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LOHAS als Trendsetter für das ... - Trends & Wege

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<strong>LOHAS</strong> <strong>als</strong> <strong><strong>Trends</strong>etter</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />

Nachhaltigkeitsmarketing<br />

Martin Kreeb, Melanie Motzer & Werner F. Schulz<br />

Der US-amerikanische Politikwissenschaftler John Naisbitt definiert Megatrends<br />

<strong>als</strong> „große weltumspannende sozioökonomische oder strukturelle<br />

Prozesse, die wir <strong>als</strong> Individuen weder beeinflussen noch ändern können<br />

und mit denen wir uns in Zukunft auseinandersetzen müssen“<br />

(Naisbitt 1982). Neben den Megatrends Wellness und Cocooning sehen<br />

einige Marktforschungsunternehmen ein Potenzial <strong>für</strong> einen Megatrend<br />

<strong>für</strong> Nachhaltigkeit (Nielsen 2008, BMU 2008a). Der Soziologe Paul Ray<br />

beschrieb in den 1990er Jahren eine neue Bevölkerungsgruppe von ca. 50<br />

Millionen US-Amerikanern, die er <strong>als</strong> „Cultural Creatives“ (Ray 2000)<br />

bezeichnete. Diese Kulturell Kreativen wurden 2004 von der Forschungsgruppe<br />

balance[f] auch in Deutschland (balance[f] 2005) entdeckt. Ray<br />

beschreibt diese von ihm <strong>als</strong> „Kulturell Kreative“ bezeichnete Gruppe folgendermaßen<br />

(Ray 1996, 2-3):<br />

Die Kulturell Kreativen tragen diese Bezeichnung, weil sie die Kultur<br />

am stärksten mit neuen Gedanken bereichern und entscheidend an der<br />

kulturellen Veränderung mitwirken. In der Regel gehören sie zur<br />

Mittel- bis Oberschicht. An der Westküste der Staaten sind sie etwas<br />

stärker vertreten <strong>als</strong> in anderen Landesteilen, aber es gibt sie in jeder<br />

Region. Das Verhältnis von Frauen zu Männern beträgt 60:40; es sind<br />

<strong>als</strong>o 50 % mehr Frauen <strong>als</strong> Männer in dieser Richtung engagiert. Die<br />

Subkultur der Kulturell Kreativen wird von zwei Flügeln getragen:<br />

– Der eine ist die „Kerngruppe“ (10,6% bzw. 20 Millionen Amerikaner).<br />

Deren Mitglieder besitzen sowohl persönlichkeits-orientierte<br />

<strong>als</strong> auch „grüne“ Wertvorstellungen: Sie sind stark an Psychologie,<br />

einem spirituellen Leben, an Selbstverwirklichung und persönlichem<br />

Ausdruck interessiert, sind aufgeschlossen <strong>für</strong> Fremdes<br />

und Exotisches, verwirklichen gerne neue Ideen und engagieren<br />

sich <strong>für</strong> soziale Belange, sie streiten <strong>für</strong> die Rechte der Frauen und


304 Kreeb/Motzer/Schulz<br />

machen sich zum Anwalt <strong>für</strong> die Umwelt. Unter ihnen sind die meisten<br />

Vordenker und Ideengeber. In der Regel entstammen sie der<br />

oberen Mittelschicht, und mit einer Quote von 67:33 sind doppelt<br />

soviele Frauen wie Männer vertreten.<br />

– Die Interessen des anderen Flügels, der „ökologisch orientierten<br />

Kulturell Kreativen“ (13 % bzw. 24 Millionen Erwachsene) konzentrieren<br />

sich auf Umweltfragen und soziale Themen aus einer eher<br />

pragmatischen Perspektive heraus – <strong>das</strong> Interesse an Spiritualität,<br />

