25.06.2021 Aufrufe

anmeldung-einer-versammlung

wichtige Informationen!

wichtige Informationen!

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Anmeldung einer Versammlung

Kreaktivisten.org

Diese Anleitung ist für die rechtliche Situation in Deutschland, Stand 2021 geschrieben, sollte aber

eine ganze Weile lang benutzbar bleiben. So schnell ändern sich die Versammlungsgesetze nicht.

Was ist eine Versammlung?

Eine Versammlung ist immer dann gegeben, wenn ihr euch in einer Gruppe von 2 Personen oder

mehr zusammenfindet, um öffentlich politisches Gedankengut zu äußern. Egal ob Demonstration,

Flyer verteilen oder Infostand – immer wenn ihr in der Gruppe öffentlich politisch aktiv werdet,

sollte das angemeldet werden. So ist es zumindest von Seiten der Polizei und anderer Behörden

gerne gesehen.

In diesem How-To werdet ihr den ein oder anderen rechtlichen Begriff lesen und auch ansonsten

wirkt der Umgang mit Behörden und Polizei immer etwas unbequem und fremd. Tatsächlich ist eine

Versammlungsanmeldung aber wirklich einfach und meist schon mit einer simplen Schreiben

erledigt. Dennoch möchten wir euch möglichst umfangreich und bezüglich aller Eventualitäten

informieren ;)

Ab wann muss eine Versammlung angemeldet werden?

Konkret solltet ihr ab 2 Personen aufwärts alle öffentlichen Aktionen bei den zuständigen Behörden

anmelden. Es handelt sich wirklich nur um eine Anmeldung und es bedarf für eure Aktion keiner

Genehmigung. Es ist ganz offiziell ein Bescheidsagen und kein Um-Erlaubnis-Bitten. Zumindest

theoretisch haben in Deutschland alle das Recht, die eigene Meinung frei und auch in der Gruppe zu

äußern. Offiziell muss die Anmeldung mindestens 48 Stunden vor der ersten Ankündigung an die

zuständige Behörde gehen. Die erste Ankündigung ist gegeben, wenn ihr beispielsweise

Pressemitteilungen losgeschickt habt, Plakate und Flyer für die Veranstaltung verteilt oder im

Internet und anderweitig für eure Kundgebung zu mobilisieren angefangen habt. Es gibt jedoch

keine Strafvorschrift, die ein zu frühes Werben für eine Versammlung verbietet. Faktisch kann euch

die Frist für die Bewerbung eurer Veranstaltung also egal sein, ihr solltet sie allerspätestens 48

Stunden vor Versammlungsbeginn anmelden. Das Leiten einer Versammlung gänzlich ohne

Anmeldung ist nämlich eine Straftat. Einzige Ausnahme ist die Spontanversammlung.

Wo muss angemeldet werden?

Wer für die Anmeldung einer Versammlung zuständig ist, ist nicht einheitlich geregelt und

entsprechend ein ziemliches Chaos. Im Zweifel bei eurer Gemeinde / dem nächsten Polizeirevier

nachfragen, im Internet nachlesen oder die Anmeldung einfach an alle schicken, von denen ihr

denkt, dass sie zuständig sind. Die Behörden sind zudem verpflichtet, eure Anmeldung an die

tatsächlich zuständige Stelle weiterzuleiten.

Wir haben hier trotzdem eine Übersicht darüber versucht, wer in welchem Bundesland für die

Versammlungsanmeldungen zuständig ist. Damit ihr zumindest wisst, wo ihr mit dem Suchen

anfangen könnt.

Baden-Württemberg:

Bayern:

Berlin:

Brandenburg:

Bremen:

Hamburg:

Hessen:

Landratsamt oder Gemeinden

Kreisverwaltungsbehörden oder Landratsamt

der Polizeipräsident

Polizeipräsidium

Ordnungsamt

Behörde für Inneres und Sport

die allgemeinen Ordnungsbehörden

https://kreaktivisten.org/howtos/behoerdenkrams/anmeldung-einer-versammlung/ 1/9


Anmeldung einer Versammlung

Kreaktivisten.org

Mecklenburg Vorpommern: die Kreisordnungsbehörden

Niedersachsen:

Nordrhein Westfalen:

Rheinland Pfalz:

Saarland:

Sachsen:

Sachsen Anhalt:

Schleswig Holstein:

Thüringen:

Landkreis, kreisfreie Stadt, freie Gemeinde, Polizeidirektion Hannover

Kreispolizeibehörden

Kreisverwaltung oder Stadtverwaltung

Landkreise, der Regionalverband Saarbrücken, die kreisfreien Städte

Landratsämter und Städte

Landkreise, kreisfreie Städte

Kreisordnungsbehörden

Landkreise, kreisfreie Städte

Wie sieht eine Anmeldung aus?

