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Berichte als PDF-Dokument - nepalmed.de

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Inhalt<br />

Famulaturberichte<br />

Seite 02 Famulaturbericht: Februar 2002 K. Klinghammer in Nepal/KMH<br />

Seite 04 Famulaturbericht: August/September 2002 A. Nebel und O. Tiedge<br />

Seite 06 Famulaturbericht: Oktober 2002 H. Balkenhol, PJ im Teaching Hospital<br />

Seite 09 Famulaturbericht: April/November 2003 M. Paluzesen und P. Wildgruber in Nepal/KTM<br />

Seite 10 Famulaturbericht: April 2003 A. Gö<strong>de</strong>meier im Siddhi Memorial Hospital in Bhaktapur<br />

Seite 11 Famulaturbericht: September 2003 D. Knuschke und C. Würfel und M. Damm im KMH<br />

Seite 12 Famulaturbericht: Als Pharmazeutin in Amppipal/Nepal Miriam Steur<br />

Seite 15 Famulaturbericht: August 2005 in Nepal/Amppipal Nadja Schmidt<br />

Seite 20 Famulaturbericht: März 2006 in Nepal/Amppipal Simon Sün<strong>de</strong>rmann (seit 16. Februar)<br />

Seite 33 Famulatur im („Ex-“König)Reich <strong>de</strong>r Berge: Nepal Frühjahr 2006<br />

Seite 41 Famulaturbericht: August 2006 in Nepal/Amppipal E. Gerono und B. Metzlaff – per e-mail<br />

Seite 59 Abschlussbericht <strong>de</strong>r Auslandsfamulatur in Kathmandu/Nepal: 07.07. – 16.08.2008<br />

Horst Winter im KMH<br />

Seite 62 Famulaturbericht: Anfang September – Anfang Oktober 2008<br />

Sarah Bruns & Susanne Behrend, Simikot<br />

Seite 64 Famulaturbericht: 20. Februar - 22. März 2009 in Nepal/KTM Diana Minge im KMH


Famulaturbericht: Februar 2002<br />

K. Klinghammer in Nepal/KMH<br />

Hallo! Nach<strong>de</strong>m ich nun aus Nepal zurückgekommen bin will ich mal versuchen, meine<br />

Eindrücke und Erlebnisse aufzuschreiben, wobei ich eigentlich <strong>de</strong>r Meinung bin, dass man von<br />

<strong>de</strong>n vielen Eindrücken die man in Nepal bekommt nur wenige in Worte fassen kann.<br />

Mit <strong>de</strong>r Absicht, im Mo<strong>de</strong>l Krankenhaus vier Wochen <strong>als</strong> Praktikant zu arbeiten und <strong>de</strong>n<br />

nepalesischen Ärzten ein bisschen über die Schulter zu schauen, sind Tom und ich (Konrad)<br />

Mitte Februar 2002 nach Kathmandu geflogen. Im Gepäck hatten wir 5 Kisten medizinische<br />

Verbrauchsmaterialien, die vor <strong>de</strong>r Reise von <strong>de</strong>r Uni Leipzig an Nepalmed e.V., <strong>de</strong>ssen<br />

Mitglied ich bin, gespen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n.<br />

In Kathmandu angekommen, wo es zu meinem<br />

Erstaunen überhaupt keine Zollkontrolle gab<br />

(dabei hatte ich doch endlos viele kleine Dollar<br />

Noten eingepackt für das manchmal vom Zoll<br />

gefor<strong>de</strong>rte Bakschish) haben wir uns ein<br />

kleines Hotel gesucht, dass für die nächsten 4<br />

Wochen unser kleines Zuhause wer<strong>de</strong>n sollte.<br />

Wir haben uns bewusst gegen Thamel, das<br />

Touristenviertel von Kathmandu entschie<strong>de</strong>n<br />

und bezogen Quartier in <strong>de</strong>r Freak Street. Die<br />

war auch mal Touristenanziehungspunkt aber<br />

<strong>de</strong>r Glanz ist längst verblichen und heute geht<br />

es hier etwas ruhiger zu.<br />

In <strong>de</strong>n ersten 2 Tagen haben wir erst einmal Kathmandu ent<strong>de</strong>ckt. So viele kleine Gassen,<br />

wun<strong>de</strong>rschöne Tempel, freundliche aufgeschlossene Leute, kleine Garküchen mit so viel neuen<br />

Gerichten, dass man gar nicht alle auf einmal probieren kann, Räucherstäbchengeruch, Lärm,<br />

Abgase und Armut… buntes Asien.<br />

Und dann wollten wir anfangen mit arbeiten. Nach<strong>de</strong>m wir die Kisten zum Krankenhaus<br />

geschleppt hatten (unterwegs wur<strong>de</strong> uns immer wie<strong>de</strong>r Hilfe von Trägern angeboten), sagte uns<br />

<strong>de</strong>r Nepali an <strong>de</strong>r Rezeption im Krankenhaus, dass heute kein zuständiger Arzt da sei und wir<br />

doch bitte morgen um 8 Uhr wie<strong>de</strong>r kommen möchten. Am nächsten Morgen stellte sich die<br />

Situation nicht viel an<strong>de</strong>rs dar. Gegen 8.20 Uhr kam <strong>de</strong>r erste Arzt und nach und nach tröpfelten<br />

alle so in <strong>de</strong>n Konferenzraum ein. Je<strong>de</strong>n Morgen fin<strong>de</strong>t eine Patientenvorstellung statt und im<br />

Anschluss wer<strong>de</strong>n die Problemfälle diskutiert. Dr. Pradhan, <strong>de</strong>r Chef <strong>de</strong>r Klinik, nahm uns in<br />

Empfang, und wir konnten endlich unsere mitgebrachten Kisten übergeben. Dann wur<strong>de</strong>n uns<br />

die verschie<strong>de</strong>nen Stationen <strong>de</strong>s Krankenhauses gezeigt und die Ärzte stellten sich vor. Der<br />

grösste Teil <strong>de</strong>r 50 Betten im Krankenhaus ist mit chirurgischen, neurologischen und inneren<br />

Erkrankungen belegt. Es gibt aber auch eine Geburtenabteilung, einige Betten für Kin<strong>de</strong>r- und<br />

Frauenkrankheiten, und wenn die eine Abteilung voll ist, wird <strong>de</strong>r Patient eben in eine an<strong>de</strong>re<br />

gelegt.<br />

Vom nächsten Tag an begann für uns ein bisschen Routine, was <strong>de</strong>n Ablauf anging. Morgens<br />

ging’s los mit <strong>de</strong>r Konferenz. Lei<strong>de</strong>r war es uns anfangs unmöglich das Englisch <strong>de</strong>r<br />

Krankenschwestern, die die Vorstellung <strong>de</strong>r Patienten übernehmen, zu verstehen. Manchmal


wur<strong>de</strong> dann noch ein Fall diskutiert. Glücklicherweise sprechen die Ärzte im Mo<strong>de</strong>l<br />

Krankenhaus alle Englisch. Diskussionen, Verordnungen, Reports – alles wur<strong>de</strong> in Englisch<br />

abgehalten. Mit einer Ausnahme haben alle Ärzte im Ausland studiert, was wohl das gute<br />

Englisch erklärt.<br />

Auf die morning conference folgten Visiten in <strong>de</strong>r Chirurgie und Inneren. Obwohl wir erst 2<br />

Semester studiert hatten, haben sich die Ärzte viel Zeit genommen um uns je<strong>de</strong>s Krankheitsbild<br />

und die Behandlung zu erklären. Wir konnten bei <strong>de</strong>n Visiten mit untersuchen und keine Frage<br />

schien zu viel. Nur weil die Ärzte sich so viel Zeit genommen haben für uns, haben wir in<br />

diesen 4 Wochen unheimlich viel gelernt. Langweilig wur<strong>de</strong> es eigentlich nie. Wie auch, wenn<br />

es Krankheiten zu untersuchen gibt, die man in Deutschland wohl kaum noch sehen wird<br />

(Malaria, Tuberkulose, Hepatitis, Typhus,…). Waren keine Untersuchungen, konnten wir im<br />

OP mit zuschauen, in <strong>de</strong>r Ambulanz Patienten aufnehmen o<strong>de</strong>r einmal sind wir in einen<br />

Ableger <strong>de</strong>s Krankenhauses aufs Dorf gefahren und haben uns über die zahlreichen Projekte<br />

aufklären lassen.<br />

Beeindruckend fand ich, mit welch einfachen Mitteln in Nepal eine sehr gute Medizin betrieben<br />

wird. Mo<strong>de</strong>rne diagnostische Geräte gibt es zwar, es ist aber teuer z.B. eine Echokardiographie<br />

o<strong>de</strong>r ein CT machen zu lassen und somit verlässt man sich häufiger auf konventionelle<br />

Metho<strong>de</strong>n wie Horchen und Tasten und erzielt damit auch Erfolge. Viele Verbrauchsmaterialien<br />

wer<strong>de</strong>n gereinigt und wie<strong>de</strong>r verwen<strong>de</strong>t, wie z.B. Gummihandschuhe, Tubus und Mundschutz.<br />

Schwer zu akzeptieren war für uns, dass arme Menschen die nicht für ihre Behandlung<br />

aufkommen können auch nicht behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Es gibt zwar einen Fonds, <strong>de</strong>r für manche<br />

Behandlungen aufkommen kann, aber nicht alle armen Patienten können das in Anspruch<br />

nehmen. Bevor in Nepal jemand ins Krankenhaus geht, muss es ihm schon wirklich schlecht<br />

gehen. Ich hatte <strong>de</strong>n Eindruck, dass die Nepali sehr viel mehr Schmerzen aushalten können <strong>als</strong><br />

Patienten, die ich in <strong>de</strong>utschen Krankenhäusern gesehen habe.<br />

Vor unserer Abreise zahlten wir je<strong>de</strong>r 50 US $ in diesen Fonds ein.<br />

Zum Abschluss unseres Praktikums wur<strong>de</strong>n wir noch zu Dr. Dhital, <strong>de</strong>m leiten<strong>de</strong>n Chirurg <strong>de</strong>r<br />

Klinik nach Hause eingela<strong>de</strong>n und auch Dr. Hemar hat eine kleine Party für uns gegeben. Je<strong>de</strong>r<br />

ist bemüht, dass man mit einem guten Eindruck nach Hause fliegt. Die Herzlichkeit mit <strong>de</strong>r wir<br />

behan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n, war sehr ungewohnt und hat <strong>de</strong>n Wunsch zurück nach Nepal zu gehen,<br />

wachsen lassen.


Famulaturbericht: August/September 2002<br />

A. Nebel und O. Tiedge<br />

Vermittelt durch die Deutsch-Nepalische Hilfsgemeinschaft e.V. haben wir eine Famulatur<br />

(ärztliches Praktikum) im August/September 2002 im Bir-Hospital in Kathmandu absolviert.<br />

Unsere Wahl ist auf dieses Krankenhaus gefallen, weil es zu <strong>de</strong>n Größten in Nepal gehört und<br />

vor allem für die ärmste Schicht <strong>de</strong>r Bevölkerung offen ist. Die Mitarbeiter von „Christines<br />

Dispensary“ waren unsere Ansprechpartner in allen organisatorischen Fragen. Der Leiter Kedar<br />

Thamang hat <strong>de</strong>n Kontakt zum ärztlichen Direktor <strong>de</strong>r Klinik hergestellt und viele weitere<br />

Wünsche unsererseits erfüllt. Unsere Arbeit in diesem 450 Betten-Haus haben wir auf die<br />

chirurgische Abteilung festgelegt. Wir wur<strong>de</strong>n einem Ärzteteam zugeteilt, mit welchem wir die<br />

gesamten vier Wochen zusammenarbeiteten. Für uns nicht von Vorteil war, dass es sehr viele<br />

einheimische Stu<strong>de</strong>nten gibt. So war das Arzt – Patient Verhältnis unglaublicherweise<br />

annähernd eins zu eins! Untereinan<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong> Nepali gesprochen, für uns aber ins Englische<br />

übersetzt.Von Vorteil war, dass die gesamte <strong>Dokument</strong>ation in Englisch durchgeführt wur<strong>de</strong>.<br />

Die 6-Tage Arbeitswoche glie<strong>de</strong>rte sich für unser Team in einen OP-Tag, zweit Tage für<br />

ambulante Patienten und die an<strong>de</strong>ren drei Tage für die Stationsarbeit. Die Arbeitszeit ist vor<br />

allem im Vergleich zu Deutschland sehr gering. An <strong>de</strong>n Tagen <strong>de</strong>r Stationsvisite wur<strong>de</strong> von<br />

neun Uhr bis elf Uhr gearbeitet, danach war „Tea - Time“ und je<strong>de</strong>r ging nach Hause o<strong>de</strong>r die<br />

Fachärzte in ihre Privatkliniken. An <strong>de</strong>m Tag an <strong>de</strong>m wir Dienst in <strong>de</strong>r Ambulanz hatten, wur<strong>de</strong><br />

von neun Uhr bis dreizehn Uhr gearbeitet. In dieser Zeit wur<strong>de</strong>n etwa 150 Patienten untersucht!<br />

Dies ist nur möglich, da die technisch diagnostischen Möglichkeiten gering o<strong>de</strong>r gar nicht<br />

vorhan<strong>de</strong>n waren und <strong>de</strong>r Arzt sich in ganz kurzer Zeit nur auf seine Sinne verlassen musste.<br />

Hier ist Medizin noch“Handarbeit“ – eine sehr nützliche Erfahrung für uns Stu<strong>de</strong>nten. Die<br />

häufigsten Erkrankungen stellten Abszesse, verursacht durch Schwäche <strong>de</strong>s Immunsystems<br />

sowie Mangel- und Fehlernährung dar. Ebenfalls gehäuft traten Gallensteine bei Frauen und<br />

Leistenbrüche bei Männern auf. Traumatische Verletzungen nach Verkehrsunfällen o<strong>de</strong>r<br />

terroristischen Aktivitäten spielten ebenfalls eine Rolle. Hochinteressant waren Schlangenbisse,<br />

erschreckend die Tatsache, dass es an <strong>de</strong>n einfachsten Dingen fehlt.Wenn kein<br />

Verbandsmaterial vorhan<strong>de</strong>n ist, kann <strong>de</strong>r alte Verband entwe<strong>de</strong>r nicht gewechselt wer<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r<br />

die frische Wun<strong>de</strong> bleibt einfach offen.<br />

Wen wun<strong>de</strong>rt es <strong>als</strong>o noch wenn die Infektionsrate nach Operationen bei 80 % liegt! Im OP das<br />

gleiche spärliche Bild: an <strong>de</strong>r Decke eine <strong>de</strong>fekte Leuchte <strong>de</strong>utschen Fabrikats, ein mit<br />

Backsteinen begradigter OP-Tisch und daneben ein Beatmungsgerät aus <strong>de</strong>m letzten<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt welches furchtbar quietscht. Es ist ein unglaubliches Glück für die Patienten, dass<br />

es die von <strong>de</strong>r DNH gestützte gut funktionieren<strong>de</strong> Apotheke gibt, welche <strong>de</strong>n Ärmsten <strong>de</strong>r<br />

Armen eine Grundbehandlung ermöglicht. Da es keine Krankenversicherung o.ä. gibt, müssen<br />

sich die Patienten normalerweise alles, was für ihre Behandlung an Medikamenten und<br />

medizinischen Materialien benötigt wird, bis hin zum chirurgischen Skalpell für die eigene OP,<br />

selbst kaufen. Wer sich seine Gesundheit eigentlich nicht leisten könnte fin<strong>de</strong>t Hilfe in <strong>de</strong>r<br />

Dispensary. Hier treffen täglich Pakete aus <strong>de</strong>r ganzen Welt ein, und wir können nur zur Spen<strong>de</strong><br />

aufrufen. Ein für uns sehr kritischer Punkt ist die Hygiene. Einfachste Regeln wer<strong>de</strong>n (auch von<br />

<strong>de</strong>n Ärzten) nicht beachtet, und vieles gern auf die Armut geschoben. Auch fehlt es <strong>de</strong>m<br />

Personal an Erfahrung in <strong>de</strong>r Handhabung von technischen Geräten o<strong>de</strong>r sogar Einmalartikeln.<br />

Unterstützung in Umgang, Wartung und Reparatur von medizinischen Gerät ist noch wichtiger<br />

<strong>als</strong> eine Sachspen<strong>de</strong>, welche nach kurzer Zeit wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>fekt ist! Trotz dieser Missstän<strong>de</strong>,<br />

herrscht unter <strong>de</strong>n Patienten eine unglaubliche Zufrie<strong>de</strong>nheit und Durchhaltevermögen. Der<br />

Arzt hat in Nepal noch ein sehr hohes Ansehen und wird in seiner Arbeit nicht durch unnötige


Bürokratie o<strong>de</strong>r Rechtsstreite behin<strong>de</strong>rt. Sehr überraschend war für uns auch, dass die<br />

Bettenauslastung im Durchschnitt nur bei 70 % liegt, obwohl nur ein Bett auf 5500(!)<br />

Einwohner kommt. Viele Menschen verlassen sich lieber auf die alte und bewährte<br />

Naturmedizin. Durch Kedar Thamang war es uns auch möglich Homöopathische und<br />

Ayurvedische Kliniken zu besuchen und einen Einblick in <strong>de</strong>ren Arbeitsweise zu gewinnen.<br />

Auch in <strong>de</strong>r ebenfalls von <strong>de</strong>r DNH geför<strong>de</strong>rten Schule in Bhaktapur wur<strong>de</strong>n wir empfangen.<br />

Dort erläuterte uns das hochmotivierte Lehrerkollegium die Struktur und <strong>de</strong>n Lehrplan <strong>de</strong>r<br />

Schule. Unser Erscheinen löste gera<strong>de</strong>zu einen „Ausnahmezustand“ aus. Ebenfalls durch<br />

Christines Dispensary wur<strong>de</strong> uns ein mehrtägiger Aufenthalt im Teku-Infectios-Hospital<br />

vermittelt. Viele <strong>de</strong>r uns nur aus Lehrbüchern bekannten Infektionskrankheiten bekamen wir<br />

dort zu sehen. Einen ganz an<strong>de</strong>ren Einblick in <strong>de</strong>utsche Hilfsprojekte bekamen wir bei <strong>de</strong>m<br />

Aufenthalt im Sushma Koirala Hospital in Sankhu. Ein <strong>de</strong>utsches Krankenhaus, welches vom<br />

Verein Germany Interplast betrieben wird. Dort arbeiten <strong>de</strong>utsche Ärzte auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r<br />

rekonstruktiven Chirurgie. Abgerun<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong> unser Aufenthalt dadurch, dass wir während<br />

unserer Praktikumzeit in einer nepalesischen Familie wohnen konnten. Auf diese Art erhielten<br />

wir einen so guten Einblick in nepalesische Kultur und Lebensweise, wie es <strong>als</strong> Tourist sonst<br />

nie möglich ist. Unsere Gastfamilie hat perfekt englisch gesprochen und unser Gastvater sogar<br />

<strong>de</strong>utsch. Wir wur<strong>de</strong>n zu einigen hinduistischen Familienfesten eingela<strong>de</strong>n, sind zur Schamanin<br />

geführt wor<strong>de</strong>n und haben einen Grundwortschatz <strong>de</strong>r nepalesischen Sprache erlernt. Nach<br />

unserem Praktikum schlossen wir noch eine Trekking-Tour im Langtang-Gebiet an, waren im<br />

Chitwan Nationalpark, haben eine Tour nach Tibet (Lhasa) unternommen und sind<br />

anschließend durch Nordindien (Gorakpur, Varanasi, Agra, Delhi) gereist. Unser Aufenthalt in<br />

Nepal, bei einem <strong>de</strong>r freundlichsten Völkern <strong>de</strong>r Welt, hat uns in unserem Studium und unserer<br />

Weltanschauung positiv beeinflusst und uns nach<strong>de</strong>nklich gestimmt über unsere ausgezeichnete<br />

und <strong>de</strong>nnoch oft unzufrie<strong>de</strong>ne Lebensweise in Deutschland<br />

Für Fragen über unseren Aufenthalt in Nepal, China und Indien stehen wir gern zur Verfügung.<br />

Oliver Tiedge 0931/2994184 Anja Nebel 02206/868132<br />

e-Mail: otiedge@web.<strong>de</strong><br />

Beson<strong>de</strong>rs am Herz liegt uns, Nepalinteressierte an unserer Gastfamilie weiter zu vermitteln.<br />

Familie K.P.Maskey<br />

Postbox Nr.3037<br />

Kathmandu / Nepal<br />

Tel : 00977-1-470418<br />

Fax : 00977-1-474627<br />

e-mail : oneworld@ccsl.com.np<br />

www.universalvolunteers.com


Famulaturbericht: Oktober 2002<br />

(erster Bericht, Abschlußbericht folgt unten)<br />

H. Balkenhol, PJ im Teaching Hospital<br />

Ich bin erst drei Wochen da und habe eher weniger gearbeitet (zuerst war ich ins Dhulikel<br />

Hospital eingela<strong>de</strong>n, dann war ich krank und nun ist gera<strong>de</strong> ein Festival zu en<strong>de</strong> gegangen).<br />

Nach<strong>de</strong>m ich erst mal die richtige Internetadresse gefun<strong>de</strong>n habe (hat mich 2 Monate gekostet)<br />

war <strong>de</strong>r Rest kein Problem mehr. Ich habe einen Brief mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Unterlagen<br />

abgeschickt und ca. 3 Wochen spaeter per email meine Zusage bekommen. Fuer dreieinhalb<br />

Monate kostet mich <strong>de</strong>r Spass 450 Dollar, genaue Preise sind auf <strong>de</strong>r Internetseite (aber etwas<br />

verwirrend) angegeben.<br />

Vor Ort ist erst mal alles recht schwierig und neu, man muss erst mit <strong>de</strong>n Aerzten warm<br />

wer<strong>de</strong>n, dann uebersetzen sie auch die Krankheitsgeschichten. Im allgemeinen sind sie aber<br />

sehr nett. Halt an<strong>de</strong>rs. Man wird je nach Wunsch einer Unit zugeteilt (general surgery, cardial<br />

surgery, neuros., urologisch. Schoenheitschirurgie) man kann aber je<strong>de</strong>rzeit wechseln. Dann<br />

läuft man mit. Bisher habe ich noch an keiner größeren Op. teilgenommen, etwas, was mir am<br />

meisten fehlt, <strong>de</strong>nn es sind eher zu viele Ärzte da und zu wenig Patienten.<br />

Vom Maoistenproblem habe ich direkt noch nichts mitbekommen, außer einem Streik letzte<br />

Woche und einem längeren Streik nächste Woche. Die Stimmung <strong>de</strong>r Einheimischen ist<br />

allerdings sehr gedrückt und verunsichert.<br />

Abschlußbericht im Juni 2003:<br />

Tribhuvan University Teaching Hospital – Ein Erfahrungsbericht<br />

Die Vorgeschichte zu meinem ChirurgieTertial hätte sich recht einfach gestallten können,<br />

allerdings kannte ich die Bewerbungsadresse <strong>de</strong>s TUTH nicht, und so suchte ich ein paar<br />

Monate nach <strong>de</strong>n richtigen Bewerbungsadressen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n zugelassenen Krankenhäuser in<br />

Nepal. Die Zusage <strong>de</strong>s TUTH kam prompt und problemlos ein paar Wochen nach Absendung<br />

meiner schriftlichen Bewerbung per Email. Die Zusage <strong>de</strong>s Bir Hospit<strong>als</strong> kam per Post, <strong>als</strong> ich<br />

schon zwei Wochen in Nepal war.<br />

Die Personen <strong>de</strong>s Medical Education Centers bearbeiten die Bewerbungen und sind auch in<br />

Nepal für die ausländischen Stu<strong>de</strong>nten, das Nachhalten <strong>de</strong>r Anwesenheit, für Probleme und<br />

sonstiges Organisatorisches zuständig. Sie sind freundlich und hilfsbereit, allerdings ein wenig<br />

weit vom Alltag auf <strong>de</strong>r Station entfernt und bürokratisch umständlich.<br />

Das Surgery Department glie<strong>de</strong>rt sich in:<br />

- General Surgery (3 Units)<br />

- Cardio-Thoracic Department<br />

- Plastic Surgery<br />

- Urologie<br />

- Neuro-Surgery


Uns wur<strong>de</strong> freigestellt, wann wir wo wie lange die unterschiedlichen Departments durchlaufen<br />

wür<strong>de</strong>n.<br />

Der Dienst begann, je nach Department und Unit, mit einer Morgenvisite o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Morgenkonferenz, in <strong>de</strong>r alle Neuaufnahmen <strong>de</strong>s vorausgegangenen Tages (auf englisch)<br />

präsentiert wur<strong>de</strong>n. Er en<strong>de</strong>te wie<strong>de</strong>r je nach Tag, Department, Programm, Kollegen, Patienten,<br />

Arbeit und eigener Motivation.<br />

Da ich nicht anstrebe Chirurg zu wer<strong>de</strong>n, mich aber doch in allgemeinen chirurgischen Fällen<br />

auskennen möchte, wählte ich die General Surgery <strong>als</strong> Schwerpunkt. Lei<strong>de</strong>r ist <strong>de</strong>r Name<br />

„General“ irreführend. Die drei Units haben sich jeweils spezialisiert, so daß mein<br />

Hauptaugenmerk auf Pankreatitis, Gallensteinen und Magen lag. Nicht gera<strong>de</strong> „general“. Je<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Units hatte einen Op-Tag in <strong>de</strong>r Woche und einen zusätzlichen je<strong>de</strong> zweite Woche, <strong>de</strong>s<br />

weiteren einen Minor OT-Tag. Auf <strong>de</strong>r Station hatte ich <strong>de</strong>s öfteren <strong>de</strong>n Eindruck, dass zu viele<br />

Ärzte o<strong>de</strong>r zu wenig Patienten anwesend waren. Allerdings wur<strong>de</strong> alle Fälle ausgiebig am Bett<br />

besprochen. Die höflich gestellten Fragen halfen schnell Wissenslücken aufzu<strong>de</strong>cken und ich<br />

hätte wirklich gewünscht, einen solch guten Kurs schon in Deutschland gehabt zu haben.<br />

Das Assistieren <strong>als</strong> erster o<strong>de</strong>r zweiter Assistent war bei <strong>de</strong>n meisten Operationen möglich und<br />

bei <strong>de</strong>r kleinen Chirurgie, die parallel zum Out Patient Department (OPD) läuft, hätte man sich<br />

<strong>de</strong>n ganzen Vormittag mit Verbandswechsel, infizierten Wun<strong>de</strong>n und Abszessen beschäftigen<br />

können.<br />

Das OPD ist eine Sprechstun<strong>de</strong>, die von je<strong>de</strong>r Unit und je<strong>de</strong>r Abteilung mehrfach wöchentlich<br />

besetzt wird. Der Patient bezahlt morgens einen kleinen Betrag und kämpft sich dann später zu<br />

<strong>de</strong>n Sprechstun<strong>de</strong>n durch. Unsere wur<strong>de</strong> in einem Raum mit mehreren Tischen, einem<br />

erfahrenen Arzt, einem jüngeren, evtl. einem Pjler pro Tisch, zwischen 5-10 Patienten und<br />

Angehörigen (je nach<strong>de</strong>m wie viele es gera<strong>de</strong> geschafft hatten sich durch die kurz offene Tür zu<br />

zwängen), 2-4 Schwestern und einer abgeteilten Untersuchungsliege durchgeführt.<br />

Zwischen vielen kleineren Problemen fan<strong>de</strong>n sich immer wie<strong>de</strong>r sehr interessante Fälle und<br />

nach<strong>de</strong>m ich die Ärzte von meinem Interesse überzeugt hatte begannen sie auch für mich zu<br />

übersetzen. Die OPD Tage waren alles in allem lang und wegen <strong>de</strong>s Chaos für mich<br />

anstrengend aber wegen <strong>de</strong>r großen Bandbreite sehr interessant.<br />

Es ist möglich und wird empfohlen regelmäßig Dienste mit zu machen und vor allem hier sieht<br />

man „general“ Surgery. Die Dienste selbst waren recht interessant und hier lernte ich die<br />

nepalesischen Ärzte besser kennen, und sie mich, was <strong>de</strong>n anfänglich etwas reservierten<br />

Umgang <strong>de</strong>utlich auflockerte.<br />

Die medizinische Sprache in Nepal ist fast ausschließlich Englisch. Die Vorlesungen sind in<br />

Englisch, die Konferenzen und Präsentationen wer<strong>de</strong>n in Englisch gehalten und medizinische<br />

Bücher gibt es nur in Englisch. Bei eigenem guten Englisch funktioniert die Kommunikation<br />

<strong>als</strong>o im allgemeinen gut (ein Medical-English Kurs ist aber zu empfehlen). Auch in meiner Unit<br />

wur<strong>de</strong> <strong>als</strong>o Englisch gesprochen, bis nach ein paar Wochen die Stu<strong>de</strong>nten aus <strong>de</strong>n Ferien<br />

kamen, neue Interns und Resi<strong>de</strong>nts anfingen und unsere Visite auf ca. 10 Personen anschwoll.<br />

Das verkomplizierte auch meine Mitarbeit bei <strong>de</strong>n Operationen und ich wechselte in die<br />

Neurochirurgie.<br />

Das Operationsspektrum hier war breit und ich sah viele interessante Operationen und die Out<br />

Patient Department Sprechstun<strong>de</strong>n waren nicht en<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Lehrstun<strong>de</strong>n von Orthopädie bis


Augenheilkun<strong>de</strong> und Neurologie bis Neurochirurgie. Da <strong>de</strong>r Chefarzt über ein enormes Wissen<br />

verfügte und es auch gerne und gut vermittelte, lernte ich trotz <strong>de</strong>s recht speziellen Themas eine<br />

Menge (unter an<strong>de</strong>rem, dass Neurochirurgie mehr Geduld erfor<strong>de</strong>rt, <strong>als</strong> ich habe).<br />

Nach <strong>de</strong>r Neurochirurgie wechselte ich in die plastische Chirurgie, keine beson<strong>de</strong>rs große<br />

Abteilung, allerdings umfasste sie auch die Verbrannten-Abteilung und die war lei<strong>de</strong>r immer<br />

gut gefüllt. (Selbsttötung mittels Kerosin-Selbstverbrennung ist wegen <strong>de</strong>r Heroisierung durch<br />

indische Filme sehr weit verbreitet). Die Arbeit <strong>de</strong>r plastischen Chirurgen hat mich sehr<br />

fasziniert, sie war zu 90% rekonstruktiver Natur, auch wenn Face-lifting in Nepal kein<br />

Fremdwort mehr ist.<br />

Da ich auch im Dienst nur durch das Emergency Department vorbehan<strong>de</strong>lte Patienten gesehen<br />

hatte und die wirkliche Notfallversorgung lernen wollte, wechselte ich danach in die<br />

Notaufnahme. Hier fand ich dann die wirklich großen Unterschie<strong>de</strong> zwischen nepalesischen<br />

und <strong>de</strong>utschem System. Der nepalesische Patient muss für alles aufkommen, und das auch im<br />

Notfall. Wenn er eine Infusion benötigt, wird zunächst ein Angehöriger losgeschickt Ringer,<br />

Kanüle und ein Infusionssystem kaufen. Bis er dann wie<strong>de</strong>r gekommen ist, einen Arzt Zeit hat<br />

und auf seine Rückkehr aufmerksam gewor<strong>de</strong>n ist, vergehen so manche Minuten. Auch wenn<br />

ein System in <strong>de</strong>r Notaufnahme existiert, für frem<strong>de</strong> Augen ist es ein großes Chaos aus<br />

Schwestern, Ärzten, Stu<strong>de</strong>nten, Patienten und vielen, vielen Angehörigen. Hier erbricht ein<br />

Patient Blut gegen die Wand, dort wird eine Patientin mit schwerem Schlaganfall schon seit 3<br />

Stun<strong>de</strong>n von einer Angehörigen bebeutelt, mittendrin ein Wachmann, <strong>de</strong>r mit Leuten diskutiert,<br />

ob sie drinnen sein dürfen o<strong>de</strong>r nicht. Mehrfach kollidierte meine Erfahrung mit Notfällen und<br />

<strong>de</strong>ren Behandlung mit <strong>de</strong>r Art und Weise, wie hier mit Notfällen verfahren wur<strong>de</strong> (vor allem<br />

was die Analgesie und Sedierung anging). Ich habe in <strong>de</strong>r Notaufnahme eine Menge Erfahrung<br />

gesammelt und viel gesehen, länger <strong>als</strong> die zwei Wochen, die ich hier verbrachte habe, hätte ich<br />

diesen Konflikt aber nicht aushalten können. So o<strong>de</strong>r so, dann war meine Zeit lei<strong>de</strong>r auch schon<br />

um und es ging wie<strong>de</strong>r Richtung Heimat.<br />

Vier Monate waren eine lange Zeit aber eine Zeit, die ich nicht missen möchte. Ich habe eine<br />

interessante, lehrreiche Zeit in Kathmandu verbracht. Lehrreich was die Medizin angeht, was<br />

das Kennenlernen einer an<strong>de</strong>ren Kultur angeht und was das Kennenlernen <strong>de</strong>r eigenen Person<br />

angeht. Trotz <strong>de</strong>r teils sehr instabilen Lage in Nepal waren auch eine Menge Aktivitäten<br />

außerhalb <strong>de</strong>s Krankenhauses möglich, z.B. das Besuchen <strong>de</strong>r zahlreichen wun<strong>de</strong>rschönen<br />

Bauwerke im gesamten Kathmandutal. Ich bin <strong>als</strong>o überzeugt, das Richtige getan zu haben und<br />

kann einen Aufenthalt im TUTH nur empfehlen.<br />

Sollten Sie Fragen zu meinem Aufenthalt in Kathmandu haben o<strong>de</strong>r ich Ihnen an<strong>de</strong>rs weiter<br />

helfen können, so will ich das gerne tun. Email: Panterosraban@gmx.<strong>de</strong>, Heiko Balkenhol


Famulaturbericht: April/November 2003<br />

M. Paluzesen und P. Wildgruber in Nepal/KTM<br />

Wir sind zurück von einer total schönen Trekking Tour. Mittlerweile sind die Aufstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Maos soweit dass sie je<strong>de</strong>m Touristen 2000 Rupien abknöpfen <strong>de</strong>r in Gorepani übernachtet. Die<br />

Tageszeitungen sind auch voll mit <strong>Berichte</strong>n über Kämpfe zwischen Maos und Militär. Aber<br />

trotz<strong>de</strong>m ist in <strong>de</strong>n Bergen alles ruhig und man merkt kaum etwas von <strong>de</strong>n Problemen in Nepal.<br />

O.K. nun zum KTM. Als wir dam<strong>als</strong> dort arbeiteten war das Problem, dass keiner eigentlich<br />

sich Mühe gab uns einzuarbeiten. Ich hab 3 1/2 Wochen nur Blutdruck gemessen. Es waren<br />

auch Situationen dabei in <strong>de</strong>nen ich z.B. gefragt habe ob ich bei einer OP zuschauen dürfte, und<br />

zur Antwort bekam, ich solle mich mit <strong>de</strong>n Patienten auf Station beschäftigen da diese Fälle für<br />

mich wohl genügten. Auch wur<strong>de</strong>n Tipps über Pflege nicht akzeptiert. Ein Patient mit Fieber<br />

wur<strong>de</strong> bis zum Kinn zuge<strong>de</strong>ckt und auf <strong>de</strong>n freundlichen Tipp ihm eine dünne Decke zugeben,<br />

bekam ich zur Antwort, hier ist eben Nepal und wir machen dass so. Peter erlebte auch<br />

Situationen die diesen glichen und so schmissen wir eben das Handtuch. Es war auch das<br />

gesamte Umfeld, es gab kein Interesse etwas Neues zu erfahren ich meine damit die<br />

Schwestern. Auch hatten wir das Gefühl, dass sie einfach nichts damit anfangen konnten warum<br />

wir jetzt hier sind. Viele Schwestern waren auch sehr arrogant und <strong>de</strong>r Meinung, dass sie im<br />

Prinzip <strong>de</strong>n gleichen Wissensstand haben wie wir. Sicherlich haben sie für Nepal Verhältnisse<br />

eine gute Ausbildung jedoch ist das eigentlich nicht die Frage gewesen son<strong>de</strong>rn eher, wie es ist<br />

zusammen zuarbeiten. Ein Grund für unsere Entscheidung das KMH zu verlassen, war auch,<br />

dass Wolfhardt uns berichtete, dass seine mitgebrachten i.v. Antibiosen nicht <strong>de</strong>n Patienten<br />

zugute kamen son<strong>de</strong>rn unter <strong>de</strong>r Hand verkauft wur<strong>de</strong>n. Außer<strong>de</strong>m war das KMH. zwar gera<strong>de</strong><br />

in ein neues Haus gezogen jedoch fehlte es wirklich am Nötigsten. (Waschutensilien,<br />

Bettwäsche, Patientenhem<strong>de</strong>n, Desinfektionsmittel usw.)<br />

Klar stellt man sich darauf ein mit weniger zu arbeiten jedoch war sonst ja alles Technische<br />

vorhan<strong>de</strong>n. Ein Problem war auch dass die meisten Schwestern kaum Englisch sprachen und so<br />

kam kaum irgen<strong>de</strong>in Gespräch zustan<strong>de</strong> kam.<br />

Ich weiß nicht ob ihr das verstehen könnt, ich <strong>de</strong>nke aber doch dass Schwestern und Pfleger<br />

einfach sinnlos sind im KMH.<br />

Danach waren wir 6 Wochen im Sakkhu Memorial und haben dann aber Nepal erst einmal<br />

verlassen da unser Visa en<strong>de</strong>te und die Regenzeit begann. Wir wollten ja auf je<strong>de</strong>n Fall noch<br />

mit Freun<strong>de</strong>n Trekking gehen und so waren wir zwischenzeitlich in Malaysia Sumatra Thailand<br />

und Myanmar. Peter wäre sehr gerne mit nach Amppipal gegangen wir hatten lei<strong>de</strong>r schon im<br />

Sakkhu Memorial. Zugesagt, dass wir wie<strong>de</strong>r dort arbeiten wer<strong>de</strong>n wenn wir zurück sind. So<br />

war es dann nur einem möglich zugehen. Amppipal war für mich eine sehr schöne Erfahrung.<br />

Und irgendwie merkt man dort dass man noch wirklich gebraucht wird. Die Schwestern sagten<br />

auch ganz ehrlich, dass sie gerne wie<strong>de</strong>r eine Schwester haben möchten, da gera<strong>de</strong> auch zur<br />

Reisernte und zur Pflanzzeit dass Personal knapp ist.<br />

Viele Grüße Micha


Famulaturbericht: April 2003<br />

A. Gö<strong>de</strong>meier im Siddhi Memorial Hospital in Bhaktapur<br />

Wir haben vier Wochen im Siddhi Memorial Hospital in Bhaktapur famuliert (ist unter <strong>de</strong>m<br />

Namen bei Google zu fin<strong>de</strong>n!). Es hat uns gut gefallen auch wenn wir nach <strong>de</strong>n Schil<strong>de</strong>rungen<br />

im www etwas an<strong>de</strong>res erwartet hatten. Es ist im Prinzip eine Ambulanz und kein Hospital. Es<br />

gibt zwar etliche Betten (ca 20) aber die wer<strong>de</strong>n noch nicht benutzt. In <strong>de</strong>r Ambulanz wer<strong>de</strong>n<br />

von 10 bis 14 Uhr Frauen und Kin<strong>de</strong>r von einer Gynäkologin und zwei Kin<strong>de</strong>rärzten behan<strong>de</strong>lt.<br />

Je<strong>de</strong>r Arzt sieht so täglich bis zu 30 Patienten. Wir haben <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rärzten über die Schulter<br />

geschaut und ab und zu ein Kind abgehört. Das war interessant aber wir hatten wie gesagt eine<br />

Station und einen Kreissaal erwartet. Organisatorisch war es sehr einfach dorthin zu kommen.<br />

Shyam (Grün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Krankenhauses) ist ausgesprochen nett und hilfsbereit. Lei<strong>de</strong>r klappt die<br />

Kommunikation zwischen ihm und <strong>de</strong>n Ärzten wohl nicht so gut, diese wussten nämlich nichts<br />

von unserem Kommen. Wir fan<strong>de</strong>n die Zeit schön, wür<strong>de</strong>n es aber <strong>als</strong> Famulatur nicht<br />

unbedingt weiter empfehlen es ist einfach zu wenig zu tun.


