stift in Reinbek<br />

Eine Abwägung zwischen Bedenken und Rechtfertigungen<br />

von Lothar Obst<br />

Durch eine Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI), die Stellungnahme des<br />

Deutschen Ethikrates und das Eckpunkte-Papier des Bundesfamilienministeriums ist<br />

die kontroverse Diskussion über Babyklappen erneut entbrannt. Der Autor beteiligt<br />

sich an dieser Diskussion und stellt anhand der Babyklappe des Reinbeker St. Adolf-<br />

Stiftes dar, mit welchem Umfang, welcher Sorgfalt und welchem Durchdringungsgrad<br />

ein katholisches Ordenskrankenhaus die Einrichtung einer Babyklappe in internen<br />

Arbeitsgruppen und unter Zuhilfenahme externer Beratungsstellen und Behörden<br />

abgewogen und sich schließlich dafür entschieden hat.<br />

Babyklappen gibt es in Deutschland seit 1999. Seitdem sind rund 100 dieser Einrichtungen<br />

geschaffen worden, von kirchlichen und privaten Einrichtungen, aber auch<br />

von Krankenhäusern. Lübeck war nach Hamburg die zweite deutsche Stadt mit einer<br />

Babyklappe.<br />

Nach fast dreijähriger, sehr sorgfältiger, behutsamer und umfassender Vorbereitung<br />

wurde die Babyklappe am St. Adolf-Stift, Reinbek, am 5. Juni 2008 eingeweiht und eingesegnet.<br />

Inhaltlich auseinandergesetzt hatte sich das Krankenhaus mit diesem Gedanken aber<br />

bereits seit sechs Jahren. Eine zentrale Stellung nahm dabei die Frage ein: Darf – und<br />

wenn ja, nach welcher reiflichen Prüfung und substanzieller Begründung – ein katholisches<br />

Krankenhaus vorsätzlich eine rechtswidrige Einrichtung schaffen, vor der profunde<br />

und ernsthafte Stimmen warnten, so namhafte Hilfswerke, Adoptionsforscher,<br />

Psychologen und Juristen?<br />

Welche Rechtfertigung haben wir für unser Tun? Haben wir uns ausreichend und sorgfältig<br />

genug geprüft, um dieser Verantwortung gerecht zu werden?<br />

Die Einweihung einer Babyklappe ist keine Jubelfeier, sondern eine Mahnung, dem stillen<br />

Befehl treu zu bleiben, der uns immer wieder ruft, der uns für die Nöte des anderen<br />

sensibel und empfänglich macht.<br />

Es würde einem leichtfertigen Urteil entsprechen und ganz und gar lebensfremd sein,<br />

begegneten einem bei einem so gewichtigen Prozess wie der Entwicklung einer<br />

Babyklappe bisweilen nicht drängende Zweifel über die Richtigkeit des eigenen Tuns. Die<br />

Vorstellung, ein Mensch müsse schon immer so gewesen sein, wie ihn ein solcher Prozess<br />

schließlich formt, ist ganz und gar unhistorisch.<br />

Sozialpsychologische Bedenken<br />

Erste Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Babyklappen äußerte die Hannoversche<br />

Adoptionsforscherin Prof. Dr. Christine Swientek schon im Jahr 2002 auf einer Podi-<br />

75


umsdiskussion in der Katholischen Akademie in Berlin. Ein Jahr darauf sprach sich<br />

das Kinderhilfswerk »terre des hommes« gegen Angebote zur anonymen Geburt und<br />

Babyklappen aus.<br />

Wieder ein Jahr später erwog der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) die Schließung<br />

seiner damals bundesweit zwölf Babyklappen. Viele Juristen äußerten schließlich<br />

schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken. Mehrere Gesetzentwürfe zur<br />

Legalisierung der Babyklappen und der anonymen Geburt im Krankenhaus scheiterten<br />

oder wurden vertagt.<br />

Die kritischen Stimmen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:<br />

Das Ziel, mit anonymen Geburten und Babyklappen Schwangerschaftsabbrüche zu<br />

verhindern, sei unrealistisch. Studien bewiesen, dass auch über einen Rückgang von<br />

Kindesaussetzungen bzw. Kindestötungen keine gesicherten Erkenntnisse vorlägen. Es<br />

bestünde ein ausreichendes Netz an Beratungs- und Anlaufstellen. Die Krisensituationen<br />

der Mütter seien mit den bestehenden Beratungs- und Unterstützungsangeboten lösbar.<br />

Es würden mithin keine Notlagen vorliegen, die nicht im Rahmen des bestehenden<br />

Angebotes würden berücksichtigt werden können. In keinem der untersuchten Fälle sei<br />

das Leben der Mutter oder des Kindes akut bedroht gewesen, so dass alle Fälle durch<br />

Beratung handhabbar wären, die Mütter aber einer Vermeidungsstrategie gefolgt seien.<br />

Das Angebot der Babyklappen und anonymen Geburten schaffe die Nachfrage, würde<br />

in tragischem Ausmaß Findelkinder produzieren und befördere möglicherweise unverantwortliches<br />

und kurzsichtiges Handeln, unter dem Mütter wie Kinder später zu leiden<br />

hätten.<br />

Juristische Bedenken<br />

Das Bundesverfassungsgericht habe das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung<br />

zum Kernbereich der menschlichen Persönlichkeit zugehörig erklärt und es sei damit im<br />

Rahmen der freien Entfaltung der Persönlichkeit ein Recht von Verfassungsrang. Das Kind<br />

müsse aber mit einer unbekannten Abstammung leben und erleide so einen lebenslangen<br />

Rechtsverlust, während die Krisensituation der Mutter und die Bedrohung ihrer<br />

Rechte nur ein aktueller Zustand sei.<br />

Das medizinische Personal von Krankenhäusern habe kein Auskunftsverweigerungsrecht.<br />

Die Werbung sowie das systematische Anbieten und Fördern von Babyklappen und<br />

anonymen Geburten sei schließlich rechtswidrig.<br />

Immer wieder haben wir uns intensiv geprüft, ob die Bedenken gegen die Einrichtung<br />

einer Babyklappe nicht schwerer wögen als die Hilfe, die wir mit ihr anböten.<br />

Und schließlich: Darf ein Christ gegen das Gesetz verstoßen? Damit erst gar kein<br />

Missverständnis aufkommt: Auch ein weltanschaulich-konfessionelles Krankenhaus<br />

respektiert und befolgt natürlich die in einer Demokratie verfassungsgemäß zustandegekommenen<br />

Gesetze. Dem Staat schulden wir Loyalität gegenüber seinem Gesetz,<br />

Gott schulden wir Treue gegenüber seiner Botschaft. Deshalb geben wir dem Staat, was<br />

des Staates ist und Gott, was Gottes ist.<br />

76


Dieses unter juristischen Kategorien scheinbare Spannungsverhältnis ist bei der Form<br />

des Betriebs unserer Babyklappe, wie wir ihn gewählt und konzipiert haben, bis auf<br />

einen Punkt auflösbar. Selbstverständlich erkennen wir an, dass unsere Krankenhaus-<br />

Mitarbeiter kein Auskunftsverweigerungsrecht haben. Das in der Babyklappe niedergelegte<br />

Kind wird ausschließlich dem Jugendamt des Kreises Stormarn, den vorläufigen<br />

Pflegeeltern bzw. dem gerichtlich bestellten Vormund übergeben. Bei der Tagesfrist für<br />

die Anzeige richten wir uns nach § 25 des Personenstandsgesetzes. Es schließt sich ein<br />

reguläres Adoptionsverfahren an.<br />

Und schließlich und endlich werden wir selbstverständlich keine Werbung und kein systematisches<br />

Anbieten unserer Babyklappe vornehmen, ein Ansinnen, das von vornherein<br />

unseriös und der existenziellen Lebenssituation der Mütter und Kinder unangemessen<br />

und abträglich wäre. Wir stehen gewissermaßen mit offenen Armen bereit, um jene<br />

willkommen zu heißen, denen wir mit unseren Mitteln helfen können, ohne diese unsere<br />

Mittel anpreisen zu wollen.<br />

Recht auf Kenntnis seiner Abstammung<br />

Einen Gesichtspunkt freilich vermögen wir – zumindest im Moment – nicht zu lösen,<br />

nämlich die Verwirklichung des Rechtes des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung.<br />

Ein Erkennungszeichen, hinterlegt in der Babyklappe, hält den Weg für eine spätere<br />

Identifizierung und damit De-Anonymisierung offen.<br />

Ein Adoptivkind muss von Rechts wegen bis zum 16. Lebensjahr über seine leiblichen<br />

Eltern aufgeklärt werden – ein Menschenrecht.<br />

Bei den in einer Babyklappe niedergelegten Kindern ist ihre Herkunft in der Zukunft<br />

lösbar, im Übrigen genauso gut oder genauso schlecht wie bei den seit dem Mittelalter<br />

in einem Körbchen an einer Klosterpforte niedergelegten Findelkindern. Das Problem ist<br />

also nicht neu, und wir haben uns im St. Adolf-Stift um eine Lösung redlich bemüht. Der<br />

Schutz für die Mutter und der Respekt vor ihrer individuellen Lebenssituation gebietet<br />

es aber, unsere Hilfe in einem Schutzraum der Anonymität und des Vertrauens anzubieten,<br />

auf eine De-Anonymisierung der Eltern gerade nicht zu drängen und ihnen diesen<br />

Schritt nach reiflicher Überlegung für die Zukunft offenzuhalten. Doch ob überhaupt<br />

und wann jemand diesen Schritt gehen möchte, liegt allein in dem völlig freiwilligen<br />

Ermessen der Mütter bzw. der Eltern. Eine Mutter, die zu uns kommt bzw. deren extreme<br />

Lebenssituation sie zu uns spült, die soll nur eines wissen: Hier wird ihr und ihrem Kind<br />

geholfen. Wir werden uns gut um ihr Kind kümmern.<br />

Das juristische Spannungsverhältnis haben wir uns also bemüht, weitestgehend aufzulösen,<br />

von dem harten Urteil, eine Babyklappe sei rechtswidrig, sind wir mit unserer<br />

Konstruktion am St. Adolf-Stift weit entfernt.<br />

77


Briefe betroffener Mütter an ihre Kinder<br />

Doch was ist mit den anderen, ernsten Stimmen, deren Bedenken wir ernsthaft abzuwägen<br />

hatten und haben?<br />

Ein jeder stößt bei einer Sache nur insoweit zum Kern der Wahrheit vor, wie er sich mit<br />

den unmittelbaren Originalquellen auseinandersetzt. Ich räume freimütig ein, dass ich<br />

vor zehn Jahren, als wir erstmals im St. Adolf-Stift über die anonyme Geburt und eine<br />

Babyklappe nachdachten, ähnliche Bedenken hatte, wie ich sie hier schon vorgetragen<br />

habe.<br />

Schaffen wir nicht Anreize und Wege für schnelle Lösungen, dass die betroffenen Mütter<br />

sich gerade nicht mit ihrer Situation auseinandersetzen und möglicherweise vorschnell<br />

ihr Kind zur Babyklappe bringen? Erreichen wir diese Mütter mit fachlicher Beratung<br />

überhaupt? Wissen wir doch, dass sogar bei regulären Adoptionsverfahren viele Mütter<br />

langfristig Hilfe bei der psychischen Bewältigung dieser Situation benötigen. Gehen wir<br />

also mit einer Babyklappe den falschen Weg?<br />

In einer solchen Situation des Zweifels ist jeder dankbar dafür, wenn er die Möglichkeit<br />

hat, seine eigene »Damaskus-Erfahrung« zu machen.<br />

Die Babyklappe des St. Adolf-Stiftes<br />

78


Mein »persönliches Damaskus« habe ich am 23. Mai 2006 bei einem mehrstündigen<br />

Besuch bei Friederike Garbe im Agape-Haus in der Mengstraße in Lübeck erfahren. In diesem<br />

mittelalterlichen Privathaus in der historischen Altstadt Lübecks wurde die überhaupt<br />

erste Babyklappe in Schleswig-Holstein eingerichtet. Wir führten damals ein sehr langes<br />

Gespräch. Sie zeigte mir das ganze Agape-Haus, die Notunterkunft für Obdachlose und die<br />

Apartments, in denen Mütter mit ihren Kindern leben, diese zum Teil von Tagesmüttern<br />

betreut, damit die leiblichen Mütter ihrer beruflichen Beschäftigung nachgehen können.<br />

Und sie zeigte mir im Untergeschoss auch die Babyklappe und gab mir den Ordner zu<br />

lesen, in denen sich die Briefe der Mütter befanden, die diese ihren Kindern in der<br />

Babyklappe mitgegeben hatten.<br />

Erschütterndste Zeugnisse tiefster Verzweiflung waren da zu lesen. Diese Briefe sind ja<br />

in aller Regel die einzigen Quellen, die einen Zugang zur Seelenwelt dieser Frauen eröffnen.<br />

Viel mehr als diese Briefe kennen wir in aller Regel nicht von ihnen. In Kenntnis<br />

der Lektüre dieser erschütternden Briefe bin ich fest davon überzeugt, dass keine der<br />

damals fünf Verfasserinnen eine potenzielle Kindsmörderin wäre oder auch nur im<br />

Ansatz überhaupt hätte sein können. Im Gegensatz nämlich zu Tötungsdelikten haben<br />

diese Frauen ihre Schwangerschaften bewusst wahrgenommen, durchlebt und durchlitten.<br />

Hier liegen gerade keine sog. ignorierten bzw. verdrängten Schwangerschaften<br />

mit Panik in der Geburtssituation vor. Bei Frauen mit Tötungsdelikten versagen die<br />

Problemlösungsstrategien lediglich auf die mit Scham besetzte Schwangerschaft. Diesen<br />

Frauen ist es nicht möglich, eine bewusste Entscheidung für eine anonyme Geburt oder<br />

die Abgabe des Kindes in der Babyklappe zu treffen. Ganz anders aber bei den Müttern,<br />

die ihr Kind einer Babyklappe anvertrauen. Aus ihren Briefen spricht Scham über das<br />

Eingeständnis eigenen Versagens, mit der neuen Lebenssituation fertigzuwerden, die<br />

Überforderung in der Wahrnehmung der Verantwortung für ein Kind, Verzweiflung, sich<br />

schließlich nicht mehr anders helfen zu können – bewusste Denkvorgänge also, an deren<br />

Ende die Entscheidung für die Babyklappe steht.<br />

Und ein Weiteres spricht unüberseh- und unüberhörbar aus diesen Briefen: Zuneigung<br />

und tiefe Liebe einer Mutter zu ihrem Kind. Sie wünscht sich nichts sehnsüchtiger als den<br />

Umstand, dass es ihrem Kind anderswo besser ergehen möge, als sie es ihm selbst in<br />

Kenntnis ihrer Lebenslage zu ermöglichen imstande wäre. Ein Urteil wage ich: Keine Frau,<br />

die ihr Kind in einer Babyklappe niederlegt, wäre in der Lage, es umzubringen. Eine Frau,<br />

die ihr Kind in einer Babyklappe niederlegt, wäre nicht einmal dazu in der Lage, ihr Kind<br />

in einer Gefahrensituation auszusetzen, wo es unbeobachtet bleibt, vielleicht Schaden<br />

nehmen könnte. Der Vorfall am Hannoverschen Friederikenstift war ein bedauerliches,<br />

aber letztlich technisches Versagen der Klappvorrichtung. Viel eher nehmen die Mütter in<br />

Kauf, bei der Niederlegung ihres Kindes sogar entdeckt zu werden. Dazu geht die Mutter<br />

inmitten eines Volksfestes in die belebte Lübecker Altstadt und legt ihr Kind in die Klappe<br />

in der Mengstraße, jederzeit gefährdet, entdeckt zu werden.<br />

79


Soziale und religiöse Rechtfertigungen<br />

Schrauben wir also den Anspruch unserer Babyklappe am St. Adolf-Stift von vornherein<br />

herunter. Sie wird kein Leben retten, weil sie kein Leben zu retten braucht – die »Anerkennung«<br />

der Lebensrettung steht den bescheidenen Mitteln unserer Hilfestellung nicht gut<br />

zu Gesichte. Mut vor der konkreten Situation ist angebracht. Zurückhaltung in der Publizität<br />

legen wir uns auf. Spielen wir uns also nicht zu »Lebensrettern« auf, die wir nicht sind. Die<br />

Babyklappe ist nichts anderes als die Klosterpforte des 21. Jahrhunderts.<br />

Wenn wir mit alldem auch letzte Kritiker nicht zu überzeugen vermögen, weil sie uns<br />

noch immer entgegenhalten, damit keine Schwangerschaftsabbrüche, Tötungen und Aussetzungen<br />

von Säuglingen zu verhindern und wegen der Anonymität des Niederlegungsvorganges<br />

Beratungs- und Hilfsangebote zu unterlaufen sowie die betroffenen Frauen<br />

schließlich nicht zu erreichen. Wenn also letztlich all das im Raume stehenbleibt, sollen<br />

wir dann in Gottes Namen diesen Müttern und ihren Kindern nur deshalb nicht helfen,<br />

weil sie hinlänglich nicht in ein übliches Raster passen? Dürfen wir als überzeugte Christen,<br />

als weltanschaulich-konfessionelle Einrichtung, Hilfe dort verweigern, wo vieles gegen sie<br />

spricht, eine vermeintliche Gesetzesloyalität sie vielleicht sogar einklagen könnte, wo sie<br />

aber dennoch vonnöten und vor allem uns selbst objektiv möglich ist?<br />

Die Babyklappe ist immer die ultima ratio – für alle Beteiligten.<br />

Und zum Kronzeugen dessen rufen wir den Apostelfürsten Simon Petrus an, den Fels, dem<br />

Christus selbst die Schlüssel des Himmelreiches übergeben und auf diesem Fels er seine<br />

Gemeinde gebaut hat, wenn eben jener Petrus, als ihm mit Ernst geboten wurde, nicht im<br />

Namen Christi zu lehren, in der Apostelgeschichte antwortet und spricht: »Man muss Gott<br />

mehr gehorchen als den Menschen.«<br />

Damit ist alles gesagt. Damit ist die Grenze gezogen, über die wir als weltanschaulich-konfessionelles<br />

Krankenhaus nicht hinweggehen. Und in gut verstandener, geschwisterlicher,<br />

ökumenischer Verbundenheit würde ein Doktor der Theologie, Martin Luther, voll Überzeugung<br />

davon, dass jene Mütter, um die es hier geht, nicht der Verdammnis anheimfielen,<br />

sondern allein durch die Gnade Christi gerettet würden, vielleicht sagen: »Ich stehe hier.<br />

Ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen.«<br />

Wir haben uns also entschieden. Nicht reißerisch und spektakulär. Wir haben uns entschieden<br />

für das Leben, weil es nur durch Gott geschenkt ist. Wir haben uns entschieden für den<br />

Menschen, weil ihn Gott zu seinem Bilde schuf.<br />

Wir haben uns entschieden für die Hilfesuchenden, für die Mütter und ihre niedergelegten<br />

Kinder, weil uns im Hilfesuchenden der leidende Christus selbst begegnet.<br />

»Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.« Das ist gewissermaßen die Frontlinie,<br />

hinter die wir nicht mehr zurückrücken können.<br />

Die Prüfung war damit abgeschlossen.<br />

80


Doch der Mensch kann nur Mensch werden, wenn nach seiner Geburt Menschen da sind,<br />

für ihn, mit ihm. Ein neugeborenes Kind braucht, um leben zu können, Luft und Wärme,<br />

Nahrung und Zuwendung, Pflege, Geborgenheit und Kontakt. Genau dies ist der zentrale<br />

Inhalt der Babyklappe am St. Adolf-Stift. Da es sich in der Regel nicht um krankenhauspflichtige<br />

Säuglinge handelt, wird das Kind nach der ersten kinderärztlichen Untersuchung<br />

sofort in Abstimmung mit dem Jugendamt des Kreises Stormarn in die Obhut vorläufiger<br />

Pflegeeltern übergeben. Dort erfährt es Wärme, Zuwendung, Pflege und Geborgenheit.<br />

Wir wissen nicht, ob wir die Trennung von der leiblichen Mutter durch irgendein anderes<br />

Hilfsangebot kompensieren können. Gleichwohl können wir uns aber vorstellen, dass wir<br />

für die Liebe der leiblichen Mutter einen – dem Grunde nach leider gar nicht möglichen –<br />

Ersatz schaffen müssen. So gut es geht.<br />

Mitwirkende Beratungsstellen und Behörden<br />

Die Babyklappe am St. Adolf-Stift ist schließlich nach einem gut dreijährigen intensiven<br />

Informations-, Abstimmungs- und Diskussionsprozess unter Beteiligung einer ganzen<br />

