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Das Sportgeschehen in Kurtschau vor 1971

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Autor: Jürgen Ott Greiz, den 24.12.2009<br />

Erstellt von: Sebastian Lange<br />

<strong>Das</strong> <strong>Sportgeschehen</strong> <strong>in</strong> <strong>Kurtschau</strong> <strong>vor</strong> <strong>1971</strong><br />

In <strong>Kurtschau</strong> wurde nicht erst seit <strong>1971</strong> organisierter Sport betrieben. Vielmehr liegen die<br />

Anfänge des auf Vere<strong>in</strong>sebene betriebenen Sportes <strong>in</strong> unserem Ort <strong>in</strong> der zweiten Hälfte<br />

des 19. Jahrhunderts.<br />

Der Gründungstag des Turnvere<strong>in</strong>s <strong>Kurtschau</strong> war der 21. Juli 1887. E<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>drucksvollen<br />

Beweis haben wir mit der alten Vere<strong>in</strong>sfahne aufzuweisen.<br />

Über die Umstände der Gründung des damaligen Vere<strong>in</strong>s, Mitgliederzahlen, Sportarten<br />

usw. ist recht wenig bekannt und bedarf eventuell noch weiterer Recherchen. Soviel ist<br />

aus den Unterlagen aber zu entnehmen, dass der Vere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e rege sportliche Betätigung<br />

pflegte und auch die Beziehungen zu Nachbarvere<strong>in</strong>en recht gut waren. So waren Vere<strong>in</strong>e<br />

oder zum<strong>in</strong>dest Abordnungen zur Stiftung der Vere<strong>in</strong>sfahne am 03.07.1892 anwesend.<br />

Die Vere<strong>in</strong>sfahne wurde von den Jungfrauen des Vere<strong>in</strong>s gestiftet. Zur Stiftungsfeier<br />

waren anwesend:<br />

ATV Kahmer<br />

Militärvere<strong>in</strong> <strong>Kurtschau</strong><br />

TV "Frisch auf" Grochlitz<br />

TV "Vater Jahn" Aubachthal<br />

TV Gommla<br />

TV Greiz<br />

TV Irchwitz<br />

TV Kle<strong>in</strong>re<strong>in</strong>sdorf<br />

TV Nitschareuth<br />

TV Rothenthal/Dölau<br />

TV Tannendorf<br />

TV Waltersdorf/Neumühle<br />

TV Zoghaus<br />

Dies belegen die an der Fahnenstange angebrachten Plaketten.<br />

Die Vere<strong>in</strong>e der Vororte von Greiz, wie auch <strong>Kurtschau</strong>, gehörten damals nicht der<br />

Deutschen Turnerschaft an. Man sprach, dass sie "<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wilden Gau" organisiert<br />

waren. <strong>Das</strong> bedeutete aber nicht, dass e<strong>in</strong> wilder Sportbetrieb herrschte, sondern es<br />

wurden Wettkämpfe auf hohem Niveau und Vere<strong>in</strong>s- und Turnfeste durchgeführt. So<br />

nahmen <strong>Kurtschau</strong>er Turner teil am:<br />

Bezirksturnfest <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>re<strong>in</strong>sdorf 10.09.1905<br />

Wettturnen <strong>in</strong> <strong>Kurtschau</strong> 24.09.1905<br />

Turnfest <strong>in</strong> Eisenberg 04.08.1912<br />

Gruppenturnfest Hermannsgrün 1920<br />

Kreisturnfest Gera 1921<br />

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Die Sportarten, die um 1900 ausgeübt wurden, waren <strong>vor</strong> allem:<br />

Barren<br />

Faustball<br />

Keulenschw<strong>in</strong>gen<br />

Kreiskehrball<br />

Schleuderball<br />

Stabschw<strong>in</strong>gen<br />

Turnen an Reck<br />

Es waren im Wesentlichen turnerische Übungen, die zu Wettkämpfen ausgeübt wurden.<br />

Die Ballsportarten dienten eher der Erwärmung.<br />

<strong>Das</strong> Faustballspielen, heute die Hauptsportart <strong>in</strong> unserer SG, wurde erstmals mit den<br />

damaligen Turnwarten der Turnvere<strong>in</strong>e auf dem Turntag 1912 <strong>in</strong> Teichwolframsdorf<br />

geübt.<br />

1919 trat der TV <strong>Kurtschau</strong> aus der deutschen Turnerschaft aus und wurde Mitglied des<br />

