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Cercle und Cité - Ons Stad

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<strong>Cercle</strong> <strong>und</strong> <strong>Cité</strong><br />

ein neues<br />

kulturelles<br />

Zentrum<br />

Der Ursprung des Namens<br />

Der Name des <strong>Cercle</strong> führt auf eine<br />

ehemalige Kasino-Gesellschaft zurück, welche<br />

den Namen „<strong>Cercle</strong> littéraire” trug <strong>und</strong><br />

am 19. November 1826 gegründet worden<br />

war (siehe auch den Beitrag von Germaine<br />

Goetzinger auf den Seiten 48-51). Sie war<br />

hervorgegangen aus der „Société du Casino”,<br />

die im gleichen Jahr aufgr<strong>und</strong> eines<br />

Duells zwischen Mitgliedern dieser Vereinigung<br />

<strong>und</strong> belgischen Handelsreisenden<br />

erfolgt war 64 . Die Mitglieder des „<strong>Cercle</strong><br />

littéraire” trafen sich zuerst im Restaurant<br />

Schrobilgen in der Rue de l’Eau. Ein Jahr<br />

später erwarben sie das Haus „Metz” in<br />

© Nationalarchiv Luxemburg<br />

der Rue Genistre, die an die Hauptwache<br />

der Garnison grenzte. Nach den Plänen des<br />

<strong>Stad</strong>tarchitekten Dagobert Chauchet errichteten<br />

sie hier im Jahre 1830 ihren Vereinigungssitz<br />

65 . Wahrscheinlich aufgr<strong>und</strong><br />

der Wirren durch die belgische Revolution<br />

fehlten schließlich die Mittel, um den Bau<br />

abzuschließen. Um sich einige Einkünfte zu<br />

verschaffen, vermietete der „<strong>Cercle</strong> littéraire”<br />

seinen großen Saal für Feste, Konzerte<br />

<strong>und</strong> Theateraufführungen 66 . Die <strong>Stad</strong>t<br />

kaufte der Vereinigung 1855 ihren Sitz für<br />

60 000 Franken ab. Der „<strong>Cercle</strong> littéraire”<br />

konnte sich nun auflösen. Die Gemeinde<br />

stellte den Bau fertig <strong>und</strong> brachte hier die<br />

Musikschule sowie die Kinderbewahrschule<br />

unter. Im ersten Stockwerk nutzte die „Société<br />

de Gymnastique” den Theatersaal für<br />

ihre Aufführungen 67 . Nach der Schleifung<br />

der Festung <strong>und</strong> dem Abzug der Garnison<br />

konnten nun die Musikschule <strong>und</strong> die<br />

„Crèche” in die Artilleriekaserne umziehen,<br />

<strong>und</strong> die „Société de Gymnastique” konnte<br />

das ehemalige zur Festungsbäckerei umgewandelte<br />

Kapuzinerkloster als Theater nutzen.<br />

Somit war das <strong>Cercle</strong>-Gebäude in der<br />

Rue Genistre frei geworden, <strong>und</strong> die <strong>Stad</strong>t<br />

verpachtete das Haus für 4 000 Franken<br />

an Frl. Marguerite Faber, die hier ein beliebtes<br />

Restaurant führte. 1877 erstand sie<br />

das Gebäude für 72 000 Franken. Seit der<br />

Öffnung der <strong>Stad</strong>t war der Gr<strong>und</strong>stückpreis<br />

bereits um 25 Prozent gestiegen! Jean<br />

Lentz, Erbe des Anwesens, fügte dem Bau<br />

ein drittes Stockwerk hinzu <strong>und</strong> machte<br />

den Festsaal zum Mittelpunkt des hauptstädtischen<br />

Gesellschaftslebens 68 . 1901<br />

erwarb die Gemeinde erneut das stattliche<br />

Gebäude für den Preis von 185 000 Franken,<br />

was etwas mehr als dem dreifachen<br />

Preis von 1855 entsprach. Kurz zuvor hatte<br />

sie das Gesuch des späteren Gewinners<br />

des Architekturwettbewerbs, Pierre Funck,<br />

abgelehnt, der hier für den Unternehmer<br />

Kummer ein Luxushotel mit 100-110 Zimmern<br />

hochziehen wollte 69 . Die <strong>Stad</strong>t wollte<br />

auf diesem Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> der angrenzenden<br />

