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Cercle und Cité - Ons Stad

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58<br />

Was bedeuten<br />

die Straßennamen<br />

der <strong>Stad</strong>t?<br />

Walram (rue)<br />

im <strong>Stad</strong>tviertel merl-Belair gelegen, führt<br />

die rue Walram in der verlängerung von<br />

der rue d’oradour von der avenue du X<br />

Septembre zur rue auguste neyen. aufgr<strong>und</strong><br />

eines Schöffenratsbeschlusses vom<br />

13. mai 1935 trägt sie den namen Walrams<br />

iv. von Limburg, der 1214 als zweiter Gatte<br />

der Gräfin Ermesinde Graf von Luxemburg<br />

wurde. Walram beteiligte sich mit seinem<br />

vater am dritten Kreuzzug, der von 1189 bis<br />

1192 unter der hochkarätigen Leitung von<br />

Kaiser Friedrich Barbarossa, König richard<br />

Löwenherz von England <strong>und</strong> philipp ii.<br />

von Frankreich Jerusalem von den arabern<br />

befreien sollte. die Kreuzritter mussten sich<br />

aber mit der Küstenstadt akkon begnügen,<br />

<strong>und</strong> Jerusalem blieb verloren. vier Jahre später<br />

beteiligte sich Walram an der rebellion<br />

der reichsfürsten gegen den plan Heinrichs<br />

vi., das Wahlkönigtum in ein Erbkönigtum<br />

zu verwandeln. der erbitterte Widerstand<br />

zahlreicher reichsfürsten brachte diesen plan<br />

zum Scheitern, führte aber – ungewollt – zum<br />

deutschen thronstreit. 1198 kam es zu einer<br />

doppelwahl: Sowohl der Staufer philipp<br />

von Schwaben als auch der Welfe otto iv.<br />

wurden zum deutschen König ausgerufen.<br />

in der Schlacht bei Wassenberg (1206), an<br />

der auch Walram teilnahm, wurde das welfische<br />

Heer geschlagen. 1214 heiratete Walram<br />

von Limburg in zweiter Ehe die luxemburgische<br />

Gräfin Ermesinde, mit der er vier<br />

Kinder hatte, <strong>und</strong> wurde so zum Grafen von<br />

Luxemburg. im gleichen Jahr beteiligte er<br />

sich an der Schlacht von Bouvines, <strong>und</strong> drei<br />

Jahre später nahm er am fünften Kreuzzug<br />

teil (1217-18). als sein vater Heinrich iii. im<br />

Jahre 1221 starb, wurde Walram auch Herzog<br />

von Limburg <strong>und</strong> Graf von arlon. 1226 starb<br />

Walram iv., Graf von Luxemburg, Herzog<br />

von Limburg-arlon nach einem kampfintensiven<br />

<strong>und</strong> abenteuerlichen Leben. Sein Erbe<br />

Heinrich v. war beim tod seines vaters erst<br />

fünf Jahre alt.<br />

Wampach (rue Camille)<br />

im Bonneweger viertel Kaltreis erstreckt sich<br />

die rue camille Wampach halbkreisförmig<br />

zwischen der rue michel Gehrend <strong>und</strong> dem<br />

Boulevard Kaltreis. Benannt ist sie durch<br />

einen Schöffenratsbeschluss vom 21. Februar<br />

1983 nach dem theologen <strong>und</strong> Historiker<br />

camille Wampach, der 1884 in Esch geboren<br />

wurde <strong>und</strong> 1958 in Luxemburg starb. nach<br />

seinen Sek<strong>und</strong>arstudien am athenäum <strong>und</strong><br />

seinen theologiestudien am hiesigen priesterseminar<br />

wurde camille Wampach 1908<br />

zum priester geweiht. an der Humboldt-<br />

universität in Berlin studierte er theologie<br />

<strong>und</strong> diplomatik <strong>und</strong> promovierte 1915 mit<br />

einer arbeit über die „Geschichte der Gr<strong>und</strong>herrschaft<br />

Echternach“. 1921 erhielt er eine<br />

Ernennung in die pfarrei Hamm, von der<br />

er sich aber 1930 beurlauben ließ, um seine<br />

wissenschaftlichen Forschungen über Echternach<br />

vertiefen zu können. Ein Jahr später<br />

wurde er dozent für luxemburgische <strong>und</strong><br />

westeuropäische Geschichte an der universität<br />

Bonn, wo er 22 Semester lang lehrte. in<br />

den fünf Jahren vor dem ausbruch des Zweiten<br />

Weltkrieges erschienen die vier ersten<br />

Bände seiner „urk<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> Quellenbücher<br />

