21.04.2022 Aufrufe

BANKING Markt +Trends 2022

Neun Trends, an denen keine Bank vorbeikommt Angriff von allen Seiten: So retten Banken ihr Firmenkundengeschäft Ein Blick in die Zukunft: So entwickelt sich das digitale Banking in Deutschland Was Banken und Finanzinstitute in 2022 erwartet Im Bankensektor in Deutschland herrscht laut einer Studie Zuversicht. 40 Prozent der Banken erwarten, dass sich die Branche bis 2023 besser als die deutsche Gesamtwirtschaft entwickeln wird. Zu den Gutgelaunten unter den Banken zählen beispielsweise Institute mit einem Fokus auf das Immobiliengeschäft. Die Regulierungsbehörden bemühen sich, Finanzdienstleistungen sowie neue Vermögenswerte wie Kryptowährungen oder NFTs zu kontrollieren. Der Trend geht auch bei den modernen Vermögenswerten zu einheitlichen Standards und Technologien für die Online- Identifizierung. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat für das Jahr 2022 sechs Hauptrisiken für die deutsche Finanzbranche identifiziert, mit denen sie sich prioritär befassen will. Das geht aus ihren veröffentlichten „Risiken im Fokus der BaFin“ hervor. Banken und Fondsgesellschaften sind zunehmend auf Ratings und Scores von ESG-Research- Spezialisten angewiesen. Aber die Nachhaltigkeitsanalysen unterscheiden sich in ihren Erhebungsmethoden, ihrer Zusammenstellung und ihren Ergebnissen deutlich. Dies macht die Auswahl des passenden ESG-Datenanbieters kompliziert. Das Redaktionsteam

Neun Trends, an denen keine Bank vorbeikommt Angriff von allen Seiten:
So retten Banken ihr Firmenkundengeschäft Ein Blick in die Zukunft:
So entwickelt sich das digitale Banking in Deutschland

Was Banken und Finanzinstitute in
2022 erwartet
Im Bankensektor in Deutschland herrscht laut einer Studie Zuversicht. 40 Prozent der
Banken erwarten, dass sich die Branche bis 2023 besser als die deutsche Gesamtwirtschaft
entwickeln wird. Zu den Gutgelaunten unter den Banken zählen beispielsweise
Institute mit einem Fokus auf das Immobiliengeschäft.
Die Regulierungsbehörden bemühen sich, Finanzdienstleistungen sowie neue Vermögenswerte
wie Kryptowährungen oder NFTs zu kontrollieren. Der Trend geht auch bei den
modernen Vermögenswerten zu einheitlichen Standards und Technologien für die Online-
Identifizierung.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat für das Jahr 2022 sechs
Hauptrisiken für die deutsche Finanzbranche identifiziert, mit denen sie sich prioritär
befassen will. Das geht aus ihren veröffentlichten „Risiken im Fokus der BaFin“ hervor.
Banken und Fondsgesellschaften sind zunehmend auf Ratings und Scores von ESG-Research-
Spezialisten angewiesen. Aber die Nachhaltigkeitsanalysen unterscheiden sich in ihren
Erhebungsmethoden, ihrer Zusammenstellung und ihren Ergebnissen deutlich.
Dies macht die Auswahl des passenden ESG-Datenanbieters kompliziert.
Das Redaktionsteam

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Was Banken und Finanzinstitute<br />

in <strong>2022</strong> erwartet<br />

BaFin hat <strong>2022</strong><br />

sechs Hauptrisiken im Fokus<br />

EZB-Klimastresstest:<br />

Die Sorge der Banken<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> <strong>+Trends</strong> <strong>2022</strong><br />

Neun Trends, an denen keine Bank vorbeikommt<br />

Angriff von allen Seiten:<br />

So retten Banken ihr Firmenkundengeschäft<br />

Ein Blick in die Zukunft:<br />

So entwickelt sich das digitale Banking in<br />

Deutschland<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

www.FinanzBusinessMagazin.de


FinanzBusinessMagazin I EDITORIAL<br />

EDITORIAL<br />

Was Banken und Finanzinstitute in<br />

<strong>2022</strong> erwartet<br />

Im Bankensektor in Deutschland herrscht laut einer Studie Zuversicht. 40 Prozent der<br />

Banken erwarten, dass sich die Branche bis 2023 besser als die deutsche Gesamtwirtschaft<br />

entwickeln wird. Zu den Gutgelaunten unter den Banken zählen beispielsweise<br />

Institute mit einem Fokus auf das Immobiliengeschäft.<br />

Die Regulierungsbehörden bemühen sich, Finanzdienstleistungen sowie neue Vermögenswerte<br />

wie Kryptowährungen oder NFTs zu kontrollieren. Der Trend geht auch bei den<br />

modernen Vermögenswerten zu einheitlichen Standards und Technologien für die Online-<br />

Identifizierung.<br />

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat für das Jahr <strong>2022</strong> sechs<br />

Hauptrisiken für die deutsche Finanzbranche identifiziert, mit denen sie sich prioritär<br />

befassen will. Das geht aus ihren veröffentlichten „Risiken im Fokus der BaFin“ hervor.<br />

Banken und Fondsgesellschaften sind zunehmend auf Ratings und Scores von ESG-Research-<br />

Spezialisten angewiesen. Aber die Nachhaltigkeitsanalysen unterscheiden sich in ihren<br />

Erhebungsmethoden, ihrer Zusammenstellung und ihren Ergebnissen deutlich.<br />

Dies macht die Auswahl des passenden ESG-Datenanbieters kompliziert.<br />

Das Redaktionsteam<br />

2 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


INHALTSVERZEICHNIS I FinanzBusinessMagazin<br />

<strong>BANKING</strong> - <strong>Markt</strong><br />

5 Studie: Drei von vier Banken trotz Corona guter Dinge<br />

7 Was Banken und Finanzinstitute in <strong>2022</strong> erwartet<br />

9 BaFin hat <strong>2022</strong> sechs Hauptrisiken im Fokus<br />

10 EZB-Klimastresstest: Die Sorge der Banken<br />

11 Banking Trend Radar von Deloitte: Neun Trends, an denen keine Bank vorbeikommt<br />

13 Forrester-Studie: Banken entdecken Nachhaltigkeit als strategischen Wettbewerbsvorteil<br />

15 Die Tokenisierung von Vermögenswerten wird erhebliche Auswirkungen auf das Finanzökosystem haben<br />

17 Studie: Wettlauf um die Zukunftsfähigkeit wird für Finanzdienstleister zum Hase-und-Igel-Spiel - Rückzugsgefechte<br />

statt Strategie<br />

18 Finanzdienstleister und Nachhaltigkeit: So wird die Bankenbranche zum Motor des grünen Wandels<br />

21 ESG-Datenanbieter im Check: Ein Anbieter allein reicht nicht aus<br />

22 Trendbarometer: Nachhaltigkeit bei Geldanlagen bislang nur für jüngere Bankkunden ein Thema<br />

23 Wie Finanzdienstleister Konsumentenwunsch nach nachhaltigen Finanzdienstleistungen erfüllen<br />

25 Düstere Zukunft für Online-Broker:<br />

„Payment for Order Flow“-Bann und weitere Maßnahmen bedrohen 50 Prozent der Erträge<br />

26 Stiftungen bleiben krisenfest und blicken positiv nach vorn<br />

27 KfW: Aussergewöhnliches Förderjahr 2021<br />

32 Sparverhalten der Deutschen zwischen Lockdown und Niedrigzins<br />

33 NDR: Cum-ex, Cum-Cum und vergleichbare Steuerbetrugssysteme:<br />

35 Digitale Zentralbankwährungen – ein Wettlauf mit der Zeit<br />

<strong>BANKING</strong> - Banking Deutschland<br />

37 Banken rechnen in Folge der Corona- Pandemie mit Ertragseinbußen und Kreditausfällen<br />

39 Deutsche Banken können Eigenkapitalrendite bis 2030 mehr als verdoppeln<br />

42 Firmenkundengeschäft der Banken bleibt in roten Zahlen<br />

44 Bankencheck: Cofinpro analysiert Geschäftsberichte von mehr als 1.400 Finanzinstituten.<br />

45 Deutschlands Banken kann die Renditewende gelingen<br />

47 zeb-Firmenkundenstudie 9.0: Grüne Kredite und digitale Lösungen als Ertragschance für Deutschlands Banken<br />

48 EBA-Stresstest 2021: Deutsche Institute erweisen sich in einem harten Stressszenario als robust<br />

49 Deutsche Kreditwirtschaft: Die EU-Kommission geht richtige Schritte – Kapitalmarktunion ist unverzichtbar<br />

<strong>BANKING</strong> - Banking International<br />

50 Studie: Banken werden innerhalb von fünf Jahren online gehen und kundenzentrierte digitale Ökosysteme bilden<br />

52 Europäische Banken müssen bis zu 40% ihrer Kosten sparen<br />

54 Banken können bis zu 65% ihrer KYC-Kosten durch den Aufbau eines Datennetzwerks einsparen<br />

56 McKinsey: Banken überstehen Pandemie besser als erwartet<br />

57 Angriff von allen Seiten: So retten Banken ihr Firmenkundengeschäft<br />

58 Wie Banken den europäischen Aufschwung befördern können<br />

60 Europas Banken auf dem Marathon zur Netto-Null<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

3


FinanzBusinessMagazin I INHALTSVERZEICHNIS<br />

62 Europas Banken beim Thema CO2 unter Zugzwang<br />

63 Studie: Banken in USA und Asien rentabler, effizienter und digitaler als in Europa<br />

64 Banken durchlaufen Umbruch im Risikomanagement<br />

66 McKinsey: Banken überstehen Pandemie besser als erwartet<br />

67 Gewinner und Verlierer des europaweiten Bankenstresstests 2021<br />

68 Vermögensverwalter in Europa wachsen deutlich langsamer als die internationale Konkurrenz<br />

<strong>BANKING</strong> - Fintechs<br />

70 Investitionen in Fintechs erreichen Rekordniveau<br />

<strong>BANKING</strong> - Digitalisierung<br />

71 Digitalisierung im Retail Banking nimmt Fahrt auf<br />

72 Studie von Sopra Steria und Forrester: Traditionsbanken halten sich häufiger für digital exzellent als reine Digitalbanken<br />

74 Europäische Banken müssen bei KI-Nutzung aufholen<br />

76 Ein Blick in die Zukunft: So entwickelt sich das digitale Banking in Deutschland<br />

77 Strategieausblick: Banken entdecken Automatisierung als Ertragsbringer<br />

78 Europas erste Internetbank macht Schluss<br />

79 Test: Online-Banking bei Filialbanken 2021<br />

<strong>BANKING</strong> - Zahlungsverkehr<br />

80 SEPA Echtzeitüberweisung: Nutzung des innovativen Zahlverfahrens in Deutschland noch stark ausbaufähig<br />

82 Studie: Banken sehen ihre Hauptwettbewerber nicht mehr innerhalb, sondern außerhalb der eigenen Branche<br />

83 World Payments Report 2021:<br />

Banken müssen dringend die nächste Generation von Zahlungsdiensten einführen um im Rennen zu bleiben<br />

<strong>BANKING</strong> - Finanzierung<br />

86 Baufinanzierung bleibt lukratives Geschäftsfeld für Banken<br />

87 Baufinanzierungsvolumen klettert in 2021 auf 1.47 Billionen Euro<br />

88 Studie: Online-Beratung in der Baufinanzierung mit deutlichen Schwächen<br />

89 Höhere Zinsen für Baukredite: Was Banken und Sparkassen beachten müssen<br />

91 <strong>Markt</strong>studie zur Konsumfinanzierung 2021: Jeder fünfte achtet auf Nachhaltigkeit bei Finanzdienstleistungen<br />

92 Europace ermöglicht die erste Sofortkreditentscheidung in der Immobilienfinanzierung<br />

94 Finanzierungsmonitor 2021: Unternehmen nutzen verstärkt alternative Finanzierungsquellen<br />

95 Sekundärmarkt für notleidende Kredite stabilisiert Finanzbranche<br />

<strong>BANKING</strong> - Bancassuranc<br />

96 Durchblick im deutschen Bancassurance-Dschungel: Die Offline- und Online-Kooperationen der größten Banken<br />

98 Ertragsstarke Banken und Versicherer setzen auf eine erfolgsorientierte<br />

IMPRESSUM<br />

36 Impressum<br />

4 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

Studie:<br />

Drei von vier Banken trotz Corona<br />

guter Dinge<br />

Im Bankensektor in Deutschland<br />

herrscht Zuversicht. 40 Prozent der<br />

Banken erwarten, dass sich die Branche<br />

bis 2023 besser als die deutsche Gesamtwirtschaft<br />

entwickeln wird. 37 Prozent<br />

rechnen mit einem Wachstum im<br />

Gleichschritt mit der Wirtschaft. Viele<br />

Institute gehen davon aus, dass die Konjunktur<br />

insgesamt wieder anzieht und sie<br />

davon wirtschaftlich profitieren. Regulierung<br />

und Kosten bleiben allerdings unangenehme<br />

Weggefährten. Das ergibt die<br />

Studie „Branchenkompass Banking 2021“<br />

von Sopra Steria, für die 100 Entscheiderinnen<br />

und Entscheider befragt wurden.<br />

Zu den Gutgelaunten unter den Banken<br />

zählen beispielsweise Institute mit einem<br />

Fokus auf das Immobiliengeschäft. Die<br />

Pandemie hat speziell in diesem Segment<br />

mehr genutzt als geschadet. Häuser und<br />

Wohnungen auf dem Land wurden 2020<br />

attraktiver und häufiger finanziert. Das<br />

Wertpapiergeschäft, vor allem im Retailsegment,<br />

erlebte ähnliche Impulse:<br />

Deutlich mehr Menschen haben sich im<br />

vergangenen Jahr mit dem Thema Aktienhandel<br />

befasst. Spezielle Neobroker und<br />

einige Direktbanken erleichtern zudem<br />

den Einstieg mit einfach zu bedienenden<br />

Apps und niedrigen Gebühren. „Kunden<br />

und Banken spüren den Niedrigzinseffekt<br />

immer stärker. Das löst ein Umdenken bei<br />

Beratern und Verbrauchern aus und fördert<br />

unter anderem Robo Advisor“, sagt<br />

Martin Stolberg, Division Head Banking<br />

von Sopra Steria.<br />

Die im Sommer gemessene positive Stimmung<br />

in den Banken könnte sich zumindest<br />

leicht eintrüben. Im gerade anziehenden<br />

Geschäftsfeld Brokerage drohen<br />

neue Ertragsausfälle. Ein Verbot sogenannter<br />

Payment-for-Order-Flow-Provisionen<br />

durch die EU wird wahrscheinlicher.<br />

Ein Entwurf wurde Ende November<br />

veröffentlicht. Betroffen wären speziell<br />

Online-Broker sowie einige Direktbanken. Je<br />

nachdem, wie weit die Regulierung greifen<br />

wird, könnten auch klassischen Banken im<br />

Investmentbanking Bestandsprovisionen<br />

wegbrechen.<br />

Quelle: © fox17 - Fotolia.com<br />

Die gesamte Bankenbranche arbeitet nicht<br />

nur deshalb auf breiter Front am Ausbau<br />

ihrer Ertragsposition. Die Mehrheit (59<br />

Prozent) nimmt bis 2023 neue Produkte<br />

ins Sortiment und wird dabei verstärkt<br />

Leistungen von Drittanbietern vertreiben.<br />

Jedes zweite Institut dreht zudem an der<br />

Gebührenschraube, 41 Prozent denken<br />

über Negativzinsen nach oder haben sie<br />

bereits eingeführt.<br />

Als Alternative zur Provision für den Abschluss<br />

oder die Bestandspflege wird immer<br />

wieder ein Honorar für Beratung ins<br />

Spiel gebracht. Zum Befragungszeitpunkt<br />

hatten sich 43 Prozent der Institute mit<br />

der Einführung von Honorarberatungsmodellen<br />

befasst oder Maßnahmen in diese<br />

Richtung bereits umgesetzt.<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

5


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

Neue Geschäftsmodelle gesucht<br />

Diese kurzfristigen Maßnahmen sind für<br />

die Mehrheit der Banken nur ein Lückenfüller.<br />

Drei von vier Instituten suchen generell<br />

nach einem neuen Geschäftsmodell<br />

und alternativen Ertragsmodellen. 41 Prozent<br />

der Befragten rechnen damit, dass<br />

Kunden künftig Kreditinstitute bevorzugen<br />

werden, die ihnen über digitale Ökosysteme<br />

Komplettlösungen für ihre individuellen<br />

Bedürfnisse anbieten.<br />

Banken können diese Plattformen beliefern<br />

oder selbst Plattformbetreiber sein.<br />

31 Prozent der Institute mit Plattformambitionen<br />

bevorzugen die Lieferantenstrategie,<br />

24 Prozent wollen eigene Ökosysteme<br />

aufbauen. Die Mehrheit (42 Prozent) fährt<br />

einen Hybridkurs und verfolgt beide Strategien.<br />

„Die Ergebnisse zeigen, dass viele<br />

Banken in der Findungsphase sind und<br />

sich nicht festlegen, welche Rolle sie im<br />

<strong>Markt</strong> künftig spielen wollen. Dieses Zögern<br />

sollte nicht zu lange dauern, denn<br />

ein Tanzen auf allen Hochzeiten kann sehr<br />

schnell sehr teuer werden“, sagt Bankenexperte<br />

Martin Stolberg.<br />

Quelle: © WavebreakMediaMicro - Fotolia.com<br />

Automatisieren für mehr Marge<br />

Durch den engeren Spielraum bei den Erträgen<br />

werden niedrige Kostenstrukturen<br />

noch wichtiger als ohnehin schon. Bei den<br />

Sparkassen beispielsweise bewegt sich<br />

das Verhältnis von Kosten und Erträgen<br />

laut einer Studie von finanz-szene.de bei<br />

jedem zehnten Institut in einem ungesunden<br />

Bereich. Neue Wettbewerber erhöhen<br />

den Druck zusätzlich: „Für jeden<br />

kleinen Schritt in einem Kreditprozess gibt<br />

es unter den Fintechs mittlerweile Spezialisten.<br />

Die holen den letzten Cent oder<br />

die letzte Millisekunde Effizienz heraus“,<br />

so Stolberg.<br />

Mehr als jedes zweite Finanzinstitut treibt<br />

deshalb die Digitalisierung und Automatisierung<br />

der Geschäftsprozesse massiv<br />

voran. Diese strategische Maßnahme ist<br />

erstmals wichtiger als das Gewinnen neuer<br />

Kunden und der Ausbau der Serviceund<br />

Beratungsqualität, so die Studie.<br />

Selfservice gilt in der Bankenbranche als<br />

regelrechter Effizienz-Booster. Bankkunden<br />

verwalten beispielsweise Darlehen<br />

und Depots häufiger selbst. Ein Drittel der<br />

Befragten rechnet zudem mit Fusionen<br />

und Übernahmen. Ziel ist, von Synergien<br />

zu profitieren.<br />

Die Kunden der Zukunft sind Geräte<br />

Abseits der Kosten kommen Digitalisierung<br />

und Automatisierung immer stärker<br />

den Kunden zugute. Bezahlen per Smartphone<br />

und NFC-Schnittstelle, biometrische<br />

Verfahren zum Identifizieren sowie<br />

Videochats und Videoberatung sind mehr<br />

oder weniger etabliert bei den Banken.<br />

Die Digitalexpertise, die Banken aufgebaut<br />

haben, wollen sie in weitere Angebote<br />

für Kunden lenken. Ein Geschäftsfeld<br />

mit Zukunft sind die Vernetzung in der<br />

verarbeitenden Industrie und die entstehenden<br />

Daten. Denkbar ist ein Banking of<br />

Things, das beispielsweise eine Finanzierung<br />

von Maschinen nach dem Pay-per-<br />

Use-Prinzip ermöglicht. Ein Drittel der befragten<br />

Banken ist im IoT-Geschäft bereits<br />

tätig. „Banken könnten zum Manager und<br />

Experten für Millionen von Konten und<br />

Transaktionen werden. Die ‚Kunden‘ der<br />

Zukunft sind dann Geräte“, verdeutlicht<br />

Martin Stolberg von Sopra Steria.<br />

Autor: www.soprasteria.de<br />

6 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

Was Banken und Finanzinstitute in<br />

<strong>2022</strong> erwartet<br />

Neue Regularien und veränderte<br />

Endkundenwünsche<br />

In 2021 war die Covid-19 Pandemie<br />

wieder ein wesentlicher Treiber für<br />

viele Business-Entscheidungen. Gerade<br />

im Finanz- und Bankenbereich wurde<br />

die Digitalisierung dadurch stark vorangetrieben.<br />

Bei der Identifizierung von Neuund<br />

Bestandskunden mithilfe von digitalen<br />

Lösungen zum Beispiel. Dabei werden immer<br />

mehr Produkte gefragt, die in der gesamten<br />

User Journey eingesetzt werden<br />

können und möglichst aus einer Plattform<br />

stammen – von der digitalen Ansprache<br />

bis zur elektronischen Vertragsunterzeichnung.<br />

Bei der Umsetzung davon kommt es<br />

vor allem auf die Balance zwischen der Erwartungshaltung<br />

der Endkunden und den<br />

gesetzlichen Vorgaben an.<br />

Kundenwünsche identifizieren<br />

Für Banken wird es im kommenden Jahr<br />

besonders wichtig, ein möglichst breites<br />

Spektrum an Identifizierungsverfahren<br />

anbieten zu können. Die Erwartungen und<br />

Ansprüche der digital-affinen Endnutzer<br />

haben sich im letzten Jahr stark verändert.<br />

An vielen Stellen haben die Menschen erfahren<br />

wie einfach Prozesse in die digitale<br />

Welt verschoben werden können. Digitale<br />

Prozesse sind kein Luxus mehr, sondern<br />

vielmehr zum Standard geworden und erfordern<br />

reibungslose Abläufe. Dazu gehört<br />

die Auswahlmöglichkeit zwischen unterschiedlichen<br />

Verfahren. Die Banken müssen<br />

sich an diese Erwartungen anpassen<br />

– mit Verfahren, die zu einem schnellen<br />

und effizienten Abschluss führen. Zudem<br />

sollten alle Schritte des On-Boarding-Prozesses<br />

Hand in Hand gehen.<br />

Die Finanzinstitute müssen zum Beispiel<br />

ihre Legacy-Systeme mit den neuen Abläufen<br />

in Einklang bringen und stärker<br />

auf digitalisierte Daten und Cloudsysteme<br />

setzen. Das kann aufwändig sein, ist aber<br />

eine wichtige Maßnahme, um auf die sich<br />

ständig verändernden <strong>Markt</strong>bedingungen<br />

reagieren zu können. Dazu gehört auch<br />

die Evaluierung, welche Lösungen den<br />

geltenden KYC-Anforderungen in unterschiedlichen<br />

Ländern entsprechen. Aufsichtsbehörden,<br />

wie die BaFin legen hier<br />

den Rahmen fest. Die Banken sind dann<br />

selbst dafür verantwortlich, passende<br />

Partner für ihre neuen Anwendungsfälle<br />

zu identifizieren.<br />

Neue Regulierung beobachten<br />

Die Regulierungsbehörden bemühen sich,<br />

Finanzdienstleistungen sowie neue Vermögenswerte<br />

wie Kryptowährungen oder<br />

NFTs zu kontrollieren. Der Trend geht auch<br />

bei den modernen Vermögenswerten zu<br />

einheitlichen Standards und Technologien<br />

für die Online-Identifizierung. Beispielsweise<br />

gibt es immer neue technische Spezifikationen<br />

für Identitätsnachweise und<br />

entsprechende Vertrauensdienste. Dies<br />

kann sich auf KYC- sowie Anti-Money-<br />

Laundering (AML)- und Nicht-AML-Verfahren<br />

auswirken. Der <strong>Markt</strong> erhofft sich<br />

durch automatisierte Identifizierungsverfahren<br />

in Kombination mit diversen Sicherheitsüberprüfungen<br />

mehr Transparenz<br />

im Bankgeschäft.<br />

Vor allem die Zulassung automatisierter<br />

Identifikationsverfahren steht im Fokus<br />

der nationalen Aufsichtsbehörden. Mehrere<br />

europäische Länder haben entsprechende<br />

Verfahren 2021 zugelassen. So hat<br />

die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde<br />

(FMA) im November dieses Jahres<br />

ihre Verordnung zur Online-Identifikation<br />

aktualisiert. Die Änderungen ermöglichen<br />

nun die Anwendung eins vollautomatisierten<br />

biometrischen Verfahrens zur Identi-<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