Psychologie oder persönlichkeitsorientierten Werten steht weniger<br />

im Vordergrund. Offensichtlich orientiert sich dieser Flügel an den<br />

Ideen der Kerngruppe. Die Mitglieder stammen meist aus der Mittelklasse.<br />

Das Marktforschungsinstitut NMI (Natural Marketing Institut) nahm die<br />

von Ray beschriebene gesellschafts- und konsumpolitische Analyse auf<br />

und berechnete deren theoretisches Marktpotenzial 2004 auf über 200<br />

Mrd. US $. Das NMI prägte <strong>für</strong> die neu entdeckte Konsumentengruppe<br />

der Kulturell Kreativen den Begriff der „Lifestyle of Health and Sustainability“<br />

(<strong>LOHAS</strong>) Konsumentengruppe. Dieses Marktpotenzial motivierte<br />

auch in Deutschland zahlreiche Akteure ab 2006 diesen Trend zu quantifizieren<br />

bzw. abzuschätzen (Wenzel & Horx 2007, Porter-Pirelli 2007,<br />

GfK 2007, Burda Media Research 2007, Nielsen 2008).<br />

Die balance[f] Marketingforschungsgruppe stellte durch Fallstudien<br />

im Jahr 2005/2006 in den Branchen Tourismus, Food, Automobil, Bankund<br />

Versicherungswesen und Kosmetik fest, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Marktpotenzial der<br />

Kulturell Kreativen in Deutschland möglicherweise über dem von Ray in<br />

den USA geschätzten 24 % Anteil an der Gesamtbevölkerung lag. Zusätzlich<br />

zu diesen branchenbezogenen Fallstudien wurden mit den führenden<br />

deutschen Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit im Jahr 2006/2007<br />

Tiefeninterviews geführt, die ebenfalls deutliche Hinweise lieferten, <strong>das</strong>s<br />

sich ein stabiler Megatrend Nachhaltigkeit auch aus der Sicht von Unternehmensverantwortlichen<br />

abzeichnete. Mittlerweile gibt es eine beachtliche<br />

Anzahl von Marktstudien (Wenzel & Horx 2007, Porter-Pirelli 2007,<br />

GfK 2007, Burda Media Research 2007, Nielsen 2008) im Bereich des<br />

<strong>LOHAS</strong>-Konsumentensektors.<br />

Wichtig bleibt festzustellen, <strong>das</strong>s die <strong>LOHAS</strong>-Konsumentengruppe<br />

sich zwar dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet sieht und dieses<br />

Ideal <strong>als</strong> Wertebasis anstrebt. Dennoch sind die <strong>LOHAS</strong>-Konsumenten<br />

keine reinen Nachhaltigkeitsjünger. Lifestyle und Ästhetik sind ebenfalls<br />

wichtige Kaufkriterien – Konsumverzicht <strong>als</strong> alternativer Lebensstil ist<br />

ihnen fremd.


<strong>LOHAS</strong> <strong>als</strong> <strong><strong>Trends</strong>etter</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> Nachhaltigkeitsmarketing 305<br />

<strong>LOHAS</strong> und Nachhaltigkeit<br />

Beim Leitbild des nachhaltigen Wirtschaftens bzw. der nachhaltigen Entwicklung<br />

herrschen zahlreiche Definitionen vor. Die Frage, „was heisst<br />

Nachhaltigkeit“ kann deshalb nur definitorisch gelöst werden. Die in<br />

Deutschland gültige Definition <strong>für</strong> „Nachhaltige Entwicklung“ wurde<br />

vom Bundesumweltministerium mitformuliert und vom Europäischen<br />

Rat in Göteborg, am 16.06.2001 <strong>als</strong> EU-Nachhaltigkeits-Strategie beschlossen:<br />

Nachhaltige Entwicklung, d. h. die Erfüllung der Bedürfnisse der derzeitigen<br />