Famulaturbericht: September 2003<br />

D. Knuschke und C. Würfel und M. Damm im KMH<br />

Im Mo<strong>de</strong>l Hospital sind wir freundlich aufgenommen wor<strong>de</strong>n. Dorit war in <strong>de</strong>r Notaufnahme,<br />

Martin und Christiane in <strong>de</strong>r Chirurgie bei Dr. Dhital. Im Großen und Ganzen hatten wir <strong>de</strong>n<br />

Eindruck, dass das Hospital gut ausgestattet ist und dass z.B. Operationsinstrumente und<br />

Medikamente vor allem in <strong>de</strong>n Außenstellen fehlen.<br />

Dr. Dhital und seine Frau haben uns am letzten Abend in ihr Haus zu einem schönen Essen<br />

eingela<strong>de</strong>n. Insgesamt waren die Ärzte im Krankenhaus sehr aufgeschlossen und erklärten uns<br />

viel. Ein junger Neurochirurg (mit Schnauzbart), <strong>de</strong>ssen Namen wir lei<strong>de</strong>r nicht mehr wissen<br />

ist in Zukunft verantwortlich für die Stu<strong>de</strong>ntenaustausche und er ist sehr begeisterungsfähig für<br />

neue I<strong>de</strong>en und versucht, ein bisschen Struktur in die Famulaturen einzubringen (rotation usw.).<br />

Ein großes Dankeschön noch! Wir sind sehr froh, dass wir die Möglichkeit hatten, nach Nepal<br />

zu reisen und Einblicke in ein so an<strong>de</strong>res medizinisches System zu bekommen und natürlich<br />

auch die höchsten Berge <strong>de</strong>r Welt zu sehen und die Kin<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n herrlichen Rotznasen.<br />

Dorit und Christiane und Martin


Famulaturbericht: Als Pharmazeutin in Amppipal/Nepal<br />

Miriam Steur<br />

Ungefähr 150km von Kathmandu entfernt - das entspricht einer etwa 6stündigen Busfahrt auf<br />

Schlaglochübersäten Strassen und einem anschließen<strong>de</strong>n 3stündigen Fußmarsch bergauf - liegt<br />

inmitten von kleinen Dörfern, Reisfel<strong>de</strong>rn und Wäl<strong>de</strong>rn das Amppipal Community Hospital. Es<br />

wur<strong>de</strong> 1969 von United Mission to Nepal (UMN) gegrün<strong>de</strong>t; die Organisation verließ jedoch<br />

2001 das Krankenhaus. Zurzeit wird es, mit Unterstützung durch die nepalesische Regierung<br />

und UMN, von einem lokalen Komitee geleitet.<br />

In eben diesem Krankenhaus verbrachte ich im September und Oktober 2004 insgesamt 4<br />

Wochen, um in <strong>de</strong>r dortigen Krankehnausapotheke zu arbeiten. Den Kontakt nach Amppipal<br />

hatte ich über <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Verein Nepalmed (www.<strong>nepalmed</strong>.<strong>de</strong>) geknüpft, unter <strong>de</strong>ssen<br />

„Schirmherrschaft“ <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Unfallchirurg Dr. Starke seit April 2003 im dortigen Hospital<br />

tätig ist.<br />

Das Hospital in Amppipal ist ziemlich weit entfernt von <strong>de</strong>r Vorstellung, die man <strong>als</strong> <strong>de</strong>utscher<br />

Pharmaziestu<strong>de</strong>nt von einem Klinkum hat. Diese Unterschie<strong>de</strong> konnte ich sowohl auf <strong>de</strong>n<br />

Stationen <strong>als</strong> auch bei meinem Projekt in <strong>de</strong>r Apotheke und nicht zuletzt im Umgang mit <strong>de</strong>n<br />

Menschen erleben. Einen spannen<strong>de</strong>n Einblick in <strong>de</strong>n Klinikumsalltag boten mir vor allem die<br />

Visiten auf <strong>de</strong>n Stationen, an <strong>de</strong>nen ich je<strong>de</strong>n Morgen teilnehmen konnte.<br />

Auf <strong>de</strong>n ersten Blick schon fallen die niedrigen Holzgestelle auf, von <strong>de</strong>nen jeweils eines neben<br />

je<strong>de</strong>m Patientenbett steht – für <strong>de</strong>n Angehörigen, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Patienten gekommen ist und auch<br />

im Hospital übernachtet. Wenn man be<strong>de</strong>nkt, dass die meisten Patienten mehrere Stun<strong>de</strong>n zum<br />

Krankenhaus laufen müssen bzw. getragen wer<strong>de</strong>n, manche sogar ein bis zwei Tagesreisen<br />

hinter sich haben, macht diese Praxis durchaus Sinn.<br />

Die meiste Zeit während meines Aufenthalts waren die 45 Betten <strong>de</strong>s Hospit<strong>als</strong> etwa zur Hälfte<br />

belegt. Die Krankheiten waren bei einem Grossteil <strong>de</strong>r Patienten dieselben: Typhus,<br />

Lungenentzündung und chronische Bronchitis. Das gehäufte Auftreten von chronischen<br />

Atemwegserkrankungen lässt sich darauf zurückführen, dass in <strong>de</strong>n meisten Häusern am<br />

offenen Feuer gekocht wird, was im Laufe vieler Jahre die Lunge natürlich einer starken<br />

Rauchbelastung aussetzt. Die offenen Her<strong>de</strong> haben noch eine weitere unschöne Folge: häufig<br />

ereignen sich Verbrennungsunfälle bei kleinen Kin<strong>de</strong>rn.<br />

Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser ist, wie man sich das ja klischeehaft für ein<br />

Entwicklungsland vorstellt, problematisch. In Flaschen abgefülltes Wasser ist nicht erhältlich,<br />

getrunken wird <strong>als</strong>o das Wasser von <strong>de</strong>n öffentlichen Wasserstellen. Aus Kosten- und<br />

Zeitgrün<strong>de</strong>n wird es in <strong>de</strong>n meisten Familien we<strong>de</strong>r gefiltert noch abgekocht, was zu einer sehr<br />

weiten Verbreitung von Wurmbefall führt. Deshalb wird auch fast je<strong>de</strong>r Patient im Hospital<br />

zusätzlich zur Behandlung seiner Erkrankung einer Entwurmung unterzogen.<br />

Neben <strong>de</strong>m Hauptgebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Hospit<strong>als</strong> befin<strong>de</strong>t sich ein weiterer Gebäu<strong>de</strong>flügel für<br />

Tuberkulosepatienten. Dort können sie wohnen, wenn sie im Rahmen <strong>de</strong>s DOTS-Programms<br />

(Directly observed treatment short course) während <strong>de</strong>r mehrmonatigen Therapie mehrm<strong>als</strong> in<br />

das Hospital kommen müssen, um ihre Medikation einzunehmen. Erste Erfolge <strong>de</strong>s<br />

DOTSProgramms bei <strong>de</strong>r Eindämmung <strong>de</strong>r Tuberkulose – in Nepal sind 40% <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

infiziert – sind zu verzeichnen.<br />

Beson<strong>de</strong>rs interessant für mich <strong>als</strong> Pharmazeutin war <strong>de</strong>r Einblick in die Medizin, <strong>de</strong>n ich im<br />

Operationssaal gewinnen konnte. Auch hier ist vieles an<strong>de</strong>rs <strong>als</strong> in Deutschland. Fasziniert war<br />

ich zunächst von <strong>de</strong>n recht altertümlich anmuten<strong>de</strong>n Kerosin-Autoklaven, in <strong>de</strong>nen die OP-<br />

Materialien sterilisiert wer<strong>de</strong>n – übrigens auch die Latexhandschuhe, die so lange verwen<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n, bis sie kaputt gehen. Die Ausstattung <strong>de</strong>s Operationstheaters hat, wie ja<br />

das meiste im Hospital, etliche Jahre auf <strong>de</strong>m Buckel. Und obwohl naturgemäß im OP sehr auf<br />

Sauberkeit bzw. Sterilität geachtet wird, kann es schon einmal vorkommen, dass ein Käfer über


<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n krabbelt, weil eine so hermetische Abriegelung, wie man sie von OPs in Europa<br />

kennt, einfach nicht möglich ist. Trotz<strong>de</strong>m kommen Wundinfektionen nach Operationen nicht<br />

vor; eine Tatsache, angesichts <strong>de</strong>rer einem <strong>de</strong>r hierzulan<strong>de</strong> häufig anzutreffen<strong>de</strong> Hygienefimmel<br />

durchaus fraglich erscheint...<br />

Die häufigsten Operationen, von <strong>de</strong>nen während meines Aufenthalts fast je<strong>de</strong>n Tag min<strong>de</strong>stens<br />

eine durchgeführt wur<strong>de</strong>, waren Sterilisationen bei Männern und – seltener – bei Frauen. Der<br />

Eingriff ist im Rahmen <strong>de</strong>s Familienplanungs-Programms für die Patienten kostenlos, sie<br />

erhalten sogar eine kleine Geldsumme vom Staat. Die offensichtlich große Akzeptanz dieses<br />

Programms in <strong>de</strong>r Bevölkerung macht Hoffnung, dass sich das Bevölkerungswachstum, das in<br />

Nepal ca. 3 Prozent pro Jahr beträgt, wenigstens etwas eindämmen lässt. Oft lassen die<br />

Patienten jedoch eine Sterilisation erst durchführen, nach<strong>de</strong>m sie bereits 4 o<strong>de</strong>r 5 Kin<strong>de</strong>r haben<br />

– und das ist nicht selten in ihren späten 20ern <strong>de</strong>r Fall.<br />

Aber nicht nur auf <strong>de</strong>n Stationen konnte ich für mich neue und faszinieren<strong>de</strong> Einblicke<br />

gewinnen, auch in <strong>de</strong>r Apotheke <strong>de</strong>s Klinikums wur<strong>de</strong>n viele Unterschie<strong>de</strong> zu Deutschland<br />

<strong>de</strong>utlich. Pharmazeutisch ausgebil<strong>de</strong>tes Personal gibt es nicht. Die Medikamentenausgabe an<br />

die Patienten aus <strong>de</strong>m „Dispensary“ wird durch einen angelernten Angestellten vorgenommen;<br />

die Übersicht über das Hauptlager und die Verantwortung für Medikamentenbestellungen beim<br />

Großhändler liegen in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Verwaltungsangestellten. Der fehlen<strong>de</strong> pharmazeutische<br />

Hintergrund führt, wie sich vermuten lässt, zu verschie<strong>de</strong>nen Problemen. So sind die<br />

Verwaltungsangestellten z.B. naturgemäß nicht vertraut mit <strong>de</strong>n Standarddosierungen von<br />

Medikamenten und <strong>de</strong>ren üblicher<br />

Therapiedauer. Manchmal wer<strong>de</strong>n <strong>als</strong>o beim Großhändler zu kleine o<strong>de</strong>r zu große Mengen <strong>de</strong>r<br />

Medikamente bestellt. Dies bedingt dann Versorgungsengpässe (beson<strong>de</strong>rs während <strong>de</strong>r<br />

Monsunzeit, wenn infolge von Erdrutschen manche Strassen unpassierbar sind) o<strong>de</strong>r ungenutzte<br />

Medikamente verfallen, was bei ohnehin knappem Budget sehr problematisch ist.<br />

Eine weitere Schwierigkeit bei <strong>de</strong>r Organisation <strong>de</strong>r Apotheke ist, dass oftm<strong>als</strong> nicht<br />

gewissenhaft gearbeitet wird, was dann hinterher einen erhöhten Arbeitsaufwand nach sich<br />

zieht. Es existiert zwar ein Buch, in das aus <strong>de</strong>m Hauptlager entnommene Medikamente<br />

eingetragen wer<strong>de</strong>n sollen – lei<strong>de</strong>r nur hält man sich daran oft nicht...Bei Bestellungen vom<br />

Dispensary an das Hauptlager wird außer<strong>de</strong>m oft nicht angegeben, welche Dosierung<br />

gewünscht wird. Bei Präparaten, die in mehreren Dosierungen im Lager vorhan<strong>de</strong>n sind, lässt<br />

sich <strong>als</strong>o später nicht mehr nachvollziehen, welche an die Arzneiausgabe geliefert wur<strong>de</strong>. All<br />

das macht es fast unmöglich, <strong>de</strong>n Überblick über die im Lager vorhan<strong>de</strong>nen Medikamente zu<br />

behalten; in <strong>de</strong>r Praxis wer<strong>de</strong>n <strong>als</strong>o die Packungen im Lager nachgezählt, bevor man beim<br />

Großhändler bestellt... Und das, obwohl mit <strong>de</strong>m Programm mSupply die Software für<br />

Apothekenbestellungen vorhan<strong>de</strong>n ist.<br />

Auf meine Nachfragen, ob man das nicht effizienter organisieren könne und solle, erntete ich<br />

im Verwaltungsbüro meist große Augen und Schulterzucken – das ist halt so... Obwohl ich<br />

mich nicht <strong>als</strong> übermäßig or<strong>de</strong>ntlich und organisiert bezeichnen wür<strong>de</strong>, kam ich mir hier sehr<br />

korrekt und <strong>de</strong>utsch vor.<br />

Meine Aufgabe bestand nun darin, die vorhan<strong>de</strong>nen Daten über Medikamentenbestellungen und<br />

-abgaben im Laufe <strong>de</strong>r letzten zwei Jahre auszuwerten und in einer Statistik zusammenzufassen.<br />

Obwohl die Zahlen – aus oben erwähnten Grün<strong>de</strong>n – kritisch zu betrachten sind, lässt sich<br />

hiermit <strong>de</strong>r Medikamentenverbrauch <strong>de</strong>s Hospit<strong>als</strong> zumin<strong>de</strong>st abschätzen und darauf aufbauend<br />

können zukünftige Medikamentenbestellungen besser geplant wer<strong>de</strong>n, was Dr. Starke ein<br />

großes Anliegen ist.<br />

Neben meiner Mitarbeit im medizinischen und pharmazeutischen Bereich konnte ich während<br />

meines Aufenthalts auch Einblicke in die Politik <strong>de</strong>s Hospit<strong>als</strong> gewinnen. Diese läuft im<br />

Moment lei<strong>de</strong>r alles an<strong>de</strong>re <strong>als</strong> zufrie<strong>de</strong>nstellend ab. Die Finanzierung <strong>de</strong>s Krankenhauses aus<br />

verschie<strong>de</strong>nen Quellen – und somit auch seine Abhängigkeit von verschie<strong>de</strong>nen Organisationen<br />

– trägt nicht zu einer geradlinigen Verwaltung und Planung bei.


Ein weitaus größeres Problem stellt allerdings die Korruption einiger höherer Mitarbeiter dar.<br />

Es wer<strong>de</strong>n z.B. Medikamentenbestellungen f<strong>als</strong>ch abgerechnet o<strong>de</strong>r medizinische Geräte für die<br />

eigene Praxis abgezweigt. Nach<strong>de</strong>m diese Unregelmäßigkeiten vor einiger Zeit durch einen<br />

Verwaltungsangestellten ent<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong>n, befin<strong>de</strong>t sich Dr. Starke in einer sehr undankbaren<br />

Situation. Als nicht-angestellter freiwilliger Mitarbeiter hat er keine offiziellen<br />

Machtbefugnisse; einziges Druckmittel sind die von ihm mitgebrachten Sach- und<br />

Geldspen<strong>de</strong>n. In<strong>de</strong>m er diese an bestimmte Bedingungen – wie z.B. Einsicht in die<br />

Haushaltsbücher - knüpft, versucht er, die Korruption zurückzudrängen, was allerdings sehr<br />

schwierig ist. Vor allem, da er äußerst behutsam vorgehen muss. Es ist nämlich nicht damit<br />

getan, die Schuldigen offiziell anzuprangern und so <strong>de</strong>ren Entlassung herbeizuführen. Denn<br />

wenn <strong>de</strong>r ärztliche Leiter <strong>de</strong>s Hospit<strong>als</strong> geht, könnte es sein, dass sich kein Nachfolger für ihn<br />

fin<strong>de</strong>n lässt. In Nepal herrscht nämlich in ländlichen Gebieten akuter Ärztemangel, weil vor<br />

allem jüngere Mediziner das komfortablere Leben im Kathmandutal bevorzugen. Ist <strong>als</strong>o ein<br />

korrupter Arzt besser <strong>als</strong> gar kein Arzt?<br />

Durchaus nicht <strong>als</strong> unangenehm, aber bei näherer Überlegung doch <strong>als</strong> problematisch empfand<br />

ich die Ehrerbietung, die einem <strong>als</strong> Auslän<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n meisten „einfachen“ Leuten entgegen<br />

gebracht wird. So wur<strong>de</strong> ich meist <strong>als</strong> „Dr.“ angere<strong>de</strong>t, obwohl ich von einem solchen Titel<br />

noch weit entfernt bin. Dies ist nur eine Facette eines wohl recht fest in <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

verwurzelten hierarchischen Denkens. Genau dieses macht es auch so schwierig, überkommene<br />

Strukturen o<strong>de</strong>r auch oben erwähnte Korruption zu än<strong>de</strong>rn, weil die Masse <strong>de</strong>r kleinen Leute<br />

gar nicht daran <strong>de</strong>nkt, dass sie die Macht o<strong>de</strong>r das Recht haben, sich gegen Ungerechtigkeiten<br />

aufzulehnen und an <strong>de</strong>r Position <strong>de</strong>r Höhergestellten zu rütteln.<br />

Aber nicht nur diese schwierigen Erfahrungen habe ich von meiner Reise mitgebracht, ich<br />

konnte auch einen faszinieren<strong>de</strong>n Einblick in die Kultur und das Leben in Nepal gewinnen.<br />

Beson<strong>de</strong>rs beeindruckt haben mich die Liebenswürdigkeit, Gastfreundschaft und Großzügigkeit<br />

<strong>de</strong>r meisten Nepali, die ich getroffen habe, vor allem auf <strong>de</strong>m Land. Obwohl sie selbst nicht viel<br />

haben, teilen sie gerne alles und la<strong>de</strong>n einen zu sich nach Hause ein, selbst wenn man sie noch<br />

nicht lange kennt. Und wenn man sich dann glücklich schätzen kann, bei einer Familie <strong>de</strong>n<br />

Alltag <strong>de</strong>r Menschen mitzuerleben, wird einem klar, wie wenig man für ein erfülltes Leben<br />

eigentlich braucht.<br />

Alles in allem war dieses Praktikum in Nepal eine für mich unschätzbar wertvolle Erfahrung.<br />

Ich konnte mich nicht nur auf medizinisch-pharmazeutischem Gebiet weiterbil<strong>de</strong>n und<br />

miterleben, wie man unter schwierigen Bedingungen gut arbeiten kann. Mein Aufenthalt<br />

ermöglichte mir auch einen realistischen Einblick in die Entwicklungshilfe und die<br />

mannigfaltigen Probleme, die damit verbun<strong>de</strong>n sind.<br />

Vor allem aber persönlich habe ich dazugelernt. Die Mentalität <strong>de</strong>r Nepalesen und das Leben,<br />

das vor allem auf <strong>de</strong>m Land so weit entfernt ist vom Überfluss hierzulan<strong>de</strong>, haben mich<br />

nachhaltig geprägt.<br />

So bin ich sowohl <strong>de</strong>n Schatten- <strong>als</strong> auch <strong>de</strong>n Sonnenseiten eines faszinieren<strong>de</strong>n Lands<br />

begegnet.


Famulaturbericht: August 2005 in Nepal/Amppipal<br />

Nadja Schmidt<br />

Im Februar 2005 entschloss ich mich, eine Famulatur im Ausland – am liebsten in Nepal – zu<br />

machen. Im Internet stieß ich auf die Webseite von Nepalmed e.V. und war sofort Feuer und<br />

Flamme für das Amppipal Hospital. Und ich hatte großes Glück: Das Telefon <strong>de</strong>s<br />

Krankenhauses funktionierte noch – wenige Wochen später wur<strong>de</strong> es bereits von <strong>de</strong>r Regierung<br />

abgestellt wegen <strong>de</strong>r Probleme mit <strong>de</strong>n Maoisten. So konnte ich direkt mit Dr. Wolfhard Starke<br />

sprechen, und nach einigen weiteren Telefonaten mit Nepalmed in Deutschland hatte ich <strong>de</strong>n<br />

Platz.<br />

En<strong>de</strong> Juli 05 ging es dann nach<br />

Kathmandu, und 2 Tage später<br />

mit <strong>de</strong>m Bus nach Tuture (s.<br />

Wegbeschreibung auf dieser<br />

Seite).<br />

Ich hielt mich eigentlich für<br />

körperlich fit, än<strong>de</strong>rte meine<br />

Meinung jedoch nach <strong>de</strong>m 4stündigen<br />

Aufstieg zum<br />

Krankenhaus! Obwohl ein<br />

kleiner, dünner Nepali aus Tati<br />

Pokhari meine ganzen Sachen<br />

trug, kam ich ihm kaum<br />

hinterher, so schnell marschierte<br />

er davon.<br />

Bei <strong>de</strong>r Ankunft stand ich <strong>als</strong>o schweißüberströmt und völlig erledigt Dr. Wolfhard Starke<br />

gegenüber, mit <strong>de</strong>m ich mir dann erstmal in einem <strong>de</strong>r Shops ein Bier genehmigte.<br />

Ich bekam ein Zimmer im Guest House, o<strong>de</strong>r besser gesagt: Ich bekam das ganze Guest House<br />

aus Mangel an weiteren Gästen. Es besteht aus einem Wohnzimmer, einer (nicht eingerichteten)<br />

Küche, einer Dusche (Wasserhahn, <strong>de</strong>r in Schulterhöhe aus <strong>de</strong>r Wand kommt), einem Hock-Klo<br />

sowie 3 Schlafzimmern. Die Zimmer sind karg, aber sehr schön: Pritsche, Schrank, Stuhl.<br />

Gegessen habe ich immer bei Wolfhard, <strong>de</strong>r sein Häuschen ein paar Meter weiter <strong>de</strong>n Hügel<br />

rauf hat. Mittags gegen 13 Uhr gab es je<strong>de</strong>n Tag<br />

Daal Bhat, <strong>als</strong>o Reis mit Linsen und Gemüse,<br />

gekocht von Taili Didi. Es war auch nach 4 ½<br />

Wochen noch sehr lecker! Morgens und abends<br />

aßen wir von Taili Didi selbst gebackenes Brot<br />

mit Marmela<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r Gurke o<strong>de</strong>r was grad da<br />

war.<br />

In Nepal beginnt die Woche Sonntags, Samstag<br />

und Mittwoch waren prinzipiell freie Tage.<br />

Visite fin<strong>de</strong>t aber je<strong>de</strong>n Tag statt, und wenn<br />

notfallmäßig ein Patient kommt, wird er<br />

natürlich auch behan<strong>de</strong>lt. Und da man in<br />

Amppipal sonst auch wirklich gar nichts<br />

Spannen<strong>de</strong>s machen kann, war ich je<strong>de</strong>n Tag im<br />

Hospital.


Visite ist immer um 8 Uhr mit allen Schwestern und CMA´s (Community Medical Assistants)<br />

und dauert, je nach Belegung, durchschnittlich eine halbe Stun<strong>de</strong>. Zweimal die Woche wer<strong>de</strong>n<br />

auch die Tuberkulose – Patienten visitiert, die in einem ausgelagerten Gebäu<strong>de</strong> leben. Es gibt<br />

dort 4 einzelne „Zimmer“ und gegenüber eine gemeinsame Kochstelle unter freiem Himmel.<br />

Die Tuberkulosepatienten bleiben ca. 3 Monate auf dieser Isolierstation, auch um die<br />

regelmäßige Medikamenteneinnahme zu gewährleisten.<br />

Nach <strong>de</strong>r Visite geht es in die Ambulanz o<strong>de</strong>r direkt in <strong>de</strong>n OP, falls eine Operation geplant ist.<br />

Ansonsten ist <strong>de</strong>r restliche Tag ein ständiges Hin und Her inklusive ständigem<br />

Klamottenwechsel zwischen „OPD“ (Out Patient Department = Ambulanz) und „OT“<br />

(Operation Theatre); kleinere OP´s wer<strong>de</strong>n sofort gemacht, und die Ambulanz muss eben<br />

solange warten.<br />

Wenn Patienten bis zu 4 Tagen unterwegs waren, um einen Arzt zu sehen, kann man sie<br />

natürlich nicht für <strong>de</strong>n nächsten Tag einbestellen…<br />

Um 10 Uhr ist je<strong>de</strong>n Tag Teepause, und<br />

diese wird auch wirklich immer pünktlich<br />

und ausreichend (bis zu eine Stun<strong>de</strong>)<br />

wahrgenommen. Die Ambulanz wird in<br />

dieser Zeit abgeschlossen, und alle<br />

Mitarbeiter sitzen in <strong>de</strong>r Bibliothek bei<br />

stark gezuckertem Schwarztee o<strong>de</strong>r<br />

nehmen ihre erste Mahlzeit, Daal Bhat<br />

natürlich, in einem <strong>de</strong>r Shops ein. Ich habe<br />

meist in <strong>de</strong>n englischsprachigen alten<br />

Medizinbüchern geschmökert um nicht<br />

immer wie ein stumm glotzen<strong>de</strong>r Fisch<br />

inmitten <strong>de</strong>r Diskussionen auf Nepali zu<br />

sitzen J…<br />

Der Tag im Hospital en<strong>de</strong>t, wenn die Ambulanz leer ist – meist ist das zwischen 16 und 17<br />

Uhr. Wann immer jedoch noch Patienten auftauchen, wer<strong>de</strong>n sie behan<strong>de</strong>lt.<br />

Die Ambulanz ist tagsüber<br />

manchmal brechend voll. Das<br />

liegt auch daran, dass kaum ein<br />

Patient alleine kommt – die<br />

Angehörigen müssen <strong>de</strong>n<br />

Kranken teilweise zum<br />

Krankenhaus tragen und sind<br />

auf Station für Pflege und<br />

Essen selbst verantwortlich. Sie<br />

schlafen dann auf<br />

Holzpritschen neben <strong>de</strong>n<br />

Betten, o<strong>de</strong>r übernachten gegen<br />

eine Gebühr in einem <strong>de</strong>r<br />

Shops.<br />

Die Schwestern sind weniger mit Pflege beschäftigt <strong>als</strong> in Deutschland, dafür aber auch für<br />

Blutabnahmen und i.v. - Zugänge zuständig. Außer<strong>de</strong>m sind sie oft zusätzlich Hebammen.


Ein großer Teil <strong>de</strong>r Patienten hat Typhus abdominalis, vor allem die Kin<strong>de</strong>r. Sie bleiben<br />

mehrere Tage stationär. Für mich anfangs unerwartet war die große Anzahl von Patienten mit<br />

Bandscheiben- u. Gelenkbeschwer<strong>de</strong>n. Die typische Hockhaltung, das häufige Tragen schwerer<br />

Lasten und Feldarbeit hinterlassen ihre Spuren auch bei diesen kleinen, dünnen und<br />

ausgesprochen zähen Menschen. Die Therapie besteht in physiotherapeutischer Anleitung und<br />

ggf. Schmerzmitteln.<br />

Häufig sind auch Abszesse, Furunkel und an<strong>de</strong>re Hautinfektionen, die oft schon weit<br />

fortgeschritten sind, und dann chirurgisch versorgt wer<strong>de</strong>n.<br />

Ein typischer Fall für <strong>de</strong>n OP sind<br />

natürlich Frakturen, meist an Arm<br />

und Hand. Unkomplizierte Brüche<br />

wer<strong>de</strong>n einfach gegipst (POP –<br />

Bandage = „Plaster of Paris“),<br />

kompliziertere wer<strong>de</strong>n vorher mit<br />

Kirschnerdrähten („K – Wires“)<br />

stabilisiert.<br />

Der wohl „spektakulärste“ Fall<br />

während meiner Famulatur war<br />

eine ältere Frau mit Epiphysiolyse<br />

<strong>de</strong>s Femurkopfes.<br />

Bei meiner Ankunft in Amppipal lag sie schon 3 Wochen in Extension mittels Seil und<br />

Wasserkanister (s. Foto); es wur<strong>de</strong> noch auf ein passen<strong>de</strong>s „Ersatzteil“ für sie aus Kathmandu<br />

gewartet. Als klar war, dass dieses nicht kommen wür<strong>de</strong>, ließ Wolfhard eine<br />

Osteosyntheseplatte aus einer Kiste mit verschie<strong>de</strong>nen Platten, Schrauben usw. in <strong>de</strong>r Werkstatt<br />

zurechtsägen und –feilen (<strong>de</strong>utsche Durchschnittsgrößen sind für nepalesische Knochen meist<br />

viel zu groß!), und die Frau wur<strong>de</strong> unter Spinalanästhesie operiert. Sie konnte eine Woche<br />

später aufstehen und hatte keine weiteren Komplikationen.<br />

Trotz <strong>de</strong>r widrigen Umstän<strong>de</strong><br />

(u.a. kein<br />

Hän<strong>de</strong><strong>de</strong>sinfektionsmittel…) habe<br />

ich in <strong>de</strong>r ganzen Zeit dort keine<br />

postoperativen Wundinfektionen<br />

gesehen!<br />

Um unter <strong>de</strong>n dortigen<br />

Bedingungen gut zu operieren<br />

bzw. die Patienten so gut wie<br />

möglich zu behan<strong>de</strong>ln, braucht es<br />

nicht nur einen fähigen und<br />

gewissenhaft arbeiten<strong>de</strong>n Arzt,<br />

son<strong>de</strong>rn einen mit viel Erfahrung<br />

und Mut zur Improvisation. Das<br />

eigentliche Problem in Amppipal bestand in erster Line nicht in fehlen<strong>de</strong>n Medikamenten o<strong>de</strong>r<br />

Material, son<strong>de</strong>rn in mangeln<strong>de</strong>r Organisation und undurchsichtigen Machenschaften.<br />

Eigentlich war zusätzlich ein nepalesischer Arzt im Hospital beschäftigt; in über 4 Wochen dort<br />

habe ich ihn nicht einmal zu Gesicht bekommen! Dabei ist er von <strong>de</strong>r Regierung angestellt und


ezahlt wor<strong>de</strong>n. Wolfhard dagegen arbeitet ohne Bezahlung in Nepal und ist prinzipiell für alles<br />

im Krankenhausbetrieb selbst verantwortlich (z.B. gab es immer wie<strong>de</strong>r Probleme bei <strong>de</strong>r<br />

Nachbestellung <strong>de</strong>r Medikamente – wenn <strong>de</strong>r Apothekenangestellte erst dann Bescheid sagt,<br />

dass die Tabletten alle sind, wenn<br />

er die letzte verkauft hat, dauert<br />

es eben ein paar Wochen bis<br />

neue aus Kathmandu kommen…)<br />

Viele Dinge wer<strong>de</strong>n einfach nicht<br />

gemacht, weil wenig<br />

Eigeninitiative da ist und keiner<br />

sich letztendlich verantwortlich<br />

fühlt. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite gibt<br />

es sehr fähige und engagierte<br />

Mitarbeiter im Hospital, ohne die<br />

die Arbeit dort gar nicht möglich<br />

wäre. Beson<strong>de</strong>rs die OP –<br />

Assistenten Nanu und Janga<br />

gaben mich beeindruckt.<br />

Für mich war die Zeit in Amppipal eine tolle Erfahrung, aber nicht immer unbedingt einfach.<br />

Schön war, dass ich die Möglichkeit hatte, mir alle Bereiche anzusehen : Ambulanz, Röntgen,<br />

Physiotherapie, Apotheke, 2 Geburten im Kreißsaal, OP, Wäscherei…<br />

Da Wolfhard <strong>de</strong>r einzige Arzt war und alle Fachdisziplinen übernehmen musste (er ist<br />

eigentlich Unfallchirurg), konnte ich bei je<strong>de</strong>m Patienten alle Schritte <strong>de</strong>r Behandlung<br />

verfolgen. Ich war im 6.Semester und hatte mir viel klinische Erfahrung von Nepal erhofft. Ich<br />

habe zwar sehr viel GESEHEN, aber wenig GETAN! Zum einen lag das natürlich an meinen<br />

fehlen<strong>de</strong>n Nepali-Kenntnissen (mit Englisch kommt man auf <strong>de</strong>m Dorf nicht wirklich weit,<br />

Wolfhard spricht Nepali). Das erschwert natürlich die Anamneseerhebung. Zum an<strong>de</strong>ren jedoch<br />

hat Wolfhard mich auch nicht viel „rangelassen“! Klar hatte ich kaum Erfahrung, aber wo soll<br />

ich sie <strong>de</strong>nn sammeln, wenn nicht in einer Famulatur? Für das viel zu theoretische<br />

Medizinstudium in Deutschland kann ich schließlich nichts! Ein paar erklären<strong>de</strong> Worte bringen<br />

mich je<strong>de</strong>nfalls weiter, <strong>als</strong> wenn ich immer nachfragen muss (ich WILL ja schließlich lernen)<br />

und dann dafür entnervt angemotzt wer<strong>de</strong>!<br />

Unter diesen Umstän<strong>de</strong>n habe<br />

ich mich oft sehr alleingelassen<br />

gefühlt, und ehrlich gesagt halte<br />

ich es für f<strong>als</strong>ch, dass immer nur<br />

ein einzelner Famulant nach<br />

Amppipal "darf". Ich hätte auf<br />

je<strong>de</strong>n Fall mehr gelernt, hätte<br />

ich mich mit einem an<strong>de</strong>ren<br />

Stu<strong>de</strong>nten austauschen können!<br />

Man ist in Amppipal echt<br />

abgeschnitten von <strong>de</strong>r Welt –<br />

selbst das Dorf Amppipal ist<br />

eine halbe Stun<strong>de</strong> Fußmarsch<br />

vom Hospital entfernt, es gibt<br />

kein Telefon, kein Handynetz,


keine Tageszeitung, Strom unregelmäßig; die Straße gab es 2005 noch nicht. Die Aben<strong>de</strong> allein<br />

im Guest House wer<strong>de</strong>n auch immer länger mit <strong>de</strong>r Zeit… Hinzu kommt, dass ich eine<br />

Spinnenphobie habe und lei<strong>de</strong>r handtellergroße schwarze dicke Spinnen meine Mitbewohner<br />

waren. Die Ratten (essen auch Klopapier!) und Blutegel (nervig, aber harmlos) waren mir egal,<br />

aber die Spinnen waren für meinen Geschmack zu groß, zu schnell und zu viele…Dauerregen<br />

und im Schrank verschimmeln<strong>de</strong> Kleidung heben die Stimmung dann auch nicht gera<strong>de</strong>.<br />

Dafür habe ich aber auch viele schöne Aben<strong>de</strong> mit Wolfhard im Shop gesessen mit Everest –<br />

Beer, und trotz meiner Kritik möchte ich hier meine Bewun<strong>de</strong>rung und Anerkennung für ihn<br />

ausdrücken. Er ist nicht nur ein guter Arzt, son<strong>de</strong>rn auch ein liebenswürdiger und sehr<br />

aufrichtiger Mensch. Es gehört schon eine große Portion I<strong>de</strong>alismus dazu, hier allein zu<br />

arbeiten. Man darf seine kauzige Art eben nicht persönlich nehmen.<br />

Man sollte <strong>als</strong> Famulant/in <strong>als</strong>o Geduld und Humor, einige dicke Bücher, eine gute<br />

Taschenlampe, einen Regenschirm und am besten minimale Nepali – Kenntnisse mitbringen.<br />

Auch empfehle ich ein Praktikum erst in einem höheren klinischen Semester und außerhalb <strong>de</strong>r<br />

Regenzeit.<br />

In <strong>de</strong>r letzten Zeit hat sich in Amppipal einiges getan – Wolfhard hat mit selbst gesammelten<br />

Spen<strong>de</strong>ngel<strong>de</strong>rn aus Deutschland eine Straße zum Dorf bauen lassen, und erhält bei seiner<br />

Arbeit Unterstützung durch einen neuen nepalesischen Arzt. Die Situation für Famulanten<br />

scheint sich geän<strong>de</strong>rt zu haben, so wie<br />

es sich aus Simon Sü<strong>de</strong>rmanns e-mails<br />

anhört. Mit mehreren Stu<strong>de</strong>nten und<br />

mit einem weiteren Arzt ist die<br />

Erfahrung mit Sicherheit eine ganz<br />

an<strong>de</strong>re. Ich kann nur für mich sprechen<br />

und hoffe dass dieser Bericht an<strong>de</strong>ren<br />

interessierten Stu<strong>de</strong>nten eine kleine<br />

Hilfe ist.<br />

Nepal ist wun<strong>de</strong>rschön und die Nepalis<br />

sind absolut freundlich und hilfsbereit.<br />

Ich bin – nicht nur von <strong>de</strong>n<br />

Hospitalmitarbeitern – sehr herzlich<br />

aufgenommen wor<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>nke oft<br />

an diese Zeit zurück.<br />

Ich wür<strong>de</strong> es wie<strong>de</strong>r tun!<br />

Nadja Schmidt


Famulaturbericht: März 2006 in Nepal/Amppipal<br />

Ankunft in Kathmandu:<br />

Simon Sün<strong>de</strong>rmann (seit 16. Februar)<br />

jetzt hab ich es tatsächlich geschafft. Ich bin in Kathmandu. Die Reise hierher war zwar sehr<br />

stressig, da wir in Katar eh schon 6 Stun<strong>de</strong>n Aufenthalt hatten und dann hatte <strong>de</strong>r Flug nach<br />

Kathmandu natürlich auch noch Verspätung gehabt. Hier sind wir in einem sehr gemütlichen<br />

Guesthouse abgestiegen, dass wir nach abenteuerlicher Taxifahrt im kleinsten Taxi <strong>de</strong>r Welt<br />

erreicht haben. Dort bleiben wir jetzt erst mal bis Sonntag. Handynetz gibt es wohl zurzeit<br />

keines. Und wenn wir dann in das Krankenhaus aufbrechen sind wir wohl erstmal für die<br />

Wochen die wir dort sind von je<strong>de</strong>r Kommunikationsmöglichkeit abgeschnitten. Kein<br />

Handynetz, kein Internet noch nicht einmal ein Telefon gibt es dort. Aber das geht bestimmt<br />

auch mal. Von Unruhen o<strong>de</strong>r sonstigen Gefährdungen merkt man hier nicht das Geringste.<br />

Die Leute sind sehr, sehr freundlich und wir sind gera<strong>de</strong> dabei einfach mal durch die Strassen<br />

zu schlen<strong>de</strong>rn und die Umgebung zu erkun<strong>de</strong>n. Es ist alles bunt, viel Gehupe und Staub. Aber<br />

sehr interessant. Mehr gibt es im Moment noch nicht zu erzählen.<br />

...und immer noch in Kathmandu:<br />

solange wir in Kathmandu sind möchte ich die Möglichkeit nutzen ins Internet zu gehen.<br />

Danach ist dann erst mal Schluss damit. Heute war <strong>als</strong>o <strong>de</strong>r dritte Tag in Kathmandu, <strong>de</strong>n<br />

wir mal früh sprich um acht begannen.<br />

Das war auch nicht verkehrt, <strong>de</strong>nn morgens ist es fast noch schöner durch die Strassen zu<br />

laufen wenn noch nicht ganz so viel los ist und alle Obst und Gemüse Stän<strong>de</strong> noch voll<br />

bestückt sind. Unser Chefdoktor <strong>de</strong>r mit uns im gleichen Guesthouse wohnt, hat uns für heute<br />

mitgenommen, worüber wir sehr froh waren. <strong>de</strong>nn wir mussten mit <strong>de</strong>m Minibus<br />

fahren>> und mini heißt mini. 10 Plätze und 20 Leute drin.<br />

Ziel war heute ein Hindu Tempel in <strong>de</strong>r Nähe von Kathmandu. Die Fahrt war sehr<br />

abenteuerlich, hatte sich aber gelohnt. Pashupatinath, so heißt <strong>de</strong>r Ort, ist eine riesige Anlage<br />

mit einem Pago<strong>de</strong>ntempel relativ zentral und vielen kleineren Tempeln und Stupas außen<br />

herum. Dort ist auch eine gol<strong>de</strong>ne Statue von <strong>de</strong>m Bullen, auf <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Gott Shiva geritten<br />

sein soll. Einer <strong>de</strong>r heiligsten orte für die Hindu. Vor allem aber liegt alles an einem heiligen<br />

Fluss. Es war ziemlich viel Betrieb dort. Viele Menschen haben sich in <strong>de</strong>m Fluss gewaschen,<br />

was bei <strong>de</strong>n Hindus ein Ritual ist. Mich hätten keine zehn Pfer<strong>de</strong> in das Wasser gekriegt, Müll<br />

wird nämlich auch in <strong>de</strong>m Fluss entsorgt. Außer<strong>de</strong>m verbrennen die Hindus ihre Toten dort.<br />

Wir konnten bei zwei Zeremonien zuschauen, was unglaublich beeindruckend war. Die<br />

Toten waren in bunte Tücher gehüllt und lagen am Ufer <strong>de</strong>s Flusses. Alle nahmen Abschied,<br />

in <strong>de</strong>m sie <strong>de</strong>n Toten umkreisten und dabei sangen und/ o<strong>de</strong>r klagten. Das konnte ich nicht so<br />

genau verstehen. Dann wur<strong>de</strong> die Leiche auf einen Holzhaufen gelegt, nochm<strong>als</strong> umrun<strong>de</strong>t<br />

und schließlich wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Haufen entzün<strong>de</strong>t. Dann entfernte sich die Gesellschaft recht<br />

schnell wie<strong>de</strong>r und das Feuer brannte so vor sich hin. Wenn dann alles verbrannt war, das<br />

konnten wir an einem danebenliegen<strong>de</strong>n Verbrennungsplatz sehen, wird die Asche in <strong>de</strong>n<br />

Fluss gekehrt. Das alles war unglaublich faszinierend zu sehen. Man kennt das ja alles<br />

vielleicht aus Filmen o<strong>de</strong>r Büchern, aber wenn man das dann live sieht ist es einfach <strong>de</strong>r<br />

Hammer.