Arbeiter-, Turn- und Sportbundes. Neben Turnen und leichtathletischen Diszipl<strong>in</strong>en<br />

dom<strong>in</strong>ierte <strong>in</strong> den zwanziger Jahren <strong>in</strong> <strong>Kurtschau</strong> das Raffballspiel, etwa dem Handball<br />

vergleichbar, das aber später zusehends vom Faustball verdrängt wurde.<br />

Im Jahr 1919 erweiterte sich der TV <strong>Kurtschau</strong> durch den Beitritt des<br />

Männergesangvere<strong>in</strong>s "Echo", der fortan als Sängerabteilung geführt wurde.<br />

Die Heimstatt des TV <strong>Kurtschau</strong> ist zu ersehen aus Protokollen von<br />

Geme<strong>in</strong>deratssitzungen bezüglich des Schulsportes. Weil seit dem 26.06.1919 mangels<br />

e<strong>in</strong>es geeigneten Platzes ke<strong>in</strong> Turnunterricht mehr gehalten werden konnte, sollte das<br />

Schulturnen auf dem Vere<strong>in</strong>splatz stattf<strong>in</strong>den. Welcher Platz damit geme<strong>in</strong>t war, geht<br />

aus dem Protokoll vom 04.05.1921 her<strong>vor</strong>. Dar<strong>in</strong> ist zu lesen:<br />

"Es wird e<strong>in</strong> Antrag an den TV über e<strong>in</strong>en Vertrag zur Nutzung der Geräte verbunden mit e<strong>in</strong>er<br />

gütlichen Festlegung der Entschädigung gestellt."<br />

Weiterh<strong>in</strong> ist dort e<strong>in</strong>e Anfrage an die Gastwirtschaft von Frieda Feustel vermerkt, ob<br />

und <strong>in</strong> welcher Höhe die Entschädigung für die Benutzung des Turnplatzes gezahlt<br />

werden muss.<br />

<strong>Das</strong> ist der Beleg dafür, dass der TV <strong>Kurtschau</strong> se<strong>in</strong> Domizil im Gasthof von Frieda Feustel<br />

und im anschließenden Turngarten hatte (heute Polsterwerkstatt Steiger).<br />

Die Benutzung der Lokalitäten war sicherlich nicht kostenlos und Sport konnte im Freien<br />

nur wetterabhängig betrieben werden. Diese Umstände führten <strong>in</strong> den späten zwanziger<br />

Jahren zu e<strong>in</strong>em neuen Kapitel Sportgeschichte, nicht nur <strong>in</strong> <strong>Kurtschau</strong> - dem Bau von<br />

vere<strong>in</strong>seigenen Sportstätten.<br />

<strong>Das</strong> Erbauungsjahr der Turnhalle <strong>Kurtschau</strong> ist das Jahr 1927. Der Architekt war Moritz<br />

Golle aus Greiz, Bauträger die Bauhütte Greiz. Mit dem Bau der Turnhalle g<strong>in</strong>g auch der<br />

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Bau des Sportplatzes <strong>vor</strong>an. Die äußerst schwierigen Geländebed<strong>in</strong>gungen erforderten<br />

e<strong>in</strong>e Unmenge an Schachtarbeiten, die alle mit der Hand ausgeführt wurden. <strong>Das</strong><br />

gebrochene Material wurde mit Loren über Gleise auf der Hangseite abgekippt und so<br />

nach und nach das Planum für den Platz angelegt. In e<strong>in</strong>em Artikel der "Reußischen<br />

Volkszeitung" war zu lesen:<br />

"Wohl die schwerste Arbeit leistete und den größten Mut und Zähigkeit bewies der <strong>Kurtschau</strong>er<br />

Brudervere<strong>in</strong>. 1887 gegründet, g<strong>in</strong>g er nach dem Krieg der Deutschen Turnerschaft verloren und<br />

kam zu unserem Bund. Wenn heute der Raffball über den schönen Platz fliegt, dann, ihr<br />

Genossen, denkt daran, dass die Pioniere eures Vere<strong>in</strong>s für euch viele Ste<strong>in</strong>e gebrochen haben."<br />

Max Vorwieger schreibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Er<strong>in</strong>nerungen:<br />

„Wenn man bedenkt, welche Arbeitsleistungen mit äußerster Beharrlichkeit geleistet wurden, dass<br />

e<strong>in</strong>e Förderung dieser durch die Regierungsstellen nicht <strong>vor</strong>handen war, so sieht man erst,<br />

welche ungeheuren Leistungen erzielt wurden.“<br />

Diese Zeilen sagen viel aus über den Enthusiasmus und die Opferbereitschaft der<br />