Ihr könnt alles, was ihr als Politgruppe unternehmt, als Versammlung anmelden. Die Anmeldung

selbst ist eine formlose und üblicherweise schriftliche Mitteilung, die der zuständigen Behörde

zugesandt wird. Dazu, was in einer Anmeldung alles angegeben werden muss, gleich mehr.

Vorsicht bei vorgefertigten Anmeldebögen

Es gibt für die Anmeldungen meistens auch einen vorgefertigten Fragebogen, den ihr ausfüllen und

den Behörden zusenden könnt. Den Fragebogen erhaltet ihr meist im Internet auf der Homepage

der zuständigen Behörde. Oftmals fragen die Fragebögen auch einiges mehr an Details ab, als

zwingend notwendig ist. Diese Angaben könnt ihr freiwillig angeben, müsst es aber nicht. Ihr könnt

also bei der Anmeldung auch Felder frei lassen und falls die Versammlungsbehörde meckert, sollen

die sich erst mal eine Begründung ausdenken, warum sie die Informationen denn zwingend

benötigen. Die gibt es nämlich meistens nicht.

Es kommt auch vor, dass vorgefertigte Anmeldeformulare suggerieren, dass Dinge wie

beispielsweise Pavillons extra genehmigungspflichtig wären. Lasst euch davon am besten nicht

beirren und meldet trotzdem alles an, was ihr so für eure Versammlung haben wollt. Oft trauen es

sich Versammlungsbehörden dann doch nicht, euch Dinge zu verbieten, die sie euch nicht verbieten

dürfen. Wenn ihr von vornherein darauf verzichtet, habt ihr allerdings leider Pech gehabt.

Was müssen wir in einer Anmeldung alles angeben?

Veranstalter:in:

Der/die/das Veranstalter:in kann eine Einzelperson, eine Organisation oder eine Vereinigung sein.

Es muss die komplette Anschrift angegeben werden.

Ansprechpartner:in:

Das ist die Person, mit der die Behörden kommunizieren. Sie bekommt auch eine

Anmeldebestätigung mit Auflagen zugesandt. Eine Person kann Veranstalter:in,

Versammlungsleiter:in und Ansprechpartner:in zugleich sein.

Die Versammlungsleitung:

Diese Person ist für den geordneten Ablauf der Versammlung verantwortlich und während der

Versammlung Ansprechpartner:in für Polizei und andere Behörden. Die Versammlungsleitung muss

während der gesamten Veranstaltung anwesend sein. Eine Versammlungsleitung kann auch

https://kreaktivisten.org/howtos/behoerdenkrams/anmeldung-einer-versammlung/ 2/9


Anmeldung einer Versammlung

Kreaktivisten.org

während der Versammlung wechseln. Wer Versammlungsleitung ist, wird von dem/der

Veranstalter:in – und nur von ihm/ihr/es – bestimmt. Falls ihr wollt, könnt ihr bei der Anmeldung

auch gleich Vertretungen für die Versammlungsleitung mit angeben. Angegeben werden müssen bei

Versammlungsleitung und ihrer Vertretung der Vor- und Familienname und die Anschrift. Auch sie

bekommen eine Anmeldebestätigung mit Auflagen zugesandt. Die Versammlungsleitung muss nicht

zwingend volljährig sein oder die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.

Den Platz oder Weg der Veranstaltung:

Also der Platz, an dem ihr steht oder wo ihr lang geht. Hier empfiehlt es sich, möglichst genau zu

beschreiben, wo ihr hin wollt. Also Straße, Hausnummer und Sachen wie: auf dem Gehsteig, in

Parkbucht so und so oder direkt am Denkmal XY. Je mehr Interpretationsspielraum ihr den

Behörden lasst, desto leichter können sie euch an einen anderen Ort als von euch geplant platzieren

(ob gewollt oder ungewollt). Wenn euch ein Ort verwehrt wird, muss das rechtlich begründet sein.