Parzelle der „Hauptwache” ihre „städtische<br />

Festhalle” errichten 70 .<br />

Die anliegende Hauptwache war 1827<br />

im neo-klassizistischem Stil errichtet worden<br />

<strong>und</strong> ersetzte die alte Hauptwache aus<br />

der französischen Zeit (1795-1814). Nach<br />

der Schleifung der Festung kam der Bau<br />

laut Code civil an den Staat. Hier war in<br />

der Folgezeit das Jägerbataillon bis 1881<br />

untergebracht <strong>und</strong> die wichtigste Polizeistube<br />

der Hauptstadt eingerichtet 71 , <strong>und</strong><br />

hier wurden das Feuerwehrmaterial <strong>und</strong><br />

die Krankenwagen abgestellt, alles Funktionen,<br />

die auch das spätere <strong>Cercle</strong>-Gebäude<br />

innehaben wird.<br />

Nach langen <strong>und</strong> schwierigen, seit<br />

1884 geführten Debatten trat schließlich<br />

der Staat das 4,8 Ar umfassende Gr<strong>und</strong>stück<br />

der Hauptwache an die <strong>Stad</strong>t ab.<br />

Bedingung hierfür war, dass die <strong>Stad</strong>t dem<br />

Staat ein Gelände zum Bau der Industrie-<br />

<strong>und</strong> Handelsschule zur Verfügung stellte<br />

<strong>und</strong> sich finanziell am Bau dieser Schule<br />

<strong>und</strong> des geplanten Nationalmuseums<br />

beteiligte. Darüber hinaus verlangte der<br />

Staat, dass der zukünftige <strong>Cercle</strong>-Bau ein<br />

Monumentalgebäude mit „originellem<br />

Charakter” werde 72 . Auch geschichtsbewusst<br />

zeigte man sich damals: Das Lastenheft<br />

zum Abriss der bestehenden Gebäude<br />

verlangte, dass historische, archäologische<br />

oder numismatische Gegenstände, welche<br />

vor Ort gef<strong>und</strong>en wurden, der Gemeindeverwaltung<br />

gemeldet wurden 73 .<br />

Joseph Heintz erwarb übrigens die<br />

Steine der ehemaligen Hauptwache <strong>und</strong><br />

errichtete sie 1902 im Park seiner Tabakmanufaktur<br />

Heintz van Landewijk in Hollerich.<br />

Hier steht sie bis heute mit ihrem<br />

nach ursprünglichem Muster angelegten<br />

Vorplatz 74 . Es bleibt zu hoffen, dass dieses<br />

historische Zeitzeugnis im Rahmen der<br />

Neuurbanisierung dieses <strong>Stad</strong>tteils voll zur<br />

Geltung gebracht werden könnte.<br />

Robert L. Philippart<br />

53 Archives Nationales Luxembourg, Travaux Publics,<br />

N° 566;<br />

54 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2 954;<br />

55 Vandenbreeden, Jos; Dierkens-Aubry, De 19de eeuw in<br />

België, architectuur en interieurs, Tielt, 1994, p. 105;<br />

56 Bekaert, Geert, La reconstruction ou l'heure de vérité, in<br />

Resurgam, Gand, (1994), p. 28-29;<br />

57 Schmitt, Michael, Palast-Hotels,, Architektur <strong>und</strong><br />

Anspruch eines Bautyps 1870-1920, Berlin, 1982, p. 45;<br />

58 Archives de la Ville de Luxembourg, LU-Imp. IV/2<br />

N° 0187;<br />

59 Remy, Jean; Voye, Liliane, Ville, ordre et violence, Paris,<br />

1981, p. 63;<br />

60 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2 N° 1172-<br />

1176;<br />

61 Philippart, Robert L, Luxembourg, historicisme et<br />

identité… op. cit., p;<br />

62 Pinnel, Roland, Der <strong>Cercle</strong>…op. cit., p. 229;<br />

63 Koltz, J(ean)-P(ierre), Baugeschichte… op. cit., t. 3,<br />

luxembourg, 1951 p. 104;<br />

64 Baldauff-Beck, Simone, Un duel à l'origine du <strong>Cercle</strong>, in<br />

Biennale de l'antiquité et des arts, Luxembourg, 1997,<br />

p. 16;<br />

65 Archives de la Ville de Luxembourg, LU-Imp. III-alt-<br />

Période LU III (1814-1843) procès-verbal de la pose de<br />

la première pierre pour le bâtiment du cercle littéraire;<br />

66 Koltz, J(ean)-P(ierre), Baugeschichte… op. cit., t. 3,<br />

Luxembourg, 1951, p. 103;<br />

67 Un duel… op. cit., p. 17;<br />

68 Rupprecht, Alphonse, Logements militaires à<br />

Luxembourg, Luxembourg, 1979, p. 260-262;<br />

69 Koltz, J(ean)-P(ierre), Baugeschichte… op. cit., t. 3,<br />

Luxembourg, 1951, p. 103;<br />

70 Die städtische festhalle, in Luxemburger Wort, N° 222,<br />

Luxemburg, 1941, p. 3;<br />

71 Vue de la Place d’Armes à Luxembourg avec l’ancien<br />

Corps de garde (Hâptwuecht) en 1902, in Les cahiers<br />

luxembourgeois, N° 4, Luxembourg, 1957, s.p;<br />

72 Archives Nationales Luxembourg, Travaux Publics,<br />

N° 12; Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2<br />

N° 1529; Ville de Luxembourg, Bulletin communal, N° 9,<br />

Luxembourg, 1901, p. 142;<br />

73 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2 N° 955;<br />

74 Netgen, Eric, Quand c'est parti, c'est parti, que<br />

deviendra la garde principale de la place d'Armes? in Le<br />

Jeudi, N° 34 (20 août 2009), Esch-sur-Alzette, 2009,<br />

p. 10.<br />

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