7


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

tätsprüfung nach dem österreichischen<br />

Geldwäschegesetz (GwG). Dadurch ist es<br />

Banken und anderen GwG-verpflichteten<br />

Stellen möglich, verschiedene Methoden<br />

zur KYC-Einhaltung anzuwenden.<br />

Kundengerechte Anwendungsfälle<br />

erschließen<br />

Im kommenden Jahr kommt es besonders<br />

darauf an, die Kundenwünsche mit<br />

den strengen regulatorischen Vorgaben<br />

zu vereinen, um erfolgreich zu sein. Draus<br />

ergeben sich neue Möglichkeiten wie etwa<br />

eine vollständig digitale Identität, die sowohl<br />

Kranken-, Versicherungs- als auch<br />

Finanzdaten enthält. Das erfordert nicht<br />

nur sehr hohe Ansprüche an die Sicherheit<br />

sowie den verschlüsselten Austausch<br />

der Daten, sondern es kommt vor allem<br />

auch darauf an, dass die Endkunden den<br />

Prozess von jedem Endgerät aus abwickeln<br />

können. Denn auch nach der Pandemie<br />

werden die Menschen Produkte und<br />

Dienstleistungen vermehrt online in Anspruch<br />

nehmen wollen.<br />

Mehr regulatorische Harmonisierung und<br />

Nutzerfreundlichkeit kann die sogenannte<br />

eIDAS 2.0 Verordnung bringen. Dieser<br />

zufolge sollten sich die Finanzinstitute<br />

ebenfalls auf neue Anwendungsfälle vorbereiten.<br />

Nach dem im Juni 2021 veröffentlichten<br />

Gesetzentwurf müssen alle EU-<br />

Staaten ihren Bürgern eine digitale Wallet<br />

auf ihren Endgeräten zur Verfügung stellen.<br />

Die darin gespeicherte Identität soll<br />

sich dann für Use-Cases in unterschiedlichen<br />

Bereichen, unter anderem beim<br />

Banking, nutzen lassen.<br />

Herausforderungen erkennen<br />

Natürlich gehen mit neuen Regularien und<br />

Anwendungsfällen auch neue Herausforderungen<br />

einher. So müssen die Banken<br />

auch ihre bestehenden Kunden über die<br />

digitalen Services informieren und sie in<br />

diese einbinden. Auch Kunden, die sich<br />

lange Zeit über den klassischen Weg in die<br />

Filiale persönlich und GwG-konform ausgewiesen<br />

haben, sollen jetzt Zugang zu<br />

den neuen Online-Diensten erhalten. Dafür<br />

müssen sie aber zunächst online zugelassen<br />

werden – für die Bank ein zeit- und<br />

kostenintensives Verfahren. Dabei gibt es<br />

aber mittlerweile Lösungen, die genau dabei<br />

helfen, den Kunden möglichst kostengünstig<br />

und gleichzeitig gesetzeskonform<br />

in die Online-Services zu integrieren.<br />

Es geht im nächsten Jahr also vor allem<br />

darum, den <strong>Markt</strong> sowohl nach den Anforderungen<br />

der Kunden als auch gemäß den<br />

geltenden Gesetzen zu formen. Die sich<br />

daraus ergebenden Use Cases sind ein erster<br />

Schritt in eine neue digitale Zukunft,<br />

bei der kein Kunde mehr eine Bankfiliale<br />

aufsuchen muss, wenn er nicht möchte<br />

oder kann.<br />

Autor: www.idnow.io<br />

Quelle: © arsdigital - Fotolia.com<br />

8 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

BaFin hat <strong>2022</strong> sechs Hauptrisiken<br />

im Fokus<br />

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />

(BaFin) hat für<br />

das Jahr <strong>2022</strong> sechs Hauptrisiken<br />

für die deutsche Finanzbranche identifiziert,<br />

mit denen sie sich prioritär befassen<br />

will. Das geht aus ihren veröffentlichten<br />

„Risiken im Fokus der BaFin“ hervor.<br />

In ihrem ab sofort jährlich erscheinenden<br />

Bericht erläutert die BaFin, wie sie die aktuelle<br />

Risikolage einschätzt, und was sie<br />

unternimmt, um die Risiken an den Finanzmärkten<br />

bestmöglich einzudämmen.<br />

Damit will die BaFin zugleich Fortschritte<br />

bei der Erreichung ihrer Mittelfristziele<br />

machen, die sie sich für die Jahre <strong>2022</strong> bis<br />

2025 gesetzt hat.<br />

mehr Zeit und Ressourcen verwendet die<br />

BaFin, um gegenzusteuern.<br />

Das deutsche Finanzsystem habe sich<br />

auch in der COVID-19-Pandemie als stabil<br />

und widerstandsfähig erwiesen. Aber<br />

es zeichnen sich immer wieder Risiken ab,<br />

die seine Funktionsfähigkeit, Stabilität und<br />

Integrität und die kollektiven Interessen<br />

der Verbraucherinnen und Verbraucher<br />

negativ beeinflussen oder gar gefährden<br />

können.<br />

Aus Sicht der BaFin sind, neben der angespannten<br />

geopolitischen Lage, die wichtigsten<br />

Risikotreiber für den deutschen<br />

Finanzmarkt:<br />

• Risiken aus dem Niedrigzinsumfeld<br />

• Risiken aus Korrekturen an den Immobilienmärkten<br />

• Risiken aus signifikanten Korrekturen<br />

an den internationalen Finanzmärkten<br />

• Risiken aus dem Ausfall von Unternehmenskrediten<br />

• Cyberrisiken<br />

• Risiken aus unzureichender Geldwäscheprävention<br />

Quelle: © apops - Fotolia.com<br />

„Die Risikolandschaft ist heterogen und<br />

ändert sich ständig“, betont BaFin-Präsident<br />

Mark Branson. Es könnten jederzeit<br />

neue Risikotreiber oder Auslöser für<br />

<strong>Markt</strong>verwerfungen entstehen, wie die<br />

COVID-19 Pandemie und die aktuelle geopolitische<br />

Lage zeige. Aufgabe der BaFin<br />

sei es, Risiken fortlaufend zu identifizieren<br />

und ihre Auswirkungen für den deutschen<br />

Finanzmarkt zu bewerten und dafür<br />

zu sorgen, dass sie – soweit wie möglich<br />

– eingedämmt würden. Dabei gelte der<br />

Grundsatz: Je größer das Risiko, desto<br />

Darüber hinaus bestehen zahlreiche weitere<br />

Risiken, mit denen sich die BaFin<br />

ebenfalls intensiv befasst. Zum Beispiel<br />

das Risiko, dass in Bilanzen von Unternehmen,<br />

die unter Bilanzkontrolle stehen,<br />

Fehlbewertungen oder fehlerhafte Darstellungen<br />

zu einer Täuschung der Anleger<br />

führen könnten. Oder die vielfältigen<br />

Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher,<br />

etwa aus Kryptowerten und Anlageempfehlungen<br />

in sozialen Medien.<br />

Die „Risiken im Fokus“ ersetzen die früheren<br />

„Aufsichtsschwerpunkte“ der BaFin.<br />

Autor: www.bafin.de<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

9


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

EZB-Klimastresstest:<br />

Die Sorge der Banken<br />

Kommentar von Albert Ploegh,<br />

Senior Investment Analyst bei NN Investment Partners<br />

Im September 2021 hat die EZB ihren<br />

ersten Top-Down-Klimastresstest für<br />

Banken veröffentlicht. Dabei ging es<br />

um eine umfassende Datenerhebung von<br />

Finanz- und Klimainformationen. 4 Mio.<br />

Unternehmen und 1.600 Bankengruppen<br />

wurden in die Stichprobe einbezogen. Der<br />

Test war ein guter Ausgangspunkt, um zu<br />

ermitteln, wo die Risiken im System konzentriert<br />

sind.<br />

Quelle: © MARION Dominique - Fotolia.com<br />

Der Klimastresstest <strong>2022</strong> wird von unten<br />

nach oben, also auf Ebene der einzelnen<br />

Banken, durchgeführt. Die Schwierigkeiten<br />

bei der Datenerhebung während<br />

des Stresstests 2021 haben die EZB veranlasst,<br />

den Druck auf die Banken zu erhöhen.<br />

Das Ziel war, dass sie die Klimarisiken<br />

ganzheitlich in ihre Organisation,<br />

darunter auch Struktur, Produkte und Abläufe<br />

einbeziehen, und für den Stresstest<br />

<strong>2022</strong> gerüstet sind. Die größte Herausforderung<br />

besteht darin, relevante Datenpunkte<br />

in einem standardisierten Format<br />

zu erfassen. Ohne einen quantitativen Klimarisikotest<br />

wird das schwierig sein. Es<br />

ist immer noch unklar, ob die Ergebnisse<br />

auf Basis der einzelnen Banken veröffentlicht<br />

werden und nicht auf Basis einer<br />

Top-Down-Peer-Analyse. Der Klimarisiko-<br />

Stresstest <strong>2022</strong> wird ein wichtiger Schritt<br />

sein, um mehr standardisierte Daten und<br />

Informationen bereitzustellen. Sie sollten<br />

es den <strong>Markt</strong>teilnehmern ermöglichen,<br />

das Risiko für jede einzelne Bank, bei vollständiger<br />

Offenlegung, besser abzubilden.<br />

Der Tonfall bezüglich der direkten Kapitalauswirkungen<br />

scheint abgemildert geworden<br />

zu sein.<br />

Die EZB wird die Ergebnisse des Klimastresstests<br />

in den sogenannten aufsichtsrechtlichen<br />

Prüfungs- und Bewertungsprozess<br />

(SREP) integrieren. Im<br />

Rahmen des SREP-Prozesses werden<br />

jährlich Mindestkapitalstandards für jede<br />

Bank festgelegt. Im Moment bedeutet<br />

dies einen eher qualitativen Ansatz, was<br />

den Klimastresstest betrifft Der Bankensektor<br />

befürchtet, dass ein ausgedehnter<br />

Klimastresstest zu zusätzlichen Kapitalanforderungen<br />

führen wird. Allerdings ist<br />

sich in unseren Augen die EZB darüber<br />

im Klaren, dass die Banken eine grundlegende<br />

Rolle bei der Energiewende spielen.<br />

Daher kann der Klimastresstest ein nützliches<br />

Instrument sein, um das Verhalten<br />

der Banken zu ändern und die Branche<br />

zu sensibilisieren, dass Klimarisiken<br />

in den Krediten angemessen eingepreist<br />

sind. Klimastresstests könnten sich daher<br />

grundlegend von Kreditstresstests unterscheiden,<br />

die keine unmittelbaren Auswirkungen<br />

auf das Kapital haben. Im Moment<br />

ist die Entscheidung noch offen.<br />

Autor: www.nnip.com<br />

10 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

Banking Trend Radar von Deloitte:<br />

Neun Trends, an denen keine Bank<br />

vorbeikommt<br />

Deloitte untersucht in seiner neuen<br />

Studienreihe insgesamt 45 Trends,<br />

die die Zukunft der europäischen<br />

Bankenlandschaft prägen werden. Eingeordnet<br />

in sechs Dimensionen und periodisch<br />

veröffentlicht, befasst sich der erste Teil mit<br />

der Dimension „Kundenperspektive“<br />

Akuten Handlungsbedarf sieht der Trend<br />

Radar in den kommenden zwei bis vier<br />

Jahren bei der generationsspezifischen<br />

Kundenansprache zur Überbrückung altersspezifischer<br />

Anforderungen zwischen<br />

Baby Boomers und Millennials<br />

‚Hyperpersonalisierung‘ gilt ebenfalls als<br />

kommendes Thema und rangiert aktuell<br />

im Vorbereitungsstadium, während ‚Crowdbanking‘<br />

als Trend ab erst in den nächsten<br />

vier bis sechs Jahren gesehen wird,<br />

wobei seine Auswirkungen in absehbarer<br />

Zeit eher gering sein dürften<br />

Es wird für Banken immer schwieriger, angesichts<br />

ständig neuer Trends und jungen,<br />

wendigen Digital- und Fintech-Konkurrenten<br />

vor den immer anspruchsvolleren<br />

Kunden zu bestehen. Das kann nur durch<br />

permanente Anpassung an bevorstehende<br />

Trends gelingen – gerade für große Banken<br />

ein mühevoller, langwieriger Prozess.<br />

Umso wichtiger, heute schon ein bisschen<br />

mehr über Morgen zu wissen. Deloitte ermittelt<br />

und analysiert daher regelmäßig<br />

in einem systematischen Prozess die für<br />

Banken wichtigsten Trends der kommenden<br />

zwei bis acht Jahre. Die Erkenntnisse<br />

können helfen, Unsicherheiten zu bewältigen<br />

und bei der Erstellung zukunftsfähiger<br />

Geschäftsmodelle zu unterstützen.<br />

„Unsere Idee hinter dem European Banking<br />

Trend Radar ist eine möglichst vollständige<br />

Übersicht über wichtige Zukunftstrends<br />

für Banken und Finanzdienstleister<br />

zu generieren“, sagt Jörg Engels, Partner<br />

und Sektorleiter Banking & Capital Markets<br />

Quelle: © für Pixabay.com Deloitte Deutschland. „Der Trend<br />

Radar basiert auf einer umfangreichen<br />

externen Trend-Datenbank und selektiert<br />

relevante Trends. Zusätzlich fügen<br />

wir identifizierte Trends hinzu und lassen<br />

diese Experten bewerten – in Bezug auf<br />

den Einfluss des Trends, den Zeitpunkt<br />

sowie den aktuellen Vorbereitungsstand<br />

der <strong>Markt</strong>teilnehmer bzgl. des einzelnen<br />

Trends. Unser Trend Radar gibt dann eine<br />

sehr gute Übersicht für den <strong>Markt</strong>, aber<br />

auch für einen einzelnen <strong>Markt</strong>teilnehmer,<br />

welche Trends die unterschiedlichen Geschäftsmodelle<br />

in den nächsten zwei bis<br />

zehn Jahren beeinflussen könnten inklusive<br />

Handlungsempfehlungen, um sich auf<br />

einzelne Trends vorzubereiten.“<br />

Zum Start:<br />

die zentrale „Clients“-Dimension<br />

Den Banken stehen zunehmend Kunden<br />

gegenüber, die sie gar nicht mehr wirklich<br />

kennen. Wer will schon am Schalter warten,<br />

wenn man es auch sofort und bitteschön<br />

per App haben kann? Nicht selten<br />

sind die Geldhäuser überfordert von den<br />

veränderten und dank digitaler Angebote<br />

stetig sich weiter verändernden Kundenerwartungen.<br />

Diese werden immer mehr von<br />

Faktoren wie dem gesellschaftlichen Wandel,<br />

der Digitalisierung und dem Nachhaltigkeitsgebot<br />

geprägt.<br />

„Banken haben in vielen Fällen Schwierigkeiten,<br />

sich schnell und erfolgreich an<br />

neue Entwicklungen anzupassen. Zudem<br />

ist es oft kaum möglich, genau vorherzusagen,<br />

wie sich die verschiedenen – und<br />

meist auch voneinander abhängigen –<br />

Trends und deren Treiber auf das Business<br />

auswirken“, sagt Thomas Peek, Partner<br />

Deloitte und deutscher Leiter des Banking<br />

Trend Radars. „Einige der Faktoren mögen<br />

sich für Banken als vorteilhaft erweisen,<br />

andere wirken sich negativ auf das Geschäft<br />

aus. Die Herausforderung, künftige<br />

Entwicklungen und deren Auswirkungen<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

11


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

auf den <strong>Markt</strong> zu antizipieren, macht deutlich,<br />

wie wichtig es ist, Trends im Bankwesen<br />

systematisch zu beobachten.“<br />

Die sich ändernden Kundenbedürfnisse<br />

sind sicherlich einer der wichtigsten Treiber<br />

für aktuelle Veränderungen im Bankwesen,<br />

gerade renommierte und große<br />

Banken bekommen die Macht des digitalmündigen<br />

Konsumenten immer mehr zu<br />

spüren. Daher konzentriert sich die erste<br />

Ausgabe des europäischen Banking Trend<br />

Radar auf die Kundenperspektive. Die<br />

nächsten fünf untersuchten Dimensionen<br />

fokussieren auf Firmenorganisation, Wirtschaft<br />

und Finanzmärkte, ESG, Regulierung<br />

und Politik sowie auf Technologie.<br />

Quelle: © pab_map - Fotolia.com<br />

Neun Trends, die schon erkennbar<br />

relevant werden<br />

Nachfolgend auf einen Blick die untersuchten<br />

Trends mit ihrer Einordnung<br />

hinsichtlich Relevanz für die Banken<br />

sowie erwartetem Zeitraum der Massenanwendung.<br />

Die Details zu den einzelnen<br />

Trends finden sich ausführlich<br />

besprochen im Banking Trends Radar,<br />

der zum Download bereitsteht. Die neun<br />

interessantesten Trends für die Kunden-<br />

Dimension:<br />

Generationsspezifische<br />

Kundenansprache (hoher Einfluss,<br />

relevant in 4 bis 6 Jahren)<br />

Dieser Trend wird vor allem durch unterschiedliche<br />

Kundenerwartungen in den<br />

verschiedenen Altersgruppen angetrieben.<br />

Auch das Nutzerverhalten, zwischen<br />

Babyboomern, Milennials und GenZ divergiert<br />

stark und bedarf eigener Kundenansprache<br />

Sensibilisierung für Daten<br />

(noch hoher Einfluss, in 2 bis 4 Jahren)<br />

Die fortschreitende Digitalisierung hat zu<br />

enormen Datenflüssen geführt, zugleich<br />

verlieren Nutzer oft die Kontrolle über ihre<br />

Daten. Das Bewusstsein für diese Problematik<br />

und das Bedürfnis, die Kontrolle<br />

über die persönlichen Informationen zu sichern,<br />

wächst rapide, wie auch die Sorge<br />

vor Datenmissbrauch<br />

Kunden-Empowering<br />

(noch hoher Einfluss, in 4 bis 6 Jahren)<br />

Kunden wollen Bankgeschäfte zunehmend<br />

unabhängig und eigenständig abwickeln<br />

können. Erfolgreiche Kundenermächtigung<br />

hängt stark von einer verständlichen<br />

Wissensvermittlung ab, um Kunden verantwortungsvolle<br />

Entscheidungen zu ermöglichen.<br />

Dies ist für Finanzdienstleister<br />

von zentraler Bedeutung, da Fehlentscheidungen<br />

besonders gravierende Folgen haben<br />

können.<br />

Transparenz-Paradigmenwechsel<br />

(noch hoher Einfluss, in 4 bis 6 Jahren)<br />

Der gesellschaftliche Wertewandel hin zu<br />

Nachhaltigkeit Zukunft verlangt auch von<br />

Unternehmen und Banken mehr Transparenz.<br />

Sowohl Kunden als auch Mitarbeiter<br />

wollen zunehmend über die sozialen und<br />

ökologischen Auswirkungen eines Unternehmens<br />

informiert werden.<br />

Hyperpersonalisierung<br />

(noch hoher Einfluss, in 4 bis 6 Jahren)<br />

Neue technologische und wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse ermöglichen es Banken,<br />

Produkte und Dienstleistungen in noch nie<br />

dagewesener Weise auf ihre Kunden zuzuschneiden.<br />

Verhaltenswissenschaften und<br />

Data Science helfen dabei, Erkenntnisse<br />

über die Bedürfnisse von Kunden zu sammeln<br />

und Innovationen zu fördern.<br />

Banking über soziale Kanäle<br />

(Einfluss ziemlich hoch, 4 bis 6 Jahre)<br />

Soziale Medien sind heute ein fester Bestandteil<br />

moderner Marketingstrategien in<br />

allen Branchen. Deshalb sollten sich auch<br />

Banken auf diesen äußerst relevanten<br />

Trend vorbereiten. Jüngere Generationen<br />

verzichten häufig auf den Konsum traditioneller<br />

Medien und können über Online-<br />

Kanäle leichter erreicht werden.<br />

12 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

Die Zukunft der Kreditvergabe<br />

(Einfluss ziemlich hoch, 4 bis 6 Jahre)<br />

Angesichts der starken Auswirkungen<br />

müssen sich Banken zunehmend mit sich<br />

änderndem Verbraucherverhalten und<br />

technologischem Umbruch auseinandersetzen.<br />

Die Digitalisierung hat neue Funktionen<br />

hervorgebracht, z. B. spezifizierbare<br />

Rückzahlungsmechanismen. Zunehmend<br />

beliebt im Kreditmarkt sind innovative<br />

Produkte mit sozialen und Communitybezogenen<br />

Aspekten.<br />

Das Zeitalter des Crowdbankings<br />

(Einfluss mittel, 4 bis 6 Jahre)<br />

Crowdfunding beschreibt eine Form des<br />

Investierens, bei der eine große Zahl von<br />

Menschen je einen kleinen Betrag investiert,<br />

um ein Unternehmen oder ein Projekt<br />

zu finanzieren. Durch die große Gruppe<br />

von Beteiligten können Projekte von<br />

Schwarmintelligenz profitieren. Es ist von<br />

Vorteil, wenn die Investoren aus verschiedenen<br />

Bereichen kommen und ihr Fachwissen<br />

einbringen.<br />

Spielerische Bankgeschäfte<br />

(Einfluss mittel, 4 bis 6 Jahre)<br />

Einer der neuesten Trends im Bankwesen,<br />

der durch die Gamification des Wertpapierhandels<br />

an Popularität gewonnen hat.<br />

Spielerische Bankgeschäfte umfassen jedoch<br />

noch deutlich mehr Elemente: Sie<br />

beschreiben einen Trend hin zur einfachen<br />

und verständlichen Darstellung von Merkmalen,<br />

die normalerweise als trocken oder<br />

komplex wahrgenommen werden würden.<br />

Außerdem können gewünschte Verhaltensweisen<br />

mit Hilfe von Bonussystemen<br />

verstärkt werden. Insgesamt verbessert<br />

Gamification das Kundenerlebnis und das<br />

Engagement, was zu einer höheren Nutzung<br />

von Bankdienstleistungen führt.<br />

Autor: www.deloitte.com/de<br />

Quelle: © psdesign1 - Fotolia.com<br />

Forrester-Studie:<br />

Banken entdecken Nachhaltigkeit als<br />

strategischen Wettbewerbsvorteil<br />

Für 79 Prozent der Entscheider von<br />

Banken in Deutschland rückt die<br />

gesellschaftliche Verantwortung als<br />

Thema auf die strategische Shortlist. Das<br />

ergibt eine Sonderauswertung zur Studie<br />

„Digital Banking Experience Report“ von<br />

Sopra Steria, durchgeführt vom <strong>Markt</strong>forschungsunternehmen<br />

Forrester. Digitalbanken<br />

(85 Prozent) stufen Nachhaltigkeit<br />

häufiger als Top-Thema ein als traditionelle<br />

Banken und Sparkassen (77 Prozent).<br />

Die Finanzbranche in Deutschland leidet<br />

unter einem Reputationsdefizit beim Thema<br />

Nachhaltigkeit. Jedes zweite Institut arbeitet<br />

beispielsweise mit E-Commerce-<strong>Markt</strong>plätzen<br />

wie Amazon und Etsy zusammen<br />

oder plant eine Kooperation in einem digitalen<br />

Ökosystem. Einige der Plattformen<br />

stehen allerdings immer wieder in der Kritik,<br />

beispielsweise ihre Arbeitsbedingungen.<br />

Zudem fällt es den Instituten schwer,<br />

sich bei nachhaltigen Finanzierungen und<br />

Anlageprojekten glaubhaft zu positionieren.<br />

Auch mangels Aufmerksamkeit in den<br />

Chefetagen: Noch im vergangenen Jahr<br />

bezeichnete nur jede fünfte Bank das Thema<br />

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil,<br />

so die Befragung What’s Your Edge? –<br />

Wettbewerbsvorteile im Entscheider-Check<br />

des Meinungsforschungsinstituts Civey im<br />

Auftrag von Sopra Steria.<br />

Das soll nun schlagartig anders werden:<br />

In erster Linie reagieren die Banken auf<br />

den wachsenden Druck von Seiten der<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

13


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

Bankenaufsicht. Es gibt die Aufforderung<br />

der EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA zur<br />

Vorlage zehnjähriger Klimapläne. EZBbeaufsichtigte<br />

Institute müssen zudem<br />

<strong>2022</strong> einen so genannten Klimastresstest<br />

absolvieren. In einem komplexen Verfahren<br />

geht es darum, die Treibhausgasemissionen<br />

der Firmenkunden von Banken<br />

sowie die daraus entstehenden Risiken zu<br />

erfassen.<br />

77 Prozent der traditionellen Banken<br />

und Sparkassen priorisieren das Risikomanagement.<br />

Digitalbanken legen den<br />

Schwerpunkt auf das Vertrauen auf Kundenseite.<br />

Sie wollen so Boden gegenüber<br />

renommierten Instituten gutmachen: 72<br />

Prozent der Digitalinstitute haben eine<br />

eigene Funktion oder ein Team für Nachhaltigkeit<br />

geschaffen, um das Thema unternehmensweit<br />

zu steuern, so der Digital<br />

Banking Experience Report.<br />

Biobanken als Coolnessfaktor<br />

Eine fest im Unternehmen verankerte<br />

Nachhaltigkeitsstrategie müssen vor<br />

allem traditionelle Banken noch aufbauen.<br />

„Nachhaltigkeit wird sehr bald ein Thema<br />

sein, das alle abdecken müssen. Viele Institute<br />

laufen Gefahr, dass sie sich nicht<br />

differenzieren können, weil sie das Thema<br />

nicht konsequent genug im gesamten Unternehmen<br />

ausrollen und keine passenden<br />

Geschäftsmodelle entwickeln“, sagt Robert<br />

Bölke, Management- und Strategieberater<br />

von Sopra Steria Next. Einige Neobanken<br />

gehen radikaler vor. Ein Beispiel<br />

ist die Tomorrow Bank aus Hamburg: Das<br />

Institut ordnet sein komplettes Angebot<br />

dem Thema Nachhaltigkeit unter – bis zur<br />

Kreditkarte aus Holz.<br />

„Wir stehen vor einem veränderten Wettbewerb<br />

um Kundinnen und Kunden, der dem<br />

an der Supermarkttheke gleicht. Wie bei<br />

Fleisch oder Gemüse wird es auch verstärkt<br />

Bioprodukte im Finanzbereich geben“, so<br />

Bölke.<br />

Institute mit transparenten Finanzierungs-<br />

und Anlagekriterien, die sich an<br />

Umwelt, Sozialem und guter Unternehmensführung<br />

(Environment, Social, Governance<br />

– ESG) orientieren, werden bei<br />

vielen Kunden im Vorteil sein. Drei Viertel<br />

der Europäer seien bereit, ihre Bank auf<br />

Basis von Nachhaltigkeitskennzahlen und<br />

CSR-Aktivitäten auszuwählen, zeigt eine<br />

Studie der französischen Bank Oney, erhoben<br />

für die Länder Frankreich, Spanien,<br />

Portugal und Ungarn. Kunden würden<br />

demnach verstärkt Banken honorieren,<br />

die ihnen beispielsweise bessere Konditionen<br />

anbieten, wenn sie ein E-Auto finanzieren,<br />

als wenn sie einen Kredit für einen<br />

Benziner vergeben.<br />

CO2-Fußabdruck-Rechner<br />

reichen nicht<br />

Quelle: © everythingpossible - Fotolia.com<br />

Ein Großteil der Banken in Deutschland<br />

behandelt das ESG-Thema vor allem als<br />

Pflichtaufgabe im Firmenkundengeschäft<br />

und als Randthema im Geschäft mit<br />

Privatkunden. Sie bieten Kontoinhabern<br />

beispielsweise Transparenz über ihr eigenes<br />

Kaufverhalten. In die Banking-App<br />

integrierte Rechner wandeln Ausgaben in<br />

CO2-Mengen um. Zudem können Kontoinhaber<br />

ihren CO2-Verbrauch ausgleichen,<br />

indem sie direkt aus der App heraus<br />

Klimaschutzprojekte unterstützen.<br />

Die Deutsche Bank möchte beispielsweise<br />

mit ihrem „CO2-Indikator“ bis Jahresende<br />

250.000 Kundinnen und Kunden von den<br />

Vorteilen des Instruments überzeugen.<br />

Eine nachhaltige Finanzberatung oder die<br />

Incentivierung eines nachhaltigen Einkaufsverhaltens<br />

muss sich bei Banken in<br />

der Fläche erst etablieren. „Die Banken<br />

spielen eine entscheidende Rolle bei der<br />

Förderung eines CO2-bewussten Lebensstils<br />

der Verbraucherinnen und Verbraucher.<br />

Sie sollten ihr Zugpferd im Wettbewerb,<br />

die Beratungskompetenz, auf<br />

ESG-Themen übertragen und Kunden<br />

14 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

durch die Anbindung externer Datenlieferanten<br />

noch bessere Analysen und vor<br />

allem konkrete Empfehlungen zum Anpassen<br />

ihres Lebensstils liefern“, sagt Robert<br />

Bölke von Sopra Steria Next.<br />

Hintergrundinformationen<br />

Für die Studie Digital Banking Experience<br />

Report wurden Interviews mit 760 Führungskräften<br />

von Finanzinstituten in fast<br />

30 Ländern zu aktuellen Prioritäten und<br />

zukünftigen Trends in der Branche geführt<br />

– 29 Banken aus Deutschland wurden<br />

befragt, das entspricht rund vier Prozent<br />

der globalen Stichprobe. Die Studie<br />

bietet einen umfassenden Überblick über<br />

den digitalen Reifegrad der Banken und<br />

ihre Innovationsagenda für die kommenden<br />

Jahre.<br />

Autor: soprasteria.de<br />

Quelle: © Picture-Factory - Fotolia.com<br />

Die Tokenisierung von<br />

Vermögenswerten wird erhebliche<br />

Auswirkungen auf das Finanzökosystem<br />

haben<br />

Die Technologie könnte zu einem neuen<br />

Finanzhandelssystem führen, das effizienter,<br />

transparenter und zugänglicher ist<br />

Ab 2030 wird allein im Aktienhandel mit<br />

einer Gesamtkostenreduktion von bis zu<br />

4,6 Mrd. EUR oder 24 % der tatsächlichen<br />

Handelskosten pro Jahr gerechnet<br />

Die wachsende Zahl von Anwendungsfällen<br />

wird die Regulierungsbehörden dazu<br />

zwingen, die notwendigen Rahmenbedingungen<br />

zu definieren<br />

München, Dezember 2021: Die<br />

Blockchain-Technologie revolutioniert<br />

die Finanzdienstleistungsbranche.<br />

Eine der jüngsten – und potenziell<br />

disruptivsten – Blockchain-basierten<br />

Innovationen ist die Asset-Tokenisierung.<br />

Während groß angelegte Anwendungen<br />

dieser neuen Technologie noch nicht vorhanden<br />

sind, gibt es bereits vielversprechende<br />

Anwendungsfälle auf der ganzen<br />

Welt. Langfristig könnte die Tokenisierung<br />

ab 2030 zu jährlichen Kosteneinsparungen<br />

von bis zu 4,6 Mrd. EUR führen. Dies sind<br />

die Hauptergebnisse der Studie „The Tokenization<br />

of the Economy and its Impact<br />

on Capital Markets and Banks“ von Roland<br />

Berger, die gemeinsam mit Keyrock<br />

(einem Krypto-Market-Maker mit Sitz in<br />

Belgien) verfasst wurde.<br />

„Die Tokenisierung wird einen großen disruptiven<br />

Einfluss auf die Kernaktivitäten<br />

der gesamten Finanzdienstleistungsbranche<br />

haben und zu irreversiblen Veränderungen<br />

führen. Um nicht zurückgelassen zu<br />

werden und möglicherweise aus dem Ge-<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