Beispielsweise, weil an dem Ort bereits eine andere Versammlung stattfindet. Die Hürden, euch

einen Versammlungsort zu verbieten, sind aber sehr hoch und es muss euch immer eine Alternative

angeboten werden. Ihr habt ein Recht, in Hör- und Sichtweite von Objekten zu demonstrieren. Lasst

euch das nicht nehmen. Einzig um bestimmte Regierungsgebäude und Gedenkstätten gibt es

sogenannte Bannmeilen, in denen keine Versammlungen stattfinden dürfen.

Sonderfall Privatgelände:

Es gibt im öffentlichen Raum immer wieder Flächen, die in Privatbesitz sind, aber trotzdem

öffentlich genutzt werden. Zum Beispiel Bahnhöfe, Flughäfen, Unis, Kaufhäuser. Auf diesen Flächen

könnt ihr auch eine Demonstration durchsetzen. Die jeweiligen Behörden werden da vermutlich sehr

meckern, aber es gibt höchstrichterliche Rechtsprechung, die euch genau das erlaubt.

Nach Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (1 BvQ 25/15) muss eine Demo auch auf privatem

Gelände erlaubt werden, wenn das Gelände dem „allgemein öffentlichen Verkehr“ zugänglich ist.

Zeit und Datum der Veranstaltung:

Also einfach, an welchem Tag und von wann bis wann eure Versammlung stattfinden soll. Gebt hier

lieber etwas mehr Zeit an, als ihr benötigen werdet. Es ist für euch überhaupt kein Problem, die

Versammlung vorzeitig zu beenden oder etwas später anzufangen. Falls ihr ohne Anmeldung gerne

noch eine halbe Stunde weiter machen wollt, ist es einzig und allein die Toleranzbereitschaft der

Polizei, die euch dies erlaubt oder verbietet.

Das Thema der Veranstaltung:

Hier empfiehlt es sich, möglichst allgemein zu bleiben. Ein Motto könnte sein „Pelz“,

„Fleischkonsum“ oder „Zirkus“. Mehr müssen die Behörden nicht wissen. Wieso also mehr angeben?

Weitere freiwillige Angaben.

Es kann ganz nützlich sein, der Behörde im Vorhinein weitere Angaben zu machen, damit diese z.B.

euren Versammlungsort weiträumig genug absperren können, um Kooperationswillen zu

signalisieren oder um die angemeldeten Dinge auf einem Versammlungsbescheid bestätigt zu

bekommen und vor Ort besser mit den Polizeibeamt:innen diskutieren zu können. Falls ihr ein

vorgefertigtes Anmeldeformular nutzt, kann es auch hilfreich sein, möglichst vage zu bleiben. Also

beispielsweise bei der Frage nach Redner:innen nicht irgendwelche Namen angeben, sondern

einfach „wechselnde Personen“.

Es kann auch sinnvoll sein, eine möglichst ausführliche Liste mit allen möglichen

Kundgebungsmitteln mit anzugeben. Das macht es der Polizei später dann viel schwerer, euch

https://kreaktivisten.org/howtos/behoerdenkrams/anmeldung-einer-versammlung/ 3/9


Anmeldung einer Versammlung

Kreaktivisten.org

bestimmte Gegenstände spontan zu verbieten, da die ja von vornherein mit angemeldet waren. Rein

rechtlich ist egal, ob ihr diese Dinge mit angemeldet habt oder nicht. In der Diskussion mit den

Polizeibeamt:innen vor Ort ist es aber oft einfacher, wenn bestimmte Gegenstände auf der

Anmeldebestätigung vermerkt sind. Klassische Kundgebungsmittel sind zum Beispiel Flugblätter,

Infotisch, Pavillon, Autos, Fahrräder, Fernseher, Straßenmalkreide, Transparente, Fahnen, Megafon,

Musikanlage, Kostüme, Requisiten usw. Eben alles, was ihr irgendwie auf eurer Versammlung

benötigen könntet.

Ihr könnt auch eine geschätzte Teilnehmer:innenanzahl mit angeben. Das kann ganz praktisch sein,

um für die eigene Versammlung auch genug Fläche zur Verfügung gestellt zu bekommen. In

manchen Städten haben sich zudem recht willkürliche Gewohnheiten eingeschlichen. Zum Beispiel,

dass bei Kundgebungen unter 50 Teilnehmer:innen immer Megafone verboten werden. Um sich die

Diskussion mit der Behörde zu sparen, kann es also hilfreich sein, bei der Anmeldung 50

Teilnehmer:innen anzugeben. Ob diese Zahl dann erreicht wird, ist egal.

