Insolvenzverschleppung durch den Mandanten - bei uppenbrink.de
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<strong>Insolvenzverschleppung</strong> <strong>durch</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>Mandanten</strong><br />
Präventivmaßnahmen <strong>de</strong>s Steuerberaters zur Vermeidung strafrechtlicher<br />
Verstrickungen<br />
von Thomas Uppenbrink, Hagen<br />
www.<strong>uppenbrink</strong>.<strong>de</strong><br />
Unternehmenskrisen for<strong>de</strong>rn <strong><strong>de</strong>n</strong> Steuerberater in zweifacher Hinsicht:<br />
Er muß beson<strong>de</strong>re Beraterqualitäten ins Spiel bringen und sich<br />
gleichzeitig gegen drohen<strong>de</strong> strafrechtliche Verstrickungen absichern.<br />
Dies verlangt Fingerspitzengefühl im Umgang mit <strong>de</strong>m <strong>Mandanten</strong><br />
und ein “zupacken<strong>de</strong>s” Management <strong>de</strong>s Mandats.<br />
Rutscht ein <strong>Mandanten</strong>unternehmen in die<br />
Insolvenzgefahr – und die entsteht bekanntlich<br />
bereits in einem sehr frühen Krisenstadium <strong>bei</strong><br />
drohen<strong>de</strong>r Zahlungsunfähigkeit, klassischer<br />
Überschuldung und (in <strong><strong>de</strong>n</strong> meisten Fällen) <strong>bei</strong><br />
latent vorhan<strong><strong>de</strong>n</strong>er Zahlungsfähigkeit – geht<br />
auch <strong>de</strong>r Steuerberater haftungsrechtlich auf<br />
dünnem Eis.<br />
Das sollte aber die Angehörigen <strong>de</strong>r steuer- und<br />
wirtschaftsprüfen<strong><strong>de</strong>n</strong> Berufe nicht davon abhalten,<br />
das interessante Geschäftsfeld <strong>de</strong>r Unternehmenssanierung/<br />
-kondolidierung für ihre<br />
Kanzlei zu erschließen. Hinzuweisen ist allerdings<br />
darauf, daß dieses Terrain erst nach sorgfältiger<br />
Vorbereitung zu betreten ist. Denn nur<br />
wer weiß, wo die Steine liegen, kann auch übers<br />
Wasser gehen!<br />
I. Buchführung und Bilanzierung<br />
Der Steuerberater nimmt im Rahmen seines<br />
Auftrags (§611 BGB) eine Son<strong>de</strong>rstellung ein,<br />
die u.a. auch die<br />
• Hilfestellung <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Erfüllung von<br />
Buchführungs- und Bilanzierungspflichten<br />
umfasst.<br />
• Im geringsten Fall nimmt er hier<strong>bei</strong> nur eine<br />
Überwachungsfunktion wahr.<br />
1<br />
PRAXISHINWEIS<br />
In <strong>bei</strong><strong><strong>de</strong>n</strong> Fällen trifft ihn als sog. Überwachungsgarant<br />
i.S. von §13 StGB eine Obhutspflicht<br />
gegenüber seinem <strong>Mandanten</strong>. Eine Verletzung<br />
dieser Pflicht kann zur Strafbarkeit <strong>de</strong>s Steuerberaters<br />
führen.<br />
Die vertragliche Übernahme <strong>de</strong>r Beistandspflicht<br />
in Buchführungs- und Bilanzierungsangelegenheiten<br />
löst für <strong><strong>de</strong>n</strong> Steuerberater Informationspflichten<br />
aus. Sobald er Kenntnis von <strong>de</strong>r sich<br />
verschlechtern<strong><strong>de</strong>n</strong> Vermögenssituation <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
erlangt hat, muß er die Geschäftsleitung<br />
und/ o<strong>de</strong>r die Inhaber <strong>de</strong>s Unternehmens darüber<br />
informieren und im Rahmen seiner beruflichen<br />
Qualifizierung aufzeigen, welche Konsequenzen<br />
