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Die Weinstraße - Oktober 2021

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Der Umgang mit<br />

unserem gebauten Erbe<br />

WER IMMER NACH SÜDTIROL KOMMT, IST BEEINDRUCKT VON DER ABWECHSLUNGSREICHEN UND EINMALIGEN<br />

KULTURLANDSCHAFT. DAS RAUMORDNUNGSGESETZ REGELT DEN SCHUTZ UNSERER LANDSCHAFT UND DES GEBAUTEN<br />

RAUMES – NATURSCHUTZ, DENKMALSCHUTZ, ENSEMBLESCHUTZ – DOCH ES BEDARF EINER BESONDEREN SENSIBILITÄT<br />

UND SORGFALT ALLER BETEILIGTEN. EINE GRUNDLEGENDE VORAUSSETZUNG IST DAS WISSEN UM DIE VERGANGENHEIT.<br />

Gastbeitrag von Wally Kössler<br />

Kein Landstrich ist so reich an Burgen,<br />

Schlössern, Ansitzen und Weinhöfen, wie<br />

das Überetsch, insbesondere die Großgemeinde<br />

Eppan: Architektonische Zeugen<br />

einer reichen Kulturlandschaft, eines begnadeten<br />

Lebensraumes, der nicht zuletzt<br />

durch das milde Klima und den Weinanbau<br />

bedingt ist.<br />

TAUSEND JAHRE BAUGESCHICHTE<br />

Eine außergewöhnliche Bautätigkeit<br />

fand zwischen 1550 und 1700 statt. Der<br />

Begriff „Überetscher Stil“, um 1920 vom<br />

Kunsthistoriker Weingartner geprägt, ist<br />

als besondere Bautypologie in die Kunstund<br />

Architekturgeschichte eingegangen.<br />

<strong>Die</strong> Merkmale des Einflusses aus der<br />

Renaissance sind zwar an vielen Bauten<br />

im Lande, im Unterland oder Oberland<br />

bis hin nach Bruneck feststellbar, aber aufgrund<br />

der ausgeprägten Formen und der<br />

Häufigkeit, gerade im Überetsch, scheint<br />

die Bezeichnung mehr als treffend.<br />

Für Leo Andergassen handelt es sich<br />

um einen „adeligen suburbanen Mischstil,<br />

der mit der ländlichen Villa entwickelt<br />

wurde“, wobei mittelalterliche, nordische<br />

Stilelemente und südliche, renaissancehafte<br />

Formen eine gelungene Symbiose bilden.<br />

<strong>Die</strong> Besiedlung unseres Bezirks über<br />

das Überetsch hinaus reicht weit in die Urgeschichte<br />

zurück – zahlreiche wertvolle<br />

Fundstücke belegen dies – und die jüngsten<br />

archäologischen Grabungsergebnisse einer<br />

römischen Prachtvilla aus der Spätantike in<br />

St. Pauls (4.Jh.) sind nur ein weiterer Beweis<br />

der Attraktivität dieses Siedlungsraums.<br />

ERSTE SCHRIFTLICHE ZEUGNISSE<br />

Eine frühe Auflistung der Burgen und<br />

heutigen Denkmäler findet sich in der Landesbeschreibung<br />

des Chronisten Marx Sittich<br />

von Wolkenstein um 1600. Im 19. Jh.<br />

belegen zahlreiche Reisebeschreibungen<br />

von historischen Bauten in Wort und<br />

Bild – Aquarelle, Skizzen, Zeichnungen<br />

oder Lithographien – das Interesse aus<br />

proto-wissenschaftlicher aber auch früher<br />

touristischer Sicht. Der Ansitz Thalegg in<br />

St. Michael/Maderneid wurde sogar auf der<br />

Weltausstellung 1900 in Paris als „Chateau<br />

Tyrolienne“ im Maßstab 1:100 nachgebaut.<br />

Wer heute durch die Dörfer und Weiler<br />

in Eppan streift, kann 1000 Jahre Architekturgeschichte<br />

nachverfolgen. <strong>Die</strong> ersten<br />

Wohntürme und Burgen entstanden im<br />

12./13. Jh., als Wohnsitze von Ministerialen<br />

im <strong>Die</strong>nste bedeutender Adelsfamilien.<br />

Aus einigen Wohntürmen entwickelten sich<br />

durch An- und Zubauten die Ansitze des<br />

16./17. Jh., einige wurden auch neu oder auf<br />

bestehenden Strukturen errichtet. Neben<br />

den alteingesessenen Adelsfamilien waren<br />

die Bauherren vorwiegend Kaufleute, hohe<br />

Beamte, Steuereinnehmer, Richter, eingewandert<br />

aus dem Norden oder Süden, die<br />

16 // OKTOBER <strong>2021</strong>

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