Generation, ohne dadurch die Erfüllung der Bedürfnisse künftiger<br />

Generationen zu beeinträchtigen, ist ein grundlegendes Ziel der<br />

Verträge. Hierzu ist es erforderlich, die Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik<br />

so zu gestalten, <strong>das</strong>s sie sich gegenseitig verstärken. Gelingt<br />

es nicht, Tendenzen umzukehren, die die künftige Lebensqualität bedrohen,<br />

so werden die Kosten <strong>für</strong> die Gesellschaft drastisch ansteigen<br />

oder diese Tendenzen werden unumkehrbar. Der Europäische Rat begrüßt<br />

die Vorlage der Mitteilung der Kommission über nachhaltige Entwicklung,<br />

in der wichtige Vorschläge enthalten sind, um diesen Tendenzen<br />

Einhalt zu gebieten (BMU 2008b).<br />

Da in der Politik und in der Wissenschaft zahlreiche Definitionen der<br />

Nachhaltigkeit existieren, gibt es in der wissenschaftlichen Debatte eine<br />

so genannte Nachhaltigkeitsgradeinteilung (Ahlheim 2002). Diese beschreibt,<br />

wie stark der absolute Nachhaltigkeitsanspruch entwickelt ist:<br />

– Sehr schwache Nachhaltigkeit<br />

Bei dieser „schwächsten“ Nachhaltigkeitsdefinition geht man von der<br />

vollen Substituierbarkeit aller Kapitalarten aus, d.h. nachhaltig ist eine<br />

Organisation dann, wenn die Summe aller Kapitalarten gleich bleibt.<br />

Wichtig bleibt dabei die Erfüllung der Hartwick-Regel, d.h. der Ertrag<br />

aus Abbau des Naturkapit<strong>als</strong>tocks muss teilweise wieder in den Bereich<br />

des produzierten Kapit<strong>als</strong>, bzw. in <strong>das</strong> Humankapital investiert<br />

werden. Das Natur- bzw. Umweltkapital kann voll verbraucht werden.<br />

– Schwache Nachhaltigkeit<br />

Im Gegensatz zur „sehr schwachen Nachhaltigkeit“ schreibt die<br />

„schwache Nachhaltigkeit“ gewisse Mindestmengen zur Erhaltung des<br />

Naturkapit<strong>als</strong> vor. Die völlig freie Substituierbarkeit der Kapitalarten<br />

ist in diesem Modell <strong>als</strong>o eingeschränkt.


306 Kreeb/Motzer/Schulz<br />

– Strenge Nachhaltigkeit<br />

Die Substituierbarkeit der einzelnen Naturkapitalarten bleibt weitgehend<br />

erhalten – die Substituierbarkeit von produziertem Kapital mit<br />

dem Naturkapital wird hingegen ausgeschlossen.<br />

– Sehr strenge Nachhaltigkeit<br />

Die Substituierbarkeit des Naturkapit<strong>als</strong> ist stark eingeschränkt. Zusätzlich<br />

wird eine Minimalisierung des Materialdurchsatzes gefordert,<br />

um die Entropie zu stoppen bzw. zu verlangsamen.<br />

– Absurd strenge Nachhaltigkeit<br />

Gefordert wird der völlige Verzicht der Substituierbarkeit der Kapitalarten.<br />

Da sich der Begriff der Nachhaltigkeit noch in der wissenschaftlichen Debatte<br />

befindet und die Politik nach geeigneten Umsetzungsmodellen<br />

sucht, hat der Konsument bislang Schwierigkeiten, nachhaltige Produkte<br />

Abbildung 1: Nachhaltigkeitsgrade: Nachhaltigkeitsgrade in<br />

Anlehnung an Ahlheim (2002 9f.) ergänzt um die ungefähren Positionen<br />

von <strong>LOHAS</strong> und den Ökoaktivisten der ersten Stunde


<strong>LOHAS</strong> <strong>als</strong> <strong><strong>Trends</strong>etter</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> Nachhaltigkeitsmarketing 307<br />

und Dienstleistungen zu erkennen. Der <strong>LOHAS</strong>-Konsument kann zwar in<br />

ausgewählten nachhaltigkeitsorientierten Produktsparten auf Nachhaltigkeitslabels<br />

(Eberle 2001, 70) zurückgreifen (FSC-Label <strong>für</strong> Holzprodukte,<br />

MSC-Label <strong>für</strong> Fischprodukte, Flower Label Program, usw.), bei weitem<br />

aber auch nicht in allen Produktsparten.<br />

Es ist zu vermuten, <strong>das</strong>s die <strong>LOHAS</strong>-Konsumentengruppe und die<br />