aus <strong>de</strong>r wirtschaftlichen und finanziellen Situation<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens zu befürchten sind.<br />
II. Schriftliche Absicherung gegenüber <strong>de</strong>m<br />
<strong>Mandanten</strong><br />
Die einfache Dokumentation <strong>de</strong>r Lage <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
als Kurzhinweis in <strong>de</strong>r Handakte reicht<br />
nicht aus, um die Obhutspflicht zu erfüllen. Dies<br />
muß vielmehr in schriftlicher Form und mit Empfangsnachweis<br />
<strong>de</strong>r Geschäftsführer/ Inhaber nachgewiesen<br />
wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />
Bei schwierigen <strong>Mandanten</strong> und einer noch<br />
schwierigen wirtschaftlichen Lage <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
wird <strong>bei</strong> Vorlage solcher Vermerke in <strong>de</strong>r<br />
Regel das Mandat je<strong><strong>de</strong>n</strong>falls dann nicht mehr zu<br />
halten sein, wenn <strong>de</strong>r Mandant eine völlig an<strong>de</strong>re<br />
Auffassung von <strong>de</strong>r Situation und <strong><strong>de</strong>n</strong> daraus abzuleiten<strong><strong>de</strong>n</strong><br />
Konsequenzen für das Unternehmens
hat. Die übliche Haltung <strong>de</strong>s Steuerberaters<br />
“pro mandata” sollte hier kritisch hinterfragt<br />
wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, da strafrechtliche Verstrickungen drohen.<br />
Für die drei kritischen insolvenznahen Situationen<br />
(s.o.) sind einfach strukturierte Schriftsatzmuster<br />
vorzuhalten (siehe die nachfolgen<strong><strong>de</strong>n</strong><br />
Muster), um <strong>bei</strong> Bedarf schnell reagieren zu<br />
können. Es empfiehlt sich, die Hinweise<br />
• auf drohen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r tatsächliche Überschuldung<br />
• bzw. auf drohen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r tatsächlich vorhan<strong><strong>de</strong>n</strong>e<br />
Zahlungsunfähigkeit<br />
mit Lösungsansätzen zu verknüpfen, wie die<br />
Existenz bedrohen<strong>de</strong> Situation <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
behoben wer<strong><strong>de</strong>n</strong> kann.<br />
Des Weiteren ist eine Erklärung vorzuhalten,<br />
MUSTER 1<br />
Drohen<strong>de</strong> Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit)<br />
Erhebliche Verschlechterung <strong>de</strong>r wirtschaftlichen<br />
Lage Ihres Unternehmens<br />
Sehr geehrter Herr...,<br />
mit <strong>de</strong>r Fertigstellung <strong>de</strong>r betriebswirtschaftlichen Auswertung<br />
für... (Monat/Jahr) mußten wir feststellen, daß<br />
sich Ihre wirtschaftliche Lage erheblich verschlechtert<br />
hat. Wir weisen daher eindringlich darauf hin, daß sich<br />
sowohl <strong>de</strong>r Kreditorenstand als auch <strong>de</strong>r Debitorenbestand<br />
in Höhe und Laufzeit enorm ausgeweitet haben und<br />
Ihre Zahlungsfähigkeit extrem gefähr<strong>de</strong>t ist.<br />
Aus <strong><strong>de</strong>n</strong> vorliegen<strong><strong>de</strong>n</strong> Unterlagen geht unzweifelhaft hervor,<br />
daß sich das Unternehmen in ernsthaften wirtschaftlichen<br />
Schwierigkeiten befin<strong>de</strong>t und hier dringend Maßnahmen<br />
ergriffen wer<strong><strong>de</strong>n</strong> müssen, um die drohen<strong>de</strong> Insolvenzgefahr<br />
abzuwen<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />
In <strong>de</strong>r <strong>bei</strong>gefügten Handlungsempfehlung haben wir die<br />
aus unserer Sicht sofort einzuleiten<strong><strong>de</strong>n</strong> Maßnahmen und<br />
Entscheidungen aufgelistet. Wir weisen darauf hin, daß<br />
eine Unterlassung <strong>de</strong>r vorgeschlagenen Maßnahmen mit<br />
großer Sicherheit die Unternehmensinsolvenz zur Folge<br />
haben wird.<br />
Zur Klärung <strong>de</strong>r Situation und Erläuterung <strong>de</strong>r von uns<br />
vorgeschlagenen Strategien la<strong><strong>de</strong>n</strong> wir Sie dringend zu<br />
einem unverzüglich zu führen<strong><strong>de</strong>n</strong> persönlichen Gespräch<br />
in unserer Kanzlei ein.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Ort, Datum<br />
(Unterschrift Steuerberater)<br />
2<br />
MUSTER 2<br />
Insolvenzantragspflicht (z. B.: Überschuldung)<br />
Feststellung <strong>de</strong>r faktischen Insolvenz Ihres Unternehmens<br />
Sehr geehrter Herr ...,<br />
wie Sie wissen, befin<strong>de</strong>t sich Ihr Unternehmen bereits<br />
seit einiger Zeit in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.<br />
Nach<strong>de</strong>m nun die/ <strong>de</strong>r neueste betriebswirtschaftliche<br />
Auswertung/ Bilanz/ Quartalsabschluß vorliegt, müssen<br />
wir feststellen, daß Ihr Unternehmen faktisch überschul<strong>de</strong>t<br />
ist.<br />
Sie haben somit die Verpflichtung, unverzüglich Insolvenz<br />
anzumel<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />
Eine schuldhafte Verzögerung <strong>de</strong>r Insolvenzanmeldung<br />
kann ernste strafrechtliche Konsequenzen haben. Sollten<br />
Sie das Unternehmen trotz <strong>de</strong>r <strong>durch</strong> uns festgestellten<br />
faktischen Insolvenz fortführen wollen, raten wir Ihnen<br />
dringend zur vorherigen Konsultation eines mit <strong>de</strong>m<br />
Insolvenzrecht vertrauten Rechtsanwaltes.<br />
Abschließend bitten wir, die <strong>bei</strong>gefügte Erklärung<br />
rechtsverbindlich unterzeichnet an uns zurückzusen<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />
Aus haftungsrechtlichen Grün<strong><strong>de</strong>n</strong> benötigen wir diesen<br />
Nachweis, dass wir Sie pflichtgemäß über die faktische<br />
Insolvenz in Kenntnis gesetzt haben.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Ort, Datum<br />
(Unterschrift Steuerberater)<br />
die auf die Insolvenzantragspflicht hinweist:<br />
MUSTER 3<br />
Erklärung zur wirtschaftlichen Situation <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens<br />
Die Firma Glücklos GmbH, vertreten <strong>durch</strong> <strong><strong>de</strong>n</strong> Geschäftsführer,<br />
Wolfgang Peinlich, erklärt, dass sie mit<br />
Schreiben und Gespräch vom XY <strong>durch</strong> die Steuerberaterkanzlei,<br />
Meier & Co., Herrn Dipl.-Betrw. Karl Friedrich,<br />
ausführlich darüber informiert wur<strong>de</strong>, dass das<br />
Unternehmen faktisch insolvent ist und die Anmeldung<br />
zur Insolvenz nach § 17 Abs. 2 InsO wegen Zahlungsunfähigkeit<br />
unverzüglich vorzunehmen ist.<br />
Ort, Datum...<br />
(Unterschrift Geschäftsführer) ...<br />
III. Beratungstaktik in <strong>de</strong>r Unternehmenskrise<br />
Die vorgestellte Absicherungsstrategie sollte<br />
auch immer mit einem Hinweis verbun<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />
wie aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>s Steuerberaters die<br />