15


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

schäft auszusteigen, müssen sich Akteure<br />

wie Vermögensverwalter, Banken, <strong>Markt</strong>infrastrukturanbieter<br />

und Aufsichtsbehörden<br />

dringend mit den sich bietenden Herausforderungen<br />

und Chancen auseinandersetzen“,<br />

sagt Frederick Van Gysegem, Partner<br />

bei Roland Berger.<br />

Entmystifizierung der Tokenisierung<br />

Tokenisierung ist der Prozess der Umwandlung<br />

eines materiellen oder immateriellen<br />

Vermögenswerts in einen digitalen Token,<br />

der anschließend vom Inhaber über die<br />

Blockchain verwendet, besessen und übertragen<br />

werden kann. Dadurch entfällt die<br />

Notwendigkeit eines Drittvermittlers sowie<br />

traditioneller analoger Eigentumsdokumente.<br />

Die Autoren identifizierten drei Hauptvorteile<br />

der Technologie über Handels-<br />

Wertschöpfungsketten hinweg: erhöhte<br />

Effizienz, sowohl in Bezug auf Kosten als<br />

auch Prozesse; Erhöhte Transparenz durch<br />

nahtlosen Datenaustausch über ein dezentralisiertes<br />

Netzwerk sowie verbesserte<br />

Zugänglichkeit dank fraktionierter Assets,<br />

die es kleineren Spielern ermöglichen, sich<br />

ins Getümmel zu stürzen.<br />

Der Aktienhandel verspricht, der<br />

erste Bereich zu sein, der eine groß<br />

angelegte Tokenisierung einführt<br />

„Wir glauben, dass der Aktienhandel aus<br />

vier Hauptgründen der erste Bereich sein<br />

wird, in dem die Tokenisierung einen signifikanten<br />

Einfluss haben könnte. Erstens sind<br />

angesichts des Fortschritts der Blockchain<br />

auf den Finanzmärkten und insbesondere<br />

auf den Aktienmärkten die meisten bestehenden<br />

Proof-of-Concepts dort zu finden.<br />

Darüber hinaus erleichtert die hohe Technologieakzeptanz<br />

an den Aktienmärkten den<br />

Übergang zu einem technologiegetriebenen<br />

Modell. Schließlich deutet die beträchtliche<br />

<strong>Markt</strong>größe darauf hin, dass der Aktienhandel<br />

ein vielversprechender Kandidat für eine<br />

Skalierung ist“, erklärt Van Gysegem.<br />

Derzeit ist die Nachhandels-Wertschöpfungskette<br />

von Aktien mit Komplexitäten<br />

und Ineffizienzen durchsetzt. Tokenisierung<br />

könnte laut Experten das Potenzial haben,<br />

dies drastisch zu lindern: „Große Teile der<br />

heutigen Infrastruktur der Finanzmärkte<br />

sind darauf ausgelegt, möglichst sichere,<br />

schnelle und definitive Werttransfers zu<br />

ermöglichen. Die Tokenisierung ermöglicht<br />

digitale Wertübertragungen, die so nahtlos<br />

und einfach sind wie die Übertragung von<br />

Informationen über das Internet, und verbessert<br />

gleichzeitig den aktuellen Status<br />

quo in Bezug auf Geschwindigkeit, Sicherheit<br />

und Flexibilität. Dies ohne die Notwendigkeit<br />

vieler der derzeitigen Vermittler.<br />

Dies ist eine ebenso tiefgreifende Verschiebung<br />

wie die Entwicklung vom papiergebundenen<br />

zum elektronischen Handel. Die<br />

Disruption ist bereits im Gange und die<br />

<strong>Markt</strong>teilnehmer können sich entscheiden,<br />

sich anzupassen und zu gedeihen oder zurückzubleiben<br />

und irrelevant zu werden.“<br />

Quelle: © alswart - Fotolia.com<br />

Finanz- und zeitsparende Attraktivität<br />

überwiegen die Herausforderungen<br />

Während es bereits echte Anwendungsfälle<br />

der Technologie im Aktienhandel gibt, ist es<br />

unwahrscheinlich, dass die Einführung der<br />

Tokenisierung im gesamten Finanzspektrum<br />

über Nacht erfolgen wird. Die größten<br />

Herausforderungen sind das Fehlen von<br />

regulatorischen Rahmenbedingungen und<br />

gemeinsamen Industriestandards. Auch<br />

die Skalierbarkeit sowie die Einrichtung<br />

geeigneter Cyber-Sicherheitsmaßnahmen<br />

stellen erhebliche Hürden dar.<br />

„Einige mögen denken, dass die Nachfrage<br />

nach Tokenisierung immer noch auf einem<br />

Niveau ist, auf dem sie zumindest für eine<br />

Weile sicher ignoriert werden kann. Aber<br />

wir glauben fest daran, dass es jetzt an der<br />

Zeit ist, zu handeln – und zu vermeiden,<br />

ein Mitläufer zu werden. Als immer profitablere<br />

Nutzung Fälle auftreten, werden<br />

die Regulierungsbehörden dazu gedrängt,<br />

die Grenzen des technologischen und regulatorischen<br />

Rahmens zu definieren, und<br />

die Benutzer werden von der finanziellen<br />

und zeitsparenden Attraktivität der Tokenisierung<br />

angezogen", sagt Van Gysegem.<br />

Autor: www.rolandberger.com<br />

16 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

Studie:<br />

Wettlauf um die Zukunftsfähigkeit wird für<br />

Finanzdienstleister zum Hase-und-Igel-Spiel<br />

- Rückzugsgefechte statt Strategie<br />

Drei von vier Finanzdienstleistern<br />

durchlaufen gerade eine Neuorganisation<br />

oder haben diese bereits<br />

abgeschlossen. Weitere 18 Prozent planen<br />

aktuell den organisatorischen Umbau.<br />

Obwohl damit fast alle Banken und Versicherer<br />

an ihrer Zukunftsfähigkeit feilen,<br />

bleibt die Anspannung nach wie vor groß.<br />

Mit 35 Prozent ist der Anteil der Unternehmen,<br />

die einen „sehr großen Veränderungsdruck“<br />

spüren, in der Finanzbranche<br />

fast dreimal so hoch wie in der Industrie<br />

(12 Prozent). Zu diesem Ergebnis kommt<br />

die Studie „Potenzialanalyse Organisation<br />

x.0“ von Sopra Steria in Zusammenarbeit<br />

mit dem F.A.Z.-Institut.<br />

Quelle: © pab_map - Fotolia.com<br />

In nahezu allen Finanzhäusern Deutschlands<br />

treibt die Digitalisierung der Prozesse<br />

und Arbeitsabläufe derzeit die Neuorganisation.<br />

„Vor der Finanzkrise im Jahr<br />

2008 haben sich die Häuser sehr stark auf<br />

den Vertrieb konzentriert, danach haben<br />

sie sich überwiegend mit Regulatorik befasst“,<br />

sagt Robert Bölke, Leiter Strategieberatung<br />

Banking bei Sopra Steria Next.<br />

„Doch sie haben es dabei versäumt, sich<br />

mit einem klaren Profil sowie einer dazu<br />

passenden Organisation an einem deutlich<br />

veränderten <strong>Markt</strong> zu positionieren. In der<br />

Folge haben viele Institute den Anschluss<br />

an die Digitalisierung verloren und sind<br />

von Fintechs und branchenfremden Wettbewerbern<br />

rechts überholt worden, zum<br />

Beispiel im Zahlungsverkehr oder aktuell<br />

im Online-Brokerage.“<br />

Der Druck, die eigene Organisation zukunftsfest<br />

aufzustellen, um im Vergleich<br />

zu Konkurrenten aus Europa, Amerika und<br />

Asien nicht noch weiter ins Hintertreffen<br />

zu geraten, ist groß. Doch die Reformen<br />

drohen erneut ins Leere zu laufen. Der<br />

Grund: „Deutschen Finanzdienstleistern<br />

geht es bisher vor allem darum, die Kosten<br />

zu senken, indem sie Stellen abbauen<br />

und Filialen zusammenstreichen. Das<br />

ist ein Rückzugsgefecht, aber keine Strategie“,<br />

warnt Robert Bölke.<br />

Technologen und Philosophen statt<br />

Betriebswirte<br />

Damit Veränderungen zum Erfolg werden,<br />

ist vor allem ein kultureller Wandel<br />

innerhalb der Organisationen wichtig. Mit<br />

transparenten Entscheidungen (93 Prozent)<br />

und einer offenen Unternehmenskultur<br />

(75 Prozent), wie die Mehrheit der<br />

Befragten betont. „Es sollte nicht das Ziel<br />

von Reformen sein, Mitarbeiter vor die<br />

Tür zu setzen, Prozesse zu automatisieren<br />

oder die bestehende marode Infrastruktur<br />

am Laufen zu halten“, so Bölke. „Sondern<br />

es geht um ein neues Denken. Dazu<br />

braucht es aber neben Betriebswirten vor<br />

allem kreative Köpfe wie Ingenieure oder<br />

Philosophen.“<br />

Bevor die Institute die nächsten Reformen<br />

starten, sollten sie sich zuerst überlegen,<br />

was ihre Kunden von ihnen erwarten und<br />

was sie ihnen künftig bieten wollen. Es<br />

reicht dabei nicht, auf austauschbare digitale<br />

Produkte zu setzen. Jedes Institut sollte<br />

vor einer Neuorganisation zunächst sein<br />

Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen<br />

und klären, welchen Platz es in den digitalen<br />

Ökosystemen einnehmen möchte.<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

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FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

Die Corona-Pandemie hat auf diesem<br />

Weg immerhin wie ein Beschleuniger<br />

gewirkt. Die Mitarbeitenden haben im<br />

Homeoffice mehr Freiheiten gewonnen.<br />

Die Teams haben sie oft auch genutzt,<br />

um etablierte Strukturen zu hinterfragen.<br />

Sopra-Steria-Berater Bölke: „Dies<br />

gilt es zu bewahren und in die Post-<br />

Corona-Zeit mitzunehmen. Die Arbeit<br />

sollte neu organisiert werden, mit interdisziplinären<br />

Teams und einer gleichzeitigen<br />

Öffnung hin zu neuen Partnern und<br />

neuen Ideen.“ Die Einsicht jedenfalls ist<br />

da: Für 62 Prozent sind es inzwischen die<br />

veränderten Erwartungen der Kunden,<br />

die organisatorische Veränderungen erzwingen.<br />

Den Kostendruck nennen in der<br />

im Juni 2021 durchgeführten Befragung<br />

nur 50 Prozent.<br />

Autor: www.soprasteria.de<br />

Finanzdienstleister und Nachhaltigkeit:<br />

So wird die Bankenbranche zum<br />

Motor des grünen Wandels<br />

Das Jahr <strong>2022</strong> steht im Zeichen des<br />

nachhaltigen Umbaus der Wirtschaft.<br />

In den Mittelpunkt rücken<br />

dabei die Banken und Kapitalverwaltungsgesellschaften.<br />

Sie haben auf die Entwicklung<br />

hin zur Klimaneutralität ebenso wie<br />

zu einer sozial agierenden Wirtschaft einen<br />

maßgeblichen Einfluss.<br />

der Motor des nachhaltigen Wandels. Sie<br />

kann sich, wenn sie ihre Rolle als Vorreiter<br />

ernst nimmt, auch gesellschaftlich neu positionieren<br />

und an Reputation gewinnen.«<br />

Welche Bedeutung Banken und Asset Manager<br />

auf dem Weg in eine nachhaltige<br />

Welt haben können, zeigen diese sieben<br />

Thesen.<br />

1. Politik und Öffentlichkeit zwingen<br />

Banken, nachhaltig zu handeln.<br />

Der Druck steigt weiter.<br />

Quelle: © Peter Atkins - Fotolia.com<br />

»Während die Politik noch an ihrer Strategie<br />

für die Dekarbonisierung der Wirtschaft<br />

feilt, sind die Finanzmärkte schon<br />

einen großen Schritt weiter. Bereits heute<br />

fließen Milliardeninvestitionen in nachhaltige<br />

Projekte«, sagen Daniel Spitschan<br />

und Marcus Franz bei der auf Finanzdienstleister<br />

spezialisierten Unternehmensberatung<br />

Cofinpro. »Die Finanzindustrie ist<br />

Mit jeder Unwetterkatastrophe und jedem<br />

neuen Umweltskandal flammt die öffentliche<br />

Empörung erneut auf und nimmt an<br />

Schärfe zu. Die Forderung: Wirtschaftliche<br />

Interessen sollen nicht länger auf Kosten<br />

des Klimas oder einer ökologisch vertretbaren<br />

Nutzung der Ressourcen durchgesetzt<br />

werden. Über soziale Medien entfalten<br />

Gruppierungen wie Fridays for Future<br />

(FFF) innerhalb kürzester Zeit eine enorme<br />

Breitenwirkung. Die Finanzindustrie steht<br />

besonders im Rampenlicht, schließlich gilt<br />

sie als Bindeglied zwischen Unternehmen<br />

und Kunden. Auch von der Politik werden<br />

Banken verstärkt in die Pflicht genommen.<br />

Der Handlungsspielraum für die Banken<br />

wird enger, künftig werden ESG-Themen<br />

immer tiefer in ihrer DNA verankert.<br />

18 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

2. Auch nachhaltiges Wirtschaften<br />

braucht funktionierende Finanzströme.<br />

Damit sitzen die Banken am Hebel, um<br />

erfolgreicher und unmittelbarer als<br />

der Gesetzgeber eine klimaneutrale<br />

Zukunft zu schaffen.<br />

Banken beeinflussen über vergebene Kredite,<br />

Investitionen und Dienstleistungen<br />

die Wirtschaft eines Landes direkt. Möchte<br />

ein Unternehmen beispielsweise ein neues<br />

Werk bauen oder die Produktion umstellen,<br />

steht meist eine Bank dahinter und stellt<br />

die dafür benötigten Finanzmittel bereit.<br />

Im Rahmen dieser Partnerschaft können<br />

die Banken einen ESG-konformen Umschwung<br />

herbeiführen. Auch über die Privatkundenseite<br />

stehen Banken zahlreiche<br />

Instrumente zur Verfügung, um Nachhaltigkeitsziele<br />

zu erreichen. Beispielsweise<br />

kann Sparern die Möglichkeit eingeräumt<br />

werden, über eine sozial-ökologische Verwendung<br />

der Einlagen zu entscheiden.<br />

Diese unmittelbare Einflussnahme führt<br />

zu schnellen und direkten Verhaltensänderungen.<br />

Der Gesetzgeber agiert deutlich<br />

träger, muss er doch die Interessen<br />

verschiedener Akteure berücksichtigen.<br />

Zumal Gesetzesänderungen nur mühsam<br />

durchzusetzen sind – vor allem auf internationaler<br />

Ebene.<br />

4. Banken müssen im Kern<br />

nachhaltig denken. Sonst überleben<br />

sie nicht.<br />

Die eigene Stiftung mit angeschlossener<br />

Kunstsammlung gehörte bislang zur klassischen<br />

Grundausstattung traditionsreicher<br />

Banken. Für die junge, nachrückende<br />

Kundengeneration sind das die<br />

Symbole einer alten Welt. Um als nachhaltig<br />

agierender Player wahr- und ernstgenommen<br />

zu werden, müssen die Institute<br />

zu einem tiefgreifenden Kulturwandel<br />

bereit sein. Die neue Statuswährung heißt<br />

nicht mehr Wolkenkratzer, sondern ESG-<br />

Glaubwürdigkeit. Zu Beginn der Corona-<br />

Pandemie bewiesen die Banken eine enorme<br />

Agilität und Anpassungsfähigkeit<br />

ihrer Arbeitsprozesse. Diesen Kraftakt gilt<br />

es jetzt in den Umbau der internen Strukturen<br />

zu überführen, und ein konzernweites<br />

ESG-Verständnis zu etablieren. Ein<br />

grünes Feigenblatt wird von Gesellschaft<br />

und Politik eher früher denn später enttarnt,<br />

Mogelpackungen haben am <strong>Markt</strong><br />

langfristig keine Chance. Die neue Unternehmenskultur<br />

ruht auf den Grundpfeilern<br />

Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Kundenorientierung.<br />

3. Banken finanzieren den grünen<br />

Wandel auf globaler Ebene.<br />

Der Einfluss der Banken hört nicht an<br />

der Landesgrenze auf. Internationale Finanzierungsrunden<br />

werden künftig noch<br />

stärker auf sozial-ökologische Folgen untersucht<br />

und bewertet – und zwar bis in<br />

die hintersten Verästelungen der Lieferkette<br />

hinein. Eine nachlässige oder ESGignorierende<br />

Due Diligence können sich<br />

die Institute nicht erlauben. Schon heute<br />

werden deutsche Banken abgestraft,<br />

wenn sie mit Unternehmen in Verbindung<br />

gebracht werden, die in Südamerika im<br />

Regenwald roden oder fragwürdige Bergbau-Methoden<br />

in der afrikanischen Steppe<br />

anwenden. Während die Politik sich in nationale<br />

Entscheidungen anderer Staaten<br />

nicht einmischen will bzw. kann, steht den<br />

Banken hier mit international orchestrierten<br />

Finanzströmen ein sehr wirkungsvolles<br />

Steuerungsinstrument zur Verfügung.<br />

Quelle: © styleuneed - Fotolia.com<br />

5. Nachhaltiges Denken ermöglicht<br />

neue Angebote über das klassische<br />

Geschäft hinaus.<br />

Aufbauend auf dem klassischen Rendite-<br />

Risiko-Denken ermöglicht eine stärkere<br />

Gewichtung der Nachhaltigkeit einen neuen,<br />

langfristig orientierten Strategieansatz,<br />

der die verschiedensten Stakeholder<br />

einbezieht. Kunden, Mitarbeiter und<br />

Aktionäre müssen genauso wie Regulierer<br />

oder Gesellschaft gleichzeitig adres-<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

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FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

siert und ernst genommen werden. Dieses<br />

Spannungsfeld bietet aber auch die einmalige<br />

Chance, das Terrain der traditionellen<br />

Bankgeschäfte um moderne Beyond-Banking-Features<br />

zu erweitern. Und<br />

um das Überleben der Bank langfristig zu<br />

sichern, heißt die Königsdisziplin der Zukunft:<br />

Neue Kundengruppen sichern! Mit<br />

Girokonto und Kundenprämie ist das nicht<br />

zu schaffen. Der Kunde von morgen erwartet<br />

von seiner Bank die Möglichkeit,<br />

Bedürfnisse schnell und kostengünstig zu<br />

erfüllen, Wünsche vorauszuahnen und Hilfestellung<br />

bei grundlegenden finanziellen<br />

Fragen – all dies in einem sozial-ökologisch<br />

korrekten Mantel.<br />

6. Banken werden vom reinen<br />

Finanzierer zum echten Motor des<br />

Wandels.<br />

Klimaschutz ist ein Kraftakt – gleichzeitig<br />

aber auch die Chance, Innovationspotenzial<br />

freizusetzen. In einer Unternehmenskultur,<br />

die von Kreativität und nachhaltigem<br />

Denken geprägt ist, entwickelt sich<br />

die Bank weiter von einem Finanzpartner<br />

zu einem Sparringspartner, der eine beratende<br />

Funktion bei der Zielsetzung zu<br />

einer klimaneutralen Zukunft einnimmt.<br />

Beispiel Kreditvergabe: Risikoanalysen<br />

werden erweitert um ESG-Szenarien,<br />

bei denen die Bank aktiv nicht nur auf<br />

die Einhaltung von Grenzwerten drängt,<br />

sondern dem Antragsteller auch Alternativen<br />

aufzeigt, um ökologisch nachhaltiger<br />

zu wirtschaften. Genauso kann die Bank<br />

auch aktiv auf Kunden zugehen, um Nachhaltigkeitsziele<br />

im eigenen Portfolio bzw.<br />

Kundenstamm zu erfüllen. Die Finanzwirtschaft<br />

erweitert damit ihre Rolle als Finanzierer<br />

mit der eines Nachhaltigkeits-Beraters<br />

– und widerlegt damit auch Bill Gates‘<br />

Zitat der überflüssigen Banken.<br />

7. Als Vorreiter des grünen Wandels<br />

gewinnen die Banken an Reputation.<br />

Zahlreiche Bankenskandale haben das<br />

Image der Branche nachhaltig beschädigt.<br />

Vor allem der nachrückenden Kundengeneration<br />

ist die Integrität des Finanzpartners<br />

aber besonders wichtig. Denn je<br />

austauschbarer das Produkt selbst, desto<br />

wichtiger wird der Ruf bzw. der Name dahinter.<br />

Banken haben jetzt die einmalige<br />

Gelegenheit, sich als Vorreiter und moderner<br />

Erneuerer zu beweisen. Denn während<br />

die Politik von langsam mahlenden<br />

Bürokratiemühlen gebremst wird und internationale<br />

Organisationen zwischen nationalen<br />

Interessen aufgerieben werden,<br />

kann die Finanzbranche eigene Standards<br />

setzen und diese auch grenzüberschreitend<br />

durchsetzen. In dieser Rolle können<br />

sie den Ruf des Buhmanns ablegen und<br />

sich gesellschaftlich neu positionieren –<br />

mit Services und Beratungsleistungen in<br />

einer nachhaltig orientierten Wirtschaft.<br />

Autor: www.cofinpro.de<br />

Quelle: © everythingpossible - Fotolia.com<br />

20 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

ESG-Datenanbieter im Check:<br />

Ein Anbieter allein reicht nicht aus<br />

Banken und Fondsgesellschaften<br />

sind zunehmend auf Ratings und<br />

Scores von ESG-Research-Spezialisten<br />

angewiesen. Aber die Nachhaltigkeitsanalysen<br />

unterscheiden sich in ihren<br />

Erhebungsmethoden, ihrer Zusammenstellung<br />

und ihren Ergebnissen deutlich.<br />

Dies macht die Auswahl des passenden<br />

ESG-Datenanbieters kompliziert. Und: Ein<br />

Datenlieferant allein reicht nicht aus, um<br />

alle Anwendungszwecke abzudecken. Das<br />

zeigt eine <strong>Markt</strong>analyse der auf Finanzdienstleister<br />

spezialisierten Unternehmensberatung<br />

Cofinpro.<br />

»Nachhaltigkeit wird in der Finanzbranche<br />

nicht mehr als unangenehme Pflichtaufgabe<br />

wahrgenommen, sondern ist mittlerweile<br />

wettbewerbsdifferenzierend und fester Bestandteil<br />

der Strategie. Um klimapolitische<br />

Risiken oder ethische Aspekte exakt zu bestimmen,<br />

müssen vertrauenswürdige und<br />

aktuelle ESG-Ratings bzw. -Scores vorliegen«,<br />

sagt Robert Wagner, Nachhaltigkeitsexperte<br />

bei der Unternehmensberatung Cofinpro.<br />

Greenwashing verspielt Vertrauen<br />

bei den Kunden und ist ein erhebliches Reputationsrisiko.<br />

Damit dies verhindert wird<br />

und stattdessen ökologische, soziale und<br />

ethische Standards umgesetzt werden, sind<br />

Finanzinstitute auf die Ergebnisse der ESG-<br />

Datenanbieter angewiesen.<br />

»Nicht alles auf eine Karte setzen«<br />

Die regulatorischen Anforderungen zur<br />

Nachhaltigkeit in der Finanzbranche haben<br />

sich in den vergangenen Jahren deutlich<br />

verschärft. Zeitgleich werden die Kriterien<br />

erst Stück für Stück definiert, wie<br />

Nachhaltigkeit überhaupt gemessen und<br />

bewertet wird: »Regulierer und Finanzbranche<br />

finden langsam zu einer einheitlichen<br />

Sprache. Jedoch sind übergreifende<br />

und konkrete Standards in vielen ESG-<br />

Bereichen noch nicht etabliert. Viele Datennutzer<br />

sind deshalb gezwungen, auf<br />

absehbare Zeit mehrere Datenquellen<br />

zu nutzen«, so der Cofinpro Senior Consultant.<br />

Wer sich nur auf einen Anbieter<br />

verlässt, öffnet sich dem Risiko, einzelne<br />

Unternehmen fehlerhaft zu bewerten oder<br />

sogar die ESG-Diversifikation seines Portfolios<br />

falsch zu gewichten.«<br />

Wagner empfiehlt Banken und Fondsgesellschaften,<br />

bei der ESG-Risikobewertung<br />

genauso zu agieren wie auch bei der Portfoliosteuerung:<br />

»Nicht alles auf eine Karte<br />

setzen, sondern eine ausgeglichene und<br />

breit gestreute Balance finden, die optimale<br />

Ergebnisse liefert.« Unter den ESG-<br />

Datenanbietern sind auch die Nischenanbieter<br />

in die engere Wahl einzubeziehen.<br />

Der Bezug von Daten ist teuer<br />

In den kommenden Jahren ist dem Cofinpro-Experten<br />

zufolge mit einer noch<br />

stärkeren Gewichtung von Nachhaltigkeitsaspekten<br />

bei Investment- und Kreditentscheidungen<br />

zu rechnen. Dies setze<br />

auch die Datenanbieter unter Druck: »Um<br />

noch aussagekräftigere ESG-Scores zu erhalten,<br />

werden die Datenanbieter künftig<br />

vor allem das Sammeln der Rohdaten optimieren.<br />

Die Bezugsquellen, die Gewichtung<br />

der verschiedenen Daten und das eigene<br />

Bewertungsmodell entscheiden über<br />

die Qualität der Analyse. Vor allem nichtöffentliche<br />

Daten werden voraussichtlich<br />

an Bedeutung gewinnen, um ein ganzheitliches<br />

ESG-Bild eines Unternehmens<br />

erstellen zu können.«<br />

Neue Datenquellen und qualitativ hochwertigere<br />

Rohdaten werden aber auch dazu<br />

führen, dass Datenprovider neue Analyse-<br />

Methodiken einführen. Andernfalls kann die<br />

schiere Masse an Informationen nicht mehr<br />

sinnvoll verarbeitet werden. Denn neben<br />

der fehlenden Standardisierung habe das<br />

alles seinen Preis, der für die Abnehmer<br />

durchaus auch im siebenstelligen Bereich<br />

liegen kann.<br />

Autor: www.cofinpro.de<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

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FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

Trendbarometer:<br />

Nachhaltigkeit bei Geldanlagen bislang<br />

nur für jüngere Bankkunden ein Thema<br />

Ökologische Nachhaltigkeit hört bei<br />

vielen auf, wenn es um das eigene<br />

Bankkonto geht. Sicherheit,<br />

Rendite und Kosten sind für Verbraucher<br />

in Deutschland, Österreich, Schweiz und<br />

Frankreich weiterhin das Maß aller Dinge.<br />

Doch unter jungen Befragten wird das<br />

Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger,<br />

wie eine neue Umfrage der Unternehmensberatung<br />

BearingPoint zeigt.<br />

Das Thema Nachhaltigkeit bei der Geldanlage<br />

spielt bei Deutschen (6 Prozent),<br />

Österreichern (5 Prozent), Schweizern<br />

und Franzosen (je 7 Prozent) bisher noch<br />

eine untergeordnete Rolle. Doch schaut<br />

man genauer hin, zeigt sich, dass unter<br />

den 18- bis 24-Jährigen die Nachhaltigkeit<br />

inzwischen schon für 10 Prozent das<br />

wichtigste Entscheidungskriterium bei der<br />

Geldanlage ist – noch vor Sicherheit, Rendite<br />

und Kosten.<br />

Ältere sehen höhere Kosten für mehr<br />

Nachhaltigkeit bei Bankprodukten kritisch<br />

Ein weiterer Hinweis, dass das Thema<br />

Nachhaltigkeit den jüngeren Bankkunden<br />

wichtiger ist, zeigt die größere Bereitschaft<br />

für mehr Nachhaltigkeit auch höhere<br />

Kosten bei Bankprodukten wie zum<br />

Beispiel Investmentprodukten in Kauf zu<br />

nehmen. Im Durchschnitt sind in allen vier<br />

Ländern nur 19 Prozent aller Befragten zu<br />

Mehrkosten bereit, bei den 18- bis 24-Jährigen<br />

sind es mit 30 Prozent deutlich mehr.<br />

In Deutschland ist nur rund jeder Sechste<br />

mit höheren Kosten einverstanden, aber<br />

jeder Vierte der jungen Altersgruppe.<br />

Für eine steigende Zahl der jungen Generation<br />

spielt das Thema Nachhaltigkeit bei<br />

Bankprodukten eine immer größere Rolle.<br />

Banken sind also gut beraten, sich bei der<br />

Entwicklung nachhaltiger Finanzprodukte<br />

für den <strong>Markt</strong> nicht nur auf klassische Firmenkunden<br />

zu konzentrieren. Denn die<br />

Zukunft der Banken ist eng mit der Gunst<br />

Quelle: © Photographee.eu - Fotolia.com<br />

der jungen Privatkunden verknüpft. Und<br />

die gute Nachricht für Banken ist, dass<br />

diese junge Kundengruppe auch eher bereit<br />

ist, höhere Aufschläge für mehr Nachhaltigkeit<br />

ihrer Hausbank zu akzeptieren.<br />

Wechselbereitschaft zu Banken mit<br />

nachhaltigem Portfolio unter jungen<br />

Kunden deutlich größer<br />

Auch die Bereitschaft, zu einer anderen<br />

Bank mit einem breiteren Portfolio<br />

an ökologisch nachhaltigen Produkten zu<br />

wechseln, ist bei jüngeren Kunden ausgeprägter<br />

als bei der Gesamtbevölkerung.<br />

Während nur 29 Prozent aller Befragten<br />

wechselbereit wären, sind es unter den<br />

18- bis 24-Jährigen bereits 35 Prozent. In<br />

Deutschland ist das ebenfalls so. Während<br />

sich hierzulande nur 23 Prozent vorstellen<br />

können, zu einem anderen Anbieter zu<br />

wechseln, sind es unter den jungen Deutschen<br />

schon 30 Prozent. Was die Umfrage<br />

auch zeigt: Österreicher (34 Prozent) und<br />

Schweizer (37 Prozent) sind insgesamt<br />

wechselfreudiger als Deutsche (23 Prozent)<br />

und Franzosen (26 Prozent).<br />

Großes Informationsdefizit über<br />

nachhaltige Bankprodukte – viele<br />

Kunden wissen nicht Bescheid<br />

Die Befragung in allen vier Ländern zeigt<br />

darüber hinaus, dass ein Großteil der<br />

Kunden (65 Prozent) nicht weiß, ob die<br />

22 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

eigene Hausbank überhaupt nachhaltige<br />

Bankprodukte anbietet. In Deutschland<br />

ist dieser Anteil mit 67 Prozent sogar noch<br />

höher. 2020 lag der Anteil der Befragten<br />

bei 63 Prozent, d.h. die Informationslage<br />

hat sich sogar noch weiter verschlechtert.<br />

Und beim Thema Nachhaltigkeitsranking<br />

von Banken ist die Unwissenheit noch<br />

größer. In allen vier Ländern geben rund<br />

90 Prozent der Befragten an, nicht über<br />

das Nachhaltigkeitsranking ihrer Bank Bescheid<br />

zu wissen.<br />

Die Kommunikation der Banken zu nachhaltigen<br />

Finanzprodukten ist ausbaufähig.<br />

Denn knapp zwei Drittel der Bankkunden<br />

wissen nicht, ob die eigene Bank nachhaltige<br />

Finanzprodukte anbietet. Und der<br />

Anteil der Uninformierten ist im letzten<br />

Jahr sogar noch gewachsen. Es kann nicht<br />

im Interesse der Banken sein, dass für<br />

einen Großteil ihrer Kunden nachhaltige<br />

Finanzprodukte quasi eine Blackbox sind.<br />

Und das auch noch vor dem Hintergrund,<br />

dass die Nachhaltigkeit der eigenen Bank<br />

für die Hälfte der Kunden wichtig ist. Hier<br />

sind die Banken also dringend gefordert,<br />

aktiver auf die eigene Kundschaft zuzugehen<br />

und stärker über nachhaltige Finanzprodukte<br />

zu informieren.<br />

Autor: www.bearingpoint.com/de<br />

Wie Finanzdienstleister<br />

Konsumentenwunsch nach nachhaltigen<br />

Finanzdienstleistungen erfüllen<br />

Immer mehr Verbraucher interessieren<br />

sich für nachhaltige Finanzdienstleistungen.<br />

Und sie sind auch bereit,<br />

dafür zu bezahlen. Was das für Banken im<br />

deutschsprachigen Raum bedeutet und<br />

wie sie dieses Potenzial nutzen, erklären<br />

die Branchenexperten Max Biesenbach<br />

und Sonia King von der globalen Strategie-<br />

und Marketingberatung Simon-Kucher<br />

& Partners:<br />

Quelle: © Tanusha - Fotolia.com<br />

Umweltbewusste Verbraucher sind auch<br />

im Finanzsektor immer häufiger anzutreffen<br />

– das zeigt die neue Simon-Kucher<br />

„Global Sustainability Study“*. Bereits<br />

heute betrachtet mehr als jeder dritte<br />

Empfänger von Finanzdienstleistungen in<br />

Deutschland, Österreich und der Schweiz<br />

Nachhaltigkeit als ein entscheidendes<br />

Kaufkriterium. Und knapp 20 Prozent würden<br />

einen Bankwechsel in Betracht ziehen,<br />

sollte sich das Angebot des aktuellen<br />

Dienstleisters als nicht nachhaltig erweisen.<br />

Bei der Wahl des Finanzdienstleisters<br />

spielt das Thema Nachhaltigkeit also eine<br />

relevante Rolle.<br />

Höhere Zahlungsbereitschaft für<br />

mehr Nachhaltigkeit<br />

Hinzu kommt: Fast 30 Prozent der Verbraucher<br />

sind auch bereit, einen Aufpreis<br />

für nachhaltige Finanzprodukte zu bezahlen.<br />

Das sind zwar weniger als in anderen<br />

Branchen (in der Konsumgüterindustrie<br />

würden 40 Prozent zu diesem Zweck höhere<br />

Preise akzeptieren). Trotzdem besteht<br />

hier ein Monetarisierungspotenzial,<br />

das Finanzdienstleister nicht vernachlässigen<br />

sollten.<br />

Im Durchschnitt sind an Nachhaltigkeit<br />

interessierte Bankkunden nämlich bereit,<br />

einen Aufschlag von 20 Prozent für nachhaltige<br />

Angebote zu zahlen. Mit Blick auf<br />

unterschiedliche Altersgruppen akzeptieren<br />

– wenig überraschend – jüngere<br />

Verbraucher (18 bis 39 Jahre) wesentlich<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

