Sintfeld-Bote März 2022
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10 - Donnerstag, 3. März 2022 Bad Wünnenberg
Sie freuten sich, beim zehnten frauenpolitischen Thementag dabei zu sein (von links nach rechts): Landrat
C hristoph Rüther, Gleichstellungsbeauftragte Simone Böhmer, Beststellerautorin und Trainerin Nicole Staudinger,
Sängerin Kathrin Hörstkötter.
Foto: Julian Sprenger/Kreis Paderborn
„Schlagfertigkeitsqueen“ besucht
den frauenpolitischen Thementag
Der Vortrag ist gehalten, und dann raunt es am Ende aus dem Publikum: „Na ja, das Rad hast Du ja nicht grad neu
erfunden“. Jetzt ist Schlagfertigkeit angesagt. Doch besonders Frauen leiden in solchen Situationen unter ungewollter
Sprachlosigkeit, die passende Antwort kommt, aber erst Stunden später. Hinzu kommt der Ärger auf sich selbst, nicht
sofort reagiert zu haben. Nicole Staudinger kann und weiß es besser.
Die Bestsellerautorin,
Trainerin und „Schlagfertigkeitsqueen“
Nicole
Staudinger, Gastrednerin
des diesjährigen frauenpolitischen
Themenvormittages,
sagt dazu: „ Schlagfertigkeit
ist keine Frage der Technik,
sondern der Lebenseinstellung.“
Landrat Christoph Rüther
und Gleichstellungsbeauftragte
Simone Böhmer wollten es
zum zehnten Geburtstag dieser
jährlichen Veranstaltung
in Zusammenarbeit mit den
Gleichstellungsstellen der
Städte und Gemeinden eigentlich
„richtig krachen lassen“
und hätten die Gäste gern persönlich
im Kreishaus begrüßt.
Doch auch das digitale Format
überzeugte mit neuem Besucherrekord:
360 Gäste waren
angemeldet und schalteten
sich beim Live-Stream zu, als
Nicole Staudinger zu Beginn
versprach: „Am Ende dieses
Vormittages sind sie schlagfertig,
resilient und glücklich“.
Die Zuschauenden erlebten
einen humorvollen und berührenden
Vortrag einer Frau, die
mit 32 Jahren als zweifache
Mutter die Diagnose Brustkrebs
erhielt und sich ins Leben
zurückkämpfen musste.
Ihre Erfahrungen verarbeitete
sie in ihren Büchern, die alle
zu Bestsellern wurden, und sie
gründete eine Akademie für
Frauen.
Authentisch, gut gelaunt, ja
nahezu fröhlich und in sich ruhend
vermittelte Staudinger,
dass es manchmal nur eines
anderen Blickwinkels bedarf,
um aus der Schleife herauszukommen.
„Überlegen Sie es
sich gut, wem Sie künftig das
Recht zugestehen wollen, Ihnen
durch Ärger ihre wertvolle
Lebenszeit zu stehlen“, lautete
ihr Rat. Schlagfertigkeit
rette vielleicht den Augenblick
aber löse nicht den Konflikt.
Frauen müssten sich
klarmachen, was sie blockiere
und sie ihre eigenen Kompetenzen
in solchen Momenten
vergessen lasse. Und den Mut
finden, das zu ändern.
Von den 27 Ämtern in der
Paderborner Kreisverwaltung
würden elf von Frauen geführt:
Landrat Christoph Rüther
sprach ebenfalls von Mut, den
die Frauen brauchten, um sich
auf eine solche Reise zu begeben.
Seit 2009 sei die Paderborner
Kreisverwaltung mit
dem Audit „Beruf und Familie“
ausgezeichnet. Es werde viel
Wert auf die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie, auf eine
ausgewogene Work-Life-Balance
gelegt, auch bei Führungskräften.
Und selbst
wenn nicht immer alles glatt
liefe: Scheitern müsse stets
auch als Chance betrachtet
werden, etwas Positives für
sich daraus zu ziehen, um
dann weiterzumachen.