Unternehmenskrise überwun<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />
kann. Hier<strong>bei</strong> ist auch daran zu <strong><strong>de</strong>n</strong>ken, weitere
Beratergruppen in die Lösung <strong>de</strong>s Problems<br />
einzubin<strong><strong>de</strong>n</strong>. Denn <strong>de</strong>r Steuerberater hat frühzeitig<br />
(regelmäßig als Erster) Kenntnis von <strong>de</strong>r<br />
Sachlage und kann ggf. <strong>durch</strong> die Empfehlung,<br />
weitere sachverständige Fachleute hinzuzuziehen<br />
(z. B. Unternehmensberater, Rechtsanwälte<br />
o<strong>de</strong>r Berater <strong>de</strong>r Kammern und Fachverbän<strong>de</strong>)<br />
und dafür sorgen, dass <strong>de</strong>r Unternehmer<br />
“rundum” betreut wird, also die bestmögliche<br />
Beratung erhält.<br />
Der Hinweis auf die Insolvenzantragspflicht<br />
führt in <strong><strong>de</strong>n</strong> meisten Fällen dazu, dass das<br />
Mandat <strong>durch</strong> Streit belastet wird, <strong>de</strong>r nur im<br />
Dialog zwischen Steuerberater und Unternehmer<br />
<strong>bei</strong>gelegt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> kann.<br />
PRAXISHINWEIS<br />
Es empfiehlt sich, zu diesen Gesprächen <strong><strong>de</strong>n</strong><br />
Anwalt <strong>de</strong>s Unternehmers bzw. einen fachkompetenten<br />
und im Insolvenzrecht erfahrenen<br />
Juristen hinzuzuziehen, <strong>de</strong>r die Sachlage aus<br />
rechtlicher Sicht objektiv beurteilt und so zur<br />
Versachlichung <strong>de</strong>r Gesprächsatmosphäre <strong>bei</strong>trägt.<br />
Trotz <strong>de</strong>r Belastung für das Mandatsverhältnisses<br />
und <strong>de</strong>r Gefahr <strong>de</strong>s eventuellen Mandatsverlustes,<br />
sollte <strong>de</strong>r Steuerberater in <strong>de</strong>r erkannten<br />
Unternehmenskrise ein<strong>de</strong>utig “Flagge zeigen”<br />
und auf die Insolvenzantragspflicht hinweisen.<br />
Schon eine mehr<strong>de</strong>utige Stellungnahme<br />
zu diesem Punkt kann unter Umstän<strong><strong>de</strong>n</strong><br />
<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>Mandanten</strong> in seinem Entschluß bestärken,<br />
sich die Fakten schönzure<strong><strong>de</strong>n</strong>. Später muss sich<br />
<strong>de</strong>r Steuerberater dann möglicherweise <strong>durch</strong><br />
<strong><strong>de</strong>n</strong> Insolvenzverwalter und/ o<strong>de</strong>r die Staatsanwaltschaft<br />
vorwerfen lassen, dass er sich, wenn<br />
nicht <strong>de</strong>r Anstiftung, so doch aber <strong>de</strong>r Beihilfe<br />
zu einem Insolvenz<strong>de</strong>likt in Form einer<br />
“geistigen Beistandschaft” schuldig gemacht zu<br />
haben. Die Gefahr ist groß, hier einer Fehleinschätzung<br />
zu erliegen. Der Autor ist selbst als<br />
Insolvenzverwalter tätig und stellt immer wie<strong>de</strong>r<br />
fest, dass <strong>bei</strong> langjährig gewachsenen Mandatsbeziehungen<br />
die Objektivität und realistische<br />
Einschätzung <strong>de</strong>r Sachlage auch auf Seiten<br />
<strong>de</strong>r Steuerberater und Wirtschaftsprüfer<br />
nicht immer gewährleistet ist. Diesem schlei-<br />
3<br />
chen<strong><strong>de</strong>n</strong> Realitätsverlust sollte <strong>durch</strong> die Einbindung<br />
frem<strong><strong>de</strong>n</strong> Berater-Know-hows begegnet wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />
Auch lassen sich damit unpopuläre Sanierungsmaßnahmen<br />
(Überentnahmen, Entnahmeverzicht)<br />
<strong>durch</strong> frem<strong>de</strong> Dritte besser ansprechen.<br />
PRAXISHINWEIS<br />
Der Hinweis <strong>de</strong>s Steuerberaters zur Insolvenzantragspflicht<br />
sollte immer aus steuerrechtlicher<br />
Sicht erfolgen und auf die wirtschaftliche Ist-<br />
Situation und die zu erwarten<strong><strong>de</strong>n</strong> zukünftigen<br />
wirtschaftlichen Rahmendaten bezogen sein.<br />
Trotz <strong>de</strong>r Liberalisierung <strong>de</strong>r Rechtsberatung ist<br />
hier ein klarer Schnitt zu machen. Die weitere<br />
juristische Einschätzung sollte unbedingt von einem<br />
parallel an <strong>de</strong>r Sache ar<strong>bei</strong>ten<strong><strong>de</strong>n</strong> Juristen<br />
vorgenommen wer<strong><strong>de</strong>n</strong>. Das geplante Rechtsdienstleistungsgesetz<br />
(RDG) mag hier weitere<br />
Spielräume eröffnen.<br />
IV. Bilanzvorlagefristen beachten<br />
In <strong><strong>de</strong>n</strong> Kreis <strong>de</strong>rjenigen Personen, die für eine<br />
gezielte o<strong>de</strong>r unbeabsichtliche <strong>Insolvenzverschleppung</strong><br />
straf- und zivilrechtlich haftbar gemacht<br />
wer<strong><strong>de</strong>n</strong> können, gerät <strong>de</strong>r Steuerberater<br />
auch dann, wenn er sich auf seine primäre (und<br />
vom <strong>Mandanten</strong> meist auch gewünschte) Tätigkeit<br />
konzentriert, <strong>durch</strong> die Verlängerung und<br />
das Hinauszögern <strong>de</strong>r Fristen die Bilanzvorlage<br />
<strong>bei</strong>m Finanzamt zu “verschleppen”.<br />
Hier<strong>bei</strong> ist zu beachten, daß die Insolvenzverwalter,<br />
das Insolvenzgericht und die später möglicherweise<br />
ermitteln<strong>de</strong> Staatsanwaltschaft <strong><strong>de</strong>n</strong><br />
Zeitpunkt <strong>de</strong>r Bilanzvorlage nach <strong><strong>de</strong>n</strong> han<strong>de</strong>lsrechtlichen<br />
Fristenregelungen zur Erstellung<br />
<strong>de</strong>s Jahresabschlusses (§§ 264 ff. HGB) genau<br />
betrachten.<br />
Überschreitet <strong>de</strong>r Steuerberater fahrlässig diese<br />
für die Bilanzvorlage vorgeschriebenen Fristen im<br />
Vorfeld <strong>de</strong>r Insolvenz seines <strong>Mandanten</strong>, kann er<br />
sich nach § 14 StGB z. B. eines Bankrott<strong>de</strong>likts<br />
“(mit)schuldig machen”. Dies gilt auch dann,<br />
wenn <strong>de</strong>r Mandant die rechtzeitige Bilanzerstellung<br />
<strong>durch</strong> verspätete o<strong>de</strong>r unvollständige Übergabe<br />
von Unterlagen (absichtlich) verhin<strong>de</strong>rt. Regelmäßig<br />
wird <strong>de</strong>r Steuerberater von <strong>de</strong>m o<strong>de</strong>r<br />
<strong><strong>de</strong>n</strong> späteren Gemeinschuldner(n) bzw. Ge-
schäftsführer(n) von Kapitalgesellschaften mit<br />
<strong>de</strong>m Hinweis belastet, daß die Buchhaltungs- und<br />
Bilanzerstellungsar<strong>bei</strong>ten <strong>durch</strong> Überlastung <strong>de</strong>s<br />
Steuerbüros nicht erledigt wer<strong><strong>de</strong>n</strong> konnten. Hier<br />
ist vom Steuerberater Prävention gefragt.<br />
PRAXISHINWEIS<br />
Auch hier ist zu empfehlen, <strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>Mandanten</strong><br />
schriftlich und nachweisbar auf die gesetzliche<br />