Wichtig bei Marschdemos/Demoumzügen:

Handelt es sich bei eurer geplanten Aktion um eine Marschdemo, solltet ihr den genauen Zeitablauf

und die Demoroute bei der Anmeldung angeben! Um bei der Demoroute keine Missverständnisse

aufkommen zu lassen, solltet ihr die Route nicht nur ganz genau schriftlich beschreiben, sondern

auch auf einem ausgedruckten Stadtplan nachzeichnen. Außerdem solltet ihr die einzelnen „Punkte“

angeben, an welchen der Demozug hält, z. B. für Redebeiträge oder um vor bestimmten Geschäften

noch einmal extra laut zu protestieren!

Musterbrief für die Anmeldung einer Kundgebung:

Kundgebungsanmeldung

Betreff:

Tag/Uhrzeit:

Ort:

Thema:

Veranstalter:in:

Kundgebungsanmeldung

15.11.2020; 10.00 Uhr – 18:00 Uhr

Fußgängerzone vor dem Rathaus (Geschwister-Scholl-Straße 126)

auf dem Bürgersteig zwischen dem Neptunbrunnen und den

Sitzgelegenheiten wie auf der beigefügten Karte zu entnehmen

Zirkus

Initiative zur Abschaffung von Wildtiervorführungen

Ansprechpartner:in: Muster Kreaktivist, Kreastraße 1, Plz/Ort, 01234/567987

Versammlungsleiter:in: Muster Kreaktivist, Kreastraße 1, Plz/Ort, 01234/567987

Stellvertreter:in: Muster Kreaktivistin, Kreastraße 2, Plz/Ort, 01234/567978

Vrs. Anzahl der

Teilnehmer:innen:

Kundgebungsmittel

ca. 15 Personen

Flyer, Transparente, Megaphon, Unterschriftenlisten, Kreide,

Kunstblut,Anschauungsmaterialien, Flaggen, Pelze, Käfig,

Biertischgarnitur und

Pavillon, TV, DVD-Player

Wie kommt die Anmeldung zur Behörde?

Das Übermitteln der Anmeldung erledigt ihr am besten per Postweg oder Fax. Beides sind

Kommunikationswege, die sich nachweisen lassen. Beim Postamt bekommt ihr auf Wunsch eine

Bestätigung, dass ihr den Brief abgeschickt habt (kostet extra) und am Faxgerät lässt sich ein

https://kreaktivisten.org/howtos/behoerdenkrams/anmeldung-einer-versammlung/ 4/9


Anmeldung einer Versammlung

Kreaktivisten.org

Sendebericht erstellen, welcher sogar noch den Inhalt des Faxes belegt. Es gibt recht günstige

Online-Fax-Dienste, mit denen ihr für wenige Cent Fax samt Sendebericht bekommt. Es kann

passieren, dass die Behörden eure Anmeldung verlegen und dann zu dem Entschluss kommen, ihr

hättet eure Versammlung nicht angemeldet. Wenn ihr nachweisen könnt, dass ihr die Anmeldung

versandt habt, ist das im Streitfall recht nützlich. So etwas kommt selten vor, aber es schadet nicht,

dagegen gewappnet zu sein.

Ihr seid nicht verpflichtet, die Anmeldung schriftlich abzugeben. Theoretisch könnt ihr bei der

zuständigen Behörde auch anrufen oder persönlich erscheinen. Rechtlich seid ihr aber besser

abgesichert, wenn ihr es schriftlich – und am besten nachweisbar – einreicht, da so die Anmeldung

weniger leicht geleugnet werden kann.

Die Anmeldung ist abgeschickt – was passiert jetzt?

Die zuständige Behörde wird die Anmeldung jetzt bearbeiten und euch dann eine

Anmeldebestätigung zusenden. Darin enthalten sind zusätzlich meistens Auflagen, eine Begründung,

warum diese Auflagen verhängt wurden, und eine Rechtsbelehrung. Am besten nehmt ihr alles, was

ihr von den Behörden erhalten habt, auch zur Versammlung mit. So können euch die Beamt:innen

vor Ort schlecht Sachen verbieten, die laut Auflagen erlaubt sind. Oder zumindest habt ihr im

Konfrontationsfall eine bessere Argumentationsgrundlage.