„Frauen, die ihr volles Potenzial
ausschöpfen und sich
nicht von ihren eigenen Zweifeln
oder von anderen zurückhalten
lassen, sind ein Gewinn
für unsere Gesellschaft und für
jeden Arbeitgeber“,
so der
Landrat. Dem
frauenpolitischen
Thementag
gelinge es
seit zehn Jahren,
den Frauen
wertvolle Impulse
mit auf
diesen Weg zu
geben.
Die Gütersloher Sängerin Kathrin
Horstkötter, die kurzfristig
für die angekündigte Betty
Atlassi eingesprungen war,
überzeugte nicht nur stimmlich,
sondern auch durch ihre
Liedauswahl, zum Beispiel mit
„I‘m walking on sunshine“
oder „Wie schön Du bist“, und
bot das, wovon sie selbst
überzeugt ist: Sie singe nicht,
um Töne zu treffen, sie singe,
um Herzen zu treffen. Und das
gelang, auch dank ihrer Performance.
Die Gleichstellungsbeauftragte
Simone Böhmer hatte
ihre beiden Vorgängerinnen,
„Überlegen Sie es
sich gut, wem Sie
das Recht zugestehen
wollen, Ihnen durch
Ärger ihre wertvolle
Lebenszeit zu
stehlen.“
Nicole Staudinger
Christiane Sander-Hiegemann
und Elisabeth Voigtländer,
aufs „rote Sofa“ gebeten, um
angesichts des Jubiläums für
einen Moment innezuhalten
und Bilanz zu ziehen. Da saßen
dann drei Generationen
vereint, und deutlich wurde,
dass jede Zeit ihre Themen
hat. Während es zu Beginn vor
zehn Jahren
noch um Frauenrechte
ging
und später
dann um Rahmenbedingungen,
um die
Vereinbarkeit
von Beruf und
Familie zu sichern,
zum
Beispiel durch
das Angebot der Großtagespflege,
dem „Kreishäuschen“,
konzentriert sich Simone Böhmer
derzeit auf Themen der
Persönlichkeitsentwicklung.
Eines sei aber zeitlos gut und
vonnöten: „Die Solidarität und
Vernetzung der Frauen untereinander,
das ist unsere wahre
Stärke“, betonte Böhmer.
Nicole Staudinger bot einen
hinreißenden Vortrag, trotz
der schmerzenden Schulter,
die sie sich erst vor ein paar
Tagen gebrochen hatte. Den
Auftritt absagen, verschieben?
„Nö, ist doch mega
hier“, sagt sie. Und „mega“
waren dann auch ihre mit viel
Klugheit und Erfahrung gewürzten
Einladungen zu einem
Perspektivwechsel zum ganz
persönlichen Glück. Das
Schicksal frage nicht, ob man
den gewohnten und geübten
Weg verlassen wolle, aber „an
jedem Lebensweg wachsen
Blumen“. „Sie sitzen hier im
Warmen, Ihnen geht es gut,
Sie haben Internet und wenn
Sie es gut gemacht haben, sitzen
Sie an diesem Samstagvormittag
noch im Bademantel
vor Ihrem Computer mit
einem heißen Kaffee“, sagte
sie.
Auch das sei ein Stück vom
Glück, wieder dankbar zu sein
für das, was man habe. Und
diese Sichtweise lassen
selbst den Supermarkteinkauf
zu einem Happening werden.
Und was sagt man der Kollegin,
die süffisant nach einem
Vortrag anmerkt, dass man
das Rad nicht neu erfunden
habe? „Nutzen Sie die Kraft
der Blicke“, sagt sie augenzwinkernd.
Auch das hätten
Frauen drauf: „Schieben Sie
betont lässig die Brille hoch,
oder putzen Sie diese“. Ein
„Ach was“ oder „Du Fuchs“
erfülle auch seinen Zweck.
Und eine Antwort könnte sein:
„Ja, vielleicht nicht neu erfunden,
aber ich habe es heute so
richtig zum Laufen gebracht“.