Fristenlage zur Bilanzerstellung hinzuweisen und<br />
diesen Vorgang zu dokumentieren. Als letztes<br />
Mittel ist in diesen Fällen <strong>durch</strong>aus auch eine<br />
Mandatsnie<strong>de</strong>rlegung zu erwägen.<br />
V. Keine “Gefälligkeiten für Duz-<strong>Mandanten</strong>”<br />
In <strong>de</strong>r Unternehmenskrise ist die Gefahr groß,<br />
dass <strong>de</strong>r Mandant mit einem Hinweis auf die<br />
langjährige persönliche Verbun<strong><strong>de</strong>n</strong>heit mehr<br />
o<strong>de</strong>r weniger offen sog.<br />
� “Gefälligkeitsbilanzen” bzw.<br />
“Gefälligkeits-BWAs” verlangt. Dies ist<br />
strikt abzulehnen, <strong><strong>de</strong>n</strong>n es droht für <strong><strong>de</strong>n</strong> Steuerberater<br />
eine folgenschwere strafrechtliche<br />
Verstrickung wegen Kreditbetrugs (§ 265 b<br />
StGB).<br />
� “Gefälligkeiten” vergleichbarer Art wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />
vom <strong>Mandanten</strong> auch immer wie<strong>de</strong>r eingefor<strong>de</strong>rt<br />
<strong>bei</strong> Vermerken hinsichtlich <strong>de</strong>r Werthaltigkeit<br />
von For<strong>de</strong>rungen, <strong>de</strong>s Warenlagers<br />
o<strong>de</strong>r etwa <strong>de</strong>r halbfertigen Ar<strong>bei</strong>ten. Auch<br />
hierauf sollte man sich nicht einlassen. Gera<strong>de</strong><br />
diese Punkte wer<strong><strong>de</strong>n</strong> vom Insolvenzverwalter<br />
und <strong>de</strong>r möglicherweise später eingeschalteten<br />
Staatsanwaltschaft unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt<br />
“Die drei Lebenslügen einer Bilanz”<br />
stets sehr genau geprüft.<br />
Dringend zu beachten ist <strong>bei</strong> Ar<strong>bei</strong>tsbilanzen<br />
bzw. vorläufigen BWAs, dass diese Dokumente<br />
auch als Ar<strong>bei</strong>tspapier <strong>de</strong>utlich gekennzeichnet<br />
wer<strong><strong>de</strong>n</strong> (vgl. hierzu auch Nagel, BBKM 2005 S.<br />
10). Gegen diesen Grundsatz wird in <strong>de</strong>r Praxis<br />
immer wie<strong>de</strong>r verstoßen. Oft wer<strong><strong>de</strong>n</strong> diese Unterlagen<br />
dann ohne Wissen <strong>de</strong>s Steuerberaters /<br />
Wirtschaftsprüfers als “vorläufiges Zahlenwerk<br />
ohne größere zukünftige Än<strong>de</strong>rungen” <strong><strong>de</strong>n</strong> Banken<br />
vorgelegt. Und die “Haftungsfalle” schnappt<br />
zu.<br />
4<br />
VI. Weitere Maßnahmen in <strong>de</strong>r Insolvenzsituation<br />
<strong>de</strong>s <strong>Mandanten</strong><br />
Es ist darauf zu achten, dass <strong>bei</strong> Zahlungsunfähigkeit<br />
<strong>de</strong>r GmbH die vom Gesetzgeber nach<br />
§ 64 GmbHG vorgesehene Maximalfrist von<br />
drei Wochen für die Stellung <strong>de</strong>s Insolvenzantrags<br />
nicht überschritten wird. Bei inhabergeführten<br />
Unternehmen, also Personen- o<strong>de</strong>r Einzelunternehmen,<br />
ist diese Vorschrift nicht direkt<br />
anwendbar; gleichwohl jedoch aus Haftungsgrün<strong><strong>de</strong>n</strong><br />
zu beachten (Eingehungsbetrug<br />
z. B. <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Bestellung von Waren in <strong>de</strong>m<br />
Wissen, nicht zahlen zu können).<br />
Die o. g. Fristen zur Insolvenzantragsstellung<br />
fest im Blick, sollte <strong>de</strong>r Mandant zur Vermeidung<br />