Wichtig:

Versammlungen dürfen nicht „einfach so“ verboten werden. Es gibt Gründe, die Versammlung zu

verschieben, nur an einem anderen Ort zu genehmigen oder bestimmte Auflagen festzulegen.

Gründe können sein, dass bereits eine Versammlung stattfindet oder die Anmeldung zu kurzfristig

(nicht 48 Stunden vor Beginn der Versammlung) eingegangen ist. Egal was ist, ihr müsst immer eine

schriftliche Begründung erhalten, warum ihr euch nicht versammeln dürft oder warum ihr das nur

unter bestimmten Auflagen dürft. Falls die Begründung nicht nachvollziehbar ist, schaltet eine

rechtsverständige Person ein. Oftmals versuchen Versammlungsbehörden und die Polizei, das

Grundrecht auf Versammlungsfreiheit stärker einzuschränken, als sie das tatsächlich dürfen.

Es ist auch sehr üblich, dass Versammlungsbehörden „Standardauflagen“ haben, die sie erst mal

jeder Versammlung auferlegen wollen. Da jede Versammlung nur soweit eingeschränkt werden darf,

wie unbedingt nötig, sind solche Standardauflagen rechtlich sehr fragwürdig. Ihr werdet aber

trotzdem öfter damit konfrontiert sein. Seid also nicht verwundert, wenn euch in den Auflagen Dinge

verboten werden, die ihr gar nicht angemeldet habt.

Grundsätzlich gilt:

Jede Versammlung ist erlaubt und bedarf zwar einer Anmeldung, aber keiner Genehmigung oder

Erlaubnis von Seiten der Behörden. Die Anmeldung dient lediglich dem Zweck, dass sich die

Behörden auf den Trubel vorbereiten können. Die Versammlung darf euch nicht verboten werden!

Ihr habt ein Anrecht darauf, in Hör- und Sichtweite von Objekten zu demonstrieren.

Sondernutzungsgebühren und anderer illegaler Unfug

Manchmal wollen Versammlungsbehörden Sondernutzungsgebühren für Versammlungen erheben.

Das passiert öfter bei ortsfesten Infotischen. Für kommerzielle Infotische in Fußgänger:innenzonen

können Gebühren erhoben werden, nicht aber für politische Versammlungen. Also der Infotisch zu

neuen Handyverträgen oder der Verkaufsstand mit Brezeln ist gebührenpflichtig. Der Infotisch zum

Thema Pelz ist kostenlos. Wenn die Behörde wegen irgendetwas im Zusammenhang mit eurer

Versammlung Gebühren erheben will, ist das immer eine unzulässige Einschränkung eurer

https://kreaktivisten.org/howtos/behoerdenkrams/anmeldung-einer-versammlung/ 5/9


Anmeldung einer Versammlung

Kreaktivisten.org

Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Grundrechte dürfen nämlich nicht vom

Geldbeutel abhängig gemacht werden. Versammlungen abzuhalten ist immer kostenlos.

Was sind Auflagen?

Auflagen sind Einschränkungen, die Behörden erlassen können. Wenn sich an die Auflagen nicht

gehalten wird, kann die Versammlung von der Polizei aufgelöst werden. Auch kann dies zu

rechtlichen Konsequenzen führen. Die Versammlungsleitung hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass

die Auflagen eingehalten werden. Dazu dürfen auch Ordner:innen eingesetzt werden. Es kommt

auch vor, dass Order:innen von den Behörden angeordnet werden. Auflagen ergeben sich

größtenteils aus dem Versammlungsgesetz und in den meisten Fällen wird sich auch ein Verweis auf

das Versammlungsgesetz in den Auflagen finden. Typische Auflagen sind kein Alkohol auf der

Versammlung, keine Stöcke über einer Dicke von X cm oder Beschränkung auf nur einen

Fahrstreifen bei Marschdemos. Diese Auflagen können in Einzelfällen sehr einschränkend sein und

natürlich auch als Mittel benutzt werden, um euch in eurer Meinungskundgabe zu behindern. Wenn

es zu unverschämt wird, empfiehlt es sich, hier einen rechtsverständigen Menschen einzuschalten

oder sich selbst ein bisschen mit den entsprechenden Rechtsgebieten zu befassen. Nicht alles, was

Behörden erlassen, ist rechtens. Eigentlich sollten euch die Behörden nichts verbieten, was sie

rechtlich nicht durchsetzen können, und in der Regel sind die zuständigen Sachbearbeiter:innen

auch nicht darauf aus, euch eins rein zu würgen. Es sei denn, ihr wart in eurer bisherigen Arbeit

sehr erfolgreich oder eure Versammlung ist aus anderen Gründen unbequem ;-)

Was sind Ordner:innen?