Danach haben wir uns aufgemacht zu einem ca. 1/1/2 km entfernten an<strong>de</strong>ren Ort, an <strong>de</strong>m die<br />

größte buddhistische Stupa Nep<strong>als</strong> steht. Wir haben uns in ein Cafe oberhalb gesetzt und ganz<br />

gemütlich <strong>de</strong>m bunten Treiben unter uns zugeschaut. Viele Mönche aus Tibet sind dort zu<br />

sehen, die immer im Uhrzeigersinn, diesen heiligen Ort umkreisen, von <strong>de</strong>m angenommen<br />

wird, das dort ein Knochenstück von Buddha! liegt. Die Stupas sind eben Orte an <strong>de</strong>nen<br />

'Reliquien' liegen. Danach sind wir dann auf eigene Faust mit <strong>de</strong>m Minibus wie<strong>de</strong>r zurück<br />

gefahren und waren uns <strong>de</strong>mentsprechend die ganze Fahrt über nicht so wirklich sicher, ob<br />

wir da wie<strong>de</strong>r rauskommen wo wir hinwollten. Aber es hat zum Glück alles hervorragend<br />

geklappt. Jetzt wer<strong>de</strong>n wir uns noch ein bisschen ausruhen und dann mal schauen was uns<br />

morgen unser vorerst letzter Tag in Kathmandu so bringt und zu bieten hat. So langsam macht<br />

es auch richtig Spaß einfach durch die Strassen zu laufen, da wir uns ein kleines bisschen<br />

auskennen auch wenn wir uns trotz<strong>de</strong>m ab und zu noch verlaufen. Aber das ist auch kein<br />

Wun<strong>de</strong>r, so verwinkelt wie die Strassen sind. Deswegen wäre es jetzt auch schön hier noch<br />

ein paar Tage zu haben. Wir wer<strong>de</strong>n sehen, vielleicht haben wir ja am Schluss noch ein<br />

bisschen Zeit.<br />

Namaste, wie man hier sagt (hallo und tschüss)!<br />

...und noch EIN MAL aus Kathmandu<br />

heute ist unser letzter Tag in Kathmandu. Morgen in aller Frühe (das heißt hier 7 Uhr morgens<br />

falls jemand <strong>de</strong>n Gedanken gehabt haben sollte, wir stehen mitten in <strong>de</strong>r Nacht auf) geht's auf<br />

nach Amppipal, wo wir ca. die nächsten drei Wochen verbringen wer<strong>de</strong>n. Eigentlich sollte ein<br />

Pick Up uns von Kathmandu abholen, <strong>de</strong>r uns dann die erste Strecke fährt. Wir hätten dann<br />

noch haufenweise Medikamente mit ins Krankenhaus nehmen können. Lei<strong>de</strong>r hat das aber<br />

irgendwie nicht geklappt <strong>de</strong>n zu organisieren und so wer<strong>de</strong>n wir <strong>de</strong>n Bus nehmen müssen.<br />

Das ist für uns zwar wesentlich unbequemer aber kein wirkliches Problem. Nur um die<br />

Medikamente ist es scha<strong>de</strong>. Die wer<strong>de</strong>n dann halt irgendwann an<strong>de</strong>rs hoch geschafft. Was wir<br />

aber mitnehmen ist ein Autoklav (ein Gerät zum sterilisieren von Geräten (ja, ja ihr<br />

Schlaumeier, ich weiß das manche das wissen)), <strong>de</strong>n unser Doc hier irgendwo gekauft hat. Ich<br />

bin gespannt, wie er das machen will :-). Wenn wir dann mit <strong>de</strong>m Bus angekommen sind,<br />

steht vielleicht ein Jeep für uns bereit. Aber auch das steht noch in <strong>de</strong>n Sternen. Wenn nicht<br />

heißt es laufen. Wahrscheinlich wer<strong>de</strong>n wir dann ein paar Träger anheuern, die wenigstens ein<br />

paar Sachen hoch tragen. Das ist hier ja durchaus üblich. Der Fußmarsch beträgt so ca. 4 bis 5<br />

Stun<strong>de</strong>n. Na ja, wir warten ab und wer<strong>de</strong>n sehen was passiert (dies ist ein SEHR wichtiger<br />

Satz in Nepal). Den heutigen Tag wollten wir eigentlich auch relativ früh (siehe oben)<br />

beginnen, aber anscheinend hat uns die Sonne gestern so das Hirn verbrannt, dass wir heute<br />

ein wenig fertig waren. Wie <strong>de</strong>m auch sei haben wir uns so ca. um elf aus <strong>de</strong>m Bette erhoben<br />

um <strong>de</strong>n Tag zu beginnen. Die erste Aktion heute war es Sim Karten für unser Handy zu<br />

besorgen. Das funktioniert hier folgen<strong>de</strong>rmaßen. Man geht zu einem 'shop' an <strong>de</strong>r Strasse, <strong>de</strong>r<br />

so ungefähr die Größe und das Flair eines Marktstan<strong>de</strong>s bei uns hat. In diesem gibt man eine<br />

Kopie seines Passes ein Passbild und 1010 Rupien (ca. 14 Euro) ab. Dann füllt man ein<br />

<strong>Dokument</strong> aus das man unterschreibt und, das ist natürlich ganz logisch, auf <strong>de</strong>m man seine<br />

Fingerabdrücke abgibt. Dann bekommt man eine Sim Karte, die ein Guthaben von 500<br />

Rupien hat aber auch sofort funktioniert. Also eigentlich alles wie in Deutschland :-)<br />

Als wir das dann erledigt hatten und wir uns wie je<strong>de</strong>n Morgen im Cafe Pumpernickel unser<br />

Frühstück rein gezogen hatten, haben wir uns mal wie<strong>de</strong>r Richtung Minibusstation<br />

aufgemacht. Minibus fahren können wir ja inzwischen perfekt. Mit etwas Glück haben wir<br />

sogar gleich <strong>de</strong>n Richtigen gefun<strong>de</strong>n, was nicht unbedingt zu erwarten ist, da an diesem Platz<br />

gefühlte 2000 Minibusse stehen. Mit <strong>de</strong>m Bus ging es dann in eine nahe gelegene Stadt,


Patan. Dies ist eine <strong>de</strong>r früheren drei Hauptstädte von eigenen Königreichen <strong>de</strong>s<br />

Kathmandut<strong>als</strong>.<br />

Die an<strong>de</strong>ren bei<strong>de</strong>n sind Kathmandu und Bakthapur. Ein König dieser drei Königreiche<br />

been<strong>de</strong>te irgendwann die Streitigkeiten zwischen <strong>de</strong>n drei Reichen und einte sie. So hab ich es<br />

zumin<strong>de</strong>st verstan<strong>de</strong>n. Falls irgendwelche Details nicht korrekt sind bitte ich diese zu<br />

entschuldigen und ich wer<strong>de</strong> das richtig stellen wenn ich wie<strong>de</strong>r zu Hause bin.<br />

Man merkt auch nicht wirklich, das man aus Kathmandu heraus fährt, da die Städte alle<br />

zusammen gewachsen sind. In Patan haben wir uns dann erst mal verlaufen. Typisch Touri.<br />

Aus <strong>de</strong>m Bus ausgestiegen haben wir uns auf <strong>de</strong>r Karte im Reiseführer <strong>de</strong>n 'nächsten' Weg<br />

ausgesucht. Wer kann <strong>de</strong>nn auch wissen, das <strong>de</strong>r Bus wo ganz an<strong>de</strong>rs hält <strong>als</strong> wir dachten. Na<br />

ja. Als wir das nach einer halben Stun<strong>de</strong> gemerkt haben, in <strong>de</strong>r wir <strong>de</strong>n Ort, an <strong>de</strong>n wir<br />

wollten natürlich nicht gefun<strong>de</strong>n haben, fan<strong>de</strong>n wir tatsächlich <strong>de</strong>n richtigen Weg. Und<br />

wie<strong>de</strong>r ging es durch engste Gassen die von <strong>de</strong>n buntesten Lä<strong>de</strong>n und Obst und<br />

Gemüsestän<strong>de</strong>n gesäumt waren. Lei<strong>de</strong>r kann ich das alles nur beschreiben. Aber eigentlich<br />

muss man das erleben. Zu <strong>de</strong>n vielen Farben noch die Gerüche, manchmal nach<br />

Räucherstäbchen, manchmal nach gebratenem Fleisch, manchmal nach ... na ja, Fäkalien (das<br />

aber äußerst selten und dann eher am Stadtrand) und dazu <strong>de</strong>r Lärm von Hupen,<br />

Fahrradklingeln und pfeifen<strong>de</strong>n Rikschafahrern. Unglaublich. Unser Ziel heute war <strong>de</strong>r so<br />

genannte Durba Square (königlicher Platz) von Patan. Der Platz bestand wie<strong>de</strong>r aus einer<br />

Reihe Pago<strong>de</strong>n Tempel, <strong>als</strong>o Tempeln, die auf einer Art Pyrami<strong>de</strong> ohne Spitze stehen und mit<br />

mehreren Stufen von Dächern be<strong>de</strong>ckt sind. Auch dort gab es vereinzelt Affen und einen<br />

Haufen Tauben. Wir haben heute aber zugegebenermaßen das Chill-besichtigungsprogramm<br />

gewählt. Wir sind <strong>als</strong>o direkt in das nächste Restaurant mit Dachterrasse am Platz. Haben<br />

eben auf <strong>de</strong>r Terrasse gemütlich was gegessen und alles von oben angeschaut. Alles an<strong>de</strong>re<br />

war uns heute ein wenig zu anstrengend. Es ist eh viel schöner <strong>de</strong>m bunten Treiben auf <strong>de</strong>m<br />

Platz zuzusehen, <strong>als</strong> je<strong>de</strong>s Detail an je<strong>de</strong>m Tempel genau zu studieren. Fan<strong>de</strong>n wir heute<br />

je<strong>de</strong>nfalls :-) Dort blieben wir dann noch bis zum Abend was nicht so lange ist, da wir ja erst<br />

spät loskamen. Zurück sind wir von dort mit <strong>de</strong>m Bus gefahren, wo wir ursprünglich<br />

ankommen wollten. Jetzt wussten wir auch warum wir da f<strong>als</strong>ch waren. Im Reiseführer wird<br />

<strong>de</strong>r Weg vom richtigen Busbahnhof beschrieben und nicht von <strong>de</strong>r Minibushaltestelle. Na ja.<br />

Mit einem Bus <strong>de</strong>r eigentlich fast wie bei uns war, nur ein bisschen kleiner und mit TÜV von<br />

1980, ging's dann wie<strong>de</strong>r zurück nach Kathmandu und zu Fuß ins Internetcafe. Auf <strong>de</strong>m Weg<br />

hatten wir heute viele Bettler am H<strong>als</strong>. Das ist hier lei<strong>de</strong>r relativ häufig. Auch viele Kin<strong>de</strong>r,<br />

die sich teilweise vor einem auf die Strasse werfen und einem die Füße umklammern und<br />

fragen ob man ihnen nicht einen Liter Milch kaufen könnte. Das ist aber eine linke tour. Die<br />

schleppen dich um die Milch zu kaufen zu einem 'Komplizen'. Du <strong>de</strong>nkst dann du hättest eine<br />

gute Tat begangen und so bald du um die nächste Ecke bist, bringen sie die Milch zurück und<br />

kriegen von <strong>de</strong>m La<strong>de</strong>nbesitzer die Hälfte von <strong>de</strong>m Geld wie<strong>de</strong>r. Trotz<strong>de</strong>m tun einem die<br />

Kids natürlich leid und die sind arm, das ist keine Frage. Als ich heute von einem<br />

Erwachsenen angebettelt wur<strong>de</strong> hab ich ihm einfach einen Leib Brot gekauft. Ich <strong>de</strong>nke, das<br />

ist <strong>de</strong>r beste Weg <strong>de</strong>n Leuten zu helfen. Er hat das Brot dann tatsächlich sofort aufgegessen.<br />

Also hier keine linke Tour. Das war schön zu sehen.<br />

Viele <strong>de</strong>r Straßenkids schnüffeln wohl auch Klebstoff. Wir haben uns gestern mit einer Sozial<br />

Arbeiterin aus Frankreich unterhalten, die hier in einem Heim für eben diese Straßenkin<strong>de</strong>r<br />

arbeitet. Sie hat uns gebeten, wenn wir wie<strong>de</strong>r zurück in Kathmandu sind mal dort vorbei zu<br />

kommen, da viel von <strong>de</strong>n Kids untersucht wer<strong>de</strong>n müssen. Natürlich sind wir nur Stu<strong>de</strong>nten<br />

und haben noch nicht viel Erfahrung (Nach Amppipal vielleicht schon), aber ein bisschen was<br />

können wir vielleicht doch tun. Und <strong>de</strong>swegen wer<strong>de</strong>n wir da dann wohl, wenn wir wie<strong>de</strong>r in<br />

Kathmandu sind mal für zwei Stun<strong>de</strong>n vorbeischauen.<br />

So das war's <strong>als</strong>o fürs Erste mit Reiseberichten. Scha<strong>de</strong> eigentlich, <strong>de</strong>nn auch mir macht es<br />

Spaß alles aufzuschreiben, was wir hier so erleben. Aber in drei Wochen, wenn ich dann


zurück bin und das nächste Internetcafe fin<strong>de</strong> setze ich mich erst mal 2 Stun<strong>de</strong>n rein und<br />

schreibe, was ich im Krankenhaus reiseberichttechnisch zu Papier gebracht habe auf und<br />

schick euch das.<br />

Macht's gut bis dahin und bis bald<br />

Namaste, Simon<br />

Back in Civilisation:<br />

Namaste mal wie<strong>de</strong>r aus Nepal,<br />

es ist <strong>als</strong>o tatsächlich wahr. Wir sind wie<strong>de</strong>r zurück in <strong>de</strong>r Zivilisation mit Internet, Telefon<br />

und Strom rund um die Uhr. Wir sind jetzt in Pokhara, von wo aus unsere Trekking Tour<br />

losgeht. Hier toben heute wahre Straßenschlachten, aber keine Angst es gibt mit Sicherheit<br />

keine Toten und Verletzten. Heute ist ein Feiertag und Hor<strong>de</strong>n von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />

laufen durch die Strassen bewaffnet mit Farbpulver und bunten Wasserbomben, mit <strong>de</strong>m sie<br />

alles und je<strong>de</strong>n bewerfen. Kein guter Tag um mit seinem neuen Anzug auf die Strasse zu<br />

gehen. Aber es ist herrlich. So viele Farben und Geschrei. Es ist hier herrlich warm und die<br />

Stadt ist schön an einem See gelegen, natürlich von Bergen umringt. Die Schweizer Alpen<br />

könnten es nicht besser hinkriegen. Lei<strong>de</strong>r hab ich mein Notizbuch im Hotel vergessen, in<br />

<strong>de</strong>m ich alles aufgeschrieben habe und das ich brauche um <strong>de</strong>n nächsten Bericht zu schreiben.<br />

Außer<strong>de</strong>m bin ich auch ziemlich sicher, dass ich <strong>de</strong>n lahmsten Computer in ganz Nepal<br />

erwischt habe. Mehr gibt's <strong>als</strong>o später o<strong>de</strong>r morgen. Bis dann und viele Grüsse!<br />

Simon<br />

die letzten drei Wochen:<br />

...so jetzt noch mal.<br />

die letzten gut drei Wochen haben wir <strong>als</strong>o im Amppipal Hospital im Gorkha Distrikt<br />

verbracht. Wir hatten ja ziemlich entspannte und interessante Tage in Kathmandu, die nun erst<br />

Mal vorbei sein sollten. Angefangen hat unsere große Reise mit <strong>de</strong>r Fahrt zum Krankenhaus.<br />

Um sieben wur<strong>de</strong>n wir an unserem Hotel in Kathmandu mit <strong>de</strong>m Taxi abgeholt und direkt<br />

zum Busbahnhof gefahren. Dort stand <strong>de</strong>r Verwalter <strong>de</strong>s Krankenhauses, <strong>de</strong>r zu dieser Zeit in<br />

Kathmandu war mit unseren Bustickets bereit. Diese kosteten uns ganze 150 Rupien, <strong>als</strong>o<br />

umgerechnet knapp 2 Euro. Dafür kommt man bei uns wohl nicht mal aus Leipzig raus. Und<br />

die Strecke war <strong>de</strong>finitiv nicht nur ein Kurztrip. Der Bus war besser und bequemer <strong>als</strong> wir<br />

befürchtet hatten. Etwas alt aber noch durchaus in Schuss. Und die Reifen hatten min<strong>de</strong>stens<br />

2mm Profil was für hiesige Verhältnisse gut ist. Während <strong>de</strong>r Fahrt saß ein kleines Mädchen<br />

neben mir, das wie selbstverständlich an meinem Arm angelehnt gepennt hat, nach<strong>de</strong>m sie<br />

meinen Arm und meine Jacke so arrangiert hatte, dass sie es gemütlich hatte. Das war schon<br />

nett. Die Fahrt führte uns erstmal über einen Hügel aus <strong>de</strong>m Kathmandutal raus, und immer<br />

weiter auf <strong>de</strong>m Highway entlang, <strong>de</strong>r wirklich gut ausgebaut war. Nicht vierspurig aber<br />

immerhin geteert. Und genutzt wur<strong>de</strong>n sehr wohl vier Spuren obwohl nur zwei da waren. Die<br />

Fahrt dauerte dann ca. 3 o<strong>de</strong>r 4 Stun<strong>de</strong>n. E ging immer bergauf, bergab an vielen Reisfel<strong>de</strong>rn<br />

vorbei. Schön sind die Lastwagen in Nepal. Uralte Schrottkübel aber so bunt wie es nur geht.<br />

Und natürlich mit <strong>de</strong>n lautesten Hupen ausgestattet. Ausgestiegen sind wir in Dumre, wo ein<br />

Jeep auf uns warten sollte. Dreckig, laut. Nicht schön. Wir hofften natürlich, dass ein<br />

komfortabler viersitziger Jeep für uns kommen wür<strong>de</strong> und uns ganz easy ins Krankenhaus<br />

fährt. Na ja. So ähnlich. Der Jeep war schon ein Jeep, aber nicht nur für uns. Vorne saßen drei


Leute, und ich saß hinten mit 10 an<strong>de</strong>ren Leuten, Müttern mit Kin<strong>de</strong>rn und einigen day old<br />

chicken hinten auf <strong>de</strong>r Pritsche. Anfangs war das noch ganz o.k. aber irgendwann hörte <strong>de</strong>r<br />

gute Teil <strong>de</strong>r Strasse auf und <strong>de</strong>r Jeep fuhr nur noch Schritttempo, da die Strasse mehr aus<br />

Schlaglöchern <strong>als</strong> aus Belag bestand. Vor je<strong>de</strong>m Anstieg wur<strong>de</strong> erstmal Schwung geholt und<br />

dann mit Vollgas hoch. Aber es war schon schön so durch die Gegend zu fahren. Irgendwann<br />

kamen wir auf ein Plateau, das früher von <strong>de</strong>r Armee <strong>als</strong> Flugplatz verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Dort<br />

war auch wie<strong>de</strong>r ein Checkpoint, an <strong>de</strong>m alle aussteigen mussten um an <strong>de</strong>n böse schauen<strong>de</strong>n<br />

Soldaten vorbei zu gehen. Langer Re<strong>de</strong> kurzer Sinn. Die Fahrt war lange und anstrengend<br />

aber wir haben's überstan<strong>de</strong>n.<br />

Am Krankenhaus angekommen stiegen wir gemeinsam mit Müttern, Kin<strong>de</strong>rn und Hühnchen<br />

aus, und waren froh unsere geschun<strong>de</strong>nen Knochen mal wie<strong>de</strong>r zu strecken. Empfangen<br />

wur<strong>de</strong>n wir recht herzlich und neugierig. Viele Frem<strong>de</strong> sind hier mit Sicherheit noch nicht<br />

gewesen. Unser Gepäck wur<strong>de</strong> direkt ins Guesthouse gebracht, das viel komfortabler war, <strong>als</strong><br />

wir es uns vorgestellt hätten. Ein zweistöckiges Steinhaus, oben wohnte <strong>de</strong>r nepalische Arzt<br />

unten wir, zusammen mit einem an<strong>de</strong>ren Deutschen <strong>de</strong>r auch gera<strong>de</strong> dort war. Direkt neben<br />

<strong>de</strong>m Eingang war die Küche, durch die man ins Wohnzimmer kam. Von diesem gingen dann<br />

die zwei Zimmer ab, eines für uns. Die Fenster waren alle mit Insektengittern versehen. Aus<br />

gutem Grund, wie wir später noch merken sollten. Eines schönen Abends hatten wir nämlich<br />

eine doch recht unangenehm große Spinne in <strong>de</strong>r Dusche. Die hat gut und gerne einen ganzen<br />

Handteller ausgefüllt. Das ist nur geschätzt. Ausprobieren wollte das nämlich keiner von uns.<br />

Nach einer gut eineinhalb stündigen Jagd mit Hilfe von Wasser und einem Besen konnten wir<br />

sie dazu bewegen unsere Dusche auf <strong>de</strong>m Weg wie<strong>de</strong>r zu verlassen auf <strong>de</strong>m sie wohl auch<br />

rein gekommen war. Nämlich entlang <strong>de</strong>r Wasserleitung, die durch ein ziemlich großes Loch<br />

von außen ins Haus führte. Dieses haben wir dann mit Klopapier zugestopft um uns weitere<br />

solche Besucher vom Leibe zu halten. Was zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig war,<br />

waren die "sanitären Anlagen". Die Dusche war ein Wasserhahn, <strong>de</strong>r eben ein bisschen höher<br />

hing. So ungefähr auf H<strong>als</strong>höhe. Ein Hahn be<strong>de</strong>utet eine Sorte Wasser. Kaltes!!! Nur wenn<br />

die Sonne lange genug auf die Leitungen schien war es lauwarm. Der Abfluss war auch sehr<br />

originell. Ein kleines Loch, wie ein Mauseloch führte in <strong>de</strong>n Raum nebenan >> das Klo. Das<br />

Wasser lief <strong>als</strong>o durch dieses nach nebenan um dann in <strong>de</strong>r Toilette abzufließen. Die Toilette<br />

war so eine wie sie je<strong>de</strong>r kennt, <strong>de</strong>r schon mal in Frankreich auf <strong>de</strong>r Autobahn ein Klo benutzt<br />

hat. Also Benutzung in "Skispringer-am-Startpunkt" Haltung. Und natürlich keine Spülung.<br />

Aber auch das war gut gelöst. Unter <strong>de</strong>m Waschbecken befand sich nicht wie bei uns üblich<br />

ein Abflussrohr son<strong>de</strong>rn ein Eimer. Das heißt je<strong>de</strong>s Mal beim Hän<strong>de</strong> waschen lief das Wasser<br />

in diesen Eimer und man konnte dieses Wasser dann zum spülen benutzen. Sehr effizient. Vor<br />

unserem Haus war ein kleiner von einer Mauer umgebener Garten und alles lag etwas<br />

oberhalb <strong>de</strong>s Krankenhauses. Im Garten stand tatsächlich auch ein Kaffeebaum. Und es war<br />

immer alles sauber, da Maili didi unsere Wohnung in Schuss gehalten hat. Didi hieß je<strong>de</strong> Frau<br />

die älter war <strong>als</strong> man selber. Schwestern im Krankenhaus, Die "Haushälterinnen", eigentlich<br />

alle. Maili hat nicht nur geputzt son<strong>de</strong>rn auch für <strong>de</strong>n Arzt, <strong>de</strong>r über uns wohnte gekocht. Und<br />

eben auch ab und zu für uns. Unser Haus war <strong>de</strong>r Lower Palace über uns das Stockwerk war<br />

<strong>de</strong>r so genannte Upperpalace und gegessen haben wir immer im Royal Palace. Dies war das<br />

Haus in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Arzt wohnte. Morgens, mittags und abends gingen wir über einen<br />

Steinweg und einige Treppen zu ihm hoch um mit ihm zusammen morgens und<br />

abends frisches, selbstgebackenes Brot und mittags Dal Bhat zu essen. Dal Bhat ist das<br />

lan<strong>de</strong>stypische Essen. Ein Riesen Berg Reis mit Linsen und Gemüse. Und all you can eat.<br />

Sehr lecker. Obwohl wir das je<strong>de</strong>n Tag gegessen haben hing es uns nie zum H<strong>als</strong> raus. Dr.<br />

Starke wohnte dort oben mit seiner Katze Maxi, und hatte benei<strong>de</strong>nswerterweise <strong>de</strong>n<br />

schönsten Blick von allen. Von dort oben konnte man das ganze Tal überblicken. Das<br />

Krankenhaus liegt oberhalb dieses Tales, auf einer Terrasse und ist links und rechts von


Hügeln gesäumt. Direkt links vom Krankenhaus erhob sich <strong>de</strong>r Liklikut. Der höchste Hügel in<br />

<strong>de</strong>r Umgebung (ca. 1400m hoch). Das Krankenhaus liegt auf ca. 1100 Metern. An einem<br />

Wochenen<strong>de</strong> sind wir dort hoch und uns wur<strong>de</strong> erzählt, dass früher die Königskandidaten dort<br />

hoch ein Wettrennen veranstalteten. Wer am schnellsten oben war wur<strong>de</strong> König. Wir wären<br />

sicher nicht König gewor<strong>de</strong>n. Von oben hatte man aber einen tollen Blick. An klaren Tagen<br />

sah man dann vom Royal Palace aus schneebe<strong>de</strong>ckte Berge, einige von <strong>de</strong>nen über 8000m<br />

hoch. Dieser Blick war einfach phänomenal. Die Berge waren wie zum Greifen nahe und<br />

wenn abends die Sonne unterging wur<strong>de</strong> alles schwarz nur die Bergspitzen blieben noch eine<br />

ganze Weile Sonnenbeschienen, <strong>als</strong> ob die Sonne ihnen nicht gewachsen wäre. Das konnte<br />

man aber nur bestaunen wenn die Luft klar war. Und das war meistens dann <strong>de</strong>r Fall, wenn es<br />

geregnet hatte. Das war vor allem die letzten paar Tage <strong>de</strong>r Fall. Ansonsten war immer<br />

schönes Wetter und wir haben so manchen Sonnenuntergang genossen.<br />

Der "Ort" <strong>als</strong> solcher bestand aus ca. 6 Häusern, so genannten shops. Das waren Holzhäuser<br />

in <strong>de</strong>nen unten immer ein La<strong>de</strong>n war in <strong>de</strong>m man einkaufen konnte und oben die Schlafräume<br />

<strong>de</strong>r Besitzer. Dieser obere Stock war immer ein bisschen länger <strong>als</strong> unten, so das vor <strong>de</strong>m<br />

Shop eine kleine überdachte Terrasse entstand. Dort saßen wir nach <strong>de</strong>r Arbeit oft und haben<br />

uns <strong>de</strong>n ein o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Lokahl gegönnt, so was wie das dortige Bier.<br />

Ja, wir haben dort auch gearbeitet. Und zwar je<strong>de</strong>n Tag. Samstags war frei. Trotz<strong>de</strong>m war<br />

morgens um halb neun Visite. Sonntags fing dann die normale Woche wie<strong>de</strong>r an. Das<br />

Krankenhaus bestand aus einer großen Station, einem Kin<strong>de</strong>rzimmer, und noch einem<br />

Männer- und einem Frauenzimmer, die aber nur benutzt wur<strong>de</strong>n, wenn viele Patienten da<br />

waren. Die Station war einfach ein großer Raum, überdacht von einem Schrägdach. Etwas<br />

suboptimal war, dass die Sterilisation direkt oberhalb <strong>de</strong>r Station gemacht wur<strong>de</strong>. Geheizt<br />

wur<strong>de</strong> dort mit Feuer, was dazu führte, dass immer wenn sterilisiert wur<strong>de</strong> Rauch in <strong>de</strong>r<br />

Station war. Optimal vor allem für die Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis, die<br />

dort sehr häufig sind. Außer<strong>de</strong>m gab es noch zwei Ambulanzzimmer für die Ärzte plus einige<br />

für die so genannten CMA (Community Medical Assistants, glaube ich), die die Patienten<br />

immer zuerst untersuchten und nur die schwierigen Fälle zu <strong>de</strong>n Ärzten schickten. Und dann<br />

war da noch <strong>de</strong>r OP. Unglaublich was dort alles ging. Der OP war gut ausgestattet, mit einem<br />

OP Tisch <strong>de</strong>r zwar nicht elektrisch bedient wer<strong>de</strong>n konnte, aber doch zumin<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>r Höhe<br />

verstellbar war und auch Kopf und Fußteil waren in <strong>de</strong>r Höhe variabel. Eine OP Leuchte wie<br />

bei uns und Instrumentarium für alle möglichen OPs. Dort wur<strong>de</strong> alles operiert außer am<br />

offenen Herzen und am Schä<strong>de</strong>l. Neben unfallchirurgischen Operationen war auch die ein<br />

o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Hysterektomie zu machen und auch Leistenbrüche waren kein Problem. Während<br />

einer OP ist zwar <strong>de</strong>r Strom ausgefallen, was unangenehm war <strong>de</strong>nn unser Chef bohrte gera<strong>de</strong><br />

in einen Oberschenkelknochen, aber nach zwei Minuten war <strong>de</strong>r Generator angesprungen, so<br />

dass es weitergehen konnte. (Der Strom aus <strong>de</strong>r Leitung wur<strong>de</strong> je<strong>de</strong>n Tag irgendwann von<br />

<strong>de</strong>m Unternehmen abgestellt. Nur wann wusste man lei<strong>de</strong>r nicht so genau). Es war sehr<br />

beeindruckend zu sehen, was dort mit <strong>de</strong>n relativ einfachen Mitteln alles möglich war. Unsere<br />

Aufgabe bestand darin in <strong>de</strong>r Ambulanz die Leute mit zu untersuchen, Verbandwechsel zu<br />

machen und bei <strong>de</strong>r ein o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren OP zu assistieren. Auch bei einer Geburt waren wir<br />

dabei, bei <strong>de</strong>r wir dann zum Beispiel die Nabelschnur durchtrennen und <strong>de</strong>n Dammriss<br />

zunähen konnten. Im OP arbeitete ein Mann, <strong>de</strong>r kein Arzt war, aber seit 21 Jahren in diesem<br />

Krankenhaus arbeitet und wahrscheinlich besser operiert <strong>als</strong> die meisten bei uns. Allgemein<br />

waren einige <strong>de</strong>s Person<strong>als</strong> sehr gut ausgebil<strong>de</strong>t und auch immer freundlich zu uns. Außer<strong>de</strong>m<br />

sehr geduldig, was das ein o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Mal sehr hilfreich für uns war, wenn wir was nicht<br />

gleich hingekriegt haben. Abends waren wir dann zum Beispiel ab und zu bei <strong>de</strong>n<br />

Angestellten zum Essen eingela<strong>de</strong>n, einmal sogar zu einer Hochzeit. Und zwei Mal haben wir


abends am Feuer in unserem Garten gegrillt. Das Hühnchen dafür musste erst geschlachtet<br />

wer<strong>de</strong>n, war dann aber extrem lecker.<br />

Das war so im Schnelldurchgang alles was ich jetzt erzählen kann und ich habe bestimmt die<br />

Hälfte vergessen. Aber wenn ich wie<strong>de</strong>r in Deutschland bin kann ich ja auch noch ein<br />

bisschen was erzählen, wenn es jeman<strong>de</strong>n interessiert. Gestern mussten wir dann von dort<br />

aufbrechen. Eigentlich! wollten wir ja heute fahren, aber wir haben in <strong>de</strong>n Nachrichten gehört,<br />

dass ein Streik beginnen soll. Das hätte be<strong>de</strong>utet, dass heute kein öffentliches Verkehrsmittel<br />

unterwegs gewesen wäre. Sicherheitshalber sind wir <strong>als</strong>o schon gestern los. Da es die Tage<br />

zuvor geregnet hatte mussten wir laufen, da die Strasse für <strong>de</strong>n Jeep nicht passierbar war. Gott<br />

sei Dank hat uns ein Guard vom Krankenhaus das erste Stück begleitet. Alleine hätten wir <strong>de</strong>n<br />

Weg <strong>de</strong>n Berg runter, teilweise durch <strong>de</strong>n Wald, dann wie<strong>de</strong>r durch Dörfer (so muss es auch<br />

immer Mittelalter schon dort ausgesehen haben) und über unendlich viele Reisterassen sicher<br />

nicht gefun<strong>de</strong>n. Am ersten größeren Ort hat unser Führer uns dann alleine gelassen, weil wir<br />

jetzt nur noch <strong>de</strong>r großen Straße folgen mussten. Nach ungefähr 4 h hatten wir unseren Zielort<br />

erreicht. Dort führte uns eine Hängebrücke in <strong>de</strong>n eigentlichen Ort. Und endlich sahen wir<br />

einen Jeep <strong>de</strong>r uns mit nach Dumre nahm, von wo aus <strong>de</strong>r Bus nach Pokhara startete. Jeep und<br />

Busfahrt waren herrlich. Nepal ist mit Sicherheit eines <strong>de</strong>r schönsten Län<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Welt. Am<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Busfahrt zogen dann dunkle Wolken auf, was uns etwas beunruhigte, <strong>de</strong>nn unsere<br />

Rucksäcke lagen auf <strong>de</strong>m Dach. Auch ein Busbegleiter hatte das gemerkt. Also stieg er<br />

während <strong>de</strong>r Fahrt auf das Dach und gab uns die Rucksäcke durch`s Fenster rein. Das so was<br />

physikalisch möglich ist wusste ich bisher nicht, aber es ging. In Pokhara kamen wir dann<br />

eben im Regen an und das hat nicht gera<strong>de</strong> unsere Stimmung verbessert. Viele Taxifahrer<br />

haben sich auf uns gestürzt und einer hat uns ins Zentrum gefahren. Erstmal hab ich mir eine<br />

Pizza gegönnt. Nach 3 Wochen Linsen mit Reis, so lecker das auch war hab ich mal wie<strong>de</strong>r<br />

was europäisches gebraucht. Ein schönes Hotel haben wir auch gefun<strong>de</strong>n, für ganze 400<br />

Rupien pro Nacht, <strong>als</strong>o ganze 2,50 Euro für je<strong>de</strong>n. Und heute morgen wur<strong>de</strong>n wir dann für die<br />

ganze Strapazen belohnt. Wir hatten zwar or<strong>de</strong>ntlich Muskelkater aber dafür war <strong>de</strong>r Himmel<br />

klar, die Schneeberge ragten über uns auf und Frühstück haben wir uns in einem Cafe direkt<br />

am See gegönnt.<br />

Wie vorher schon gesagt ist heute Holiday (nicht Holyday, mein Fehler). Holi heißt bunt. Und<br />

die Leute hier machen diesem Namen alle Ehre. Ich hab mir vorhin ca. 2 kg rote, grüne, lila<br />

und was weiß ich noch alles Farbe aus <strong>de</strong>m Gesicht gewaschen. Außer<strong>de</strong>m spritzen alle Leute<br />

mit Wasser um sich. Das Wasser wird hier so verschwen<strong>de</strong>t weil jetzt die Monsoonzeit<br />

anfängt und dann Wasser im Überfluss da sein soll. Und die Farbe ist wahrscheinlich vor<br />

allem zum Vergnügen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r. Außer<strong>de</strong>m wird einem Dämon gehuldigt, <strong>de</strong>r irgendwo in<br />

Kathmandu leben soll und <strong>de</strong>r unartige Kin<strong>de</strong>r frisst. O<strong>de</strong>r so ähnlich. Ein Mann hat uns auch<br />

erzählt, dass einer <strong>de</strong>r zahlreichen Götter (wahrscheinlich Shiva) diesen Dämon heute vor<br />

langer Zeit besiegt haben soll. Außer<strong>de</strong>m haben wir uns ein Flugticket geholt vom Endpunkt<br />

unseres Trecks wie<strong>de</strong>r hierher. Auch haben wir einen Flug von hierher nach Kathmandu<br />

reserviert. Zur Zeit soll das Kathmandu Tal wohl von <strong>de</strong>n Maoisten blockiert sein, so dass auf<br />

<strong>de</strong>m Landweg niemand in die Stadt kommt. Keiner weiß wie lange. In <strong>de</strong>r Zeitung stand drei<br />

Wochen. Als das das letzte Mal so war, war alles nach einer Woche vorbei. Wir wer<strong>de</strong>n<br />

sehen. Die Probleme in diesem Land sind <strong>als</strong>o weiterhin da und man kann nur hoffen, dass<br />

das besser wird. Denn es ist wirklich ein fantastisches Land mit unglaublich freundlichen<br />

Leuten, die mit diesen ganzen politischen Scherereien nichts am Hut haben und natürlich<br />

darunter lei<strong>de</strong>n. Uns hat bis jetzt noch niemand behelligt und sicher wird es auch so bleiben.<br />

Wir haben hier auf je<strong>de</strong>n Fall einen Reiseagenturbesitzer gefun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r uns sehr geholfen hat<br />

und <strong>de</strong>r es uns auch möglich machen wird irgendwie nach Kathmandu zu kommen, wenn es<br />

da irgendwelche Probleme geben sollte. Jetzt regnet es wie<strong>de</strong>r so wie abends wohl immer,


was soll's. Wir wer<strong>de</strong>n <strong>als</strong>o <strong>de</strong>finitiv in ca. zwei Wochen zurück in Deutschland sein. Da freu<br />

ich mich natürlich schon drauf auch wenn ich sehr von diesem Land begeistert bin und sicher<br />

nicht das letzte Mal hier war.<br />

beri bedaula (bis bald)<br />

Namaste,<br />

Simon<br />

kurze Mail vorm Trekking:<br />

So, heute gibt's nur ne kurze Mail. Versprochen. Die nächsten zehn Tage wer<strong>de</strong>n wir<br />

unterwegs sein. Mehr o<strong>de</strong>r weniger in <strong>de</strong>r nicht so zivilisierten Welt in <strong>de</strong>n Bergen und da<br />

werd ich sicher keine Möglichkeit haben zu schreiben. Lei<strong>de</strong>r hat heute <strong>de</strong>r Streik<br />

angefangen. Das heißt es fahren keine Taxis und Busse. Das ist für uns blöd, da <strong>de</strong>r<br />