Reihe externer Beratungsstellen und Behörden sowie vieler Mitarbeiter des Krankenhauses<br />

entstanden. Im Einzelnen haben daran mitgearbeitet:<br />

Externe Beratungsstellen und Behörden:<br />

• Verein »Hilfe für Schwangere in Norddeutschland e. V.«<br />

• Beratungszentrum Süd-Stormarn in Reinbek<br />

• Bürgervorsteherin der Stadt Glinde<br />

• Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Glinde<br />

• Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Reinbek<br />

• Jugendamt des Kreises Stormarn<br />

• Agape-Haus, Lübeck<br />

Mitarbeiter des St. Adolf-Stiftes:<br />

• Chefarzt und Leitende Oberärztin der Frauenklinik<br />

• Leitende Hebamme<br />

• Ev.-Luth. Pastorin sowie kath. Pfarrer des Krankenhauses (ökumenische Kranken<br />

haus-Seelsorge)<br />

• Ordensfrauen der Kongregation der Schwestern von der hl. Elisabeth (Krankenhausträger)<br />

• Pflegedirektor und Stv. Pflegedirektorin<br />

• Mitarbeiter der Technischen Betriebsleitung sowie der Wirtschaftsabteilung.<br />

Die Projektphase wurde von der Gesundheitsabteilung des Schleswig-Holsteinischen<br />

Sozialministeriums fortlaufend kooperativ und kritisch wie durch die Zurverfügungstellung<br />

neuester wissenschaftlicher Forschungsergebnisse begleitet. Dies hat uns geholfen,<br />

voreilige Euphorie zu bremsen, Irrwege zu vermeiden und auf Bedenken sachlich<br />

und angemessen einzugehen: Gewissermaßen eine selbstgewählte Prävention zur Vermeidung<br />

vor Überheblichkeit.<br />

81


Hoffentlich überflüssig<br />

Die Babyklappe am Reinbeker St. Adolf-Stift ist eingerichtet und eingesegnet. Ein langer<br />

Prozess der Abwägung aller Meinungen, der eigenen, nachhaltigen Prüfung ging zu Ende.<br />

Die Entscheidung ist gefällt. Voll Vertrauen können sich Frauen an uns wenden. Hier finden<br />

sie Schutz und Hilfe für ihre Probleme. Ihre Kinder heißen wir als Geschenk Gottes willkommen.<br />

Wir werden uns um sie kümmern. Und wir werden ihnen versprechen, für sie in<br />

gleicher Weise zu sorgen, als wären es unsere eigenen Kinder.<br />

Zum Schluss bleibt ein Wunsch bei all der Arbeit, die über die vielen Jahre für das Zustandekommen<br />

dieses Projektes notwendig war: dass diese Arbeit schließlich doch überflüssig<br />

sein möge, dass nämlich diese Babyklappe am St. Adolf-Stift möglichst wenig, wenn überhaupt<br />

gar nicht, von einer Mutter benutzt werden müsste.<br />

Wir haben etwas geschaffen, von dem wir wissen, dass es gebraucht werden könnte<br />

und von dem wir noch mehr hoffen, dass es nicht gebraucht werden muss.<br />

Ende 2011 veröffentlichte das Deutsche Jugendinstitut (DJI) eine Studie, nach der<br />

für den Zeitraum seit 1999 der Verbleib von etwa 200 anonym geborenen oder in<br />

einer Babyklappe abgelegten Kindern ungeklärt sei. Schon 2009 brandmarkte der<br />

Deutsche Ethikrat Babyklappen als »ethisch und rechtlich sehr problematisch« und<br />

forderte die Politik auf, entsprechende Angebote zur anonymen Geburt zu entwickeln.<br />

In einem Eckpunktepapier von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder vom April<br />

<strong>2012</strong> formulierte die Bundesregierung das Ziel, Babyklappen langfristig durch die<br />

»vertrauliche Geburt« in Krankenhäusern zu ersetzen; anonyme Geburten soll es in<br />

Deutschland dagegen nicht mehr geben. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung<br />

soll noch in diesem Jahr ins Parlament eingebracht werden.<br />

82


Erfolgsmodell Entscheiderfabrik<br />

Krankenhaus-Erfolg durch optimalen IT-Einsatz<br />

von Dr. Pierre-Michael Meier<br />

Es ist ein Erfolgsmodell: Seit 2006 gibt es die Arbeits- und Kommunikationsplattform<br />

Entscheiderfabrik zur Förderung eines optimalen Einsatzes der Informations- und<br />

Medizintechnik (IMT) in deutschen Krankenhäusern. Im Mittelpunkt des Konzeptes<br />

stehen die 5 IT-Schlüssel-Themen. Sie verbinden Krankenhäuser und Industrie-<br />

Unternehmen mit dem Ziel, gemeinsam Lösungen für viele Herausforderungen in den<br />

Klinikprozessen mit Hilfe der IMT zu finden. Treiber dieser Entwicklung sind in erster<br />

Linie die Unternehmensführungen der Krankenhäuser und Entscheider im Bereich<br />

der IT und der Medizintechnik. Der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands<br />

(<strong>VKD</strong>) ist von Anfang an dieser wichtigen Initiative verbunden und fördert die<br />

Projekte, die daraus entstehen.<br />

Die Entscheiderfabrik bündelt Expertenwissen aus den unterschiedlichsten Bereichen<br />

– auch Industrieverbände, Krankenversicherungen, andere Akteure der Gesundheitsbranche<br />

sind mit dabei. Ein strukturierter Informationsaustausch sorgt dafür, dass<br />

zukunftsweisende Trends und Entwicklungen erkannt und in Projekte umgesetzt werden.<br />

Seit 2008 werden jährlich fünf IT-Schlüssel-Themen aus einer Vielzahl von Vorschlägen<br />

von Klinik- und IMT-Leitungen notariell begleitet gewählt und in Projektgruppen in der<br />

Praxis bearbeitet. Auch hier wieder sind alle drei »Sparten« beteiligt: Krankenhäuser,<br />

IT-Unternehmen und Beratungsunternehmen. Regelmäßig berichten die Projektgruppen<br />

mehrmals im Jahr über ihre Erfahrungen dabei – über Fortschritte und natürlich auch über<br />

Schwierigkeiten. Zweimal jährlich werden die Ergebnisse in einem IT-Branchenreport<br />

publiziert. Sämtliche Projektberichte seit 2008 stehen für die gesamte Branche zur<br />

Verfügung.<br />

Doch nicht nur die unmittelbaren Projektergebnisse selbst sind wichtig. Im Prozess der<br />

gemeinsamen Arbeit wächst das Verständnis für die Sichtweisen, Kompetenzen und<br />

Notwendigkeiten der jeweils anderen Beteiligten. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt<br />

der Entscheiderfabrik, denn die IT-Branche war – und ist für viele Führungskräfte sicher<br />

noch immer – eine Black Box. Umgekehrt sind IT-Experten die Prozesse, Vorgehens- und<br />

Denkweisen in Krankenhäusern auch nicht immer so geläufig. Eine wichtige Rolle spielen<br />

hier die Projekt-Koordinatoren/Berater, die beide Seiten gut kennen und erfahren in den<br />

standardisierten Instrumenten und Methoden der Entscheiderfabrik sind.<br />

Erstmals werden in diesem Jahr die aktuellen fünf IT-Schlüssel-Themen in Summe in den<br />

<strong>Praxisberichte</strong>n des <strong>VKD</strong> vorgestellt. Sie wurden auf dem Entscheider-Event, der zentralen<br />

Auftaktveranstaltung jedes Jahres im Februar, notariell begleitet gewählt. Es folgte das<br />

traditionelle Sommer-Camp als Startschuss für die intensive Arbeit der Projektgruppen,<br />

ihr Thema gemeinsam auf den Weg zu bringen. Unterstützt wurden sie dabei von dem so<br />

genannten Feedbackgeber. Die erste große Präsentation der Projektergebnisse durch die<br />

Teams erfolgt im Rahmen des Deutschen Krankenhaustages auf der Medica im November<br />

in Düsseldorf. Auch in diesem Jahr wird zweimal der »IT-Branchenreport der Krankenhaus-Unternehmensführung«<br />

mit vielen Informationen rund um die fünf IT-Schlüssel-<br />

Themen, die Projektergebnisse sowie weitere Veranstaltungen veröffentlicht.<br />

83


Auf den folgenden Seiten geben die Projektteams einen ersten Überblick über ihre Arbeit<br />

und machen neugierig auf die immer sehr lebhaften, interessanten, differenzierten<br />

Berichte im Herbst.<br />

Umfangreiche Informationen über Termine und Themen finden Interessenten unter<br />

www.ENTSCHEIDERFARIK.com<br />

84


Speicherung und Aufbewahrung<br />

großer Datenmengen<br />

Effizientes Management der Massen an medizinischen und administrativen Daten<br />

unter Berücksichtigung von Zukunfts- und Investitionssicherheit<br />

von Dr. Andreas Zimolong, Gerhard Härdter, Gunther Nolte, Claus Zuppa<br />

Die technische Entwicklung bringt laufend kleinere und leistungsfähigere Technik auf<br />

den Markt, welche alle privaten und geschäftlichen Bereiche durchdringt. Dies führt<br />

zu einer zunehmenden Computerisierung aller Geschäftsprozesse in den Kliniken.<br />

Dabei profitiert das Krankenhaus nicht nur von Verbesserungen in den Bereichen<br />

Diagnostik und Therapie, sondern die technische Entwicklung führt auch zu einer<br />

Änderung der Geschäftsprozesse. Die Menge an Daten wächst beständig und bringt<br />

neue Herausforderungen mit sich. Das Klinikum Stuttgart und das Klinikunternehmen<br />

Vivantes – Netzwerk für Gesundheit in Berlin stellen sich gemeinsam mit Experten<br />

der Hewlett Packard GmbH und dem Beratungsunternehmen Synagon GmbH diesen<br />

Herausforderungen.<br />

Eine zunehmende Vielfalt an mobilen Endgeräten ermöglicht den mobilen Zugriff auf<br />

Daten und deren Verarbeitung. Anwender können an jeder Stelle im Krankenhaus auf<br />

Daten zugreifen oder Daten erfassen und sind so nicht mehr an stationäre Arbeitsplätze<br />

gebunden. Bedingt durch die einfachere Datenerfassung nimmt auch die Menge an<br />

erfassten Daten zu, wobei mit den neuen Endgeräten auch vielfach neue Applikationen<br />

eingeführt werden. Um dabei keine Insellösungen entstehen zu lassen und die Daten<br />

in nachfolgenden Prozessen nutzen zu können, sind Schnittstellen in die etablierten<br />

Systeme (KIS, PACS, elektronisches Archiv, etc.) notwendig. Da Anwender neben den<br />

mobilen Endgeräten auch weiterhin die etablierten Systeme an stationären Arbeitsplätzen<br />

benutzen, müssen sie immer die Daten in der ihnen zugeordnete Arbeitsumgebung wiederfinden.<br />

Synchronisierung zwischen verschiedenen Endgeräten und damit Duplizierung<br />

der Daten ist nur eine Übergangstechnologie, da mit jedem neuen Endgerät der<br />

Datenbestand, aber nicht der Informationsbestand, zunimmt.<br />

Nicht nur das Synchronisieren von Geräten und Systemen dupliziert den Datenbestand,<br />

auch die elektronischen Kommunikationsprozesse führen zu einer Duplizierung. Dies<br />

lässt sich sehr anschaulich im Bereich der Email-Kommunikation feststellen, wo<br />

Informationen in Form von Dateien nicht nur an einen, sondern gleich an eine Vielzahl<br />

von Empfängern »zur Information« in Form von CC (Carbon Copy, vergleichbar dem<br />

Kohlepapierdurchschlag) versendet werden.<br />

Computerisierung findet sich auch in den Bereichen Medizin- und Haustechnik. Die zunehmend<br />

feine Sensorik von Medizingeräte erzeugt immer detailliertere Informationen, so<br />

dass einzelne Untersuchungen bei neuen Gerätegenerationen im Vergleich zur vorherigen<br />

größere Datenvolumina erzeugen. Darüber hinaus werden neuere Medizingeräte<br />

in der Regel mit Netzwerkschnittstellen ausgeliefert, über die nicht nur auf die patientenrelevanten<br />

Daten zugegriffen wird, sondern über die auch die Geräteverwaltung<br />

und –administration erfolgt. Damit werden neben den patientenspezifischen Daten auch<br />

85


administrative Daten erzeugt, welche die Datenbestände weiter erhöhen. Im Bereich der<br />

Haustechnik gibt es vergleichbare Trends, auch hier finden sich immer mehr Geräte und<br />

Sensoren, welche mit Intelligenz und Kommunikationstechnik ausgestattet werden und<br />

administrative Daten für das Facility Management erzeugen.<br />

Die Datenbestände wachsen aber nicht nur bedingt durch immer neuere oder hochauflösendere<br />

Sensorik. Auch der reguläre Behandlungsprozess führt mit immer wieder<br />

neuen Patienten und Untersuchungen bei gleichzeitiger Archivierung und Sicherung<br />

der vorhandenen Daten zu einem kontinuierlich anwachsenden Datenbestand. Bei<br />

Archivierungsfristen bis zu 30 Jahren können erst danach die Daten gelöscht werden,<br />

in den meisten Bereichen sind elektronische Daten dieses Alters aber noch gar nicht<br />

vorhanden.<br />

Die Herausforderungen<br />

Systemunabhängiger Datenzugriff<br />

Auch bei einer Vielzahl an datenerzeugenden Systemen muss sichergestellt werden,<br />

dass die Daten den zugriffsberechtigten Personen in den nachgelagerten Prozessen zur<br />

Verfügung stehen, idealerweise unabhängig vom System. Nicht also der Zugriff darauf<br />

ist die Herausforderung, sondern die systemunabhängige Bereitstellung der Daten.<br />

Zwingend müssen Dateninseln vermieden werden, welche den Zugriff auf Daten nur<br />

im datenerzeugenden System zulassen. In der Praxis stößt der systemunabhängige<br />

Datenzugriff jedoch schnell an Grenzen: So werden für den Datenaustausch zwischen<br />

Systemen Schnittstellen benötigt, deren Kosten sehr stark von der Motivation der<br />

Systemlieferanten abhängen. Die einen wollen die Anwender an ihr System binden und<br />

die Daten nicht herausgeben, die anderen wollen die Daten lieber mit eigenen Modulen<br />

erzeugen und daher keine Daten von externen Systemen annehmen. Dabei spielt die<br />

technische Realisierbarkeit der Schnittstelle nur eine sehr untergeordnete Rolle. In der<br />

Regel haben sich mit DICOM, HL7 und IHE Profilen hinreichend viele Standards etabliert.<br />

Datenablage und Datenschutz<br />

Bedingt durch die Vernetzung der unterschiedlichen Systeme muss die Herausforderung<br />

gelöst werden, wo die Daten abgelegt werde, ohne sie zu duplizieren. Dies ist in<br />

aktuellen Systemkonfigurationen immer noch der Standard und führt mit jeder weiteren<br />

Vernetzung zu einem Anwachsen der Datenbestände, ohne das dabei auch<br />

der Informationsstand anwachsen würde. Aber nicht nur das damit verbundene<br />

Anwachsen der Datenbestände ist ein Problem, sondern auch die datenschutzrechtlichen<br />

Anforderungen müssen für jedes Informationsitem gelöst werden. Jeder Datenbestand<br />

muss die datenschutzrechtlichen Anforderungen erfüllen, beispielsweise:<br />

• Zugriffsschutzkonzept auf Objektebene<br />

• Dokumentation des Zugriffs auf Datenobjekte der Anwender und der Administratoren<br />

• Sichere Löschung der Datenobjekte nach Ablauf der Dokumentationsfristen<br />

• Herausgabe aller Datenobjekte an den Patienten<br />

Hier sind klar zentrale Datenbestände im Vorteil, da über Schnittstellen zwar Daten aber<br />

nicht Zugriffskonzepte ausgetauscht werden können.<br />

86


Datenarchivierung<br />

Das Krankenhaus steht zudem vor der Herausforderung, dass für Diagnose und Therapie<br />

relevante Daten über einen Zeitraum von bis zu 30 Jahren archiviert werden müssen.<br />

Dabei ist die eigentliche Archivierung eine Herausforderung, da bei einem alle 5 bis 10<br />

Jahre stattfindenden Technologiewechsel auch alle 5 bis 10 Jahre die Daten migriert<br />

werden müssen. Eine Datenmigration ist in der Regel nicht nur mit erheblichen Kosten<br />

verbunden, sondern benötigt auch viel Zeit: So transferieren gängige PACS die Daten mit<br />

Geschwindigkeiten von 0,5 bis 2 TB pro Woche, bei einem kleinen Datenbestand von 10<br />

TB ist dies bereits fast ein halbes Jahr.<br />

Zusammenfassend lassen sich die Herausforderungen wie folgt darstellen:<br />

Datenzuwachs:<br />

Anzahl der Informationseinheiten (z.B. mehr CT-Bilder)<br />

Größe der Informationseinheiten (z.B. höher auflösende CT-Bilder)<br />

Informationsquellen (z.B. Medizinprodukte)<br />

Steigerung der Anzahl der im Krankenhaus behandelten Patienten (Stichwort: Leistungsverdichtung),<br />

geschäftspolitisch (und nicht technisch) motivierte Datenspeicherung in<br />

Einzelsystemen<br />

Proprietäre Datenablage und –verwaltung<br />

Proprietäre Zugriffsberechtigungssysteme<br />

Duplizierung von Datenobjekten bei Datenaustausch zwischen den Systemen<br />

Rechtskonforme Datenarchivierung<br />

Datenschutz und Datenlöschung (Datenlebenszyklus)<br />

Datenlebensdauer vs. Lebensdauer System (Technologie)<br />

System-/Technologietausch ohne Datenverlust bei akzeptablen Kosten<br />

Die Aufgabenstellung<br />

Zentralisierte Verspeicherung<br />

Den eingangs benannten Herausforderungen kann durch eine Zentralisierung der<br />

Verspeicherung begegnet werden. Während dies im Bereich der Hardware vielfach<br />

bereits durch ein SAN (Storage Area Network) umgesetzt worden ist, werden die<br />

eigentlichen Speicherbereiche im SAN weiterhin individuell von den einzelnen Systemen<br />

genutzt. Über das SAN findet kein systemübergreifender Zugriff auf Datenobjekte statt.<br />

Der Grund hierfür liegt in der Differenzierung zwischen Daten- und Informationsobjekt<br />

– ein System kann nichts mit einem Datenobjekt anfangen, wenn es die darin gekapselten<br />

Informationen nicht interpretieren kann. Eine Datei mit einem Bild ist für ein<br />

PACS ohne Wert, wenn keine zusätzlichen Informationen das Bild als Röntgenbild mit<br />

einem Patientenbezug ausweisen. Der Schlüssel zu einer zentralen Verspeicherung von<br />

Informationsobjekten ist daher ein Verzeichnisdienst, welcher die Informationsobjekte<br />

systemübergreifend bereitstellt. Dabei muss sichergestellt werden, dass ein systemübergreifender<br />

Stand verwendet wird. Hierzu bietet sich IHE an.<br />

87


Anpassungsfähige Speicherarchitektur<br />

Neben der logischen Verspeicherung der Informationsobjekte wird eine Speicherarchitektur<br />

benötigt, welche eine dynamische Anpassung der Speichermodalität an den Bedarf<br />

erlaubt. Ziel muss es sein, dass bei Wechsel der Speichermedien keine Migration und kein<br />

Umkopieren notwendig sind.<br />

Lösungsszenarien und Gegenüberstellung<br />

Die Speicherarchitektur<br />

Für die Verspeicherung der Informationsobjekte bietet sich als Lösung ein Grid-Storage<br />

mit offenen Standard-Schnittstellen an. Damit werden drei wesentliche Themen adressiert:<br />

1. Skalierbarkeit<br />

Für die Datenfluten aus medizinischen Großgeräten sind monolithische Systeme ungeeignet,<br />

da sie zu Beginn der Inbetriebnahme notwendigerweise viele Kapazitäten für die<br />

weitere Nutzung bereitstellen und damit überdimensioniert und entsprechend teuer sind.<br />

Im Gegensatz dazu bietet der Grid-Ansatz die Möglichkeit, mit vergleichsweise kleinen<br />

Teilsystemen (Bausteine) ein virtuelles Gesamtsystem aufzubauen. Das Gesamtsystem<br />

wächst dabei mit dem Hinzufügen weiterer kleiner Bausteine. Die Überkapazitäten und<br />

damit das nicht genutzte Kapital fallen beim Hinzufügen neuer Bausteine entsprechend<br />

geringer aus. Im Verlauf der Nutzung lässt sich damit die Speicherkapazität immer flexibel<br />

dem Bedarf anpassen, wobei mit dem Hinzufügen weiterer Teilsysteme nicht nur die<br />

Kapazität sondern auch die Performance wächst.<br />

2. Problem der mehrfachen Datenmigration<br />

Mit dem Grid-Ansatz werden immer nur vergleichsweise kleine Teilsysteme peu à peu<br />

ersetzt. Das virtuelle Gesamtsystem bleibt dabei permanent online. Das Hinzufügen<br />

neuer Teilsysteme, die Evakuierung alter Teilsysteme und das »Betanken« der neuen<br />

Teilsysteme geschieht komplett im Hintergrund.<br />

3. Offene Schnittstellen<br />

Um ein offenes Repository standardisierter Datenobjekte zu realisieren, muss auch die<br />

Verwendung proprietärer APIs vermieden werden. Mit dem Grid-Ansatz werden mit<br />