Ordner:innen sind Personen, die entweder freiwillig von der Versammlungsleitung bestimmt oder

von den Behörden vorgeschrieben werden. Ein:e Ordner:in muss – im Gegensatz zur

Versammlungsleitung – volljährig sein. Ordner:innen sind durch eine weiße Armbinde mit der

Aufschrift „Ordner:in“ gekennzeichnet. Die persönlichen Daten eines/einer Ordner:in müsst ihr

nirgends angeben. (einzige Ausnahmen: in Bayern und Niedersachsen müsst ihr unter bestimmten

Voraussetzungen die Personalien der Ordner:innen gegenüber der Polizei angeben.) Euch kann

lediglich die Anzahl der Ordner:innen vorgeschrieben werden. Wie ihr diese Posten besetzt, ist eure

freie Entscheidung. Ein:e Ordner:in hat die Aufgabe, die Versammlungsleitung zu unterstützen und

einen geordneten Ablauf der Versammlung zu gewährleisten. Vor größeren Versammlungen sollten

sich die Versammlungsleitung und die Ordner:innen zusammensetzen, um gemeinsam ein Konzept

zu entwickeln, wie die Kundgebung ablaufen soll und wie das ermöglicht werden kann. Wenn

jede:r:s ein ganz eigenes Konzept an den Tag legt, geht es meistens schief. Absprache ist wichtig.

Aber passt auch auf, dass ihr nicht selbst anfangt, Hilfspolizei zu spielen und euch im

vorauseilendem Gehorsam die eigene Demo kaputt macht. Im Wesentlichen müssen Ordner:innen

einfach irgendwie da sein. Eher passive Ordner:innen sind für eine Demo viel besser als überfleißige

Hilfspolizist:innen aus den eigenen Reihen.

Eine Einladung zum Kooperationsgespräch: Was ist denn

das?

Bei größeren Veranstaltungen, brenzligen Themen oder einfach erfolgreichen politischen Gruppen

kann es passieren, dass ihr von den Behörden zu einem Kooperationsgespräch eingeladen werdet.

Zu so einem Kooperationsgespräch könnt ihr hingehen, müsst es aber nicht. Bei einem

Kooperationsgespräch sind ein:e Vertreter:in der Behörde, bei der ihr eure Versammlung

angemeldet habt, und meistens auch die Polizei anwesend. Zu der Polizei ist zu sagen, dass es sich

um die so genannte politische Abteilung handeln kann, das sind Beamt:innen, die „Szenekenntnisse“

https://kreaktivisten.org/howtos/behoerdenkrams/anmeldung-einer-versammlung/ 6/9


Anmeldung einer Versammlung

Kreaktivisten.org

haben sollen und dadurch irgendwelche Dinge angeblich besser einschätzen können.

Am besten besprecht ihr vor dem Gespräch in eurer Gruppe, was ihr erzählen wollt und inwieweit

ihr auf gewisse Fragen eingeht bzw. was euer Ziel für das Kooperationsgespräch ist. Seid euch

bereits vor dem Gespräch darüber im Klaren, welche Punkte eurer Versammlung ihr verhandeln

wollt und über welche nicht.

Im Gespräch kann es sein, dass euch der/die/das Behördenmitarbeiter:in dazu bringen will, gewissen

Auflagen zuzustimmen. Letztlich gilt: Egal ob ihr bestimmten Auflagen zustimmt oder nicht, die

Behörde kann nach eigener Einschätzung Auflagen erlassen und an diese Auflagen müsst ihr euch

dann erst mal halten. Wenn euch die Auflagen nicht passen, könnt ihr per Verwaltungsklage klagen

und wenn ihr Glück habt, die Auflagen so auch wieder loswerden. Dabei könnt ihr euch aber nur auf

Tatsachen stützen, die der Behörde zu dem Zeitpunkt, als sie die Auflagen erlassen hat, klar waren.