Ausgangspunkt unseres Trecks ein ganzes Stück weg ist. Wir haben es aber geschafft ein<br />

privat Auto zu organisieren, das uns zu einem total überteuerten Preis (ca. 20 Euro) die<br />

an<strong>de</strong>rthalb Stun<strong>de</strong>n da hin fährt. Immerhin können wir so starten.<br />

Heute haben wir einen kleinen Spaziergang am See entlang gemacht. Und da wir einfach zu<br />

faul waren zurück zu laufen, haben wir uns ein Boot genommen. Ein Holzru<strong>de</strong>rboot mit<br />

einem Mann <strong>de</strong>r gepad<strong>de</strong>lt hat und uns für ca. 3 Euro wie<strong>de</strong>r dort hingebracht hat, wo wir<br />

losgelaufen sind. Das war sehr angenehm. Den Tag haben wir ansonsten vor allem mit chillen<br />

und vorbereiten für <strong>de</strong>n Treck verbracht. Jetzt wer<strong>de</strong>n wir uns noch mal ein schönes Steak<br />

gönnen, bevor wir morgen um halb sieben starten. Also macht's alle gut und bis bald.<br />

Simon<br />

Zurück aus <strong>de</strong>m Himalaja:<br />

Namaste mal wie<strong>de</strong>r aus Pokhara,<br />

ich hoffe ihr habt inzwischen Zeit und Lust gefun<strong>de</strong>n die letzte Mail zu lesen und seid bereit<br />

für einen neuen Bericht aus diesem fantastischen Land.<br />

o. k., das "Betreff" klingt ein bisschen übertrieben, dass gebe ich zu, aber ich wür<strong>de</strong> sagen, die<br />

letzten zehn Tage konnten wir uns ab und zu ein bisschen fühlen wie Reinhold Messner<br />

seiner Zeit. Heute morgen sind wir <strong>als</strong>o wie<strong>de</strong>r gut in Pokhara gelan<strong>de</strong>t (im wahrsten Sinne<br />

<strong>de</strong>s Wortes, da wir zurück geflogen sind. Aber dazu später). Ich fang einfach mal wie<strong>de</strong>r von<br />

vorne an.<br />

Unser Treck begann Donnerstag vor einer Woche früh morgens damit, dass wir mit einem<br />

Privatauto, wie gesagt völlig überteuert, gestartet sind. Mit <strong>de</strong>m Auto ging es aus Pokhara<br />

raus durch die nahe gelegenen Hügel und immer wie<strong>de</strong>r Zwischenstops um zu fragen, wie<br />

weit man fahren kann >> bis in <strong>de</strong>n Ort in <strong>de</strong>n wir eigentlich wollten, Naya Pul, hat sich <strong>de</strong>r<br />

Fahrer dann lei<strong>de</strong>r nicht getraut. Dafür hat er uns einen Ort früher in Lumle raus gelassen und<br />

uns wenigstens noch <strong>de</strong>n Weg beschrieben auf <strong>de</strong>m unser Treck beginnen sollte. Es ging erst<br />

mal über mit großen Steinplatten gepflasterten Wegen durch die Hügel in <strong>de</strong>r Nähe von<br />

Pokhara. Der erste Ort, <strong>de</strong>n wir erreichen wollten hieß Birethanti. Nach zwei Stun<strong>de</strong>n und 500<br />

Höhenmetern runter hatten wir dieses erreicht und mussten uns erst mal erfrischen. Auch die


letzten Postkarten konnten wir hier tatsächlich loswer<strong>de</strong>n. Ob diese auch ankommen ist eine<br />

an<strong>de</strong>re Frage. Der Briefkasten sah bei weitem nicht so vertrauenswürdig aus, wie die guten<br />

alten gelben bei uns. Noch Birethanti fing <strong>de</strong>r Weg dann auch schon an nach oben zu führen.<br />

Durch ein tiefes Tal ging es weiter immer stetig bergauf. Aber noch nicht beson<strong>de</strong>rs steil.<br />

Nach ca. einer Stun<strong>de</strong> erreichten wir eine Stelle von <strong>de</strong>r aus wir einen Wasserfall sehen<br />

konnten. Kurzer Hand entschlossen wir uns dort kurz Rast zu machen und haben uns erstmal<br />

auf <strong>de</strong>n Steinen am Fluss die Sonne auf <strong>de</strong>n Bauch scheinen lassen. Das war auch kein Fehler,<br />

wie sich noch rausstellen sollte, <strong>de</strong>n unser erster Tag sollte noch die ein o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Strapaze<br />

für uns bereit halten. Nach unserer kurzen Rast taperten wir weiter <strong>de</strong>n Weg entlang, durch<br />

Wäl<strong>de</strong>r mit schönen Rodho<strong>de</strong>ndronbäumen (nicht Büsche wie bei uns) und natürlich durch<br />

Reisfel<strong>de</strong>r. Über uns ragte immer die Spitze <strong>de</strong>s Machapuchare (Matschaputschari) auf, ein<br />

knapp 7000m hoher Berg, <strong>de</strong>r besser bekannt ist <strong>als</strong> Fishtail, da seine bei<strong>de</strong>n Gipfel eben wie<br />

eine Fischflosse aussehen. Nach ca. 5 Stun<strong>de</strong>n hatten wir einen Ort namens Hille erreicht.<br />

Dort war laut Loneley Planet die erste Übernachtung geplant. Da wir eigentlich noch ganz gut<br />

beieinan<strong>de</strong>r waren, entschlossen wir uns in <strong>de</strong>n nächsten, 400m höheren Ort zu laufen. Das<br />

war vielleicht nicht die beste I<strong>de</strong>e, aber <strong>de</strong>r Ehrgeiz hatte uns gepackt. Hille lag auf ungefähr<br />

1500 Höhenmetern, <strong>als</strong>o ca. 500m höher <strong>als</strong> Birethanti. Ulleri <strong>als</strong>o auf 1900m. Erst ging es<br />

über eine Hängebrücke über <strong>de</strong>n Fluss und danach begann <strong>de</strong>r steile Aufstieg. Der Aufstieg an<br />

sich war schon anstrengend genug, aber dann fing es auch noch an zu regnen. Die Steinstufen<br />

auf <strong>de</strong>nen es hoch ging wur<strong>de</strong>n immer glitschiger und <strong>de</strong>r Regen immer stärker. Nach ca. 1<br />

Stun<strong>de</strong> Quälerei hatten wir erst mal die Schnauze voll und stellten uns in einem kleinen<br />

teashop unter. Das war durchaus eine gute I<strong>de</strong>e, <strong>de</strong>nn ganz kurz danach fing es richtig an zu<br />

regnen und zu gewittern. Es schüttete <strong>de</strong>rmaßen, dass <strong>de</strong>r Weg sich in kurzer Zeit in einen<br />

Bergbach verwan<strong>de</strong>lte. Das Gewitter dauerte zum Glück nur ein paar Minuten, so dass wir<br />

bald weiter konnten. Das gleiche passierte dann ca. eine Stun<strong>de</strong> später wie<strong>de</strong>r und so waren<br />

wir echt froh endlich Ulleri zu erreichen, wo wir in einer schönen Lodge unterkamen. Das<br />

beste daran war <strong>de</strong>r Ofen im Essraum über <strong>de</strong>m wir unsere Klamotten, die vor allem von<br />

innen nass gewor<strong>de</strong>n waren aufhängen konnten. Außer<strong>de</strong>m trafen wir dort ein Gruppe netter<br />

Britten aus London, BBC Journalisten, mit <strong>de</strong>nen wir noch <strong>de</strong>n ein o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Lokhal Wein<br />

(Rakhsi, sprich Roksi) tranken. Die Nacht war kalt, wur<strong>de</strong> aber zum Glück klar. Belohnt<br />

wur<strong>de</strong>n wir mit einem klaren morgendlichen Himmel und einem schönen Blick auf die<br />

schneebe<strong>de</strong>ckten Gipfel <strong>de</strong>r Annapurna South (7219m) und <strong>de</strong>s Hiunchuli (6440m).<br />

Am zweiten Tag führte <strong>de</strong>r Weg weiter hoch, hoch, hoch. Im Loneley Planet stand zwar steil,<br />

aber so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Wie viel 12 kg Rucksackgewicht zusätzlich zu <strong>de</strong>n<br />

zu vielen Kilos Körpergewicht doch ausmachen können! Na ja. Weiter ging es auf <strong>de</strong>m<br />

schönen Weg jetzt vor allem durch eine Art Urwald hoch nach Ghorepani auf 2750m. Was<br />

etwas befremdlich war, waren die vielen Slogans, die an Häuserwän<strong>de</strong> gemalt waren. Dinge<br />

wie "Long live Mao" und Ähnliches. In Ghorepani trafen wir wie<strong>de</strong>r die Britten und checkten<br />

spontan mit <strong>de</strong>nen in die gleiche Lodge ein, da wir sowieso keine Ahnung hatten wo sonst.<br />

Das war auch eine gute Entscheidung, <strong>de</strong>nn wir machten heute tatsächlich Begegnung mit <strong>de</strong>n<br />

Maoisten. Wir hatten uns natürlich vorgestellt, das eine Meute uniformierter, bewaffneter<br />

Jungs uns anhält und die Kohle von uns abkassiert. So war das aber ganz und gar nicht.<br />

Abends saßen wie<strong>de</strong>r alle um <strong>de</strong>n Ofen und wärmten sich. In <strong>de</strong>r Run<strong>de</strong> saßen zwei junge<br />

Männer, eher Teenager, die sich mit <strong>de</strong>n Nepali unterhielten. Plötzlich fing dann einer an<br />

einen zerknitterten Block aus seiner Tasche zu kramen und die Gui<strong>de</strong>s meinten, dass jetzt die<br />

1200 Rs bezahlt wer<strong>de</strong>n müssten. Man kann sich vorstellen, das die Verwun<strong>de</strong>rung bei <strong>de</strong>n<br />

meisten groß war. Aber es zahlte je<strong>de</strong>r und so verlief alles friedlich. Unsere spezielles Glück<br />

war, dass wir, am Abend zuvor mit <strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>rn darüber gere<strong>de</strong>t hatten, dass wir in <strong>de</strong>m<br />

Krankenhaus waren. Deren Gui<strong>de</strong> hatte das natürlich mitgekriegt. Und bevor die Maoisten<br />

überhaupt von uns Geld wollten fing er an, ihnen zu erklären, dass wir in einem nepalischen


Krankenhaus gearbeitet hatten und freiwillig da sind um <strong>de</strong>n Leuten zu helfen und so weiter.<br />

Langer Re<strong>de</strong> kurzer Sinn: Wir zeigten ihnen unser Famulaturzeugnis und die Jungs meinten,<br />

wir seien in ihrem Land willkommen bla, bla. Sehr höflich und auch ein bisschen aufgeregt in<br />

gebrochenem Englisch. Wir mussten auf je<strong>de</strong>n Fall nicht zahlen. Top. Einigermassen früh,<br />

wenn auch wie<strong>de</strong>r nach ein paar Rakhsis ging's ab in die Heia <strong>de</strong>nn wir hatten einen langen<br />

Tag vor uns. Die Nacht war allerdings a. kalt, <strong>de</strong>nn diese Loge war mehr ein zugiger<br />

Holzverschlag <strong>als</strong> ein Nobelhotel.<br />

Um halb fünf war's Zeit aufzustehen. Heute wollten wir auf <strong>de</strong>n Poonhill außerhalb von<br />

Ghorepani. Um 5 taperten wir mit noch halb geschlossenen Augen los. Hoch, hoch, hoch mal<br />

! wie<strong>de</strong>r. Um die Uhrzeit noch anstrengen<strong>de</strong>r. Außer<strong>de</strong>m war's kalt und dann fing auch noch<br />

<strong>de</strong>r Schnee auf <strong>de</strong>m Weg an. Na ja. Der Weg auf 3200m hatte sich gelohnt. Um ca. 6.15<br />

ging die Sonne auf und das Panorama dort oben ist nur schwer zu beschreiben. Ganz links von<br />

einem ragte <strong>de</strong>r Dauhlagiri (8150m) auf. Umgeben von zwei 7000m hohen Gipfeln. Weiter<br />

rechts wie<strong>de</strong>r Annapurna South, Hiunjuli und Machapuchare, alle über 6000 bzw. 7000m<br />

hoch. Und es waren noch weitere hohe Gipfel zu sehen, <strong>de</strong>ren Namen ich nicht mehr weiß.<br />

Und das alles beschienen von <strong>de</strong>r aufgehen<strong>de</strong>n Sonne. Das ist nur schwer zu toppen. Danach<br />

ging's runter zum Frühstück und dann immer noch recht früh los zur nächsten Etappe runter<br />

nach Tatopani auf 1000 und ein bisschen was Metern. Wir hatten uns auf einen easy Tag<br />

eingestellt, da es ja nur runter ging aber irgendwie wur<strong>de</strong> es trotz<strong>de</strong>m ganz schön lang. Nach<br />

ca. 7 Stun<strong>de</strong>n erreichten wir Tatopani, das in einem engen Seitental lag in das wir nun<br />

einbogen. Wir konnten es erst sehr spät sehen und dachten schon, wir hätten uns verlaufen.<br />

Dort angekommen mussten wir uns natürlich erst mal erholen. Was für ein Glück, dass es dort<br />

heiße Quellen gab. Da lagen wir dann drin wie zwei träge Yaks, die Berge <strong>de</strong>s Himalaja um<br />

uns herum und <strong>de</strong>r Sternenhimmel über uns. Wirklich a place to be.<br />

Die nächsten vier Tage waren etwas entspannter. Wir hatten am nächsten Tag noch einen<br />

Anstieg auf 2010m und dann ging's recht eben kontinuierlich auf 2800m. Die Landschaft<br />

verän<strong>de</strong>rte sich jetzt langsam. Von <strong>de</strong>n bewal<strong>de</strong>ten "Hügeln" wur<strong>de</strong> unsere Umgebung rauer<br />

und felsiger. Die Täler wur<strong>de</strong>n breiter. Am vierten Tag sahen wir dann auch die Annapurna I,<br />

8050m hoch, <strong>de</strong>r erste 8000er, <strong>de</strong>r je bestiegen wur<strong>de</strong> (glaube ich). Später wur<strong>de</strong> dann <strong>de</strong>r<br />

Dauhlagiri unser ständiger Begleiter. Ca. 8150m hoch trohnte er über uns links <strong>de</strong>s Weges. In<br />

einem Ort in <strong>de</strong>m wir Pause machten waren wir ihm so nahe, dass man fast meinen konnte<br />

man wäre im Base Camp. Aber über 5000m waren dann doch noch zwischen uns und <strong>de</strong>m<br />

Gipfel. Wir entschlossen uns <strong>als</strong>o spontan doch keinen kurzen Abstecher auf <strong>de</strong>n Gipfel zu<br />

machen. Auch die Pflanzen wur<strong>de</strong>n spärlicher und die Landschaft glich mehr und mehr einer<br />

Steinwüste. Der Fluss floss irgendwo in einem wahnsinnig breiten Tal und wir konnten ihn<br />

nur selten sehen. Dafür blies <strong>de</strong>r Wind jetzt ständig. Zum Glück kam er von hinten. Aber<br />

wenn wir Pause machten war es doch unangenehm, wenn er unsere verschwitzten T-Shirts<br />

auskühlte. Ein Stopp machten wir noch in Marpha am fünften o<strong>de</strong>r sechsten Tag. Der Ort<br />

befand sich mitten in <strong>de</strong>m breiten Kali Gandaki Tal, durch das wir jetzt die ganze Zeit liefen.<br />

Geprägt ist <strong>de</strong>r Ort von <strong>de</strong>n vielen Tibetern, die dort ihre Souvenir Shops haben und auch die<br />

Lodges leiten. Außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n dort Äpfel angebaut und aus diesen wird ein Apfelbrandy<br />

<strong>de</strong>stilliert. Der in Nepal berühmte Marpha Mustang Apple Brandy. Am siebten Tag erreichten<br />

wir Kagbeni auf 2800m. Der vorletzte Ort unseres Trecks. Und <strong>de</strong>r Ort, an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Weg nach<br />

Nor<strong>de</strong>n nach Lo Manthang, die Hauptstadt <strong>de</strong>s Königreichs Mustang abzweigt. Hier erholten<br />

wir uns noch mal für <strong>de</strong>n am nächsten Tag folgen<strong>de</strong>n letzten Aufstieg.<br />

Wir starteten heute relativ früh, da wir uns auf einen harten Tag eingestellt hatten. Wir hatten<br />

1000 Höhenmeter vor uns, von 2800m auf 3800m nach Muktinath. Auf <strong>de</strong>m Weg fragten wir<br />

uns ab und zu ob wir uns nicht verlaufen hatten und irgendwie in die Nähe <strong>de</strong>s Grand Canyon


gekommen waren, <strong>de</strong>nn so sah es hier jetzt aus. Nur noch Steine und Felsen und über uns <strong>de</strong>r<br />

Weg. Nach ca. 3 Stun<strong>de</strong>n gegen 13 Uhr hatten wir Muktinath dann schon erreicht. Das hatten<br />

wir uns länger vorgestellt, auch wenn es sehr anstrengend war. Da wir so früh schon da<br />

waren, und bereits in die Loge eingecheckt hatten, beschlossen wir noch ein Stück weiter zu<br />

gehen. Richtung Thorung La Pass auf 5400m. Das wir nicht bis oben kommen konnten war<br />

uns klar, aber wir hatten gehört, dass auf 4200m ein kleiner teashop ist. Den wollten wir<br />

anpeilen. Was sind schon 400 Höhenmeter? dachten wir. Aber auf <strong>de</strong>m Weg bekamen wir<br />

<strong>de</strong>utlich zu spüren, dass die Luft in diesen Höhen durchaus dünner wird. Je<strong>de</strong>r Schritt wur<strong>de</strong><br />

irgendwann verdammt anstrengend und die Sonne knallte vom Himmel wie nichts Gutes.<br />

Trotz<strong>de</strong>m erreichten wir <strong>de</strong>n teashop. Und jetzt konnten wir sagen, dass wir wenigstens auf<br />

über 4000m waren. Und <strong>de</strong>r Pass ist <strong>de</strong>finitiv das nächste Ziel. Allerdings sollte man <strong>de</strong>n von<br />

<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite angehen, da <strong>de</strong>r Weg dann nicht ganz so steil ist. Das ist einer <strong>de</strong>r<br />

populärsten Trecks in Nepal. Der Annapurna Circuit Trek über <strong>de</strong>n Thorung La Pass und <strong>de</strong>n<br />

Weg <strong>de</strong>n wir die letzten Tage hochgegangen sind <strong>als</strong> Abstieg. Da freu ich mich jetzt schon<br />

drauf. Abends ging es dann wie<strong>de</strong>r runter nach Muktinath und wir schauten uns noch die<br />

Tempelanlage dort an. Ein sehr beeindrucken<strong>de</strong>r Ort, <strong>de</strong>nn er ist sowohl für Hindus <strong>als</strong> auch<br />

für Buddhisten sehr heilig. Dort gibt es eine ewige von Erdgas gespeiste Flamme, eine Quelle<br />

und Er<strong>de</strong> und Luft sind auch vorhan<strong>de</strong>n. Dort vereinigen sich <strong>als</strong>o die vier Element Feuer,<br />

Wasser, Er<strong>de</strong>, Luft, die in bei<strong>de</strong>n Religionen eine große Rolle spielen. Nach<strong>de</strong>m wir diesen<br />

heiligen Ort verlassen hatten gingen wir wie<strong>de</strong>r relativ früh schlafen, <strong>de</strong>nn dünne Luft und<br />

Sonne hatten uns doch ein wenig fertig gemacht. Und wir haben uns auf gut <strong>de</strong>utsch und im<br />

wahrsten Sinne <strong>de</strong>s Wortes gut die Fresse verbrannt. Ich hab jetzt noch schmerzen<strong>de</strong> Lippen.<br />

Unsere letzter Trekking Tag führte uns auf <strong>de</strong>m gleichen Weg wie<strong>de</strong>r zurück nach Jomson<br />

das wir auf <strong>de</strong>m Hochweg drei Tage früher passiert hatten und von wo aus unser Flugzeug<br />

starten sollte. Der Weg war einfach, da es nur nach unten ging und schon nach vier Stun<strong>de</strong>n<br />

waren wir da. Am Ortseingang begegneten wir noch einer Her<strong>de</strong> Yaks, die bela<strong>de</strong>n mit<br />

Säcken durch die Gegend liefen. Das sind lustige Tiere. Die sehen aus wie Kühe mit langen<br />

Haaren und haben zwei lange, fast senkrecht stehen<strong>de</strong> Hörner. Ich wollte unbedingt welche<br />

sehen und jetzt war's sogar eine ganze Her<strong>de</strong>. Es gab auch überall Yaksteak, eine Delikatesse,<br />

aber irgendwie brachte ich es nicht fertig eins zu essen. Wir checkten dann in ein wahres<br />

Hilton <strong>de</strong>s Trekkings ein, dass uns auch ganze 300 Rupien pro Nacht kostete (knapp 4 Euro).<br />

Pro Zimmer. Bisher hatten wir so ca. 100 Rs. gezahlt, das günstigste waren 60 Rs. Dafür gab<br />

es aber auch wirklich heiße Dusche. Nicht so wie in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Lodges in <strong>de</strong>nen man sich<br />

auf die versprochene heiße Dusche freute und dann doch mit Wasser duschte, welches so<br />

ungefähr die Temperatur eines Gletscherbaches hatte. Und es gab Apfelstru<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>r auch nicht<br />

von schlechten Eltern war. Das hatten wir aber auch verdient fan<strong>de</strong>n wir.<br />

Heute früh ging unser Flieger dann ab Jomson um 8.30 Uhr. Wir hatten Plätze auf <strong>de</strong>r linken<br />

Seite, so dass wir die Berge noch ein mal bewun<strong>de</strong>rn konnten, um die wir die letzten 9 Tage<br />

gelaufen waren. Allerdings nicht von oben son<strong>de</strong>rn mehr von <strong>de</strong>r Seite. So hoch konnte das<br />

16 Leute fassen<strong>de</strong> Propellerflugzeug dann doch nicht fliegen. Manchmal fragte man sich<br />

sogar, ob es es wohl über <strong>de</strong>n nächsten Hügel schafft, <strong>de</strong>r dann wahrscheinlich auch 3000m<br />

hoch war. Der Flug war gigantisch und nach nur ca. 15 Minuten hatten wir die Strecke<br />

zurückgelegt, für die wir zu Fuß 6 o<strong>de</strong>r 7 Tage gebraucht hatten und wir lan<strong>de</strong>ten wie<strong>de</strong>r gut<br />

in Pokhara.<br />

So hatten wir <strong>als</strong>o auch diesen Teil Nep<strong>als</strong> kennen gelernt für das es eigentlich berühmt ist.<br />

Die wun<strong>de</strong>rschönen Trecks durch das Himalaja. Yetis haben wir zwar nicht gesehen, aber ich<br />

<strong>de</strong>nke wir können trotz<strong>de</strong>m behaupten einen schönen Teil <strong>de</strong>s Himalaja gesehen zu haben.<br />

Morgen geht es ab nach Kathmandu um dort die letzten Tage zu verbringen. Der Streik ist


vorbei und die Blocka<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kathmandut<strong>als</strong> anscheinend auch. Alles ist <strong>als</strong>o wie<strong>de</strong>r ganz<br />

einfach. Wir haben uns jetzt ein Busticket genommen und wer<strong>de</strong>n wohl morgen gegen<br />

Nachmittag ankommen. Dann heißt es noch mal Shoppen und vielleicht Sehenswürdigkeiten<br />

abklappern. Bhaktapur steht noch aus. Eine <strong>de</strong>r drei früheren Hauptstädte Nep<strong>als</strong> neben<br />

Kathmandu und Patan, die wir bei<strong>de</strong> schon gesehen haben. Mal sehen, was wir noch so<br />

schaffen.<br />

Macht's gut alle miteinan<strong>de</strong>r. Simon<br />

29. März 2006<br />

ein wirklich aller letztes Mal aus Nepal:<br />

Namaste ein letztes Mal aus Kathmandu,<br />

das ist <strong>de</strong>finitiv die letzte Mail von mir aus Nepal, da morgen unser Flug nach Deutschland<br />

geht. Dann hören diese nervigen Spammails endlich auf. Ich hoffe ein paar von euch haben<br />

mich noch nicht in <strong>de</strong>n Spamfilter gepackt und es hat manchem Spaß gemacht die kleinen<br />

Geschichten zu lesen. Nach <strong>de</strong>m positiven Feedback zu urteilen scheint es ja Gott sei dank so<br />

zu sein. Danke schon mal dafür.<br />

Die letzten Tage hier in Kathmandu waren durchaus auch noch mal spannend und interessant.<br />

Vorgestern haben wir so ziemlich je<strong>de</strong>s Straßenkind von Kathmandu untersucht, dass sich<br />

auftreiben ließ. Das kam so: Als wir vor sechs Wochen hier in Kathmandu waren hatten wir in<br />

unserem Hotel eine Sozialarbeiterin aus Frankreich getroffen und wir hatten uns eben<br />

unterhalten. Sie hat uns gefragt, ob wir <strong>de</strong>nn nicht wenn wir wie<strong>de</strong>r in Kathmandu sind mal<br />

einen kleinen Check Up bei <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn machen könnten auch wenn wir nur Stu<strong>de</strong>nten sind.<br />

Ärzte sind dann doch eben verhältnismäßig teuer und so wur<strong>de</strong>n sie wenigstens mal grob<br />

untersucht. Los ging's morgens um zehn und wir sind erstmal in ein Haus irgendwo in einer<br />

winzigen Gasse von Kathmandu gegangen, zusammen natürlich mit <strong>de</strong>r Sozialarbeiterin aus<br />

Frankreich. Dort waren ca. 35 Jungs, die in diesem Haus betreut wer<strong>de</strong>n. Manche von <strong>de</strong>nen<br />

schliefen dort, manche kamen nur zum essen und plau<strong>de</strong>rn her und manche arbeiteten sogar<br />

dort. Viele von <strong>de</strong>n Kids schnüffeln Klebstoff. Die meisten waren ziemlich dreckig und fast<br />

alle hatten Scabbies. Das ist dort wirklich eine verbreitete Krankheit die gute alte Krätze. Na<br />

ja. Wir haben <strong>de</strong>n Franzosen die dort arbeiten dann eben was aufgeschrieben, was gegen<br />

Scabbies hilft und die wer<strong>de</strong>n das jetzt wohl in grösseren Mengen kaufen müssen. Das ist hier<br />

kein Problem. Man geht einfach in die Apotheke und sagt was man braucht. Wahrscheinlich<br />

wür<strong>de</strong>n die einem sogar Betäubungsmittel verkaufen. Dann machten wir kurz Pause und sind<br />

mit <strong>de</strong>n Franzosen in <strong>de</strong>ren Wohnung gegangen. Auch in einer kleinen Hinterhof Gasse von<br />

Kathmandu. Aber eine tolle Wohnung. Wie eine durchschnittliche Stu<strong>de</strong>nten WG bei uns.<br />

Von außen hätte man das nie erwartet. Danach ging es dann weiter in das zweite von dieser<br />

Organisation betreute Haus. Dort warteten noch mal ca. 50 o<strong>de</strong>r 60 hauptsächlich Mädchen<br />

auf uns. Man kann sich kaum vorstellen was das für ein Tumult war. Wir saßen zu zweit in<br />

einem Raum und die Kids stan<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>r Tür. Einer <strong>de</strong>r Leute die dort arbeiteten, ließen<br />

immer zwei rein. Und immer wenn die Tür aufgemacht wur<strong>de</strong>, war draußen ein Riesen<br />

Geschrei und Gedrängel. Das war echt zum schreien. Bei einem Robbie Williams Konzert<br />

geht's nicht schlimmer zu. Die Kin<strong>de</strong>r hier waren ziemlich sauber und gepflegt, weil die wohl<br />

teilweise auch zu Hause wohnen und auf je<strong>de</strong>n Fall nicht ganz so schlecht dran sind wie in<br />

<strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Heim. Hab ich auch nicht alles so genau verstan<strong>de</strong>n. Nach<strong>de</strong>m wir dann<br />

insgesamt so ca. 80 Kin<strong>de</strong>r untersucht hatten und es 19.00 Uhr war waren wir auch wirklich<br />

fertig mit <strong>de</strong>r Welt. Abends ging's dann nur noch ab in die Heia.


Gestern waren wir dann tatsächlich bei <strong>de</strong>r letzten Sehenswürdigkeit, die wir noch sehen<br />

wollten, in Bakthapur. Da waren eben auch wie<strong>de</strong>r viele Tempel und nette Gässchen und viele<br />

Lä<strong>de</strong>n, wo wir fleißig eingekauft haben. Auch heute war noch mal großer Shopping Tag. Das<br />

nächste Mal komm ich her wenn ich groß und reich bin und nehme meine unbegrenzte<br />

Kreditkarte mit. Hier kann man ja so viel einkaufen. In je<strong>de</strong>m La<strong>de</strong>n so viele schöne Sachen.<br />

Figürchen, Klamotten, Geschirr, Bil<strong>de</strong>r, Schmuck und so weiter und so fort. Und alles in<br />

sämtlichen Farben und Formen. Man weiß gar nicht wo anfangen und vor allem wo aufhören.<br />

Jetzt bin ich auch echt pleite und <strong>de</strong>swegen ist es auch ganz gut, dass es morgen heimgeht :-)<br />

Gestern Abend haben wir in unserem Guesthouse abends mal wie<strong>de</strong>r mit ein paar Leuten<br />

zusammen gesessen und noch ein bisschen einen gehoben. Irgendwann kam dann eine ganze<br />

Gruppe Nepali rein und teilweise setzten die sich zu uns an <strong>de</strong>n Tisch. Bei <strong>de</strong>n Kellern<br />

herrschte große Aufregung, <strong>de</strong>nn es war wohl einer <strong>de</strong>r bekanntesten Rapper in Nepal rein<br />

gekommen. Das war schon lustig. Er saß dann bei uns am Tisch und benahm sich original wie<br />

einer <strong>de</strong>r großen Gangsterrapper aus USA. YO MAN. Und seine Crew war natürlich mächtig<br />

stolz auf ihn. Herrlich. War aber ein netter Kerl im Prinzip. Hat halt nur ein bisschen einen<br />

auf dicke Hose gemacht, wie das in <strong>de</strong>m Business wohl sein muss. Lustig, lustig. Na ja. So<br />

haben wir eben auch noch einen nepalischen Rapstar kennen gelernt. Keine Ahnung wie er<br />

heißt. Irgendwie Mister Kay o<strong>de</strong>r so.<br />

Morgen geht's wie<strong>de</strong>r heim. Mit einem weinen<strong>de</strong>n Auge aber natürlich auch mit einem<br />

lachen<strong>de</strong>n. Ich freu mich auch wie<strong>de</strong>r auf euch alle. Das ist klar. Aber die Zeit hier war<br />

<strong>de</strong>finitiv fantastisch und je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Zeit ! hat und <strong>de</strong>r nicht genau weiß wo hin, fahrt mal nach<br />

Nepal. Wirklich. Ich glaube kaum, dass es jeman<strong>de</strong>n gibt, <strong>de</strong>m es hier nicht gefallen wür<strong>de</strong>.<br />

Und so billig kann man wohl in kaum einem an<strong>de</strong>ren Land <strong>de</strong>r Welt Urlaub machen. Mal<br />

ganz abgesehen davon wie viel es zu bieten hat an Kunst, Kultur, Landschaft und natürlich<br />

freundlichen Menschen. Auf je<strong>de</strong>n Fall eine Reise wert.<br />

Also dann, bis die Tage in good old Germany<br />

Beri Bedaula (Bis bald) und Namaste<br />

Simon


Famulatur im („Ex-“König)Reich <strong>de</strong>r Berge: Nepal Frühjahr 2006<br />

Meine Freundin Alice (10.Semester)und ich (8.Semester) studieren bei<strong>de</strong> Medizin an <strong>de</strong>r<br />

Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt am Main. Seit Beginn <strong>de</strong>s Klinischen<br />

Studiums spielten wir bei<strong>de</strong> schon mit <strong>de</strong>m Gedanken einer gemeinsamen Famulatur im<br />

Ausland.<br />

Vorbereitung und Organisation:<br />

Wegen vieler positiver <strong>Berichte</strong> und Reisegeschichten über das<br />

faszinieren<strong>de</strong> Königreich im Himalaya, in welches ich schon<br />

immer einmal reisen wollte, entschie<strong>de</strong>n wir uns schließlich für<br />

Nepal. Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Entschluss gefasst war, machten wir uns ab<br />

Oktober 2005 auf die Suche nach Krankenhäusern in Nepal und<br />

günstigen Flügen. Da wir wussten, dass die Flugpreise sehr rasch<br />

ein Stu<strong>de</strong>ntenbudget übersteigen können, buchten wir schon<br />

En<strong>de</strong> Oktober zu günstigen Bedingungen unsere Flüge (1 ;<br />

insg.650,-Euro p.P.), noch bevor wir sichere Zusagen eines<br />

Hospit<strong>als</strong> hatten. Hauptsächlich über das Internet suchten wir<br />

nach Krankenhäusern im ganzen Land und bewarben uns in<br />

Swayambunath Tempel,<br />

zahlreichen Häusern per englischer Bewerbungs e-mail, Alice<br />

eher mit <strong>de</strong>r Absicht, in die nepalesische Pädiatrie zu gehen und<br />

ich ins chirurgische Tätigkeitsfeld.<br />

Während einige unserer e-mails unbeantwortet blieben, stießen wir unter an<strong>de</strong>rem auf einen<br />

Artikel im Deutschen Ärzteblatt von Dr. Wolfhard Starke, <strong>de</strong>r in seinem Vorruhestand in<br />

einem kleinen Hospital im Hinterland Mittelnep<strong>als</strong> arbeitet (2). Da er von Nepalmed<br />

unterstützt wird und es keinen direkten Kontakt nach Amppipal gibt (kein Telefon o<strong>de</strong>r<br />

Internet), wandten wir uns per email an die Hilfsorganisation NEPALMED (3)mit Ihrem Sitz<br />

in Grimma und erhielten die Nachricht, dass im Frühjahr noch Plätze im Lehrkrankenhaus<br />

Mo<strong>de</strong>l-Hospital in Kathmandu und in Amppipal frei wären. Nach kurzer Be<strong>de</strong>nkzeit sagten<br />

wir für eine einmonatige Famulatur ab Mitte März im etwas abgelegenen Amppipal<br />

Community Hospital zu.<br />

Hochmotiviert machten wir uns an die Vorbereitung unseres 7wöchigen<br />

Aufenthaltes in Nepal. Neben <strong>de</strong>r Famulatur wollten<br />

wir natürlich auch das Land bereisen und eine kleine<br />

Trekkingtour machen. Auf <strong>de</strong>r Internetseite von Nepalmed<br />

fan<strong>de</strong>n wir Famulaturberichte, viele nützliche Links und eine<br />

Liste mit Dingen, die dringend im Krankenhaus benötigt wer<strong>de</strong>n.<br />

Mit dieser Liste wandten wir uns ans Kreiskrankenhaus<br />

Kelheim. Dort war ich schon im Zivildienst im OP und während<br />

einer Famulatur tätig. Durch die Hilfe <strong>de</strong>s leiten<strong>de</strong>n OP Pflegers<br />

Herrn Küchlbacher konnten wir im Vorfeld unserer Reise von<br />

<strong>de</strong>r Firma ERBE ein Diathermiegerät und von ETHICON<br />

zahlreiches Nahtmaterial <strong>als</strong> Spen<strong>de</strong>n für Amppipal besorgen.<br />

Begegnung mit einem Pilger<br />

(Sadhu)<br />

Von Bekannten, die ebenfalls eine Nepalhilfsorganisation<br />

unterstützen, bekamen wir <strong>de</strong>n Rat, uns an Tilak Lama zu<br />

wen<strong>de</strong>n. Tilak betreibt eine Reiseagentur in Kathmandu (4),<br />

organisiert Trekkingtouren und auch große Expeditionen im ganzen Himalaya und unterstützt<br />

<strong>als</strong> Organisator <strong>de</strong>n Aufbau eines kleinen Krankenhauses in seinem Heimatdorf Bol<strong>de</strong> (nahe<br />

Dhulikhel). Per email nahmen wir Kontakt zu ihm auf und erzählten von unserem Plan, in<br />

Amppipal zu famulieren. Tilak war uns eine große Hilfe. Über ihn organisierten wir unsere<br />

zwei Wochen Aufenthalt vor Famulaturbeginn. Er half uns, Unterkünfte in Kathmandu zu<br />

fin<strong>de</strong>n, wo wir mit unserem kostbaren Gepäck gut untergebracht waren, und empfahl uns


verschie<strong>de</strong>ne Trekkingtouren im Annapurnagebirge. So konnten wir viel Reiseplanung und<br />

Organisation schon im Vorfeld von Deutschland aus erledigen.<br />

Bevor es richtig losging, verschlangen wir neben zahlreichen Nepal Reiseführern (5)auch<br />

förmlich die drei Bücher <strong>de</strong>s amerikanischen Arztes Thomas Hale (6). Dieser hat mehrere<br />

Jahre lang mit seiner Familie in Nepal gelebt und <strong>als</strong> Missionarsarzt im Amppipal-Hospital,<br />

welches dam<strong>als</strong> noch von <strong>de</strong>r United-Mission geführt wor<strong>de</strong>n war, gearbeitet. Seine<br />

Erfahrungen in Nepal hat er in drei Büchern verarbeitet (eine super Lektüre für alle, die nach<br />

Nepal reisen, beson<strong>de</strong>rs für diejenigen, die im medizinischen Bereich tätig sein wollen).<br />

Nepal:<br />

Am 27. Februar war es dann endlich soweit. Mit großem Gepäck (so ein Diathermiegerät<br />

wiegt einiges) flogen wir, bela<strong>de</strong>n mit zwei Seesäcken, von Frankfurt am Main ab. Nach<br />

einem anstrengen<strong>de</strong>n Flug über Bahrain lan<strong>de</strong>ten wir vormittags am 28. in Kathmandu. Dort<br />

waren wir froh, Tilaks Angebot, uns vom Flughafen abzuholen, angenommen zu haben. So<br />

war <strong>de</strong>r Kulturschock, <strong>de</strong>n je<strong>de</strong>r Erstreisen<strong>de</strong> nach Nepal schon am Flughafenausgang erfährt,<br />

ein angenehmes Erlebnis und wir konnten uns in Begleitung von Tilak allen Taxifahrern,<br />

Hotelhäschern, Gepäckträgern und Scharen von Kin<strong>de</strong>rn freundlich und auf Nepali erwehren.<br />

Nach kurzer Fahrt zum Hotel im Thamel, <strong>de</strong>m Touristenviertel Kathmandus, bezogen wir<br />

schnell unsere Zimmer und besprachen anschließend mit Tilak unsere Pläne für die nächsten<br />

Wochen.<br />

Unsere ersten vier Tage verbrachten wir damit, in Kathmandu in die wun<strong>de</strong>rbare nepalesische<br />

Welt einzutauchen. Bei Tempelbesichtigungen, Spaziergängen durch Kathmandus Gassen<br />

und Plätze, Einkäufen und Restaurantbesuchen sammelten wir erste Nepalerfahrungen. Wir<br />

wur<strong>de</strong>n überall freundlich und hilfsbereit empfangen und behan<strong>de</strong>lt und genossen alles vom<br />

ersten Tag an sehr. Nach vier Tagen Besichtigungen und Begegnung mit <strong>de</strong>r Kultur Nep<strong>als</strong>, in<br />

<strong>de</strong>nen wir auch schon unseren Trekking Führer Damai Singh kennengelernt hatten, machten<br />

wir uns dann zu dritt per tourist-bus (beste Möglichkeit neben Inlandsflügen schnell größere<br />

Strecken zurück zulegen) auf <strong>de</strong>n Weg nach Pokhara, welches ca. 200km westlich von<br />

Kathmandu zu Füssen <strong>de</strong>s Annapurna Himalayas liegt. Dort <strong>de</strong>ponierten wir unsere Gepäck<br />

sicher im Hotel und machten uns mit kleinem Rucksack auf zu unserem einwöchigen<br />

Trekking.<br />

Annapurna Trekking:<br />

Das Annapurna Gebirge ist eins <strong>de</strong>r bekanntesten nepalesischen<br />

Gebirge. Nur 30 km (Luftlinie) von Pokhara entfernt, thront <strong>de</strong>r<br />

Annapurna Himal mit neun Gipfeln höher <strong>als</strong> 7000m und mit <strong>de</strong>m<br />

Annapurna I Gipfel (8091m) sogar einem 8000er über Pokhara.<br />

Im Vorfeld unserer<br />

Wan<strong>de</strong>rung haben Alice<br />

und ich uns für eine<br />

„kleine Annapurna<br />

Run<strong>de</strong>“ im Sü<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />

Massivs entschie<strong>de</strong>n.<br />

Wer länger Zeit hat,<br />

kann u.a. in 18-21Tagen<br />

das gesamte Gebirgsmassiv auf <strong>de</strong>r echten und<br />

bekannten Annapurna Round umrun<strong>de</strong>n und<br />

genießen.<br />

Per Taxi gelangten Alice, Damai Singh und Ich am<br />

Morgen <strong>de</strong>s 5.März von Pokhara zu unserem Annapurna South (7219m)<br />

Trekkingstartpunkt Nayapul. Von hier ging es dann


zu Fuß in drei Tagen nach Ghorepani.<br />

(1.d:Pokhara-Nayapul-Ghandruk; 2d.: Tadapani;<br />

3d.: Ghorepani). Ghorepani ist ein beliebtes Ziel<br />

südlich <strong>de</strong>s Annapurnamassivs, da es <strong>de</strong>n<br />

Ausgangspunkt zum Poon Hill (3294m) bil<strong>de</strong>t,<br />

von welchem man wun<strong>de</strong>rbare Sonnenaufgänge<br />

mit gigantischem Panoramaausblick auf<br />

Annapurna und Dalaughiri Himal genießen kann.<br />

Mit vielen herrlichen<br />

Eindrücken, nicht nur<br />

Alice und Damai Singh<br />

von <strong>de</strong>r überwältigen<strong>de</strong>n Landschaft und <strong>de</strong>n gigantischen<br />

Bergen, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und<br />

Fröhlichkeit <strong>de</strong>r nepalesischen Bergbevölkerung machten wir uns<br />

von dort aus auf <strong>de</strong>n Weg zurück Richtung Sü<strong>de</strong>n.<br />

Über Ulleri wan<strong>de</strong>rten wir nach Nayapul, um von dort per localbus<br />

nach Naudanda zu gelangen, welches an <strong>de</strong>r Strasse nach<br />

Pokhara gelegen ist. (4.d:Ghorepani-PoonHill-Ulleri;<br />

5d.:Naudanda; 6.d:Sarangkot; 7d.: Pokhara)<br />

Nach<strong>de</strong>m wir die letzten<br />

Tage großes Glück hatten<br />

und uns <strong>de</strong>r Regen verschont<br />

hatte und wir statt<strong>de</strong>ssen mit<br />

bester Bergsicht verwöhnt<br />

wor<strong>de</strong>n waren, störte es uns<br />

kaum, dass unsere nächste<br />

Ettappe im Regen stattfand. Von Naudanda nämlich<br />

erreichten wir zu Fuß <strong>de</strong>n Sarangkot Gipfel (Hausberg<br />

über Pokhara), um von dort aus am letzten Tag unseres<br />

Trekkings zu Fuß nach Pokhara zurückzukehren.<br />

Wegbegleiter beim steilen Abstieg zum<br />

Fewa Lake<br />

noch einmal <strong>de</strong>n Luxus, <strong>de</strong>n eine Stadt zu bieten hatte.<br />

Bei Bootsfahrten auf <strong>de</strong>m See und <strong>de</strong>r Besichtigung <strong>de</strong>r<br />

World Peace Stupa genossen wir die Sonne und eine<br />

herrliche Aussicht auf <strong>de</strong>n Himalaya.<br />

Sonnenaufgang am Poon Hill<br />

li. Andre, re. Alice<br />

Bei einem schönen Essen am Fewa Lake in Pokhara<br />

verabschie<strong>de</strong>ten wir uns von Damai Singh, mit <strong>de</strong>m wir<br />

innerhalb weniger Tage eine herzliche Freundschaft<br />

geknüpft hatten und<br />

<strong>de</strong>r uns in <strong>de</strong>r letzten<br />

Woche so gut<br />

geholfen hatte. Alice<br />

und ich verbrachten<br />

noch vier Tage in<br />

Pokhara und genossen<br />

Morgens auf <strong>de</strong>r World Peace Stupa über<br />

Pokhara<br />

Auf zum Krankenhaus:<br />

Am 16. März machten wir uns schließlich auf <strong>de</strong>n Weg zu unserem eigentlichen Ziel<br />

Amppipal. Mit einem Tag Verspätung wegen eines Maoisten Streikes im ganzen Land (nep.:<br />

„bandha“) erreichten wir das am Pokhara-Kathmandu Highway („Phritvi Ramjarg“) gelegene<br />

Dumre, von wo aus es ins Hinterland gehen sollte.