Ökoaktivisten der ersten Stunde im Bezug auf Nachhaltigkeit unterschiedliche<br />

Anforderungen an die Qualität ihres persönlichen Nachhaltigkeitsanspruchs<br />

stellen. Schulz (2008) positioniert – wie in Abbildung 1<br />

dargestellt – <strong>LOHAS</strong> und Ökoaktivisten.<br />

Die schwächer ausgeprägte Nachhaltigkeitsanspruchhaltung der LO-<br />

HAS-Konsumentengruppe erleichtert es bislang den Unternehmen, nicht<br />

nachhaltigkeitszertifizierte Produkte zu entwickeln und zu verkaufen.<br />

Schwerpunkt der Produktvermarktung sind bislang noch ökoeffiziente<br />

Produkteigenschaften, die in einem emotional wirkenden Werbeumfeld<br />

präsentiert werden. Kritiker sehen hier ein Problempotenzial der Glaubwürdigkeit,<br />

die <strong>für</strong> die ganze <strong>LOHAS</strong>-Entwicklung gefährlich werden<br />

kann, da eine ausschließliche auf einen Lifestyle ausgerichtete Konsumorientierung<br />

wichtiger <strong>für</strong> den <strong>LOHAS</strong>-Konsumenten sein kann <strong>als</strong> die positive<br />

Wirkung <strong>für</strong> die nachhaltige Entwicklung. Notwendige Lebensstiländerungen<br />

werden nicht durchgeführt, sondern nicht nachhaltige<br />

Lebensstile durch ungebremsten Konsum sogar noch gefördert (Menhard<br />

2007, 1-2).<br />

Neue Nachhaltigkeitssignale aus der Verbraucherforschung<br />

Die Klimadebatte seit dem ersten IPCC Bericht (IPCC 2007) und dem<br />

Stern-Report (Stern 2007) sowie die daraus begründete verstärkte mediale<br />

Berichterstattung, brachte der Bevölkerung die Bedeutung des Umwelt-<br />

und Klimaschutzes wieder näher. Die Klimaveränderungen werden<br />

in Deutschland vom Großteil der Bevölkerung wahrgenommen ebenso<br />

wie die Dringlichkeit zu handeln. Dies zeigt beispielsweise eine von der<br />

GfK 2007 durchgeführte Studie, in der nach der persönlichen Meinung<br />

zum Thema Klimawandel gefragt wird. Laut dieser Erhebung sind über<br />

70 % der Deutschen klimabewusst (Lechner & Gassner 2007, 2).<br />

Auch bei der vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenen Umweltbewusstseinsstudie<br />

ist dem ökologischen Aspekt eine große Bedeutung


308 Kreeb/Motzer/Schulz<br />

beigemessen. Umweltschutz wird direkt nach dem Arbeitsmarkt <strong>als</strong><br />

zweitwichtigstes Problem in Deutschland genannt (Kuckartz, Rheingans-<br />

Heintze & Rädiger 2006, 14).<br />

Die Ergebnisse des ARD Deutschland <strong>Trends</strong> vom März 2007 (Infratest<br />

dimap 2007, 8) lassen einen Megatrend Klimaschutz anhand unterschiedlicher<br />

Aktivitätsfelder erkennen. Um einen Beitrag zum Klimaschutz<br />

zu leisten, stimmen 90 % der Deutschen einer Eigeninitiative im<br />

Umweltschutz zu.<br />

Die große Bedeutung der Nachhaltigkeit beim Konsum wird in besonderem<br />

Maße dadurch deutlich, <strong>das</strong>s 73 % der Deutschen den Kauf klimafreundlicher<br />

Produkte unterstützen (Infratest dimap 2007, 8). Im Jahr<br />

2008 hat die Gesellschaft <strong>für</strong> Konsumforschung (GfK) in einer Studie<br />