23


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

häufiger zusätzliche Kosten für ressourcenschonende<br />

Services. Darüber hinaus<br />

wären knapp 25 Prozent der Bankkunden<br />

in der DACH-Region sogar bereit, für mehr<br />

Nachhaltigkeit auch auf einen Teil der<br />

jährlichen Rendite zu verzichten.<br />

Finanzdienstleister müssen jetzt handeln:<br />

drei Erfolgsfaktoren<br />

Um von diesem Trend zu profitieren, müssen<br />

Finanzdienstleister jetzt Maßnahmen<br />

ergreifen. Durch unsere Branchenerfahrung<br />

konnten wir drei Faktoren definieren,<br />

die für eine erfolgreiche Monetarisierung<br />

entscheidend sind:<br />

Gütesiegel für Nachhaltigkeit im Finanzsektor<br />

verwenden: Bisher gibt es weder<br />

auf europäischer noch auf nationaler Ebene<br />

verpflichtende Regelungen, wann ein<br />

Finanzprodukt als nachhaltig bezeichnet<br />

und vertrieben werden darf. Ähnlich wie<br />

bei den als „BIO“ zertifizierten Lebensmitteln<br />

benötigt die Finanzbranche zeitnah<br />

ein Gütesiegel, um Vertrauen zu schaffen<br />

und dadurch höhere Zahlungsbereitschaft<br />

zu generieren. Jedoch: Die von der<br />

EU geplante Taxonomie, die Investitionen<br />

in Atomstrom und fossiles Gas als nachhaltig<br />

zertifiziert, wird den Vorstellungen<br />

der wenigsten Konsumenten entsprechen<br />

und eher die gegenteilige Wirkung haben.<br />

Deshalb sind unter Umständen wieder<br />

nationale Regierungen gefragt, eigene,<br />

strengere Gütesiegel für Finanzprodukte<br />

zu schaffen. Bis dahin sollten Banken freiwillige<br />

Standards wie z. B. FNG-Siegel für<br />

nachhaltige Investmentfonds oder generelle<br />

nationale Gütesiegel, wie zum Beispiel<br />

das Österreichische Umweltzeichen,<br />

verwenden.<br />

Glaubhaftigkeit der Initiativen fördern:<br />

Viel zu häufig wird das Bestandsangebot<br />

um ein nachhaltiges Produkt erweitert,<br />

ohne den Kern der Angebotspalette zu<br />

verändern. Das nachhaltige Produkt ist<br />

nur ein Add-on – das stellt die Glaubwürdigkeit<br />

der Finanzdienstleister in Frage.<br />

Um das zu verhindern, sollten Anbieter ihr<br />

gesamtes Angebotsportfolio so gestalten,<br />

dass Kunden die Möglichkeit haben, genau<br />

so nachhaltig zu investieren, wie sie<br />

es wünschen. Im Idealfall sind diese individuell<br />

wählbaren Optionen in einer darauf<br />

ausgerichteten digitalen Customer Journey<br />

sichtbar. Das lässt jedem Kunden die<br />

Freiheit, seinen Investitionsschwerpunkt<br />

auf die Themen Environment, Social oder<br />

Government (ESG) selbst zu setzen.<br />

Initiativen sinnvoll priorisieren: Bei<br />

der Entscheidung, welche Maßnahmen<br />

eine Bank prioritär ergreifen sollte, ist<br />

nicht nur die ESG-Konformität wichtig,<br />

sondern auch die Deckungsbeitragsrelevanz.<br />

Das höchste Zukunftsrisiko liegt bei<br />

wenig nachhaltigen Produkten mit hohen<br />

Gewinnspannen – hier sollten Banken als<br />

allererstes ansetzen. Beispielsweise ist<br />

Krypto-Trading bei vielen Onlinebrokern<br />

zum starken Deckungsbeitragsbringer geworden<br />

– der CO2-Abdruck von so mancher<br />

Kryptowährung lässt allerdings durch<br />

den hohen Energieaufwand in der Produktion<br />

zu wünschen übrig. Diese beiden Elemente<br />

zu vereinen, wird für viele Finanzdienstleister<br />

entscheidend sein.<br />

Zentral bei allen ergriffenen Maßnahmen<br />

ist, dass sie sich positiv auf den Kundennutzen<br />

auswirken – sei es direkt durch<br />

ein nachhaltiges Produktangebot oder indirekt<br />

durch das Gefühl der Kunden, bei<br />

einer Bank zu sein, die das Thema ernst<br />

nimmt. Nur so entsteht für Konsumenten<br />

wie Banken ein „Nachhaltigkeits-Win-win"<br />

und für letztere eine profitable Monetarisierungschance.<br />

Autor: www.simon-kucher.com/de<br />

Quelle: © Picture-Factory - Fotolia.com<br />

24 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

Düstere Zukunft für Online-Broker:<br />

„Payment for Order Flow“-Bann und<br />

weitere Maßnahmen bedrohen<br />

50 Prozent der Erträge<br />

Die EU-Kommission plant offensichtlich,<br />

Online-Brokern die „Payment<br />

for Order Flow“ (PFOF) Praxis zu<br />

verbieten – zusammen mit weiteren, ähnlich<br />

ausgerichteten Maßnahmen bedroht<br />

dies das Geschäftsmodell zahlreicher Anbieter<br />

erheblich. Wie sie dagegen Vorkehrungen<br />

treffen können, kommentiert Maximilian<br />

Biesenbach, Partner in der globalen<br />

Banking Practice der Strategie- und Marketingberatung<br />

Simon-Kucher & Partners:<br />

Köln – Die EU-Kommission scheint tatsächlich<br />

die sogenannten „Payment for<br />

Order Flow“-Gebühren im Retail-Brokerage<br />

verbieten zu wollen. In einem kürzlich<br />

veröffentlichten Entwurf zur Reform der<br />

Europäischen Finanzmarktverordnung<br />

(Mifir) heißt es: „Investment firms acting<br />

on behalf of clients shall not receive<br />

any fee or commission or non-monetary<br />

benefits from any third party for forwarding<br />

client orders to such third party for<br />

their execution.” Tritt dies in Kraft, ist die<br />

„Payment for Order Flow“ Praxis, also Gebühren,<br />

die Online-Broker für die Weiterleitung<br />

von Kundenaufträgen an Dritte<br />

(bspw. Handelsplätze oder Börsen) von<br />

diesen Dritten erhalten, Geschichte. Was<br />

wären die Auswirkungen?<br />

Erhebliche Ertragsverluste<br />

mittelfristig befürchtet<br />

Das Ertragsmodell der europäischen Online-Broker-Platzhirsche<br />

ist damit in Gefahr.<br />

Zwar macht die genannte Rückvergütung<br />

von Handelsplätzen in der Regel nur<br />

drei bis fünf Prozent der Gesamterträge<br />

der arrivierten Broker aus, jedoch belegt<br />

der PFOF-Bann eine eindeutige Strategie<br />

des Gesetzgebers, „versteckten“ Vergütungen<br />

im Wertpapierhandel den Garaus<br />

zu machen. Daher ist ein Verbot von<br />

Rückvergütungen von Produktemittenten<br />

(etwa für Zertifikate oder Hebelprodukte)<br />

nur der logische nächste Schritt, was<br />

dann schon insgesamt 15 bis 20 Prozent<br />

der Erträge renommierter Online-Broker<br />

vernichten würde. Rechnen wir jetzt noch<br />

den seit der Einführung von MiFID II unter<br />

Beschuss geratenen Ertragsstrom der Bestandspflegeprovisionen<br />

von Fonds hinzu<br />

(je nach Plattform für zwischen 20 und 30<br />

Prozent der Gesamterträge verantwortlich),<br />

zeichnet sich ein düsteres Bild für die<br />

Zukunft. Mittelfristig ist so nämlich etwa<br />

die Hälfte der heutigen Ertragsströme der<br />

europäischen Online-Broker-Platzhirsche<br />

in Gefahr. Und die derzeit florierenden<br />

Low- und Zero-Cost-Broker müssen gleich<br />

ihr gesamtes Geschäftsmodell umstellen,<br />

da „Payment for Order Flow“-Erträge bei<br />

diesen Spielern teilweise für über 25 Prozent<br />

ihrer Gesamteinnahmen verantwortlich<br />

sind.<br />

Quelle: © chairman - Fotolia.com<br />

Kundengebühren als „Payment for<br />

Order Flow“-Ersatz<br />

Daher ist es höchste Zeit, dass Online-<br />

Broker, aber auch betroffene Retail- und<br />

Regionalbanken, ihre Ertragsmodelle dahingehend<br />

neu aufstellen, dass fehlende<br />

PFOF-Einnahmen durch Service-Gebühren<br />

für Kunden ausgeglichen werden. Welche<br />

Bereiche sind hier besonders erfolgsver-<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

25


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

sprechend? Ich empfehle den <strong>Markt</strong>teilnehmern<br />

die Einführung oder Erhöhung<br />

der folgenden vier Gebührenkomponenten:<br />

1. Erhöhung der Handelsplatz- oder Abwicklungsgebühren,<br />

die den Ausfall direkt<br />

kompensieren<br />

2. Einführung von wiederkehrenden Gebührenkomponenten,<br />

wie regelmäßige<br />

Plattform- oder Depotgebühren für Stabilität<br />

und Perfomance der Plattform sowie<br />

für Mehrwertdienstleistungen wie Charting-Tools,<br />

Research, etc.<br />

3. Erhöhung der Devisengebühren, da<br />

bspw. deutsche oder österreichische Anleger<br />

im internationalen Vergleich bislang<br />

deutlich geringere Aufschläge auf<br />

beim Wertpapierkauf anfallende Devisen-<br />

Tauschgeschäfte zahlen<br />

4. Erhöhung der Transaktionsgebühren,<br />

um die sichere, schnelle und fehlerlose<br />

Ausführung adäquat zu vergüten<br />

Autor: www.simon-kucher.com/de<br />

Quelle: © flucas - Fotolia.com<br />

Stiftungen bleiben krisenfest und<br />

blicken positiv nach vorn<br />

Eine aktuelle Umfrage des Bundesverbandes<br />

Deutscher Stiftungen zeichnet<br />

für den Stiftungssektor trotz andauernder<br />

Corona-Pandemie ein positives<br />

Gesamtbild: Für viele Stiftungen hat sich<br />

im Jahr 2021 die Lage bei den Fördermittel-<br />

bzw. Spendeneinnahmen oder im Bereich<br />

wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im<br />

Vergleich zu 2020 verbessert.<br />

Wie ist es den Stiftungen in Zeiten der Corona-Pandemie<br />

ergangen? Dazu hat der<br />

Bundesverband Deutscher Stiftungen bereits<br />

im Herbst 2020 eine Befragung des<br />

Stiftungspanels durchgeführt. Ein Jahr<br />

später wurden im Rahmen einer Panel-<br />

Befragung sechs Wiederholungsfragen zu<br />

dieser Thematik gestellt. Die Ergebnisse<br />

dieses Vergleiches liegen jetzt vor1.<br />

Die erste Befragung zeigte, dass nur die<br />

wenigsten der befragten Stiftungen in<br />

eine besorgniserregende Schieflage geraten<br />

waren. Die meisten schienen relativ<br />

ruhig durch die ersten Monate der Pandemie<br />

gekommen zu sein.<br />

Positiver Trend mit Blick auf <strong>2022</strong><br />

Diesen Eindruck bestätigt nun die zweite<br />

Umfrage: So hat beispielsweise fast ein<br />

Viertel der im Herbst 2021 befragten Stiftungen<br />

mit Fördermitteleinnahmen seit<br />

dem Pandemiebeginn häufiger Fördermittel<br />

bewilligt bekommen. Im Herbst 2020<br />

lag dieser Anteil nur bei knapp 7 Prozent.<br />

Auch bei den Spendeneinnahmen hat sich<br />

die Lage entspannt: Hatten im Herbst<br />

2020 noch knapp 30 Prozent der befragten<br />

26 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

Stiftungen mit Spendeneinnahmen angegeben,<br />

ihre Spenden seien seit Beginn der<br />

Corona-Krise eingebrochen, waren es im<br />

Herbst 2021 nur noch 16 Prozent.<br />

Grundsätzlich schwieriger gestaltet sich<br />

die Situation für Stiftungen mit einem größeren<br />

wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb:<br />

2020 mussten noch über die Hälfte der<br />

befragten Stiftungen geringere Einnahmen<br />

hinnehmen. Allerdings scheint auch<br />

hier Besserung einzutreten: Im Herbst<br />

2021 berichteten nur noch 36 Prozent der<br />

befragten Stiftungen von entsprechenden<br />

Einbrüchen.<br />

Zum Abschluss noch ein positiver Blick in<br />

die Zukunft: Rund 22 Prozent der 2021 befragten<br />

Stiftungen planen, im Folgejahr ihre<br />

Zweckausgaben zu erhöhen. Bei der Befragung<br />

im Herbst 2020 waren es mit knapp<br />

12 Prozent nur etwa halb so viele.<br />

Autor: www.stiftungen.org<br />

KfW:<br />

Aussergewöhnliches Förderjahr 2021<br />

Fördervolumen bei 107 Mrd. EUR<br />

Das Fördervolumen der KfW liegt im<br />

Jahr 2021 mit 107 Mrd. EUR weiterhin<br />

auf einem hohen Niveau<br />

(2020: 135,3 Mrd. EUR; 2019: 77,3 Mrd.<br />

EUR), ist aber im Vergleich zum Krisenjahr<br />

2020 zurückgegangen (-21%). Die abgeschwächte<br />

Nachfrage nach Corona-Hilfen<br />

infolge der Beendigung des Lockdowns<br />

bestimmt den Zusagerückgang im Vergleich<br />

zum Vorjahreszeitraum.<br />

“Die KfW hat ein außergewöhnliches Förderjahr<br />

2021 erlebt. Wir sehen eine starke<br />

Fördernachfrage in den Bereichen Klimawandel<br />

und Umwelt und erfreulicherweise<br />

einen Rückgang in der Nachfrage nach<br />

den Corona-Hilfen. Der Verlauf sowie die<br />

Folgen der Pandemie sind jedoch noch mit<br />

Risiken verbunden. Die KfW wird daher<br />

auch weiterhin mit Angeboten für Wirtschaft<br />

und Gesellschaft unterstützend zur<br />

Verfügung stehen,” sagte Stefan Wintels,<br />

Vorstandsvorsitzender der KfW Bankengruppe.<br />

Allein in Deutschland hat die KfW rund 1,3<br />

Millionen Einzelzusagen mit einem Volumen<br />

von 82,9 Mrd. EUR (2020: 106,4 Mrd.<br />

EUR; 2019: 43,4 Mrd. EUR) gemacht und<br />

damit einen großen Beitrag zur wirtschaftlichen<br />

Stabilisierung in Deutschland geleistet.<br />

Die Zusagen für Corona-Hilfsprogramme<br />

im Inland belaufen sich auf 10,1<br />

Mrd. EUR und liegen damit deutlich unter<br />

dem Niveau des Krisenjahrs 2020 in Höhe<br />

von 46,9 Mrd. EUR.<br />

Zum hohen Inlandsvolumen hat weiter<br />

in starkem Maß die hohe Nachfrage nach<br />

energieeffizienter Wohnraumfinanzierung<br />

mit 34,5 Mrd. EUR (2020: 26,8 Mrd.<br />

EUR; 2019: 11,2 Mrd. EUR) beigetragen.<br />

Die enorme Antragsflut der letzten Wochen<br />

führte zu einer Ausschöpfung der<br />

vom Bund für die Bundesförderung für<br />

effiziente Gebäude (BEG) bereitgestellten<br />

Haushaltsmittel und zu einem Stopp<br />

des Programms am 24. Januar <strong>2022</strong>. Zudem<br />

hat auch der Förderschwerpunkt in<br />

der Mittelstandsbank Energieeffizienz und<br />

Erneuerbare Energien mit 11,8 Mrd. EUR<br />

(2020: 7,4 Mrd. EUR; 2019: 7,9 Mrd. EUR)<br />

deutlich zugelegt. Die Zusagen der KfW<br />

Capital für Start-ups und junge, innovative<br />

Technologieunternehmen in Deutschland<br />

erreichten im Jahr 2021 insgesamt<br />

502 Mio. EUR.<br />

Das Geschäftsfeld Export und Projektfinanzierung<br />

schließt das Jahr unter an-<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

27


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

derem aufgrund des Corona-Umfelds wie<br />

erwartet mit einem deutlichen Rückgang<br />

der Neuzusagen in Höhe von 13,6 Mrd.<br />

EUR (2020: 16,6 Mrd. EUR; 2019: 22,1<br />

Mrd. EUR) ab und liegt damit wieder auf<br />

dem Niveau früherer Jahre. Damit ist die<br />

KfW IPEX-Bank weiterhin ein verlässlicher<br />

und starker Partner für die deutsche und<br />

europäische Wirtschaft insbesondere auch<br />

beim Ausbau der digitalen Infrastruktur.<br />

Anspruchsvolle Voraussetzungen in den<br />

Partnerländern, coronabedingte Verzögerungen<br />

in den Projekten sowie ein Rückgang<br />

der bereitgestellten Corona-Hilfen<br />

führten zu verhaltenen Zusagen auch im<br />

Geschäftsfeld Förderung der Entwicklungs-<br />

und Schwellenländer (10,1 Mrd.<br />

EUR; 2020: 12,4 Mrd. EUR; 2019: 10,6<br />

Mrd. EUR). Die DEG verzeichnet eine<br />

sehr erfreuliche Erholung in den krisenbedingten<br />

Bewertungen des Beteiligungsportfolios<br />

sowie ein positives Neugeschäft.<br />

Die Ergebnisse der Förderaktivitäten<br />

im Einzelnen<br />

Mittelstandsbank und private Kunden<br />

Das Neugeschäft im Geschäftsfeld Mittelstandsbank<br />

und Private Kunden befand<br />

sich mit einem Fördervolumen von 73,0<br />

Mrd. EUR per 31.12.2021 auf einem hohen<br />

Niveau (2020: 86,3 Mrd. EUR). 29,6<br />

Mrd. EUR des Fördervolumens entfielen<br />

dabei auf das gewerbliche Segment Mittelstandsbank<br />

(2020: 48,1 Mrd. EUR). Der<br />

Rückgang zum Vorjahr ist auf die geringere<br />

Nachfrage der von der Bundesregierung<br />

initiierten Corona-Hilfsprogramme<br />

zurückzuführen.<br />

Gründung und<br />

Unternehmensinvestitionen<br />

Der Förderschwerpunkt Gründung und<br />

Unternehmensinvestitionen erzielte im<br />

Jahr 2021 ein Fördervolumen in Höhe von<br />

16,2 Mrd. EUR (2020: 39,7 Mrd. EUR). Die<br />

Corona-Hilfsprogramme wurden mit 9,0<br />

Mrd. EUR (2020 35,6 Mrd. EUR) deutlich<br />

weniger nachgefragt. Alle anderen Programme<br />

dieses Schwerpunktes konnten<br />

ihr Zusagevolumen jedoch steigern. Der<br />

ERP-Gründerkredit hat sein Volumen mit<br />

5,8 Mrd. EUR gegenüber dem Vorjahr verdoppelt<br />

(2020: 2,9 Mrd. EUR).<br />

Klimawandel und Umwelt<br />

Quelle: © mashe - Fotolia.com<br />

“Wir befinden uns im Jahrzehnt der Entscheidung,<br />

unter welchen Bedingungen<br />

unsere Kinder und Enkel in Zukunft leben<br />

werden. Die Art und Weise, wie wir<br />

mit dem Klimawandel, der Digitalisierung<br />

sowie der Innovationsfähigkeit unseres<br />

Landes umgehen, entscheidet, ob wir<br />

auch für die nächsten Generationen das<br />

Wohlstandsversprechen unserer Demokratie<br />

erfüllen werden. Die KfW wird auch<br />

weiterhin einen wirkungsvollen Beitrag<br />

zur Bewältigung dieser und der globalen<br />

Herausforderungen leisten – bereits in<br />

der Vergangenheit hat die KfW ihre Lieferfähigkeit<br />

immer wieder unter Beweis<br />

gestellt. Gleichzeitig wollen wir uns in<br />

diesem Jahrzehnt zu einer digitalen Transformations-<br />

und Förderbank entwickeln,<br />

um unseren Förderauftrag bestmöglich zu<br />

erfüllen,” sagte Stefan Wintels.<br />

Im Schwerpunkt Klimawandel und Umwelt<br />

betrugen die Neuzusagen 12,3 Mrd.<br />

EUR und liegen somit deutlich über dem<br />

Vorjahresniveau (2020: 7,6 Mrd. EUR).<br />

Haupttreiber sind hierbei insbesondere<br />

das zum 30.06.2021 ausgelaufene Programm<br />

Energieeffizient Bauen und Sanieren<br />

mit 1,7 Mrd. EUR sowie die zum<br />

01.07.2021 neu eingeführte Bundesförderung<br />

für effiziente Gebäude (BEG), welche<br />

5,5 Mrd. EUR (davon Kredit: 2,8 Mrd. EUR,<br />

Zuschuss: 2,7 Mrd. EUR) des Fördervolumens<br />

ausmachte. Die enorme Antragsflut<br />

der letzten Wochen führte zu einer Ausschöpfung<br />

der vom Bund für die Bundesförderung<br />

für effiziente Gebäude (BEG)<br />

bereitgestellten Haushaltsmittel und angesichts<br />

der Vorläufigkeit der Haushaltsführung<br />

zu einem Stopp des Programms am<br />

24. Januar <strong>2022</strong>. Darüber hinaus wurde<br />

zum 23.11.2021 das gewerbliche Ladein-<br />

28 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

frastruktur – Zuschussprogramm für die<br />

Errichtung neuer Ladestationen für Elektroautos<br />

im nicht öffentlich zugänglichen<br />

Bereich von Unternehmen und Kommunen<br />

– eingeführt, das bis Ende des Jahres ein<br />

Zusagevolumen von 31 Mio. EUR erzielte.<br />

Innovation<br />

Die Zusagen im Förderschwerpunkt Bildung<br />

liegen mit 2,0 Mrd. EUR ebenfalls<br />

leicht unter dem Vorjahresniveau (2020:<br />

2,5 Mrd. EUR). Das höhere Volumen im<br />

letzten Jahr war vor allem auf Produktanpassungen<br />

im KfW-Studienkredit als<br />

Corona-Hilfsmaßnahme (Nullzins und Erweiterung<br />

des Antragstellerkreises) zurückzuführen,<br />

welche im Jahr 2021 analog<br />

der Hilfsprogramme der Mittelstandsbank<br />

weniger nachgefragt wurden als noch im<br />

Vorjahr.<br />

Die Neuzusagen im FörderschwerpunktInnovation<br />

lagen im Jahr 2021 bei 1,1 Mrd.<br />

EUR (2020: 0,8 Mrd. EUR). Die Steigerung<br />

der Zusagen ist maßgeblich auf die<br />

höheren Zusagen im ERP-Digitalisierungsund<br />

Innovationskredit zurückzuführen.<br />

Mit einem Fördervolumen in Höhe von<br />

43,4 Mrd. EUR erzielte das Segment Private<br />

Kunden einen historischen Höchststand<br />

(2020: 38,2 Mrd. EUR). Haupttreiber<br />

waren die zum 30.06.2021 ausgelaufene<br />

Produktfamilie Energieeffizient Bauen und<br />

Sanieren mit einem Zusagevolumen von<br />

19,3 Mrd. EUR sowie die zum 01.07.2021<br />

neu eingeführte Bundesförderung für effiziente<br />

Gebäude (BEG) mit 15,2 Mrd. EUR.<br />

Beide Programmfamilien gehören dem<br />

Förderschwerpunkt Energieeffizienz und<br />

Erneuerbare Energien an, der insgesamt<br />

ein Zusagevolumen von 35,2 Mrd. EUR<br />

(2020: 26,9 Mrd. EUR) erzielte. Ebenfalls<br />

die Erwartungen deutlich übertroffen hat<br />

der Investitionszuschuss für Ladestationen<br />

bei Wohngebäuden für Elektroautos<br />

(private Ladeinfrastruktur), welches mit<br />

einem Volumen von gut 0,7 Mrd. EUR im<br />

Oktober ausgelaufen ist (2020: 0,1 Mrd.<br />

EUR).<br />

Wohnen<br />

Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete<br />

der Bereich Wohnen (Wohneigentumsförderung<br />

und Altersgerecht Umbauen)<br />

einen Rückgang um 2,7 Mrd. EUR und<br />

schloss das Jahr mit einem Zusagevolumen<br />

in Höhe von 6,1 Mrd. EUR ab (2020:<br />

8,8 Mrd. EUR).<br />

Bildung<br />

Quelle: © nyul - Fotolia.com<br />

Individualfinanzierung<br />

und Öffentliche Kunden<br />

Im Geschäftsfeld Individualfinanzierung<br />

und Öffentliche Kunden erreichte das Zusagevolumen<br />

einen Wert von 9,5 Mrd. EUR<br />

(2020: 19,2 Mrd. EUR). Damit normalisierte<br />

sich das Geschäftsvolumen nach<br />

den sehr hohen Volumina des Vorjahres,<br />

welches von den Corona-Sondermaßnahmen<br />

geprägt war.<br />

Die Individualfinanzierung Unternehmen<br />

erreichte ein Zusagevolumen in Höhe von<br />

0,3 Mrd. EUR nach 9,3 Mrd. EUR im Vorjahr.<br />

Dabei war das Vorjahresvolumen insbesondere<br />

durch die hohe Nachfrage im<br />

Corona-Sonderprogramm Konsortialfinanzierung<br />

gekennzeichnet.<br />

Robust zeigte sich die Nachfrage im Segment<br />

Kommunale und Soziale Infrastruktur.<br />

Bei einem Zusagevolumen von 4,6<br />

Mrd. EUR (4,8 Mrd. EUR) konnte durch Zuwächse<br />

in allen drei Förderschwerpunkten<br />

der Kommunalfinanzierung – Innovation,<br />

öffentliche Infrastruktur sowie Klimawandel<br />

und Umwelt – die vorjährigen Einmaleffekte<br />

aus der Corona-Sonderförderung<br />

für gemeinnützige Unternehmen (0,5 Mrd.<br />

EUR) weitgehend kompensiert werden.<br />

Die Individualfinanzierung Banken und<br />

Landesförderinstitute lag mit 4,5 Mrd. EUR<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