Normalerweise fährt von dort täglich ein Jeep nach<br />

Amppipal, außer nach längeren Regenfällen o<strong>de</strong>r eben<br />

während eines „Bandhs“, wie in unserem Fall. Wir<br />

mussten <strong>als</strong>o auf die geplante Jeep Fahrt bis direkt zum<br />

Hospital auf <strong>de</strong>r neuen Strasse verzichten. Diese Straße<br />

war mit Hilfe von Dr. Wolfhard Starke, aus einem<br />

Spen<strong>de</strong>nfond finanziert, angelegt und im Dezember<br />

fertiggestellt wor<strong>de</strong>n. Mit unseren großen Seesäcken, die<br />

zum Tragen <strong>de</strong>nkbar ungünstig waren, machten wir uns<br />

<strong>als</strong>o zu Fuß auf <strong>de</strong>n ca. 23km langen Weg nach<br />

Amppipal. Als Hilfe Zwischenstop beim Aufstieg nach Amppipal<br />

hatten wir in Dumre<br />

Träger angeheuert, mit <strong>de</strong>nen wir, unser Gepäck gerecht<br />

auf vier Köpfe verteilt ( in Nepal trägt man traditionell<br />

alles per Kopfriemen (sog. „Namlo“), 15km bis<br />

Tatipokhari nahe Turture marschierten. Am nächsten<br />

Morgen stiegen wir von dort aus nach Amppipal auf und<br />

erreichten am Freitag, <strong>de</strong>n 17.März, schließlich das<br />

Amppipal Community Hospital!<br />

Spen<strong>de</strong>nübergabe<br />

Amppipal Community Hospital:<br />

Dort angekommen, wur<strong>de</strong>n wir sogleich herzlich empfangen und bei <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> abgehaltenen<br />

täglichen Teepause (10.30h-11.00h) auch gleich allen vorgestellt. Dann bezogen wir schnell<br />

unser Zimmer im Guest House auf <strong>de</strong>m Wohngelän<strong>de</strong> gleich neben <strong>de</strong>r Hospital Area.<br />

Anschließend besichtigten wir das Krankenhaus und konnten unsere Spen<strong>de</strong>n, die ja alle<br />

schon einen weiten Weg hinter sich hatten, übergeben. Uns fiel ein Stein vom Herzen, <strong>als</strong><br />

alles übergeben war und funktionsfähig seinen Platz gefun<strong>de</strong>n hatte.<br />

Da in Nepal <strong>de</strong>r Samstag <strong>de</strong>r freie Tag <strong>de</strong>r<br />

Arbeitswoche ist, begannen wir am nächsten Morgen in<br />

Begleitung von Dr. Starke unsere Famulatur mit <strong>de</strong>r<br />

täglichen Visite und hatten danach frei und Zeit die<br />

Umgebung zu erkun<strong>de</strong>n. (Wir bestiegen auch gleich <strong>de</strong>n<br />

historisch wichtigen Hausberg Ligligkot auf welchen,<br />

so sagt die Geschichte, in früheren Zeiten ein jährliches<br />

Rennen stattfand. Der Sieger, Mitstreiter waren immer<br />

Visite auf <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rstation<br />

die stärksten Anwärter <strong>de</strong>r dam<strong>als</strong> drei großen<br />

nepalesischen Königsfamilien durfte dann ein Jahr über<br />

ganz Nepal herrschen. ... ich war erster, Alice zweite!)<br />

Das Hospital liegt etwa eine halbe Stun<strong>de</strong> entfernt vom eigentlichen Dorf Amppipal, welches<br />

aus mehreren Dorfteilen am Berghang <strong>de</strong>s Ligligkots besteht. Seit Dezember gibt es die<br />

Möglichkeit auf <strong>de</strong>r neuen Straße vom Dorf direkt bis vors Hospital zu fahren (natürlich nur<br />

wenn kein 'bandh' ist).<br />

Den Kern <strong>de</strong>r Krankenhausanlage selbst bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r<br />

Krankenhauskomplex mit Station (Hauptstation, Kin<strong>de</strong>rzimmer,<br />

Wöchnerinnenabteilung insg.ca 50 Betten), Kreißsaal, Ambulanz<br />

(OPD= OutPatientDepartment), OP, Wäscherei, Verwaltung und<br />

einem Extra Gebäu<strong>de</strong> für Lepra und Tuberkulose Patienten. Um<br />

das Krankenhaus herum gibt es einige Shops. Diese dienen<br />

hauptsächlich <strong>als</strong> Einkaufsmöglichkeit für die Angehörigen <strong>de</strong>r<br />

Patienten, welche sich in Nepal um die Verpflegung ihrer<br />

kranken Verwandten kümmern müssen. Außer<strong>de</strong>m gibt es noch<br />

Krankentransport auf nepalesisch


eine kleine Wohnanlage mit einem Schwesternwohnhaus,<br />

einem GuestHous (zweistöckig: im EG („lower palace“)<br />

wohnten Alice und Ich, im Obergeschoss („upper<br />

palace“) Prashant ( <strong>de</strong>r junge nepalesische Doktor<br />

Prashant Adhikari)) und einem kleinen Häuschen („royal<br />

palace“) in <strong>de</strong>m Wolfhard (Dr. Wolfhard Starke) wohnt.<br />

Bei Wolfhard wur<strong>de</strong>n Alice und ich auch verpflegt. Je<strong>de</strong>n<br />

Tag gab es mittags Dhaal Bhaat, das traditionelle<br />

Hauptstation <strong>de</strong>s Krankenhauses<br />

nepalesische Reisgericht mit einer Linsen-Gemüsesoße<br />

welches uns von Dr. Starkes Haushälterin Taili Diddi (Diddi= nep. Kosewort für kleine<br />

Schwester, Krankenschwester, nette Anre<strong>de</strong> für weibliche Personen,etc. ...) zubereitet wur<strong>de</strong>.<br />

Zum Frühstück und Abendbrot hatten wir dann neben Tee ihr ebenfalls köstliches<br />

selbstgebackenes Brot zum Brotzeiten. Auch nach fast fünf Wochen wur<strong>de</strong>n wir <strong>de</strong>s guten<br />

Essens (je nach gera<strong>de</strong> erreichbaren Gemüsen immer etwas variierend zubereitet) keinesfalls<br />

überdrüssig.<br />

Neben Wolfhard arbeiteten zu <strong>de</strong>r Zeit <strong>als</strong> wir in<br />

Amppipal waren auch noch Ole Hensel, ein <strong>de</strong>utscher<br />

Mediziner und Nepalfreund (7), sowie Prashant <strong>de</strong>r<br />

junge nepalesische Doktor in unserem Alter (mit<br />

Ausbildung in Indien und Studium in St. Petersburg bis<br />

2005) im Amppipal Community Hospital.<br />

Im Krankenhaus, welches nach<br />

<strong>de</strong>m plötzlichen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

United Mission Zeit 2001 nun<br />

staatliches Community<br />

Hospital ist wer<strong>de</strong>n täglich zwischen 40 und 100 Patienten ambulant<br />

versorgt. Mit Hilfe von Wolfhard, <strong>de</strong>r seit 2003 dort ehrenamtlich<br />

arbeitet, wur<strong>de</strong> das Krankenhaus, nach <strong>de</strong>m Tief <strong>als</strong> United Mission<br />

quasi über Nacht das Hospital verließ, wie<strong>de</strong>r zu einem wichtigen<br />

und gut arbeiten<strong>de</strong>n Versorgungspunkt in <strong>de</strong>n Vorbergen <strong>de</strong>s<br />

Himalaya. Mit einem riesigen Einzugsgebiet und bei einem pro Kopf<br />

Ärzteverhältnis von 1:5000 in Nepal (Nepal: Arzt pro 1000<br />

Einwohner: 0.057, über 90% <strong>de</strong>r Ärzte jedoch arbeiten in <strong>de</strong>n großen<br />

Städten und Ballungsräumen; zum Vergleich: Deutschland:Arzt pro<br />

1000 Einwohner: 3,7) nimmt Amppipal für viele Menschen die sich kaum eine<br />

Arztbehandlung leisten o<strong>de</strong>r erreichen können eine wichtige Position ein.<br />

Für die ärmsten Patienten besteht ein Spen<strong>de</strong>nfond<br />

von Nepalmed, welcher von einem Comitte (<br />

Wolfhard, Baburam (Office Director) und Tulo<br />

Diddi (Oberschwester) verwaltet wird. Ansonsten<br />

muss sich das Krankenhaus mit Hilfe von<br />

Zuschüssen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, Regierungsunterstützung<br />

einem UnitedMissionDepot und Nepalmed<br />

weitestgehend selbst finanzieren.<br />

Das Team aus Medical Assistants, Schwestern,<br />

Kleine Patienten<br />

OPD: out Patient <strong>de</strong>partment<br />

Angestellten, Putzfrauen und Wächtern, welche<br />

meist aus <strong>de</strong>m näheren Umland (teils bis zu 1,5h<br />

(nepalesischer!) Fußmarsch) zur Arbeit kommen, empfing, integrierte und behan<strong>de</strong>lte uns<br />

vom ersten Tag freundlich und ausgesprochen herzlich.


Der normale Arbeitstag begann je nach Bettenbelegung im Hospital zwischen 700 und 800<br />

Uhr mit <strong>de</strong>r Visite.<br />

Vom Kin<strong>de</strong>rzimmer über die Hauptstation, die Wöchnerinnenabteilung und, falls belegt, das<br />

Lepra und Tuberkulosegebäu<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n alle Patienten täglich min<strong>de</strong>stens einmal visitiert.<br />

Anschließend wur<strong>de</strong> die Ambulanz ab 900 Uhr geöffnet. Die OPD (Out Patients Department=<br />

engl. Ambulanz) bestand aus 6 Kabinen um einen großen Warteraum bzw. Flur herum<br />

verteilt, in <strong>de</strong>nen Wolfhard, Prashant und 2 Medical Assistants täglich teilweise bis zu hun<strong>de</strong>rt<br />

Patienten behan<strong>de</strong>lten. Die Medical Assitants haben in Nepal eine 2-jährige Ausbildung hinter<br />

sich und dürfen eigenständig behan<strong>de</strong>ln, weitergehen<strong>de</strong> Untersuchungen machen sowie<br />

Rezepte ausstellen und Vorsorgeuntersuchungen durchführen. Die schwereren o<strong>de</strong>r<br />

komplizierten Fälle sowie stationäre Aufnahmen und OP Kandidaten wur<strong>de</strong>n nochm<strong>als</strong> von<br />

Wolfhard und/o<strong>de</strong>r Prashant untersucht.<br />

Auch wir wur<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m gesamten Spektrum <strong>de</strong>r Medizin<br />

konfrontiert: Über internistische Krankheitsbil<strong>de</strong>r, wie<br />

beispielsweise häufig COPD (wegen <strong>de</strong>r offenen Feuern in<br />

<strong>de</strong>n Hütten oft schon im Kleinkin<strong>de</strong>salter), Pneumonien,<br />

Wurmerkrankungen, Typhus,... über Pädiatrie mit<br />

schwerkranken Neugeborenen, Kleinkin<strong>de</strong>rn und Kin<strong>de</strong>rn<br />

sowie Gynäkologie mit Uterusprolaps, Zysten,... bis zur<br />

Chirurgie mit Knochenbrüchen, Hernien, Appendizitis,<br />

Entbindung bei Stromausfall und<br />

Stirnlampenschein<br />

akuten Abdomen und Ileus und vielem mehr, Alice und ich<br />

waren bei<strong>de</strong> sehr beeindruckt von Wolfhard, <strong>de</strong>r ja in<br />

Deutschland jahrelang <strong>als</strong> Chefarzt in <strong>de</strong>r Unfallchirurgie<br />

tätig war und nun in Nepal alle Bereiche <strong>de</strong>r Medizin beherrschte und behan<strong>de</strong>lte. Wie er uns<br />

bei einem feierabendlichen Everest Bier in einem <strong>de</strong>r angrenzen<strong>de</strong>n Shops (ein Luxus, <strong>de</strong>n<br />

man nach einem Tag im Krankenhaus sehr genießt) erklärte, war es für ihn ein großes<br />

Unterfangen sich mit Hilfe von Lektüre und Ärzten, die ihn von Zeit zu Zeit in Amppipal<br />

besuchten, dieses breite medizinische Spektrum anzueignen. Auch zahnärztlich war Wolfhard<br />

tätig, wenn Prem (<strong>de</strong>r Dental Assistant) eine Extraktion nicht bewältigen konnte.<br />

Neben <strong>de</strong>r täglichen Ambulanz lief parallel ausser<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r OP, <strong>de</strong>m eigentlichen Refugium<br />

von Dr. Starke <strong>als</strong> Chirurg. Auch dort widmete er sich nicht nur <strong>de</strong>n Knochen son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>m<br />

chirurgischen Feld aller Sparten. So konnten wir bei zahlreichen Kaiserschnitten,<br />

Hysterektomien, großen und kleineren Abdominalchirurgíschen Eingriffen sowie<br />

KnochenOPs helfen. Mit einfachsten Mitteln war fast alles möglich, was auch in unseren<br />

Kreiskrankenhäusern gemacht wird. Auch die Anästhesie oblag in Amppipal natürlich<br />

Wolfhard. So wur<strong>de</strong> von Wolfhard o<strong>de</strong>r Prashant anästhesiert ( Plexusblocka<strong>de</strong>n,<br />

Spinalanästhesien und Vollnarkosen) und anschließend von Op Schwester/Pfleger (Nanuu /<br />

Janga) einem Medical Assistant o<strong>de</strong>r Alice und mir die Narkose überwacht und<br />

gegebenenfalls beatmet (manuell per Ambubeutel, versteht sich), während Wolfhard mit<br />

Instrumenteure und evtl. Assistenz operierte.<br />

Für die wichtigsten Laborparameter gab es ein kleines Labor. Und auch ein Röntgengerät war<br />

vorhan<strong>de</strong>n. Mit viel weniger Möglichkeiten <strong>als</strong> bei uns in Deutschland, Improvisation und<br />

einfachsten Mitteln konnte das ganze Team in Amppipal unter gänzlich an<strong>de</strong>ren Umstän<strong>de</strong>n<br />

so vielen Menschen helfen wie Alice und ich uns nie vorgestellt hätten. Trotz wiedrigster<br />

Umstän<strong>de</strong>: <strong>de</strong>r Strom aus <strong>de</strong>m Tal war oft ausgefallen und <strong>de</strong>r Generator für die<br />

Notfallversorgung <strong>de</strong>r Anlage (wegen dauern<strong>de</strong>n Streiks und begrenzter Benzinreserven) nur<br />

stark reglementiert in Betrieb, trotz fehlen<strong>de</strong>r Telefonverbindung und <strong>de</strong>s wegen Streiks oft<br />

fehlen<strong>de</strong>m Jeepverkehrs für Nachschublieferungen, lief <strong>de</strong>r gesamte Krankenhausbetrieb<br />

immer weiter und alles funktionierte.


Während unserer fünf Wochen in Amppipal war<br />

auch ein Team von INTERPLAST zu Gast in<br />

Amppipal. Der 10tägige Aufenthalt von Heinz<br />

(Heinz Hammer, plast.Chirurg), Bea (Beate<br />

Neumann, Anästhesiefachschwester) und Knud<br />

(Knud Kober, Anästhesist) die zusammen mit<br />

Prashant und uns im GuestHouse wohnten, war eine<br />

sehr schöne, lehrreiche und spannen<strong>de</strong> Zeit. In<br />

diesen 10 Tagen lief <strong>de</strong>r OP meist <strong>de</strong>n ganzen Tag.<br />

Neben <strong>de</strong>m normalen Tagesgeschäft wur<strong>de</strong>n<br />

Heinz Hammer von Interplast<br />

zusätzlich viele Patienten untersucht und operiert,<br />

die nach einem Aufruf im Umland ( per radio und<br />

Mund zu Mund Propaganda) ins Krankenhaus kamen. Viele Brandverletzungen die sich nach<br />

inkorrekter Ausheilung zu teils schwer einschränken<strong>de</strong>n Kontrakturen entwickelt hatten,<br />

sowie entstellen<strong>de</strong> Blutschwämme und Körpermale wur<strong>de</strong>n in dieser Zeit vom Team operiert.<br />

Den Höhepunkt <strong>de</strong>s Plastische-Chirurgie-Camps in Amppipal stellte das hospital-picnic dar.<br />

An einem Samstag im Jahr nämlich wird ein großes „Betriebsfest“ <strong>als</strong> sogenanntes Picknick<br />

gefeiert. Alle Angestellten aus <strong>de</strong>m Krankenhaus kamen bei Wolfhards Haus zusammen, eine<br />

Ziege wur<strong>de</strong> geschlachtet (Fleisch zu essen ist ein eher seltenes Vergnügen im nepalesischen<br />

Bergland) und zubereitet und ab <strong>de</strong>m späten Vormittag wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n ganzen Tag lang, mit viel<br />

Trommelmusik untermalt, getanzt, gegessen und „local“ (nepalesische Spezialität: vergorener<br />

Hirse Wein) getrunken. Den Vorschlag, gleich mit <strong>de</strong>m Plastikerteam, eine Woche eher <strong>als</strong><br />

geplant, im Jeep mit zurück nach Kathmandu zu fahren, lehnten Alice und Ich ab, da wir noch<br />

ein paar Tage in Amppipal bleiben wollten. Wir wussten nicht, dass schon am nächsten Tag<br />

ein lan<strong>de</strong>sweiter Genar<strong>als</strong>treik begann, <strong>de</strong>r letzendlich dazu führte, dass En<strong>de</strong> April 2006 in<br />

einer lan<strong>de</strong>sweiten Volksbewegung <strong>de</strong>r König, <strong>de</strong>r das Parlament abgesetzt hatte und seit<br />

mehreren Jahren diktatorisch herrschte, entmachtet wur<strong>de</strong>. Der Umstand dieses Gener<strong>als</strong>treiks<br />

bescherte Alice und mir noch eine gemeinsame Sylvesterfeier (nach <strong>de</strong>m nepalesischen<br />

Kalen<strong>de</strong>r: 31.12.2062 = 13.04.2006 europäisch) mit <strong>de</strong>m nepalesischen Jahreswechsel<br />

2062/2063 in Amppipal zusammen mit Wolfhard, Prashant und vielen an<strong>de</strong>ren, bei <strong>de</strong>m wir<br />

uns dann endgültig von allen verabschie<strong>de</strong>n mussten. Da <strong>de</strong>r Streik noch länger andauern<br />

sollte, mussten wir <strong>als</strong>o auch bei <strong>de</strong>r Rückkehr auf motorisierte Hilfe verzichten und<br />

wan<strong>de</strong>rten schliesslich am 02.01.2063 (=15.April) um sechs Uhr morgens in Begleitung von<br />

einem Nachtwächter <strong>de</strong>s Hospit<strong>als</strong> los Richtung Dumre am Highway. Nach neunstündigem<br />

Marsch erreichten wir schließlich Dumre, wo jedoch, wie auf <strong>de</strong>r ganzen Strecke dorthin, kein<br />

einziges Fahrzeug fuhr. Erst am späten Nachmittag <strong>de</strong>s nächsten Tages konnten wir nach<br />

langer Sitzwache am Straßenrand durch großen Zufall einen Jeep, <strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n Ort kam,<br />

anhalten. Zwei <strong>de</strong>utsche Entwicklungshelfer mit Ihren Familien rutschten zusammen und<br />

nahmen uns, vorbei an einigen kleineren Straßensperren und Demonstrationszügen, jedoch<br />

ohne größere Probleme, mit nach Kathmandu. Dort wur<strong>de</strong> uns im Gespräch mit unserem<br />

Freund Tilak (welcher während unserer Abgeschie<strong>de</strong>nheit in <strong>de</strong>n Bergen ohne Telefon unsere<br />

Eltern etwas beruhigen konnte, die die Situation nur aus <strong>de</strong>n internationalen Medien mitgeteilt<br />

bekamen) die Ausmaße und die politische Situation in ganz Nepal bewusst. Zwar auf <strong>de</strong>n<br />

letzten Drücker jedoch noch rechtzeitig und ohne in <strong>de</strong>r Zeit unseres Aufenthalts in Gefahr<br />

gewesen zu sein, erreichten wir unseren Flug in Kathmandu und kehrten pünktlich zum neuen<br />

Semester nach Frankfurt zurück.<br />

Alice und Ich haben unsere gesamte Zeit in Nepal sehr genossen. Wir wissen es zu schätzen,<br />

eine so tolle Erfahrung gemacht zu haben, so tolle Menschen kennengelernt und ein so<br />

interessantes und vielschichtiges Land bereist zu haben.. Am aller beeindruckensten war für<br />

uns bei<strong>de</strong> die Offenheit, Freundlichkeit, Fröhlichkeit und Hilsbereitschaft, die uns je<strong>de</strong>rzeit<br />

und von je<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n wir trafen, egal ob arm o<strong>de</strong>r reich, entgegengebracht wur<strong>de</strong>. Es wird


sicher nicht allzulange dauern bis wir wie<strong>de</strong>r dorthin reisen und unsere Nepalbeziehung<br />

ausbauen können.<br />

Alice Mayr<br />

Andreas Kolbinger<br />

1. www.statravel.<strong>de</strong><br />

2. Starke, Wolfhard; Als Unfallchirurg in Nepal: Eine Alternative zum Vorruhestan, Deutsches Ärzteblatt 102,<br />

Ausgabe 31-32 vom 08.08.2005, Seite A-2195 / B-1855 / C-1755;<br />

http://www.aerzteblatt.<strong>de</strong>/v4/archiv/artikel.asp?src=suche&id=47915)<br />

3. www.<strong>nepalmed</strong>.<strong>de</strong><br />

4. www.himaland.com<br />

5. persönliche Empfehlung: Nepal, Reise-Know How (z.Z.lei<strong>de</strong>r vergriffen); Nepal + Trekking im<br />

Himalaya, Lonely Planet; Nepal, Stefan Loose Verlag<br />

6. Thomas Hale: Geheimnisvolles Nepal; Nepal Klinik; Steine <strong>de</strong>s Himalaya; Hänssler-Verlag<br />

7. www.ole-hensel.<strong>de</strong>


Famulaturbericht: August 2006 in Nepal/Amppipal<br />

23. August 2006<br />

Kathmandu, 3 3/4 Stun<strong>de</strong>n voraus.<br />

E. Gerono und B. Metzlaff – per e-mail<br />

Angekommen im Moloch. Smog, Kuehe auf <strong>de</strong>r Strasse, frem<strong>de</strong> Gerueche, laecheln<strong>de</strong> Frauen<br />

in bunten Klei<strong>de</strong>rn, dazwischen viel Armut und ununterbrochenes Hupen, immerzu Hupen.<br />

Wir treiben in chaotischem Linksverkehr, aus 2 Quadratmeter grossen Lae<strong>de</strong>n schauen uns<br />

interessierte Gesichter an. Viele Frauen und Maenner tragen einen roten Punkt auf <strong>de</strong>r Stirn.<br />

Einer unser bei<strong>de</strong>n Fahrer bereitet uns vor: Der groesste Regen sei vorbei, was jetzt noch<br />

runter kaeme, sei nicht <strong>de</strong>r Re<strong>de</strong> wert. Ausgehen<strong>de</strong> Regenzeit. Annapurna dangerous? "No<br />

danger." Vor zwei Tagen habe es Demos gegeben, weil die Benzinpreise zu hoch waren.<br />

Daraufhin sind sie wie<strong>de</strong>r gefallen. Alle wollten etwas von einem. "Many people, many<br />

words", hatte er am Flughafen gesagt und mich sanft in seinen alten Lada geschoben.<br />

Wir erzaehlen ueber uns und ich fuehle mich wie ein Hochstapler, <strong>als</strong> ich erwaehne, dass wir<br />

"medical volunteers" seien. Das interessiert ihn. Er wolle uns zu einem Guesthouse fahren, in<br />

<strong>de</strong>m oft volunteers wohnen: Pilgrims. Was fuer ein Zufall, die Kontaktadresse von Nepalmed!<br />

Wir fragen ihn nach Dr. Starke, und er fragt, ob wir <strong>de</strong>n "a little bit old man" meinen. Ja,<br />

natuerlich kenne er ihn, <strong>de</strong>r kaeme immer aus Amppipal, wenn er kein Dhal Bat mehr essen<br />

koenne. "We are like a family!"<br />

Wir bleiben in Pilgrims Guesthouse. 300 Rupien (etwas mehr <strong>als</strong> 3 Euro; Umrechnung 1:90)<br />

pro Nacht und Bad auf <strong>de</strong>m Gang. Am Abend kaufen wir im Traveller-Viertel Thamel das<br />

Noetigste: einen Kompass, eine Postkarte und das Buechlein "Nepali fuer<br />

Deutschsprechen<strong>de</strong>". Ich lerne, dass das Verb immer am En<strong>de</strong> steht. Ok, nichts leichter <strong>als</strong><br />

das: Mero naam Benjamin ho. Die Nepalesen sind ausgesprochen hoeflich und<br />

zuvorkommend. Ich sage fleissig Namaste mit Betonung auf <strong>de</strong>m letzten lang gezogenen e.<br />

Sie laecheln uns an und fragen "Where are you from", und wir erinnern uns gemeinsam an<br />

<strong>de</strong>n 3. Platz <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen bei <strong>de</strong>r WM. Dass ich sage, dass Nepal in vielleicht 8 Jahren auch<br />

dabei waere, aergert meinen Gespraechspartner. "Not so far...", meint er und lacht dann<br />

wie<strong>de</strong>r.<br />

Am Abend sitzen wir in unserem wi<strong>de</strong>r Erwarten recht komfortablen Zimmer und die Last <strong>de</strong>r<br />

letzten 30 Stun<strong>de</strong>n treibt uns in Bett. Ein langer Reisetag geht zu En<strong>de</strong>. Der 3 1/2 stuendige<br />

Aufenthalt in Doha/Quatar war letzten En<strong>de</strong>s ertraeglich. Einfach die Leute zu beobachten,<br />

das hat die Zeit vertrieben. In <strong>de</strong>r Transit-Zone registrierten wir: eine dicke Skandinavierin,<br />

Sergej und seine Frau, das russische Exmo<strong>de</strong>l Tatjana, sowie einen unehelichen Sohn von<br />

Prince Charles. Die Englaen<strong>de</strong>r waren insgesamt zweifelsfrei zu erkennen. Alle Deutschen<br />

lei<strong>de</strong>r auch. Vor uns rollte sich ein mue<strong>de</strong>r kenianischer Leichtathlet auf <strong>de</strong>m Fussbo<strong>de</strong>n in<br />

seine Fahne ein. Von so viel Nation<strong>als</strong>tolz sind wir trotz neuem Wir-Gefuehl noch weit<br />

entfernt. Im Flieger nach Kathmandu dann lei<strong>de</strong>r kein Himalaya, wir sitzen rechts, dafuer<br />

lecker Curry und ein gutes Buch.<br />

Am naechsten Morgen entnehmen wir <strong>de</strong>r Zeitung, dass sich die Verhandlungsfuehrer <strong>de</strong>r<br />

Regierung im Streit mit <strong>de</strong>n Maoisten positiv geaeussert haben. Auch die Maoisten<br />

verurteilten einzelne Anschlaege. In Lalitpur sind zwar 60 Leute bei leichteren Unruhen<br />

festgenommen wor<strong>de</strong>n, aber die Lage wirkt insgesamt stabil und man freut sich auf die UN-<br />

Truppen, die im September kommen sollen. Unsere Be<strong>de</strong>nken, man koenne nicht in die


Annapurna-Region zum Trekken fahren, wer<strong>de</strong>n von Dr. Pradhan, <strong>de</strong>m Direktor <strong>de</strong>s<br />

Kathmandu Mo<strong>de</strong>l Hospit<strong>als</strong> verworfen. Wir treffen ihn in seinem Buero, im Gespraech mit<br />

einem "beruehmten" Neurochirurgen. Bei<strong>de</strong> unterhalten sich ein halbes Stuendchen mit uns<br />

und betonen, dass die Lage in Nepal in <strong>de</strong>r Regel weniger "serious" ist, <strong>als</strong> es im Ausland<br />

wahrgenommen wird. Ihre ruhige bedaechtige Art bestaetigt uns das Gefuehl, dass wir bisher<br />

im Lan<strong>de</strong> hatten. Dennoch sehen wir im Laufe <strong>de</strong>s Tages noch eine Demo mit<br />

Militaerpraesenz.<br />

Unsere Gespraechspartner kennen Dr. Starke ebenfalls, gemeinsam will man ein Epilepsie-<br />

Zentrum in Amppipal, <strong>de</strong>m Dorf im Gorkha District, in das wir spaeter noch reisen wer<strong>de</strong>n,<br />

aufbauen. Starke habe eine Zeit lang ebenfalls im KMH gearbeitet. In diesem Zusammenhang<br />

weisen sie uns - etwas selbstironisch - auf die unterschiedliche Arbeitsweise nepalesischer<br />

und <strong>de</strong>utscher Aerzte hin: "Dr. Starke was restless!" Puenktlicher Beginn, Hang zur<br />

Perfektion und ein unermuedlicher Arbeiter - a "real german". Sie haben ihn hier gemocht,<br />

aber richtig hergepasst hat er wohl nicht.<br />

Weiter durch die Strassen von Kathmandu Richtung New Road und Freak Street. Am<br />

Strassenrand setzen wir uns in eine Garkueche und ich stelle fest: Bueffel schmeckt nicht. Ich<br />

habe mein Essen nun aber schon und wer<strong>de</strong> von 20 Nepalesen beaeugt, verfahrene Kiste. Mit<br />

<strong>de</strong>r Hilfe <strong>de</strong>s zehnjaehrigen Marco (,tatsaechlich Marco,), <strong>de</strong>r fleissig meine<br />

Entschuldigungen uebersetzt, gelingt es mir, mich ohne Aufzuessen zurueckzuziehen. Fortan<br />

weicht Marco nicht mehr von unserer Seite. Generell kommen wir immer wie<strong>de</strong>r mit Kin<strong>de</strong>rn<br />

ins Gespraech, fast alle sprechen einen Grundwortsschatz Englisch. Kahn ist bekannt,<br />

Lehmann weniger. Aber dafuer Ballack, na klar. Superman, Spi<strong>de</strong>rman und die Backstreet<br />

Boys sind <strong>de</strong>r gemeinsame Nenner.<br />

Morgen halb zehn beginnt <strong>de</strong>r erste Tag im Krankenhaus mit Formalitaeten. Ab uebermorgen<br />

ist immer 8:15 Uhr Konferenz, und je<strong>de</strong>n zweiten Tag soll es eine tolle Lehrvisite mit einem<br />

Senior geben. Wir sind gespannt.<br />

Benny und Elisabeth<br />

Rainy season seems to be over. Two days ago there were <strong>de</strong>monstrations about a rise in fuel<br />

prizes. the next the the prizes went down again. "Is the Annapurna dangerous? "No danger".<br />

"Many people, many words" did he say at the airport and gently pushed us into his old Lada.<br />

We talk about us and mention a little sheepishly that we are medical volunteers. He is<br />

interested. He wants to drive us to a guesthouse, where often volunteers stay: Pilgrim's. What<br />

a coinci<strong>de</strong>nce! This is the contact address we got from Nepalmed. We ask for Dr. Starke and<br />

he asks whether we talk about the "little bit old man". Yes, he knows him. He always comes<br />

when he cannont eat Dhal Bhat anymore. We stay at the Pilgrim's Guest House for 300 NRs<br />

per night (around 3 Euro) with public bath. At the evening we buy things in the tourist area<br />

called "Thamel": postcards, the booklet "Nepali for German speakers". I learn that the verb<br />

stand always at the end. Mero naam Benjamin ho. The Nepalese people are very courteous. I<br />

do say "Namaste" a lot with stress on the long ay at the end. They always smile on us and ask<br />

"Where you from?" and we recall together the 3rd place of the German soccer team at the<br />

World cup this year. My partner does not agree when I said that Nepal will take part in maybe<br />

8 years, too. He says: "not so far.." and smiles again.


mail vom 27. August 2006<br />

Kathmandu Mo<strong>de</strong>l Hospital und Sightseeing zur Regenzeit.<br />

Hilfe, die Strasse steht unter Wasser! Das <strong>als</strong>o be<strong>de</strong>utet Regenzeit. Der taegliche Weg zum<br />

Krankenhaus ist ein Slalom durch Motorrae<strong>de</strong>r, Rikschas und vorwaerts draengen<strong>de</strong><br />

Menschen mit gigantischen Regenschirmen. Wir springen ueber schnell groesser wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Pfuetzen und Inseln aus Muell. Aus allen Richtungen hupt es, und wir hoffen, nicht<br />

ueberfahren zu wer<strong>de</strong>n. Man gewoehnt sich an diesen Ameisenhaufen. Mittlerweile<br />

ueberqueren wir - Meter fuer Meter - sogar Hauptstrassen, die uns vor einigen Tagen noch<br />

aussichtslos erschienen. Die Schirme <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren stoeren uns nicht, schliesslich sind Elisabeth<br />

und ich im Schnitt einen Kopf groesser <strong>als</strong> alle an<strong>de</strong>ren. Mittlerweile wissen wir auch, wann<br />

in etwa mit <strong>de</strong>m Regen zu rechnen ist: am spaeteren Nachmittag und nachts bis in die<br />

Morgenstun<strong>de</strong>n. Dementsprechend passen wir uns an.<br />

Nach wenigen Tagen Kathmandu stelle ich fest: Der Kulturschock ist durch das letztjaehrige<br />

WarmUp in Thailand nicht allzu gross. Die Menschen sind hoeflich und interessiert: viele<br />

sprechen uns an: manche einfach so, viele an<strong>de</strong>re, weil sie offen o<strong>de</strong>r versteckt etwas<br />

verkaufen moechten. Das ist kein Problem, kennen wir ja schon. Am liebsten sind uns die<br />

Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen. Man hat das Gefuehl, ihre Lehrer haetten ihnen gesagt: Geht raus<br />

und re<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>n Touris, re<strong>de</strong>t Englisch! Lei<strong>de</strong>r treffen wir hin und wie<strong>de</strong>r auch, wie gestern<br />

in Bhaktapur geschehen, betteln<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r, die - je nach Reifegrad - einfach so, fuer ein Photo<br />

o<strong>de</strong>r fuer ungewollte Dienstleistungen Geld haben moechten. So organisierte zum Beispiel ein<br />

im Koerper eines Achtjaehrigen versteckter BusinessMan unaufgefor<strong>de</strong>rt unsere Rueckfahrt<br />

nach Kathmandu. Nach<strong>de</strong>m wir Bhaktapur gesehen haben, erscheint uns Kathmandu im<br />

Uebrigen etwas dreckig, vom Smog ganz zu schweigen. Nach wie vor gefaellt es uns gut, aber<br />

wir <strong>de</strong>nken schon jetzt, dass wir nach zwei Wochen wie<strong>de</strong>r richtige Luft zum Atmen brauchen<br />

wer<strong>de</strong>n. In Bhaktapur, einer <strong>de</strong>r alten Koenigsstaedte, die mit <strong>de</strong>utschen Gel<strong>de</strong>rn eine<br />

wun<strong>de</strong>rschoene Backsteinpflasterung erhalten hat, wur<strong>de</strong>n wir Zeuge <strong>de</strong>s Tij-Festiv<strong>als</strong>.<br />

Frauen in roten Saris stan<strong>de</strong>n dabei Schlange vor einem Hindu-Tempel. Sie haben <strong>de</strong>r Frau<br />

Shivas Opfergaben dargebracht und <strong>de</strong>n ganzen Tag ueber gefastet. Und das alles, wer haette<br />

das gedacht, um ihren Ehemaennern ein langes Leben zu bescheren. In manchen Kulturen ist<br />

die Welt eben noch in Ordnung.<br />

Mittlerweile wohnen wir in einer Nebenstrasse <strong>de</strong>r Freakstreet, <strong>de</strong>m herunter gekommenen<br />

Traveller-Viertel <strong>de</strong>r Pionierzeit. Man muss nur in irgen<strong>de</strong>ine Seitenstrasse gehen, und man<br />

steht vor <strong>de</strong>r Kulisse eines MittelalterSpektakels: dicht beieinan<strong>de</strong>r stehen<strong>de</strong> windschiefe<br />

Haeuser mit Haendlern und offenen Handwerksstuben. Streunen<strong>de</strong> Hun<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n<br />

unbeflasterten Strassen, inklusive <strong>de</strong>s ganzen Muells und <strong>de</strong>r Waescheleine, die im dritten<br />

Stock alles ueberspannt. Unser Guesthouse heisst Himalya. So fuehlt es sich auch an, wenn<br />

man zur Dachterrasse im 6. Stock empor steigt. Der Ausblick ist phaenomenal. Ein<br />

interessantes Detail unserer neuen Herberge sind die Photos an <strong>de</strong>r Wand im Treppenhaus.<br />

Sie zeigen die Tochter <strong>de</strong>s Hauses, die ihrem Mann auf <strong>de</strong>m Gipfel <strong>de</strong>s Mount Everest das Ja-<br />

Wort gegeben hat. Darauf sind ihre Eltern zu Recht stolz und gleich beim ersten Fruehstueck<br />

haben sie uns das dazugehoerige Vi<strong>de</strong>o gezeigt. Das Guesthouse ist schlicht und wir haben<br />

nachgefragt, wie sie eine solche Everest-Aktion bezahlt wor<strong>de</strong>n ist. Schliesslich koennen sich<br />

die meisten Nepalesen nicht mal eine Reise im eigenen Land leisten. Sponsored by Rotary-<br />

Club, <strong>de</strong>m man in Nepal schon mit 9000 Rupien (100 Euro) Jahresbeitrag (und<br />

wahrscheinlich bei Zugehoerigkeit zu bestimmten Kasten) beitreten kann.<br />

Hier leben wir jetzt fuer 2,50 Euro pro Nacht auf 10 Quadratmetern und fuehlen uns recht<br />

wohl. Der Hund <strong>de</strong>s Hauses, ein Pu<strong>de</strong>l, heisst Fuzzy und ist ein bisschen rassistisch.