CIFS und NFS die beiden am weitesten verbreiteten, offenen Standard-Schnittstellen der<br />

Industrie verwendet. Die das Speicher-Grid nutzenden Anwendungen sind beliebig wählbar/austauschbar,<br />

ebenso wie die dahinterliegende Hardware.<br />

4. Systemarchitektur<br />

Zentrale Elemente einer systemunabhängigen Verspeicherung und Bereitstellung von<br />

Informationsobjekten sind das IHE Repository, die IHE Registry sowie der MPI Generator.<br />

Die Informationsobjekte (auch allgemein Dokumente genannt in der IHE Nomenklatur)<br />

werden in Document Repositories verspeichert, von denen beliebig viele existieren<br />

können. Die IHE Registry verwaltet dagegen den Zugriff auf die Repositories anhand<br />

von Meta-Daten, welche die Art von zu einem Patienten gespeicherten Dokumenten<br />

sowie das diese Dokumente speichernde Repository beschreiben. Systeme können auf<br />

88


die im Repository gespeicherten Dokumente zugreifen, indem sie zunächst in Form<br />

einer Suchanfrage bei der Registry den Speicherort anfragen und anschließend auf die<br />

Dokumente im Repository zugreifen. Neben diesen Dokument Consumern sieht IHE auch<br />

mit der Document Source Akteure vor, welche Dokumente in ein Repository einstellen.<br />

Diese übertragen Dokumente in ein oder mehrere Repositories. Gleichzeitig wird damit<br />

entschieden, welche Dokumente über das Repository anderen Consumern zur Verfügung<br />

gestellt werden.<br />

Die Registry ist das zentrale Element für das Auffinden von zu einem Patienten gehörenden<br />

Dokumenten. Damit dies auch für Dokumente von unterschiedlichen Document<br />

Sources funktioniert, müssen die Patienten über eine systemübergreifend eindeutige<br />

Patientenkennung verfügen. Hierfür sieht IHE mit der Patient Identity Source einen<br />

separaten Akteur vor, welcher als einziger Patientenstammdaten zur eindeutigen<br />

Identifikation von Patienten anlegt oder ändert. Nur wenn die Patient Identity Source<br />

diese vorher angelegt hat, wird die Registry einen Verweis auf ein zu einem Patienten<br />

gehöriges Dokument übernehmen.<br />

Nicht alle von einem System zu einem Patienten gespeicherten Daten können als<br />

standardisierte Informationsobjekte, als Dokument, in ein IHE Repository verspeichert<br />

werden. Die Systeme behalten daher eigene, proprietäre Datenspeicher. Außerdem<br />

sieht der Standard für IHE Repositories auch keine eigene Implementierung des<br />

Informationslebenszyklus vor, d.h., dass die Abbildung der Archivierungsfristen für die<br />

einzelnen Dokumente nicht über das IHE Repository, sondern nur durch die einzelnen<br />

Document Sources erfolgen kann.<br />

Auch das Zugriffsberechtigungskonzept wird ausschließlich von den einzelnen Document<br />

Sources verwaltet. Mit dem IHE-Profil Audit Trail and Node Authentication<br />

(ATNA) wird eine Sicherheitsinfrastruktur implementiert, welche die grundlegenden<br />

Sicherheitsanforderungen an die mit den Repositories kommunizierenden Systeme formuliert.<br />

Die Authentifizierung der Benutzer obliegt allerdings den Systemen selbst. Mit<br />

weiteren IHE-Profilen (XUA bzw. XUA++) werden dann Informationen über authentifizierte<br />

Personen, Systeme und Anwendungen ausgetauscht.<br />

Die SWOT-Analyse<br />

Stärken:<br />

• Nicht-proprietäre Datenhaltung<br />

• Austauschbarkeit der Präsentations-/Applikationsschicht<br />

• IHE Viewer als Alternativzugriff für die Präsentationsebene<br />

• MPI über alle Systeme<br />

• Sektor übergreifende Kommunikation (mit anderen IHE-Domänen)<br />

• Das Haus bleibt Herr seiner Daten<br />

• Datenmigration/Datenerweiterung gelöst: auf Speicherebene über Grid-Storage,<br />

IHE-Repository ist übernehmbar<br />

89


Schwächen:<br />

• Innovativer Ansatz, entsprechend kein über Jahre am Markt bewährter Reifegrad<br />

• Zugriffsberechtigungskonzept muss abgebildet werden in den Applikationen<br />

• Inhaltlich nicht vollständig, bildet nicht alle Anforderungen/Prozesse aus der<br />

Praxis ab<br />

• Bricht das Prinzip der GU eines Anbieters – das Haus übernimmt Verantwortung<br />

• Es braucht (wenig verfügbares) Know-how und Ressourcen<br />

• Rechtskonforme Datenarchivierung weiterhin auf Applikationsebene<br />

• Datenschutz und Datenlöschung auf Applikationsebene<br />

Chancen:<br />

• Initiiert mehr fairen Wettbewerb zwischen den Applikationsanbietern<br />

• Erhöht die Innovationsbereitschaft<br />

• Auswahl der Anbieter/Lieferanten über Qualitätsmerkmale<br />

• Stärkere Einflussnahme auf den Funktionsumfang der Applikationen<br />

• Neue Geschäftsmodelle zwischen Lieferanten und Kunden durch Neuverteilung<br />

der Verantwortung<br />

Risiken:<br />

• Investition in eine Struktur, die von den Anbietern/Lieferanten nicht bedient wird<br />

• Zeitverzug in der Umsetzung aufgrund fehlender Investitionsbereitschaft<br />

Die Systemarchitektur – Übergangszeit mit eArchiv und PACS<br />

Mit elektronischem Archiv und PACS stehen im Krankenhaus Systeme zur Verfügung, welche<br />

als zentrale Datenquellen für die angeschlossenen Systeme genutzt werden können.<br />

Dabei behalten die Systeme jedoch ihre eigenen Datenspeicher, sie stellen lediglich<br />

definierte Informationsobjekte den Systemen eArchiv und PACS zur Verfügung. Sowohl<br />

eArchiv und PACS verfügen über Funktionen zur Langzeitarchivierung, die Objekte könnten<br />

daher nach der Übermittlung aus dem system-proprietären Datenbestand entfernt und<br />

der Datenbestand so reduziert werden. In der Praxis erfolgt dies jedoch nicht. Das hat<br />

unterschiedliche Gründe:<br />

• Die Daten werden in einem proprietären Format im systemspezifischen Datenbestand<br />

gespeichert. Würden sie aus diesem Datenbestand gelöscht, müssten sie<br />

bei Bedarf aus den Archivsystemen geladen werden, womit sich die Zugriffszeit<br />

verlängert. Diese verlangsamte Reaktionszeit macht sich direkt beim Nutzer<br />

bemerkbar und ist in der Regel nicht akzeptabel.<br />

• Während die Übertragung der Daten an die zentralen Archivsysteme nur eine<br />

unidirektionale Schnittstelle erforderlich macht, würde das Zurücklesen der<br />

Daten eine bidirektionale Schnittstelle erfordern. Die Kosten für die Schnittstelle<br />

verdoppeln sich daher. Da die Systemlieferanten ohnehin nur geringes Interesse<br />

an der Auslagerung der Daten haben, werden die Schnittstellenpreise entsprechend<br />

hoch angesetzt.<br />

90


• Ohnehin können nicht alle Daten an die zentralen Archivsysteme ausgelagert wer<br />

den, so dass das System weiterhin Zugriffsschutz und eine eigene Langzeitspeicherung<br />

vorsehen muss. Mit Auslagerung von Daten an die zentralen Archivsysteme<br />

würde sich daher ausschließlich der Datenbestand reduzieren. Da dieser bei den<br />

meisten Systemen sowieso vergleichsweise gering ist, rechnet sich der Aufwand<br />

nicht.<br />

Aus den genannten Gründen verbleiben die Daten in den jeweiligen Systemen, lediglich<br />

Kopien werden in den zentralen Archivsystemen abgelegt. Im Falle eines Wechsels müssen<br />

die Daten daher in das neue System migriert werden. Dieses ist mit den eingangs<br />

erwähnten Zeit und Kosten verbunden und erfahrungsgemäß nie vollständig möglich.<br />

Um die Migrierbarkeit insbesondere bei großen Datenbeständen zu bewahren, muss die<br />

Verspeicherung der Informationsobjekte in standardisierter Form in einem systemeigenen<br />

IHE Repository gefordert werden. Gleichzeitig müssen die Metadaten in einen IHE Registry<br />

abgelegt werden, um auch den systemunabhängigen Zugriff auf das Repository zu ermöglichen.<br />

Auch wenn die Registry dann durch andere Systeme nicht direkt ansprechbar ist<br />

– bei einem Wechsel des Systems können und sollten dann Registry und Repository als<br />

Ganzes in das neue System eingebunden werden. Eine Datenmigration entfiele.<br />

Folgende Chancen und Stärken lassen sich für diese Architektur identifizieren:<br />

• Bereitstellung von Informationsobjekten über die zentralen Systeme eArchiv und<br />

PACS<br />

• Keine Duplizierung der zentral gespeicherten Daten notwendig, um diese dem<br />

Anwender bereit zu stellen<br />

• Austauschbarkeit der Präsentations-/Applikationsschicht, so lange hierüber nur auf<br />

die zentral gespeicherten Informationsobjekte zugegriffen wird<br />

• Auf der Speicherebene ist die Datenmigration/Datenerweiterung gelöst über GRID-<br />

Storage<br />

• Rechtskonforme Datenarchivierung gelöst für die in den zentralen Archivsystemen<br />

befindlichen Daten<br />

• Mehr Auswahl an Applikationen auf der Präsentationsschicht, so lange der Zugriff<br />

auf die zentral gespeicherten Informationsobjekte ausreichend ist<br />

Dem stehen folgende Schwächen und Risiken gegenüber:<br />

• Abhängigkeit von den Lieferanten PACS und eArchiv, Datenmigration geht bei<br />

fehlender interner IHE Registry nur über das Migrieren der Daten<br />

• Kein Master Patient Index (MPI), d.h., dass die Zuordnung zu Patienten nur über das<br />

Patienten führende System erfolgen kann<br />

• Anbieter spezifische Datenablage, Zugriffsberechtigungskonzept und<br />

Langzeitspeicherung<br />

91


Die Praxisprojekte<br />

Erste Umsetzungsetappen in der Praxis der an diesem Projekt der Entscheiderfabrik <strong>2012</strong><br />

beteiligten zwei Klinikunternehmen sind erfolgreich verlaufen.<br />

Klinikum Stuttgart<br />

Am Klinikum Stuttgart wurden erste Schritte zur Umsetzung einer Grid und IHE-Speicherarchitektur<br />

unternommen. Ausgehend von vier Standorten mit jeweils eigenem RIS/PACS,<br />

in Summe 83 bildgebende Modalitäten (19 davon mit >5.000 Bilder pro Untersuchung),<br />

konnte der Zugriff auf die Krankengeschichte eines Patienten aus allen vier Häusern realisiert<br />

werden. Hierzu wurde über alle Standorte ein gemeinsames RIS und PACS realisiert.<br />

Die RIS-Daten sollten strukturiert und nicht als PDF archiviert werden, hierfür kam ein IHE<br />

Speicher der Fa. Tiani Spirit zum Einsatz. Bei einem Betrachtungszeitraum von 10 bis 30<br />

Jahren stellte sich die Migration in den IHE- Speicher im Vergleich zu einer Migration in das<br />

neue RIS nahezu kostenneutral dar.<br />

In den vier PACS hatten sich über 10 Jahren insgesamt ca. 80 TB an Daten angesammelt,<br />

welche mit einer Transferrate von 0,5 bis 2 TB pro Woche (DICOM Export) in das neue<br />

PACS migriert werden. Als Speicherarchitektur kommt der HP GRID-Speicher zum Einsatz.<br />

Ein einfacher Ausbau des Datenspeichers und Austausch einzelner Speicherkomponenten<br />

ist damit möglich.<br />

Für den Zugriff auf die RIS-Befunde konnte damit ein Ausfallkonzept realisiert werden,<br />

da jetzt auch mit RIS-unabhängigen Viewern die Darstellung der strukturierten Dokumente<br />

aus dem IHE Repository möglich ist. Das Repository bildet auch die Plattform für die Verspeicherung<br />

weiterer Anwendungsdaten, beispielsweise ist die Übernahme von SAP Datenobjekten<br />

sowie die Ablage des Inhaltsverzeichnisses für die PACS-Objekte geplant. Des<br />

Weiteren sollen fachbereichsspezifische DICOM-Viewer (z. B. Echokardiologie, Herzkatheter)<br />

realisiert werden.<br />

Vivantes Netzwerk für Gesundheit<br />

In den Einrichtungen der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH sind die Planungen für<br />

die Umsetzung der IHE-Speicherarchitektur in vollem Gange. Ausgehend von vertikal-monolithischen<br />

klinischen Systemen mit gekapselter produktspezifischer Datenmodell-, Businesslogik-<br />

und GUI- Architektur soll ein DMS als elektronisches Archiv (eArchiv) zum Einsatz<br />

kommen. Es soll die revisionssichere, dokumentenechte Archivierung auf Basis eines<br />

IHE Repositories realisieren. Hierfür muss es eine unabhängige und entkoppelte 3-Schichtarchitektur<br />

mit den Elementen Datenspeicherung, Businesslogik und Präsentationsebene<br />

umsetzen. Hierzu wird zunächst ein IHE Repository aufgebaut und anschließend in dieses<br />

aus den unterschiedlichen Systemen Informationsobjekte überspielt. Hierauf setzen dann<br />

die DMS-Funktionalitäten auf.<br />

Durch den Aufbau des IHE Repositories wird die Hoheit über die eigenen Datenbestände<br />

gesichert, die Flexibilität und Handlungsfähigkeit im Hinblick auf Marktentwicklungen<br />

deutlich verbessert. Außerdem ergibt sich eine Verbesserung der Konzernhardwarearchitektur<br />

durch Minimierung der Server-, Datenbank-, Schnittstellen- und Kommunikationsserverkomponenten.<br />

92


Fazit<br />

Die ubiquitäre Erfassung und Nutzung von Daten stellt einen Schlüssel für den Erfolg von<br />

Diagnostik und Therapie dar. Es muss erreicht werden, dass Daten nicht nur innerhalb definierter<br />

Systemgrenzen nutzbar sind, sondern dass sie auch außerhalb von Systemgrenzen<br />

ihre Inhalte und Bedeutung behalten. Erst durch den Aufbau unternehmensweiter Speicherdienste<br />

für medizinische Daten bleibt das Krankenhaus im Besitz der Interpretationshoheit<br />

der Daten. Und erst dann können von den Systemen unabhängige Applikationen<br />

diesen Datenbestand erschließen.<br />

Die Arbeiten wurden in Teilen mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft & Technologie<br />

(BMWi) im Verbundprojekt smartOR mit dem Förderkennzeichen 01MA09041A gefördert.<br />

Das Projekt<br />

Am Projekt »Effizientes Management der Massen an medizinischen und administrativen<br />

Daten unter Berücksichtigung von Zukunfts- und Investitionssicherheit« nehmen<br />

das Klinikum Stuttgart, das Klinikunternehmen Vivantes – Netzwerk für Gesundheit in<br />

Berlin, die Hewlett Packard GmbH sowie das Beratungsunternehmen Synagon GmbH<br />

teil.<br />

Die Projektgruppe besteht aus Dr. Andreas Ziemolong, Synagon DmbH, Gerhard Härdter,<br />

Klinikum Stuttgart, Claus Zuppa, Hewlett Packard GmbH und Gunther Nolte, Vivantes<br />

– Netzwerk für Gesundheit.<br />

93


94


Werkzeug zur strategischen Krankenhaussteuerung<br />

Risiko- und Potenzialanalysen anhand von Geo- und Marktdaten für ein<br />

strategisches Konzernmanagement in der Gesundheitswirtschaft<br />

von Dr. Uwe Günther, Dr. Andreas Goepfert, Nils Wittig, Dr. Silke Haferkamp, Roland<br />

Mennicken, Stefan Lachmann, Alois Steidel<br />

Das strategische Management hat für die effektive und effiziente Unternehmenssteuerung<br />

und somit für den Erfolg eines Krankenhauses, speziell vor dem Hintergrund<br />

der sich verstärkenden intersektoralen Gesundheitsversorgung, einen stetig wachsenden<br />

Stellenwert. Eine wesentliche Grundlage hierfür bildet die Bereitstellung von<br />

Geo- und Marktdaten. Sie dienen zur faktenbasierten Einschätzung der Potenziale aber<br />

auch Risiken, die sich einem Krankenhauskonzern im Umfeld bezogenen Wettbewerb<br />

bieten. Die Autoren beleuchten die Herausforderungen und den Nutzen von Geound<br />

Marktdaten am Beispiel des Einsatzes von Eye on Health ® im Verbundklinikum<br />

Landkreis Ansbach sowie im Universitätsklinikum Aachen.<br />

Der deutsche Gesundheitsmarkt befindet sich nicht zuletzt aufgrund des immensen<br />

Kostendrucks, der steigenden Qualitätsanforderungen sowie des Einzug haltenden transsektoralen<br />

Wettbewerbs in einem tiefgreifenden Wandel. Die Folgen sind ein drastisches<br />

Sinken der Zahl der Krankenhäuser bis auf prognostiziert ca. 1.800 im Jahr 2020 sowie die<br />

weitere Verkürzung der durchschnittlichen Verweildauern der akutstationären Patienten.<br />

Dem gegenüber stehen ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen auf über 19 Mio. im Jahr<br />

2050 sowie die weitere Zunahme an Krankenhauszusammenschlüssen bei privaten, freigemeinnützigen<br />

und ebenso öffentlichen Krankenhausträgern. Auch die Nachfrageseite<br />

des Krankenhausmarktes unterliegt gravierenden Veränderungen. Hervorzuheben ist<br />

hier die erweiterte Vertragsfreiheit der Kostenträger unter dem Stichwort des selektiven<br />

Kontrahierens. Jedoch werden auch die Patienten immer mehr zu autonomen<br />

Nachfragern, die sich ein Krankenhaus nach entsprechenden Leistungsvergleichen<br />

bewusster auswählen (Abb. 1).<br />

Alle beteiligten Akteure, insbesondere die Krankenhäuser, sind gefordert, sich dieser<br />

veränderten Situation zu stellen und ihr Marktverhalten entsprechend anzupassen.<br />

Dies erfordert die zunehmende Anwendung des markt- und betriebswirtschaftlichen<br />

Instrumentariums, insbesondere von strategischen Steuerungsmethoden und<br />

Werkzeugen. Dazu gehört speziell die Nutzung von Geo- und Marktdaten.<br />

Bisher mangelhafte Datenbasis<br />

Den deutschen Krankenhäusern mangelt es derzeit allerdings an den notwendigen<br />

Methoden und Werkzeugen des strategischen Managements. Das betrifft insbesondere die<br />

fachbezogene, intersektorale Gesundheitsversorgung. Im Speziellen fehlen die notwendigen<br />

Informationen als Grundlage für die Strategieformulierung. Entscheidungsrelevante<br />

Kennzahlen werden oftmals zu spät und zu unspezifisch angeboten, basieren stark auf<br />

ausschließlich finanzwirtschaftlichen Daten und sind auf vergangenheitsorientierte, interne<br />

Parameter fokussiert. Die Datenbasis ist isoliert und nicht Flächen deckend, häufig<br />

bedingt durch nach Fachbereichen getrennte Informationssysteme.<br />

95


Abbildung 1: Strukturwandel im Gesundheitswesen<br />

Das Ergebnis: Wichtige Entscheidungen zur Zukunftssicherung der Krankenhäuser werden<br />

auch heute noch in erheblichem Maße aufgrund einer unzureichenden Faktenbasis und<br />

ungesicherter Erwartungshaltungen getroffen.<br />

Vor diesem Hintergrund startete im Rahmen des Entscheiderfabrik <strong>2012</strong> das Projekt<br />

»Risiko- und Potenzialanalysen anhand von Geo- und Marktdaten für ein strategisches<br />

Konzernmanagement in der Gesundheitswirtschaft«.<br />

Ziele definieren mittels Geo- und Marktdaten<br />

»Strategien sind Maßnahmen zur Sicherung des langfristigen Erfolges eines Unternehmens«<br />

(vgl. Ansoff, 1965). Das strategische Konzernmanagement in der Gesundheitswirtschaft<br />

sollte demnach anstreben, Strategien für die Entwicklung von Unternehmen,<br />

hier speziell von Krankenhäusern, zielorientiert zu gestalten und umzusetzen.<br />

96


Zentrales Element der strategischen Krankenhaussteuerung ist die Früherkennung von<br />

Veränderungen und deren Einbindung in die Unternehmensentscheidungen, die antizipativ<br />

getroffen werden. Grundlage hierfür bildet ein informationsverarbeitender Prozess zur<br />

Abstimmung von Anforderungen der Umwelt mit den Potenzialen des Unternehmens. Ein<br />

Krankenhaus sollte daher zunächst seine Zielsetzung definieren sowie seine Umwelt und<br />

das Unternehmen selbst analysieren, um daraus geeignete Strategien für sich abzuleiten<br />