29


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

unter dem Vorjahreswert (5,1 Mrd. EUR),<br />

der ebenfalls stark von Corona-bedingten<br />

Zusagen geprägt war. Mehrere großvolumige<br />

Abschlüsse innerhalb der Globaldarlehen<br />

für Leasinginvestitionen standen<br />

hier einer verhalteneren Nachfrage der<br />

Landesförderinstitute nach allgemeiner<br />

Refinanzierung gegenüber.<br />

KfW Capital<br />

Die Zusagen des Geschäftsfeldes KfW Capital<br />

beliefen sich im Jahr 2021 insgesamt auf<br />

rund 502 Mio. EUR (inkl. Zusagen des Europäischen<br />

Investitionsfonds, EIF, im Rahmen<br />

des Corona-Maßnahmenpakets des Bundes<br />

für Start-ups und des Zukunftsfonds, 2020:<br />

rund 871 Mio. EUR). Dabei ist der Rückgang<br />

allein auf das planmäßige Auslaufen des<br />

vor dem Hintergrund der Pandemie 2020<br />

aufgelegten Hilfsprogramms für Start-ups<br />

(Säule 1 des Corona- Maßnahmenpakets für<br />

Start-ups 2021: rund 20 Mio. EUR, 2020:<br />

rund 685 Mio. EUR/inklusive EIF/High-Tech<br />

Gründerfonds, exklusive ERP-Startfonds)<br />

zum 30.6.2021 zurückzuführen. Das Zusagevolumen<br />

im Programm “ERP-Venture<br />

Capital-Fondsinvestments”, das KfW Capital<br />

mit Unterstützung des ERP-Sondervermögens<br />

durchführt, erreichte plangemäß das<br />

Vorjahresniveau (187 Mio. EUR, 2020: rund<br />

184 Mio. EUR). Seit Juni 2021 investiert<br />

KfW Capital zudem über die im Rahmen<br />

des Zukunftsfonds des Bundes aufgelegte<br />

“ERP/Zukunftsfonds-Wachstumsfazilität”<br />

in europäische VC-Fonds mit Deutschlandfokus.<br />

Bis Jahresende konnten hier bereits<br />

rund 111 Mio. EUR investiert werden. Auch<br />

der EIF investierte erstmals Mittel des von<br />

KfW Capital im Auftrag des Bundes verwalteten<br />

Zukunftsfonds – im Rahmen der<br />

von ihm gemanagten GFF (German Future<br />

Fund)-EIF-Wachstumsfazilität hat er seit<br />

Juni 183 Mio. EUR zugesagt. Das über diese<br />

drei Programme zugesagte Kapital kommt<br />

Start-ups und jungen, innovativen Technologieunternehmen<br />

in Deutschland zugute.<br />

KfW IPEX-Bank<br />

Bei der KfW IPEX-Bank, die das Geschäftsfeld<br />

Export- und Projektfinanzierung<br />

verantwortet, und Finanzierungen<br />

zur Begleitung deutscher und europäischer<br />

Unternehmen auf den globalen<br />

Märkten bereitstellt, schlugen sich die<br />

Auswirkungen der Corona-Krise auf den<br />

Welthandel und große Teile der gesamten<br />

Weltwirtschaft weiterhin wie erwartet im<br />

Neugeschäft nieder. Die Neuzusagen von<br />

insgesamt 13,6 Mrd. EUR lagen nochmals<br />

deutlich unter dem Wert des Vorjahres<br />

(2020: 16,6 Mrd. EUR). Zum Neugeschäft<br />

haben alle Geschäftssparten gleichmäßig<br />

beigetragen. Den höchsten Anteil hatte<br />

mit 2,7 Mrd. EUR dabei erneut die Geschäftssparte<br />

Energie und Umwelt (2020:<br />

2,8 Mrd. EUR). Hierzu zählen vor allem<br />

Projekte aus dem Bereich Erneuerbarer<br />

Energien wie Windparks und Photovoltaikanlagen,<br />

was das Engagement der KfW<br />

IPEX-Bank für den Umwelt- und Klimaschutz<br />

unterstreicht. Eine immer größere<br />

Rolle spielen Finanzierungen zum Ausbau<br />

der digitalen Infrastruktur wie etwa Glasfaserprojekte.<br />

Quelle: © tsyhun - Fotolia.com<br />

Förderung Entwicklungs- und<br />

Schwellenländer<br />

Im Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank<br />

gingen die Zusagen im Vergleich<br />

zum Vorjahr zurück, in etwa auf das Niveau<br />

von 2019 (8,8 Mrd. EUR). 2021 stellte<br />

die KfW im Auftrag der Bundesregierung<br />

8,6 Mrd. EUR (2020: 11 Mrd. EUR)<br />

für Finanzierungen in Entwicklungs- und<br />

Schwellenländern bereit. Ursächlich für<br />

diesen Rückgang sind zu einem großen<br />

Anteil pandemiebedingte Projektverzögerungen<br />

und Reiseeinschränkungen<br />

sowie schwierige politische Rahmenbedingungen<br />

in einigen Partnerländern.<br />

Gleichwohl hat die KfW das Bundesministerium<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ) auch 2021<br />

dabei unterstützt, die Folgen der Pandemie<br />

für Entwicklungs- und Schwellenländer<br />

abzumildern. Bis Jahresende konnten<br />

30 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

über die KfW etwa 2,7 Mrd. EUR für die<br />

Umsetzung des Corona-Sofortprogramms<br />

mobilisiert werden. Projekte im Bereich<br />

Klima- und Umweltschutz förderte die KfW<br />

mit 3,7 Mrd. EUR. Mit diesen Neuzusagen<br />

werden 7,5 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente<br />

pro Jahr an Treibhausgasemissionen reduziert<br />

oder vermieden. Die Zusagen im Bereich<br />

Schutz der Biodiversität beliefen sich<br />

2021 auf rund 685 Mio. EUR, was einen<br />

Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 27<br />

% bedeutet. Weiter hat die KfW Entwicklungsbank<br />

im Jahr 2021 im Rahmen des<br />

Corona-Sofortprogramms die Beschaffung<br />

von Impfstoffen und die dafür nötige Logistik<br />

unterstützt. Auch die DEG setzt sich<br />

in der Corona-Pandemie gezielt für unternehmerische<br />

Vorhaben zur Verbesserung<br />

der gesundheitlichen Versorgung ein. So<br />

hat sie 2021 eine Darlehensfinanzierung<br />

in Höhe von 144 Mio. EUR für den südafrikanischen<br />

Impfstoffhersteller Aspen<br />

arrangiert.<br />

Die DEG konnte im Geschäftsjahr 2021<br />

bei weiter anhaltender Corona-Pandemie<br />

mit rund 1,5 Mrd. EUR mehr Mittel für Investitionen<br />

privater Unternehmen in Entwicklungs-<br />

und Schwellenländern zusagen<br />

als im Vorjahr (2020: 1,4 Mrd. EUR). Außerdem<br />

wurden 507 Mio. EUR bei weiteren<br />

Kapitalgebern mobilisiert und damit über<br />

30 Prozent mehr als im Vorjahr.<br />

Regional betrachtet sagte die DEG für Investitionen<br />

in Lateinamerika mit 566 Mio.<br />

EUR deutlich mehr als 2020 zu (334 Mio.<br />

EUR). Mit diesen Mitteln trug die DEG in<br />

von der Pandemie besonders betroffenen<br />

Ländern der Region dazu bei, dass kleine<br />

und mittlere lokale Unternehmen Kapital<br />

erhielten und weiterbestehen konnten.<br />

Nach Asien ging rund ein Drittel der neu<br />

zugesagten Finanzierungen, gefolgt von<br />

Afrika und Europa.<br />

Finanzmärkte<br />

Das Geschäftsfeld Finanzmärkte der KfW<br />

unterstützte mit Investitionen in Green<br />

Bonds in Höhe von 527 Mio. EUR den Klima-<br />

und Umweltschutz. Für das Jahr <strong>2022</strong><br />

plant die KfW im Rahmen ihres Green-<br />

Bond-Portfolios abermals eine Neuanlage<br />

von 400 Mio. EUR.<br />

Zur Refinanzierung ihres Fördergeschäftes<br />

nahm die KfW 2021 Mittel in Höhe von<br />

82,6 Mrd. EUR an den internationalen Kapitalmärkten<br />

auf. Im Vergleich zum Vorjahr<br />

emittierte die KfW im Euro (Anteil 55<br />

%) rund 3 Mrd. EUR mehr. Als zweitwichtigste<br />

Währung mit einem Anteil von 26 %<br />

bleibt der US-Dollar von großer Bedeutung<br />

für die KfW. Insgesamt wurden 211 Transaktionen<br />

in 15 verschiedenen Währungen<br />

durchgeführt. 37 “Green Bonds – Made by<br />

KfW”-Transaktionen trugen mit 16,2 Mrd.<br />

EUR rund 20 % zur Refinanzierung bei, so<br />

viel wie noch nie.<br />

Zur Refinanzierung des KfW-Sonderprogramms<br />

zur Unterstützung der deutschen<br />

Wirtschaft im Rahmen der Corona-Krise<br />

wurden im Geschäftsjahr 2021 Mittel<br />

in Höhe von 3 Mrd. EUR über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds<br />

(WSF) aufgenommen.<br />

Damit beläuft sich die Gesamtsumme<br />

der seit Beginn der Pandemie<br />

aufgenommenen Mittel aus dem WSF auf<br />

42 Mrd. EUR. Das derzeit ausstehende<br />

Volumen der Refinanzierungsmittel beträgt<br />

rund 35 Mrd. EUR. Anfang Dezember<br />

2021 haben die Bundesregierung und die<br />

KfW die Frist zur Antragstellung im KfW-<br />

Sonderprogramm bis zum 30.04.<strong>2022</strong><br />

verlängert.<br />

Quelle: © Microgen - Fotolia.com<br />

Für das Jahr <strong>2022</strong> wird eine langfristige<br />

Mittelaufnahme über die Kapitalmärkte in<br />

Höhe von 80 bis 85 Mrd. EUR geplant. Hiervon<br />

sollen mindestens 10 Mrd. EUR über<br />

die Emission von großvolumigen Green<br />

Bonds in unterschiedlichen Währungen aufgenommen<br />

werden.<br />

Die Diversifizierung nach Produkten und<br />

Währungen gewährleistet hierbei Kontinuität<br />

und Flexibilität, um bestmögliche<br />

Refinanzierungsergebnisse für das Fördergeschäft<br />

zu erzielen. Zum aktuellen Zeitpunkt<br />

liegt das Refinanzierungsvolumen<br />

bereits bei über 20 Mrd. EUR.<br />

Autor: www.kfw.de<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

31


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

Sparverhalten der Deutschen<br />

zwischen Lockdown und Niedrigzins<br />

Sparkonto verliert an Beliebtheit<br />

Viele Deutsche sind traditionell engagierte<br />

Sparer. Insbesondere das<br />

eigene Sicherheitsbedürfnis ist ein<br />

starker Treiber für klassisches Sparen.<br />

Die jüngste repräsentative Umfrage im<br />

Auftrag der norisbank zeigt jedoch: Mittlerweile<br />

ist ein Rückgang bei der Sparneigung<br />

zu verzeichnen. Während im letzten<br />

Jahr 51,5 Prozent der Befragten, die mehr<br />

sparen konnten als im Vorjahr, ein finanzielles<br />

Polster auf dem Konto als Sicherheit<br />

empfunden haben, sind es 2021 nur<br />

noch 45,8 Prozent. Im Vergleich zum Jahr<br />

2019 (56,6 Prozent, 2018: 53,2 Prozent)<br />

ist dieser Wert sogar um 10,8 Prozentpunkte<br />

gefallen. Dieser Trend macht sich<br />

vor allem bei den 60- bis 69-Jährigen bemerkbar:<br />

Während 2019 noch 71 Prozent<br />

der Altersgruppe ein sicheres Gefühl dank<br />

gut gefülltem Konto als Argument für das<br />

klassische Sparen und gegen zum Beispiel<br />

das Investieren in Wertpapiere nannten,<br />

sind es zwei Jahre später nur noch 53,8<br />

Prozent der Befragten.<br />

Quelle: © M. Schuppich - Fotolia.com<br />

Trotzdem berichten viele Banken seit<br />

2020 von erheblich steigenden Guthaben<br />

auf den Konten. Sicher sind die besonderen<br />

Rahmenbedingungen der Pandemie<br />

eine wesentliche Ursache. Denn für<br />

viele Befragte ist der unfreiwillige Verzicht<br />

auf Konsum und insbesondere auf<br />

neue Anschaffungen oder auch auf Reisen<br />

ein bedeutender Grund für die gefüllten<br />

Giro- und Sparkonten. Fast ein Drittel der<br />

Deutschen (31,4 Prozent) gibt an, dass sie<br />

aufgrund des Lockdowns nicht wie geplant<br />

ihr Geld ausgeben konnten und deshalb<br />

im letzten Jahr mehr gespart haben. Bei<br />

den Frauen zwischen 60 und 69 Jahren<br />

war die Einschränkung im Kaufverhalten<br />

offenbar besonders groß. 44,4 Prozent gaben<br />

an, mehr sparen zu können, weil der<br />

Lockdown Ausgabepläne vereitelt hat.<br />

Größere Anschaffungen offenbar für<br />

viele ein “erzwungener” Spargrund<br />

Die ausgedehnten Lockdowns haben viele<br />

Käufe unmöglich gemacht. Viele Kaufinteressenten<br />

haben Anschaffungen auch sicherlich<br />

aus Verunsicherung geschoben.<br />

Die Konsequenz: steigende Guthaben auf<br />

den Konten. Für so manche Anschaffungen<br />

liegt bei den Deutschen das nötige Geld<br />

schon bereit, aber die Lieferzeiten machen<br />

ihnen einen Strich durch die Rechnung.<br />

Nicht selten ist es zudem aktuell unmöglich,<br />

Handwerker für geplante Investitionen<br />

im Eigenheim zu bekommen. So<br />

überrascht das Befragungsergebnis nicht,<br />

dass fast jeder Sechste (17,4 Prozent)<br />

gern die Möglichkeit zu einem größeren<br />

Kauf – wie beispielsweise eine neue Küche<br />

oder ein neues Auto – wahrgenommen<br />

hätte, aber mit starken Verzögerungen bei<br />

der Lieferung oder mit langen Wartezeiten<br />

auf Handwerkertermine zu kämpfen hat.<br />

Es zeigt sich, dass besonders bei Familien<br />

die Wartezeiten für Großanschaffungen<br />

der Grund für das “erfolgreiche” Sparjahr<br />

2021 sind: 27,1 Prozent von ihnen geben<br />

zum Beispiel Lieferverzögerungen als<br />

Grund dafür an, warum sie in diesem Jahr<br />

mehr Geld beiseitelegen konnten.<br />

Niedrigzins bewegt kaum<br />

zum Geldausgeben<br />

Durch Zinssenkungen und die Einführung<br />

des Negativzinses wollten die Zentralbanken<br />

den Konsum der Menschen ankurbeln.<br />

Verbraucher sollten dazu motiviert<br />

werden, weniger zu sparen und mehr auszugeben,<br />

um die Wirtschaft anzutreiben.<br />

32 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

Stand heute zeigt die Umfrage im Auftrag<br />

der norisbank jedoch ein anderes Bild:<br />

Eine Verknüpfung des eigenen Ausgabeverhaltens<br />

mit dem aktuellen Niedrigzins<br />

gibt es für viele Deutsche offenbar nicht.<br />

Jeder Fünfte (20,1 Prozent), der in 2021<br />

weniger gespart hat als im Vorjahr, hat<br />

das Geld unabhängig von den niedrigen<br />

Zinsen ausgegeben. Besonders hoch ist<br />

dieser Wert bei den 18- bis 29-Jährigen:<br />

31,1 Prozent dieser Altersgruppe und damit<br />

fast ein Drittel haben sich unabhängig<br />

vom Niedrigzins zum Geldausgeben entschieden.<br />

Besonders auffällig: Sogar fast<br />

die Hälfte der Deutschen (47,4 Prozent)<br />

gibt an, weniger Geld zur Verfügung gehabt<br />

zu haben, sodass ihnen Sparen nicht<br />

möglich war. Bei den Singles sind es sogar<br />

genau 50 Prozent. Nur 17,2 Prozent<br />

der Befragten bestätigen aktuell, dass sie<br />

aufgrund der niedrigen Zinsen ihr Geld<br />

ausgegeben haben. Sie sind der Auffassung,<br />

dass sich Sparen in dieser Situation<br />

nicht mehr lohnt (2020: 18,1 Prozent,<br />

2019: 32,8 Prozent, 2018: 35,7 Prozent).<br />

Der Niedrigzins als Stimulus für verstärkte<br />

Ausgaben hat mit dem Start der Pandemie<br />

offenbar ausgedient. Bedenkt man die<br />

stark steigende Inflation, so scheint es für<br />

Zentralbanken an der Zeit, die Zinspolitik<br />

zu überdenken.<br />

Autor: www.norisbank.de<br />

NDR: Cum-ex, Cum-Cum und<br />

vergleichbare Steuerbetrugssysteme:<br />

Schaden dreifach grösser als bisher bekannt<br />

– mindestens 150 Milliarden Euro<br />

Nach neuen Berechnungen beläuft sich der<br />

weltweite Schaden durch Cum-Ex, Cum-<br />

Cum und vergleichbare Betrugssysteme<br />

auf mindestens 150 Milliarden Euro.<br />

Diese Summe ist dreifach größer als bisher<br />

bekannt. Das Geld ließen sich Banken<br />

und andere Finanzakteure “zurückerstatten”,<br />

obwohl sie entsprechende Steuern<br />

nie gezahlt hatten. Neben Deutschland<br />

und den USA wurden zwischen dem Jahr<br />

2000 und 2020 mindestens zehn europäische<br />

Staaten Opfer dieses Steuerraubzugs.<br />

Das haben gemeinsame Recherchen<br />

von 15 internationalen Medienpartnern<br />

ergeben, an denen in Deutschland COR-<br />

RECTIV und das ARD-Magazin “Panorama”<br />

(NDR) beteiligt waren.<br />

Weiteres Ergebnis der Recherchen von<br />

“Panorama”: Die Bundesregierung scheint<br />

sogenannte “Cum-Cum-Geschäfte” bis<br />

heute nicht effektiv zu bekämpfen – obwohl<br />

ihr die immensen Verluste, die der<br />

Steuerkasse dadurch entstehen, bekannt<br />

sind: “Die Information hat auch das Bundesfinanzministerium,<br />

und zwar zumindest<br />

von mir”, sagt der Mannheimer Steuerprofessor<br />

Christoph Spengel in “Panorama”.<br />

Spengel ist Mitglied des Wissenschaftlichen<br />

Beirates des Bundesfinanzministeriums<br />

(BMF). Seine Korrespondenz mit der<br />

Leitungsebene des Finanzministeriums<br />

liegt “Panorama” vor.<br />

Auf Anfrage von “Panorama” erwidert das<br />

BMF, die Finanzbehörden seien intensiv<br />

mit der Aufarbeitung von Cum-Cum-Gestaltungen<br />

befasst. Auch sei man “den<br />

Hinweisen von Professor Spengel bereits<br />

nachgegangen” und habe sie “an die zuständige<br />

Sondereinheit zur Bekämpfung<br />

kapitalmarktorientierter Steuergestaltungen<br />

beim Bundeszentralamt für Steuern<br />

weitergeleitet”.<br />

Bei Cum-Cum verschieben ausländische<br />

Anleger ihre Aktien vor der Dividenden-<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

33


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

Quelle: © Syda Productions - Fotolia.com<br />

ausschüttung ins Inland, um unrechtmäßig<br />

Steuern zu sparen. Ein wesentlicher Grund<br />

für die Fortführung dieses Steuerdiebstahls<br />

ist offenbar die irrige Annahme, dass Cum<br />

Cum – anders als Cum Ex – nicht illegal sei.<br />

Dem widerspricht in “Panorama” Helmut<br />

Lotzgeselle, Vorsitzender Richter am Hessischen<br />

Finanzgericht. Unter dem Vorsitz<br />

von Lotzgeselle wurde Anfang 2020 erstmals<br />

in der Geschichte der Bundesrepublik<br />

eine Landesbank wegen ihrer Cum-Cum-<br />

Geschäfte verurteilt. Der Finanzrichter sieht<br />

die illegalen Aktiengeschäfte nicht bloß<br />

unter dem steuerrechtlichen Aspekt. “Für<br />

mich sind Cum-Cum-Geschäfte nicht nur<br />

ein Gestaltungs-Missbrauch und eine Steuerumgehung,<br />

für mich als Jurist sind Cum-<br />

Cum-Geschäfte auch eine Straftat”, sagt<br />

Lotzgeselle in “Panorama”. “Ich kann nur<br />

hoffen, dass man diese Fälle alsbald aufgreift,<br />

um die Gelder – und hier geht es um<br />

Milliarden – zurückzufordern und diejenigen<br />

bestraft, die aufgrund ihrer Gier dem Steuerzahler<br />

diese Milliarden entzogen haben.”<br />

Eine Erhebung des Steuerprofessors Christoph<br />

Spengel für die weltweite Recherchekooperation<br />

hat ergeben, dass der<br />

organisierte Griff in die Steuerkasse in<br />

den vergangenen Jahren fast ungehindert<br />

weiterging. Insgesamt ist dem deutschen<br />

Fiskus in den Jahren 2000 bis 2020 allein<br />

durch Cum-Cum ein Mindestschaden von<br />

28,5 Milliarden Euro entstanden. Spengel<br />

hat mit einem Team der Universität Mannheim<br />

auch den Schaden durch ähnlich<br />

gelagerte Aktienschäfte wie Cum-Ex und<br />

sogenannte ADRs (American Depository<br />

Receipts) errechnet. Allein für Deutschland<br />

kommt er für den Zeitraum 2000<br />

bis 2020 auf einen Gesamtschaden durch<br />

diese drei Betrugsformen von mindestens<br />

35,9 Milliarden Euro.<br />

Zu der Recherchekooperation unter dem<br />

Namen “CumEx Files 2.0” haben sich<br />

unter Leitung des Recherchezentrums<br />

CORRECTIV 15 Medien aus 15 Ländern<br />

zusammengetan, um das Ausmaß des<br />

Steuerraubs zu recherchieren. Dazu gehören<br />

neben dem ARD-Magazin “Panorama”<br />

vom NDR auch die BBC aus Großbritannien,<br />

Le Monde aus Frankreich oder NBC<br />

aus den USA. Die Ergebnisse der Recherchen<br />

werden auf der Website http://www.<br />

cumex-files.com zusammengeführt. In<br />

den sozialen Medien laufen sie unter dem<br />

Hashtag #CumExFiles.<br />

“Panorama” wird sich in der Sendung am<br />

Donnerstag, 21. Oktober, um 21.45 Uhr<br />

im Ersten ausführlich mit dem Thema befassen.<br />

In dem Beitrag kommt auch die<br />

Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker<br />

ausführlich zu Wort. Unter ihrer Leitung<br />

ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft<br />

gegen mehr als 1000 Beschuldigte.<br />

Erstmals äußert sich im deutschen Fernsehen<br />

zudem einer der vermutlich größten<br />

Steuerräuber der Welt: Sanjay Shah. Er<br />

hält sich seit Jahren in Dubai auf. Gegen<br />

ihn ermitteln Behörden in Deutschland,<br />

Belgien und Dänemark. Er allein wird für<br />

einen Steuerschaden von mehr als einer<br />

Milliarde Euro verantwortlich gemacht.<br />

“Er ist sicherlich einer, der am meisten<br />

Risiko eingegangen ist. Er hat das schon<br />

sehr auffällig gemacht und deswegen ist<br />

er auch relativ schnell aufgeflogen”, sagt<br />

Oberstaatsanwältin Brorhilker, die ebenfalls<br />

gegen den britischen Staatsbürger<br />

ermittelt.<br />

Gegen Sanjay Shah liegt ein internationaler<br />

Haftbefehl vor. Sollte er die Vereinigten<br />

Arabischen Emirate verlassen, drohen ihm<br />

die Festnahme und die Auslieferung. Aber<br />

das schreckt den Steuerräuber wenig.<br />

Shah in “Panorama”: “Mein Plan ist es,<br />

bald wieder in das Geschäft einzusteigen.”<br />

Autor: www.ndr.de<br />

34 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


MARKT I FinanzBusinessMagazin<br />

Digitale Zentralbankwährungen –<br />

ein Wettlauf mit der Zeit<br />

Aberdeen Standard Kommentar von analysiert Luke Bartholomew,<br />

Senior Monetary Economist bei Aberdeen Standard Investments<br />

Unregulierte Kryptowährungen sind<br />

weiter auf dem Vormarsch – erste<br />

Pilotprojekte digitaler Zentralbankwährungen,<br />

sogenannte Central Bank<br />

Digital Currencies (CBDCs), laufen bereits,<br />

um die Kontrolle über die Geldmenge<br />

und die Zinssätze zu behalten sowie<br />

die Finanzstabilität zu wahren. Allerdings<br />

könnten CBDCs auch erhebliche finanzielle<br />

Verwerfungen mit sich bringen.<br />

„Zentralbanken, die ihre eigenen Währungen<br />

ausgeben, könnten den gesamten<br />

Bankensektor destabilisieren“, so Luke<br />

Bartholomew, Senior Monetary Economist,<br />

Aberdeen Standard Investments.<br />

Ein Grund dafür sei beispielsweise, dass<br />

das digitale Konto bei der Zentralbank<br />

günstiger und sicherer sein könnte als<br />

das Bankkonto bei den großen Banken.<br />

Im Krisenfall könnte es den Banken-Run<br />

beschleunigen. Wenn CBDCs Zinsen zahlen,<br />

würden sie außerdem eine Untergrenze<br />

setzen, unter die Geschäftsbanken<br />

Quelle: © kasto - Fotolia.com<br />

nicht fallen können. Dies berge die Gefahr,<br />

dass Banken zu Investmentgesellschaften<br />

werden und aufgrund des schwindenden<br />

Einlagengeschäfts nicht mehr in der gewohnten<br />

Form Kredite an Unternehmen<br />

und Privathaushalte vergeben könnten.<br />

Doch Passivität seitens der Zentralbanken<br />

würde nach Ansicht des Investmentexperten<br />

bedeuten, dass die Weltbevölkerung<br />

zu Kryptowährungen übergeht, die sich<br />

vollständig in privater Hand und außerhalb<br />

der staatlichen Kontrolle befinden. Ein<br />

Szenario, das zwar unwahrscheinlich sei,<br />

da die Regulierungsbehörden nicht untätig<br />

bleiben werden, aber auch nicht unmöglich.<br />

„Die politischen Entscheidungsträger<br />

laufen Gefahr, die Kontrolle über das Finanz-<br />

und Zahlungssystem zu verlieren,<br />

und private ‚Stablecoins‘, die zu einem<br />

festen Kurs mit den bestehenden nationalen<br />

Währungen umgerechnet werden,<br />

könnten sich durchsetzen – der Wettlauf<br />

mit der Zeit ist eröffnet“, so Bartholomew.<br />

Vor- und Nachteile einer digitalen<br />

Zentralbankwährung<br />

Die Vorteile für die Länder und Regierungen<br />

jener Zentralbanken, die Digitalwährungen<br />

schaffen, lägen darin, die<br />

aktuelle Bedrohung durch private Digitalwährungen<br />

abzuwehren und die Kontrolle<br />

über die Geldmenge und die Zinssätze zu<br />

behalten, um wirtschaftliche Ziele zu unterstützen.<br />

„Mit CBDCs hätten Zentralbanken<br />

eine Übersicht darüber, wo die Menschen<br />

ihre Digitalwährung ausgeben. Der<br />

Bevölkerung könnte leichter ‚Helikoptergeld‘<br />

ausgezahlt werden, was der Wirtschaft<br />

zugutekäme und Steuern könnten<br />

automatisch abgezogen werden“, erklärt<br />

Batholomew. Digitales Zentralbankgeld<br />

könnte auch mehr Flexibilität in Bezug auf<br />

negative Zinssätze bieten, sofern damit<br />

die Abschaffung von physischem Bargeld<br />

verbunden wäre. Dies könnte dazu beitragen,<br />

Volkswirtschaften in schwächeren<br />

Phasen zu stimulieren.<br />

Auch für die Nutzer von CBDCs gäbe es<br />

Vorteile. CBDCs wären ein risikofreier Vermögenswert,<br />

da Zentralbanken im Gegensatz<br />

zu Geschäftsbanken nicht ban-<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

35


FinanzBusinessMagazin I MARKT<br />

krottgehen können. Außerdem könnten<br />

sie deutlich günstigere und schnellere<br />

Zahlungsprozesse weltweit ermöglichen.<br />

„Allerdings verlieren Nutzer der digitalen<br />

Zentralbankwährung damit ihre Anonymität.<br />

Eine staatliche Kontrolle über das Geld<br />

des Einzelnen könnte wahrscheinlicher<br />

werden“, gibt Bartholomew zu bedenken.<br />

Zahlungsnetzwerk per Smartphone, und<br />

man könnte sagen, dass die Bevölkerung<br />

weniger Bedenken bezüglich der Privatsphäre<br />

hat“, sagt Bartholomew. Allerdings<br />

seien staatliche Eingriffe nicht mehr unwahrscheinlich.<br />

Die People’s Bank of China<br />

schlage bereits die Ausgabe von sich „abwertenden<br />

Geldscheinen“ vor, um die Menschen<br />

zum Geldausgeben zu animieren.<br />

Ausblick<br />

Quelle: © Sergey Nivens - Fotolia.com<br />

Vorreiter China<br />

Die People’s Bank of China hat bereits in<br />

einem Pilotprojekt eine nationale Kryptowährung<br />

geschaffen, die über eine App<br />

funktioniert. „Das erklärte Ziel ist es, Bargeld<br />

zu ersetzen, die finanzielle Inklusion<br />

zu verbessern und effizientere Zahlungssysteme<br />

im ganzen Land aufzubauen.<br />

China hat bereits ein sehr ausgeklügeltes<br />

Der Investmentexperte geht davon aus,<br />

dass sich private Kryptowährungen kurzbis<br />

mittelfristig weiter ausbreiten werden<br />

und es eine Art Koexistenz zwischen ihnen<br />

und den CBDCs geben wird. Dabei könne<br />

es durchaus zu einer Regulierung der Kryptowährungen<br />

kommen, wie vor Kurzem in<br />

China geschehen. Damit der Übergang zu<br />

CBDCs keine Destabilisierungswelle auslöse,<br />

würden die Zentralbanken bereits<br />

an möglichst wirtschaftsverträglichen Lösungen<br />

arbeiten. Eine Möglichkeit sehe<br />

vor, CBDCs über Geschäftsbanken verfügbar<br />

zu machen. „Langfristig haben unserer<br />

Ansicht nach die digitalen Zentralbankwährungen<br />

trotz ihrer Schwächen durchaus<br />

das Potenzial sich durchzusetzen und<br />

private Kryptowährungen zu verdrängen.<br />

Wie die digitalen Zentralbankwährungen<br />

in Hinblick auf die Bankenwelt konkret<br />

aussehen könnten, bleibt abzuwarten“, so<br />

Bartholomew.<br />

Autor: www.aberdeenstandard.com<br />

Impressum<br />

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RedaktionMedien Verlag<br />

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Schwaighofstraße 19 A<br />

83684 Tegernsee<br />

Telefon: +49 (0) 8022 - 50 70 436<br />

klee@redaktionmedien-verlag.de<br />

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www.FinanzBusinessMagazin.de<br />

Steuernummer: 139 / 236 / 60261<br />

USt-IdNr.: DE292943593<br />

Geschäftsführung:<br />

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Herausgeber / Chefredaktion:<br />

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36 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND I FinanzBusinessMagazin<br />