Zumin<strong>de</strong>st dachten wir das ein paar Tage, weil er nur uns und keine Nepalesen anknurrte.<br />

Mittlerweile hat er sich an <strong>de</strong>n frem<strong>de</strong>n Geruch gewoehnt. Unsere Freizeit verbringen wir<br />

<strong>de</strong>rzeit mit <strong>de</strong>m Erkun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Stadt: Heute waren wir am Zusammenfluss <strong>de</strong>r Bagmati und<br />

Bisnumati, <strong>de</strong>m Gruendungsort <strong>de</strong>r Stadt. Wir haben uns treiben lassen. Durch belebte<br />

Gassen, vorbei an einem Pipal-Baum - Siddharta soll unter einem solchen die Erleuchtung<br />

gefun<strong>de</strong>n haben - und Pago<strong>de</strong>n mit tantrischen Holzschnitzereien, die Menschen in<br />

ein<strong>de</strong>utiger Pose und ueberdimensionierten Geschlechtsteilen zeigen. Letzten En<strong>de</strong>s sind wir<br />

in einer Tempelanlage gelan<strong>de</strong>t, in <strong>de</strong>r Nepalis fuer uns getanzt haben und mit <strong>de</strong>nen wir noch<br />

ein Stuendchen durch unseren Reisefuehrer geblaettert haben. Noch habe ich kein Wort ueber<br />

unsere Arbeit im Krankenhaus verloren. Da Elisabeth, neben mir sitzend, das alles so schoen<br />

zusammengefasst hat, habe ich <strong>de</strong>m nichts weiter hinzuzufuegen:<br />

"Erstmal muss ich sagen, dass das Kathmandu Mo<strong>de</strong>l Hospital (KMH), wo wir famulieren,<br />

ein privates ist, wenn auch das billigste unter ihnen. In <strong>de</strong>n staatlichen, die die Aermsten <strong>de</strong>r<br />

Armen behan<strong>de</strong>ln, gibt es nicht einmal genug Betten fuer alle, so dass ein Teil <strong>de</strong>r Patienten<br />

auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n schlafen muss. Im KMH sind die Verhaeltnisse schon etwas an<strong>de</strong>rs, wenn<br />

auch fuer europaeische Verhaltnisse natuerlich immer noch einfach. Am Anfang fiel mir das<br />

am meisten auf. Es gibt, von einigen Einzelzimmern abgesehen, hauptsaechlich so<br />

Massenstationen mit bis zu 30 Betten, und die hygienischen Verhaeltnisse sind teilweise<br />

schon erschreckend. Auf <strong>de</strong>r Station, wo Benny und ich zuerst waren, gab es nicht mal Seife<br />

zum Waschen, nach<strong>de</strong>m man die Pateinten untersucht hatte, geschweige <strong>de</strong>nn<br />

Desinfektionsmittel. Der Verbandswechsel ist alles an<strong>de</strong>re <strong>als</strong> steril; teilweise machen die<br />

Patienten das sogar selbst. Das haben wir bei einem Patienten mit einem ziemlich<br />

beeindrucken<strong>de</strong>n Fixateur externe beobachtet. Fuer die Nichtmediziner unter uns: Da staken<br />

ungefaehr 14 Schrauben und Naegel aus <strong>de</strong>m Unterschenkel in alle Richtungen, die das Bein<br />

aussen ueber ein Metallgestell stablisieren. Damit kann man das Bein Tag fuer Tag 1 mm<br />

auseinan<strong>de</strong>rziehen, so dass es sich verlaengert. Aber was ich eigentlich sagen wollte: Wir<br />

waren anfangs schon sehr beeindruckt, wie einfach die Verhaeltnisse hier sind. Aber<br />

mittlerweile empfin<strong>de</strong>n wir das alles ganz an<strong>de</strong>rs; d.h. wir sehen immer mehr die<br />

Gemeinsamkeiten zu <strong>de</strong>utschen Krankenhaeusern. Eigentlich ist naemlich vieles genauso wie<br />

dort: Die verschie<strong>de</strong>nen Typen von Leuten (souveraene o<strong>de</strong>r eingeschuechterte<br />

Assistenzaerzte; authorithaere o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Lehre sehr engagierte Ober-/Chefaerzte;<br />

einfuelsame Aerzte o<strong>de</strong>r solche, die die Patienten sehr <strong>als</strong> Faelle behan<strong>de</strong>ln;<br />

Verwaltungsleute, die sich viel Zeit lassen bei <strong>de</strong>r Arbeit ...); die wesentlichen diagnostischen<br />

Moeglichkeiten (CT, Endoskopie, Echokardiographie etc, gibt es hier auch, und fuer ein MRT<br />

wer<strong>de</strong>n die Patienten in ein an<strong>de</strong>res KH geschickt); die Einstellungen <strong>de</strong>r Aerzte zu<br />

bestimmten Fragen (wann lohnt es sich noch, einen Krebspatienten zu behan<strong>de</strong>ln und wann<br />

laesst man ihn in Ruhe sterben?, muss man immer ein CT machen? ...), die<br />

Behandlungsstrategien und auch die Art <strong>de</strong>r Krankheiten (+ noch einige mehr* - s.u.). Die<br />

typischen Zivilisationskrankheiten wie Diabetes o<strong>de</strong>r Gefaesskrankheiten sind hier auch nicht<br />

selten. Die Leute rauchen und trinken genauso (zumin<strong>de</strong>st bestimmte Kasten) und kommen<br />

dann mit Lungenkrebs bzw. Leberscha<strong>de</strong>n hier an. Und es gibt genauso viele<br />

psychosomatische Faelle (u.a. Laehmungserscheinungen, ...) und somatoforme Stoerungen<br />

(wo die Leute mit immer neuen Beschwer<strong>de</strong>n von Arzt zu Arzt rennen, ohne ein wirkliches<br />

organisches Problem zu haben) wie in Deutschland. Und die Aerzte wissen bescheid - die<br />

meisten haben allerdings auch im Ausland studiert, einigen waren auch schon in Deutschland.<br />

Das verwun<strong>de</strong>rt nicht, wen man be<strong>de</strong>nkt, dass die Medizin in Nepal noch sehr jung ist: Erst in<br />

<strong>de</strong>n 70er Jahren gab es die ersten Krankenhaeuser. Vorher wur<strong>de</strong> alles von Schamanen<br />

"behan<strong>de</strong>lt". Demnach wur<strong>de</strong> eh alles aus <strong>de</strong>m Ausland uebernommen, und das schlaegt sich<br />

auch sprachlich nie<strong>de</strong>r: Das Studium ist nahezu komplett auf Englisch, und die<br />

Medizinsprache hat ganz viele englische Begriffe einfach uebernommen, wie z.B. "Nurse".


D.h. selbst wenn die Nepalis untereinan<strong>de</strong>r re<strong>de</strong>n, kommen staendig solche Begriffe vor, was<br />

teilweise etwas irritiert. Das ist natuerlich gut fuer uns, weil alle Aerzte halbwegs Englisch<br />

re<strong>de</strong>n koennen. - Allerdings sind nicht alle gut zu verstehen. Und wir mussten natuerlich mit<br />

unserem begrenzten medizinischen Englischwortschatz auch erstmal klarkommen, v.a. was<br />

Abkuerzungen betrifft, die hier massenweise gebraucht wer<strong>de</strong>n. Ein paar kann man sich ja<br />

noch <strong>de</strong>nken, wie ICU=Intensive Care Unit (Intensivstation) o<strong>de</strong>r OPD=Outpatient<br />

Department (Ambulanz). Bei an<strong>de</strong>ren wird's dann schon schwieriger, und man braucht etwas<br />

Phantasie. Aber das geht von Tag zu Tag besser.<br />

Benny und ich wollten eigentlich gar nicht auf dieselbe Station, aber irgendwie hat es sich<br />

doch meist so ergeben. Und am En<strong>de</strong> waren wir gar nicht so ungluecklich, dass wir uns<br />

gegenseitig ein bisschen auf die Spruenge helfen konnten.<br />

Anfangs waren wir fuer Allgemeinmedizin/Innere eingeteilt. Aber die Patienten liegen eh alle<br />

zusammen auf <strong>de</strong>n Stationen, und die Grenzen zwischen <strong>de</strong>n Faechern sind teilweise<br />

fliessend. So haben wir verschie<strong>de</strong>ne Visiten mitgemacht (eine vom Chefarzt, <strong>de</strong>r sehr<br />

schlecht zu verstehen ist und etwas hektisch, und eine von besagtem senior doctor, <strong>de</strong>r eigens<br />

zur Lehre 3x die Woche kommt und ein grossartiger Didakt ist), uns vieles erklaeren lassen<br />

und in verschie<strong>de</strong>nen Bereichen (Ultraschall, Notaufnahme usw.) mal vorbeigeguckt. Es war<br />

bis jetzt wirklich sehr interessant, und uns war eigentlich nie langweilig. Und wenn wir genug<br />

hatten, sind wir einfach immer gegangen - was immer am fruehen Nachmittag <strong>de</strong>r Fall war.<br />

Man muss es ja nicht uebertreiben.<br />

Samstag war unser freier Tag (=Wochenen<strong>de</strong>); und heute waren wir in <strong>de</strong>r Neurochirurgie.<br />

Wir waren erst in <strong>de</strong>r Ambulanz und dann noch im OP. Die Aerzte dort waren sehr um uns<br />

bemueht und sprachen richtig gut Englisch, so dass wir gern noch ein paar Tage dort<br />

verbringen wollen. Der OP war uebrigens voellig in Ordnung, was die Hygiene und die<br />

Ausstattung betrifft. Man wun<strong>de</strong>rt sich, was fuer eine Medizin in einem Entwicklungsland<br />

wie Nepal betrieben wer<strong>de</strong>n kann!<br />

*Zu <strong>de</strong>n Krankheiten wollte ich noch sagen, dass es hier schon eine Menge ungewohnter<br />

Sachen gibt, wie Tuberkulose, Lepra o<strong>de</strong>r Japanische Enzephalitis (wir haben schon einen<br />

Fall gesehen, so dass wir im Nachhinein froh waren, die 125 Euro in die Impfung investiert zu<br />

haben). Mittlerweile habe ich bei je<strong>de</strong>m Husten auf <strong>de</strong>r Strasse das Gefuehl, dass gleich ein<br />

paar Tuberkelbazillen heruebergeflogen kommen, weil das im KH wirklich ein grosser Teil<br />

hat. Aber kann sein, dass man einen etwas verzerrten Blick bekommt, wenn man je<strong>de</strong>n Tag<br />

im KH ist. Ich hoffe je<strong>de</strong>nfalls, dass die Patienten im Ernstfall rechtzeitig isoliert wer<strong>de</strong>n und<br />

dass meine Impfung von 1983 noch anhaelt?! ..."<br />

Ich hoffe, es gibt heute keinen Stromausfall, darauf sind zwar die Nepalesen selbst, aber nicht<br />

ihre Computer eingestellt. Waer ja scha<strong>de</strong> um die vielen Worte :-) Ungeklaert bleibt auch<br />

noch die Frage, ob es in Kathmandu McDonalds gibt. Ich glaube nicht daran.<br />

Benny und Elisabeth<br />

mail vom 1. September 2006<br />

Von Dr. Dikshit, Tibetern und einem neuen Anzug.<br />

Die Notaufnahme gleicht einer Markthalle. Die schmalen Betten sind alle belegt, doch von<br />

hinten stroemen noch mehr Menschen mit ihren kranken Angehoerigen nach. Viele<br />

gestikulieren, hier rennt eine Schwester mit einem Rollstuhl an einer riesigen O2-Flasche


vorbei, dort kruemmt sich ein Frau mit Bauchschmerzen. Im Hintergrund laesst <strong>de</strong>r<br />

diensthaben<strong>de</strong> Arzt eine vielleicht 20 Jahre junge Frau in eine Plastiktuete atmen. Ein<br />

hysterischer Anfall, erklaert er uns, nichts Schlimmes. Wir stehen etwas verloren dazwischen<br />

und versuchen etwas von <strong>de</strong>m zu verstehen, was Dr. Dikshit durch das Wirrwarr hindurch<br />

erklaert. Die Lehrvisite beginnt heute im Emergency Room, <strong>de</strong>r so gar nichts mit <strong>de</strong>r<br />

Clooneyschen Version zu tun hat. Hier unten ist es voll, in <strong>de</strong>n Ambulanzen und auf <strong>de</strong>n<br />

Stationen hingegen wird es zunehmend leerer; ab En<strong>de</strong> August, sagt man uns, wird das<br />

Programm schon herunter gefahren, <strong>de</strong>nn in <strong>de</strong>r ersten Oktoberwoche steht ein grosses Fest<br />

an, das wichtigste ueberhaupt, Dasain o<strong>de</strong>r Durga Puja. Ein Fest fuer alle Kasten. Die<br />

Familien besuchen sich gegenseitig, und niemand kann es sich leisten krank zu sein.<br />

Das erste, was wir von Dr. Dikshit mit Blick auf uns Foreigners hoeren, ist: "We have all<br />

diseases of a rich man's world, don't think that we only have problems with infections!" Und<br />

in <strong>de</strong>r Tat, wir sehen etliche Diabetiker, eingeklemmte Spinalnerven, Herzinfarkte und sogar<br />

psychosomatische Halbseitenlaehmungen. Die meisten jedoch haben Fieber mit meist<br />

unklarer Ursache. Behan<strong>de</strong>lt wird zum Beispiel, wie im Fall eines weit gereisten 40-jaehrigen<br />

Nepalis, mit <strong>de</strong>m "Allheilmittel" Chloroquin. Schliesslich war <strong>de</strong>r Patient auch in Indien, und<br />

von dort her wuer<strong>de</strong> so einiges eingeschleppt, sagt Dr. Dikshit. Ausser<strong>de</strong>m koenne auch bei<br />

negativem Blutbild eine Malaria bei <strong>de</strong>r Vorgeschichte nicht ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n.<br />

Dr. Dikshit ist ein grossartiger Didakt alter Praegung. Seine Visiten sind streng und<br />

unterhaltsam zugleich. Sein fluessiges, gut verstaendliches Englisch erinnert uns an Apu von<br />

<strong>de</strong>n Simpsons. Eigentlich ist er im Ruhestand, kommt aber dreimal die Woche, um fuer<br />

Interessierte eine Lehrvisite abzuhalten. Fuer nepalische Stu<strong>de</strong>nten im praktischen Jahr ist<br />

diese Veranstaltung Pflicht. Fuer die aktiven Aerzte scheint er noch immer eine<br />

unangefochtene Autoritaet zu sein. Waehrend <strong>de</strong>r taeglichen Conference ist er <strong>de</strong>r Koenig.<br />

Wir gehen weiter zu einem Mann mit einer Staphylokokken-Sepsis und Dr.Dikshit predigt,<br />

dass das Denken vor <strong>de</strong>n Tests <strong>de</strong>r Apparate-Medizin kaeme. Das Stellen einer Diagnose sei<br />

Detektivarbeit; erst mit einer vernuenftigen Hypothese mache ein gezielter Test Sinn. Mit<br />

einer grimmigen Handbewegung wischt er <strong>de</strong>n Zettel mit <strong>de</strong>n Anordnungen <strong>de</strong>s Assistenten<br />

zur Seite, um im naechsten Moment ein Knochen-CT anzufor<strong>de</strong>rn, da die Schmerzen <strong>de</strong>s<br />

Patienten ein<strong>de</strong>utig von <strong>de</strong>n Rippen kaemen. An <strong>de</strong>r antibiotischen Behandlung aen<strong>de</strong>re das<br />

jedoch nichts. Ich wun<strong>de</strong>re mich etwas und frage ihn im Anschluss, warum <strong>de</strong>nn dann dieses<br />

CT noetig sei? Dr. Dikshit schmunzelt mich an und erklaert mir, wie die Dinge in Nepal<br />

<strong>de</strong>rzeit laufen: Der Mann sei Aka<strong>de</strong>miker und erwarte, dass mit ihm im Krankenhaus je<strong>de</strong>n<br />

Tag etwas passiere. Deshalb das CT. Als Arzt muesse man sich <strong>de</strong>rzeit mit Zusatzdiagnostik<br />

absichern, um Schlimmeres zu vermei<strong>de</strong>n. Erst vor kurzem wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Naehe ein<br />

Krankenhaus verwuestet, weil das Geruecht umging, dass in <strong>de</strong>r Notaufnahme bei <strong>de</strong>r<br />

Behandlung eines Patienten die Sauerstoff-Flasche leer gewesen waere. In Nepal herrsche<br />

Anarchie; viele Nepalesen haetten ein f<strong>als</strong>ches Verstaendnis von Demokratie: Demokratie<br />

hiesse fuer die meisten, dass die Regierung nicht einschreitet. Wenn einem Taxifahrer <strong>de</strong>rzeit<br />

einfiele, eine Kreuzung zu blockieren, so koenne er das ohne groessere Konsequenzen tun, bis<br />

er keine Lust mehr habe. "We have a revolution without revolution and a <strong>de</strong>mocracy without<br />

<strong>de</strong>mocracy." Je<strong>de</strong> Ueberspitzung dient <strong>de</strong>r Veranschaulichung <strong>de</strong>r wahren Verhaeltnisse,<br />

<strong>de</strong>nke ich mir.<br />

Als eine <strong>de</strong>r "Foreigners" sich wegen Schwin<strong>de</strong>l vom Bettrand entfernt, schuettelt Dr. Dikshit<br />

seinen Kopf mit <strong>de</strong>m roten Punkt auf <strong>de</strong>r Stirn und richtet seine Worte an die Nepalesen. Er<br />

habe so viele Amerikaner, Briten o<strong>de</strong>r Deutsche hier gesehen. Und sie alle haetten Probleme<br />

mit Diarrhoe, weil sie all die frem<strong>de</strong>n Sachen aessen, ausser<strong>de</strong>m kippten sie staendig um. Er<br />

verstehe nicht, "how these people can rule the world!" Wir koennen uns ein lautes Lachen<br />

nicht verkneifen und hoeren uns weiter an, dass wir "Sherlock Holmes" fuer die Logik und<br />

"Asterix" zur Entspannung lesen sollen. Eine Visite ohne gleichen.


Als <strong>de</strong>r Radiologe auf Station gerufen wird, faellt das Ultraschallgeraet aus. Seine vergilbten<br />

Oberflaechen zeugen aber auch von laengst vergangenen Zeiten. Wie<strong>de</strong>r einmal <strong>de</strong>nke ich<br />

mir, was fuer eine professionelle Arbeit hier mit so wenig Ressourcen verrichtet wird. Einen<br />

Tag spaeter bestaetigt sich dieser Eindruck erneut. Dr. Pant, ein ueber die Grenzen Nep<strong>als</strong><br />

hinaus bekannter Neurochirurg operiert am offenen Gehirn. Er arbeitet sich am Hinterkopf zu<br />

einem grossen Tumor vor, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Hirnhaeuten auszugehen scheint und <strong>de</strong>n okzipitalen<br />

Anteil <strong>de</strong>s Gehirns verdraengt. Ploetzlich haelt er inne, um uns etwas zu zeigen, was er sein<br />

ganzes Leben noch nicht gesehen hat. Wir schauen nacheinan<strong>de</strong>r durch das Arbeitsmikroskop<br />

und bestaunen die knochenaehnlichen Splitter, die am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>s pulsieren<strong>de</strong>n, apfelgrossen<br />

Loches in <strong>de</strong>r Tiefe zum Vorschein kommen. Das anfaengliche Entsetzen beim Oeffnen <strong>de</strong>r<br />

Schae<strong>de</strong>l<strong>de</strong>cke ist zu diesem Zeitpunkt schon laengst einer Faszination gewichen, die Dr. Pant<br />

auf uns zu uebertragen scheint. Noch nie habe er mit einer Knochenzange im Gehirn<br />

gearbeitet, erklaert er uns und hebelt mit meinem beherzten Ruck Knochenstuecke zum<br />

Vorschein. Ein f<strong>als</strong>ches Anecken, und etliche Empfindungen o<strong>de</strong>r Erinnerungen <strong>de</strong>r Patientin<br />

waeren fuer immer verloren. Am naechsten Morgen sehen wir sie auf <strong>de</strong>r Intensive Care Unit,<br />

sie spricht schon wie<strong>de</strong>r, fuehlt sich <strong>de</strong>n Umstaen<strong>de</strong>n entsprechend wohl und zeigt keinerlei<br />

geistige Auffaelligkeiten. Die Frau sieht arm aus. Vielleicht, <strong>de</strong>nke ich mir, ist ihre Operation<br />

aus <strong>de</strong>m Armenfond unterstuetzt wor<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>n wir fuer solche Zwecke 50 Euro eingezahlt<br />

haben. Ganz konnte Dr. Pant <strong>de</strong>n Tumor nicht entfernen, aber 10 Jahre habe er ihr geschenkt,<br />

sagt er uns nicht ohne einen gewissen Stolz. Spaeter im OPD (Out Patient Department =<br />

Sprechstun<strong>de</strong> bzw. Ambulanz) frage ich ihn, was seine Motivation sei, in Nepal zu arbeiten,<br />

in einem Land, das, wie er selbst sagt, seine Moeglichkeiten einschraenkt und ihn um Jahre<br />

zurueck geworfen hat. Seine Antwort ist fuer uns nach einigen Tagen <strong>de</strong>r Mitarbeit nicht<br />

son<strong>de</strong>rlich ueberraschend: „I want to be a big fish in a small pond, not a small fish in a big<br />

pond, you un<strong>de</strong>rstand?“ Wir verstehen, und er begruesst mit einem verschmitzten Laecheln<br />

<strong>de</strong>n naechsten Patienten.<br />

Eine unserer vielen Sightseeing-Touren an die religioesen Plaetze <strong>de</strong>s Kathmandu-T<strong>als</strong> fuehrt<br />

uns zum Boudha-Stupa. Boudha liegt im Osten <strong>de</strong>r Stadt und ist das Zentrum <strong>de</strong>r<br />

exiltibetischen Gemeinschaft. Schon rein aeusserlich faellt auf, dass die Meschen hier viel<br />

„chinesischer“ aussehen. Der Stupa, ein symbolischer Rundbau mit einer riesigen Kuppel, ist<br />

sehr eindrucksvoll: bunte Gebetsfahnen ziehen zur Spitze gen Himmel. Aus <strong>de</strong>m Hintergrund<br />

stroemen tibetische Klaenge auf uns ein, und ich sonne mich auf <strong>de</strong>n Platten. Geniessen kann<br />

ich es nicht. Ich, wir alle, haben an diesem schoenen Ort nichts zu suchen. O<strong>de</strong>r wenn, dann<br />

an<strong>de</strong>rs. Das Stupa-View-Café und all die an<strong>de</strong>ren Shops und Restaurants, die Touristen, die<br />

einan<strong>de</strong>r in ihrer Wil<strong>de</strong>rness-Hippie-Uniform gleichen und ueberhaupt, dass ich hier mitten<br />

auf <strong>de</strong>m Heiligtum sitze, das alles min<strong>de</strong>rt in meinen Augen die symbolische Kraft, die es<br />

verkoerpern soll. Kultureller Reichtum verkommt zur kommerziellen Massenware, wie<br />

ueberall sonst auf <strong>de</strong>r Welt. Im Vatikan, in Notre Dame, vor thailaendischen Buddha-Statuen,<br />

ueberall ist es das Gleiche, <strong>de</strong>n durchstroemen<strong>de</strong>n Menschenmassen wer<strong>de</strong>n Reliquien<br />

verkauft und bisweilen zahlt man sogar Eintritt. Wir gehoeren nicht hierher. Wegen uns<br />

„prostituieren“ sich die Tibeter, in <strong>de</strong>m sie in tausendfacher Kopie ihre Tradition verraten.<br />

Und <strong>de</strong>nnoch, dieser gewaltige Stupa hat eine geheimnisvolle Kraft: er verkoerpert die fuenf<br />

Elemente. Ich spuere die waermen<strong>de</strong> ERDkraft <strong>de</strong>r Platten, auf <strong>de</strong>nen ich sitze. Ueber mir<br />

scheint das WASSER die Kuppel herunter zu fliessen. Darueber die gewaltigen Augen <strong>de</strong>r<br />

allwissen<strong>de</strong>n Gottheit, die Demut for<strong>de</strong>rn. FEUER und LUFT tuermen sich auf <strong>de</strong>r Kuppel<br />

und tragen die vergol<strong>de</strong>te Spitze <strong>de</strong>r SPHAERE.<br />

Ich habe <strong>de</strong>n ersten Anzug meines Lebens gekauft. Massgeschnei<strong>de</strong>rt, versteht sich, hehe.<br />

Fuer lausige 5000 Rupies (ca. 56 Euro) habe ich jetzt einen richtig schoenen Suit. Die<br />

Qualitaet scheint gut, und Elisabeth strahlt wie ein Honigkuchenpferd.


Es hat einen Tag nicht geregnet, juchuh, die Regenzeit ist vorbei. Nicht offiziell, doch ich<br />

schaue am Morgen aus <strong>de</strong>m Fenster und wie<strong>de</strong>r strahlt mich die Sonne an. Ich wen<strong>de</strong> mich<br />

wie<strong>de</strong>r ab. Der naechste Regen kommt bestimmt. Auch wenn uns alle in Hinsicht auf unser<br />

bevorstehen<strong>de</strong>s Trekking gutes Wetter vorhergesagt haben, machen wir uns keine zu grossen<br />

Hoffnungen auf einen richtigen Weitblick am Annapurna. Morgen frueh um sechs geht es los.<br />

Heute Abend gehen wir noch einmal in unser Stammrestaurant in einer Nebenstrasse <strong>de</strong>r<br />

Freakstreet. Man kennt uns und nickt zur Begruessung. Zum ersten Mal erlebe ich in einem<br />

„Urlaub“ so etwas wie Alltag.<br />

Das Restaurant ist schlicht, wird fast ausschliesslich von Nepalesen besucht und bietet nur<br />

Vegetarisches. Das ist hier sicherer. Es gibt leckere D<strong>als</strong> (Linsen/Gemuese in Sosse), Nans<br />

(suessliche Brote) und diverse Panirs, in <strong>de</strong>nen alles sein koennte, was ihrem fantastischen<br />

Geschmack jedoch keinen Abbruch tut. Heute Abend wer<strong>de</strong> ich jedoch kein Lassi, eine Art<br />

suesser Milch-Joghurt, nehmen. Gestern hatte ich <strong>de</strong>n ganzen Tag „Probleme“. Dr. Dikshit<br />

hat schon Recht?.<br />

Fuer die naechsten zwei Wochen sind wir im Himalaya unterwegs. Zeit genug fuer Euch, die<br />

vielen Worte zu verdauen. Und vielen Dank fuer die vielen Emails; wir freuen uns trotz <strong>de</strong>r<br />

vielen neuen Eindruecke ueber je<strong>de</strong> Zeile von zu Hause.<br />

Bis bald,<br />

Benny und Elisabeth<br />

mail vom 14. September 2006<br />

In Pokhara wird herrlich improvisiert. Das „Tor zum Himalaya“, 200 km westlich von<br />

Kathmandu, ist vergleichsweise sauber, am suedlichen Rand <strong>de</strong>s beschaulichen Lake Phawa<br />

fast ein bisschen pittoresk. Das haben wir nach Kathmandu nicht erwartet. Und nach neun<br />

Tagen Trekking bietet es uns jetzt all die Annehmlichkeiten, die wir in <strong>de</strong>n Bergen missen<br />

mussten. Gestern gab es im „Le Bistro“ Beefsteak, vermutlich Bueffel, heute morgen ein<br />

Cheese-Onion-Tomato-Sandwich mit Yak-Kaese. Man ist versucht, <strong>de</strong>n berghungrigen<br />

Besuchern das Leben davor und danach moeglichst angenehm und heimatnah zu gestalten.<br />

Hinter <strong>de</strong>n Kulissen ist wie<strong>de</strong>r alles sehr nepalisch.<br />

Anfangs sah es gar nicht gut aus fuer unser Himalaya-Trekking. Mit Schrecken erinnere ich<br />

mich daran, mit welchen Bauchkraempfen ich in Kathmandu in <strong>de</strong>n Bus gestiegen bin. Die<br />

habe ich mit einer doppelten Dosis Imodium Akut irgendwie ueberstan<strong>de</strong>n, doch wer weiss,<br />

was passiert waere, wenn wir kurz hinter Dumre die heilige Kuh, die ploetzlich auf <strong>de</strong>r<br />

Strasse rannte und vor <strong>de</strong>r unser Bus sehr knapp zum Stehen kam, ueberfahren haetten.<br />

Wieviele Gebetsrollen wir da wohl haetten drehen muessen? An Trekken waere nicht mehr zu<br />

<strong>de</strong>nken gewesen.<br />

Bei Ankunft in Pokhara zunaechst das alte Bild: knallharter Konkurrenzkampf unter <strong>de</strong>n<br />

Taxifahrern: je<strong>de</strong>r behauptete, er waere zuerst da gewesen. Dass es mir nicht so gut ging,<br />

konnte keiner so recht respektieren. Ein bisschen trotzig und genervt sind wir daraufhin zu<br />

Fuss los gestiefelt, um zwei Strassen weiter zu einem besseren Preis doch in ein Taxi zu<br />

steigen. Am Abend noch ein Candle-Light-Dinner mit Elisabeth, dann am naechsten Morgen<br />

<strong>de</strong>r mit Spannung erwartete Moment: Aufbruch zum Annapurna Sanctuary.


Vom Startpunkt Phedi auf 1000 Metern ging es ueber gepflegte, mit grossen Steinplatten<br />

gepflasterte Wege entlang von natuerlichen Rasenflaechen durch subtropischen Wald mit<br />

Lianen, Rhodo<strong>de</strong>ndron, Farnen und exotischen Voegeln, die im Tiefflug durchs Dickicht<br />

jagten, bis nach Beri Kharka, das circa 900 Meter hoeher gelegen ist – das <strong>als</strong>o war es, was<br />

Andi und Meinolf im Langtang einst <strong>als</strong> „Zauberwald“ bezeichnet hatten. Uns erinnerte das<br />

Ganze sehr an das Tele-Tubbie-Land. Nach<strong>de</strong>m wir uns zweimal kurz verlaufen hatten,<br />

beschlossen wir, zumin<strong>de</strong>st hin und wie<strong>de</strong>r auf die Karte zu schauen beziehungsweise <strong>de</strong>n<br />

Kompass zu benutzen. Viele Abzweigungen gab es hier schliesslich nicht. Am Abend<br />

erreichten wir im Nebel, <strong>de</strong>r uns vom Tal her entgegen kroch, eine mittelalterliche Lodge. Das<br />

war zwar nicht ganz unser Tagesziel, aber wir waren zufrie<strong>de</strong>n. Die Huette lag an einem<br />

Nordhang im ewigen Schatten. Davor stand amimisch die Ehefrau <strong>de</strong>s Hausherrn und starrte<br />

truebselig ins Tal. Selbst in <strong>de</strong>n Laen<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s „ewigen Laechelns“ scheint es <strong>als</strong>o <strong>de</strong>pressive<br />

Menschen zu geben. Bei Kerzenschein zupften wir noch <strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Leeches<br />

(Blutegel) vom Bein und mampften unsere Bratnu<strong>de</strong>ln.<br />

Der naechste Tag sollte uns vorwaerts bringen. Bis nach Chomrong, um im Zeitplan <strong>de</strong>s<br />

Trekking-Fuehrers zu bleiben. Wir starteten in aller Fruehe nach einem kurzen Waschgang in<br />

eiskaltem Wasser und waren nach <strong>de</strong>n ersten Kilometern sehr zuversichtlich. Bis nach Naya<br />

Pul (New Bridge) spazierten wir auf schmalen erhabenen Wegen durch Reisplantagen,<br />

ueberquerten einige Haengebruecken ueber reissen<strong>de</strong>n Stroemen, bewun<strong>de</strong>rten zahlreiche<br />

Wasserfaelle und staunten darueber, was fuer grosse Doerfer fernab <strong>de</strong>r letzten Strasse an <strong>de</strong>n<br />

Vorgebirgs-Haengen entstehen koennen. Man muss sich vor Augen halten, dass hier alles,<br />

was nicht selbst hergestellt wer<strong>de</strong>n kann, in mehrtaegigen Fussmaerschen von einem Dorf ins<br />

naechste gebracht wird. Auch <strong>de</strong>r Muell geht nach diesem Prinzip zurueck in Richtung <strong>de</strong>r<br />

letzten Strasse. So wer<strong>de</strong>n zum Beispiel Baumaterialien auf <strong>de</strong>m Ruecken geschleppt o<strong>de</strong>r<br />

Reissaecke und sonstige Lebensmittel in kunstvoll geflochtenen Bambuskoerben transportiert.<br />

Alles wird jeweils ueber Trageriemen vom Kopf gehalten.<br />

Ab Naya Pul wur<strong>de</strong> es zum ersten Mal richtig anstrengend. Nicht nur, dass es fortan ca. 700<br />

Meter steil bergauf ging, nein, es fing auch langsam, immer staerker wer<strong>de</strong>nd zu regnen an.<br />

Und dort, wo es schattig und feucht ist, fuehlen sich Leeches bekanntlich am meisten wohl? .<br />

Ich habe zwei Sachen an diesem Tag gelernt: 1. man sollte mehr Geld in ein vernuenftiges<br />

Regencape investieren und 2. die Hoffnung stirbt zuletzt, <strong>de</strong>nn, nach<strong>de</strong>m wir in Chomrong,<br />

auf <strong>de</strong>r Spitze <strong>de</strong>s Berges, mit komplett durchgeweichten Sachen angekommen waren und<br />

eine Nacht in einer wirklich unheimlichen Wetterlage verbracht hatten, konnten wir kaum<br />

glauben, was sich uns am naechsten Morgen bot. Der Annapurna South, <strong>de</strong>r Hiunchuli und<br />

vor allem <strong>de</strong>r Koenig unter ihnen: <strong>de</strong>r Machhapuchare mit seinem zweigipfligen Fishtail<br />

erstrahlten im morgendlichen Sonnenschein. Die Sonne hatte eine solche Kraft, dass unsere<br />

Sachen nach nur zwei Stun<strong>de</strong>n fast voellig getrocknet waren. Nebenan ein freundliches<br />

italienisches Paerchen in <strong>de</strong>n Fuenfzigern: Er Informatiker, sie Aerztin fuer Innere Medizin.<br />

Auf <strong>de</strong>n Tag genau 24 Jahre liiert. Sie befan<strong>de</strong>n sich auf <strong>de</strong>m Abstieg und schwaermten vom<br />

Basecamp <strong>de</strong>s Annapurna. Erstaunt ob ihres - trotz Traeger und Fuehrer - straffen<br />

Programmes fragte ich sie, ob sie sonst in <strong>de</strong>n Alpen trainieren wuer<strong>de</strong>n „We always thought<br />

of“, bekam ich lachend zur Antwort, „but what should I say, we are Italians!“<br />

Von Chomrong aus mussten wir zum Weiterkommen, welch unsinnige Gemeinheit, erst eine<br />

Schlucht durchwan<strong>de</strong>rn, was praktisch be<strong>de</strong>utete, dass wir erst 600 Meter abstiegen, dann<br />

einen Fluss ueber eine Haengebruecke ueberquerten, um dann eben diese 600 Meter wie<strong>de</strong>r<br />

aufzusteigen. Das morgendlich Hoch wan<strong>de</strong>lte sich zunehmend in eine dicke Wolkenfront,<br />

was uns in Kombination mit <strong>de</strong>m spanischen Paerchen hinter uns zu Hoechstleistungen am


Berg trieb. Zwei Lonely-Planet-Etappen an einem Tag, welch ein Husarenstreich! Wir<br />

schafften es letzten En<strong>de</strong>s bis zum Himalayan Hotel auf 2840 Metern, eine Lodge nicht weit<br />

entfernt vom Eingang zum Annapurna-Heiligtum, in einer Gegend abseits <strong>de</strong>r letzten<br />

dauerhaft bewohnten Orte. Frueher sollen dort nur einzelne Hirten gewesen sein. Es war zu<br />

spueren, dass wir uns langsam <strong>de</strong>m Hochgebirge naeherten: die Waen<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n steiler, aber<br />

<strong>de</strong>r Dschungel hielt sich. Die Baumgrenze musste weit ueber 3000 Metern liegen. Weiterhin<br />

saeumten wun<strong>de</strong>rschoene Wasserfaelle, moosbewachsene Bloecke sowie einfach gelegte<br />

Holzbruecken ueber Stroeme, die sich in gewaltiger Manier <strong>de</strong>n Berg hinab stuerzten, unseren<br />

Weg. Einem Bambuswaeldchen folgte Rhodo<strong>de</strong>ndron.<br />

Ob in Sinuwa, Bamboo o<strong>de</strong>r Dovan, <strong>de</strong>n Ansammlungen von Lodges auf unserem Weg,<br />

ueberall war gleichermassen bemerkenswert: was Gui<strong>de</strong>s (alle ausser uns schienen einen zu<br />

haben), Guesthouse-Besitzer o<strong>de</strong>r die gelegentlichen ueberdimensionierten Wandkarten an<br />

<strong>de</strong>n Teashops ueber Wetterbedingungen, Gehzeiten und das Vorhan<strong>de</strong>nsein von Elektrizitaet<br />

zum Besten gaben, entsprach eher <strong>de</strong>r jeweiligen Interessenlage <strong>als</strong> <strong>de</strong>r Wahrheit. So geben<br />

die Lodge-Betreiber ,ohne Ausnahme, auf ihren Wandschil<strong>de</strong>r immer eine zu lange Gehzeit<br />

zum naechsten Ort an, um die Gaeste zum Bleiben zu bewegen. Dass hier <strong>de</strong>r letzte Ort mit<br />