(Abb. 2).<br />

Abbildung 2: Informationsprozess der strategischen Krankenhaussteuerung<br />

(vgl. Bea und Haas, 2005)<br />

Primärziel des Verbundklinikums Landkreis Ansbach und des Universitätsklinikums<br />

Aachen im Rahmen des Projektes »Risiko- und Potenzialanalysen anhand von Geo- und<br />

Marktdaten für ein strategisches Konzernmanagement in der Gesundheitswirtschaft« ist<br />

es, ein Werkzeug zur strategischen Krankenhaussteuerung einzuführen.<br />

Im Mittelpunkt des Vorhabens steht die Intention, ein strategisches Modellprojekt zur intersektoralen<br />

Gesundheitsversorgung zu gestalten. Damit schaffen die Projektbeteiligten<br />

gleichzeitig eine Basis dafür, dass auch andere Krankenhäuser mit vergleichbaren<br />

Fragestellungen ihr Strategiemanagement professionalisieren können (Abb. 3).<br />

97


Abbildung 3: Strategisches Modellprojekt zur intersektoralen Gesundheitsversorgung<br />

Beispielhaft können sich in diesem Gesamtkontext folgende Fragestellungen für ein<br />

Krankenhaus ergeben:<br />

• Besteht eine grundsätzliche Relevanz der intersektoralen Kooperation unter sozioökonomischen<br />

Aspekten?<br />

• Ist eine Erweiterung des Versorgungsspektrums um mögliche Zusatzleistungen entlang<br />

der Versorgungsformen und/oder Versorgungsstufen im Sinne einer<br />

Umsatzsteigerung möglich und erforderlich?<br />

• Ist eine Reduktion des Versorgungsspektrums auf bestimmte Indikationen, bzw.<br />

Indikationsgebiete, im Sinne von Kosteneffizienz möglich und erforderlich?<br />

• Wie gestalten sich die Art und der Umfang der Eigenleistung und des Einsatzes an<br />

eigenen Human- und technischen Ressourcen?<br />

• Wie gestaltet sich die Auswahl etwaiger geeigneter Kooperationspartner?<br />

Zur Beantwortung dieser und weiterer strategischer Fragen sind sowohl Umweltinformationen<br />

als auch Informationen über das eigene Krankenhaus unabdingbar,<br />

die in Relation gesetzt werden müssen. Beispielhaft sind dies umweltbezogene<br />

Angaben über die aktuelle Marktposition sowie verlässliche Daten zu Patienten- und<br />

Zuweisern, Einzugsgebieten, Marktanteilen, Fallprognosen, Mitbewerbern und möglichen<br />

Kooperationspartnern etc. Durch die Einbringung eigener Schlüsselressourcen und<br />

Kernkompetenzen, die mit den Umweltinformationen abzustimmen sind, ist es möglich,<br />

ein wertorientiertes, umfassendes und intersektorales Versorgungsangebot auf Basis von<br />

Ist- und Solldarstellungen zu definieren.<br />

98


Die Anforderungsanalyse<br />

Die Präzisierung der Ziele erfolgt im Rahmen der sich anschließenden Anforderungsanalyse,<br />

die der konkreten Operationalisierung des werkzeugbasierten strategischen Konzernmanagements<br />

im Sinne der Festlegung der benötigten Kennzahlen dient.<br />

Konzeptionelle Daten<br />

Hierbei stellen sich auf konzeptioneller Ebene wiederum Fragen, die es zu bearbeiten gilt:<br />

• Was soll anhand von Kennzahlen gesteuert werden?<br />

• Welche Kennzahlen können identifiziert werden?<br />

• Können Ziel- und Sollwerte definiert werden?<br />

• Können erforderliche Daten beschafft werden bzw. ist der Aufwand für die Beschaffung<br />

zu rechtfertigen?<br />

• Können Verantwortliche für jede Kennzahl benannt werden?<br />

• Wie reagieren Kennzahlen auf organisatorische oder technologische Veränderungen?<br />

Strategische Umweltdaten<br />

Im Ergebnis gliedern sich die Anforderungen des Verbundklinikums Landkreis Ansbach und<br />

des Universitätsklinikums Aachen an die strategisch benötigten Umweltdaten in die Datenkategorien<br />

Demografische und epidemiologische Daten, technologische Entwicklung,<br />

Entwicklung Politik und Gesetze sowie Informationen zur Marktstruktur.<br />

Im Einzelnen werden beispielsweise folgende Kennzahlen als relevant erachtet: Bevölkerungsentwicklung,<br />

Morbidität und Mortalität, neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden<br />

(NUBs), neue Gesundheitsgesetzgebungen, verfügbares Patientengut im Einzugsgebiet,<br />

davon eigens versorgtes Patientengut, relevante ambulante und stationäre<br />

Leistungserbringer als Wettbewerber aber auch als mögliche Kooperationspartner ( Abb. 4).<br />

Abbildung 4: Anforderungen an strategische Umweltdaten (Auszug)<br />

99


Strategische Krankenhausdaten<br />

Bei den strategischen Krankenhausdaten (Unternehmensdaten) unterteilen sich die Anforderungen<br />

in die Kennzahlenbereiche Leistungserbringung, Personaleinsatz sowie Einsatz<br />

von finanziellen und technologischen bzw. infrastrukturellen Ressourcen. Im Einzelnen<br />

werden hier beispielsweise folgende Kennzahlen als wesentlich erachtet: Ärztliche<br />

Leistungen im Sinne von behandelten Patienten, Diagnostik- und Therapieleistungen,<br />

Leistungen der Pflege und des medizintechnischen Personals, Personalanzahl der Ärzte,<br />

Pflege und des medizintechnischen Personals, Kapitalressourcen wie Eigenkapital, Krankenhausbudget,<br />

Fördermittelverfügbarkeit, Abschreibungen (AfA) sowie infrastrukturelle<br />

Ressourcen wie Planbetten, OP-Säle und Medizintechnik ( Abb. 5).<br />

Abbildung 5: Anforderungen an strategische Krankenhausdaten (Auszug)<br />

Bei der Festlegung der Kennzahlen muss aber auch beachtet werden, wie realistisch<br />

es ist, die gewünschten Informationen tatsächlich zu bekommen und ob der Aufwand<br />

für die Beschaffung der erforderliche Daten zu rechtfertigen ist. Dies ist speziell für die<br />

Bereitstellung der strategischen Umweltdaten relevant. So wird es schwierig zu ermitteln<br />

sein, wer innerhalb einer geographischen Region welche Leistungen an welchen<br />

Patienten erbracht hat, denn dafür wird ein Zugang zu Daten der Kostenträger benötigt.<br />

Die Beschaffung der strategischen Krankenhausdaten ist im Gegensatz dazu vergleichsweise<br />

einfach, da die erforderten Informationen in den unternehmensinternen EDV-<br />

Systemen, primär im Krankenhausinformationssystem sowie im ERP-System, vorhanden<br />

sind.<br />

Auf die Frage, was anhand der einzelnen Kennzahlen aktiv gesteuert werden soll, definieren<br />

das Verbundklinikum Landkreis Ansbach und das Universitätsklinikum Aachen<br />

folgende Beispielanforderungen, die es im Laufe des Projektes noch zu konkretisieren gilt:<br />

100


• Aufzeigen des Marktes<br />

• Leistungen, die von den Marktteilnehmern in der Region nachgefragt werden<br />

• Ausweisen, wer diese Leistungen erbracht hat<br />

• Darstellungen auf unterschiedlichen Ebenen, z.B. Gesamthaus, Fachabteilung,<br />

Einzelleistung (DRG/ICD/OPS)<br />

• Prospektive Servicestruktur auf Basis von Inzidenzen, Prävalenzen, Demografie,<br />

Arztressourcen etc.<br />

• Unterstützung bei strategischen Ableitungen, wie z.B. Setzen von Leistungsschwerpunkten,<br />

Patientenmarketing und Werbung, Anpassung Chefarztkapazität,<br />

Ausbau Telemedizin in den Bereichen Telenotarzt, Teleintensivmedizin, Teleradiologie<br />

Werkzeug zur strategischen Krankenhaussteuerung – Eye on Health ®<br />

Die Umsetzung der beschriebenen Zielsetzungen und Anforderungen soll auf Basis des<br />

Werkzeuges Eye on Health ® der KMS AG für die Darstellung der Geo- und Marktdaten<br />

erfolgen. Die Bereitstellung der relevanten Unternehmensdaten wird durch eisTik.Net ® ,<br />

ebenfalls KMS AG, realisiert (Abb. 6).<br />

Abbildung 6: Werkzeug zur strategischen Krankenhaussteuerung – Eye on Health ®<br />

Hierbei werden die umfeldbezogenen Daten der sogenannten Eye on Health ® Cloud mit<br />

den unternehmensinternen Daten aus eisTik.Net ® abfragespezifisch in Verbindung gesetzt.<br />

Die strategische Betrachtung und Ableitung soll darauf basierend in Form von standardisierten<br />

Berichten (Reports) abgebildet werden. Zudem ist die Möglichkeit für weitergehende<br />

Abfragen durch die Anwender von Eye on Health ® gegeben.<br />

101


Weiteres Vorgehen und Ausblick<br />

Im bisherigen Verlauf des Projektes hat sich anhand von diversen Workshops und Projektvorstellungen<br />

im Rahmen der Entscheiderfabrik gezeigt, dass strategische Information im<br />

Bereich der Geo- und Marktdaten hohe Relevanz genießen. Insbesondere wird der Nutzen<br />

der zeitnahen Verfügbarkeit relevanter Informationen für die strategische Entscheidungsfindung<br />

sowie deren benutzerfreundliche und intuitive Anwendung als wesentlicher Vorteil<br />

für das Unternehmen erachtet.<br />

Eine der zentralen Herausforderungen des Projektes sind derzeit noch offene Fragen im<br />

Bereich der Datenbeschaffung, insbesondere bei intendierten Kostenträgerdaten. Des Weiteren<br />

gilt es, ein festes Set an kommentierten Standardabfragen (Starter-Kit) zu definieren,<br />

die durch eine unbegrenzte Menge an Individualabfragen ergänzt werden können. Dazu<br />

gehört dann auch die automatisierte und regelmäßige Versendung von entsprechenden<br />

Standardberichten.<br />

Die Konzeptphase des Projekts wurde im August <strong>2012</strong> abgeschlossen. Parallel dazu verliefen<br />

die technischen Pilotierungen von Eye on Health ® bei beiden Einrichtungen in Ansbach<br />

und Aachen. Anschließend ist für das Projekt eine Abschlussevaluation im Sinne eines<br />

»Lessons Learned« geplant, auf deren Basis der weitere Regelbetrieb von Eye on Health ®<br />

angegangen werden soll.<br />

Sämtliche Ergebnisse des Projektes werden auf dem 35. Deutschen Krankenhaustag im<br />

Rahmen der Medica am 15. November <strong>2012</strong> sowie beim Entscheider-Event 2013 der Entscheiderfabrik<br />

am 6. Februar 2013 in Düsseldorf vorgestellt.<br />

Das Projekt<br />

Im Rahmen des Entscheiderfabrik-Projektes »Risiko- und Potenzialanalysen anhand<br />

von Geo- und Marktdaten für ein strategisches Konzernmanagement in der Gesundheitswirtschaft«<br />

wird das Werkzeug Eye on Health ® der KMS AG zur strategischen<br />

Krankenhaussteuerung für das Verbundklinikum Landkreis Ansbach und das Universitätsklinikum<br />

Aachen unter Beteiligung der Unternehmensberatung Sanovis GmbH<br />

eingeführt.<br />

Die Projektgruppe besteht aus Dr. Uwe Günther, Sanovis GmbH, www.sanovis.com,<br />

Dr. Andreas Goepfert und Nils Wittig, Verbundklinikum Landkreis Ansbach,<br />

www.vkla.de, Dr. Silke Haferkamp und Roland Menicken, Universitätsklinikum Aachen,<br />

www.ukaachen.de, sowie Stefan Lachmann und Alois Steidel, KMS AG, www.kms.ag.<br />

102


Chancen und Risiken der IT-Mobilität<br />

Evaluation von mobilen Endgeräten für den Einsatz bei mobiler Visite,<br />

bei Pflege und in anderen Szenarien<br />

von Maryam Amiri, Michael Haumann, Detlef Lübben, Harald März,<br />

Günter Reckmann, Carmen Schönberg, Josef Schüler, Haiko Sobbe, Ellen Simon<br />

Welche Chancen und welche Risiken birgt der Einsatz mobiler Datenverarbeitung<br />

in der Krankenhauspraxis? Die Erwartungen an den Ausbau der Mobilität der IT im<br />

Krankenhaus haben sich bisher nicht durchgängig erfüllt. Selbst Kliniken, die entsprechende<br />

Rahmenbedingungen geschaffen haben, kamen bisher über Pilotprojekte<br />

nicht hinaus. Trotz der großen Nachfrage nach einer gut ausgebauten IT-Infrastruktur<br />

und einer wachsenden Anzahl von Applikationen für die portable Nutzung am Markt<br />

hat sich die mobile Datenverarbeitung in den Krankenhäusern noch nicht flächendeckend<br />

durchgesetzt. Das nachfolgend beschriebene Projekt der Entscheiderfabrik<br />

<strong>2012</strong> hat das Ziel, Aussagen zu den grundlegenden Anforderungen auf diesem<br />

Gebiet zu formulieren. Nach einer Analyse der Ausgangslage soll ein Praxistest<br />

unter Berücksichtigung aktuell verfügbarer Endgeräte Prozesse zu unterschiedlichen<br />

Themenstellungen an allen drei beteiligten Klinikstandorten auf ausgewählten<br />

Pilotstationen aufgreifen. Danach erfolgt eine Nutzenanalyse.<br />

Die Krankenhäuser standen in den vergangenen Jahren im Mittelpunkt des Veränderungsprozesses<br />

im Gesundheitswesen. Eine Reform folgte der anderen und jede sicherte<br />

– will man den Ausführungen der Verantwortlichen glauben – die Finanzierbarkeit und<br />

Qualität der medizinischen Versorgung der Bevölkerung.<br />

Alle Reformen hatten jedoch eines gemein: die Veränderungsprozesse führten einerseits<br />

zu einem hohen Kostendruck und andererseits zu einer erheblichen Verdichtung des<br />

Arbeitsalltages im medizinischen und pflegerischen Leistungsbereich. Der Druck auf die<br />

handelnden Personen in Medizin, Pflege und Funktionsdiagnostik wächst weiter und der<br />

Alltag ist geprägt vom Spannungsfeld kurzer Belegungszeiten, steigender Fallzahlen und<br />

dem Anspruch der Patienten.<br />

Vor diesem Hintergrund müssen die Krankenhäuser ein zukunftsfähiges medizinisch/ökonomisches<br />

Leistungsangebot vorhalten, das im regionalen Wettbewerb erfolgreich ist und<br />

sie müssen den Blick zunehmend »nach innen« richten. Über die Etablierung einer kontinuierlichen<br />

Organisationsentwicklung sind die Behandlungs- und Arbeitsprozesse an den<br />

vorgenannten Rahmenbedingungen auszurichten, um eine wirksame Unterstützung für<br />

die Mitarbeiter in der klinischen Routine zu erreichen. Motiviertes, dienstleistungsorientiertes<br />

und kompetentes Personal ist ein entscheidender Faktor im Wettbewerb um Patienten<br />

und zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung.<br />

Ausgangslage<br />

Eine Prozessoptimierung im Kernleistungsbereich des Krankenhauses bedeutet eine<br />

umfassende Digitalisierung der Prozesse und konsequente Reduzierung eingesetzter<br />

Formulare sowie des Papieraufkommens. Obwohl sich die Technologie in den letzten<br />

zwanzig Jahren explosionsartig entwickelt hat und moderne Medizintechnik heute<br />

103


vielen Patienten ein längeres Leben sichert, hat sich das Papieraufkommen in den<br />

Krankenhäusern nicht signifikant reduziert. Eine fortschreitende Digitalisierung der<br />

Behandlungsprozesse bedarf aufgabenangemessener Applikationen in einer mobilen<br />

Lösung am »Point-of-Care« und erfordert die Bereitschaft aller Berufsgruppen, sich in<br />

diese neuen Prozesse einzubinden. Dazu sind in Teilen erhebliche Investitionen erforderlich,<br />

um die technischen und organisatorischen Voraussetzungen (WLAN Infrastruktur,<br />

mobile Endgeräte, Applikationen) zu schaffen.<br />

Die Mobilität der IT im Krankenhaus wird seit Jahren in vielen Publikationen beschrieben<br />

und diskutiert, deshalb soll an dieser Stelle Grundsätzliches nicht wiederholt werden.<br />

Alle Publikationen stimmen jedoch darin überein, dass die hohen Erwartungen an den<br />

Ausbau der Mobilität (und einer damit verbundenen Entlastung/Absicherung der klinischen<br />

Routine) durchgängig nicht erfüllt wurden. Auch Kliniken, die alle erforderlichen<br />

Rahmenbedingungen geschaffen haben, kommen nicht über die Implementierung von<br />

Pilotprojekten hinaus. Die tragbare Patientenakte wird nahezu in allen Kliniken unverändert<br />

formularbasiert geführt.<br />

Daraus resultiert die zentrale Frage: Sind mobile Endgeräte für die Kliniken wirklich schon<br />

Realität? Trotz der großen Nachfrage nach einer gut ausgebauten IT-Infrastruktur innerhalb<br />

der Kliniken sowie einer wachsenden Anzahl am Markt befindlicher Applikationen<br />

für die portable Nutzung, hat sich die mobile Datenverarbeitung in den Krankenhäusern<br />

noch nicht Flächen deckend durchgesetzt.<br />

Als Ergebnis eines älteren Projektes setzen einige Johanniter Krankenhäuser bereits ansatzweise<br />

erste mobile IT-Geräte ein. In zurückliegenden Untersuchungen wurde jedoch<br />

festgestellt, dass auf chirurgischen und orthopädischen Stationen die Arbeitsprozesse<br />

mit herkömmlichen Notebooks noch nicht optimal unterstützt werden. Röntgenaufnahmen<br />

konnten z. B. bei Sonnenschein nicht ausreichend auf den Bildschirmen dargestellt<br />

werden.<br />

Aufgrund der immer weiter fortschreitenden Entwicklungen und der damit verbundenen<br />

höheren Leistungs- und Funktionsfähigkeiten auf dem Gebiet der mobilen<br />

Informationstechnologie, wird daher für ausgewählte Johanniter Krankenhäuser und<br />

die DianaKlinik eine Überprüfung potenzieller Einsatzmöglichkeiten der neuen mobilen<br />

Endgeräte angestrebt. Doch welche Endgeräte sind für welche Krankenhausprozesse<br />

geeignet bzw. nicht geeignet? Und können die Anforderungen an die erforderliche hohe<br />

Integration der eingesetzten Applikationen, die technische Administration sowie die<br />

Sicherungs- und Hygienemaßnahmen auch erfüllt werden?<br />

Zielsetzung<br />

Den schon vorliegenden Publikationen soll im Rahmen dieser Studie keine weitere abstrakte<br />

Nutzenanalyse folgen. Die Teilnehmer waren sich schnell einig in der Zielsetzung,<br />

den in der Ausgangslage beschriebenen Sachverhalt zu analysieren und in Form eines<br />

Praxistests verwertbare Ergebnisse zu den Chancen und Risiken der mobilen Datenverarbeitung<br />

zu erarbeiten. Dies unter Berücksichtigung aktuell verfügbarer mobiler Endgeräte.<br />

Der Praxistest wird Prozesse zu unterschiedlichen Themenstellungen an allen drei betei-<br />

104


ligten Standorten aufgreifen. Der Test wird auf ausgewählte Pilotstationen beschränkt und<br />

nach Abschluss der Studie von den Anwendern anhand eines standardisierten Bewertungsverfahrens<br />

beurteilt.<br />

Praxistest<br />

Der Praxistest ist auf ca. acht Wochen ausgelegt und wird durch die beteiligten Industriepartner<br />

begleitet. Er ist in zwei Phasen untergliedert, in die jeweils eine Technologie einbezogen<br />

und erprobt wird. Beginnend werden die abgestimmten Applikationen unter Citrix<br />

auf den mobilen Endgeräten bereitgestellt, nachfolgend werden an den Standorten der<br />

Johanniter Krankenhäuser und der DianaKlinik explizit entwickelte Apps auf den mobilen<br />

Geräten iPAD und iPhone installiert.<br />

Im Ergebnis sollen konkrete Ansatzpunkte zu den Erfolgsfaktoren einer mobilen Datenverarbeitung<br />

vorliegen sowie die wesentlichen Risiken, die einem umfassenden Einsatz entgegenwirken.<br />

Eingesetzte Geräte und klinische Prozesse<br />

Für die teilnehmenden Krankenhäuser stehen für das Projekt jeweils drei iPads, drei<br />

iPhones sowie drei unterschiedliche Visitenwagen mit Hardware zur Verfügung. Im Krankenhaus<br />