Es ist also sinnvoll, Argumente, die gegen Auflagen sprechen, im Kooperationsgespräch

anzubringen. Auflagen bereitwillig selbst zuzustimmen, ist rein rechtlich auf jeden Fall nicht zu

empfehlen. Das macht die Argumentation gegen diese Auflagen im späteren Klageverfahren

schwieriger. Unsere Empfehlung: Alles, was die Behördenvertreter:innen sagen, nur zur Kenntnis

nehmen, Argumente gegen Auflagen anbringen und sich nicht darauf einlassen, irgendwelche

Versammlungseinschränkungen zu akzeptieren. Das kann rein von den rhetorischen Anforderungen

schon schwierig sein, ergibt aber rechtlich schlicht am meisten Sinn. Wenn ihr nach dem

Kooperationsgespräch den Auflagenbescheid zugeschickt bekommt, könnt ihr euch immer noch in

Ruhe überlegen, ob ihr dagegen klagt oder die Auflagen so akzeptiert. Das müsst ihr nicht in der

wesentlich stressigeren Situation des Kooperationsgespräches entscheiden.

Und am Schluss noch das Allerwichtigste: Kooperationsgespräche stellen eher eine Ausnahme dar.

Tipps für die Versammlungsleiter:innen:

Ihr seid für die Versammlung verantwortlich und ihr bekommt im Extremfall auch Ärger.

Versammlungsleitung ist die bescheidenste Position, die du auf einer Versammlung haben

kannst, da du für manche Handlungen der Versammlung verantwortlich gemacht werden

kannst. Welche Dinge das genau sind, steht in den Straf- und Bußgeldvorschriften, die Teil des

jeweiligen in deinem Bundesland gültigen Versammlungsgesetzes sind. Wägt immer selbst ab,

ob es für euch in Ordnung ist, wie die Versammlung gerade läuft. Absprache kann hilfreich

sein, aber ihr entscheidet.

Falls die Versammlung komplett außer Kontrolle gerät oder es an einer bestimmten Stelle

taktisch sinnvoll ist, als Versammlungsleitung nicht mehr für die Handlungen anderer

verantwortlich gemacht werden zu können, könnt ihr die Versammlung jederzeit aufzulösen.

Am besten macht ihr das per Megafondurchsage. Damit können euch die Behörden für alles,

was ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Versammlung passiert, nicht verantwortlich

machen. Die Teilnehmer:innen der Versammlung haben dann die Pflicht, sich zu entfernen,

nachdem die Versammlung aufgelöst wurde. Die Versammlungsleitung sollte sich, nachdem

sie die Versammlung aufgelöst hat, auf jeden Fall von dieser entfernen.

Falls es sich um eine größere Demo handelt und Ordner:innen eingesetzt werden, überlegt

euch gut, welchen Personen ihr diesen Posten zuteilt. Ordner:innen sollten zwar wissen, wann

es gilt, die eigenen Leute auf Auflagen aufmerksam zu machen, aber nicht selber Polizei

spielen und in vorauseilendem Gehorsam die eigene Demo zerstören. Je größer die Demo,

desto wichtiger sind die Ordner:innen.

Die Versammlungsleitung hat das Recht, einzelne Leute von der Demo auszuschließen. Das

kann ganz hilfreich sein wenn z.B. Nazis sich in den Demozug gemogelt haben. Die

ausgeschlossenen Leute sind dann verpflichtet, sich sofort zu entfernen.

Bei großen Demos ist es hilfreich, immer ein Megafon in der Nähe zu haben. So könnt ihr euch

Gehör verschaffen, wenn es nötig ist.

https://kreaktivisten.org/howtos/behoerdenkrams/anmeldung-einer-versammlung/ 7/9


Anmeldung einer Versammlung

Ausnahmen Spontanversammlung & Eilversammlung:

Spontanversammlung

Kreaktivisten.org

Spontandemos entstehen wortgemäß spontan und haben folglich auch keine Versammlungsleitung.