(Lohmüller & Dillemuth 2008) gezielt nach der Bedeutung von Umweltund<br />

Sozialverträglichkeit beim Kauf von Produkten gefragt. Diese lässt<br />

sich in unterschiedlichen Bereichen erkennen. Am stärksten ausgeprägt<br />

ist die Bedeutung dieser Kriterien im Lebensmittelbereich. Hier sind es<br />

49 % der Deutschen, denen Umwelt- und Sozialverträglichkeit beim Kauf<br />

von Produkten sehr wichtig ist. Aber auch in anderen Branchen sind diese<br />

Kriterien <strong>für</strong> die Nachfrager von großer Bedeutung; so spielen sie beim<br />

Kauf von Bekleidung und Schuhen <strong>für</strong> 26 % der Bevölkerung eine große<br />

Rolle. Über die Hälfte davon (57 %) ist sogar bereit da<strong>für</strong> mehr zu bezahlen<br />

(siehe Abbildung 2). Dies sind circa acht Millionen Menschen in<br />

Deutschland (Lohmüller & Dillemuth 2008, 10f.).<br />

Der <strong>LOHAS</strong>-Konsument<br />

Den <strong>LOHAS</strong>-Konsumenten in Deutschland hat unter anderen <strong>das</strong> Zukunftsinstitut<br />

in Kelkheim analysiert. Durch eine differenzierte Betrachtung<br />

werden Auswirkungen der <strong>LOHAS</strong> auf die folgenden Marktsegmente<br />

ermittelt: <strong>LOHAS</strong>-Food, <strong>LOHAS</strong>-Fashion, <strong>LOHAS</strong>-Gesundheit,<br />

<strong>LOHAS</strong>-Design, <strong>LOHAS</strong>-Tourismus, <strong>LOHAS</strong>-Freizeit und <strong>LOHAS</strong>-<br />

Medien (Wenzel, Kirig & Rauch 2007, 50ff.). Sie bezeichnen den Lifestyle<br />

of Health and Sustainability <strong>als</strong> „New Green Lifestyle“ (Wenzel, Kirig<br />

& Rauch 2007, 10), zu welchem bereits heute ein Drittel unserer<br />

Gesellschaft gezählt werden kann (Wenzel, Kirig & Rauch 2007, 121).<br />

Folgende Entwicklungen prägen die <strong>LOHAS</strong>: Zu beobachten ist eine<br />

wachsende Bedeutung von Qualität, die zu Lasten von Discount geht. Der


<strong>LOHAS</strong> <strong>als</strong> <strong><strong>Trends</strong>etter</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> Nachhaltigkeitsmarketing 309<br />

Abbildung 2: Mehr Moral beim Konsum. In Anlehnung an<br />

Lohmüller & Dillemuth (2008, 10f.)<br />

Anmerkung: Anteil der Befragten in Prozent, <strong>für</strong> die es „sehr wichtig“ ist, <strong>das</strong>s<br />

Produkte umwelt- und sozialverträglich sind.<br />

Spaßgesellschaft können immer weniger Menschen etwas abgewinnen.<br />

Stattdessen wird Wert auf Authentizität gelegt. Aus politischem Blickwinkel<br />

betrachtet steht Partizipation statt Repräsentation im Vordergrund.<br />

Dies bedeutet eine größere Eigeninitiative des Einzelnen. Eine Steigerung<br />

materieller Besitztümer wird durch den Gedanken der Ankunft ersetzt.<br />

Dies lässt sich prägnant zusammenfassen unter „Sein“ statt „Haben“.<br />

Werte stehen im Fokus des Interesses. Dies kommt zum Ausdruck in einer<br />

Suche nach verlässlichen Leitbildern und Werten (Wenzel, Kirig & Rauch<br />

2007, 26ff.).<br />

Dadurch beeinflusst, bildet der Lifestyle of Health and Sustainability<br />

einen hybriden Lebensstil, der unterschiedliche Charakteristika in sich<br />

eint. Veranschaulicht wird dies in Abbildung 3. Diese teilweise vermeintlich<br />

gegensätzlichen Eigenschaften zeichnen diesen stark werteorientierten<br />

Lebensstil einer postmodernen Ethik des Sowohl-<strong>als</strong>-auch aus (Wenzel,<br />

Kirig & Rauch 2007, 124).<br />

<strong>LOHAS</strong> kaufen qualitätsorientiert, gesundheitsbewusst und achten bei<br />

den Produkten in besonderem Maße auf die Umwelt- und Sozialverträglichkeit<br />

(„moralischer Einkauf“). Von (etwas) höheren Preisen lassen sie<br />

sich nicht abschrecken. <strong>LOHAS</strong> legen bei nachhaltigem Wirtschaften<br />

keine äußerst strengen Verzichtmaßstäbe an, vielmehr möchten sie durch<br />

ihre Verbrauchermacht die Welt durch eher kleine Schritte in ökologischer<br />

und sozialer Sicht verbessern (Schulz 2008).