Geesthacht wird zusätzlich ein fest montierter Arbeitsplatz in einem Patientenzimmer<br />

installiert. Für die sichere Verwaltung der Geräte wurde ein Management-System<br />

eingeführt. Über dieses erfolgen remote die Bereitstellung der notwendigen Applikationen,<br />

die Sicherungsmaßnahmen zur Authentifizierung und die mögliche Sperrung und Initialisierung<br />

(bei Verlust).<br />

Als Pilotstation wurde im Johanniter Krankenhaus Geesthacht die Station 5 der Inneren<br />

Medizin ausgewählt. Betrachtet werden hier die Bereiche PKMS und mobile Visite.<br />

Folgende Tätigkeiten werden u. a. untersucht:<br />

• Tägliche Dokumentation pflegerischer Maßnahmen<br />

• Bestätigung zur Durchführung der Maßnahme mit Handzeichen (ggfs. durch zwei<br />

Pflegekräfte) in der konventionellen Patientenakte<br />

• Ableitung der Aufwandspunkte und Übergabe an SAP<br />

• Sichtung der A4 (Übersicht zu den aktuellen PKMS Patienten)<br />

Die Anwendung der mobilen Geräte erfolgt durch die Pflegekräfte. Darüber hinaus wird<br />

über Citrix Clients auf iPads und Visitenwagen ein vollwertiger Stationsarbeitsplatz zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

Im Johanniter Krankenhaus Stendal wird auf der Station 1 der Orthopädie der Bereich der<br />

Medikation betrachtet. Die Anwendung der mobilen Geräte erfolgt in diesem Fall durch<br />

die Ärzte. Für die Untersuchung wurden folgende Szenarien festgelegt:<br />

• Sichtung von DRG-relevanten Grundinformationen (u.a. zur Verweildauer und Entgelthöhe)<br />

• Aufruf Patientenakte zur Sichtung der Medikation aus Voraufenthalten<br />

• Anordnung der Medikation<br />

105


• Aufruf Arzneimittelkatalog mit Interaktionsprüfung und Übernahme in die patientenbezogene<br />

Dokumentation<br />

• Sichtung Patientenkurve (Vitalparameter in Verbindung zur Medikation)<br />

• Entlassungsprozess (Prüfung Codierung und Freigabe zur Abrechnung, ggfs. Ableitung<br />

von Zusatzentgelten aus Medikamentengabe)<br />

In der Diana Klinik erfolgt die Analyse im Bereich der Therapie- und Verlaufsdokumentation.<br />

Genutzt werden hier die mobilen Geräte durch die Therapeuten und Pflegekräfte. Als<br />

Beispielszenarien werden folgende Tätigkeiten betrachtet:<br />

• Übernahme von Patienten aus der Warteliste über Stationsgrafik auf Station<br />

• Erfassung von Vital-Parametern<br />

• Anforderungen diagnostischer Maßnahmen<br />

• Entlassprozess Pflege<br />

• Sichtung der eingegangenen Anforderungen<br />

• Terminierung von Einzel- oder Gruppenleistungen<br />

• Erfassung der Leistung auf Station und in der Physiotherapie<br />

• Einsicht in Entlassungsplanung<br />

• Befundschreibung<br />

Projektverlauf in drei Schritten<br />

Im ersten Schritt wurden in den Einrichtungen der aktuelle Status der IT-Infrastruktur<br />

anhand eines Evaluationsbogens sowie die zu untersuchenden Prozesse in persönlichen<br />

Gesprächen ermittelt. Im Anschluss wurden die mobilen Endgeräte implementiert und die<br />

zuständigen Mitarbeiter der Krankenhäuser für den Praxistest geschult.<br />

Um die mobilen Endgeräte sicher verwalten zu können, sind infrastrukturelle Maßnahmen<br />

in der IT durchzuführen. Zu diesen gehört einerseits die Einführung eines Systems zur<br />

Verwaltung der Geräte der verschiedenen Betriebssystemarten (Windows, iOS, Android).<br />

Andererseits erfolgen über dieses System die Bereitstellung der benötigten Applikationen<br />

auf den Geräten, aber auch Remote-Sicherungsmaßnahmen zum Authentifizieren von<br />

Geräten sowie der möglichen Sperrung und Initialisierung der Geräte bei Verlust.<br />

Für neue Applikationen müssen Server bereitgestellt und installiert werden.<br />

Der eigentliche Praxistest findet dann im zweiten Schritt statt. Dieser unterteilt sich in<br />

zwei weitere Phasen:<br />

In der ersten Phase werden die mobilen Endgeräte nur unter Citrix-Technologie untersucht,<br />

ggfs. mit Stiftbedienung beim iPad. Dafür werden alle zu begutachtenden<br />

Applikationen in einem Citrix-Desktop zur Verfügung gestellt. Der Test findet hier nur über<br />

Nutzung der Thin Clients der Visitenwagen und der iPad statt. Ein Einsatz von Citrix auf<br />

iPhones ist nicht zielführend.<br />

In der zweiten Phase wird die Untersuchung um die APPs der ID GmbH erweitert, welche<br />

mit i.s.h.med integriert bereitstehen. Hier werden dann ausschließlich iPads und iPhones<br />

ggfs. unter Stiftbedienung getestet. Beim Abschluss der jeweiligen Phasen werden die<br />

106


Projektteilnehmer in den Kliniken anhand eines Fragebogens zum Nutzen der mobilen<br />

Endgeräte befragt. Hierfür wurde ein einheitliches und standardisiertes Bewertungsschema<br />

erarbeitet. Neben ausgewählten Fragen zu den abgestimmten Prozessen runden<br />

Themen zur Handhabung der Geräte, persönlichen Präferenz, besten Unterstützung im<br />

Prozess die Informationsgewinnung ab. Darüber hinaus wird die Erfahrung im Umgang<br />

mit den Patienten unter Nutzung der elektronischen Medien analysiert, um die Akzeptanz<br />

der Patienten in die Studie einzubeziehen.<br />

Zusätzlich werden folgende Aspekte in die Studie einbezogen:<br />

• Anforderungen an die Hygiene<br />

• Mitnahme der mobilen Endgeräte zur Nutzung im Zimmer, bspw. von MRSA<br />

Patienten<br />

• Analyse der aufgabenbezogenen Anwendung der Endgeräte<br />

• Analyse einer personenbezogenen versus bereichsbezogenen Zuordnung der mobilen<br />

Endgeräte<br />

• Vollständige elektronische Bearbeitung der Prozesse ohne weitere Hilfsmittel<br />

• Persönliche Präferenz der Anwender<br />

• Anforderungen im Bereich Datenschutz mit Bezug auf die Endgeräte<br />

Im letzten Schritt werden ab Mitte September die Ergebnisse der Fragebögen ausgewertet,<br />

dokumentiert und in eine Auswahlmatrix übernommen. Das Projekt wird mit<br />

einer Handlungsempfehlung und der Vorstellung der Ergebnisse auf der Medica <strong>2012</strong><br />

in Düsseldorf abgeschlossen. Im Zusammenhang mit der inhaltlichen Auswertung der<br />

Ergebnisse erfolgt zusätzlich noch eine betriebswirtschaftliche Bewertung der einzelnen<br />

untersuchten Geräte. In den beiden Johanniter-Krankenhäusern wird im KIS-Bereich das<br />

Produkt IS-H / i.s.h.med eingesetzt.<br />

Ergebnispräsentation<br />

Ab Mitte September werden die von den Mitarbeitern in den Einrichtungen beantworteten<br />

Fragebögen ausgewertet. Die ersten Ergebnisse werden im Oktober erarbeitet und im<br />

Rahmen der Entscheiderfabrik am 15. November <strong>2012</strong> um 15:10 Uhr auf der Medica in<br />

Düsseldorf, Congress-Center-Ost – Raum M, präsentiert. Die nachfolgenden Einschätzungen<br />

und Bewertungen der im Test eingesetzten Endgeräte werden über die mit Spannung erwarteten<br />

Bewertungsbögen fortgeschrieben und aktualisiert (Abb.1 folgende Seite).<br />

Da sich das Projekt über verschiedene Einsatzbereiche erstreckt, rechnen die Kliniken auch<br />

mit sehr unterschiedlichen Studienergebnissen. Positive Ergebnisse werden für den Einsatz<br />

von iPads im Bereich der ärztlichen Visite erwartet. Auf Seiten der Pflegeprozesse ist jedoch<br />

aufgrund noch nicht ausgereifter Applikationen sowie einer erschwerten Integration<br />

in die bestehenden KIS-Systeme eine eher negative Bewertung wahrscheinlich. Des Weiteren<br />

ist für den pflegerischen Bereich davon auszugehen, dass die Hygieneanforderungen,<br />

z. B. beim Kontakt mit Patienten, nicht ausreichend erfüllt werden können. Für die<br />

weiteren Untersuchungsbereiche zum Einsatz der mobilen Endgeräte, wie beispielsweise<br />

Benutzerfreundlichkeit, Aufnahme, Speicherung und Weitergabe von Informationen sowie<br />

die Datensicherheit werden aufgrund bereits etablierter Lösungen und Standards überwiegend<br />

positive Ergebnisse erwartet (Abbildungen 2 bis 5, Szenario-Analysen).<br />

107


Abbildung 1: Auswertungsmatrix<br />

108


109


110


Ausblick<br />

Im Ergebnis wird diese Studie Aussagen zu den grundlegenden Anforderungen an die mobile<br />

Datenverarbeitung formulieren, worüber die Entscheiderfabrik – einmal mehr – einen<br />

wesentlichen Beitrag zum Krankenhauserfolg durch optimalen IT-Einsatz leistet.<br />

Die Projektpartner<br />

Das Projektteam setzt sich aus den drei Teilnehmergruppen Klinikpartner, Industriepartner<br />

sowie einer externen Beratung zusammen. Projektinitiator ist das Berliner<br />

IT-Dienstleistungsunternehmen Johanniter Competence Center GmbH (JCC). Die unabhängige<br />

Beratung und Projektleitung übernimmt die PRO-KLINIK Krankenhausberatung<br />

GmbH & Co. KG mit Sitz in Bergisch Gladbach. Zu den Klinikpartnern gehören zwei<br />

Johanniter Krankenhäuser in Geesthacht und Stendal sowie die Diana Krankenhausbetriebsgesellschaft<br />

mbH in Bad Bevensen. Als Industriepartner stehen dem Projekt die<br />

Unternehmen März Internetwork Services AG aus Essen und die ID Information und<br />

Dokumentation im Gesundheitswesen GmbH & Co. KGaA aus Berlin zur Seite. Die März<br />

AG übernimmt dabei die Bereitstellung und Konfiguration der technischen Geräte incl.<br />

Netzwerk. Die ID GmbH stellt die entsprechenden Anwendungen zur Verfügung.<br />

Klinik-Partner:<br />

Ellen Simon, Prokuristin, Johanniter Competence Center; Pate: Günter Reckmann, Geschäftsführer,<br />

Carmen Schönberg, Pflegedienstleiterin, Johanniter Krankenhaus Geesthacht,<br />

Pate: Josef Schüler, Geschäftsführer, DIANA Krankenhausbetriebsgesellschaft<br />

Industrie-Partner:<br />

Harald März, Vorstandsvorsitzender, März Internetwork Services AG, Haiko Sobbe, Projekt-<br />

Manager, März Internetwork Services AG, Michael Haumann, Produkt-Manager, März<br />

Internetwork Services AG, Daniel Diekmann, Geschäftsführer ID GmbH, Mark Neumann,<br />

Prokurist, ID GmbH<br />

Berater:<br />

Detlef Lübben, Prokurist, Pro Klinik Krankenhausberatung<br />

111


112


Integration mobiler Werkzeuge in die EFA<br />

Mobility Solutions für das FallAkten-Portal FallAkte Plus auf Basis von<br />

Soarian Integrated Care unter Erfüllung der aktuellen Datenschutz- und<br />

Datensicherheitsanforderungen<br />

von Dr. Andreas Beß, Volker Lowitsch, Dr. Martin Grandy, Nicolas Starck,<br />

Jan C. E. Wendenburg<br />

Das Projekt »Mobilty Solutions für das FallAkten-Portal FallAkte Plus auf Basis von<br />

Soarian Integrated Care« analysiert die Anforderungen an mobile in die FallAkte<br />

integrierte Lösungen und setzt diese im Rahmen einer Applikationsentwicklung um.<br />

Im ersten Schritt wurden für die Umsetzung sektorenübergreifende Standardprozesse<br />

zwischen den stationären und den nachbehandelnden ambulanten Bereichen vor<br />

allem unter Einbindung von geriatrischen und rehabilitativen Einrichtungen ausgewählt.<br />

Gerade bei mobilen Lösungen im Bereich von Patienteninformationen gilt es,<br />

die hohen Anforderungen an Datensicherheit und Datenschutz zu erfüllen und zugleich<br />

die Anwenderfreundlichkeit nicht einzuschränken.<br />

Das moderne Gesundheitswesen ist bisher neben dem medizinischen und dem damit<br />

verbundenen technischen Fortschritt auch durch sich ändernde ökonomische und strukturelle<br />

Rahmenbedingungen geprägt. Ein wesentlicher Effekt hieraus ist das Entstehen<br />

neuer Versorgungsformen, die eine enge intersektorale Kooperation und Kommunikation<br />

in der Patientenbehandlung erfordern. Dabei liegt es im Interesse der einzelnen Partner<br />

im Gesundheitswesen, die geforderten und geschuldeten Leistungen qualitätsbewusst<br />

sowie effizient im Behandlungsprozess aufzugliedern.<br />

Hierbei sind insbesondere drei Effekte ausschlaggebend:<br />

• Medizintechnik, Spezialisierungen und Qualitätszertifizierungen bringen höhere<br />

Datenmengen und Dokumentationsanforderungen mit sich.<br />

• Durch die Verkürzungen der Verweildauer im Akutkrankenhaus bis hin zu<br />

Kurzzeitaufenthalten gewinnen effektives Entlassungsmanagement, postakute<br />

Weiterbehandlung, Rehabilitation und Überleitungspflege deutlich an Bedeutung.<br />

Eine institutionelle Translokation und Aufsplittung der Gesundheitsversorgung<br />

in unterschiedliche Einrichtungen (amb./stat. Rehabilitation, amb./stat. Pflege,<br />

Weiterbehandlung durch niedergelassenen Arzt) erfordern einen höheren<br />

Vernetzungsgrad der Patientendaten und des jeweils aktuellen Status.<br />

• Zunehmender Verdrängungswettbewerb im Gesundheitswesen motiviert zu mehr<br />

Austausch und Zuweisungsmanagement zwischen Anbietern, zum gegenseitigen<br />

Nutzen sowie gefühltem Patientennutzen. Durch eine übergreifende Datennutzung<br />

innerhalb einer Partnerschaft oder strategischen Allianz können eigene Marktvorteile,<br />

aber auch Markteintrittsbarrieren gegenüber anderen geschaffen werden. Darüber<br />

hinaus können durch Vernetzungen attraktive Versorgungspakete, insbesondere für<br />

Wahlleistungspatienten, entworfen und/oder Cross-Selling-Potenziale erschlossen<br />

und verbessert werden.<br />

113


Dies erfordert eine gemeinsame Kommunikationsplattform für den Austausch der fallbezogenen<br />

Behandlungsdaten in einer Zeit, in der eine umfassende Telematikinfrastruktur<br />

fehlt und spezialisierte Portallösungen meist ausschließlich aus der Perspektive eines Leistungserbringers<br />

oder einer geschlossenen Nutzergruppe bestehen.<br />

Hier ist die Elektronische FallAkte (EFA) (Abb. 1) eine alternative und bereits heute nutzbare<br />

Lösung, die interoperabel den effizienten, einrichtungs- und sektorenübergreifenden<br />

Austausch fallbezogener medizinischer Daten ermöglicht. Dabei weist die EFA durch ihre<br />

zweckgebundene und arztgesteuerte Gesamtstruktur ein anerkanntes Sicherheits- und<br />

Datenschutzkonzept auf, das eine dezentrale Datenhaltung, die Weiternutzung bestehender<br />

Strukturen, die zweckbestimmte Kommunikation und die Datenintegration über die<br />

Grenzen der einzelnen Provider hinweg unter Wahrung der Autonomie der einzelnen Partner<br />

sichert.<br />

Abbildung 1: Die Elektronische FallAkte als alternative Lösung<br />

Ausgehend von erfolgreich validierten Pilotprojekten zur EFA und den Ergebnissen des im<br />

Rahmen der Entscheiderfabrik 2011 bearbeiteten Projektes »FallAkte Plus ein FallAkten-<br />

Portal für den intersektoralen Austausch von Behandlungsinformationen auf Basis von<br />

Soarian Integrated Care« fokussiert das Projekt »Mobility Solutions für das FallAken-Portal<br />

FallAkte Plus auf Basis von Soarian Integrated Care« auf die Integration mobiler Werkzeuge<br />

in die EFA, um den sich ändernden Lebensgewohnheiten, Kommunikationsverhalten<br />

und Arbeitsgewohnheiten gerecht zu werden.<br />

Anwender soll im Rahmen des Pilotprojektes die Möglichkeit erhalten, mittels mobilen<br />

Endgerätes (z.B. iPad) auf EFA Daten zuzugreifen. Neue Technologien und ein ausgefeiltes<br />

Datenschutzkonzept gewährleisten, dass EFA Nutzer beim Zugriff über das mobile Endgerät<br />

sicher identifiziert werden und nur auf die für sie zugänglichen Daten Zugriff erlangen.<br />

114


Im Rahmen des Projektes wird gezeigt, dass sich diese zwingend notwendigen Datenschutz-<br />

und Datensicherheitsanforderungen auch dann anwenderfreundlich umsetzen lassen,<br />

wenn der Anwender mit seinem mobilen Endgerät (iPad) keine Internetverbindung<br />

hat oder die auf dem mobilen Endgerät befindlichen Daten bei Verlust des Gerätes weiter<br />

zuverlässig geschützt sein müssen.<br />

Ausgangsbasis aller Überlegungen zu diesem Projekt war es, einen schnellen Zugriff auf<br />

relevante Informationen am Behandlungspunkt unter einfacher Bedienung, reduzierter<br />

Komplexität und der skizzierten Datenschutz- und Datensicherheitsanforderungen zu ermöglichen.<br />

Hierfür werden Usecases und eine Lösungsarchitektur identifiziert und prototypisch<br />

umgesetzt.<br />

Die Analyse geht von folgenden zwei Prozessen aus:<br />

• der Überleitung aus dem stationären (akuten) in den nachbehandelnden/ambulanten<br />

(speziell geriatrischen) Pflegebereich und umgekehrt<br />

• der Zusammenarbeit zwischen niedergelassenem Arzt und der ambulanten/stationären<br />

Pflege<br />

In beiden Fällen ergibt sich ein mehrseitiges Kommunikationsverhalten zwischen Akutkrankenhaus,<br />

niedergelassenem Arzt und der Pflege, aber auch der Notfallversorgung, die<br />

den Austausch von strukturierten Informationen, wie z.B. Medikation, Warnhinweisen etc.<br />

ortsunabängig erfordern.<br />

Auf Basis einer priorisierenden Anforderungsanalyse werden die wichtigsten Anforderungen<br />

an eine mobile Lösung erhoben, um einen nutzungsadäquaten und sicheren Einsatz<br />

zu ermöglichen (Abb. 2).<br />

Abbildung 2: Die wichtigsten Anforderungen an eine mobile Lösung<br />

115


Diese Anforderungsanalyse wurde um eine Risikoanalyse für die technische Umgebung<br />

mit dem Ziel ergänzt, die notwendigen Entwicklungsfelder festzulegen, um noch bestehenden<br />

technologischen Risiken entgegenzuwirken.<br />

(Zwischen-)Ergebnisse<br />

Um die erforderlichen Sicherheitsaspekte und eine einfache sowie schnelle Applikationsentwicklung<br />

zu ermöglichen, erfolgt die Implementierung auf Basis von Apple iOS-Geräten,<br />

z.B. an Hand eines iPads.<br />

Für diese Gerätearchitektur wird eine Applikation entwickelt, die die vorgenannten Anforderungen<br />

sukzessive erfüllen soll und gleichzeitig bei hoher Anwenderfreundlichkeit im<br />

Endausbau den bidirektionalen Datenaustausch mit der FallAkte Plus unter Einhaltung von<br />

Datenschutz- und Datensicherheitsanforderungen, wie z.B. Schutz vor Zugriffen unbefugter<br />

Dritter und Schutz von Daten bei Verlust des mobilen Endgerätes, ermöglicht (Abb. 3).<br />

Abbildung 3: Implementierung einer anwenderfreundlichen, alle Anforderungen sukzessiv<br />

erfüllenden Applikation<br />

116


Fazit und Ausblick<br />

Auf Basis der so entwickelten Applikation erfolgt eine Evaluation der Entwicklung im Rahmen<br />

des Einsatzes im Universitätsklinikum Aachen und der Kaiserswerther Diakonie. Das<br />

erfolgt anhand einer Abbildung des Überleitungsbogens zwischen dem stationären und<br />

ambulanten Bereich bezüglich der im Projekt erwarteten Nutzenpotenziale, wie u.a. einer<br />

verbesserten Behandlungs- und Pflegequalität, der Verfügbarkeit von Informationen direkt<br />

beim Patienten/Bewohner auch in Vertretungs- und Notfallsituationen, der Reduktion von<br />