zur Geschichte der altluxemburgischen<br />

territorien“. um seine Haltung gegen das<br />

nationalsozialistische regime <strong>und</strong> die Besetzung<br />

Luxemburgs deutlich zu machen, lehnte<br />

Wampach 1941 einen preis der Görres-<br />

Gesellschaft ab, einer vereinigung, die 1876<br />

von katholischen Forschern <strong>und</strong> publizisten<br />

gegründet worden <strong>und</strong> unter dem nationalsozialismus<br />

propagandistisch gesteuert war.<br />

daraufhin ward ihm seine professur in Bonn<br />

entzogen, <strong>und</strong> Wampach lebte eher schlecht<br />

als recht als Hilfsgeistlicher in Echternach.<br />

umso bitterer war die Erfahrung, die er 1945<br />

machen musste: als er sich um die Stelle des<br />

direktors des nationalarchivs bewarb, wurde<br />

seine Bewerbung von dem minister, der für<br />

die Epuration zuständig war, abgelehnt, weil<br />

Wampach seine Beziehungen zu deutschen<br />

Wissenschaftlern vorgeworfen wurden. Zwei<br />

monate später beauftragte die regierung –<br />

ein trostpflaster, das ihm aber immerhin eine<br />

angemessene Besoldung sicherte – ihn mit<br />

der aufsicht über das regierungsarchiv, <strong>und</strong><br />

auch die universität Bonn erneuerte seine<br />

Honorarprofessur. allerdings widmete sich<br />

Wampach von dem moment an vor allem der<br />

Quellenforschung <strong>und</strong> der veröffentlichung<br />

von sechs weiteren Bänden seiner „urk<strong>und</strong>en-<br />

<strong>und</strong> Quellenbücher“. dieses Werk von<br />

unschätzbarem Wert betrifft die Zeitspanne<br />

von siebten bis zum sechzehnten Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

