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Rundbrief der Familiengemeinschaft GEBHARDT – PAULUS ...

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ein Schulbetrieb aufgenommen, <strong>der</strong> in seinen Anfor<strong>der</strong>ungen dem bisherigen in Palästina<br />

in nichts nachstand. Es wurde Sport getrieben und ein reichhaltiges Kulturleben<br />

mit richtigen Theateraufführungen, mit Chorsingen und Musizieren in Gang gesetzt.<br />

Ein unerschöpflicher Einfallsreichtum ermöglichte es den Internierten, sich die im<br />

Tageslauf benötigten Werkzeuge und Gerätschaften aus einfachsten Mitteln selbst<br />

herzustellen. Da die Deutschen in ihrem Lager Selbstverwaltung ausübten, war eine<br />

gute Voraussetzung für Ordnung und Frieden gegeben. Um interne Streitigkeiten zu<br />

schlichten, wurde sogar ein aus zehn Männern bestehendes Ehrengericht gebildet.<br />

Mit Kriegsende kam für die Internierten aber noch keine Freilassung. Die Verhandlungen<br />

über eine Rückkehr nach Palästina zogen sich schier endlos hin, bis dann<br />

Mitte 1946 vom Hochkommissar für Palästina klipp und klar erklärt wurde, dass eine<br />

Rückkehr nicht mehr gestattet werde. Die australische Regierung nahm daraufhin<br />

Untersuchungen vor und kam zu dem Schluss, dass die Templer »ausgezeichnete Einwan<strong>der</strong>er«<br />

wären. Man bot den Internierten ein Bleiberecht in Australien an, was die<br />

meisten akzeptierten. Nur eine kleine Zahl entschied sich für eine Entlassung nach<br />

Deutschland und nahm die dort herrschenden schlechten Arbeits- und Versorgungsverhältnisse<br />

in Kauf. Ende 1947 verließen die Letzten das Lager.<br />

Die Ansiedlung in Australien verlief zunächst nicht wie damals in Palästina geplant<br />

und systematisch. Einzelne bildeten eine Vorhut und suchten sich Arbeitsstellen und<br />

eine Bleibe. Ihre Erfahrung und Vermittlung nützten die Nachkommenden aus. Regierungsstellen<br />

halfen mit Hinweisen. Je<strong>der</strong> musste selbst zusehen, wie er sich und seine<br />

Familie über Wasser hielt. Man konnte sich nicht darauf verlassen, welchen Beruf<br />

man einstens erlernt hatte, jegliche Arbeit, die zur Sicherung des Lebens diente, musste<br />

angepackt werden.<br />

Wir besitzen im Archiv noch lebendige Schil<strong>der</strong>ungen von dieser ersten Zeit in Freiheit,<br />

so z.B. von <strong>der</strong> Familie Glenk, die schon Ende 1946 nach Bayswater kam und<br />

somit die ersten Templer dort waren, in einer Zeit, in <strong>der</strong> diese Gegend noch weitgehend<br />

unbebaut war und in <strong>der</strong> es we<strong>der</strong> elektrischen Strom noch einen Abwasserkanal<br />

für die Häuser gab. Die hervorstechenden Tugenden <strong>der</strong> Neuansiedler damals<br />

waren Genügsamkeit, Einfallsreichtum, Geduld und Ausdauer. Mit ihnen haben sie<br />

ihren Neuanfang gemeistert.<br />

Es ist bezeichnend für den Wie<strong>der</strong>aufbauwillen <strong>der</strong> Palästina-Templer, dass sie sofort<br />

nach ihrer Freilassung aus dem Lager versuchten, sich wie<strong>der</strong> zu organisieren<br />

und mittels Mitteilungsblätter die Verbindung zu den im Land verstreut Lebenden<br />

aufrechtzuerhalten. Wie stark die Verbundenheit <strong>der</strong> Templer miteinan<strong>der</strong> damals<br />

schon wie<strong>der</strong> gewachsen war, kommt darin zum Ausdruck, dass einer von ihnen, <strong>der</strong><br />

als Soldat <strong>der</strong> deutschen Wehrmacht fünf Jahre lang in Kriegsgefangenschaft ausharren<br />

musste und dann nach seiner Entlassung nach Australien kam, in seinen Erinnerungen<br />

berichtet, er habe sich bei seinem Eintreffen gefühlt wie einer, <strong>der</strong> zu einer<br />

großen Familie zurückkehrt.<br />

Die Bereitwilligkeit <strong>der</strong> australischen Regierung, weitere Einwan<strong>der</strong>er aus Europa<br />

ins Land zu lassen, führte dazu, dass sich viele in Deutschland lebende Templer entschlossen,<br />

zu ihren Verwandten nach Australien zu gehen. Die Bearbeitung dieser<br />

Auswan<strong>der</strong>ertransporte übernahm Dr. Richard Hoffmann, <strong>der</strong> zu diesem Zweck seine<br />

berufliche Tätigkeit vollständig aufgab und sich ganz <strong>der</strong> Auswan<strong>der</strong>ungsarbeit wid-<br />

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