Medienbrüchen und von Notfalleinweisungen. Darüber hinaus kann eine Entlastung der<br />

IT-Infrastruktur in den Kliniken durch Maßnahmen wie z.B. »Bring-Your-Own-Device« sowie<br />

eine erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit erreicht werden.<br />

Das Projekt<br />

Das Projekt »Mobility Solutions für das FallAken-Portal FallAkte Plus auf Basis von Soarian<br />

Integrated Care« fokussiert auf die Integration mobiler Werkzeuge in die Elektronische<br />

Fallakte (EFA), um den sich ändernden Lebens- und Arbeitsgewohnheiten sowie<br />

dem aktuellen Kommunikationsverhalten gerecht zu werden. Ziel ist es, Anwendern im<br />

Rahmen eines Pilotprojekts die Möglichkeit zu geben, mittels mobilen Endgerätes (z.B.<br />

iPad) auf EFA Daten zuzugreifen.<br />

Die beteiligten Partner sind die Healthcare IT Solutions GmbH, eine hundertprozentige<br />

Tochtergesellschaft des Universitätsklinikums Aachen, das Universitätsklinikum Aachen,<br />

die Siemens AG, die Kaiserswerther Diakonie in Düsseldorf, die Authenti DateInternational<br />

AG und die mgm -Management-Beratung im Gesundheitswesen GmbH.<br />

Zur Projektgruppe gehören Dr. Andreas Beß, Geschäftsführer mgm – Management-<br />

Beratung im Gesundheitswesen GmbH, Volker Lowitsch, Leiter Geschäftsbereich IT-Direktion,<br />

Universitätsklinikum Aachen, Dr. Martin Grandy, Siemens AG - Healthcare Sector -<br />

Clinical Products Division - Health Services H CX HS INT PPM CES, Nicolas Starck, Bereichsleitung<br />

Altenpflege, Kaiserswerther Diakonie, Jan C. E. Wendenburg Vorsitzender des<br />

Vorstandes, AuthentiDate International AG<br />

117


118


Patientenaufklärung 2.0<br />

Effizienzsteigerung im Patientenkontakt durch elektronischen Ersatz<br />

von patientenunterschriebenen Dokumenten<br />

von Thomas Pettinger, Dr. Carl Dujat, Andreas Schneider, Thomas Kleemann,<br />

Axel Maier, Sven Fröbel, Hubert Köferl<br />

Mit einem modernen und papierlosen Arbeitsprozess zur Patientenaufklärung warben<br />

das Klinikum Ingolstadt und der Erlanger Verlag Thieme Compliance um die Gunst der<br />

Wahlberechtigten bei der Entscheiderfabrik <strong>2012</strong>. Mit diesem patientenorientierten<br />

Thema wurde offenbar ein aktueller Bedarf getroffen: Die Entscheider wählten es auf<br />

Platz 1. Mit diesem Erfolg hatten beide Beteiligte nicht gerechnet – nahmen sie doch<br />

zum ersten Mal an der Entscheiderfabrik teil. Dass man ganz gut liegen würde mit<br />

einem Thema, das in vielen Kliniken bereits virulent ist und an dessen Lösungskonzept<br />

bereits seit längerer Zeit gemeinsam gearbeitet wird, hatten sie natürlich gehofft.<br />

Gemeinsam hatten auf dem Düsseldorfer Event der Entscheiderfabrik im Februar der<br />

stellvertretende Geschäftsführer des Klinikums Ingolstadt, Dr. Hans Jürgen Eisele, und der<br />

Projektleiter von Thieme Compliance, Thomas Pettinger, einen Vorschlag zur vollelektronischen<br />

(digitalen) Patientenaufklärung präsentiert. Damit soll es erstmals möglich<br />

werden, den aktuellen Stand der vor jedem Eingriff notwendigen Patientenaufklärung zu<br />

erfassen und im klinischen Workflow abzubilden. Pflegekräfte, Ärzte und Patienten arbeiten<br />

dann weitgehend ohne die bisher bekannten Papierdokumente, sondern erstellen<br />

gemeinsam ein elektronisches Aufklärungsdokument.<br />

Grundsätzliche Methodik der (digitalen) Patientenaufklärung<br />

Zunächst weist ein Fachangestellter des Krankenhauses dem Patienten die Aufklärungsinhalte<br />

zu, die zu dem bei ihm geplanten Eingriff passen. Neben den Inhalten der bisher<br />

genutzten Aufklärungsbögen kann es sich hierbei auch um weitere Medien, wie beispielsweise<br />

Aufklärungsfilme, handeln. Der Patient erhält anschließend Zugriff auf diese Inhalte<br />

und sieht einen Aufklärungsfilm auf einem Tablet, einem Terminal oder einem Bedside-<br />

Cockpitsystem. Dort füllt er auch in einer sehr einfach bedienbaren Oberfläche (s)eine<br />

erste Patientenanamnese aus.<br />

Diese Daten stehen dem Arzt anschließend in der Aufklärungssoftware digital zur Verfügung.<br />

Er kann sie einsehen, bearbeiten und auch das Patienten-Arzt-Gespräch dokumentieren.<br />

Dieses Gespräch ist auch in einem elektronischen Arbeitsprozess nicht ersetzbar,<br />

sondern natürlich unabdingbarer Bestandteil der Aufklärung.<br />

Abschließend unterschreiben Arzt und Patient den Aufklärungsbogen elektronisch auf einem<br />

Unterschriften-Pad. Es entsteht ein archivierbares PDF-A, welches in eine elektronische<br />

Patientenakte, ein KIS und/oder ein elektronisches Langzeitarchiv zurückgegeben<br />

werden kann. Ein optionaler qualifizierter Zeitstempel kann dabei die Integrität und Unveränderbarkeit<br />

des Dokuments zusätzlich erhöhen bzw. revisionssicher abbilden.<br />

119


Vorteile und Nutzen des Verfahrens<br />

Zunächst weist ein Fachangestellter des Krankenhauses dem Patienten die Aufklärungsinhalte<br />

zu, die zu dem bei ihm geplanten Eingriff passen. Patienten erhalten auf diese<br />

Weise die Aufklärungsinformationen in einer für Sie deutlich besser verständlichen Form.<br />

Sie füllen den Fragebogen für ihre Patientenanamnese zuverlässiger aus, da sie durch<br />

den elektronischen Ablauf besser geführt werden können. Vergessene Rückseiten kann<br />

es nicht mehr geben und auch die berühmte fehlende Lesebrille kann durch individuell<br />

auswählbare, extragroße Schrift kompensiert werden.<br />

Der Patient kann sich gleichzeitig darauf verlassen, optimal behandelt zu werden. Seine<br />

Informationen liegen dem Arzt bereits vor dem Beginn des Aufklärungsgesprächs vor.<br />

Der Arzt kann sich besser vorbereiten und individuell auf die Informationen des Patienten<br />

reagieren. Der Patient fühlt sich so sicher und in seiner Klinik gut aufgehoben.<br />

Für die Klinik ergeben sich Vorteile vor allem aus der Nachvollziehbarkeit der einzelnen<br />

Prozessschritte. Es wird sichtbar, wenn eine notwenige Aufklärung fehlt. Ein OP-Manager<br />

kann auf diese Tatsache reagieren und so Umplanungen vornehmen, bevor ein OP umgerüstet<br />

wird und im schlechtesten Fall ein Patient bereits dort angekommen ist. Wird heute<br />

ein Aufklärungsbogen nicht gefunden, muss eine Operation abgesagt werden. Das verunsichert<br />

den Patienten. Es entstehen Kosten für Leerlaufzeiten und neuerliches Umrüsten.<br />

Auch nach dem erfolgten Eingriff ist die Klinik vor dem Verschwinden des Bogens besser<br />

geschützt, als es aus der Papierakte der Fall wäre, da ein elektronisches Archiv den<br />

Aufklärungsbogen erfolgreich verarbeitet hat und diesen im Streitfall schnell auffindbar<br />

macht. Müssen heute Richter oft anhand von Eintragungen oder Notizen auf dem Papier<br />

Mutmaßungen über ein geführtes Gespräch zwischen Arzt und Patient anstellen, ist der<br />

gesamte Prozess zukünftig elektronisch dokumentiert.<br />

Das Projekt in der Entscheiderfabrik <strong>2012</strong><br />

Mit der Wahl zu einem der fünf Schlüsselthemen der Entscheiderfabrik <strong>2012</strong> gab es für ein<br />

zweites Klinikum aus dem Kreis der Teilnehmer die Möglichkeit, sich für eine Teilnahme<br />

zu bewerben. Hier entschied am Ende das Los. Zweiter Klinikpartner in diesem Projekt ist<br />

das Agaplesion Bethesda Krankenhaus Wuppertal.<br />

Der stellvertretende Leiter des dortigen IT-Service-Zentrums hatte sich beworben, weil<br />

er hier eine interessante Möglichkeit sah, das in Wuppertal entwickelte und erfolgreich<br />

eingeführte Pflege- und Arztinformationssystem MediCockpit um Statusinformationen<br />

zur Patientenaufklärung zu ergänzen. Hieraus entsteht ein weiterer Mehrwert, den ein<br />

elektronischer Workflow in der Patientenaufklärung zukünftig bieten kann. Mit Dr. Carl<br />

Dujat stand dann auch der projektbegleitende Berater alsbald fest und die Arbeit im Team<br />

konnte beginnen.<br />

Pilotabteilungen<br />

Zunächst wurden in einem ganztägigen Workshop in Wuppertal die erforderlichen Arbeitspakete<br />

definiert. Die Einführung des skizzierten neuen Arbeitsablaufs erscheint auf den<br />

120


ersten Blick einfach und schlüssig. Im Detail ist es aber sehr komplex, den über Jahre etablierten<br />

und gewohnten papiergebundenen Arbeitsablauf aller Beteiligten umzustellen.<br />

Zunächst begann daher die Suche nach einer geeigneten Fachabteilung, die das Projekt<br />

in der Klinik begleiten und später umsetzen will. In Wuppertal reagierte man in einer ersten<br />

Chefarzt-Konferenz noch verhalten, im Folgetermin wollten dann aber gleich mehrere<br />

Fachabteilungen an der Pilotphase teilnehmen. Um den Rahmen des Projekts nicht zu<br />

sprengen, beteiligten sich am Ende die Neurochirurgische Station und die Terminambulanz.<br />

Ein ehrgeiziges Ziel verfolgt man auch in Ingolstadt. Dort wird mit der Erprobung in der<br />

Anästhesieambulanz mit ihrem hohen Patientendurchsatz begonnen.<br />

Technik und Infrastruktur<br />

Als Basis wurde in beiden Häusern die Software E-ConsentPro von Thieme Compliance<br />

installiert. Die Basisversion dieser Software ersetzt seit November 2011 als Nachfolger die<br />

beiden Altprodukte PICS und Diomed Digital, mit denen Aufklärungsbögen direkt in der<br />

Klinik gedruckt werden können.<br />

Mit einer modular erweiterten Version von E-ConsentPro können nun in beiden Häusern<br />

elektronische Aufklärungsbögen erstellt werden. Dabei reichen kleine virtuelle Server für<br />

die klinikweite Bereitstellung der Anwendung. Die einzelnen Nutzer rufen die Anwendung<br />

dann einfach in ihrem normalen Webbrowser mit einem Acrobat Reader Plugin auf. Lediglich<br />

an Arbeitsplätzen, an denen an einem PC signiert werden soll, musste ein Treiber zur<br />

Unterstützung des Signaturpads installiert werden. Technik und Infrastruktur standen so<br />

an beiden Standorten schnell bereit.<br />

Mit der Einführung einer elektronischen Dokumentation in der Patientenaufklärung<br />

entstehen in den Kliniken Blaupausen für modernes und papierarmes Arbeiten.<br />

121


Erfolgsfaktor Personal<br />

Ein wichtiger Erfolgsfaktor für die erfolgreiche Einführung der elektronischen Patientenaufklärung<br />

war aber auch die frühzeitige Einbindung aller Beteiligten, da sich deren Arbeitsabläufe<br />

zum Teil erheblich änderten. So wurde bereits erfolgreich erprobt, ob Patienten<br />

auch in höherem Alter mit dem Ausfüllen des Fragebogens an einem Gerät zurechtkommen.<br />

Die Ärzte und auch das Fach- und Pflegepersonal wurden in die Planung von Anfang an<br />

einbezogen, um neben der sich ändernden Arbeit auch die Vorteile für die Anwender,<br />

Patienten und natürlich die Klinik transparent zu machen. So wurde beispielsweise gemeinsam<br />

erarbeitet, dass ein vollkommen papierloser Workflow den Patienten unter Umständen<br />

heute nicht den Komfort bieten wird, den die beteiligten Kliniken wünschen. So<br />

wird für die Patienten zum leichten Einstieg in die Befragung ein Barcode gemeinsam mit<br />

dem Informationstext des jeweiligen Aufklärungsbogens ausgedruckt. Der Patient kann<br />

mit diesem dann die Inhalte an einem Terminal aufrufen.<br />

Datei auf Knopfdruck für den Patienten<br />

Im Sommercamp der Entscheiderfabrik wurde auch das Patientenrechtegesetz diskutiert.<br />

Es schreibt fest, dass einem Patienten zukünftig auf Wunsch Abschriften auszuhändigen<br />

sind, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung unterschrieben hat. So entsteht unter<br />

Umständen ein erheblicher Papiermehraufwand. Auch wenn die Kosten vermutlich an den<br />

Patienten weitergegeben werden können, ist allein das Handling eines gedruckten und<br />

kompliziert gefalzten sechsseitigen Bogens auf einem Kopierer durchaus anspruchsvoll<br />

und mit erheblichem Zeitaufwand verbunden. Die Übergabe einer elektronischen Datei an<br />

ein patientengeführtes Archiv oder in einen individuellen Bereich eines Patientenportals<br />

dagegen funktioniert später auf Knopfdruck.<br />

Ausblick<br />

Die bisher gesammelten Erfahrungen sollen in einem weiteren, ganztägigen Workshop<br />

Ende September verifiziert und ausgewertet werden, um daraus Best-Practice-Handlungsempfehlungen<br />

für zukünftige Einführungsprojekte der digitalen Patientenaufklärung abzuleiten.<br />

Im November <strong>2012</strong> werden die Kliniken die Ergebnisse der Pilotphase auf der<br />

Medica in Düsseldorf gemeinsam vorstellen und so mit ihren Erfahrungen auch anderen<br />

Krankenhäusern Wege aufzeigen, eine moderne und innovative Form der elektronischen/<br />

digitalen Patientenaufklärung umzusetzen.<br />

122


Das Projekt<br />

Am Projekt „Effizienzsteigerung im Patientenkontakt durch elektronischen Ersatz von<br />

patientenunterschriebenen Dokumenten (Patientenaufklärung 2.0)“ sind das Klinikum<br />

Ingolstadt und das Agaplesion Bethesda Krankenhaus Wuppertal, die Thieme Compliance<br />

GmbH als Industriepartner und die promedtheus Informationssysteme für die<br />

Medizin AG als Beratungsunternehmen beteiligt.<br />

Die Projektgruppe besteht aus Thomas Pettinger, Sven Fröbel und Hubert Köferl von der<br />

Thieme Compliance GmbH, Dr. Carl Dujat von der promedtheus Informationssysteme für<br />

die Medizin AG, Thomas Kleemann und Axel Maier vom Klinikum Ingolstadt und Andreas<br />

Schneider vom Agaplesion Bethesda Krankenhaus Wuppertal.<br />

123


124


GOLDEN HELIX AWARD <strong>2012</strong><br />

Gute Ideen<br />

exzellent umgesetzt<br />

Ein Jubiläum der besonderen Art: Zum 20. Mal wird im Jahr <strong>2012</strong> der Qualitätspreis<br />

Golden Helix Award verliehen. Es ist der älteste Qualitätspreis im Gesundheitswesen<br />

im deutschsprachigen Raum. Träger ist der Verband der Krankenhausdirektoren<br />

Deutschlands (<strong>VKD</strong>).<br />

Seit dem Jahr 1992 werden mit diesem Preis Projekte ausgezeichnet, die der Erhöhung<br />

der Qualitätsstandards im Gesundheitswesen dienen und gleichzeitig die Kosten begrenzen.<br />

Im Mittelpunkt stehen die Patienten.<br />

Drei wesentliche Kriterien sind zu erfüllen:<br />

• Das Projekt muss nachweisbar einen Nutzen für die Patienten haben.<br />

• Es sollte rekonstruierbar und auf andere Gesundheitseinrichtungen und<br />

Organisationen übertragbar sein.<br />

• Es muss ein messbarer Vorteil für die Verbesserung der Versorgungsqualität<br />

nachgewiesen werden.<br />

Der Golden Helix Award ist einer der wenigen, wenn nicht überhaupt der einzige<br />

Qualitätspreis in Europa, der diese exakte Messung und eine Übertragungsmöglichkeit<br />

fordert. Es geht nicht nur um Innovation, um die gute Idee. Es geht um die konkrete<br />

Umsetzung.<br />

In diesem Jahr bewarben sich 14 Teams um den Preis. Nicht alle schafften es, diese<br />

Kriterien zu erfüllen. Schließlich wählte die Jury unter Vorsitz von Prof. Hans-Konrad<br />

Selbmann drei Projekte aus, die das Zeug zum Sieger haben und die auf den folgenden<br />

Seiten vorgestellt werden. Sie zeigen eine beachtliche Bandbreite von Themen und<br />

Problemlösungen.<br />

In einer nächsten Bewertungsrunde müssen die drei Teams sich nun der Begutachtung<br />

ihrer Arbeit vor Ort stellen. Entspricht die Darstellung in den eingereichten Berichten der<br />

Praxiswirklichkeit? In der Finalrunde schließlich müssen sie ihre Arbeit verteidigen. Diese<br />

beiden Runden standen bei Redaktionsschluss dieses Buches noch aus. Die Reihenfolge<br />

der Darstellung in den <strong>Praxisberichte</strong>n stellt also keine Rangfolge dar.<br />

Resümee und Blick in die Zukunft<br />

Im kommenden Jahr wird die Jury erstmalig ein umfangreiches Resümee der vergangenen<br />

20 Jahre ziehen: Welche Projekte waren besonders beeindruckend? Welche hatten<br />

die größte Breitenwirkung? Wie haben sich die Themen über die Jahre und angesichts<br />

125


zahlreicher Gesundheitsreformen entwickelt? Qualitätsmanagement ist heute in alle<br />

Einrichtungen des Gesundheitswesens eine Selbstverständlichkeit. Der Golden Helix<br />

Award hat dazu mit beigetragen.<br />

Mehr Informationen zum Golden Helix Award unter www.vkd-online.de<br />

(Die folgende Darstellung der Projekte<br />

beruht auf den eingereichten Berichten der Teams.)<br />

126


Mehr Lebensqualität<br />

für krebskranke Kinder und ihre Familien<br />

Verbund PädOnko Weser-Ems – Regionale ambulante Versorgung<br />

pädiatrisch-onkologischer Patienten aus der Weser-Ems-Region im Rahmen<br />

einer Integrierten Versorgung<br />

Für das Projektteam<br />

Prof. Dr. med. Hermann Müller<br />

Klinikdirektor im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin<br />

Klinikum Oldenburg GmbH<br />

Koordinator im Verbund PädOnko Weser-Ems<br />

Die Mitglieder des Projektteams kommen aus den beteiligten Kliniken in Oldenburg,<br />

Aurich, Delmenhorst, Emden, Lingen, Meppen, Nordhorn, Papenburg, Vechta, Wilhelmshaven,<br />

der Arbeitsgruppe OPflege Weser-Ems, dem häuslichen Verbundteam,<br />

der Elterninitiative und dem Deutschen Kinderkrebsregister.<br />

Beteiligt sind weiterhin fünf niedergelassene Onkologen in Schwerpunktpraxen,<br />

acht Mitglieder des psychosozialen Teams im Klinikum Oldenburg sowie zehn<br />

Krankenkassen.<br />

Ausgangssituation<br />

Im Weser-Ems-Gebiet leben 2,5 Mio. Einwohner auf einer Fläche von 15.000 Quadratkilometern.<br />

Jährlich werden etwa 60 Kinder und Jugendliche mit neu diagnostizierten<br />

Krebserkrankungen an das Deutsche Kinderkrebsregister in Mainz gemeldet. Die onkologische<br />

Behandlung in den Zentren im Nordwesten Niedersachsens wird durch das<br />

große Einzugsgebiet und dadurch bedingte lange Anfahrtswege für die Patienten und<br />

ihre Familien erschwert. Während die Patienten zur zytostatischen Therapie oft nur kurz<br />

im onkologischen Zentrum aufgenommen sind, treten potenziell gefährliche Phasen<br />

meist nach der Therapie auf, wenn die Patienten wieder zu Hause sind. In diesen Phasen<br />

sind neben regelmäßigen Spülungen des Kathetersystems zweimal pro Woche engmaschige<br />

klinische Kontrollen des Befindens und der Blutbildbefunde notwendig, um<br />

Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.<br />

Das Projektziel<br />

Behandlung und Nachsorge der Patienten sollten so strukturiert werden, dass sie und ihre<br />