310 Kreeb/Motzer/Schulz<br />

Abbildung 3: <strong>LOHAS</strong>-Charakteristika. In Anlehnung an<br />

Wenzel, Kirig & Rauch (2007, 33)<br />

Entwicklungen des <strong>LOHAS</strong>-<strong>Trends</strong><br />

Laut einer Studie von Porter Novelli und dem NMI leben in den USA 40<br />

Millionen Erwachsene, die zu den <strong>LOHAS</strong> zählen. In Europa sind es<br />

bereits über 49 Millionen. Im Bezug auf Ökoprodukte lässt sich festhalten,<br />

<strong>das</strong>s Europäer mit einer 50 % höheren Wahrscheinlichkeit den Kauf<br />

tätigen <strong>als</strong> US-Amerikaner (Porter Novelli 2007, 1).<br />

Gemäß dem „Greenstyle Report“ von Burda zählen aktuell 5,6% der<br />

Deutschen zu den <strong>LOHAS</strong>. Dies entspricht knapp vier Millionen Menschen<br />

(Hubert Burda 2007, 4). Burda hat hierbei die „Typologie der Wünsche“<br />

herangezogen, um die <strong>LOHAS</strong> zu definieren. <strong>LOHAS</strong> sind dementsprechend<br />

Menschen, denen es wichtig ist ein Ziel zu haben, welches dem<br />

Leben Sinn gibt. Zudem leisten sie sich manchmal die allerbeste Qualität<br />

und verfügen bei umweltfreundlichen Produkten über eine höhere<br />

Zahlungsbereitschaft <strong>als</strong> bei konventionellen Produkten. In Ergänzung<br />

hierzu legen sie Wert darauf, etwas <strong>für</strong> ihr körperliches und seelisches<br />

Wohlbefinden zu tun (Hubert Burda 2007, 4).


<strong>LOHAS</strong> <strong>als</strong> <strong><strong>Trends</strong>etter</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> Nachhaltigkeitsmarketing 311<br />

Wie voranstehend aufgeführt, wird die Zielgruppe <strong>LOHAS</strong> in zahlreichen<br />

Studien untersucht (siehe hierzu beispielsweise Wenzel, Kirig &<br />

Rauch 2007, Hubert Burda 2007 und Ernst & Young 2007). Nun stellt<br />

sich die interessante Frage, welche Entwicklung diese Zielgruppe in<br />

Zukunft nehmen wird. Eine Prognose der Zukunft mit konkreten Zahlen<br />

ist aufgrund der sehr hohen Komplexität nicht möglich. Dennoch lassen<br />

sich Tendenzen unterstellen.<br />

Das Zukunftsinstitut in Kelkheim rechnet in den nächsten Jahren mit<br />

einer Zunahme der <strong>LOHAS</strong> (Wenzel, Kirig & Rauch 2007, 121). Hier<strong>für</strong><br />

bietet die Studie „<strong>LOHAS</strong> – Lifestyle of Health and Sustainability“ von<br />

Ernst & Young (Ernst & Young 2007, 38f.) interessante Informationen. Es<br />

werden drei Szenarien <strong>für</strong> die Entwicklung von Bioprodukten gebildet.<br />