unveröffentlicht sind allerdings die<br />

manuskripte, welche die periode von 1313<br />

bis 1400 betreffen. denn nach einer harmlosen<br />

operation stirbt camille Wampach<br />

unerwartet am 7. august 1958.<br />

Weber (rue Batty)<br />

im oberen teil des <strong>Stad</strong>tviertels Limpertsberg<br />

verbindet die rue Batty Weber die avenue<br />

pasteur mit der avenue de la Fayencerie. der<br />

luxemburgische Schriftsteller, Journalist,<br />

Feuilletonist <strong>und</strong> publizist, dessen namen<br />

sie auf Gr<strong>und</strong> eines Gemeinderatsbeschlusses<br />

vom 29. dezember 1945 trägt, kommt<br />

am 25. november 1860 in rümelingen zur<br />

Welt. Getauft auf den namen Jean-Baptiste,<br />

geht er als Batty Weber in die Luxemburger<br />

Literaturgeschichte ein. ab <strong>und</strong> zu verwendet<br />

er außerdem pseudonyme wie z.B. Ewald<br />

Günther oder Hary rodemol. da sein vater<br />

Lehrer ist, muss die Familie öfters umziehen.<br />

So lernt der kleine Batty das Leben in Süden<br />

des Landes, aber auch in der moselgegend<br />

kennen. nach seinem abitur beginnt er ein<br />

philologiestudium in Berlin <strong>und</strong> Bonn, das<br />

ihm aber wenig zusagt. nachdem seine Fami-<br />

lie seine pläne, nach Übersee auszuwandern,<br />

abgelehnt hatte, beginnt er eine für ihn frustrierenden<br />

Karriere als verwaltungsbeamter.<br />

Zwei Jahre später wird er mit 25 Jahren<br />

Stenograph der abgeordnetenkammer, ein<br />

amt, das er von 1885 bis 1929 bekleidet.<br />

1893 demissioniert er als „commis première<br />

classe“, um genügend Freiraum für seine journalistischen<br />

tätigkeiten zu haben. Während<br />

r<strong>und</strong> dreißig Jahren ist er chefredakteur der<br />

luxemburger Zeitung <strong>und</strong> mitarbeiter der<br />

Obermosel-Zeitung. Seinen Beruf als Kammerstenograph<br />

behält er bei, ergänzt ihn<br />

sogar ab 1896 als Stenograph des Gemeinderates<br />

der <strong>Stad</strong>t Luxemburg, dessen Sitzungsberichte<br />

er während 32 Jahren verfasst.<br />

neben diesen administrativen <strong>und</strong> journalistischen<br />

tätigkeiten veröffentlicht er zahlreiche<br />

romane („Fenn Kass, roman eines<br />

Erlösten“, neuauflage cnL 2001), Gedichte<br />

(„dem Jabo seng Kap“, 1918), Erzählungen<br />

(„Bella Ghitta“ 1889; „novellen“, 1940)<br />

theaterstücke („de Schéifer vun aasselbur“,<br />

1897; „aarme pierrot“, 1911; „d’Wonner<br />

vu Spéisbech“, 1915 – mit der musik von<br />

Fernand mertens), reiseberichte <strong>und</strong> Essays.<br />

diese zeitintensiven tätigkeiten – Weber<br />

selbst spricht von Zwölf-St<strong>und</strong>en-tagen nur<br />

für seine „Brotberufe“ – scheinen ihn nicht<br />

ausgelastet zu haben: „.. denn mit allerhand<br />

reisen war immer meine Freizeit ausgefüllt.<br />

Wenn nicht geradelt wurde, wurde gewandert,<br />

gerudert <strong>und</strong> gefischt“.<br />

am bekanntesten ist Batty Weber aber für<br />

seinen „abreißkalender“. vom 25. September<br />

1913 bis zum 17. dezember 1940 veröffentlichte<br />

er täglich in der Luxemburger<br />

Zeitung Glossen, in denen er 7 055 mal die<br />

Luxemburger aktualität kommentierte, was<br />

ihn – so Joseph tockert – zum „kulturellen<br />

Gewissen der nation“ machte. „er hat,“ so<br />

tockert, „nach dem Vorbild seines Meisters<br />

Dicks, das ganze land zu volksk<strong>und</strong>lichem<br />

<strong>und</strong> landestümlichem Bewusstsein zusammengeschweißt,<br />

es auf höherer ebene denken <strong>und</strong><br />

fühlen gelernt“.<br />

in zweiter Ehe heiratet Batty Weber 1903 die<br />

Schriftstellerin, Übersetzerin <strong>und</strong> Frauenrechtlerin<br />

Emma Brugmann (1877-1964),<br />

die ihren mann um fast ein vierteljahrh<strong>und</strong>ert<br />

überlebt. Batty Weber stirbt am 15.<br />

dezember 1940 in Luxemburg.<br />

Seit 1987 trägt der jährlich verliehene luxemburgische<br />

nationalpreis für Literatur seinen<br />

namen. Zahlreiche texte von Batty Weber<br />

wurden im Laufe der Jahre auch in ons stad<br />

veröffentlicht (onsstad.vdl.lu).<br />

Fanny Beck<br />

Quellen:<br />

- Otto Reinhard Redlich: Walram III., Herzog von Limburg.<br />

In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 40,<br />

Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 774 f.;<br />

- http://de.wikipedia.org/wiki/Walram_IV._(Limburg);<br />

- Luxemburger Lexikon / Das Großherzogtum von A-Z.<br />

Editions Binsfeld, Luxemburg 2006;<br />

- Camille Wampach: Jean Malget in „Biographisches-<br />

Bibliographisches Kirchenlexikon“ Band 13. Verlag Traugott<br />

Bautz, Herzberg 1996. http://de.wikipedia.org/wiki/Henri-<br />

Camille_Wampach;<br />

- Batty Weber: www.cnl.lu;<br />

- Sylvie Kremer-Schmit, Zum 50. Todestag von Batty Weber,<br />

in: ons stad, Nr. 35, Dezember 1996;<br />

- Hilgert, Romain: 7 055 altbackene Betrachtungen über Gott<br />

<strong>und</strong> die Welt, in: D'Lëtzebuerger Land vom 2. August 2002.

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