Familien eine wohnortnahe kompetente Betreuung erfahren. Dazu gehört die Vermeidung<br />

langer Anfahrtswege für Patienten und Angehörige zur Versorgung außerhalb der<br />

Region im Rahmen einer häuslichen Betreuung durch ein mobiles Verbundteam, die<br />

Sicherung der Behandlungsqualität im Rahmen der Verbundbetreuung, die Vermeidung<br />

kurzzeitiger stationärer Aufenthalte zum Ausschluss infektiöser Komplikationen, die<br />

Koordination der Nachsorge, Rehabilitation, Transition und psychoonkologischen Betreuung<br />

im Rahmen einer Vereinbarung zur Integrierten Versorgung sowie die Verbesserung<br />

der Kommunikation im Verbund.<br />

127


Das Projekt<br />

Im Jahr 2001 haben sich Ärzte aus den Kinderkliniken in Weser-Ems im Verbund PädOnko<br />

zusammengeschlossen. Im Rahmen einer Vereinbarung zur Integrierten Versorgung<br />

wurde ein mobiles Versorgungsteam aufgebaut, das durch häusliche Versorgung<br />

den Familien seit Oktober 2005 mehr als 200.000 Kilometer Anfahrten zum Zentrum<br />

ersparte. Die Betreuung wurde verbessert durch Koordination der Angebote unter den<br />

Verbundkliniken, die Häufigkeit kurzzeitiger Klinikaufenthalte reduziert. Die häusliche<br />

Betreuung erfolgte unter Wahrung der hohen Qualitätsstandards ohne Steigerung<br />

der Komplikationsraten. Nachsorge, Rehabilitation, Transition und psychoonkologische<br />

Betreuung wurden im Rahmen strukturierter Verbundangebote verbessert.<br />

Die Umsetzung<br />

Hintergrund:<br />

Seit 2001 werden Kinder und Jugendliche mit onkologischen Erkrankungen stationär<br />

im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Oldenburg betreut. Zur regionalen<br />

Koordination der stationären und ambulanten Betreuung gründete sich Ende<br />

2001 der Verbund PädOnko Weser-Ems. Während noch im Jahr 2000 nur drei Prozent<br />

der an das Nationale Kinderkrebsregister gemeldeten Patienten aus dem damaligen<br />

Regierungsbezirk Weser-Ems auch in der Region behandelt wurden, stieg deren Zahl bis<br />

2009 auf 67 Prozent.<br />

Seit 2007 (GBA-Beschluss vom 1. 1. 2007) ist die stationäre Behandlung der Patienten<br />

im Verbund nur noch im Pädiatrisch Onkologischen Zentrum, Klinikum Oldenburg,<br />

möglich. Zur Sicherung der entsprechenden Qualitätsstandards in der ambulanten<br />

Therapie wurde zwischen dem Verbund und den zuständigen Kostenträgern im<br />

Oktober 2007 eine Vereinbarung zur Integrieren Versorgung der Patienten getroffen.<br />

Zwölf KV-ermächtigte Pädiater mit hämatologisch-onkologischer Erfahrung aus elf<br />

Kinderkliniken und Kinderabteilungen und elf niedergelassene internistische Onkologen in<br />

fünf onkologischen Schwerpunktpraxen traten der Vereinbarung bei. Die Mitglieder sind<br />

zu regelmäßiger Teilnahme an verbundinternen sowie externen Fortbildungen verpflichtet,<br />

Hospitationen der Mitglieder im onkologischen Zentrum Oldenburg und gegenseitige<br />

Besuche der Verbundkliniken zum kollegialen Monitoring gehören zur Qualitätssicherung<br />

im Verbund.<br />

Vermeidung von stationären Kurzzeitaufenthalten<br />

Im Rahmen der protokollgemäßen Therapien kommt es durch Unterdrückung der<br />

Knochenmarkfunktion zu Phasen besonderer Gefährdung für die Patienten. Die Eltern sind<br />

darüber informiert und angewiesen, ihr Kind bei Verdacht auf eine Infektion umgehend<br />

in einer Verbundklinik vorzustellen. Hier erfolgen anhand der klinischen und hämatologischen<br />

Befunde, die sofort telefonisch dem onkologischen Dienst im Zentrum übermittelt<br />

werden, eine gemeinsame Einschätzung sowie eine Besprechung des weiteren<br />

Vorgehens. In 10 bis 20 Prozent der Fälle kann dabei eine schwerwiegende Komplikation<br />

ausgeschlossen und ein stationärer Aufenthalt vermieden werden. Seit 2004 sind mit<br />

diesem Vorgehen kurzzeitige stationäre Aufenthalte in Oldenburg zum Ausschluss einer<br />

Infektion selten geworden. Zuvor waren diese notwendig, um angesichts der langen Anund<br />

Rückfahrzeiten zusätzliche Risiken zu vermeiden.<br />

128


Dauertherapie pädiatrisch-onkologischer Patienten mit Leukämie<br />

Die klinischen und hämatologischen Verlaufskontrollen der Dauertherapie erfolgen<br />

wöchentlich in einer wohnortnahen Verbundklinik. Etwa 75 Prozent der Patienten stellen<br />

sich wöchentlich in der onkologischen Ambulanz in Oldenburg vor, 25 Prozent in auswärtigen<br />

Kliniken.<br />

Informationsübermittlung<br />

Die Originalbefunde hämatologischer Diagnostik werden von den Verbundkliniken am<br />

Tag der Untersuchung per Fax an das Zentrum in Oldenburg übermittelt und von einer<br />

Dokumentarin/Schwester im Verbund dem ärztlichen Assistenten zur Beurteilung und<br />

telefonischen Kontaktaufnahme mit der Familie des Patienten vorgelegt. Der Assistent<br />

informiert diese am selben Tag über die weitere Dosierung der Dauermedikation. Durch<br />

ein System der Digitalisierung mikroskopischer Abstrichpräparate und radiologischer<br />

Bilder sowie zur internetgestützten Übermittlung werden die Referenzbeurteilung erleichtert<br />

und der Therapiebeginn beschleunigt. Die Anschaffung erfolgte in 2006 mit Förderung<br />

durch die Deutsche José Carreras Leukämie Stiftung.<br />

Das mobile Verbundteam<br />

Seit 2005 erfolgt eine regelmäßige häusliche, pflegerische Betreuung durch ein mobiles<br />

Team. Es besteht aus zwei Kinderkrankenschwestern, die mit je einer halben Stelle im<br />

Verbundteam tätig sind und im wöchentlichen Wechsel die Patienten auch im stationären<br />

Umfeld betreuen. Sie besuchen die Familien zuhause und verrichten Katheterspülungen,<br />

Verbandwechsel, Blutentnahmen und Zytostatikagaben.<br />

Unterstützungsangebote im Verbund<br />

• Ambulante häusliche Familien-Psychotherapie<br />

• Einleitung und Beantragung familienorientierter Rehabilitationsmaßnahmen<br />

• Überleitung in internistische Weiterbetreuung, wenn Patienten das Erwachsenenalter<br />

erreichen<br />

• Psychoonkologische Sprechstunde zur Verbesserung der Langzeitnachsorge<br />

• Erarbeitung und ständige Aktualisierung einheitlicher Pflegestandards seit 2001<br />

• Informationsmaterial und Veranstaltungen für Patienten und Angehörige<br />

Finanzierung<br />

Schon während der Laufzeit der Carreras-Förderung erfolgten regelmäßige Treffen mit<br />

den zuständigen Kostenträgern zur frühzeitigen Vorbereitung einer Weiterfinanzierung,<br />

die im Oktober 2007 in einen Vertrag zur Integrierten Versorgung mündeten. Die<br />

Finanzkalkulation der IV-Quartalspauschale – 700 Euro pro Patient – orientierte sich an den<br />

Personalkosten der etablierten Verbundstrukturen. Darüber hinaus wurde eine zusätzliche<br />

Quartalspauschale von 70 Euro je Patient für die betreuenden Ärzte in KV-Ermächtigung/<br />

internistisch-onkologischer Praxis ausgehandelt.<br />

Die Ergebnisse<br />

Durch die häusliche Versorgung wurden den Familien 1.943 Besuche in der Oldenburger<br />

Ambulanz erspart – das entspricht rund 209.000 Fahrkilometern. Das mobile Team<br />

hat durch eine Optimierung der Fahrtstrecke bei seinen Hausbesuchen nur 165.000<br />

129


Kilometer zurückgelegt. Nicht eingerechnet sind Einsparungen durch die ambulante<br />

Versorgung in den Verbundkliniken. Ohne die koordinierte Verbundstruktur wären alle<br />

Ambulanzkontrollen im Zentrum in Oldenburg notwendig und es würden noch erheblich<br />

längere Anfahrtszeiten anfallen.<br />

Stationäre Kurzzeitaufenthalte im pädiatrisch-onkologischen Zentrum Oldenburg<br />

konnten nach Etablierung des Verbundnetzwerkes um 16 Prozent im Vergleich 2004 zu<br />

2006 verringert werden.<br />

Die Behandlungsqualität ergab eine konstante Infektionsrate im Vorher-Nachher-<br />

Vergleich.<br />

Die Lebensqualität der betroffenen Patienten und Familien verbesserte sich, wie auch<br />

die Antworten auf einen zur Evaluation entwickelten und an 99 Betroffene verschickten<br />

Fragebogen zeigten.<br />

Fazit<br />

Die regionale Betreuung im Verbund PädOnko Weser-Ems bietet den betroffenen<br />

Familien eine Verbesserung ihrer Lebensqualität und sichert gleichzeitig die Behandlungsqualität.<br />

Aufgrund regelmäßiger qualitätssichernder Maßnahmen, erfolgreicher<br />

Benchmarkingergebnisse und der hohen Akzeptanz von Seiten der Familien gelang es,<br />

das Modellprojekt in eine Regelfinanzierung durch die Kostenträger (IV) zu überführen.<br />

Die Netzwerkstruktur erzeugt für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation. Gesundheitspolitisch<br />

hat der Verbund das Ziel, bei zunehmender Zentrierung medizinischer<br />

Spezialangebote die regionale Infrastruktur zur wohnortnahen Versorgung zu stärken. Von<br />

Seiten der Fachgesellschaft (GPOH) wird der Aufbau regionaler Versorgungsnetzwerke<br />

befürwortet. Eine Übertragung der Strukturen im Verbund PädOnko Weser-Ems als<br />

Modellprojekt für ambulante Versorgung auf andere medizinische Bereiche und Regionen<br />

erscheint möglich und sinnvoll.<br />

130


Das Klinikum Altenburger Land in Altenburg ist ein Krankenhaus der regionalen und<br />

überregionalen Versorgung in kommunaler Trägerschaft. In 12 Fachkliniken werden<br />

jährlich 18.000 Patienten stationär und 29.000 Patienten ambulant behandelt. Das<br />

Klinikum ist akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Leipzig und der Universitätsklinik<br />

Jena.<br />

Informierte Patienten erkennen Schwachpunkte<br />

Einführung eines Patientensicherheitsfilms am Klinikum Altenburger Land<br />

Für das Projektteam<br />

Dr. Lutz Blase<br />

Geschäftsführer<br />

Klinikum Altenburger Land GmbH<br />

Altenburg<br />

Sabrina Malitz<br />

Leiterin Stabsstelle Qualitätsmanagement<br />

Ausgangssituation<br />

Das Klinikum Altenburger Land hat in den vergangenen Jahren viele Versorgungsprozesse<br />

unter besonderer Berücksichtigung des Aspekts einer erhöhten Patientensicherheit<br />

überprüft und angepasst. Dennoch kam es immer wieder zu Zwischenfällen, welche<br />

durch die angepassten Prozesse eigentlich verhindert werden sollten. Es stellte sich<br />

heraus, dass diese hätten vermieden werden können, wenn dem Patienten die relevanten<br />

Sicherheitsaspekte des Prozesses bekannt gewesen wären und wenn auch die<br />

Mitarbeiter die ihnen eigentlich bekannten Sicherheitsaspekte stärker berücksichtigt<br />

hätten – was nicht durchgängig der Fall war.<br />

Das Projektziel<br />

Die Patienten als unmittelbar an den meisten Prozessschritten Beteiligte sollten über die<br />

ihrer Sicherheit und ihrem Komfort dienenden Elemente der Prozesse informiert werden.<br />

Das versetzt sie in die Lage, Abweichungen zu erkennen und die Mitarbeiter gegebenenfalls<br />

darauf hinzuweisen. Damit kann ein irregulär verlaufender Prozess wieder regulär<br />

fortgeführt werden.<br />

Die an der Behandlung beteiligten Mitarbeiter wiederum sollten darüber informiert sein,<br />

dass die Patienten die ihrer Sicherheit und ihrem Komfort dienenden Elemente eines<br />

Prozesses kennen.<br />

Weitere Ziele waren die Vermittlung eines verstärkten Sicherheitsgefühls und Vertrauens<br />

bei den Patienten, ein positiver Imageeffekt sowie die transparente Darstellung der<br />

Abläufe im Klinikum.<br />

131


Das Projekt<br />

Da es sich um ein komplexes Thema handelte, schien eine Informationsbroschüre nicht<br />

geeignet. Als Alternative bot sich an, die zu vermittelnden Inhalte in einem Film darzustellen.<br />

Begünstigt wurde dieser Ansatz dadurch, dass es einen eigenen Klinikkanal gibt. Dieser<br />

wurde bereits zur regelmäßigen Ausstrahlung eines Imagefilms genutzt. Es ging in dem<br />

Projekt daher um Planung, Herstellung und Einführung eines Patientensicherheitsfilms.<br />

Die Umsetzung<br />

Es wurden zur Darstellung in dem Film vor allem Aspekte ausgewählt, deren Beurteilung<br />

auch dem medizinischen Laien möglich ist:<br />

• Patientenidentifikation durch aktives Nachfragen bzw. Überprüfen der<br />

Patientenarmbänder<br />

• Einhaltung der Hygiene durch Händedesinfektion<br />

• Darstellung der Verabreichung von Medikamenten, verbunden mit der<br />

Aufforderung, bei Unklarheiten beim Personal nachzufragen<br />

• Markierung des OP-Gebietes vor einer Operation<br />

• Hinweise zur ärztlichen Aufklärung<br />

• Hinweise darauf, wie Mitarbeiter auch als solche identifiziert werden<br />

können (Mitarbeiterausweise)<br />

• Informationen zu den Mahlzeiten bzw. zu einer einzuhaltenden Diät<br />

oder Nahrungskarenz<br />

• ergänzend auch einige relevante Informationen zur Datensicherheit<br />

sowie Information zu sicherheitsrelevanten Vorgängen, die der Patient<br />

im Regelfall nicht selbst erfährt, da er sich in Narkose befindet oder<br />

nicht unmittelbar beteiligt ist<br />

Es gab eine Kick-off-Veranstaltung mit allen Beteiligten, in der das grobe Rahmenkonzept<br />

und der Zeitplan vorgestellt wurden. Es wurde eine Steuerungsgruppe gebildet, die eng<br />

mit einem Journalisten sowie einem Experten für Risikoberatung zusammenarbeitete. Die<br />

Mitarbeiter wurden regelmäßig in der Klinikumszeitung über den aktuellen Stand informiert.<br />

Es wurden die Schwerpunkte des Films besprochen, geeignete Drehorte und Darsteller<br />

im Klinikum gesucht, ein Ablaufplan erarbeitet. Gedreht wurde an zwei Tagen. Die Steuerungsgruppe<br />

begutachtete dann den ersten Schnitt. Nach Einarbeitung einiger Änderungen<br />

konnten auch die Mitarbeiter den Film in einer Präsentation ansehen und ihre Fragen<br />

dazu stellen.<br />

Um wirklich alle Mitarbeiter zu erreichen, erhielt jeder einen USB-Stick, auf dem der Film<br />

unlöschbar abgelegt ist. Diesen Stick erhält auch jeder neue Mitarbeiter. Außerdem wurde<br />

der Film ins klinikeigene Intranet eingestellt. Alle erhielten Gelegenheit, sich damit auseinanderzusetzen.<br />

132


Um auch die Patienten auf den Film aufmerksam zu machen, entwickelte die Projektgruppe<br />

Flyer und bot regelmäßige öffentliche Präsentationen für Patienten und Besucher<br />

an. Seit November 2011 wird der Film fünfmal täglich auf dem klinikeigenen Fernsehkanal<br />

gezeigt.<br />

Die Ergebnisse<br />

Hauptelement der Auswertung waren die Ergebnisse von Patientenbefragungen vor und<br />

nach dem Start des Films.<br />

Während die Patienten vorher darauf, ob ihre Fragen bei Aufnahme ins Krankenhaus<br />

zufriedenstellend beantwortet wurden, zu rund 52 Prozent mit »immer« bzw. »größtenteils«<br />

antworteten, waren danach rund 94 Prozent dieser Ansicht.<br />

Bei der Frage nach Aufklärung durch die Ärzte gab es nach Einsatz des Films keinerlei<br />

Unzufriedenheit mehr. Zuvor waren rund elf Prozent nicht zufrieden gewesen.<br />

Auch die persönliche Namensnennung der Mitarbeiter stieß auf sehr positive Resonanz.<br />

Zuvor hatten immerhin 41,50 Prozent der Patienten die Namen offenbar gar nicht erfahren.<br />

Bei der Händedesinfektion, die auch schon zuvor immer wieder Thema im Klinikum war,<br />

kam es nach Einführung des Films zu einem deutlichen Anstieg des Desinfektionsmittelverbrauchs.<br />

Fazit<br />

In relevanten Bereichen konnte nach Einführung des Films eine messbare Verbesserung<br />

der Patientensicherheit und auch der Patientenzufriedenheit festgestellt werden. Auch<br />

seitens der Mitarbeiter wurde die größere Transparenz ihrer Arbeit für die Patienten nicht<br />

als Nachteil, sondern eher als Ansporn gesehen.<br />

Eine Übertragbarkeit auf andere Krankenhäuser ist hier sehr leicht durch Orientierung<br />

sowohl hinsichtlich der Form als auch der Inhalte am Film des Klinikums Altenburger Land<br />

möglich.<br />

133


134


Die Schön Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee ist eine psychosomatischen Klinik und<br />

gehört zur Gruppe der Schön Kliniken. Behandelt werden Essstörungen, Depressionen,<br />

Angst- und Zwangserkrankungen, Borderline-Persönlichkeitsstörungen, posttraumatische<br />

Belastungsstörungen und chronische Schmerzbeschwerden. Eine enge Kooperation<br />

gibt es mit der Ludwig-Maximilians-Universität München. Neben einem individuell<br />

abgestimmten Behandlungskonzept werden den Patienten moderne Behandlungsmethoden<br />

nach neuesten Erkenntnissen der empirischen Forschung angeboten.<br />

Mehr Transparenz, bessere Vergleichbarkeit,<br />

stetige Verbesserung<br />

Projekt: Qualitätssicherung in der stationären Therapie durch die Einführung<br />

eines klinikinternen und klinikübergreifenden Benchmarkprojektes am Beispiel<br />

der Behandlung von PatientInnen mit einer Anorexia nervosa oder einer Major<br />

Depression<br />

Für das Projektteam<br />

Prof. Dr. Ulrich Voderholzer, Ärztlicher Direktor<br />

Dr. Jörg Heuser, Qualitätsbeauftragter der Schön Klinik Roseneck<br />

Ausgangssituation<br />

In der Schön Klinik Roseneck wird die Effektivität der therapeutischen Behandlung und<br />

die Umsetzung eines leitliniengestützten Vorgehens als primäres Qualitätsziel kontinuierlich<br />

überprüft. So gibt es eine jährliche statistische Auswertung der für Patienten<br />

einer Diagnosegruppe erzielten klinisch relevanten Veränderungen. Diese Auswertungen<br />

erfolgten bisher nur für die Gesamtklinik und ohne einen direkten Vergleich zu den<br />

in anderen psychosomatischen Kliniken bei den gleichen Störungsbildern erzielten<br />

Ergebnissen.<br />

Das Projekt<br />

Es wurde ein internes und nachfolgend auch ein externes Benchmarkprojekt implementiert.<br />

Das Ziel: klinikeigene und klinikübergreifende Behandlungsergebnisse sollten für<br />

alle Mitarbeiter transparent, kontinuierlich und stationsspezifisch zurückgemeldet werden,<br />

um so einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess anzustoßen, der sich letztendlich<br />

in einer Verbesserung der Therapieerfolge auswirken soll.<br />

Das ursprüngliche Vorgehen war für die Initiierung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses<br />

in der Schön Klinik Roseneck suboptimal, da die Mitarbeiter der einzelnen<br />

Stationen nur den Gesamtwert der Klinik, nicht aber die spezifischen Werte der von<br />

ihnen selbst behandelten Patienten rückgemeldet bekamen. Sie konnten das Ausmaß der<br />

von ihnen erzielten Therapieerfolge mit denen anderer Stationen nicht vergleichen und<br />

erhielten weder eine Erfolgsbestätigung der hohen Güte der erreichten Veränderungen<br />

noch andererseits einen Hinweis auf schlechtere Ergebnissen, die als Anstoß für einen<br />

internen PDCA-Zyklus genutzt werden konnten.<br />

135


Das Projektziel<br />

Ziel des Benchmarkprojektes war die Initiierung und Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen<br />