Das erste Szenario geht von einer Nischenfunktion der Bioprodukte aus.<br />

In diesem Fall wird von einem Marktanteil bis zu 10 % ausgegangen. Bio<br />

ist hierbei ein Trendthema und führt zum Aufbau diverser Marken, Labels<br />

und Zertifikate. Als Mainstream stehen Bioprodukte im zweiten Szenario.<br />

Es wird von steigendem Interesse der Kunden ausgegangen, welches zu<br />

einem Marktanteil von 20 % bis 2020 führt. Hersteller und Händler bauen<br />

strategisch Bio-Marken auf. Im dritten Szenario wird ein Boom bei Bioprodukten<br />

erwartet. <strong>LOHAS</strong> ist hier der dominierende Lebensstil. Ein<br />

Marktanteil von 30 % wird <strong>als</strong> realistisch betrachtet. Retail-Bio Marken<br />

dominieren den Wettbewerb. Große Hersteller sind in diesem Fall gezwungen,<br />

vollständig auf Bioprodukte umzustellen. Laut Ernst & Young<br />

zeichnet sich eine dementsprechende Entwicklung hin zu einem 30 %igen<br />

Marktanteil bereits bei ihrer Umfrage aus dem Jahr 2007 ab (Ernst &<br />

Young 2007, 38f.). Ähnliche Zahlen ermittelt <strong>das</strong> Marktforschungsinstitut<br />

Nielsen (2008) in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Karmakonsum:<br />

30 % der Deutschen pflegen demnach einen nachhaltigen und<br />

gesunden Lebensstil. Die Nielsen <strong>LOHAS</strong>-Studie identifiziert durch alle<br />

Alters-, Bildungs- und Vermögensschichten verschiedene <strong>LOHAS</strong>-Typen<br />

wie die „Reifen <strong>LOHAS</strong>“ und die „Community <strong>LOHAS</strong>", bei denen<br />

Umwelt und Gesundheit die höchsten Kaufpriorität besitzt.<br />

Die Mitarbeiter des Zukunftsinstituts gehen sogar davon aus, <strong>das</strong>s spätestens<br />

im Jahr 2015 die Zielgruppe <strong>LOHAS</strong> die weltweiten Konsummärkte<br />

dominieren wird (Wenzel, Kirig & Rauch 2007, 121).


312 Kreeb/Motzer/Schulz<br />

Fazit<br />

Nachhaltigkeit gewinnt in den Medien und beim Konsum an Bedeutung.<br />

Die Zahl der <strong>LOHAS</strong>, <strong>als</strong>o den Menschen, die einen an Nachhaltigkeit<br />

und Gesundheit orientierten Lebensstil führen, liegt gemäß der repräsentativen<br />

Nielsen-Studie bei 30 % (Stand Frühjahr 2008) (Nielsen 2008).<br />

Gemäß den Zahlen des Statischen Bundesamtes gab es in Deutschland<br />

2007 39,7 Millionen Haushalte mit rund 82,4 Millionen Haushaltsmitgliedern.<br />

Die Konsumausgaben privater Haushalte lagen 2007 in Deutschland<br />

insgesamt bei 1.304,36 Mrd. Euro (Statisches Bundesamt 2008). Das<br />

rechnerische Marktpotenzial der <strong>LOHAS</strong>-Konsumenten in der Bundesrepublik<br />

Deutschland liegt <strong>als</strong>o bei über 390 Mrd. Euro. Dieses Marktpotenzial<br />

stellt <strong>für</strong> die Marketingentscheider eine Herausforderung dar. Eine<br />

Herausforderung deshalb, weil die Kulturell Kreativen hohe Ansprüche<br />

an die nachhaltigkeitsorientierten Produkte und Dienstleistungen haben.<br />

Glaubwürdigkeit in der Unternehmens- und Produktführung sowie echte<br />

sozio-ökologischen Performance sind Grundvoraussetzungen da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s<br />

Unternehmen sich dauerhaft im <strong>LOHAS</strong>-Markt positionieren können.<br />

Eine Greenwashing-Marketingstrategie (Müller 2007) wäre eine denkbar<br />

schlechte strategische Wahl, um <strong>das</strong> Prinzip einer nachhaltigkeitsorientierten<br />

CSR- oder auch Produkteinführungsstrategie umzusetzen.<br />

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<strong>LOHAS</strong> <strong>als</strong> <strong><strong>Trends</strong>etter</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> Nachhaltigkeitsmarketing 313<br />

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