Strom sei, hoerten wir mehrfach. Der Gui<strong>de</strong> eines Israelis verschaetzte sich auch um eine<br />

Stun<strong>de</strong>. Viele seiner gefuehrten Kun<strong>de</strong>n sind vermutlich recht langsam unterwegs. Seinen<br />

Israeli und <strong>de</strong>ssen Freundin ueberzeugte er auf je<strong>de</strong>n Fall schon am Nachmittag aus Angst vor<br />

Regen zum Bleiben, waehrend wir weitergingen. Ein Gluecksspiel, dass sich zu unseren<br />

Gunsten entschied. Ein bisschen Scha<strong>de</strong>nfreu<strong>de</strong> konnten wir uns am Abend nicht verkneifen.<br />

Warum sich so viele Leute auf dieser Strecke einen Gui<strong>de</strong> nehmen, haben wir bis heute nicht<br />

verstan<strong>de</strong>n: Wenn man immer mal fragt, ist es schier unmoeglich sich zu verlaufen, zumin<strong>de</strong>st<br />

im September. Vielleicht sind es Sicherheits-Erwaegungen, wie auch immer, wir hatten auf<br />

<strong>de</strong>m gesamten Trek trotz einer spaeteren Begegnung mit <strong>de</strong>n Maoisten keine unguten<br />

Gefuehle.<br />

Dieser Abend war im Uebrigen sehr bemerkenswert: wie von Geisterhand schoben sich die<br />

Wolken erneut in rasantem Tempo die Schlucht empor. Ein unbeschreibliches Schauspiel.<br />

Das kann ich auch vom Racksi behaupten, <strong>de</strong>n ich im Anschluss trank. Racksi ist ein sehr<br />

hochprozentiger Selbstgebrauter, <strong>de</strong>r seine Wirkung auf 2900 Meter und nach sechseinhalb<br />

Stun<strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>rung erst so richtig entfaltet. Ich bestellte in Erwartung eines kleinen<br />

Schnapsglases einen „small cup“ und bekam eine volle Tasse. Ueber zwei grosse Schluecke<br />

kam ich nicht hinaus.<br />

Am naechsten Morgen spuerten wir zum ersten Mal die Hoehe. Nach <strong>de</strong>m Aufstieg nach<br />

Deorali auf 3140 Metern fuehlte ich mich ein bischen wie „besoffen“, Elisabeth war schwach<br />

und hatte leichte Kopfschmerzen. Nach zweieinhalb Stun<strong>de</strong>n Rast ging es uns besser und wir<br />

entschie<strong>de</strong>n, trotz Nebel noch ins Basecamp <strong>de</strong>s Machhapuchare (MBC) aufzubrechen. Es<br />

war ein langer, beschwerlicher Aufstieg. Noch einmal 600 Hoehenmeter lagen vor uns. Das<br />

Laufen wur<strong>de</strong> meditativ, ganz langsam, einen Fuss vor <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren und wie<strong>de</strong>r dieses leichte<br />

Gefuehl <strong>de</strong>r „Besoffenheit“. Wir erreichten <strong>de</strong>n Eingang zum Heiligtum, an <strong>de</strong>m<br />

Einheimische eine Glocke und kleine Gaben hinterlassen hatten. Die Schlucht verjuengte sich<br />

und wir passierten bei 3500 Metern die Baumgrenze. Gegen 17 Uhr erreichten wir erschoepft,<br />

aber gluecklich unser Ziel. Hoehensymptome konnten wir nicht feststellen. Vielleicht<br />

ignorierten wir sie auch nur, <strong>de</strong>nn direkt vor uns lag <strong>de</strong>r Wandfuss <strong>de</strong>s Machhapuchare. Sein<br />

Gipfel erstrahlte im Abendlicht. Mit seinen 6997 Metern ist er keiner <strong>de</strong>r ganz hohen Berge<br />

<strong>de</strong>s Himalaya, aber mit seinen steilen Fishtail-Gipfeln sicherlich einer <strong>de</strong>r spektakulaersten<br />

und schoensten. Aus sportlicher Sicht ist er bestimmt ein schwieriger Berg. Hinter uns lag <strong>de</strong>r<br />

Annapurna South. Dort oben spuert man die unermessliche Weite <strong>de</strong>r Welt, die einem im


Flugzeugzeitalter manchmal so klein erscheint. Im Basecamp angekommen, wuschen wir uns<br />

mit Quellwasser aus einem Eimer. Die Temperaturen lagen jetzt nur noch knapp ueber <strong>de</strong>m<br />

Gefrierpunkt.<br />

Elisabeth hatte kaum geschlafen. Sie klagte wie<strong>de</strong>r ueber leichte Kopfschmerzen und fuehlte<br />

sich schlapp. An einen weiteren Aufstieg war <strong>de</strong>mnach nicht zu <strong>de</strong>nken. Wir beschlossen,<br />

noch einen Tag im MBC zu verbringen beziehungsweise abzusteigen, wenn es nicht besser<br />

wer<strong>de</strong>n wuer<strong>de</strong>. Ibuprofen half fuer´s Erste. Waehrend Elisabeth im Dining Room, <strong>de</strong>ssen um<br />

einen riesigen Tisch angeordnete Wandbaenke mit Matratzen ausgepolstert waren, schlief,<br />

wollte ich mir die Zeit mit einem Auf- und Abstieg zum ABC, <strong>de</strong>m Annapurna Basecamp,<br />

vertreiben. Noch war die Sicht klar und je hoeher ich kam, <strong>de</strong>sto gewaltiger wur<strong>de</strong> das<br />

Panorama. Wir befan<strong>de</strong>n uns in <strong>de</strong>r Tat in einem Talkessel mit nur einem Zugang, umgeben<br />

von maechtigen Waen<strong>de</strong>n.<br />

Bis zum ABC kam ich nicht. Zu verlockend waren all die Boul<strong>de</strong>rbloecke um mich herum.<br />

Zum ersten Mal bereute ich, keine Kletterschuhe mit nach Nepal genommen zu haben.<br />

Zwischen bei<strong>de</strong>n Basecamps liegen entlang <strong>de</strong>s Weges zahlreiche Felsen herum. Sie sind fast<br />

alle kletterbar, und einige bieten sogar fantastische ueberhaengen<strong>de</strong> Linien. An einem Block<br />

hielt ich mich beson<strong>de</strong>rs lange auf: bei einer Flaeche von vielleicht 20 Quadratmetern ragt er<br />

wie ein stumpfer Splitter aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> und haengt in allen vier Himmelsrichtungen, teilweise<br />

fast waagerecht ueber. Mit meinen klobigen Wan<strong>de</strong>rschuhen war ausser ein bisschen<br />

Probieren und einer mittelschweren Erstbegehung jedoch lei<strong>de</strong>r nicht viel zu holen. Trotz<strong>de</strong>m,<br />

es hat Spass gemacht: auch ohne Kletterschuhe und mit einer Atemfrequenz, die – am ersten<br />

Tag auf <strong>de</strong>r Hoehe – nach ein paar Kletterzuegen <strong>de</strong>r Herzfrequenz Konkurrenz zu machen<br />

scheint. Boul<strong>de</strong>rn auf 4000 Metern vor einer solchen Kulisse rockt!<br />

Den Rest <strong>de</strong>s Tages haben wir gelesen. Ich Novellen von Heinrich Mann. In einer ging es um<br />

ein saechsisches Kleinstadtmaedchen waehrend <strong>de</strong>r vorletzten Jahrhun<strong>de</strong>rtwen<strong>de</strong>. Es war von<br />

Wurstbemmen die Re<strong>de</strong>. Wie<strong>de</strong>rum, welch Gemeinheit! Seit Tagen assen wir, was auf <strong>de</strong>m<br />

ewig gleichen Speiseplan <strong>de</strong>s ACAP (Annapurna Conservation Area Project) steht. Das<br />

heisst, Gurung Bread (Maisfla<strong>de</strong>n, nehmen wir an), Dal Bhat, Omeletts, Kartoffelgerichte,<br />

Reis und Instantnu<strong>de</strong>ln, dazu immer das gleiche Gemuese, eine Art Kohl. Unten gab es noch<br />

Thunfisch, nach oben war im Grun<strong>de</strong> nur noch die Haelfte <strong>de</strong>r aufgelisteten Sachen<br />

verfuegbar. Ausser<strong>de</strong>m stiegen logischerweise die Preise. Im ABC verlangen sie schon mal<br />

einen Euro fuer eine Rolle Klopapier. Das ist aber auch Luxus. Nach einer Weile sehnten wir<br />

uns vor allem nach Wurst o<strong>de</strong>r einfach nur einem Apfel o<strong>de</strong>r Butter. Rin<strong>de</strong>rroula<strong>de</strong> und<br />

Zwiebelfleisch stan<strong>de</strong>n in unseren Gespraechen ganz hoch im Kurs.<br />

Wie<strong>de</strong>r eine Nacht vorueber und Elisabeth hatte noch immer Probleme. Womoeglich wur<strong>de</strong><br />

das Ganze noch durch einen Infekt ueberlagert. Mit unserer Verdauung stimmte auch seit<br />

einiger Zeit etwas nicht. Uns schien es vernuenftig, bei aufklaren<strong>de</strong>m Wetter <strong>de</strong>n Aufstieg<br />

zum ABC auf 4130m kurz anzutesten und bei <strong>de</strong>n ersten Anzeichen von Hoehenkrankheit<br />

wie<strong>de</strong>r abzusteigen. Ganz langsam naeherten wir uns <strong>de</strong>m hoechsten Punkt <strong>de</strong>s Kessels; es<br />

schien gut zu gehen. Wir fuehlten uns wohl und vor uns lag bei leichter Quellbewoelkung ein<br />

phaenomenales 360-Grad-Panorama. Im Nor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Baraha Shikhar (7647m), <strong>de</strong>r Annapurna<br />

1 (8091m), <strong>de</strong>r Kangsha Kang (7485m), <strong>de</strong>r Singa Chuli (6501m) und dahinter <strong>de</strong>r Tarke<br />

Kang (7193m) und <strong>de</strong>r Gangapurna mit 7455 Metern. Im Osten von links nach rechts <strong>de</strong>r<br />

Annapurna 3 (7555m), <strong>de</strong>r Gandharka Chuli (6250m) und unser staendiger Begleiter, <strong>de</strong>r steil<br />

aufragen<strong>de</strong> Machhapuchare (6997m), <strong>de</strong>ssen Massiv sich bis in <strong>de</strong>n Sue<strong>de</strong>n zieht. Dort<br />

schliesst sich erst sanft aufsteigend, dann steiler wer<strong>de</strong>nd <strong>de</strong>r 6441 Meter hohe Hiunchuli an,<br />

bevor im Westen <strong>de</strong>r Annapurna South (7219m) und <strong>de</strong>r Baraha Shikhar (7647m) <strong>de</strong>n


Abschluss bil<strong>de</strong>n. Alle „zum Greifen nahe“. Kein Wandfuss, geschaetzt, weiter <strong>als</strong> einen 1 œstuendigen<br />

Fussmarsch entfernt.<br />

Wir hatten eine knappe Stun<strong>de</strong> Zeit, diese unbeschreibliche Kulisse auf uns wirken zu lassen,<br />

dann stand alles wie<strong>de</strong>r im Nebel. Wir begaben uns auf <strong>de</strong>n Abstieg. Unseren Weg kreuzten<br />

verschie<strong>de</strong>ne Tierchen, die sich auf dieser Hoehe wohl zu fuehlen scheinen. Zum Beispiel<br />

Pikas, das sind kleine niedliche Gesellen, die wie Bergmeerschweinchen daher kommen, o<strong>de</strong>r<br />

Hoppoes-Voegel, lateinisch Upupa Epops, mit ihrem orangefarbenen Kopfgefie<strong>de</strong>r und einem<br />

sehr langen, spitzen Schnabel. Es gelang uns trotz ihrer staendigen Praesenz nicht, ein Photo<br />

von ihnen zu machen.<br />

Bei Nieselregen erreichten wir am spaeteren Nachmittag Dovan. Wir waren insgesamt 1590<br />

Meter abgestiegen.<br />

Am darauffolgen<strong>de</strong>n Morgen ein Bruch: zum ersten Mal war <strong>de</strong>r gleichbleiben<strong>de</strong> Rhythmus<br />

von schlechtem Wetter am Nachmittag und Sonnenschein am Morgen durchbrochen. Es<br />

regnete nun schon die ganze Nacht durch, und auch am Morgen goss es in Stroemen. Was<br />

tun? Im Regen weiter gehen? Wir entschie<strong>de</strong>n, zunaechst abzuwarten und die Vorzuege eines<br />

Fruehstuecks in einer tiefer gelegenen Huette zu nutzen – es gab hier Thunfisch und Aepfel.<br />

Im Allgemeinen verliefen die Tage im Annapurna-Gebiet in natuerlichem Einklang mit <strong>de</strong>r<br />

Natur. Wur<strong>de</strong> es dunkel, gingen wir schlafen. Mit <strong>de</strong>n ersten Sonnenstrahlen erwachten wir.<br />

Unsere taegliche Erschoepfung, <strong>de</strong>r Mangel an elektrischem Licht und die ewig<br />

fruehaufstehen<strong>de</strong>n Nepalis beguenstigten dies.<br />

Es regnete, und regnete, und regnete. Mittag war schon lang vorbei, und es schien kein En<strong>de</strong><br />

in Sicht. Waehrend wir zum wie<strong>de</strong>rholten Male Dal Bhat und Omelett assen, erzaehlten wir<br />

uns, was wir wohl kochen wuer<strong>de</strong>n, wenn wir zu Hause waeren. Der Regen machte alles<br />

traurig. Die enge Schlucht, in <strong>de</strong>r wir festhangen und die uns noch ein paar Tage zuvor <strong>als</strong><br />

Eintritt zum Heiligtum so verheissungsvoll erschienen war, war nun zu unserem dunklen<br />

Gefaengnis gewor<strong>de</strong>n. Noch nie hatte ich so einen intensiven Regen erlebt. Seit mittlerweile<br />

an<strong>de</strong>rthalb Tagen regnete es ohne Unterlass. An diesem Ort kann man sich bestimmt nicht<br />

vorstellen, dass es irgendwo auf <strong>de</strong>r Welt ein Land mit zu wenig Wasser gibt. Von oben <strong>de</strong>r<br />

Regen, im Grund <strong>de</strong>s Canyons das staendige Rauschen <strong>de</strong>s Stromes, <strong>de</strong>r die Wassermassen<br />

von <strong>de</strong>n Gletschern talwaerts reisst. Tropfen<strong>de</strong> Wasserhaehne sind dort kein oekologisches<br />

Problem; das Wasser wird ueber kunstvoll gelegte Leitungen direkt aus <strong>de</strong>n Bergbaechen<br />

gewonnen und steht ganzjaehrig unbegrenzt zur Verfuegung.<br />

Aus Langeweile blaetterte ich am Abend im franzoesischen „Spiegel“. Ich zaehlte es <strong>als</strong><br />

abwechslungreichen Erfolg, wenn ich mangels noetiger Sprachkenntnisse auf <strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn<br />

jeman<strong>de</strong>n erkannte. Ich suchte nach Neuigkeiten. Doch lei<strong>de</strong>r war die von irgendwelchen<br />

Trekkern liegen gelassene Zeitschrift von 2004. Auch die drei Seiten eines nepalesischen<br />

Pornoheftes, die lose dazwischen lagen, konnten mich nicht erheitern. Fuer uns <strong>als</strong> Europaeer<br />

was es bemerkenswert, dass dies, wenn auch nur gemalt und im Schatten liegend, die ersten<br />

Abbildungen nackter Brueste waren, die wir bis dato in Nepal in Werbung und Medien zu<br />

Gesicht bekamen.<br />

18:05 Uhr hoerte es auf zu regnen. Wir nutzten das kleine Hoch und brachen sehr frueh nach<br />

Sinuwa auf. Der Regen hatte <strong>de</strong>n Dschungel 2 Tage lang aufgeweicht und uns beschlich die<br />

Angst vor weiteren Leeches. Wir erinnerten uns daran, was Dr. Pant gesagt hatte: einfach die<br />

Socken in Salzlake tauchen. Das ging in unserem Fall nicht so einfach, <strong>de</strong>swegen behalfen<br />

wir uns mit <strong>de</strong>m Salzstreuer vom Fruehstueckstisch und bestrichen Schuhe und Socken, so


gut es ging. Vermutlich war es zu wenig, o<strong>de</strong>r wir haetten im Laufe <strong>de</strong>s Tages nachbessern<br />

sollen, auf je<strong>de</strong>n Fall pflueckten wir an diesem Tag, vor allem beim Aufstieg nach Komrong,<br />

Hun<strong>de</strong>rte, und das ist noch untertrieben, dieser gemeinen Biester von unseren Schuhen und<br />

Socken, meist noch ehe sie zubeissen konnten. Beim Ausziehen <strong>de</strong>r Schuhe glich mein Fuss<br />

einem Schlachtfeld. Ich schreckte nicht vor <strong>de</strong>r Grausamkeit zurueck, die Viecher im Salz –<br />

so machen das die Nepalis – aufplatzen zu lassen, so sehr hatten sie uns lei<strong>de</strong>n lassen.<br />

Trotz dieses Handicaps und <strong>de</strong>s ganztaegigen Nieselregens hatte die Wan<strong>de</strong>rung durch die<br />

Gegend um Komrong doch etwas fuer sich. Die Wege sind dort nicht so schoen ausgebaut,<br />

die Leute sind wirklich arm und die Haushalte mit offenen Feuerstellen sehr einfach. Es<br />

entspricht <strong>de</strong>m, was <strong>de</strong>r suchen<strong>de</strong> Trekker gemeinhin <strong>als</strong> „urspruenglich“ bezeichnet. Zu<strong>de</strong>m<br />

hatte <strong>de</strong>r Tag etwas Unheimliches: oft konnten wir durch <strong>de</strong>n dichten Nebel nur die naechste<br />

Baumgruppe erkennen. Viele Weggabelungen erschwerten es, <strong>de</strong>n Weg und die zahlreichen<br />

Bruecken zu fin<strong>de</strong>n. Obwohl fast niemand Englisch sprach, half Fragen.<br />

Zwischendurch versorgten wir – Getreu <strong>de</strong>r alten Pfadfin<strong>de</strong>r-Weisheit: Je<strong>de</strong>n Tag eine gute<br />

Tat! - noch ein ein kleines Maedchen mit einem Pflaster. Sie hatte sich beim Sensen am<br />

Wegesrand relativ tief in <strong>de</strong>n Finger geschnitten und streckte uns diesen mit grossen<br />

Kulleraugen entgegen.<br />

Wir uebernachteten nach diesem weiteren Marathon, knapp 2 Tageseteappen waren aus Angst<br />

vor noch laenger anhalten<strong>de</strong>m Regen geschafft, sehr einfach in Komrong auf einem Pass in<br />

2260 Metern Hoehe. Am Abend erinnerten wir uns daran, dass meine Mutter heute<br />

Geburtstag hatte. Wir sangen fuer sie und mussten mit einem weinen<strong>de</strong>n Auge an all die<br />

tollen Salate <strong>de</strong>nken, die es bei solchen Anlaessen immer gibt.<br />

Nach nunmehr 4 Tagen in <strong>de</strong>r „Suppe“, erkannten wir zunehmend, wie dankbar wir sein<br />

mussten, dass wir in <strong>de</strong>n ersten Tagen und spaeter im ABC, die Schneeberge geniessen<br />

durften. Es war vermutlich eine einmalige Gelegenheit, sie hautnah zu erleben und dieses<br />

Geschenk war uns zuteil gewor<strong>de</strong>n.<br />

Jetzt war alles egal, wir konnten es von Komrong aus in einer Tagesetappe bis nach Pokhara<br />

schaffen und so brachen wir trotz <strong>de</strong>s morgendlichen Regens auf. Wir durchquerten<br />

Ghandruk, von <strong>de</strong>m aus man eigentlich noch einmal ein herrliches Bergpanorama haette<br />

haben koennen. Statt<strong>de</strong>ssen schluerften wir durch <strong>de</strong>n Regen. Ich gruebelte und mir fiel ein,<br />

dass wir auf <strong>de</strong>m gesamten Trek keinen Kontakt mit <strong>de</strong>n Maoisten hatten. Wahrscheinlich<br />

auch Glueck. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dieses friedliche Ghandruk, durch das wir<br />

liefen, die Hochburg <strong>de</strong>r Maos sein soll. Vielleicht haben auch Revolutionaere Ferien o<strong>de</strong>r<br />

Regenzeit. O<strong>de</strong>r die laufen<strong>de</strong>n Verhandlungen haben schon zu einem Stopp <strong>de</strong>r Erpressungen<br />

gefuehrt.<br />

Wir liefen weiter, immer <strong>de</strong>m Talgrund entgegen und spaeter am Fluss entlang. Hier war <strong>als</strong>o<br />

einer <strong>de</strong>r Startpunkte <strong>de</strong>r vielen Traegerkaravanen, die in die strassenfreie Welt <strong>de</strong>s<br />

Annapurna-Gebietes Tag fuer Tag vordringen. Gera<strong>de</strong> hatten wir Elisabeth noch einen<br />

Blutegel aus <strong>de</strong>m Nacken entfernt, <strong>de</strong>n sie wohl mit ins Tal getragen hatte, da kriegten uns die<br />

Maoisten an <strong>de</strong>r einzigen Bruecke in Birethanti doch. Schuechtern trat ein Mann meines<br />

Alters aus einer Gruppe Halbstarker hervor, die sich in einem offenen improvisierten Buero<br />

mit ihrem oertlichen Oberguru verschanzt hatten. Als Maoist kann man <strong>de</strong>rzeit nur verlegen<br />

daher kommen. Beim <strong>de</strong>rzeitigen Sttand <strong>de</strong>r Dinge haben die Maos schlechte Karten: sie<br />

koennen vermutlich nicht an<strong>de</strong>rs, <strong>als</strong> weiterhin Geld von <strong>de</strong>n Touristen zu for<strong>de</strong>rn, sonst fehlt<br />

ihnen, nehme ich an, die materielle Grundlage. Ihr i<strong>de</strong>ologisches Feindbild hat man ihnen mit<br />

<strong>de</strong>m „entmachteten“ Koenig genommen. Und <strong>de</strong>r angestrebte kommunistische Staat, wird<br />

einer Bevoelkerung, die sich, so unser Eindruck, <strong>de</strong>m Fortschritt offen zeigt, nur schwer zu<br />

vermitteln sein. Das alles glaubte ich in seiner Haltung zu lesen. Und was soll ich sagen, mit


<strong>de</strong>r „ruehrseligen“, aber wahren Geschichte vom medical volunteer haben wir sie<br />

rumbekommen. Er ueberlegte lange, liess sich unsere Nepalmed-Ausweise zeigen und wandte<br />

sich seinem Guru zu. Der winkte uns barsch durch, und <strong>de</strong>r Schuechterne kam noch einmal<br />

und gab uns, jetzt aufrichtig laechelnd, ein „Welcome to Nepal!“ mit auf <strong>de</strong>n Weg.<br />

Mit einem oeffentlichen Bus ging es dann das letzte Stueck zurueck nach Pokhara. Auch dort<br />

begegneten wir noch einmal <strong>de</strong>n Maos: laermend sassen sie auf einem Kleinbus und<br />

skandierten durch ein Megaphon ihre Parolen. Unsere Busnachbarn aeusserten sich verhalten<br />

und freuten sich, dass wir nichts zahlen mussten. Dann versank ich in meinen nassen Sachen<br />

und horchte erst auf, <strong>als</strong> Elisabeth allmaehlich die Attraktion aller anwesen<strong>de</strong>n Maenner zu<br />

wer<strong>de</strong>n begann. Freundlich re<strong>de</strong>ten sie von allen Seiten auf sie ein und freuten sich noch in<br />

<strong>de</strong>r hintersten Reihe. Ich sagte scherzhaft in die Run<strong>de</strong>, dass ich wohl auf sie aufpassen<br />

muesste. Da erklaerte mir ein netter Alter mit leichter Entruestung, dass wir hier in Nepal<br />

waeren, da sei nichts zu befuerchten. In Indien waere das freilich etwas an<strong>de</strong>res.<br />

Gestern lag eine geisterhafte Stimmung ueber <strong>de</strong>r Stadt. Die Stille war irritierend und zeugte<br />

daher, dass alle oeffentlichen Verkehrsmittel lahmgelegt waren. Nur hin wie<strong>de</strong>r flogen<br />

Hubschrauber ueber unsere Koepfe hinweg. Es hiess, die Regierung erwarte in mehreren<br />

Trucks eine Waffenlieferung aus Indien und aus Angst vor Ueberfaellen haette sie<br />

prophylaktisch das ganze Land lahm gelegt. Andi und Alex, die uns fuer einen Tag besuchen<br />

wollten, hingen auf halber Strecke von Kathmandu aus in einem Kaff fest, da niemand von<br />

<strong>de</strong>m plotzlichen Stopp wusste und alle Busse los gefahren waren. Gegen Abend sollte <strong>de</strong>r<br />

Streik, so nannten es die Nepalis, aufgehoben sein. Wir liessen uns nicht stoeren und sind<br />

ueber <strong>de</strong>n See gepad<strong>de</strong>lt. Am Ufer habe ich zum ersten Mal in meinem Leben wil<strong>de</strong> Affen<br />

gesehen.<br />

Andi und Alex sind mittlerweile bei uns gewesen und zur 21-taegigen Annapurna Round mit<br />

einem sympathischen Porter-Gui<strong>de</strong> aufgebrochen. Heute morgen in aller Fruehe, noch ehe <strong>de</strong>r<br />

zweite „Streik“ beginnen sollte. Das fruehe Aufstehen hat sich nicht gelohnt, wie ich jetzt<br />

weiss. Einen weiteren Streik hat es naemlich nicht gegeben, und das Leben in Pokhara und<br />

<strong>de</strong>m Rest Nep<strong>als</strong> ist wie<strong>de</strong>r das alte. Hoffen wir, dass die bei<strong>de</strong>n gutes Wetter haben. Hier<br />

sieht es im Moment ganz danach aus. Bei schoenstem Sonnenschein habe ich mir fuer vier<br />

Euro Tagesleihgebuehr, das groesste Motorrad meines Lebens ausgeliehen und bin damit mit<br />

Elisabeth an meinem Ruecken, <strong>de</strong>r Sonne entgegen die wohl schlechtesten Strassen meines<br />

Lebens gefahren. Man kann eben nicht alles haben. Das <strong>de</strong>nken sich wohl auch die Nepalis:<br />

In <strong>de</strong>r ganzen Stadt habe ich kein einziges Verkehrsschild gesehen.<br />

In etwas mehr <strong>als</strong> zwei Wochen mel<strong>de</strong> ich mich noch einmal kurz aus Kathmandu. Bis dahin<br />

sind wir in Amppipal und helfen und lernen bei Dr. Starke. Mal schauen, wie das wird.<br />

Benny und Elisabeth<br />

mail vom 1.10.2006<br />

Wir sind zurueck vom wohl schoensten Ort unserer Reise. Noerdlich von Dumre im Gorkha-<br />

Distrikt liegt das Krankenhaus von Amppipal, wun<strong>de</strong>rschoen am Hang gelegen mit Blick auf<br />

zahlreiche Schneeberge. Die holprige Strasse vom etwas hoeher liegen<strong>de</strong>n Ort zum Hospital<br />

gibt es erst seit einem dreiviertel Jahr. Doch nachwievor kommen die Patienten zu Fuss o<strong>de</strong>r<br />

wer<strong>de</strong>n von ihren Angehoerigen getragen. Wie weit sie vom Krankenhaus entfernt wohnen,<br />

ist im Aufnahmebogen vermerkt. 6 Tage war wohl bisher das Weiteste. Ammpipal ist das,<br />

was man Provinz nennt. Von <strong>de</strong>n jungen Aerzten moechte hier keiner hin, <strong>de</strong>r Regierungsarzt


laesst sich nur selten blicken. So bleibt die meiste Arbeit an Dr. Wolfhard Starke haengen,<br />

einem Unfallchirurgen im Ruhestand.<br />

Unsere zwei Famulaturwochen stroemten sehr gleichmaessig dahin: alle Mahlzeiten gab es<br />

bei Wolfhard. Morgens und abends selbstgebackenes Brot, mittags ein meist sehr gutes Dal<br />

Bhat. Wir bezogen das erste Haus am Hang ueber <strong>de</strong>m Krankenhaus und hatten von unserem<br />

Fenster einen tollen Blick auf <strong>de</strong>n Hausberg Ligligkot und die Annapurna-Kette - ein<br />

atemberauben<strong>de</strong>s "Gemael<strong>de</strong>", das je<strong>de</strong>n Tag seine Farben wechselte. Die Einheimischen und<br />

die Mitarbeiter <strong>de</strong>s Krankenhauses waren sehr herzlich zu uns. Einige von ihnen sind uns trotz<br />

<strong>de</strong>r Kuerze <strong>de</strong>r Zeit ans Herz gewachsen. Je<strong>de</strong>n Morgen gab es eine grosse Visite durch die<br />

verschie<strong>de</strong>nen Stationen (Kin<strong>de</strong>r, Frauen, Tuberkulose, allg....max. 45 Betten) <strong>de</strong>s<br />

Krankenhauses, danach verteilten wir uns auf die OPDs (Ambulanzen) von Wolfhard und<br />

Praschant, <strong>de</strong>m jungen Assistenzarzt, und nach ein bis zwei Stun<strong>de</strong>n ging es oft in <strong>de</strong>n Op.<br />

Wenn es Wurmzysten o<strong>de</strong>r Aehnliches unter <strong>de</strong>m Mikroskop zu bestaunen gab, sagte uns das<br />

Labor Bescheid. Auf Station uebernahmen wir einfache Procedures. Dass heisst, dass wir jetzt<br />

bei<strong>de</strong> endlich Flexuelen legen koennen.<br />

Der Typhus ist in Amppipal allgegenwaertig, auch Tuberkulose ist nicht selten. Die<br />

Versorgung mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Medikamenten ist in <strong>de</strong>r Regel kein Problem, dafuer<br />

mangelt es an grundlegen<strong>de</strong>n Dingen. Es gibt keinen regelmaessigen Strom, keine Blutbank,<br />

nur ein jeweils sehr einfaches Roentgen- und Ultraschallgeraet und nicht einmal einen<br />

Aufwachraum. Der soll jetzt aber, unter an<strong>de</strong>rem mit <strong>de</strong>m mitgebrachten Pulsoxymeter aus<br />

Halle, eingerichtet wer<strong>de</strong>n. Mangels einer Mikrobiologie wird bei infektioesen Erkrankungen<br />

oft empirisch behan<strong>de</strong>lt. Die hiegienischen Bedingungen in <strong>de</strong>n Fluren und groesseren<br />

Raeumen, die <strong>als</strong> Station dienen, sind <strong>de</strong>n Umstaen<strong>de</strong>n entsprechend ganz gut. Es fehlt<br />

natuerlich an Einmalmaterial, aber auch an Gebrauchsdingen wie Stauschlaeuchen. Die<br />

chirurgischen Instrumente wer<strong>de</strong>n mit Kerosin autoklaviert, und auch die Handschuhe wer<strong>de</strong>n<br />

nicht weggeworfen.<br />

Insgesamt geht es aufwaerts: die finanzielle Lage <strong>de</strong>s Krankenhauses ist, wie wir es<br />

mitbekommen haben, dank Wolfhard und Nepalmed ganz gut. Die Patientenzahlen steigen,<br />

und es gibt verschie<strong>de</strong>ne Netzwerke mit an<strong>de</strong>ren Organisationen und Krankenhaeusern. Als<br />

wir ankamen, lief gera<strong>de</strong> ein Gyn-Camp aus, in einem Monat wer<strong>de</strong>n einige HNO-Aerzte<br />

kommen.<br />

Im nun Folgen<strong>de</strong>n habe ich die Highlights <strong>de</strong>r letzten zwei Wochen in Absaetzen zusammen<br />

gefasst. Ein bisschen boulevardtaugliches ist auch dabei:<br />

Die Fahrt von Pokhara nach Dumre dauerte etwas laenger, <strong>als</strong> geplant. Nach ca. einer Stun<strong>de</strong><br />

stoppte unser Bus und fuhr fuer circa sechs Stun<strong>de</strong>n nicht weiter. Eine endlose Karawane aus<br />

Bussen und Lastern war das Resultat. Was war passiert? Ich machte mich auf <strong>de</strong>n Weg und<br />

fand ungefaehr einen halben Kilometer vor uns nichts Angenehmes vor. Auf <strong>de</strong>r Strasse lag<br />

die Leiche eines jungen Mannes, und die Fliegen schwirrten um seinen von <strong>de</strong>r Sonne<br />

aufgedunsenen Leib. Anstatt ihn abzu<strong>de</strong>cken und <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Unfallort zu bereinigen, liess man<br />

ihn liegen, und die Stun<strong>de</strong>n verstrichen. Nach etwas Umherfragen, erzaehlte man uns, warum<br />

niemand etwas unternahm. Der junge Mann war von einem Laster ueberfahren wor<strong>de</strong>n, und<br />

es ist Sitte, dass nur ein Mitglied <strong>de</strong>r Familie die Leiche beruehren und damit von <strong>de</strong>r Strasse<br />

ziehen duerfe. So warteten alle stun<strong>de</strong>nlang, bis jemand kam. Doch auch dann war das<br />

Schauspiel keineswegs zu En<strong>de</strong>. Mordgeschichten kursierten und die Familie lag noch weitere<br />

Stun<strong>de</strong>n im Streit mit <strong>de</strong>m Ungluecksfahrer, wieviel <strong>als</strong> Entschaedigung zu zahlen sei. Im<br />

Uebrigen ist es erst vor kurzem in Kathmandu vorgekommen, dass ein Busfahrer, nach<strong>de</strong>m er


jeman<strong>de</strong>n angefahren hatte, noch einmal zurueck gesetzt hat, um sicher zu gehen, dass das<br />

Opfer tatsaechlich tot ist. Denn das sei wohl letzten En<strong>de</strong>s billiger – Nepali-Style!<br />

Eine Operation in Amppipal ist etwas ganz Beson<strong>de</strong>res. Mangels erfahrener Aerzte und <strong>de</strong>m<br />

Luxus eines Anaesthesisten, ist <strong>de</strong>r OP die Buehne einer professionellen Wolfhard'schen<br />

Einmannshow. Von Haus aus Unfallchirurg, entfernt er mittlerweile Gebaermuttern, macht<br />

Kaiserschnitte o<strong>de</strong>r operiert am Darm. Das Meiste wird in Spinalanaesthesie erledigt, das<br />

heisst, dass <strong>de</strong>r Koerper nach einer Spritze in <strong>de</strong>n Rueckenmarkskanal ab einer bestimmten<br />

Hoehe abwaerts sensibel gelaehmt ist, <strong>de</strong>r Patient dort <strong>als</strong>o nichts mehr spuert. In beson<strong>de</strong>ren<br />

Faellen, zum Beispiel bei komplizierten Bruechen o<strong>de</strong>r groesseren Bauch-OPs intubiert er die<br />

Patienten es wird ueber einen Ambubeutel beatmet. Das haben oft Eisabeth und ich<br />

uebernommen. Auch das Nachspritzen von IV-Medis, Infusionen wechseln, Blutdruck<br />

messen und Kurve fuehren fiel in unseren Aufgabenbereich. Das erste Mal hatte ich <strong>als</strong><br />

Stu<strong>de</strong>nt im OP das Gefuehl, tatsaechlich vonnoeten zu sein. Auch Assistenten sind ja - wie<br />

erwaehnt - Mangelware, so dass er fast immer zusammen mit <strong>de</strong>m Op-Pfleger operiert. Der ist<br />

jedoch sehr talentiert und macht die eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re kleine Op auch schon mal selbst.<br />

Wir haben in <strong>de</strong>r gesamten Zeit keine einzige Komplikation erlebt.<br />

Zur Gleichmaessigkeit unserer Tage in Amppipal gehoerte auch, dass wir in unserem<br />

gemuetlichen Haeuschen frueh zu Bett gingen. Oft gab es am Abend eh keinen Strom. Das<br />

hatte zur Folge, dass wir oft schon mit <strong>de</strong>m ersten Hahnenkraehen gegen halb sechs<br />

erwachten. An einem dieser Morgen<strong>de</strong>, ich torkelte gera<strong>de</strong> zur Toilette, bot sich wie<strong>de</strong>r<br />

einmal ein fantastisches Bergpanorama im roten Licht <strong>de</strong>r Morgensonne. Ich griff zur Kamara<br />

und stuermte ins Freie, um diesen Moment festzuhalten. Danach befand ich es noch fuer zu<br />

frueh um aufzustehen, <strong>als</strong> ging ich zurueck ins Bett und war schon fast wie<strong>de</strong>r eingeschlafen,<br />

<strong>als</strong> ein Geraeusch Elisabeth und mich hochschrecken liess. Jemand musste in unserem<br />

Haeuschen sein, so viel stand fest. Vermutlich hatte ich die Tuer, die wir sonst immer fest<br />

verriegelten, nach <strong>de</strong>m Fotografieren offen gelassen. Ich bewaffnete mich <strong>als</strong>o mit meinem<br />

„Baerentoeter“ und stuermte in Boxershort ins Wohnzimmer. Vor mir stand ein erstarrter<br />

Nepali mit einer Taschenlampe und stammelte etwas wie „No knife, please!“. Ich scheuchte<br />

ihn nach draussen und verriegelte die Tuer. Er wollte scheinbar nur mal gucken, und <strong>als</strong> wir<br />

ihn spaeter mehrfach im Krankenhaus trafen, war es ihm noch immer sichtbar peinlich.<br />

Letzten En<strong>de</strong>s sind die Nepalis harmlos, keine Raeuber. Wolfhard pflegte es „liebevoll“ so<br />

auszudruecken: „Groesser <strong>als</strong> ihre Dummheit ist nur ihre Neugier<strong>de</strong>!“<br />

Bleiben wir bei unserem Haeusschen. Wir waren naemlich nicht allein. Wir hatten<br />

possierliche Haustiere, die mit ihren langen Beinen und ihren mehr <strong>als</strong> Daumen grossen<br />

Koerpern zum Teil icht mehr in meine Hand pepasst haetten. Von diesen Spinnen hatten wir<br />

ungefaehr fuenf, in je<strong>de</strong>m Zimmer eine. Anfangs waren wir etwas gehemmt und gingen vor<br />

allem nachts nur sehr zoegerlich auf Toilette, ihrem bevorzugten Aufenthaltsort. Mehr <strong>als</strong><br />

einmal ist es passiert, dass sie direkt vor unserem Kopf im Kegel <strong>de</strong>r Stirnlampe erschienen.<br />

Gegen En<strong>de</strong> hatten wir begriffen, dass die insektenvertilgen<strong>de</strong>n Viecher min<strong>de</strong>stens genauso<br />

viel Angst vor uns hatten, und man lebte in Eintracht nebeneinan<strong>de</strong>rher. Einmal waren wir<br />

sogar regelrecht traurig, nach<strong>de</strong>m ein beson<strong>de</strong>rs schoenes Exemplar <strong>de</strong>n Fehler begangen<br />

hatte, sich an das Abflussrohr <strong>de</strong>s Waschbeckens zu setzen. Das ist naemlich offen und<br />

entlaesst das Waschwasser in einen Eimer fuers Klo. Und in eben diesen Eimer ist sie<br />

mitgerissen wor<strong>de</strong>n und jaemmerlich ertrunken.<br />

Dr. Wolfhard Starke ist offiziell medical volunteer, inoffiziell schmeisst er ohne Gehalt das<br />

Krankenhaus in Amppipal fast allein. Er lebt mit seiner Katze einsam und asketisch im am<br />

hoechsten gelegenen Haus am Hang ueber <strong>de</strong>m Krankenhaus.