Banken rechnen in Folge der Corona-<br />

Pandemie mit Ertragseinbußen und<br />

Kreditausfällen<br />

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie<br />

werden bei den Banken in<br />

Deutschland noch deutliche Spuren<br />

hinterlassen – und sich auch auf die<br />

Kunden auswirken. 42 Prozent der Kreditinstitute<br />

rechnen mit Ertragseinbußen,<br />

vier Prozent sogar mit starken. Das geht<br />

aus der Kreditmarktstudie 2021 der Wirtschaftsprüfungs-<br />

und Beratungsgesellschaft<br />

EY hervor, für die 100 Kreditmanager<br />

von Banken und Sparkassen befragt<br />

wurden.<br />

Das wahre Ausmaß der Covid-19-Krise<br />

wird sich nach Einschätzung der Institute<br />

aber erst im kommenden Jahr zeigen: 49<br />

Prozent rechnen im ersten Halbjahr <strong>2022</strong><br />

und 29 Prozent im zweiten Halbjahr <strong>2022</strong><br />

mit zunehmenden Insolvenzen von Unternehmen<br />

und Privathaushalten. Da helfen<br />

aus Sicht der Banken auch staatliche Finanzierungshilfen<br />

für die Kreditnehmer<br />

nicht immer: 29 Prozent halten lediglich<br />

Teilrückzahlungen für wahrscheinlich, zwei<br />

Prozent befürchten Totalausfälle.<br />

Insgesamt gehen daher 74 Prozent der<br />

Kreditinstitute davon aus, dass sich die<br />

Kreditqualität verschlechtern wird – d.h.<br />

dass die Bonität der Kreditnehmer leidet<br />

und die Ausfallwahrscheinlichkeit steigt.<br />

Ihre Kreditvergabe wollen die Banken nach<br />

eigener Aussage dennoch ausweiten: Bei<br />

61 Prozent soll die Neukreditvergabe in<br />

den kommenden zwölf Monaten steigen,<br />

nur bei 13 Prozent soll sie sinken. Die individuelle<br />

Bereitschaft steht allerdings im<br />

krassen Widerspruch zur Einschätzung für<br />

die Branche insgesamt: 45 Prozent der<br />

Bankmanager erwarten, dass die Branche<br />

die Neukreditvergabe zurückfahren wird.<br />

Anforderungen an Bankkunden steigen<br />

Auf die Bankkunden kommen in Zukunft<br />

in jedem Fall höhere Anforderungen zu:<br />

63 Prozent der befragten Banken werden<br />

in den nächsten zwölf Monaten höhere<br />

Dokumentations- und Sicherheitenanforderungen<br />

stellen. 44 Prozent wollen bessere<br />

Bonitäten verlangen und 40 Prozent<br />

strengere Financial Covenants durchsetzen,<br />

d.h. die Einhaltung bestimmter<br />

Kennzahlen wie Eigenkapital, Ertrag oder<br />

Liquidität auf Seiten des Kreditnehmers.<br />

Das sind jeweils deutlich mehr als in der<br />

Befragung im Vorjahr.<br />

Quelle: © SergeyBitos - AdobeStock.com<br />

Einige Banken wollen sogar neue Kreditlinien<br />

gar nicht erst gewähren (16 Prozent)<br />

oder bestehende Kreditlinien kündigen.<br />

Das hatte im Vorjahr kein einziges befragtes<br />

Kreditinstitut vor.<br />

„Das dicke Ende der wirtschaftlichen Auswirkungen<br />

durch die Corona-Pandemie<br />

steht aus Sicht der deutschen Kreditinstitute<br />

erst noch bevor“, sagt Michael Berndt,<br />

Partner in der Finanzdienstleistungsberatung<br />

bei EY EMEIA. „Entsprechend sind die<br />

Banken stärker auf Sicherheit bedacht.<br />

Auf Bankkunden kommen in Zukunft höhere<br />

Anforderungen bei der Kreditvergabe<br />

hinzu. Das gilt im Übrigen auch für ökologische<br />

oder soziale Kriterien: Über ein<br />

Drittel der Banken achtet schon jetzt darauf,<br />

dass Kreditnehmer diese erfüllen.<br />

Der Anteil wird künftig deutlich steigen.<br />

Kunden, die die Anforderungen erfüllen,<br />

können sich weiter auf die Banken als<br />

Partner verlassen: Ein Großteil der Institute<br />

will die Kreditvergabe ausweiten.“<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

37


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND<br />

„Die Belastungen für die Kreditinstitute haben<br />

noch einmal zugenommen“, ergänzt<br />

Christoph Roessle, Partner Strategie- und<br />

Transaktionsberatung Finanzdienstleistungen<br />

bei EY EMEIA. „Die Europäische<br />

Zentralbank hält die Zinsen auf dem denkbar<br />

niedrigsten Niveau und der von der<br />

EU eingeführte sogenannte NPL-Backstop,<br />

mit dem der Bestand an notleidenden Krediten<br />

(Non Performing Loans) reduziert<br />

und eingeschränkt werden soll, verlangt<br />

den Banken eine strengere Risikovorsorge<br />

ab. Weil der Ausfall von Krediten angesichts<br />

von anstehenden Insolvenzen immer<br />

wahrscheinlicher wird, lastet auf den<br />

Banken ein großer Druck, das Volumen<br />

gefährdeter Kredite zu verringern.“<br />

ihres Kreditgeschäftes eine hohe Bedeutung<br />

zu, für 29 Prozent hat sie immerhin<br />

noch etwas Bedeutung. Erst 21 Prozent<br />

haben in dem Zuge wesentliche Teile ihres<br />

Kreditprozesses automatisiert und digitalisiert.<br />

56 Prozent setzen die notwendigen<br />

Schritte derzeit um und weitere 18 Prozent<br />

planen dies.<br />

Allerdings fehlt bei 40 Prozent der Banken<br />

die dafür nötige IT-Infrastruktur. Für 16<br />

Prozent stehen die hohen Investitionskosten<br />

im Weg. Und jeweils 14 Prozent sehen<br />

Probleme im eigenen Geschäftsmodell,<br />

im Vorsprung von Konkurrenzplattformen<br />

von FinTechs sowie in der Qualifikation ihrer<br />

Mitarbeiter.<br />

„Die Veränderungen in der Bankenlandschaft<br />

sollten für die Institute Anlass sein,<br />

die gegenwärtige sowie die künftige Position<br />

im <strong>Markt</strong> neu zu gestalten“, erläutert<br />

Roessle. „Insbesondere im Bereich digitale<br />

Lösungen tut sich die deutsche Kreditwirtschaft<br />

vergleichsweise schwer und<br />

hat noch Rückstände aufzuholen. Aktuell<br />

sind die deutschen Banken vorrangig<br />

mit den Herausforderungen der COVID-<br />

19-Krise beschäftigt statt aktiv die Banken<br />

von morgen auf den Weg zu bringen.“<br />

Quelle: © ASDF - AdobeStock.com<br />

Um das Problem mit notleidenden Krediten<br />

in den Griff zu bekommen, setzen<br />

die Banken vor allem auf eine individuelle<br />

Betreuung ihrer Kunden: Zwei Drittel (65<br />

Prozent) räumen einer aktiv betriebenen<br />

Restrukturierung die höchste Priorität ein.<br />

Ein Drittel (32 Prozent) will NPLs über Einzeltransaktionen<br />

und 22 Prozent wollen<br />

sie über Portfoliotransaktionen veräußern.<br />

Trotz dieser Bemühungen rechnen zahlreiche<br />

Institute mit einem spürbaren Anstieg<br />

des Anteils notleidender Kredite<br />

am eigenen Kreditportfolio: Jeder fünfte<br />

Bankmanager erwartet einen Anstieg der<br />

NPL-Quote um mehr als 20 Prozent.<br />

Erst ein Fünftel hat wesentliche Teile<br />

des Kreditprozesses digitalisiert<br />

Vor diesem Hintergrund sind die Banken<br />

verstärkt dabei, ihre Prozesse zu automatisieren<br />

und zu digitalisieren: 60 Prozent<br />

der Banken messen der Transformation<br />

Berndt sieht den Druck auf die Banken<br />

weiter wachsen: „Auf der einen Seite<br />

muss die Zahl der notleidenden Kredite<br />

möglichst effektiv und schnell bewältigt<br />

werden. Auf der anderen Seite zwingen<br />

die wachsende Konkurrenz innovativer<br />

und online orientierter Finanzdienstleister<br />

sowie gestiegene Kundenerwartungen die<br />

Institute zu einer zügigen Transformation<br />

ihres Kreditgeschäfts. Nötig sind unter<br />

anderem Systeme, die den gesamten<br />

Lebenszyklus eines Kredits digital und integriert<br />

abbilden sowie KI- und Big-Data-<br />

Analysen.“<br />

Autor: www.ey.com/de<br />

Quelle: © oatawa - AdobeStock.com<br />

38 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND I FinanzBusinessMagazin<br />

Deutsche Banken können<br />

Eigenkapitalrendite bis 2030 mehr<br />

als verdoppeln<br />

McKinsey-Studie: 30 bis 40 Milliarden<br />

Euro Ergebnissteigerung und<br />

7-8 % Eigenkapitalrendite bei<br />

ambitioniertem Erneuerungskurs machbar<br />

– bei Fortschreibung aktueller Trends<br />

0-4 % wahrscheinlich - Zwei von drei Entscheidern<br />

halten radikale Veränderung für<br />

notwendig - Besonderer Handlungsdruck<br />

beim Thema ESG<br />

Um die angesichts fundamentaler Umbrüche<br />

notwendige Transformation der deutschen<br />

Wirtschaft in allen Segmenten zu unterstützen,<br />

müssen auch Banken sich transformieren.<br />

Mit einem ambitionierten Erneuerungskurs<br />

kann der deutsche Bankensektor sein<br />

operatives Ergebnis bis 2030 um 30 bis 40<br />

Milliarden Euro verbessern und seine Eigenkapitalrendite<br />

auf mindestens 7-8 % katapultieren<br />

– und damit gegenüber dem 2,9<br />

% Durchschnitt der letzten fünf Jahre nach<br />

Steuern mehr als verdoppeln. Dies geht aus<br />

dem Report „Deutschlands Banken zurück<br />

im Spiel“ hervor, den die Unternehmensberatung<br />

McKinsey & Company heute veröffentlicht<br />

hat.<br />

Starke Ausgangsposition,<br />

schlechte Performance<br />

„Die deutschen Banken bleiben das Herzstück<br />

der deutschen Wirtschaft“, sagt Max<br />

Flötotto, Senior Partner und Leiter der<br />

deutschen Banking Practice bei McKinsey.<br />

„Aufgrund disruptiver Umbrüche bei Technologie,<br />

Demografie und Klima steht die<br />

deutsche Wirtschaft in allen Segmenten<br />

vor einer fundamentalen Transformation.<br />

Um, bildlich gesprochen, im Spielplan der<br />

deutschen Wirtschaft auch künftig eine<br />

starke Rolle zu spielen, müssen Banken<br />

sich ebenfalls erneuern.“<br />

Würden deutsche Banken weitermachen wie<br />

bisher, drohen laut Analyse von McKinsey<br />

anhaltende <strong>Markt</strong>anteilsverluste für klassische<br />

Banken, sinkende Ergebnisse und<br />

eine Eigenkapitalrendite (Return on Equity,<br />

RoE, nach Steuern), die bis 2030 gegen 0<br />

% tendiert. 2015 bis 2019 lag der durchschnittliche<br />

RoE nach Steuern deutscher<br />

Banken bei 2,9 %. Falls Banken ihre aktuellen<br />

Inititiaven fokussieren und verstärken,<br />

insbesondere im Bereich Digitalisierung und<br />

Kundenorientierung, ist dagegen ein RoE-<br />

Szenario nach Steuern von zumindest 3-4<br />

% zu erreichen. Mit einem ambitionierten<br />

Erneuerungskurs könnte sich das operative<br />

Ergebnis des deutschen Bankensektors laut<br />

McKinsey bis 2030 um 30 bis 40 Milliarden<br />

Euro (exkl. Steuern und außerordentliche<br />

Erträge/Kosten) verbessern – womit deutsche<br />

Banken erforderliche Investitionen<br />

in die Digitalisierung und die Beschleunigung<br />

der ESG-Umstellung tätigen könnten.<br />

Gleichzeitig könnten Banken mit einem ambitionierten<br />

Erneuerungskurs ihre Eigenkapitalrendite<br />

bis 2030 auf mindestens 7-8 %<br />

nach Steuern steigern. Dieses Rentabilitätsniveau<br />

würde ein operatives Ergebnis von 70<br />

bis 80 Basispunkten der durchschnittlichen<br />

Bilanzsumme oder ein Nach-Steuer-Gewinn<br />

von 40 bis 45 Milliarden Euro bedeuten.<br />

„7-8 % Eigenkapitalrendite nach Steuern<br />

sind ambitioniert, aber durchaus erreichbar,<br />

wie die Wertentwicklung von Banken in anderen<br />

Märkten und die der besten Institute<br />

in Deutschland zeigt. Eine Performance auf<br />

diesem Niveau würde ein positives Signal<br />

an die besten Talente senden, dem Bankensektor<br />

helfen, seine Bedeutung zu wahren,<br />

und neue Investoren anlocken“, sagt Max<br />

Flötotto.<br />

Zwei von drei Bankentscheidern halten<br />

daher eine radikale Veränderung in der<br />

deutschen Bankenlandschaft für notwendig,<br />

so das Ergebnis einer Umfrage, die McKinsey<br />

im Januar und Februar 2021 geführt hat.<br />

Die Basis dafür ist stark: Die Finanzbranche<br />

erwirtschaftet pro Jahr Erträge von<br />

mehr als 150 Milliarden Euro. Insgesamt<br />

fließen jedes Jahr rund 10 Billionen Euro<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

39


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND<br />

durch das deutsche Finanzintermediationssystem.<br />

Im Vergleich zu anderen<br />

Akteuren des deutschen Finanzsystems<br />

haben Banken einen hohen Finanzierungsanteil:<br />

Rund 65 % der Vermögenswerte<br />

stehen in den Bilanzen der Banken, im<br />

globalen Durchschnitt sind es weniger als<br />

50 %. Aus Verbrauchersicht ist die Bankenlandschaft<br />

attraktiv: In Großbritannien<br />

und Frankreich zahlen Verbraucher für<br />

alltägliche Bankenleistungen im Schnitt<br />

mehr als doppelt so viel wie in Deutschland<br />

(durchschnittlich 130 Euro pro Kunde<br />

p.a.); in Italien und Spanien zahlen sie fast<br />

dreimal so viel. Auch die Filialdichte bleibt<br />

mit 2,9 Bankfilialen auf 10.000 Einwohner<br />

(England: 1,3, Schweden: 1,2) über dem<br />

Schnitt. Die Stabilität nach der Finanzkrise<br />

kann sich ebenfalls sehen lassen: Das<br />

durchschnittliche Rating deutscher Banken<br />

liegt im Jahr 2021 bei A+, wobei 75<br />

% der Banken besser als A- bewertet werden,<br />

während das durchschnittliche Rating<br />

europäischer Banken bei A mit 25 % unterhalb<br />

eines BBB-Ratings liegt. Auch die<br />

Covid-19-Pandemie haben deutsche Banken<br />

gut überstanden; 79% der Privatkunden<br />

war mit den digitalen Kanälen ihrer<br />

Bank zufrieden.<br />

anderen Ländern – von 3,8 % im Jahr<br />

2005 auf 2,3 % 2018. Der Beitrag deutscher<br />

Banken zur <strong>Markt</strong>kapitalisierung der<br />

DAX-Familie brach von 11,2 % (2005) auf<br />

1,4 % (2020) ein. Ausländische Banken,<br />

Spezialisten ohne Banklizenz und digitale<br />

Angreifer haben den heimischen Banken<br />

im vergangenen Jahrzehnt 5-15 Prozentpunkte<br />

<strong>Markt</strong>anteile abgenommen.<br />

„Banken können mit Anstrengung und frischen<br />

Strategien ein starkes Comeback<br />

feiern. Optimistisch stimmt uns, dass viele<br />

Branchenführer um den Veränderungsbedarf<br />

wissen und den ehrgeizigen Plan haben,<br />

ihre Institute auf einen neuen Weg zu<br />

führen“, sagt Philipp Koch, Senior Partner<br />

im Münchner Büro von McKinsey und Co-<br />

Autor des Reports.<br />

„Trotz der starken Fundamentaldaten:<br />

Die Erfolgsfaktoren deutscher Banken<br />

verlieren erkennbar an Kraft“, so Reinhard<br />

Höll, Partner im Düsseldorfer Büro von<br />

McKinsey und ebenfalls Autor der Studie.<br />

Die Erträge des deutschen Bankenmarktes<br />

– lange Zeit parallel zum deutschen BIP<br />

stetig gewachsen – sanken seit 2010 um<br />

8 % auf 119 Milliarden Euro, während<br />

das BIP um 35 % wuchs. Die operativen<br />

Kosten stiegen im gleichen Zeitraum um<br />

knapp 10 %. Diese Steigerung liegt rund<br />

50 % über dem Durchschnitt aller europäischen<br />

Banken. Das operative Ergebnis<br />

schrumpfte entsprechend um 30 %<br />

seit 2010. Der Fünf-Jahres-Durchschnitt<br />

der Eigenkapitalrendite (ROAE) deutscher<br />

Banken nach Steuern liegt heute bei 2,9<br />

%, und damit unter dem Durchschnitt von<br />

Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien,<br />

der bei etwa 3,7 % liegt. Dies<br />

schlägt sich nieder: Der Anteil von Finanzund<br />

Bankdienstleistungen an der gesamten<br />

Bruttowertschöpfung ist in Deutschland<br />

stärker zurückgegangen als in vielen<br />

Quelle: © amnaj - AdobeStock.com<br />

Fünf strategische Prioritäten<br />

für ambitioniertes Wachstum<br />

Um bis 2030 eine Eigenkapitalrendite nach<br />

Steuern von 7 bis 8 % zu erreichen, müssen<br />

sich Banken ehrgeizige, aber erreichbare<br />

Ziele stecken: Ertragssteigerungen<br />

um 2 bis 2,5 % pro Jahr und sinkende Kosten<br />

um 1 bis 2 % pro Jahr.<br />

Fünf strategische Ansätze können den<br />

Banken helfen, diese Ziele zu erreichen:<br />

• Reaktionsschnellere Geschäftsstrategien:<br />

Das Wettbewerbsumfeld,<br />

die Kundenanforderungen und<br />

die Technologie verändern sich immer<br />

schneller; Banken sollten ihren Busi-<br />

40 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND I FinanzBusinessMagazin<br />

ness-Mix deshalb neu bewerten und<br />

sich auf Geschäftsfelder fokussieren,<br />

die Erfolg versprechen. „Für eine Bank<br />

können dies ‚Banking-as-a-service‘-<br />

Lösungen in Form von Bundle-Angeboten<br />

sein, für andere eine zentrale<br />

Position in diesen neuen Ökosystemen.<br />

Eine Bank, die ihre eigene Ökosystemplattform<br />

aufbauen will, muss ihr Geschäftsmodell<br />

und die Interaktion mit<br />

den Kunden überdenken, bereit sein,<br />

viele Ressourcen zu investieren, und<br />

höhere Risiken eingehen“, sagt Höll.<br />

• Technologiegestütztes Customer<br />

Engagement: Jährlich 300 Kontaktpunkte<br />

gibt es zwischen Kunde und<br />

Bank – das Banking ist damit so kundennah<br />

wie soziale Medien und Technologieunternehmen.<br />

Allerdings sollten<br />

Banken diese Kontakte intensiver nutzen<br />

– durch moderne Datenanalyse<br />

können Kampagnen die Kundenfrequenz<br />

in Filialen und die Konversionsrate<br />

um 15 % verbessern. Wichtig ist:<br />

Datengestützte Entscheidungen wirken<br />

sich in der Regel positiv auf das<br />

Kundenerlebnis aus und tragen daher<br />

nicht ausschließlich zur Verbesserung<br />

des Betriebsergebnisses von Banken<br />

bei. Gerade dieses Argument sollte in<br />

der Diskussion um den Schutz persönlicher<br />

Daten hervorgehoben werden.<br />

• Neue Geschäftsfelder: Schon heute<br />

gibt es 200 Partnerschaften zwischen<br />

deutschen Banken und Fintechs. Doch<br />

nicht immer sind diese Kooperationen<br />

aus Bankensicht systematisch aufgesetzt.<br />

Manche Banken kooperieren zum<br />

Beispiel mit Preisvergleichsplattformen<br />

und verdienen dort ein wenig Geld,<br />

geben dafür aber ihre Kundenschnittstelle<br />

auf. Besser wären von Banken<br />

geführte und von Fintechs aufgebaute<br />

Plattformen, insbesondere im wachsenden<br />

Geschäftsfeld der Firmenkundenkredite.<br />

Zwischen 2017 und 2019<br />

erzielten Banken, die den Aufbau neuer<br />

Geschäftsfelder priorisiert haben, 30<br />

% häufiger ein über dem <strong>Markt</strong>durchschnitt<br />

liegendes Wachstum als andere.<br />

• Wirklich digitale Betriebsmodelle:<br />

Es gilt grundsätzlich „digital first“. Prozesse<br />

sollten in Zukunft komplett digital<br />

sein, um Sollbruchstellen zu vermeiden.<br />

Digitale Schnittstellen erleichtern<br />

außerdem, neue Anbieter flexibler in<br />

die Wertschöpfungskette einzubinden.<br />

Dies gilt insbesondere beim Thema<br />

Kapitalbeschaffung – hier können<br />

deutsche Banken andere Kapitalgeber<br />

durch digitale Schnittstellen viel stärker<br />

einbinden und so ihre eigene Kapitalnutzung<br />

optimieren. Banken können<br />

die Produktivität der betrieblichen<br />

Funktionen Personal und Finanzen um<br />

30 % steigern, wenn sie standardisieren<br />

und zentralisieren, die Nachfrage<br />

senken, zu Standard-Software-as-a-<br />

Service übergehen und häufige Anfragen<br />

und Berichte digitalisieren.<br />

Quelle: © everythingpossible - AdobeStock.com<br />

• Neu definierter Purpose mit ESG:<br />

Bei der Steigerung der Erträge wird<br />

nach Einschätzung von McKinsey die<br />

Umstellung auf eine nachhaltige Wirtschaft<br />

eine zentrale Rolle spielen. 25-<br />

40 % der Erträge deutscher Banken<br />

werden bis 2030 einen ESG-Bezug<br />

haben – von nachhaltigen Anlageoptionen<br />

über Kreditvergabe, ESG-bezogene<br />

Kreditvergabe für Unternehmen bis<br />

zu ESG-compliant Asset Management.<br />

Für Banken mit einem solch hohen<br />

ESG-Ertragsanteil sind nach McKinsey<br />

Analyse zusätzliche Erträge von 3 bis 4<br />

% (etwa 5 bis 7 Milliarden Euro) durch<br />

die Finanzierung von Klimainfrastruktur<br />

oder öffentlichem (zum Beispiel sozialem)<br />

Wohnungsbau möglich. Zudem<br />

rechnen einer aktuellen Studie von<br />

McKinsey zufolge 83 % der Topmanager<br />

und Investmentprofis damit, dass<br />

ESG-Programme in fünf Jahren einen<br />

größeren Shareholder-Value-Beitrag<br />

leisten als heute. „Banken können und<br />

sollten zum Finanzierer der Klimaneutralität<br />

werden“, meint Flötotto.<br />

Autor: www.mcKinsey.de<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

41


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND<br />

Firmenkundengeschäft der Banken<br />

bleibt in roten Zahlen<br />

Hoffnungsträger ESG bietet Vorreitern<br />

neue Ertragsquellen und attraktive Margen<br />

Die Corona-Pandemie hinterlässt im<br />

Firmenkundengeschäft der deutschen<br />

Banken tiefere Spuren als<br />

die globale Finanzkrise 2008/2009. Während<br />

die Kreditinstitute seinerzeit im Corporate-Banking<br />

nur ein Halbjahr lang rote<br />

Zahlen schrieben, stecken sie nun mit<br />

diesem Geschäftszweig in der Minuszone<br />

fest. Darüber hinaus sind die Verluste in<br />

diesem Segment höher als vor gut zehn<br />

Jahren (Abbildung). Das zeigt die Auswertung<br />

des Corporate-Banking-Index im<br />

zweiten Halbjahr 2020 der internationalen<br />

Unternehmensberatung Bain & Company.<br />

Die roten Zahlen bei stabilen Erträgen<br />

resultieren in erster Linie aus der anhaltend<br />

hohen Kreditrisikovorsorge. Die<br />

Banken wappnen sich damit für eventuelle<br />

Zahlungsausfälle nach der Wiederaufnahme<br />

der Insolvenzantragspflicht<br />

am 1. Mai 2021. Dabei ist die Situation<br />

der Institute je nach <strong>Markt</strong>position, bisheriger<br />

Risikostrategie und Branchenmix<br />

sehr unterschiedlich. Insbesondere Darlehen<br />

im Automobilsektor und im Touristiksegment<br />

gelten als risikobehaftet. Auch<br />

daher setzen viele Banken nun bewusst<br />

auf Branchen, die von der Pandemie bislang<br />

weniger betroffen sind. Dazu zählen<br />

Konsumgüter, erneuerbare Energien und<br />

Pharma.<br />

Kein Wachstum mehr um jeden Preis<br />

Auf das gesamte Kreditvolumen hat diese<br />

Reallokation noch keinen Einfluss. Im zweiten<br />

Halbjahr 2020 blieb es auf dem Rekordniveau<br />

von knapp 1,3 Billionen Euro. Allerdings<br />

nahm es erstmals seit 2015 nicht mehr<br />

zu. „Die Phase des Wachstums um jeden<br />

Preis ist im Firmenkundengeschäft zumindest<br />

vorerst vorbei“, erklärt Bain-Partner Dr.<br />

Christian Graf. „Die Banken gehen selektiver<br />

vor und achten auf einen attraktiven Kundenmix<br />

sowie hinreichende Margen.“<br />

Quelle: © Freedomz - AdobeStock.com<br />

Die Kreditmargen befinden sich mittlerweile<br />

wieder auf dem Level von 2014 –<br />

und das ungeachtet eines massiven Wettbewerbs.<br />

Systematisch bauen vor allem<br />

ausländische Geldinstitute ihren <strong>Markt</strong>anteil<br />

aus. „Gerade die großen Auslandsbanken<br />

haben sich zum Teil einen erheblichen<br />

Innovations- und Kostenvorsprung<br />

erarbeitet“, stellt Graf fest. „Und diesen<br />

nutzen sie nun verstärkt im internationalen<br />

Geschäft.“<br />

Eigenkapitalrentabilität weiterhin<br />

negativ<br />

Die Vorstöße ausländischer Wettbewerber<br />

treffen die deutschen Banken zu einem<br />

ungünstigen Zeitpunkt. Denn ihre Kostenund<br />

Effizienzprogramme haben ihre volle<br />

Wirkung noch nicht entfaltet. Teilweise<br />

waren sie auch nicht weitreichend genug.<br />

Zwar konnten viele Institute mittlerweile<br />

den jahrelangen Anstieg ihres Verwaltungsaufwands<br />

im Corporate-Banking<br />

stoppen. Doch ihre Cost-Income-Ratio bewegt<br />

sich unverändert nahe den Höchstständen.<br />

Nicht zuletzt deshalb liegt ihre<br />

Eigenkapitalrendite im Firmenkundengeschäft<br />

mit rund minus 1 Prozent nun das<br />

zweite Halbjahr in Folge im negativen Bereich.<br />

Da die hohen Risikokosten und die ausgeprägte<br />

Unsicherheit am <strong>Markt</strong> eine rasche<br />

Erholung verhindern, ist entschlossenes<br />

Handeln das Gebot der Stunde. „Die Banken<br />

müssen ihre Kosten weiter senken<br />

42 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND I FinanzBusinessMagazin<br />

und ihre Kapitaleffizienz steigern“, fordert<br />

Stefanie Jacobsen, Associate Partner bei<br />

Bain und Branchenkennerin. „Und es gilt<br />

sich noch konsequenter auf margenträchtige<br />

Kundschaft und Produkte zu konzentrieren.“<br />

Provisionsüberschüsse gestiegen<br />

Seit Jahren ruhen die Hoffnungen dabei<br />

auf dem Ausbau des Provisionsgeschäfts.<br />

Hier waren die deutschen Banken zuletzt<br />

durchaus erfolgreich. So beläuft sich der<br />

Anteil der Provisionsüberschüsse an ihren<br />

Erträgen mittlerweile auf 31 Prozent und<br />

ist damit bis zu 10 Prozentpunkte höher<br />

als vor zehn Jahren. Im internationalen<br />

Vergleich ist dies allerdings nach wie vor<br />

ein niedriger Wert.<br />

Um die Abhängigkeit vom Kreditgeschäft<br />

zu verringern, haben viele Institute in<br />

jüngster Zeit unter anderem das Transaction-Banking<br />

sowie ihre Advisory Services<br />

ausgebaut. Dabei zeigt sich, dass<br />

auch Kooperationen mit Fintechs sowie<br />

die Integration von Plattformen Dritter<br />

zum Erfolg führen können. Aus Sicht von<br />

Bankenexpertin Jacobsen sollte sich die<br />

Branche deshalb noch stärker für die Zusammenarbeit<br />

mit Dritten öffnen: „Keine<br />

Bank muss das Rad neu erfinden. Es geht<br />

vielmehr darum, vorhandene Services<br />

und Leistungen von Kooperationspartnern<br />

so zu bündeln, dass sie den Erwartungen<br />

von Firmenkunden entsprechen.“<br />

Mit ESG-Produkten und -Services<br />

punkten<br />

Darüber hinaus sind die Kreditinstitute<br />

mehr denn je gefordert, die Bedürfnisse<br />

ihrer Kundschaft zu antizipieren und frühzeitig<br />

passende Lösungen bereitzustellen.<br />

Derzeit gilt dies vor allem für das Thema<br />

Nachhaltigkeit beziehungsweise ESG (Environmental,<br />

Social, Governance). Unternehmen<br />

legen inzwischen großen Wert auf<br />

ESG-gebundene Darlehen sowie ESG-Serviceprodukte,<br />

die Nachfrage steigt an.<br />

„Nachhaltige Finanzierungen haben sich<br />

etabliert und bieten Banken die Möglichkeit,<br />

sich vom Wettbewerb abzuheben und<br />

Kunden enger an sich zu binden“, betont<br />

<strong>Markt</strong>beobachter Graf. Die Kreditinstitute<br />

könnten sich hier nicht nur als Geldgeber,<br />

sondern auch als strategischer Partner bei<br />

der anstehenden Umstellung ganzer Wertschöpfungsketten<br />

positionieren und so ihr<br />

Provisionsgeschäft stärken. „Der Beratungsbedarf<br />

rund um das<br />

Thema Nachhaltigkeit ist enorm“, so Graf.<br />

„Je früher Banken entsprechende Kompetenzen<br />

aufbauen, desto größer ist ihre<br />

Chance, in diesem wachstumsstarken Geschäftsfeld<br />

künftig zu den <strong>Markt</strong>führern<br />

zu zählen – und damit auch im gesamten<br />

Corporate-Banking.“<br />

Autor: www.bain.com/de<br />

Quelle: © thodonal - AdobeStock.com<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