Wichtig ist, dass mensch bei der Spontandemo nur Demomaterial dabei hat, welches wirklich

spontan aufgetrieben wurde, sonst entsteht der Verdacht, dass die Demo lange geplant war. Oftmals

fordert es sehr viel Durchsetzungsvermögen gegenüber der Polizei, bis eine Spontandemo als solche

anerkannt wird. Auch wenn die Polizei das oftmals gerne anders hätte, gilt: Bei einer

Spontanversammlung gibt es keine Anmelder:in, keine Versammlungsleitung und auch keine

Ordner:innen. Es ist aber möglich, der Spontanversammlung Auflagen zu erteilen (z.B. der

Versammlung eine bestimmten örtlichen Bereich zuzuweisen). Die Polizei ist öfter mal überfordert

mit der rechtlichen Einordnung von Spontanversammlungen, hat in Teilen sogar noch nie von

Spontanversammlungen gehört, und leistet sich des Öfteren Rechtsbrüche. Das muss nicht zwingend

der Fall sein, kommt aber gerade hier öfter vor.

Beispiel für eine Spontanversammlung:

Ihr seid gerade mit eurer Politgruppe in der Innenstadt unterwegs und stoßt zufällig auf einen AfD-

Infostand. Auch bei diesem – für euch sehr spontanen – Anlass habt ihr natürlich das Recht zu

demonstrieren und eure Meinung bezüglich Nazis kundzutun. Anmelden müsst ihr dazu nichts, es

kann jedoch sein, dass euch die Polizei Auflagen auferlegt und euch zum Beispiel auf die andere

Straßenseite verweist. Das Recht, in Hör- und Sichtweite zu demonstrieren, gilt jedoch auch für

Spontanversammlungen.

Eilversammlung

Eilversammlungen sind Versammlungen, die ihr nicht 48 Stunden vor Versammlungsbeginn

anmelden konntet, weil ihr zum Beispiel von dem Anlass eurer Versammlung noch gar nichts

wusstet. Bei einer Eilversammlung gibt es Veranstalter:in, Versammlungsleitung und gegebenenfalls

auch Ordner:innen. Wenn ihr eine Eilversammlung anmeldet, schreibt der Polizei einfach ein Fax

oder ruft bei denen an (nicht die 110, sondern die Nummer der lokalen Polizeiwache). Auch für

Eilversammlungen gilt, dass ihr sie nur anmelden und nicht genehmigen lassen müsst. Bescheid

sagen reicht – wenn die Polizei beschließt, das zu ignorieren, ist das deren Problem.

Beispiel für eine Eilversammlung

Eine Politgruppe erfährt davon, dass eine faschistische Kameradschaft gerade ein Vereinstreffen im

örtlichen Wirtshaus abhält. Sie möchte lautstark gegen Rechtsextremismus demonstrieren und

zeigen, dass solches Gedankengut hier nicht erwünscht ist. Sie verabredet sich per SMS in 30

Minuten vor dem Gasthaus, um zu demonstrieren. Eine Person von euch ruft noch schnell bei der

Polizei an und meldet die Eilversammlung an. Bei Eilversammlungen regelt die Polizei oft in

direktem Gespräch vor Ort mit euch Dinge wie den Versammlungsverlauf und eventuelle Auflagen.

Ich würde mich gerne weiter mit Versammlungsrecht

befassen, wo finde ich Infos?

Das meiste, was mit Versammlungen zu tun hat, ist im Versammlungsgesetz geregelt. Es empfiehlt

sich, einfach direkt die jeweiligen Gesetze zu lesen. Die Versammlungsgesetze sind für Gesetze auch

recht übersichtlich und kurz. Es gibt ein Bundesversammlungsgesetz (VersammlG), das überall dort

gilt, wo die Bundesländer keine eigenen Versammlungsgesetze erlassen haben. In manchen

Bundesländern gibt es eigene Versammlungsgesetze, die anstelle des Bundesversammlungsgesetzes

gelten. Diese Länder sind derzeit (Stand 2021) Bayern (mit dem BayVersG), Sachsen (mit dem

SächsVersG), Niedersachsen (mit dem NVersG), Sachsen-Anhalt (mit dem VersammlG LSA),

https://kreaktivisten.org/howtos/behoerdenkrams/anmeldung-einer-versammlung/ 8/9


Anmeldung einer Versammlung

Kreaktivisten.org

Schleswig-Holstein (mit dem VersFG SH), Berlin (mit dem VersFG BE). Nordrhein Westfalen bastelt

derzeit noch an einem eigenen Versammlungsgesetz.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht zum Thema

Versammlungsfreiheit, auf die mensch sich zur Durchsetzung der Versammlungsfreiheit berufen

kann. Das sprengt allerdings den Rahmen dieser Anleitung.

https://kreaktivisten.org/howtos/behoerdenkrams/anmeldung-einer-versammlung/ 9/9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!