Mitglieder.<br />

Sie konnten sich jedoch nicht lange an dem Erreichten freuen, denn am 28.02.1933 kam<br />

das Aus für die Arbeitersportvere<strong>in</strong>e. Auf Grund des § 1 der Verordnung des<br />

Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat vom 28.02.1933 verfügte das<br />

Thür<strong>in</strong>gische M<strong>in</strong>isterium des Innern die Auflösung der Arbeitervere<strong>in</strong>e, darunter auch der<br />

Allgeme<strong>in</strong>e Turnvere<strong>in</strong> <strong>Kurtschau</strong> (ATK), ausgeführt durch den Stadt<strong>vor</strong>stand - Polizeiamt -<br />

mit Schreiben vom 27. Juni 1933.<br />

Zur Zeit der Auflösung hatte der Vere<strong>in</strong> ca. 130 Mitglieder.<br />

1. Vorsitzender: Richard Eisel<br />

Vere<strong>in</strong>skassierer: Paul Weidlich<br />

Kassierer der Wirtschaftskommission: Kurt Arold<br />

Weitere Vorstandsmitglieder: Willi Mehlhorn, Kurt Petzold<br />

Wirt der Turnhallengaststätte: He<strong>in</strong>rich Schaub<br />

Die Forderungen an den Vere<strong>in</strong> nach der Liquidation (Liquidator Kaufmann Holl)<br />

betrugen <strong>in</strong>sgesamt:<br />

42.226,73 Reichs-Mark Forderungen<br />

Hypotheken 20.370,00 RM<br />

ungesichertes Darlehen 21.856,73 RM<br />

Für die Hypotheken leisteten 5 Mitglieder selbstschuldnerische Bürgschaft und hafteten<br />

mit ihren Hausgrundstücken.<br />

In den Akten f<strong>in</strong>det sich auch e<strong>in</strong> Verzeichnis der Beschlagnahme.<br />

Von der Wirtschaftskommission wurden beschlagnahmt:<br />

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1 Kassenbuch<br />

1 Kontogegenbuch der Städtischen Sparkasse Nr. 370<br />

1 Quittungsbuch der Städtischen Spar- und Girokasse,<br />

Hypothekdarlehen 2230<br />

1 Scheckheft<br />

1 Darlehensverzeichnis<br />

2 Ausgabebücher<br />

2 Bestandsaufnahmebücher<br />

2 Ordner mit Belegen<br />

3 kle<strong>in</strong>e Bücher<br />

Von der Vere<strong>in</strong>skasse wurden beschlagnahmt:<br />

1 Abrechnungsbuch<br />

1 Kassenbuch<br />

1 Kassenbuch Sterbekasse<br />

1 Leitz-Ordner mit Belegen<br />

1 Zigarrenkassenbuch<br />

2 Lagenbücher<br />

5,10 RM <strong>in</strong> bar<br />

Alle diese Gegenstände wurden am 30.03.1933 an das Polizeipräsidium abgeliefert.<br />

Mündlichen Überlieferungen zufolge gab es jedoch weitere Unterlagen, die von den<br />

damaligen Verantwortlichen über die Zeit gerettet wurden. Ihre Nachfahren haben diese<br />

jedoch nicht aufbewahrt und wahrsche<strong>in</strong>lich vernichtet.<br />

Damit endete der organisierte Arbeitersport <strong>in</strong> <strong>Kurtschau</strong>. Der Wirtschaftsbetrieb <strong>in</strong> der<br />

Turnhalle g<strong>in</strong>g weiter und es wurde auch weiterh<strong>in</strong>, jedoch nicht auf Vere<strong>in</strong>sebene, Sport<br />

getrieben.<br />

Vom Verbot des ATK 1933, den politischen Verhältnissen während der Naziherrschaft und<br />

den Folgen des zweiten Weltkrieges hat sich der Sport <strong>in</strong> <strong>Kurtschau</strong> nie wieder so richtig<br />

erholt. Es gab nach Kriegsende bald wieder K<strong>in</strong>derturnstunden, geleitet durch Roland<br />

Witter und Karl-He<strong>in</strong>z Eisel. Diese schliefen jedoch bald wieder e<strong>in</strong>. Die Jugend und die<br />

Schüler von <strong>Kurtschau</strong> spielten teilweise Fußball <strong>in</strong> Gommla und später auch <strong>in</strong><br />

Untergrochlitz.<br />

E<strong>in</strong> neues Kapitel Sportgeschichte wurde dann am 21. April <strong>1971</strong> aufgeschlagen, über das<br />

<strong>in</strong> den folgenden Ausführungen berichtet wird.<br />

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