Verbesserungsprozesses der Behandlungsqualität, der sich auch in einer<br />

Verbesserung der erreichten Therapieerfolge widerspiegeln sollte.<br />

Die Umsetzung<br />

Im Jahr 2002 erfolgte daher in Abstimmung mit der Klinikleitung und dem Betriebsrat die<br />

Entscheidung, die diagnosenspezifischen klinischen Erfolgsgrößen nun auch stationsspezifisch<br />

auszuwerten und diese Werte den Mitarbeitern der betroffenen Stationen zurückzumelden.<br />

Im Jahr 2009 wurde dann zusätzlich beschlossen, die diagnosespezifischen<br />

Therapieerfolge der einzelnen Kliniken für die Mitarbeiter aller Kliniken einsehbar und<br />

transparent zu machen und diese Werte jeweils pro Quartal in einer Gesamtübersicht<br />

den behandelnden Therapeuten, Stationsleitern und Klinikleitungen zurückzumelden. Die<br />

monatlichen Werte werden jetzt sowohl im Rahmen der Teamsitzungen wie auch bei den<br />

Jours fixes der leitenden Mitarbeiter ausführlich besprochen und hinsichtlich ihrer Güte<br />

beurteilt.<br />

Der Stationsvergleich zeigte, dass es hinsichtlich der verschiedenen Therapieerfolgsmaße<br />

zum Teil deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Stationen gab. Eine genauere<br />

Analyse dieser Unterschiede führte zu Tage, dass zwar alle Stationen in den Grundzügen<br />

nach einem ähnlichen verhaltenstherapeutischen Behandlungskonzept arbeiteten, dass<br />

es jedoch in vielen einzelnen Therapiebausteinen (wie z.B. in den genauen Essensregeln,<br />

im Umgang mit Therapieverträgen, in der angestrebten wöchentlichen Gewichtszunahme)<br />

und auch in der Gewichtung der einzelnen Therapiebausteine zum Teil recht deutliche<br />

Unterschiede zwischen den Stationen gab. In einer stations- und berufsgruppenübergreifenden<br />

Arbeitsgruppe wurden daher die Unterschiede und die dahinter liegenden therapeutischen<br />

Überlegungen ermittelt und dann in einem mehrstufigen Konsensusprozess<br />

ein für alle Stationen einheitliches Therapiekonzept mit identischen Therapieregeln,<br />

Zielvereinbarungen und Entscheidungsregeln erarbeitet. Dieses Konzept erfuhr im Laufe<br />

der Zeit immer wieder Feinjustierungen und Anpassungen an neuere Erkenntnisse.<br />

Schon die gemeinsame Analyse der quartalsmäßigen Erfolgsdaten und die inhaltliche<br />

Auseinandersetzung mit den dahinter stehenden therapeutischen Überlegungen führte<br />

zu einem Veränderungsprozess auf den Stationen und in der Klinik. Das auf den verschiedenen<br />

Stationen vorhandene Expertenwissen konnte dazu genutzt werden, ein<br />

einheitliches, leitliniengestütztes therapeutisches Gesamtbehandlungskonzept zu erarbeiten<br />

und schriftlich festzuhalten. Dieser Qualitätssicherungsprozess hält an und ist aus<br />

Sicht der Beteiligten ein Beispiel für gelebtes Qualitätsmanagement und eine gelungene<br />

Umsetzung eines PDCA-Zyklus im klinischen Behandlungsalltag.<br />

In einem zweiten Schritt wurden nach der Einführung des klinikübergreifenden Benchmarkprojektes<br />

im Jahr 2009 in einer klinikübergreifenden »Praxisgruppe Psychosomatik«<br />

die Unterschiede in den Erfolgsraten der beteiligten Kliniken analysiert und bewertet.<br />

136


Die Ergebnisse<br />

Sowohl in den Qualitätskommissionen und Chefarzt-Jourfixen der einzelnen Kliniken<br />

wie auch in einer hierfür eigens gegründeten berufsgruppen- und klinikübergreifenden<br />

Expertengruppe war analysiert worden, in welchen Erfolgs- und Behandlungskriterien<br />

es relevante Unterschiede zwischen den einzelnen Kliniken gab und in welchen<br />

Therapiebausteinen sich die Stationen und Kliniken mit besonders guten Ergebnissen<br />

von den anderen unterscheiden. Anhand der Ergebnisse dieser Analysen wurde von der<br />

Expertengruppe eine Empfehlung für ein Best Practice-Vorgehen erarbeitet. Dieses wurde<br />

den Stationen und Kliniken vermittelt und – unter Berücksichtigung der strukturellen<br />

Möglichkeiten der einzelnen Kliniken – dort auch umgesetzt.<br />

Die in diesem Benchmarkprojekt erhobenen Daten (wie auch die Erfolgsdaten zu allen<br />

anderen in den Schön Kliniken behandelten großen Krankheitsgruppen) werden in einem<br />

eigenen Qualitätsbericht veröffentlicht und so auch den Patienten und Kostenträgern<br />

zugänglich gemacht.<br />

Als »Goldstandard« für die Messung des Therapieerfolges bei Anorexia nervosa wird<br />

von international anerkannten Experten – zuletzt auch in der S3-Leitlinie der AWMF – die<br />

erzielte Gewichtszunahme während der stationären Behandlung empfohlen und daher als<br />

zentrales Erfolgskriterium für das Benchmarkprojekt gewählt. Als weitere Kriterien für den<br />

Therapieerfolg werden die Veränderung in verschiedenen psychometrischen Inventaren<br />

(u.a. EDI-2 und SIAB-S) und die subjektive Beurteilung des Therapieerfolges durch die<br />

Patienten herangezogen.<br />

Anhand der übermittelten Werte kann die einzelne Klinik nun sehr gut bewerten, wo<br />

sie hinsichtlich der einzelnen medizinischen und psychometrischen Erfolgskriterien im<br />

Vergleich zu den anderen teilnehmenden psychosomatischen Kliniken steht.<br />

Die Initiierung und Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses der<br />

Behandlungsqualität zeigt sich u.a. in der Veränderung der erreichten Effektstärken in<br />

der als Goldstandard definierten Zielgröße »Veränderung im Body Mass Index BMI«. Die<br />

Veränderung dieser Kennziffer über die Jahre 2002 bis 2011 ist in Abbildung 1 dargestellt.<br />

Pro Jahr gehen die Daten von ca. 350 Patientinnen mit einer Anorexia nervosa in die<br />

Auswertung mit ein (siehe auch die Abbildung auf der folgenden Seite).<br />

137


Abbildung 1: Entwicklung der Behandlungsergebnisse (Effektstärke BMI-Veränderung)<br />

in der stationären Behandlung von Patienten mit einer Anorexia nervosa.<br />

Die positiven Erfahrungen haben dazu geführt, dass dieses Vorgehen nun auf alle anderen<br />

zahlenmäßig bedeutsamen Behandlungsgruppen ausgeweitet wird.<br />

Stabilität der Behandlungserfolge ermittelt<br />

Obwohl dieses Vorgehen eine sehr präzise Aussage über die jeweils erzielten Behandlungserfolge<br />

ermöglicht, ist hiermit noch keine Aussage über die Aufrechterhaltung der<br />

Behandlungserfolge nach der Entlassung aus der stationären Behandlung in die ambulante<br />

Weiterbehandlung möglich. Diese Stabilität der Behandlungserfolge ist aus Sicht der<br />

Klinik aber eine entscheidende Größe für die Gesamtbeurteilung des Therapiekonzeptes.<br />

Daher wurde in einer dritten Phase des Benchmarkprojektes beschlossen, für die einzelnen<br />

Krankheitsbilder zusätzlich auch katamnestische Daten nach sechs Monaten<br />

zu erheben. Für drei ausgewählte Störungsgruppen (Essstörungen, Zwangsstörungen,<br />

Depressionen) erfolgt nun seit einem guten Jahr nach jeweils sechs Monaten eine<br />

routinemäßige Nachbefragung aller behandelten Patienten. Hierbei wird neben den<br />

Veränderungen in den klinisch relevanten Parametern auch erfasst, ob es bei den<br />

einzelnen Patienten gelungen ist, eine integrierte Versorgungskette aufzubauen und<br />

ob zeitnah nach Entlassung eine ambulante Weiterbehandlung stattgefunden hat. Die<br />

Ergebnisse sollen Aussagen über die langfristige Stabilität der während des stationären<br />

Aufenthaltes erzielten Behandlungserfolge ermöglichen und zugleich aufzeigen, an welchen<br />

Schnittstellen die integrierte Versorgung noch verbessert werden kann.<br />

138


Erste Ergebnisse (N = 1348) bei den Patienten mit der Hauptdiagnose einer Depression<br />

belegen einerseits die Stabilität der Behandlungserfolge, zeigen andererseits aber auch<br />

die große Bedeutung einer möglichst nahtlosen, effektiven poststationären ambulanten<br />

Weiterbehandlung.<br />

Fazit<br />

Durch das Benchmarkprojekt ist es gelungen, die Behandlungsqualität und die erzielten<br />

Therapieerfolge kontinuierlich über die Jahre zu steigern. Diese Entwicklung war und<br />

ist für alle beteiligten Mitarbeiter ein entscheidender Ansporn, sich intensiver mit der<br />

Qualität der eigenen therapeutischen Arbeit auseinander zu setzen und offen für notwendige<br />

Veränderungsmaßnahmen zu sein. Es ist ein gelebtes Beispiel für das Motto »Lernen<br />

von den Besten«.<br />

139


140


Die Autoren<br />

Titel des Vorworts<br />

Dr. Josef Düllings<br />

Präsident des Verbandes<br />

der Krankenhausdirektoren Deutschlands (<strong>VKD</strong>)<br />

Hauptgeschäftsführer<br />

St. Vincenz-Krankenhaus GmbH<br />

St. Josefs-Krankenhaus gem. GmbH<br />

Am Busdorf 2<br />

33098 Paderborn<br />

Vertrauen ist kein Sprintprojekt<br />

Wie die Schön Klinik Bad Bramstedt ein »Great Place to Work ® « wurde<br />

Marcus Baer<br />

Kaufmännischer Leiter<br />

Schön Klinik Bad Bramstedt<br />

Birkenweg 10<br />

24576 Bad Bramstedt<br />

Stefanie Klein<br />

Personalleiterin<br />

Astrid Reining<br />

PR und Marketing<br />

http://www.schoen-kliniken.de<br />

AReining@schoen-kliniken.de<br />

141


Ein attraktives Gehalt genügt nicht<br />

Familienfreundliche Unternehmenspolitik zur erfolgreichen Mitarbeiterbindung<br />

und Fachkräfteakquise<br />

Ingrid Sacher<br />

Verwaltungsdirektorin<br />

Sana-Krankenhaus Rügen GmbH<br />

Calandstr. 7/ 8<br />

18528 Bergen auf Rügen<br />

info.ruegen@sana.de<br />

Christin Drescher<br />

Leiterin Planung/ Organisation/ Qualitätsmanagement<br />

Daniela Wolter<br />

Assistentin der Geschäftsführung<br />

Mitarbeiterorientierung ist Patientenorientierung<br />

Regionaler Marktführer mit strategisch ausgerichtetem Personalkonzept<br />

Für die Autoren:<br />

Sabine Hellwig<br />

Personalentwicklung, interne Kommunikation<br />

Abteilung Öffentlichkeitsarbeit<br />

GLG Gesellschaft für Leben und Gesundheit mbH<br />

Rudolf-Breitscheid-Str. 36<br />

16225 Eberswalde<br />

www.glg-mbh.de<br />

142


Attraktiv als Arbeitgeber<br />

Lahn-Dill-Kliniken:<br />

Mit sorgfältiger Planung und Kontinuität gegen den Fachkräftemangel<br />

Richard Kreutzer<br />

Geschäftsführer<br />

Lahn-Dill-Kliniken GmbH<br />

Forsthausstraße 1<br />

35578 Wetzlar<br />

richard.kreutzer@lahn-dill-kliniken.de<br />

Familienfreundlichkeit gecheckt<br />

Mitarbeiterorientierung im Leitbild des Städtischen Klinikums Wolfenbüttel<br />

Joachim Kröger<br />

Geschäftsführer<br />

Städtisches Klinikum Wolfenbüttel<br />

Alter Weg 80<br />

38302 Wolfenbüttel<br />

www.städtisches-klinikum.de<br />

Ralf Harmel<br />

Pflegedirektor<br />

Städtisches Klinikum Wolfenbüttel<br />

Kooperations-Kita »Schweriner Seefahrer«<br />

Bau und Betrieb einer eigenen Kindertagesstätte auf dem Klinikgelände<br />

Christoph Essmann<br />

Verwaltungsdirektor<br />

AHG Klinik Schweriner See<br />

Am See 4<br />

19069 Lübstorf<br />

fkschwerin@ahg.de<br />

cessmann@ahg.de<br />

143


Qualifikationen richtig einsetzen<br />

Umverteilung von Tätigkeiten und interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

im stationären Bereich<br />

Stefanie Bothur<br />

Unternehmensberaterin<br />

Dr. Gunhild Küpper<br />

Unternehmensberaterin CMC/BDU<br />

Norbert Vongehr<br />

Geschäftsführer<br />

Hellmig-Krankenhaus Kamen<br />

Helena Wohlgemuth<br />

Pflegedirektorin<br />

Hellmig-Krankenhaus Kamen<br />

Für die Autoren:<br />

Küpper Sozialforschung ® & Consulting GmbH<br />

Unternehmensberatung BDU<br />

Theodor-Heuss-Ring 24<br />

50668 Köln<br />

schorn@kueso.de<br />

144


Großprojekt Gesundheitszentrum<br />

Das Städtische Klinikum Brandenburg führte vier MVZ zusammen<br />

und sichert so auch die ambulante Versorgung<br />

Gabriele Wolter<br />

Geschäftsführerin<br />

Städtisches Klinikum Brandenburg<br />

Hochstr. 29<br />

14770 Brandenburg a.d. Havel<br />

www.klinikum-brandenburg.de<br />

Dr. Harald Vanherpe<br />

Assistenz Ärztliches Direktorium<br />

Olaf String<br />

Leiter Allgemeine Verwaltung<br />

Ein Förderverein als Trägereinrichtung – kann das gut gehen?<br />

Organisationsstruktur der freigemeinnützige Tessinum GmbH<br />

ermöglicht vielfältige Synergien<br />

Frank Acker<br />

Geschäftsführer<br />

Tessinum GmbH<br />

Karl-Marx-Str. 16<br />

18195 Tessin<br />

info@tessinum.de<br />

www.tessinum.de<br />

Kerstin Trommer<br />

Qualitätsbeauftragte<br />

Mitarbeiterin<br />

für Öffentlichkeitsarbeit<br />

145


Das Spremberger Modell<br />

Mitarbeiter des Krankenhauses als Mitgesellschafter und Mitgestalter<br />

Kathrin Möbius<br />

Geschäftsführerin<br />

Spremberger Krankenhausgesellschaft mbH<br />

Karl-Marx-Straße 80<br />

03130 Spremberg<br />

www.krankenhaus-spremberg.de<br />

Die Babyklappe am St. Adolf-Stift in Reinbek<br />

Eine Abwägung zwischen Bedenken und Rechtfertigungen<br />

Lothar Obst<br />

Oberamtsrat a.D.<br />

Kaufmännischer Direktor<br />

Krankenhaus Reinbek St. Adolf-Stift<br />

Hamburger Straße 41<br />

21465 Reinbek<br />

www.krankenhaus-reinbek.de<br />

Erfolgsmodell Entscheiderfabrik<br />

Krankenhauserfolg durch optimalen IT-Einsatz<br />

Dr. Pierre-Michael Meier<br />

Stv. Sprecher, IuiG-Initiativ-Rat der<br />

ENTSCHEIDERFABRIK<br />

pierre-michael.meier@iuig.org<br />

Rochusweg 8<br />

41516 Grevenbroich<br />

146


Speicherung und Aufbewahrung großer Datenmengen<br />

Effizientes Management der Massen an medizinischen und administrativen Daten<br />

unter Berücksichtigung von Zukunfts- und Investitionssicherheit<br />

Für die Autoren:<br />

Dr. Andreas Zimolong<br />

Geschäftsführer Synagon GmbH<br />

Im Süsterfeld 6<br />

52072 Aachen<br />

andreas.zimolong@synagon.de<br />

Werkzeug zur strategischen Krankenhaussteuerung<br />

Risiko- und Potenzialanalyse anhand von Geo- und Marktdaten für ein strategisches<br />

Konzernmanagement in der Gesundheitswirtschaft<br />

Für die Autoren:<br />

Dr. Uwe Günther<br />

Geschäftsführender Gesellschafter<br />

Sanovis GmbH<br />

Richard-Strauss-Straße 69<br />

81679 München<br />

www.sanovis.com<br />

Stefan Lachmann<br />

Vertrieb | Account Manager<br />

KMS Vertrieb und Services AG<br />

Inselkammerstr. 1<br />

82008 Unterhaching (München)<br />

www.kms.ag<br />

147


Chancen und Risiken der IT-Mobilität<br />

Evaluation von mobilen Endgeräten für den Einsatz mobiler Visiten,<br />

bei Pflege und in anderen Szenarien<br />

Für die Autoren:<br />

Detlef Lübben<br />

PRO-KLINIK Krankenhausberater<br />

Richard-Zanders-Straße 45<br />

51469 Bergisch Gladbach<br />

www.pro-klinik.de<br />

Ellen Simon<br />

Geschäftsbereichsleiterin Informationstechnologie<br />

Johanniter Competence Center GmbH<br />

Finckensteinallee 123<br />

12205 Berlin<br />

Integration mobiler Werkzeuge in die EFA<br />

Mobility Solutions für das FallAkten-Portal FallAkte Plus auf Basis von<br />

Soarian Integrated Care unter Erfüllung der aktuellen Datenschutz- und<br />

Datensicherheitsanforderungen<br />

Für die Autoren:<br />

Dr. Andreas Beß<br />

Geschäftsführer<br />

mgm – Management-Beratung im Gesundheitswesen GmbH<br />

Kirchheimer Straße 49d<br />

67269 Grünstadt<br />

bess@mgm-gmbh.de<br />

Volker Lowitsch<br />

Leiter Geschäftsbereich IT-Direktion<br />

Geschäftsbereich IT-Direktion / Universitätsklinikum Aachen<br />

Pauwelsstraße 30<br />

52074 Aachen<br />

Email: VLowitsch@ukaachen.de<br />

148


Patientenaufklärung 2.0<br />

Eine moderne und innovative Form der elektronischen/digitalen Patientenaufklärung<br />

Für die Autoren:<br />

Dr. Carl Dujat<br />

Vorstandsvorsitzender promedtheus AG<br />

Scheidt 1<br />

D-41812 Erkelenz<br />

www.promedtheus.de<br />

Thomas Pettinger<br />

Projektleiter E-ConsentPro<br />

Thieme Compliance GmbH<br />

Am Weichselgarten 30<br />

91058 Erlangen<br />

www.thierme-compliance.de<br />

GOLDEN HELIX AWARD 2011<br />

Mehr Lebensqualität für krebskranke Kinder und ihre Familien<br />

Verbund PädOnko Weser-Ems – Regionale ambulante Versorgung<br />

pädiatrisch-onkologischer Patienten aus der Weser-Ems-Region<br />

im Rahmen einer Integrierten Versorgung<br />

Kontakt zur Projektgruppe:<br />

Prof. Dr. med. Hermann Müller<br />

Klinikdirektor im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin<br />

Klinikum Oldenburg GmbH<br />

Koordinator im Verbund PädOnko Weser-Ems<br />

Klinikum Oldenburg gGmbH<br />

Rahel-Straus-Straße 10<br />

26133 Oldenburg<br />

149


Informierte Patienten erkennen Schwachpunkte<br />

Einführung eines Patientensicherheitsfilms am Klinikum Altenburger Land<br />

Kontakt zur Projektgruppe:<br />

Dr. Lutz Blase<br />

Geschäftsführer<br />

Klinikum Altenburger Land GmbH<br />

Sabrina Malitz<br />

Leiterin Stabsstelle Qualitätsmanagement<br />

Klinikum Altenburger Land GmbH<br />

Am Waldessaum 10<br />

04600 Altenburg<br />

Mehr Transparenz, bessere Vergleichbarkeit, stetige Verbesserung<br />

Projekt: Qualitätssicherung in der stationären Therapie durch die Einführung<br />

eines klinikinternen und klinikübergreifenden Benchmarkprojektes am Beispiel<br />

der Behandlung von PatientInnen mit einer Anorexia nervosa oder einer<br />

Major Depression.<br />

Kontakt zur Projektgruppe:<br />

Prof. Dr. Ulrich Voderholzer<br />

Ärztlicher Direktor<br />

Dr. Jörg Heuser<br />

Qualitätsbeauftragter der Schön Klinik Roseneck<br />

Schön Klinik Roseneck<br />

Am Roseneck 6<br />

83209 Prien am Chiemsee<br />

150

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