<strong>de</strong>s Insolvenzfalles versuchen, mit Unterstützungen<br />
<strong>durch</strong> Steuerberater, Bank, Rechtsanwalt<br />
und Unternehmensberater eine vorinsolvenzliche<br />
Problemlösung im Rahmen von Sanierungsverhandlungen<br />
zu erreichen. Doch<br />
auch hier ist für <strong><strong>de</strong>n</strong> Steuerberater Vorsicht<br />
geboten: Den Verdacht einer Anstiftung <strong>de</strong>s<br />
<strong>Mandanten</strong> zur <strong>Insolvenzverschleppung</strong> (§ 26<br />
PRAXISHINWEIS<br />
Dringend hinzuweisen ist darauf, dass <strong>de</strong>r Tatbestand<br />
<strong>de</strong>r Zahlungsunfähigkeit nach § 17<br />
Abs. 2 InsO schon zu einem früheren Zeitpunkt<br />
vorliegen kann, nämlich “in <strong>de</strong>r Regel”<br />
dann, wenn <strong>de</strong>r Schuldner seine Zahlungen<br />
eingestellt hat. Eine unverzügliche Antragstellung<br />
ist dann dringend erfor<strong>de</strong>rlich!<br />
StGB, § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 401 Abs. 1<br />
Nr. 2 AktG, § 184 Abs. 1 Nr. 2 GenG) zieht die<br />
Staatsanwaltschaft schon dann in Betracht,<br />
wenn <strong>de</strong>r Steuerberater wegen aussichtsreicher<br />
Sanierungsverhandlungen <strong><strong>de</strong>n</strong> Geschäftsführer<br />
eines Unternehmens in <strong>de</strong>r guten Absicht, <strong><strong>de</strong>n</strong><br />
Fortbestand <strong>de</strong>s Unternehmens zu sichern, dazu<br />
bewegt, die Erfüllung <strong>de</strong>r gesetzlichen Insolvenzantragspflicht<br />
zu verzögern.
Der schuldhafte Verstoß gegen die gesetzliche<br />
Insolvenzantragspflicht ist strafbewehrt (vgl. z.<br />
B. § 84 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG, § 401 Abs. 1 Nr.<br />
PRAXISHINWEIS<br />
Wird die Sanierungschance vom <strong>Mandanten</strong><br />
nicht genutzt, muss <strong>de</strong>r Steuerberater <strong>durch</strong> sofortige<br />
Mandatsnie<strong>de</strong>rlegung reagieren, um<br />
<strong>de</strong>r Haftungsfalle zu entgehen. Es ist <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r<br />
Mandatsnier<strong>de</strong>rlegung dringend darauf zu achten,<br />
sämtliche Fristen zu wahren und die Beteiligten<br />
(Finanzamt, Gläubiger, Sozialversicherungsträger,<br />
<strong>Mandanten</strong>) über die Mandatsnie<strong>de</strong>rlegung<br />
zeitnah zu informieren.<br />
2 AktG). Er wird <strong>durch</strong> das Gutachten <strong>de</strong>s vorläufigen<br />
Insolvenzverwalters automatisch <strong>de</strong>r<br />
Staatsanwaltschaft zugänglich gemacht. Auch<br />
können Gesellschaft und Gläubigern in diesen<br />
Fällen Scha<strong><strong>de</strong>n</strong>ersatzansprüche nach § 823<br />
Abs. 2 BGB zustehen.<br />
VII. Grundsätzlich schriftliche Vereinbarungen<br />
verlangen<br />
In <strong>de</strong>m zunehmend komplexer wer<strong><strong>de</strong>n</strong><strong><strong>de</strong>n</strong> Umfeld,<br />
in <strong>de</strong>m sich Unternehmen und Berater<br />
bewegen, ist für informelle Auftragsverhältnisse<br />
kein Platz mehr. Basis eines Mandats sollte<br />
immer ein schriftlicher Vertrag sein, in <strong>de</strong>m die<br />
Leistungen <strong>de</strong>s Steuerberaters explizit <strong>de</strong>finiert<br />
sind.<br />
Dies gilt auch für die Standard-Sachverhalte <strong>de</strong>s<br />
Insolvenzrechts. In einer solchen Vereinbarung<br />
lassen sich problemlos die in diesem Zusammenhang<br />