43


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND<br />

Bankencheck:<br />

Cofinpro analysiert Geschäftsberichte<br />

von mehr als 1.400 Finanzinstituten.<br />

Sind regionale Retailbanken solider aufgestellt<br />

als große Finanzkonzerne? Lässt<br />

sich in der Nische mehr Geld verdienen als<br />

mit einem breiten Portfolio? Gibt es Unterschiede<br />

zwischen Nord, Süd, Ost und<br />

West? Um diese und noch viele weitere<br />

Fragen zu beantworten, hat die Unternehmensberatung<br />

Cofinpro den »Bankencheck<br />

– So gesund sind Deutschlands Finanzinstitute«<br />

entwickelt. Das Analysetool<br />

und die zugehörige Studie liefern dabei<br />

sowohl detaillierte Auswertungen für jedes<br />

in Deutschland ansässige Institut als<br />

auch aufschlussreiche Simulationen.<br />

»Aus unserer täglichen Arbeit wissen wir,<br />

dass aufgrund der fehlenden Datenbasis<br />

selbst innerhalb der Finanzbranche noch<br />

immer zahlreiche Fehleinschätzungen<br />

über die deutsche Bankenlandschaft die<br />

Runde machen«, sagt Gerald Prior, Vorstand<br />

von Cofinpro. »Daher haben wir einen<br />

in Deutschland bisher einzigartigen<br />

Datenwürfel entwickelt, der mit seinen aktuell<br />

580.000 Datenpunkten, 80.000 Auswertungen<br />

und bisher 6.500 analysierten<br />

Geschäftsberichten diese Lücke schließt.«<br />

Banken können unabhängig von Größe,<br />

Region oder Säule erfolgreich sein<br />

Den Kern der Analyse und die Grundlage<br />

für zahlreiche spannende Rankings bilden<br />

die Kennzahlen Eigenkapitalquote,<br />

Bilanzsummenrentabilität und Cost-Income-Ratio.<br />

Zudem wurden auch die Eigenkapitalveränderung<br />

sowie die Erträge<br />

und operativen Ergebnisse pro Mitarbeiter<br />

genauer betrachtet. Allerdings kann das<br />

Analysetool auch jede andere Bilanz- oder<br />

GuV-Kennzahl liefern.<br />

»Unsere Leitlinie bei der Konzeption des<br />

Analysewerkzeugs war, mit wenigen Klicks<br />

vollständige Transparenz zu jedem Institut<br />

auch im direkten Vergleich mit anderen<br />

Instituten zu schaffen. Zusätzlich haben<br />

wir ein Gesamtranking basierend auf<br />

sechs zentralen KPIs aufgebaut bei dem<br />

die Leitfrage lautet, welche Bank jemand<br />

aus Unternehmersicht als vollhaftender<br />

Bankier gerne betreiben würde«, so Cofinpro-Vorstand<br />

Prior. »Und dieser streng<br />

kaufmännische Ansatz zeigt: Trotz der<br />

insgesamt zunehmend schwierigeren Situation<br />

der Branche können Banken unabhängig<br />

von Größe, Region oder Säule in<br />

Deutschland durchaus erfolgreich sein.«<br />

Web-Anwendung mit<br />

Mehrjahresvergleichen zu allen KPIs<br />

Weitere Hintergründe zum Bankencheck<br />

sowie eine Aufbereitung der zentralen Ergebnisse<br />

können hier kostenfrei heruntergeladen<br />

werden. Zudem erhalten alle in<br />

der Studie abgebildeten 1.409 Institute<br />

die Möglichkeit, mithilfe der Web-Anwendung,<br />

noch tiefer in die Datenanalyse einzusteigen.<br />

Vertreter der Institute wenden<br />

sich dafür unter Angabe ihrer offiziellen<br />

Bank-Mailadresse an bankencheck@cofinpro.de<br />

und erhalten einen Zugangscode.<br />

Die Web-Anwendung bietet zahlreiche Darstellungsmöglichkeiten,<br />

bei denen unterschiedliche<br />

Vergleichswerte miteinander<br />

kombiniert werden können. Neben den<br />

Instituten oder Institutsgruppen können<br />

dabei auch alle zentralen KPIs und verschiedenste<br />

Bilanz- sowie GuV-Kennzahlen<br />

ausgewählt werden. Zudem lassen sich die<br />

Daten nach Alphabet, Bilanzsumme, BaFin<br />

ID oder Postleitzahl sortieren. Durch die<br />

Erhebung der Geschäftsberichte von 2016<br />

bis 2019 sind zudem überall Mehrjahresvergleiche<br />

möglich. Branchenexperte Prior:<br />

»Das Bankgeschäft ist kein Sprint, sondern<br />

ein Marathon. Gerade die Betrachtung längerer<br />

Zeitverläufe legt schonungslos offen,<br />

wer noch genügend Luft hat und wem demnächst<br />

die Puste ausgehen könnte.« Die<br />

Studie und das Analysetool werden jährlich<br />

nach Vorliegen der aktuellen Jahresabschlüsse<br />

fortgeschrieben.<br />

Autor: www.cofinpro.de<br />

44 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND I FinanzBusinessMagazin<br />

Deutschlands Banken<br />

kann die Renditewende gelingen<br />

Neue Geschäftsmodelle und das<br />

Thema ESG haben großes Ertragspotenzial<br />

Deutschlands Bankenbranche hat die Talfahrt<br />

ihrer Rendite im Krisenjahr 2020 gestoppt.<br />

Trotz einer deutlich höheren Kreditrisikovorsorge<br />

lag die durchschnittliche<br />

Eigenkapitalrendite nach Steuern mit 1,1<br />

Prozent erstmals seit langer Zeit wieder<br />

leicht über dem Niveau des Vorjahrs. Doch<br />

ihre strukturellen Herausforderungen hat<br />

die Branche noch nicht gemeistert. So bleibt<br />

die Bankenlandschaft fragmentiert, das Kostenniveau<br />

ist vielerorts weiterhin zu hoch<br />

und in zukunftsträchtigen Märkten etablieren<br />

sich Branchenneulinge wie Fintechs<br />

oder Neobroker. In der Studie „Deutschlands<br />

Banken 2021: Wie die Renditewende<br />

gelingt“ analysiert die internationale Unternehmensberatung<br />

Bain & Company die<br />

jüngsten Entwicklungen und zeigt, wie die<br />

Branche die anstehenden Aufgaben bewältigen<br />

und mittelfristig mit einer Rendite von<br />

8 bis 10 Prozent wieder ihre Eigenkapitalkosten<br />

verdienen kann (Abbildung).<br />

Cost-Income-Ratio zeigt sich verbessert<br />

„Die Banken sind in der Pandemie für viele<br />

Privat- und Geschäftskunden ein Partner<br />

in der Not und haben Vertrauen zurückgewonnen“,<br />

erklärt Walter Sinn, Bain-<br />

Deutschlandchef und Co-Autor der Studie.<br />

„Zugleich haben die branchenweiten Anstrengungen<br />

in puncto Neuausrichtung und<br />

Kostenreduzierung zu einer Stabilisierung<br />

der wirtschaftlichen Lage der Kreditinstitute<br />

geführt.“ So sank die Zahl der Filialen 2020<br />

um weitere gut 10 Prozent auf insgesamt<br />

20.300. Dank rückläufiger Kosten und weitestgehend<br />

stabiler Erträge verbesserte sich<br />

die Cost-Income-Ratio gegenüber 2019 um<br />

4 Prozentpunkte auf 72 Prozent.<br />

Einem nachhaltigeren Fortschritt stand im<br />

Pandemie- und Rezessionsjahr 2020 eine<br />

deutlich höhere Kreditrisikovorsorge im<br />

Weg. Sie belastete die Rentabilität aller<br />

Institutsgruppen. Mit 7,5 Prozent wiesen<br />

die Automobilbanken 2020 die höchste<br />

Eigenkapitalrendite aus, gefolgt von den<br />

Direktbanken mit 7,2 Prozent. Die beiden<br />

zahlenmäßig größten Institutsgruppen,<br />

Kreditgenossenschaften und Sparkassen,<br />

erwirtschafteten eine Rendite von 5,3 beziehungsweise<br />

3,5 Prozent.<br />

Quelle: © BillionPhotos.com - AdobeStock.com<br />

Mehr Rendite dank<br />

niedrigerer Risikokosten<br />

2021 könnten die Risikokosten merklich<br />

sinken und damit die Bahn für eine weiter<br />

steigende Rendite freimachen. Zumindest<br />

legt dies eine Auswertung der Halbjahresabschlüsse<br />

der 21 großen Banken<br />

in Deutschland nahe, die der Aufsicht der<br />

EZB unterstehen. Die Risikokosten dieser<br />

Institute bewegten sich in der ersten Jahreshälfte<br />

2021 knapp 50 Prozent unter dem<br />

Vorjahreswert. Dennoch gibt Sebastian Thoben,<br />

Bain-Partner und Co-Autor der Studie,<br />

keine Entwarnung: „Die anhaltende Pandemie<br />

sorgt für neue Unsicherheit, was den<br />

weiteren Konjunkturverlauf angeht. Damit<br />

erhöht sich auch das Ausfallrisiko von Krediten.<br />

Erst <strong>2022</strong> wird sich zeigen, ob die<br />

bisherige Kreditrisikovorsorge ausgereicht<br />

hat.“ Mittelfristig werde eine Normalisierung<br />

der Risikokosten aber einen Beitrag<br />

zur Renditewende leisten.<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

45


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND<br />

Sparmaßnahmen müssen fortgesetzt<br />

werden<br />

Rückenwind werden die Banken auch durch<br />

das Ende der lockeren Geld- und Zinspolitik<br />

der EZB erhalten, das aufgrund steigender<br />

Inflationstendenzen zu erwarten<br />

ist. Allein durch höhere Zinsen und damit<br />

eine verbesserte Zinsmarge könnten die<br />

Banken ihre Rendite mittelfristig um 2 bis<br />

3 Prozentpunkte steigern. Um in die Nähe<br />

ihrer Eigenkapitalkosten von durchschnittlich<br />

8 bis 9 Prozent zu gelangen, müssen<br />

sie aber zusätzlich noch bestehende strukturelle<br />

Einsparpotenziale heben sowie das<br />

Provisionsgeschäft ausbauen.<br />

Der Bain-Studie zufolge ermöglichen Nettoeinsparungen<br />

von weiteren 10 bis 15 Prozent<br />

eine branchenweite Cost-Income-Ratio<br />

von 60 bis 65 Prozent und damit eine um 1<br />

bis 1,5 Prozentpunkte höhere Rendite. Neben<br />

den bereits eingeleiteten Maßnahmen<br />

wie der Straffung des Filialnetzes bedingt<br />

dies vor allem eine anhaltende Reduktion<br />

der Komplexität sowie eine Verschlankung<br />

der Organisation und eine Transformation<br />

der IT-Landschaft hin zu skalierbaren<br />

Cloud-Modellen. „Die nächste Einsparrunde<br />

fordert Banken noch einmal alles ab“, betont<br />

Bankenexperte Thoben. „Doch auch<br />

dieser Kraftakt ist zu schaffen. Internationale<br />

Branchenvorreiter haben ihn bereits<br />

erfolgreich bewältigt.“<br />

Die Rückkehr der Kreditinstitute zu wahrer<br />

Renditestärke erfordert darüber hinaus<br />

die Transformation der Geschäftsmodelle<br />

sowie vermehrte Zusammenschlüsse.<br />

Allerdings setzt eine wirklich durchgreifende<br />

Konsolidierung nach wie vor eine<br />

Einigung zur EU-Bankenunion und damit<br />

eine Harmonisierung der nationalen Regulierungsvorschriften<br />

voraus. „Europäische<br />

Zusammenschlüsse bleiben die große Unbekannte<br />

auf der Agenda vieler Institute“,<br />

stellt Branchenkenner Sinn fest. „Doch mittelfristig<br />

sind sie ein strategisches Muss.“<br />

Nachhaltigkeit wird zum Renditeturbo<br />

Bei der Transformation ihrer Geschäftsmodelle<br />

und der Ausrichtung auf Zukunftsthemen<br />

sollten die Banken dagegen<br />

keine Zeit verlieren. Wer wettbewerbsfähig<br />

bleiben will, kommt nicht umhin, sich<br />

umgehend mit den folgenden vier Trends<br />

zu befassen:<br />

Digitale Ökosysteme. Im Mittelpunkt steht<br />

dabei, das eigene Leistungsspektrum gemeinsam<br />

mit Partnern um finanznahe<br />

Themen zu erweitern.<br />

Embedded Finance. Immer mehr Branchen<br />

folgen dem Vorbild des Handels und<br />

integrieren Bezahl- und Finanzierungsfunktionen<br />

in ihr Geschäftsmodell. Aufgabe<br />

der Kreditinstitute muss sein, Banking<br />

as a Service als zusätzlichen Geschäftszweig<br />

zu etablieren.<br />

Digital Assets. Durch den Einsatz der<br />

Blockchain-Technologie ergeben sich neue<br />

Möglichkeiten im Asset-Management, im<br />

Kredit- und Kapitalmarktgeschäft sowie<br />

im Corporate-Banking. Potenzial hat zudem<br />

das Geschäft mit Kryptowährungen.<br />

Nachhaltigkeit. Die Transformation von<br />

Wirtschaft und Gesellschaft bietet Banken<br />

Wachstumschancen entlang der gesamten<br />

Wertschöpfungskette.<br />

Bain-Partner und Co-Autor Dr. Christian<br />

Graf hebt insbesondere die Chancen von<br />

ESG-Produkten und -Services hervor: „Je<br />

früher Banken das Thema Nachhaltigkeit<br />

aufgreifen und konsequent in ihrer Organisation<br />

verankern, desto eher können sie<br />

zusätzliche Erträge erzielen, ihre Kosten<br />

senken und so ihre Rentabilität steigern.“<br />

Tatsächlich zeigen Bain-Analysen, dass<br />

die Risikokosten von Banken, bei denen<br />

das Nachhaltigkeitsprofil ihrer Kundschaft<br />

besser ist, um rund 25 Prozent unter dem<br />

<strong>Markt</strong>durchschnitt liegen.<br />

Tempo erhöhen und Chancen nutzen<br />

Eine erfolgreiche Transformation der Geschäftsmodelle<br />

in Richtung der vier Zukunftsmärkte<br />

könnte der Bain-Studie zufolge<br />

die Eigenkapitalrendite der Banken<br />

in Deutschland insgesamt um 1 bis 2 Prozentpunkte<br />

steigern. Erhalten sie zudem<br />

Rückenwind durch höhere Zinsen, niedrigere<br />

Risikokosten sowie Fortschritte auf<br />

der Kostenseite, im Provisionsgeschäft<br />

und bei der Konsolidierung, ist mittelfristig<br />

eine Rendite von 8 bis 10 Prozent<br />

erreichbar. „Deutschlands Banken können<br />

die Renditewende schaffen“, so Bain-<br />

Deutschlandchef Sinn. „Voraussetzung ist,<br />

dass sie in puncto Neuausrichtung das<br />

Tempo erhöhen und transformatorische<br />

Chancen wie Nachhaltigkeit konsequent<br />

nutzen.“<br />

Autor: www.bain.com/de<br />

46 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND I FinanzBusinessMagazin<br />

zeb-Firmenkundenstudie 9.0:<br />

Grüne Kredite und digitale Lösungen<br />

als Ertragschance für Deutschlands<br />

Banken<br />

Erträge aus Firmenkreditgeschäften wachsen dank Green Deal<br />

der EU bis 2025 um fast 30%<br />

Der Umbau hin zu einer klimaneutralen<br />

Wirtschaft, vorangetrieben<br />

durch den Green Deal der Europäischen<br />

Union, wird zu einem zentralen<br />

Wachstumsversprechen für Deutschlands<br />

Banken im Geschäft mit Firmenkunden.<br />

Wie die Experten von zeb in ihrer aktuellen<br />

Firmenkundenstudie berechnet haben,<br />

steigt das Ertragspotenzial in diesem<br />

Segment von aktuell ca. 35 Milliarden Euro<br />

(2020) bis zum Jahr 2025 um jährlich 4<br />

% auf dann insgesamt ca. 43 Milliarden<br />

Euro – das entspricht einem Wachstum<br />

von nahezu 25 %. Am stärksten steigen<br />

die Erträge des Kreditgeschäfts (+30 %),<br />

während die Erträge aus Einlagen weiter<br />

schrumpfen und die Erträge aus Provisionen<br />

moderater zunehmen (+22 %). Damit<br />

entwickelt sich das Kreditgeschäft mit<br />

Unternehmen nach Ansicht der Studienautoren<br />

bis 2025 mit einem Anteil von dann<br />

70 % zu dem entscheidenden Treiber für<br />

die Erträge von Deutschlands Firmenkundenbanken.<br />

Dr. André Hasken, Senior Manager bei<br />

zeb, erläutert: „Der Green Deal der EU<br />

wirkt wie ein Turbo auf das Kreditgeschäft<br />

mit Firmenkunden. Grüne Kredite, die<br />

Firmen auf dem Weg zu einer nachhaltigeren<br />

Wirtschaft unterstützen, werden<br />

für Deutschlands Banken zu einem boomenden<br />

<strong>Markt</strong>.“<br />

Um an dieser Entwicklung erfolgreich zu<br />

partizipieren, müssen sich die Firmenkundenverantwortlichen<br />

in Deutschlands<br />

Banken klar positionieren und die bestehenden<br />

Chancen und Risiken konsequent<br />

adressieren. Die zwei chancenorientierten<br />

Kernfragestellungen lauten: Erstens – wie<br />

integriere ich ESG in die Kundenberatung,<br />

um die Firmenkunden weiterhin mit<br />

hohem Geschäftsmodellverständnis auf<br />

Augenhöhe zu beraten? Zweitens – wie<br />

berücksichtige ich ESG in den Kreditprozessen<br />

in <strong>Markt</strong>, <strong>Markt</strong>folge und Risikosteuerung,<br />

ohne die in der Vergangenheit<br />

bereits erzielten Erfolge bzgl. Automatisierung<br />

und schneller Entscheidungsfähigkeit<br />

zu gefährden?<br />

Die Autoren der Studie heben zudem die<br />

hohe Bedeutung der adäquaten ESG-Risikosteuerung<br />

hervor. Die physischen und<br />

transitorischen Risiken müssen frühzeitig<br />

identifiziert und zielgerichtet gesteuert<br />

werden.<br />

Dr. Bernd Liesenkötter ergänzt: „Alle, die<br />

für das Firmenkundengeschäft verantwortlich<br />

sind, müssen sich die Frage stellen:<br />

Wie positioniere ich mich in Zeiten<br />

des nachhaltigen Wandels? Welche Risiken<br />

muss ich managen und welche Chancen<br />

für Wachstum bestehen in meinem Geschäftsgebiet?“<br />

Quelle: © BillionPhotos.com - AdobeStock.com<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

47


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND<br />

Digitalisierung im KMU-Geschäft als<br />

strategische Kernaufgabe<br />

Als weitere strategische Kernaufgabe<br />

sieht zeb den Ausbau smarter, digitaler<br />

Geschäftsmodelle für kleine und mittlere<br />

Unternehmen (KMU). Drei Treiber pushen<br />

diese Notwendigkeit: Die Nachfrage der<br />

Unternehmen selbst, die kundenzentrierten<br />

Angebote einiger gut finanzierter Fin-<br />

Techs sowie der Druck etablierter Banken<br />

und Sparkassen, ihre Kosten zu senken<br />

und die Kundenbindung zu erhöhen.<br />

Für die in der Studie fokussierten KMU-<br />

Kunden sollte eine digitale Plattform das<br />

Fundament bilden, die Beziehung zum<br />

Kunden sollte jedoch nicht am Front-End<br />

aufhören, sondern weiterhin durch eine<br />

persönliche Beratung ergänzt und vertieft<br />

werden. Darüber hinaus ermöglicht das digitale<br />

Fundament den Banken auch, über<br />

das eigentliche Banking hinauszugehen –<br />

und perspektivisch ein Ökosystem zu entwickeln,<br />

das die eigenen Angebote erweitert<br />

und die von Partnern miteinbezieht.<br />

Die zeb-Experten verweisen in der aktuellen<br />

Studie erneut darauf, dass Banken<br />

die Möglichkeiten der Digitalisierung endlich<br />

konsequenter nutzen müssen, um keine<br />

<strong>Markt</strong>anteile zu verlieren und zukunftsfähig<br />

zu bleiben.<br />

Dr. Jens Sträter, Partner bei zeb und Initiator<br />

der Firmenkundenstudie 9.0 bemerkt<br />

abschließend: „Wir sind der festen Überzeugung,<br />

dass digitales Banking im KMU-<br />

Segment für klassische Kreditinstitute<br />

profitabel bleiben kann. Es ist möglich, das<br />

komplexe Zusammenspiel von digitalen<br />

Services und persönlicher Beratung auf<br />

einer Plattform zu organisieren. Dies zeigt<br />

unsere umfassende Prototyp-App KMU-<br />

Business, mit der wir das KMU-Banking<br />

der Zukunft skizzieren und im Dialog mit<br />

unseren Kunden weiterentwickeln wollen.“<br />

Autor: www.zeb-consulting.com/de<br />

EBA-Stresstest 2021:<br />

Deutsche Institute erweisen sich<br />

in einem harten Stressszenario als<br />

robust<br />

Die europäische Bankenaufsicht (EBA)<br />

und die Europäische Zentralbank<br />

(EZB) haben die Ergebnisse ihres regelmäßigen<br />

Stresstests veröffentlicht.<br />

Der Stresstest, der zuletzt 2018 stattgefunden<br />

hatte, war 2020 wegen der Corona-<br />

Pandemie auf 2021 verschoben worden.<br />

Seit Ende Januar haben sich die Banken<br />

der Simulation eines Basis- und eines extrem<br />

pessimistischen 3-Jahres-Szenarios<br />

gestellt. Die Ergebnisse der Simulation<br />

werden zur Berechnung der aufsichtlichen<br />

Eigenmittelempfehlung herangezogen.<br />

Die deutschen Institute haben in den Simulationen<br />

ihre robuste Ausgangssituation<br />

erneut bewiesen. Zwar geht das Kernkapital<br />

insgesamt deutlich stärker zurück<br />

als beim vorherigen EBA-Stresstest im<br />

Jahr 2018. Dies relativiert sich jedoch vor<br />

dem Hintergrund, dass die EBA trotz der<br />

extremen Herausforderungen der Pandemie,<br />

denen sich die Banken seit über<br />

einem Jahr an der Seite ihrer Kunden<br />

stellen, ein betont adverses Szenario zugrunde<br />

gelegt hat: Unter anderem sollen<br />

die Aktienmärkte einen Rückgang von 50<br />

Prozent und die gewerblichen Immobilienmärkte<br />

von 30 Prozent erleben. Ein Rückgang<br />

der Immobilienpreise dürfte jedoch<br />

zum Teil bereits in den Jahresabschlüssen<br />

2020 verarbeitet sein und damit potenziell<br />

doppelt erfasst werden. Darüber hinaus<br />

48 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND I FinanzBusinessMagazin<br />

unterstellt der Stresstest den Banken eine<br />

konstante Bilanz, was bedeutet, dass die<br />

Banken bei Eintritt des Szenarios keinerlei<br />

Gegenmaßnahmen ergreifen würden.<br />

Wie der Stresstest die zu aktualisierenden<br />

Kapitalempfehlungen und -anforderungen<br />

der Aufsicht beeinflusst, ist noch offen. Im<br />

Rahmen des aufsichtlichen Entlastungsprogramms<br />

während der Corona-Krise<br />

dürfen aufsichtliche Eigenmittelempfehlungen<br />

bis auf Weiteres ohnehin unterschritten<br />

werden, ohne dass aufsichtliche<br />

Maßnahmen folgen. Aus Bankensicht<br />

sollte der Stresstest vor allem Gegenstand<br />

bilateraler Gespräche zwischen Banken<br />

und Aufsichtsteams sein. Denn die teils<br />

pauschalen Ansätze verringern Transparenz<br />

und Aussagekraft der Ergebnisse. Sie<br />

müssen im Einzelfall mit einer gemeinsamen<br />

Analyse geschärft werden.<br />

Der Austausch über Ergebnisse sollte auch<br />

im Fokus der Weiterentwicklung des EUweiten<br />

Stresstests stehen. Dringender als<br />

methodische Anpassungen ist für die Institute<br />

eine weitere Stabilisierung des Stresstest-Prozesses<br />

einschließlich der technischen<br />

Plattform. Denn sie werden bereits<br />

<strong>2022</strong> auch die Grundlage für den umfassenden<br />

Klimastresstest der EZB bilden.<br />

Autor: www.bankenverband.de<br />

Deutsche Kreditwirtschaft:<br />

Die EU-Kommission geht richtige<br />

Schritte – Kapitalmarktunion ist<br />

unverzichtbar<br />

Die vorgelegten Vorschläge der Europäischen<br />

Kommission zur Fortschreibung<br />

des einheitlichen europäischen<br />

Kapitalmarkts adressieren<br />

wichtige Punkte. Das bekräftigen die in<br />

der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) zusammengeschlossenen<br />

Spitzenverbände<br />

der deutschen Banken und Sparkassen.<br />

Mehrere bestehende Richtlinien und Verordnungen<br />

sollen grundlegend überarbeitet<br />

werden.<br />

Hierzu gehört unter anderem die EU-<br />

Wertpapierregulierung MiFID II/MiFIR. Die<br />

Schaffung eines konsolidierten <strong>Markt</strong>datenstroms,<br />

des „Consolidated Tape“, soll<br />

befördert werden. Dies kann ein wichtiger<br />

Beitrag sein, wenn die Weichen richtig gestellt<br />

werden: Insbesondere müssen alle<br />

Datenlieferanten denselben strengen Qualitätsanforderungen<br />

unterliegen, seien es<br />

Börsen oder Banken. Die Datenqualität ist<br />

neben einer tauglichen Governance-Struktur<br />

der Schlüssel zum Erfolg und muss laufend<br />

kontrolliert werden, betont die DK.<br />

Quelle: © I Believe I Can Fly - AdobeStock.com<br />

Zu Recht schlägt die Kommission außerdem<br />

vor, dass der Zugang zu internationalen<br />

Handelsplätzen erhalten bleiben<br />

kann und damit europäische Institute im<br />

internationalen <strong>Markt</strong> wettbewerbsfähig<br />

bleiben.<br />

Bei den Vorschlägen zur Einführung eines<br />

European Single Access Point („ESAP“) unterstützt<br />

die DK den Ansatz, dass vorhandene<br />

Daten, einschließlich der ESG-Daten,<br />

die gemäß bereits bestehender Regulierungsvorgaben<br />

veröffentlicht werden, im<br />

„ESAP“ gesammelt werden. Hierbei sollte<br />

auf pragmatische Verfahren hingewirkt<br />

werden. „Effizienzgewinne aus der Samm-<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

49


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> DEUTSCHLAND / INTERNATIONAL<br />

lung von Informationen an einer zentralen<br />

Stelle dürfen nicht durch komplexere<br />

Prozesse sowie Doppelt- und Dreifachmeldungen<br />

konterkariert werden,“ betont<br />

DSGV-Vorstandsmitglied Dr. Karl-Peter<br />

Schackmann-Fallis für die gesamte Deutsche<br />

Kreditwirtschaft, deren Federführer<br />

der Deutsche Sparkassen- und Giroverband<br />

(DSGV) in diesem Jahr ist. Hier sieht<br />

die DK noch Verbesserungsbedarf.<br />

Die Stärkung von langfristigen Investitionen<br />

durch die Verbesserung der Bedingungen<br />

für Kapitalsammelstellen im<br />

Rahmen einer Überarbeitung der ELTIF-<br />

Verordnung begrüßt die DK.<br />

Darüber hinaus enthält der heute vorgestellte<br />

Fahrplan aus Sicht der Banken und<br />

Sparkassen weitere sehr wichtige Bausteine,<br />

insbesondere zu Verbriefungen.<br />

Die angekündigte Initiative zum Unternehmensinsolvenzrecht<br />

hält die DK hingegen<br />

nicht für zielführend, vielmehr sollten<br />

gezielte Harmonisierungsmaßnahmen zu<br />

einzelnen kapitalmarktregulatorischen Aspekten<br />

angestrebt werden.<br />

Wichtig ist, dass die Stärkung des Kapitalmarkts<br />

nicht die wichtige Rolle der Banken<br />

als Mittler zwischen Anlegern und Emittenten<br />

sowie als Kreditgeber schwächt: „Es<br />

sollten auch im Rahmen der Kapitalmarktunion<br />

verschiedene Finanzierungsformen<br />

in einem ausgewogenen Verhältnis stehen“,<br />

so Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis<br />

für die DK. Nur so könne die Finanzierung<br />

der digitalen und nachhaltigen Transformation<br />

gelingen und die EU global wettbewerbsfähig<br />

bleiben. Allein in Deutschland<br />

verlangt die Transformation der Wirtschaft<br />

jährlich 100 Milliarden Euro zusätzliche<br />

Investitionen.<br />

Autor: www.bankenverband.de<br />

Studie:<br />

Banken werden innerhalb von fünf Jahren<br />

online gehen und kundenzentrierte<br />

digitale Ökosysteme bilden<br />

Quelle: © iQoncept - AdobeStock.com<br />

Fast zwei Drittel (65 %) der Führungskräfte<br />

im globalen Bankensektor<br />

glauben, dass das Filialmodell<br />

innerhalb von fünf Jahren “tot” sein wird;<br />

vor vier Jahren waren es noch 35 %.<br />

Ein neuer Bericht, der von Temenos veröffentlicht<br />

wurde (SIX: TEMN), das Unternehmen<br />

für Bankensoftware, hat herausgefunden,<br />

dass 65 % der Führungskräfte<br />

von Banken weltweit glauben, dass das<br />

filialbasierte Bankgeschäft innerhalb von<br />

fünf Jahren “tot” sein wird. Der Bericht<br />

der Economist Intelligence Unit (EIU) mit<br />

dem Titel “Branching out: can banks move<br />

from city centres to digital ecosystems?”<br />

basiert auf einer aktuellen Umfrage unter<br />

305 leitenden Angestellten von Banken<br />

weltweit. Die Studie zeigt auf, wie CO-<br />

VID-19 Filialschließungen, neue Technologien<br />

und der zunehmende Wettbewerb<br />

durch Fintechs, Super-App-Plattformen<br />

und Tech-Giganten die digitale Transformation<br />

beschleunigt und eine Verschiebung<br />

der Prioritäten und Geschäftsmodelle<br />

im Bankwesen ausgelöst haben.<br />

50 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL I FinanzBusinessMagazin<br />