Ueber seine medizinischen Leistungen hinaus - ich erwaehnte ja schon seine vielfaeltigen<br />

Faehigkeiten, vor allem im Op - kuemmert er sich um alle Belange <strong>de</strong>s Krankenhauses, von<br />

<strong>de</strong>n Toiletten bis zur Verteilung <strong>de</strong>r Fond-Gel<strong>de</strong>r zur Unterstuetzung <strong>de</strong>r Armen. Ausserhalb<br />

<strong>de</strong>s Hauses bemueht er sich zur Zeit um die Verbreitung von Oefen mit richtigem Abzug, was<br />

die Luft in <strong>de</strong>n Haeusern erheblich verbessern wuer<strong>de</strong>. In gewisser Hinsicht ist er in<br />

Amppipal, wo viele Entscheidungsprozesse doch sehr schwerfaellig verlaufen und die Leute<br />

abwarten, bis jemand die Initiative ergreift, unersetzlich.<br />

Nun ist es Zeit, die Wahrheit ans Licht zu bringen: Elisabeth und ich haben mehrere Maenner<br />

sterilisiert. Mit oben erwaehntem ungelerntem OP-Pfleger Janga haben wir je<strong>de</strong>r einige<br />

Vasektomien durchgefuehrt. Bei dieser kleinen, aber durchaus nicht unanspruchsvollen OP<br />

eroeffnet man bei lokaler Betaeubung <strong>de</strong>n Ho<strong>de</strong>nsack und praepariert <strong>de</strong>n Samenstrang<br />

heraus. Zwei beherzte Scherenschnitte und ein paar Knoten spaeter ist alles vorbei, alles.<br />

Mit Janga kamen wir trotz Sprachbarriere gut aus. Normalerweise macht er diese OP voellig<br />

allein und braucht fuer bei<strong>de</strong> Seiten zusammen nicht laenger <strong>als</strong> zehn Minuten. Gleich am<br />

zweiten Tag sollte ich mir ebenfalls die Haen<strong>de</strong> <strong>de</strong>sinfizieren und sterile Handschuhe<br />

anziehen. Nach einer kurzen Praesentation am linken Ho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Patienten, habe ich es ihm<br />

am rechten gleichgetan. Ein paar Tage spaeter hat er nur noch assistiert, und einmal war so<br />

ein Stress im OP, dass er Elisabeth und mich nur kurz fragte, ob wir das gemeinsam<br />

hinbekaemen, und nach meinem halb entschlossem Nicken im Nachbarraum verschwand und<br />

parallel eine an<strong>de</strong>re Operation in Angriff nahm. Was soll ich sagen, wir haben 's<br />

hinbekommen. Die Betaeubungsspritze hatte ich scheinbar gut gesetzt, <strong>de</strong>r Patient hatte keine<br />

Schmerzen. Hoffentlich haben wir die Knoten um <strong>de</strong>n Samenstrang fest genug zugezogen,<br />

sonst gibt es doch noch eine Ueberraschung... .<br />

Hier nun mal eine kleine Liste <strong>de</strong>r Operationen und medizinischen Beson<strong>de</strong>rheiten, die wir<br />

gesehen haben: eine Amputation mit einer stumpfen Saege, eine komplizierte supracondylaere<br />

Oberarmfraktur, eitrige Mittelohrentzuendungen ohne jegliche Trommelfellreste, etliche<br />

Abszesse, einen Radius-Schaft-Bruch, einen Darmverschluss bei Blinddarmkarzinom,<br />

zahlreiche Tubektomien und Vasektomien, einen Schlangenbiss und nicht zu vergessen, <strong>de</strong>r<br />

ueber 70jaehrige, <strong>de</strong>r vom Baumgefallen war. Es war auch ein Abort dabei, obwohl die Frau<br />

steif und fest behauptet hat, ihr Mann waere in Malaysia und sie koenne gar nicht schwanger<br />

sein. Am gleichen Tag hatte auch Wolfhards Katze Maxi eine Fehlgeburt und zog traurige<br />

rote Schlieren durch <strong>de</strong>n Raum. So schlimm kann es letzten En<strong>de</strong>s fuer sie aber nicht gewesen<br />

sein, <strong>de</strong>nn geschmeckt haben ihr diese Schlieren allemal, pfui <strong>de</strong>ifel.<br />

Wir waren froh, dass wir wegen <strong>de</strong>r oben beschriebenen Probleme mit Wolfhard <strong>de</strong>n 27jaehrigen<br />

Assistenzarzt Praschant zur Seite hatten. Er ist Brahmane, <strong>als</strong>o in <strong>de</strong>r obersten<br />

Kaste, und hat in St. Petersburg studiert. Seine Art ist ziemlich westlich und er lehnt sowohl<br />

das Kastensystem <strong>als</strong> auch <strong>de</strong>n Hinduismus fuer sich ab. Wir moegen ihn sehr, obwohl wir<br />

das Gefuehl hatten, dass er manchmal <strong>de</strong>n Brahman trotz gegenteiliger Re<strong>de</strong> nicht ganz<br />

ablegen kann. Bei Patienten niedriger Kaste (z.B. mit <strong>de</strong>m Nachnamen Nepali) war er<br />

bisweilen schon etwas schroffer. Praschand ist seit ungefaehr einem dreiviertel Jahr dabei und<br />

erledigt seine Arbeit mit einer fuer einen Arzt seines Alters ungewoehnlichen Souveraenitaet.<br />

Das ist <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Situation in Amppipal geschul<strong>de</strong>t. Abgesehen von seiner<br />

selbsstaendigen Vorgehensweise im OPD und gelegentlichem Assistieren im OP, ist es schon<br />

vorgekommen, dass Wolfhard nicht da war und alle Verantwortung fuer laengere Zeit auf<br />

seinen jungen Schultern lastete. In Amppipal hat man dann immer Dienst. Tag und Nacht, von<br />

Sonntag bis Samstag.


Wir haben mehrfach mit ihm gefeiert und in einer Gin-trunkenen Stun<strong>de</strong> hat er ein bisschen<br />

aus <strong>de</strong>m Naehkaestchen geplau<strong>de</strong>rt. An einem dieser Tage, an <strong>de</strong>nen er allein das<br />

Krankenhaus versorgen musste, kam ein Mann mit seinem Sohn, <strong>de</strong>r gefallen war und eine<br />

ziemlich grosse Blutung unter <strong>de</strong>r Schae<strong>de</strong>l<strong>de</strong>cke hatte. Er schwebte in Lebensgefahr, und <strong>de</strong>r<br />

Vater drohte damit, ihn in <strong>de</strong>n Fluss zu werfen, wenn nichts passiere. Praschant beteuerte,<br />

dass er diese Operation nicht machen koenne, er hatte sie noch nicht einmal gesehen. Der<br />

Vater liess sich nicht beruhigen, und Praschant willigte letzten En<strong>de</strong>s ein, es zu versuchen, um<br />

<strong>de</strong>n Jungen noch zu retten. Er wies aber jegliche Verantwortung von sich. Dann, so erzaehlte<br />

Praschant, habe er die ganze Nacht Chirurgie-Buecher gewaelzt und sie am Morgen alle mit<br />

in <strong>de</strong>n OP genommen. Zusammen mit Janga hat er dann <strong>de</strong>n Jungen intubiert und nach <strong>de</strong>r<br />

Vorlage in Buechern die Schae<strong>de</strong>l<strong>de</strong>cke eroeffnet und das Haematom ausgeraeumt. An <strong>de</strong>r<br />

Scheibe <strong>de</strong>r Op-Tuer sollen sich die Leute dicht an dicht gedraengt haben. Und auch diese<br />

Geschichte ist gut ausgegangen. <strong>de</strong>r Junge ist nach zwei Tagen aus <strong>de</strong>m Koma erwacht und<br />

erfreut sich heute bester Gesundheit. Unter <strong>de</strong>n Neurochirurgen in Kathmandu munkelt man<br />

noch heute, wer <strong>de</strong>r "Wahnsinnige" gewesen sei.<br />

In aehnlicher Weise hat Praschant wohl auch ein Kind per Kaiserschnitt zur Welt gebracht.<br />

... .<br />

Eben ist <strong>de</strong>r Strom ausgefallen. Ich bin tief traurig, <strong>de</strong>nn mein restlicher Text ist fuer immer<br />

verloren. Ich hatte ihn in weiser Voraussicht auf <strong>de</strong>r Festplatte gespeichert, doch das Biest<br />

von einem Computer hat, ich weiss nicht warum, beim Restart alle <strong>Dokument</strong>e von <strong>de</strong>r<br />

Festplatte geloescht. Und es ist niemand hier, <strong>de</strong>r mir helfen kann, es wie<strong>de</strong>r herzustellen.<br />

Sch... . Ich hatte noch ein bisschen was zu erzaehlen, vom Liglikot, <strong>de</strong>m Hausberg in<br />

Amppipal und seiner unbeschreiblichen Aussicht, ueber unsere vielen Einladungen zum<br />

Dashain-Fest, ueber die Drachen-Kaempfe, die sich die Kin<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Daechern<br />

Kathmandus aus liefern, ueber Lepra und ueber Nep<strong>als</strong> beruehmtesten Rapper, <strong>de</strong>n wir ueber<br />

Praschant kennen gelernt haben und <strong>de</strong>ssen Song <strong>de</strong>n ganzen Tag im Radio laeuft. Wie<br />

traurig.<br />

Das einzig Schoene ist im Moment nur, dass wir morgen nach Hause fliegen. Darauf freuen<br />

wir uns jetzt schon sehr. Bis zum Wie<strong>de</strong>rsehen,<br />

Benny und Elisabeth


Abschlussbericht <strong>de</strong>r Auslandsfamulatur in Kathmandu / Nepal<br />

Horst Winter<br />

MUG; Humanmedizin O 202; vollen<strong>de</strong>tes 8. Semester<br />

Winter.horst@gmail.com<br />

Nepalmed e. V.<br />

Straße <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns 27, D – 04668 Grimma, Deutschland<br />

Tel.: 0049 3437 701141<br />

Fax.: 0049 3437 910160<br />

E-mail: <strong>nepalmed</strong>@gmx.<strong>de</strong><br />

Kathmandu Mo<strong>de</strong>l Hospital (KMH):<br />

Pradarshani Marg / Exhibition Roed, Kathmandu, Nepal<br />

Tel.: 00977-1-4240806/5<br />

Ansprechpartner: Direktor – Dr. Bharat Pradhan bzw.<br />

Sekretariat – OPD, 3 Stock<br />

Lan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong><br />

Fläche: 147.181 km²<br />

Einwohner: 29,52 Mio<br />

Bevölkerungsdichte: 192,2 E / km²<br />

Hauptstadt: Kathmandu (ca. 1 Mio)<br />

Amtssprache: Nepali<br />

Religion: Hinduismus (80%),<br />

Buddhismus (15%)<br />

Währung: Nepalesische Rupie [NRs]<br />

(1 € = 100 NRs)<br />

07.07. - 16.08.2008<br />

Meine Entscheidung in Nepal zu famulieren viel erst ziemlich spät, da es meine erste<br />

Auslandsfamulatur war und ich mich aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Einfachheit zu Beginn meines<br />

7.Semesters bei <strong>de</strong>r AMSA (Austrian Medical Stu<strong>de</strong>nts' Association) angemel<strong>de</strong>t hatte. Aus<br />

unerforschbaren Grün<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> mir mein Zielland erster Wahl nicht gewährt. Diese<br />

Mitteilung benötigte ein paar Monate, weshalb ich ziemlich angefressen war und beschloss<br />

mit dieser Organisation keinen weiteren Kontakt zu pflegen.


Ich hatte die Hoffnung bereits aufgegeben, in <strong>de</strong>n Sommerferien im Ausland zu famulieren,<br />

<strong>als</strong> ich durch Studienkollegen auf eine Internetseite aufmerksam gemacht wur<strong>de</strong>:<br />

www.<strong>nepalmed</strong>.<strong>de</strong><br />

Nach Besichtigung <strong>de</strong>r Seite entschloss ich mich das Angebot dieser Organisation<br />

anzunehmen. Ohne weitere Probleme war die Famulatur organisiert und es fehlte nur noch<br />

eine Unterkunft, sowie Visum, Impfungen, etc. Hierbei half die Homepage <strong>de</strong>s Vereins<br />

Nepalmed auch sehr, da so ziemlich alles darin aufgelistet ist. Kurzum entschied ich mich die<br />

empfohlene Unterkunft anzuschreiben und organisierte problemlos eine Wohnstätte für die<br />

besagte Zeit:<br />

Familie K.P. Maskey Baddisbutly, Postbox Nr. 3037, Kathmandu, Nepal Tel. 00977-<br />

1-470418 Fax 00977 – 1 – 4744627; oneworld@ccsl.com.np<br />

Preis ca. 150 € für ein Monat mit Verpflegung<br />

Des weitern beschaffte ich mir das Visum, in<strong>de</strong>m ich das Nepalesische Konsulat in Wien<br />

kontaktierte und die gewünschten Formulare, sowie Pass und Geld hinschickte. Innerhalb von<br />

drei Tagen bekam ich meinen Pass zurück geschickt. Man könnte das Visum auch in<br />

Kathmandu am Flughafen erwerben, aber ich dachte, dass ich nach einer 14 stündigen Anreise<br />

keine Lust hätte noch Formulare auszufüllen usw. Jedoch wäre das Visum in Nepal viel<br />

billiger (Österreich: 45€, Nepal: 40$).<br />

Die einzigen weiteren Reisevorbereitungen die ich traf, waren Impfungen:<br />

Tollwut, Typhus, Cholera und Überprüfung ob die Standard-Impfungen (Hep.B, 6fach<br />

Impfung etc.)noch ausreichend Schutz baten.<br />

Und natürlich die Einreichung <strong>de</strong>r Anfrage auf För<strong>de</strong>rung.<br />

Der Flug war lang und wie ich im nach hinein erfuhr auch sehr teuer, obwohl ich ihn bereits<br />

im Feb. 2008 gebucht und bezahlt hatte:<br />

Qatar Airways => Wien – Doha – Kathmandu (6h Aufenthalt in Doha)<br />

New Dehli – Doha – Wien (3h Aufenthalt in Doha)<br />

Preis: ca. 900 €<br />

In Nepal angekommen, lief alles wie am Schnürchen, da ich in <strong>de</strong>r Ankunftshalle nicht lange<br />

warten musste, hatte ja bereits mein Visum und ich beim Ausgang bereits von einem<br />

Angestellten <strong>de</strong>r Unterkunft empfangen und zur Bleibe chauffiert wur<strong>de</strong>. Dort erwarteten<br />

mich bereits ein Mittagessen (dal & path) und ein vorbereiteter Raum. Nach einem<br />

erholsamen Schläfchen, brach ich in die Stadt auf, um <strong>de</strong>n Weg zum Krankenhaus und das<br />

Hospital selbst zu erkun<strong>de</strong>n. Die Taxifahrt war we<strong>de</strong>r lange noch teuer (ca. 10-15 min und 80<br />

Rupien = 80 Cent), nur das Krankenhaus war auf <strong>de</strong>n ersten Blick nicht leicht zu ent<strong>de</strong>cken.<br />

Am nächsten Tag begab ich mich <strong>als</strong> erstes ins Sekretariat, wo zuerst die Formalitäten geklärt<br />

wur<strong>de</strong>n: Formulare ausfüllen, Universitätsempfehlung, Passbil<strong>de</strong>r, etc. abgeben (ist alles auf<br />

<strong>de</strong>r Nepalmed Homepage vermerkt). Danach musste ich angeben auf welchen Stationen<br />

(Departments) ich famulieren wollte und in welchem Zeitraum. Ich entschied mich für 2<br />

Wochen auf <strong>de</strong>r Inneren Medizin und 3Wochen auf <strong>de</strong>r Allgemeinen Chirurgie. Darauf hin<br />

wur<strong>de</strong> ich auf die Station (Internal Medicine Department) gebracht und mir wur<strong>de</strong> mein<br />

Supervisor, ein Oberarzt, vorgestellt. Dieser wie<strong>de</strong>rum führte mich kurz auf <strong>de</strong>r Station herum<br />

und übergab mich danach in die Obhut eines Turnusarztes, welcher meine<br />

Hauptansprechperson und Verantwortlicher wur<strong>de</strong>, was nicht schlecht war, weil die meiste<br />

Arbeit von Turnusärzten erledigt wur<strong>de</strong>.<br />

Am zweiten Tag begann <strong>de</strong>r Alltag, da ich rechtzeitig in <strong>de</strong>r Früh anwesend war und <strong>de</strong>n<br />

ganzen Tagesablauf begutachten konnte. Die Arbeitsweise ist <strong>de</strong>r unsrigen sehr ähnlich, da in<br />

<strong>de</strong>r Früh Blutabnahmen und <strong>de</strong>r gleichen Handgriffe von statten gingen bis die<br />

Morgenbesprechung, 8 Uhr, anfingt. Diese fand in einem Konferenzraum statt, in welchem<br />

sich alle Stationschefs und Oberärzte, sowie Turnusärzte und auch Schwestern versammelten.


Als erstes präsentierte je<strong>de</strong> Station die „Neuankömmlinge“ <strong>de</strong>r Nacht, mit Diagnose und<br />

Therapie, wobei bei Ungenauigkeiten o<strong>de</strong>r Unklarheiten sehr genau nachgehackt wur<strong>de</strong>. Nach<br />

dieser Präsentation, ca. um 8 Uhr 30, folgte ein Fortbildungsvortrag, <strong>de</strong>r meist von einem<br />

Turnusarzt abgehalten wur<strong>de</strong> und eigentlich <strong>als</strong> Wie<strong>de</strong>rholung von Basiswissen aufzufassen<br />

war. Nach je<strong>de</strong>m dieser Vorträge gab es eine rege Diskussion über die Vortrags- und<br />

Aufbereitungsqualität sowie die Aktualität und Präsenz <strong>de</strong>s Themas im Krankenhaus.<br />

Danach begannen die Morgenvisiten, ca. 9 Uhr, auf <strong>de</strong>n Stationen, wobei sich wie bei uns<br />

eine Traube von Ärzten, Schwestern und noch an<strong>de</strong>ren Personen um <strong>de</strong>n Chefarzt <strong>de</strong>r<br />

Station bil<strong>de</strong>te, welcher ´ die Visite anführte und sich von <strong>de</strong>n Ärzten bzw. Schwestern die<br />

Patienten und <strong>de</strong>ren vorläufigen Diagnosen, Behandlungen, Therapien, etc. vortragen ließ und<br />

seine Meinungen, Verbesserungen o<strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rungen beifügte. Nach<strong>de</strong>m alle Patienten<br />

besprochen wur<strong>de</strong>n, verließ <strong>de</strong>r Chefarzt die Station, um in die Ambulanz zu gehen und das<br />

restliche medizinische Personal begann, die vorgegebenen Verän<strong>de</strong>rungen auszuführen.<br />

Im Großen und Ganzen waren das die Arbeiten auf dieser Station, wobei ich sagen muss, dass<br />

ich mir etwas mehr darunter vorgestellt hatte und ich mich auf die Abwechslung auf <strong>de</strong>r<br />

chirurgischen Station freute.<br />

Als ich meine Famulatur auf <strong>de</strong>r allgemeinchirurgischen Station (General Surgery<br />

Department) begann, startete <strong>de</strong>r erste Tag wie<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Begrüßungsproze<strong>de</strong>re. Auf <strong>de</strong>r<br />

Station begrüßte mich <strong>de</strong>r Oberarzt und leitete mich direkt an einen Assistenzarzt weiter,<br />

welcher mich unter seine Fittiche nahm. Nach<strong>de</strong>m ich mich mit <strong>de</strong>r Station vertraut gemacht<br />

hatte, zeigte er mir <strong>de</strong>n OP-Bereich (Operation Theatre), in welchen ich die meiste Zeit<br />

meiner Famulatur verbrachte. Dieser umfasste drei Operationsräume, welche von <strong>de</strong>r<br />

Allgemeinchirurgie, <strong>de</strong>r Neurochirurgie, <strong>de</strong>r Orthopädie, sowie <strong>de</strong>r Gynäkologie genutzt<br />

wur<strong>de</strong>n. Durch diese Fülle an verschie<strong>de</strong>nen Fächern, kann man <strong>de</strong>n Operationsreichtum<br />

erahnen, <strong>de</strong>r sich einem hier bat. Und mit rechtzeitigem Fragen war es kein Problem in all<br />

diesen Fächern eine zweite Assistenz zu stellen, wobei es keinen Unterschied machte, ob man<br />

in <strong>de</strong>n Operationsprozess eingebun<strong>de</strong>n war o<strong>de</strong>r nicht, da man immer hautnah dabei war und<br />

sich kein Chirurg gestört fühlte, wenn man ihm über die Schulter blickte und ihn mit Fragen<br />

bombardierte.<br />

Jedoch gibt es auf <strong>de</strong>r Chirurgie nicht nur Interessantes im OP zu sehen son<strong>de</strong>rn auch in <strong>de</strong>n<br />

Ambulanzen (OPD = Outpatient Department), die, wie ich vorher schon erwähnte, von <strong>de</strong>n<br />

Chefärzten geführt wur<strong>de</strong>n.<br />

Lei<strong>de</strong>r waren die drei Wochen auf <strong>de</strong>r Chirurgie sehr schnell vergangen, aber ich muss sagen,<br />

dass man nach 5 Wochen Famulatur auch froh ist, wenn es vorbei ist, vor allem wenn man<br />

sechs Tage die Woche arbeiten muss. Hier noch ein paar Eindrücke vom Krankenhaus:<br />

Alles in Allem kann ich nur je<strong>de</strong>m empfehlen eine Auslandsfamulatur zu machen und wenn<br />

man noch zusätzlich von hohen Bergen fasziniert ist und auf Trekking steht, ist Nepal sicher<br />

eine sehr gute Anlaufstation, auch wenn im Sommer Monsunzeit ist. Außer<strong>de</strong>m gibt es noch<br />

sehr schöne Tempel zu besichtigen, z. B. das größte bhuddistische Denkmal außerhalb Tibets<br />

– Bhuddanath und noch vieles mehr.<br />

Also kann ich nur empfehlen sich an seinen PC zu setzten und eine Famulatur in Nepal zu<br />

organisieren.<br />

Graz, 05.11.2008 Horst Winter


Famulaturbericht: Anfang September - Anfang Oktober 2008<br />

Wir reisten zu zweit nach Simikot (Humla Region), um dort eine 30-taegige Famulatur im<br />

Citta Nepal Medical Center zu machen.<br />

Die Anreise war sehr unangenehm, da auf <strong>de</strong>m Hinflug eine Uebernachtung in Nepalgunj<br />

(Vorsicht, hohe Luftfeuchtigkeit und Malaria!) nicht zu umgehen ist, und unser Hotel<br />

(Laligurans) nicht nur ueberteuert, son<strong>de</strong>rn auch mit teilweise Handteller-grossen Kakerlaken<br />

besie<strong>de</strong>lt war. Lei<strong>de</strong>r kam noch hinzu, dass unser Flug am naechsten Tag weiter nach Simikot,<br />

ohne dass wir gefragt wor<strong>de</strong>n waeren, ein Charterflug war und uns damit etwa 80 E mehr <strong>als</strong><br />

<strong>de</strong>r Linienflug gekostet hat.<br />

In Simikot war es dafuer kalt und trocken, da Mitte September eigentlich En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Monsun-<br />

Regenzeit ist. Trotz etwa 3000 Hoehenmeter hatten wir keinerlei Anzeichen von<br />

Hoehenkrankheit. Die Unterkunft im Krankenhaus ist sauber und kostenlos, die Betten sind<br />

zwar hart, die Matratzen und Kissen dafuer aber mit Plastik bezogen, <strong>als</strong>o keine Probleme<br />

wegen <strong>de</strong>r befuerchteten Laeuse und Floehe. Das WC ist ein Hock-Klo mit "eimerweise<br />

manueller" Spuelung und Toilettenpapier gibt es nicht viel, aber immerhin ist es erlaubt. Da<br />

es keine Heizung gibt, ist ein warmer Schlafsack obligat, ausser<strong>de</strong>m sollte man sich mit<br />

eiskaltem Wasser zufrie<strong>de</strong>n geben koennen. Seit einigen Monaten besteht sogar eine<br />

Stromleitung vom Wasserwerk, die nicht immer funktioniert, aber von privatem Solarstrom<br />

z.T. ergaenzt wird. Die Steckdosen sind passend fuer fast alle auslaendischen Stecker (kein<br />

Weltstecker benoetigt). Ein Computer und ein Telefon (und inzwischen auch viele Handys bei<br />

Mitarbeitern) sind da, aber keine Internet-Moeglichkeiten. Wegen Parasiten im Wasser sollte<br />

man das Trinkwasser immer abkochen; das Essen (fuer einen Monat haben wir je etwa 50 E<br />

bezahlt) ist meist scharf, jedoch mengenmaessig immer mehr <strong>als</strong> genuegend (3 Mahlzeiten am<br />

Tag) und abwechslungsreicher, <strong>als</strong> wir gedacht haetten, was trotz<strong>de</strong>m viel Reis und Gemuese<br />

be<strong>de</strong>utet.<br />

Die Mitarbeiter <strong>de</strong>s Citta, 2 Krankenschwestern, eine Pharmazieschwester und mehrere nonmedical-staff,<br />

sind sehr freundlich und umgaenglich; auch wenn ihr Englisch nicht immer gut<br />

zu verstehen ist, lassen sich mit ihrer Hilfe Patienten behan<strong>de</strong>ln. Der verantwortliche Arzt Dr.<br />

Yeshe Lodoe Llama, <strong>de</strong>r das Krankenhaus aufgebaut hat, ist nur etwa 4 Monate im Jahr (im<br />

Winter, wenn keine Flugzeuge fliegen) anwesend, d.h. wir konnten sehr viel selbst<br />

Medikamente verschreiben, zum Glueck alles unter <strong>de</strong>r Kontrolle <strong>de</strong>r Krankenschwester. Die<br />

am haeufigsten behan<strong>de</strong>lten Krankheiten waren Gastritis, Diarrhoe (durch Wuermer o<strong>de</strong>r<br />

Bakterien), Bronchitis, Haut – o<strong>de</strong>r Ohrinfektionen und HWI. Grundsaetzlich koennen im<br />

Citta Patienten uebernachten, da wir aber wegen Erntezeit und <strong>de</strong>r Abwesenheit <strong>de</strong>s Doktors<br />

nur 3-8 Patienten hatten, war das ueberfluessig. Das Behandlungsmaximum erreichten wir mit<br />

25-30 Patienten waehrend <strong>de</strong>r 4 Tage "Dental Camp", <strong>als</strong> Dr. Yeshe mit einem kanadischen<br />

Zahnarzt anreiste, um von diesem an etwa 110 Personen insgesamt die zahnaerztliche<br />

Versorgung zu lernen. Wir selbst hatten das Glueck, selbst einige Zahn-Lokalanaesthesien<br />

setzen zu duerfen.<br />

Fuer <strong>de</strong>n Neubau nebenan, <strong>de</strong>r naechstes Jahr fertig wer<strong>de</strong>n soll, ist eine eigene Zahnarzt-,<br />

Labor- und Roentgen-Einheit geplant.


Meine weiteren Tipps fuer alle Interessierten:<br />

- Bringt warme Klamotten und Jacken mit, da es auch im September schon schneien<br />

o<strong>de</strong>r aber noch tagelang regnen kann.<br />

- Bringt gegen Langeweile mehrere Buecher und viele Batterien fuer Musik mit.<br />

- Plant min<strong>de</strong>stens 10 Tage nach Simikot vor eurem Flug nach Hause ein, weil man im<br />

Krankenhaus durchaus mal eine Woche feststecken kann (schlechtes Wetter be<strong>de</strong>utet<br />

keine Flugzeuge).<br />

- Stellt sicher, dass ihr nicht mehr <strong>als</strong> 2 Stu<strong>de</strong>nten/volunteers dort gleichzeitig seid, <strong>de</strong>nn<br />

man nimmt sich sonst gegenseitig die Arbeit weg.<br />

- Wenn ihr etwas mitbringen wollt: Ueber Kulis freuen sich die Kin<strong>de</strong>r ueberall in<br />

Nepal, Papier Latexhandschuhe sind Mangelware und Urinstreifen zum Nachweis von<br />

Nierenfehlfunktionen koennten sehr hilfreich sein.


Famulaturbericht: 20. Februar - 22. März 2009 in Nepal/KTM<br />

Kathmandu Mo<strong>de</strong>l Hospital<br />

Anreise: Bereits 2 Tage vor meinem Beginn<br />

im Krankenhaus bin ich nach Kathmandu<br />

geflogen um vorab schon einen kleinen<br />

Eindruck von <strong>de</strong>r Stadt und <strong>de</strong>r Lage <strong>de</strong>s<br />

Krankenhauses zu gewinnen. Der Flug mit<br />

Qatar Air von München über Doha nach<br />

Kathmandu war sehr angenehm. Die<br />

Reisedauer beträgt in etwa 15 Stun<strong>de</strong>n (mit<br />

2h Aufenthalt in Doha). Am Flughafen<br />

Kathmandu angekommen, wur<strong>de</strong> ich<br />

glücklicherweise von meiner Nepalesischen<br />

Gastfamilie abgeholt, ansonsten kann man<br />

auch für 150 Rupee (ca 1,50€ ) mit <strong>de</strong>m Taxi<br />

in die Innenstadt fahren.<br />

Unterkunft: Untergebracht war ich für die 4- wöchige Famulatur in <strong>de</strong>r Nepalesischen<br />

Familie von KP Maskey, die mir von Nepalmed empfohlen wur<strong>de</strong>. Das Haus liegt ein wenig<br />

außerhalb <strong>de</strong>s Stadtzentrums und somit nicht im allergrößten Verkehrschaos.<br />

Von dort aus kann man entwe<strong>de</strong>r zu Fuß zum Kathmandu Mo<strong>de</strong>l Hospital laufen (ca. 30 min.)<br />

o<strong>de</strong>r ein Taxi nehmen (ca. 150 Rupee). Nach einiger Zeit habe ich auch die entsprechen<strong>de</strong><br />

Tuk-Tuk- (3- rädiges Gefährt für 6 Personen) Linie ausfindig gemacht, die ganz in <strong>de</strong>r Nähe<br />

<strong>de</strong>s Krankenhauses hält und nur 10 Rupee pro Fahrt kostet.<br />

In <strong>de</strong>m Haus, in <strong>de</strong>m neben <strong>de</strong>r Familie auch die Haushälterin mit Mann und kleinem Sohn<br />

wohnen, gibt es 2 zusätzliche Schlafzimmer, die vor allem an Deutsche Famulanten vermietet<br />

wer<strong>de</strong>n. Gemeinsam mit mir haben dort noch ein Deutsches Pärchen, und später noch eine<br />

weitere Medizinstu<strong>de</strong>ntin gewohnt, sodass man auch hier die Möglichkeit hatte, sich über<br />

Erfahrungen und Erlebnisse auszutauschen. Gera<strong>de</strong> an meinem ersten Arbeitstag im<br />

Krankenhaus war das sehr nützlich, da mich die Famulanten gleich zur richtigen Dame<br />

gebracht haben, bei <strong>de</strong>r ich mich am ersten Tag mel<strong>de</strong>n sollte.<br />

Das Leben in <strong>de</strong>r Nepalesischen Familie war auch <strong>de</strong>shalb eine ganz beson<strong>de</strong>re Erfahrung,<br />

weil man hier nicht nur die traditionelle nepalesische Küche kennen lernt, son<strong>de</strong>rn auch viele<br />

nützliche Tipps für Ausflüge ins Umland o<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs sehenswerte Plätze in Kathmandu<br />

erhält. Außer<strong>de</strong>m hatte ich das große Glück, dass ich zu einigen Familienfeiern mitkommen<br />

und auch dort die Herzlichkeit und Gastfreundschaft <strong>de</strong>r Nepali erfahren durfte.<br />

Alles in Allem war ich einfach unglaublich froh, nach <strong>de</strong>r Arbeit im Krankenhaus aus <strong>de</strong>m<br />

Chaos <strong>de</strong>r Innenstadt in die Freundlichkeit dieser Familie zu entfliehen und habe mich dort<br />

wahnsinnig wohl gefühlt.<br />

Pädiatrie: Die ersten bei<strong>de</strong>n Wochen meiner Famulatur war ich auf <strong>de</strong>r Pädiatrie und damit<br />

mit 2 Ärzten unterwegs, die selbst erst vor 1 Woche an das Kathmandu Mo<strong>de</strong>l Krankenhaus<br />

gewechselt haben. Ich wur<strong>de</strong> auch hier unglaublich freundlich aufgenommen und habe mich<br />

von Anfang an sehr willkommen gefühlt. Die bei<strong>de</strong>n Ärzte, die zuvor schon viel Erfahrung an<br />

an<strong>de</strong>ren Krankenhäusern gesammelt hatten, wollen nun im Mo<strong>de</strong>l Krankenhaus die<br />

Versorgung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r sichern und auch eine Frühchen – Station aufbauen. Dr. Manoj, <strong>de</strong>r<br />

ein sehr fähiger und unglaublich engagierter Kin<strong>de</strong>rchirurg ist, nahm mich immer zu seinen<br />

Operationen mit und war sehr bemüht, mir die Krankheitsbil<strong>de</strong>r und Operationstechniken<br />

genauestens zu erklären. Mit Dr. Rajesh , <strong>de</strong>r im Krankenhaus die allgemeine Pädiatrie


praktiziert, konnte ich bei vielen Kaiserschnitten dabei sein, die Morgenrun<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Neugeborenen – und Frühchenstation mitmachen und bei <strong>de</strong>n ambulanten Sprechstun<strong>de</strong>n<br />

dabei sein. Lei<strong>de</strong>r war bei <strong>de</strong>n Sprechstun<strong>de</strong>n das Problem, dass die Eltern <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r nur<br />

Nepali sprechen und auch Dr. Rajesh dann natürlich die Diagnosen und Therapien auf Nepali<br />

erklärt hat. Er hat sich zwar unglaublich bemüht, mir in Kurzfassung die Patienten<br />

vorzustellen, aber meist war bei <strong>de</strong>n zahlreichen Patienten, die vor <strong>de</strong>m Behandlungszimmer<br />

warteten, relativ wenig Zeit. Ich hatte hier allerdings die gute Möglichkeit auch<br />

Krankheitsbil<strong>de</strong>r wie Mumps, das ja bei uns aufgrund <strong>de</strong>r hohen Durchimpfungsrate kaum<br />

noch vorkommt, zu sehen. Auch die Tuberkulose, die in Nepal aufgrund <strong>de</strong>r schlechten<br />

hygienischen Bedingungen und <strong>de</strong>r häufigen Unterernährung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r ein großes Problem<br />

darstellt, wur<strong>de</strong> bei mehreren Patienten diagnostiziert. Außer<strong>de</strong>m sind die Kin<strong>de</strong>r mit Lippen-<br />

Kiefer- Gaumen- Spalten, die an <strong>de</strong>r Klinik durch das Team <strong>de</strong>r Plastischen Chirurgen<br />

versorgt wur<strong>de</strong>n, zur präoperativen Untersuchung in die ambulante Sprechstun<strong>de</strong> gekommen.<br />

Als dann Dr. Manoj für eine Schulung nach Indien gefahren ist, habe ich mich entschlossen,<br />

für meine letzten bei<strong>de</strong>n Wochen in <strong>de</strong>n Emergency Room zu wechseln.<br />

Untersuchungsraum Pädiatrie<br />

Emergency Room: Hier arbeiten vor allem<br />

junge Ärzte, die unglaublich engagiert und<br />

motiviert sind und ein verblüffend gutes<br />

Englisch sprechen. Die Ärzte wur<strong>de</strong>n vor<br />

allem in Bangla<strong>de</strong>sh und China ausgebil<strong>de</strong>t<br />

und kommen dann zum Arbeiten wie<strong>de</strong>r<br />

zurück nach Nepal. Auch hier wur<strong>de</strong> ich<br />

unglaublich freundlich aufgenommen und<br />

sofort in <strong>de</strong>n Ablauf eingeführt. Tagsüber<br />

sind immer 2 Ärzte für die Notaufnahme<br />

zuständig, wobei mehrm<strong>als</strong> am Tag die<br />

Ärzte <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Fachbereiche (Innere<br />

Medizin, Gynäkologie und Chirurgie) in<br />

<strong>de</strong>n Emergency Room kommen und sich<br />

die entsprechen<strong>de</strong>n Patienten anschauen.<br />

Wenn ein Patient eingeliefert wird, wird<br />

dieser in <strong>de</strong>r Regel von einem Arzt<br />

untersucht und die notwendigen<br />

Operationssaal<br />

Untersuchungsmaßnahmen wie Röntgen<br />

o<strong>de</strong>r Labor, angeordnet. Meist dauert es<br />

jedoch mehrere Stun<strong>de</strong>n bis <strong>de</strong>r Patient<br />

dann zur entsprechen<strong>de</strong>n Untersuchung<br />

gebracht wird. Sowohl Patienten, <strong>als</strong> auch<br />

alle Familienmitglie<strong>de</strong>r die grundsätzlich<br />

mit im Emergency Room stehen, warten<br />

unglaublich geduldig und sind <strong>de</strong>nke ich<br />

einfach nur froh, wenn sich irgendjemand<br />

um sie kümmert.<br />

Ich hatte dann meist die Möglichkeit, die Patienten selbst zu untersuchen und die<br />

Röntgenbil<strong>de</strong>r und Laborwerte anzusehen. Oft haben mich die Ärzte auch gefragt, was nun<br />

meine Diagnose o<strong>de</strong>r Vermutung sei und welche Symptome zu <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Krankheitsbil<strong>de</strong>rn gehörten. Alle waren unglaublich bemüht, mir möglichst viel zu zeigen und<br />

zu lernen. Ich hatte auch die Möglichkeit mit 2 ganz jungen Ärzten einen Nachtdienst mit zu<br />

machen um auch hier meine Erfahrungen zu sammeln. Allerdings stellte sich dies dann <strong>als</strong> ein<br />

ungewöhnlich ruhiger Dienst heraus, so dass ich mich auch für einige Stun<strong>de</strong>n schlafen legen


konnte. Insgesamt habe ich im Emergency<br />

Room eine wahnsinnige Vielfalt an<br />

verschie<strong>de</strong>nen Krankheitsbil<strong>de</strong>rn kennen<br />

gelernt, die in diesem einen Raum alle<br />

nebeneinan<strong>de</strong>r versorgt wer<strong>de</strong>n. Von<br />

Herzinfarkt, Leberzirrhose über COPD<br />

(davon gibt es unglaublich viele Patienten,<br />

was allerdings bei <strong>de</strong>m Smog auch kein<br />

Wun<strong>de</strong>r ist…), Typhus, Pankreatitis,<br />

Vergiftungen, Verkehrsunfälle und<br />

Frühchenstation (Zwillinge in einem Bettchen)<br />

Messerstechereien war alles dabei.<br />

Ein an<strong>de</strong>res Highlight war außer<strong>de</strong>m die<br />

Hochzeit eines jungen Arztes, <strong>de</strong>r das<br />

gesamte Krankenhausteam zu <strong>de</strong>r Feier<br />

eingela<strong>de</strong>n hat, was in Nepal wohl auch so üblich ist. Damit hatte ich und die an<strong>de</strong>ren<br />

Famulanten die wun<strong>de</strong>rschöne Möglichkeit so eine traditionelle Feier mit zu erleben und die<br />

Frauen in ihren wun<strong>de</strong>rschönen Saree- Klei<strong>de</strong>rn zu bewun<strong>de</strong>rn.<br />

Fazit: Die Arbeit am Krankenhaus war einfach eine unglaubliche und einmalige Erfahrung!<br />

Die Freundlichkeit, mit <strong>de</strong>r man <strong>als</strong> Stu<strong>de</strong>nt von Anfang an empfangen wird und die Wärme<br />

<strong>de</strong>r Nepali macht die Arbeit zu einem wun<strong>de</strong>rschönen Erlebnis. Ich habe dort nicht nur<br />

fachlich einiges gelernt, son<strong>de</strong>rn auch menschlich viele Erfahrungen sammeln können.<br />

Ich bin daher je<strong>de</strong>n Tag sehr gerne in das Krankenhaus gegangen und auch oft freiwillig<br />

länger geblieben, wenn gera<strong>de</strong> ganz beson<strong>de</strong>rs interessante Patienten in die Notaufnahme<br />

kamen.<br />

Oftm<strong>als</strong> wäre es allerdings hilfreich gewesen, schon vorab ein paar nepalesische Wörter zu<br />

lernen um sich auch mit <strong>de</strong>n Patienten besser verständigen zu können.

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