möglichen Vorgänge erfassen, die z.<br />
B. das außeror<strong><strong>de</strong>n</strong>tliche Kündigungsrecht <strong>de</strong>s<br />
Steuerberatervertrages betreffen.<br />
Eine vertragliche Vereinbarung bietet auch die<br />
Möglichkeit, eine Honorarvereinbarung abgestimmt<br />
auf das Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>s Steuerberaters in<br />
<strong>de</strong>r Unternehmenskrise vorzusehen.<br />
Bestehen bereits schriftliche Vereinbarungen<br />
mit <strong>de</strong>m <strong>Mandanten</strong>, sollten sie um eine Erläuterung<br />
ergänzt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, die das Vorgehen <strong>de</strong>s<br />
Steuerberaters in <strong>de</strong>r Krise <strong>de</strong>s <strong>Mandanten</strong><br />
darstellt. Ausgehend von <strong>de</strong>r möglichen Mithaftung<br />
<strong>de</strong>s Steuerberaters wird so <strong>bei</strong>m Mandan-<br />
5<br />
ten Verständnis für die Notwendigkeiten eines<br />
“zupacken<strong><strong>de</strong>n</strong>” Krisenmanagements geschaffen.<br />
Es empfiehlt sich, hierfür die Vordrucke <strong>de</strong>r<br />
Steuerberaterverträge von <strong><strong>de</strong>n</strong> Steuerberaterkammern<br />
bzw. –verbän<strong><strong>de</strong>n</strong> zu verwen<strong><strong>de</strong>n</strong>, da<br />
diese immer auf <strong>de</strong>m aktuellen Rechtsstand<br />
gehalten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> (vgl. z. B: www.stbv.<strong>de</strong>) .<br />
FAZIT<br />
1. Die vertragliche Übernahme <strong>de</strong>r Beistandspflicht<br />
in Buchführungs- und Bilanzierungsangelegenheiten<br />
löst für <strong><strong>de</strong>n</strong> Steuerberater Informationspflichten<br />
gegenüber <strong>de</strong>m <strong>Mandanten</strong><br />
aus.<br />
2. Der Tatbestand einer drohen<strong><strong>de</strong>n</strong> o<strong>de</strong>r bereits<br />
eingetretenen Zahlungsunfähigkeit und /o<strong>de</strong>r<br />
Überschuldung ist nachweissicher zu dokumentieren,<br />
sonst drohen auch für <strong><strong>de</strong>n</strong> Steuerberater<br />
strafrechtliche Verstrickungen.<br />
3. Der Hinweis auf die Krisensituation sollte<br />
mit konkreten Vorschlägen verbun<strong><strong>de</strong>n</strong> wer<strong><strong>de</strong>n</strong>,<br />
wie die Unternehmenskrise <strong>bei</strong>gelegt wer<strong><strong>de</strong>n</strong><br />
kann.<br />
4. Eine mögliche Unternehmenskrise sollte bereits<br />
<strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Abfassung <strong>de</strong>s Beratungsvertrages<br />
berücksichtigt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>, und zwar zur Regelung<br />
eines außeror<strong><strong>de</strong>n</strong>tlichen Kündigungsrechts,<br />
um <strong>de</strong>m <strong>Mandanten</strong> das Verhalten <strong>de</strong>s<br />
Steuerberaters im Krisenfall zu erläutern. Bestehen<strong>de</strong><br />
Verträge sollten insoweit ergänzt wer<strong><strong>de</strong>n</strong>.<br />
5. Eine spezielle Honorarvereinbarung im<br />
Sinne <strong>de</strong>s Bargeldparagraphen § 142 InsO<br />
(Vorschußanfor<strong>de</strong>rung <strong>bei</strong> kongruenter<br />
Zahlungs-Leistungspflicht) ist unerläßlich damit<br />
das Honorar <strong>bei</strong>m Scheitern <strong>de</strong>r Sanierung<br />
nicht vom Verwalter angefochten wer<strong><strong>de</strong>n</strong> kann.