Quelle: © ipopba - AdobeStock.com<br />

Der Bericht hebt hervor, dass 65 % der<br />

Führungskräfte im globalen Bankwesen<br />

neue Technologien wie Cloud, KI und APIs<br />

als den Trend ansehen, der in den nächsten<br />

vier Jahren den größten Einfluss auf<br />

den Sektor haben wird, noch vor Regulierung<br />

und veränderten Kundenanforderungen.<br />

Darüber hinaus glauben 81 %,<br />

dass die Erschließung von Mehrwert durch<br />

KI das Unterscheidungsmerkmal zwischen<br />

Gewinner- und Verliererbanken sein wird.<br />

Banken fokussieren ihre Technologie-Investitionen<br />

auf Cybersicherheit, KI und<br />

Cloud Computing, da sie ihre digitalen<br />

Transformationsprojekte beschleunigen.<br />

Die Studie zeigt, dass 81 % der Banker<br />

glauben, dass Banken versuchen werden,<br />

sich über das Kundenerlebnis und nicht<br />

über Produkte zu differenzieren. Daher<br />

setzen viele etablierte Banken auf strategische<br />

Partnerschaften und Investitionen in<br />

Technologie, um vertrauenswürdige Bankpartner<br />

und Anbieter von verbraucherfreundlichen<br />

Bankerlebnissen zu werden.<br />

Die Pandemie war ein Katalysator für Zusammenarbeit<br />

und Experimentieren. Der<br />

Bericht besagt, dass fast die Hälfte (47<br />

%) der Führungskräfte von Banken davon<br />

ausgeht, dass sich ihr Unternehmen in<br />

den nächsten zwei Jahren zu einem Ökosystem<br />

entwickeln wird, in dem Banken<br />

ihren Kunden und anderen Finanzorganisationen<br />

Produkte und Dienstleistungen<br />

von Dritten zusammen mit ihren eigenen<br />

anbieten.<br />

Aalishaan Zaidi, Global Head of Digital<br />

Banking bei Standard Chartered bemerkt<br />

den Wandel der Einstellung und Kultur als<br />

Folge der Pandemie: “Die große Veränderung<br />

für uns war der Glaube, dass wir<br />

uns schnell verändern können, wenn wir<br />

es wirklich wollen.” Herr Zaidi fügt hinzu,<br />

dass “wir vor der Pandemie niemals die<br />

Partnerschaften eingegangen wären, die<br />

wir jetzt eingehen.”<br />

Der Bericht zeigt auch, wie die Pandemie<br />

die gesellschaftliche Rolle von Finanzdienstleistungen<br />

betont hat. Die Ergebnisse<br />

zeigen, dass Banker Mikrofinanzierungen<br />

für Unternehmer (34 %) und<br />

Konten für Nichtbanker (33 %) als die<br />

vielversprechendsten Geschäftsmöglichkeiten<br />

im Zusammenhang mit der Integration<br />

ansehen.<br />

Kanika Hope, Chief Strategy Officer, Temenos,<br />

sagte: “Open Banking und der<br />

zunehmende Wettbewerb durch Big Tech<br />

und neue <strong>Markt</strong>teilnehmer veranlassen<br />

die Banken, ihre Geschäftsmodelle zu<br />

überdenken. Viele streben nun danach,<br />

digitale Ökosysteme zu entwickeln, die ihren<br />

Kunden mithilfe von Cloud, SaaS und<br />

KI menschlichere, differenziertere Erfahrungen<br />

bieten. Dieser Bericht zeigt, dass<br />

Banker jetzt verstehen, dass Technologie<br />

ein Enabler für diese neuen Geschäftsmodelle<br />

sein wird und entscheidend für ihre<br />

Wettbewerbsdifferenzierung ist. Temenos<br />

baut seine Führungsrolle in den Bereichen<br />

KI und Cloud weiter aus und bedient weltweit<br />

mehr als 3.000 Banken, darunter<br />

etablierte Unternehmen und mehr als 70<br />

Herausforderer. Wir haben kürzlich die<br />

Temenos Banking Cloud auf den <strong>Markt</strong><br />

gebracht, um Banken bei der digitalen<br />

Transformation zu unterstützen und die<br />

Kontrolle über ihre Geschäftsmodelle und<br />

Innovationszyklen zu übernehmen.”<br />

Autor: www.temenos.com<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

51


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL<br />

Europäische Banken müssen bis zu<br />

40% ihrer Kosten sparen<br />

Nachhaltigkeit muss für Banken zentraler<br />

Angelpunkt ihres zukünftigen Geschäftsmodells<br />

werden<br />

Durch ihre Erfahrungen aus der letzten<br />

Finanzkrise und entsprechende<br />

Risikovorsorge konnten europäische<br />

Banken die heiße Phase der Covid-<br />

19-Pandemie erfolgreich meistern. Dabei<br />

haben auch staatliche Eingriffe und eine<br />

Reihe von Sondermaßnahmen der Zentralbanken<br />

geholfen. Zeit sich auszuruhen,<br />

bleibt jedoch nicht. Um langfristig<br />

gegenüber der internationalen Konkurrenz<br />

bestehen zu können, ist eine tiefgreifende<br />

Neuausrichtung dringend erforderlich, wie<br />

die aktuelle Studie „Transforming European<br />

Banks“ von PwC und Strategy&, der<br />

Strategieberatung von PwC, zeigt.<br />

Quelle: © Andrey - AdobeStock.com<br />

Das aktuelle europäische Bankenumfeld<br />

wird durch boomende Märkte, eine niedrige<br />

Anzahl an Kreditausfällen und zudem<br />

durch einmalige Effekte wie die begünstigten<br />

Finanzierungsbedingungen (Stichwort:<br />

TLTRO) seitens der EZB befeuert.<br />

Die positiven Ergebnisse des EZB-Stresstests<br />

trügen das Bild, da die wirkliche<br />

Herausforderung nicht im makroökonomischen<br />

Umfeld, sondern in den zu transformierenden<br />

Geschäftsmodellen der Banken<br />

liegt. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis<br />

europäischer Banken liegt mit 0,6 bis 0,8<br />

deutlich geringer im Vergleich zu Akteuren<br />

in den USA und Asien. Insbesondere deutsche<br />

Banken bilden hier mit Werten von 0,3<br />

bis 0,5 eines der Schlusslichter in Europa.<br />

Das bedeutet für europäische Institute ein<br />

erhebliches ungehobenes Wertpotenzial:<br />

Mit einer Annäherung an das Niveau der<br />

US-Banken könnte die <strong>Markt</strong>kapitalisierung<br />

börsennotierter europäischer Banken<br />

um bis zu 600 Mrd. Euro steigen.<br />

Europäische Banken müssen schnellstmöglich<br />

beginnen, die seit langem klaffende<br />

Lücke zwischen ihren Erträgen und den<br />

Kapitalkosten zu schließen, indem sie insbesondere<br />

ihr Aufwand-Ertrags-Verhältnis<br />

(cost-to-income ratio, CIR) durch bessere<br />

Skalierungsmöglichkeiten optimieren.<br />

Dies kann durch Fusionen erleichtert werden.<br />

Bei einer größeren konsolidierten Einheit<br />

lassen sich auch dringend erforderliche<br />

Investitionen in die technologische<br />

Neugestaltung spürbar leichter tragen.<br />

Denn BigTech-Unternehmen und kleinere<br />

FinTechs haben den etablierten Banken<br />

bereits erhebliche <strong>Markt</strong>anteile abgenommen.<br />

Um die eigenen Plattformen weiter<br />

zu digitalisieren und die IT-Systeme zu<br />

modernisieren, sollten Banken ihr Geschäft<br />

mithilfe des Einsatzes von Clouds<br />

flexibler, sicherer und vor allem skalierbar<br />

machen. Durch schlankere und datenreiche<br />

IT-Plattformen können außerdem<br />

die Kundenanforderungen besser antizipiert<br />

werden, um maßgeschneiderte und<br />

hochgradig relevante Dienstleistungen<br />

anzubieten.<br />

„Europäische Banken sollten einen radikalen<br />

Umbau ihrer Geschäftsmodelle anstreben.<br />

Das bedeutet zum einen, den<br />

Finanzstandort Deutschland aufzuwerten<br />

und starken Instituten wieder zu mehr Akzeptanz<br />

zu verhelfen. Mit besser skalierbaren<br />

Plattformen können Banken mehr<br />

Geschäft zu niedrigeren Kosten realisieren.<br />

Gleichzeitig gehört zur umfassenden<br />

Neuausrichtung des Geschäftsmodells<br />

auch, das Thema Nachhaltigkeit konsequent<br />

in den Fokus zu nehmen. Banken<br />

sollten ESG nicht nur aufgrund des regula-<br />

52 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL I FinanzBusinessMagazin<br />

torischen Drucks als Hebel erkennen, um<br />

sich global an die Spitze der Bewegung zu<br />

setzen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil<br />

gegenüber Instituten aus den USA<br />

und Asien zu erarbeiten“, kommentiert Dr.<br />

Philipp Wackerbeck, Global Head of Financial<br />

Services bei Strategy&.<br />

Auf dem Weg der Europäischen Kommission<br />

zur angestrebten Klimaneutralität<br />

bis 2050 kommt den Banken der Eurozone<br />

eine wichtige Schlüsselrolle als Finanzintermediäre<br />

zu, diesen Übergang aktiv<br />

mitzugestalten. Sie finanzieren die Nachhaltigkeit<br />

ihrer Kunden und sind somit<br />

unmittelbar an der Erreichung der Klimaziele<br />

beteiligt. Ein flexibles Technologiesystem<br />

ist eine wesentliche Voraussetzung<br />

für Banken, um die kommende Welle von<br />

ESG-Anforderungen seitens der Stakeholder<br />

zu erfüllen und für ihre Kunden neue,<br />

grüne Produkte zu entwickeln – neben ihrer<br />

eigenen ESG-Neuausrichtung.<br />

„Im Angesicht der aktuellen politischen<br />

und gesellschaftlichen Entwicklungen<br />

sind Führungskräfte gut beraten, ESG<br />

zum Kernprinzip ihrer strategischen Überlegungen<br />

zu machen. Eine nachhaltige<br />

Strategie sollte dabei Klimafaktoren sowie<br />

soziale und Governance-Prioritäten<br />

gleichermaßen mit einbeziehen. Für die<br />

Integration von Nachhaltigkeitszielen in<br />

die Geschäftsstrategie und die notwendigen<br />

Transformationsprojekte gehören das<br />

systematische Erfassen und Auswerten<br />

von ESG-Daten und KPIs zur fundierten<br />

Evaluation der strategischen Meilensteine<br />

sowie eine transparente Kommunikation<br />

der Erfolge an die relevanten Stakeholdergruppen“,<br />

erläutert Dr. Peter Gassmann,<br />

Global Leader von Strategy& und globaler<br />

ESG-Leader bei PwC.<br />

Die Folgen der Pandemiebekämpfung haben<br />

sich in ganz Europa höchst unterschiedlich<br />

auf die einzelnen Wirtschaftssektoren<br />

ausgewirkt. Steigende Kosten<br />

und asymmetrische Zahlungsausfälle drohen<br />

die ohnehin angeschlagene Rentabilität<br />

der Geldinstitute weiter zu schmälern<br />

und verbleibende Kapitalpuffer aufzuzehren.<br />

Um ihre Bilanzen zu schützen, müssen<br />

Banken ihre Risikobereitschaft in<br />

verschiedenen Sektoren und einzelnen<br />

Assetklassen neu bewerten. Gleichzeitig<br />

dürfen sie damit nicht ihre Flexibilität bei<br />

der Kreditvergabe einschränken, insbesondere<br />

bei der Finanzierung von innovativen<br />

Geschäftsmodellen. Hier intensiviert<br />

sich bereits der Wettbewerb zwischen<br />

Banken und alternativen Kapitalgebern<br />

wie der Kreditfondsbranche.<br />

Quelle: © denisismagilov - AdobeStock.com<br />

Nach den aktuellen Berechnungen von<br />

PwC und Strategy& ließen sich die operativen<br />

Kosten von Banken innerhalb von<br />

drei bis vier Jahren um bis zu 40% reduzieren,<br />

wobei die meisten Ergebnisse bereits<br />

in den ersten zwei bis drei Jahren<br />

erzielt werden können: Kurzfristig durch<br />

taktische und schnell umsetzbare Maßnahmen<br />

(5-10%), mittelfristig durch die<br />

selektive Straffung des Geschäftsmodells<br />

zur sukzessiven Steigerung der Profitabilität<br />

einzelner Geschäftszweige (15-20%)<br />

und langfristig durch radikale Neukonzeptionierung<br />

des Geschäftsmodells (30-<br />

40%).<br />

„Der Weg aus der strukturellen Abhängigkeit<br />

von Zinsmargen liegt in der Umverteilung<br />

knapper Ressourcen auf profitable<br />

Segmente und der nachhaltigen Verbesserung<br />

der Eigenkapitalrendite. Das erhöht<br />

gleichzeitig die Erfolgschancen bei wichtigen<br />

strategischen Fusionen“, schließt<br />

Clemens Koch, Mitglied der Geschäftsführung<br />

und Leiter des Bereichs Financial<br />

Services bei PwC Deutschland. „Der<br />

neue Leitfaden der EZB zur Vereinfachung<br />

von Konsolidierungen macht Zusammenschlüsse<br />

deutlich attraktiver. So können<br />

die Teilnehmer auf dem traditionell stark<br />

segmentierten europäischen Bankenmarkt<br />

in Zukunft durch mehr Eigengewicht internationalen<br />

Wettbewerbern mit erhöhter<br />

Resilienz begegnen.“<br />

Autor: www.strategyand.pwc.com/de<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

53


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL<br />

Banken können bis zu 65% ihrer<br />

KYC-Kosten durch den Aufbau eines<br />

Datennetzwerks einsparen<br />

54% der Firmenkunden sind mit „Know<br />

Your Customer“-Prozessen unzufrieden<br />

Die Prävention von Geldwäsche und<br />

die Verhinderung von Geldflüssen<br />

an terroristische Organisationen<br />

haben in den letzten Jahren einen hohen<br />

Grad an öffentlicher Aufmerksamkeit erlangt.<br />

Obwohl Finanzinstitute jährlich Milliarden<br />

ausgeben, um mit immer strengeren<br />

und umfangreicheren Aufsichtsregularien<br />

Schritt zu halten, stellt die Einhaltung<br />

von „Anti Money Laundering“ (AML)- und<br />

„Know Your Customer“ (KYC)-Vorschriften<br />

Banken vor strategische Herausforderungen.<br />

Die Ergebnisse der aktuellen<br />

„Know Your Costumer“-Studie von Strategy&,<br />

der Strategieberatung von PwC, zeigen,<br />

dass Banken mit einem effizienten,<br />

netzwerkorientierten Ansatz bis zu 65%<br />

ihrer AML- und KYC-Betriebskosten einsparen<br />

können. Denn durch gezielte Maßnahmen<br />

zur Produktivitätssteigerung und<br />

Faktorkostenreduktion lassen sich vielfach<br />

Prozesse vereinfachen, Kosten senken und<br />

das Kundenerlebnis verbessern.<br />

Weltweit zahlten Banken in den Jahren<br />

2015 bis 2019 rund 23,2 Milliarden Euro<br />

für AML-/KYC-Sanktionen und damit verbundene<br />

Anwaltsgebühren. Dies entspricht<br />

einer Steigerung um das 26-fache<br />

im Vergleich zu den Ausgaben zwischen<br />

2005 und 2009. Allein in Europa entstehen<br />

bei den Banken für die Unterhaltung<br />

und Gewährleistung der KYC-Compliance-<br />

Prozesse jährlich Betriebskosten in Höhe<br />

von schätzungsweise 12 Milliarden Euro.<br />

Hinzu kommen weitere Technologieausgaben<br />

in Höhe von rund sieben Milliarden<br />

Euro pro Jahr. Lediglich 20% der Kosten<br />

entfallen dabei auf die Aufnahme von<br />

Neukunden und deren Datenerfassung,<br />

wohingegen ganze 80% bei der Durchführung<br />

planmäßiger sowie anlassbezogener<br />

Überprüfungen der persönlichen sowie<br />

der Geschäftsdaten von Firmenkunden<br />

entstehen. Besonders auffällig: Die meisten<br />

Kosten fallen zu den internationalen<br />

Großkonzernen unter den Firmenkunden<br />

an, obwohl deren Anzahl in den Gesamtportfolien<br />

der Banken in den europäischen<br />

Kernmärkten, etwa im Vergleich zu Kleinund<br />

mittelständischen Unternehmen,<br />

überschaubar ist. Auch die Firmenkunden<br />

selbst zeigen sich mit dem Status quo unzufrieden<br />

– sie wünschen sich einheitliche<br />

Vorgehensweisen von ihren Hausbanken<br />

und mehr Komfort, z.B. in der digitalen<br />

Interaktion. Acht von zehn Banken führen<br />

bereits nennenswerte KYC-Optimierungsprogramme<br />

durch, dennoch bewerten<br />

54% der Unternehmen ihre Erfahrungen<br />

mit KYC-Prozessen als negativ.<br />

Quelle: © Gorodenkoff - AdobeStock.com<br />

„Unterschiedliche aufsichtsrechtliche<br />

Anforderungen, kontinuierliche Überprüfungsprozesse<br />

und ein Mangel an einheitlichen<br />

Datenmodellen führen nicht<br />

selten zu Unzufriedenheit bei den Kunden<br />

und einer Schädigung der geschäftlichen<br />

Außenwirkung von Banken. Was fehlt,<br />

ist eine kundenorientierte KYC-Lösung,<br />

mithilfe derer Unternehmen ihre Daten<br />

beispielsweise in digitalen Tresoren oder<br />

Wallets zentral kontrollieren und Banken<br />

im Bedarfsfall zugänglich machen können.<br />

Solche Tools helfen Firmenkunden<br />

dabei, für ihre Finanzgeschäfte und die<br />

Geschäfte mit ihren Lieferanten immer<br />

die richtigen Daten griffbereit zu haben“,<br />

sagt Thorben Wegner, Director bei Strategy&<br />

Deutschland.<br />

54 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL I FinanzBusinessMagazin<br />

Quelle: © ekaphon - AdobeStock.com<br />

Flächendeckend arbeiten Finanzinstitute<br />

bereits intern an Prozessen zur verbesserten<br />

Reaktion auf künftige Richtlinien<br />

sowie der effizienten Steuerung der eigenen<br />

KYC-Verarbeitungskapazitäten.<br />

Daneben beauftragen Banken auch externe<br />

Dienstleister mit der Übernahme<br />

bestimmter KYC-Aufgaben oder nutzen<br />

regionale „Utilities“, die das Datenmanagement<br />

gebündelt für mehrere Institute<br />

übernehmen. Am <strong>Markt</strong> haben sich außerdem<br />

zahlreich Netzwerkansätze gebildet,<br />

um den Datenaustausch zwischen Banken,<br />

Firmenkunden, Aufsichtsbehörden und<br />

Datenanbietern innerhalb eines leicht zugänglichen<br />

Ökosystems zu vereinfachen.<br />

Zwar zeigen die Ergebnisse der Studie,<br />

dass durch koordinierte Mehrfachnutzung<br />

bestehender Datensätze, automatisierter<br />

Ausfüllformate, zielgerichteter Mitarbeiterschulungen<br />

und die Beschäftigung von<br />

KYC-Analysten in Niedrigkostenländern<br />

bis zu 65% der aktuell anlaufenden Betriebskosten<br />

für AML- und KYC-Maßnahmen<br />

eingespart werden können – die zentralen<br />

Vorteile lassen sich aber erst durch<br />

einen „Best of Breed“-Ansatz mit den Erfahrungswerten<br />

aller bereits eingesetzter<br />

Maßnahmen realisieren.<br />

Um das zu erreichen, bedarf es eines länderübergreifenden<br />

KYC-Netzwerks, das<br />

Banken, ihre Firmenkunden und Daten,<br />

Aufsichtsbehörden sowie andere Dienstleister<br />

über spezifische Zugangspunkte<br />

miteinander verbindet. Im Zentrum dieses<br />

Netzes stehen die Firmenkunden und<br />

deren reibungsloses Kundenerlebnis. Diese<br />

können ihre Daten mithilfe digitaler<br />

Lösungen zentral kontrollieren und mit<br />

ausgewählten Banken auf Wunsch sicher<br />

teilen. Grundlegender Faktor zur Wiederverwendbarkeit<br />

bereits existierende<br />

KYC-Datenbestände ist die Entwicklung<br />

eines gemeinsamen und seitens nationaler<br />

und internationaler Aufsichtsbehörden<br />

anerkannten Datenstandards sowie die<br />

Möglichkeit eines sicheren und grenzübergreifenden<br />

Datenaustausches. Auch<br />

Aufsichtsbehörden können eine Rolle im<br />

Netzwerk spielen und so die Einhaltung<br />

der Vorschriften zweckdienlich überwachen.<br />

Durch die Möglichkeit einer flexiblen<br />

Skalierbarkeit ließe sich das Netzwerk um<br />

weitere Dienstleister zur Einführung neuer<br />

und auf Banken und Firmenkunden zugeschnittener<br />

Services erweitern.<br />

„Das Modell wird erfolgreich sein, wenn<br />

das Netzwerk neben dem standardisierten<br />

und internationalen KYC-Datenmanagement<br />

noch anderweitig und vielfältig durch<br />

Unternehmen und Banken genutzt wird.<br />

Etwa zur Identifizierung von Akteuren entlang<br />

der Lieferkette von Unternehmen, zur<br />

Verwertung von Informationen über mehrere<br />

Unternehmen einer Gruppe hinweg<br />

oder sogar zur branchenübergreifenden<br />

Bereitstellung von Daten für Geschäfte<br />

sind zahlreiche Anwendungen vorstellbar.<br />

Erst im freien Austausch aller Teilnehmer<br />

können sich Effizienzgewinne voll entfalten<br />

und neue Angebote und Services entstehen“,<br />

erläutert Markus Weiss, Director<br />

bei Strategy& Schweiz. „Durch den gesteigerten<br />

Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad<br />

sämtlicher Prozesse und den<br />

Einsatz von Technologien wie Blockchain<br />

oder künstliche Intelligenz können Banken<br />

zusätzlich die Effizienz ihrer gesamten Geschäftstätigkeit<br />

verbessern.”<br />

Autor: www.strategyand.pwc.com/de<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

55


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL<br />

McKinsey:<br />

Banken überstehen Pandemie besser<br />

als erwartet<br />

Die globale Finanzdienstleistungsbranche<br />

hat die wirtschaftlichen Folgen<br />

der Covid-19-Pandemie besser<br />

als erwartet überstanden. Allerdings sank<br />

2020 die Eigenkapitalrendite (RoE) auf<br />

6,7% - mit deutlicheren Verlusten in Europa.<br />

Dabei mussten Banken ihre Renditen<br />

von 6% auf 3% halbieren. Insgesamt stehe<br />

die Branche vor einer Erholung, so der<br />

Report. Bis 2025 ist eine globale Eigenkapitalrendite<br />

zwischen 7 und 12 Prozent möglich.<br />

Dies geht aus dem 11. Global Banking<br />

Annual Review der Unternehmensberatung<br />

McKinsey & Company hervor, für die weltweit<br />

599 Banken untersucht wurden.<br />

Große Divergenz zwischen<br />

Gewinnern und Verlierern<br />

„Die globale Bankenlandschaft teilt sich immer<br />

mehr in Gewinner und Verlierer“, sagt<br />

Max Flötotto, Senior Partner und Leiter der<br />

deutschen Banking Practice bei McKinsey.<br />

Nur 10% der untersuchten Finanzdienstleister<br />

verbuchten die gesamten Gewinne der<br />

Branche für sich. Die Studie zeigt die wesentlichen<br />

Ursachen für diese Divergenz:<br />

An ihrer Geografie und der Größe können<br />

Banken nur schwer kurzfristig ändern. Ein<br />

weitererer Faktor, das Geschäftsmodell,<br />

liegt aber sehr wohl in der Hand der Institute.<br />

Flötotto: „Die Gewinner aus der Branche<br />

zeigen, dass es geht. Sie vereinen ein<br />

digitales Kundenerlebnis mit eingebetteten<br />

Finanzdienstleistungen, schlanke interne<br />

Prozesse und einen Fokus auf kontinuierliche<br />

Innovation.“<br />

Schwächere Institute können aufholen,<br />

aber die Zeit drängt: McKinsey-Analysen<br />

zeigen, dass zwei Drittel des während<br />

eines gesamten Konjunkturzyklus generierten<br />

Wertes, wie beispielsweise die<br />

<strong>Markt</strong>kapitalisierung, in den ersten zwei<br />

Jahren nach einer Krise geschaffen werden.<br />

„Die Geschichte zeigt, dass Institute,<br />

die in den ersten zwei Jahren nach einer<br />

Krise mutige Wachstumsschritte unternehmen,<br />

diese Gewinne in der Regel längerfristig<br />

halten können“, so Flötotto.<br />

Quelle: © Alexander Libach - AdobeStock.com<br />

Spezialisierte Finanzdienstleister<br />

schneiden besser<br />

ab als Universalbanken<br />

Ein weiteres Studienergebnis: Fintechs<br />

und spezialisierte Finanzdienstleister<br />

– in den Bereichen Zahlungsverkehr,<br />

Verbraucherfinanzierung oder Vermögensverwaltung<br />

– haben durchgehend<br />

höhere Bewertungsmultiplikatoren als<br />

die meisten globalen Universalbanken.<br />

Ein Beispiel sind Payment-Anbieter, mit<br />

einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 8,5.<br />

„Einige Fintechs entwickeln sich innerhalb<br />

weniger Jahre von einer groben Skizze zu<br />

Unternehmen mit Bewertungen in Milliardenhöhe“,<br />

sagt Reinhard Höll, Partner<br />

im Düsseldorfer Büro von McKinsey. So<br />

haben Payment-Spezialisten zusammen<br />

mit Börsen und einigen Wertpapierfirmen<br />

mehr als 50 Prozent der 1,9 Billionen Dollar<br />

<strong>Markt</strong>kapitalisierung, die die Branche<br />

seit Beginne der Pandemie hinzugewonnen<br />

hat, für sich verbucht. Finanzdienstleistungen<br />

insgesamt (einschließlich Banken,<br />

Fintechs und Spezialisten) werden<br />

mit dem 1,3-fachen des Eigenkapitalbuchwerts<br />

gehandelt, weit unter dem 3-fachen<br />

der übrigen Sektoren. Betrachtet man nur<br />

die Banken, sinken die Bewertungen auf<br />

das 1-Fache, und die Hälfte der Akteure<br />

wird sogar unter dem Eigenkapitalwert<br />

gehandelt.<br />

Autor: www.mckinsey.de<br />

56 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL I FinanzBusinessMagazin<br />

Angriff von allen Seiten:<br />

So retten Banken<br />

ihr Firmenkundengeschäft<br />

Mit einem konsequent hybriden Geschäftsmodell<br />

können die Geldhäuser<br />

gegenhalten und ihre<br />

aktuell starke Stellung im Schweizer Mittelstand<br />

verteidigen<br />

Traditionell zählt das Firmenkunden-Business<br />

zu den wichtigsten Disziplinen der<br />

Banken am Zürcher Paradeplatz und in<br />

allen Kantonen. Bislang stiegen die Erträge<br />

mit kleinen und mittleren Betrieben<br />

kontinuierlich, die Margen waren mehr<br />

als befriedigend und die Kundenloyalität<br />

war hoch. Doch nun geraten die Geldhäuser<br />

zunehmend unter Druck: Die Margen<br />

schrumpfen, die Zahl der Wettbewerber<br />

wächst und die Bedürfnisse der Klientel<br />

verändern sich. Auf Basis einer <strong>Markt</strong>analyse<br />

zeigt die internationale Unternehmensberatung<br />

Bain & Company auf, wie<br />

die heimischen Institute ihr angestammtes<br />

Geschäft in den nächsten Jahren verteidigen<br />

können.<br />

Wettbewerbsintensität höher denn je<br />

Mit Erträgen von rund fünf Milliarden<br />

Schweizer Franken im Jahr 2020 zählt<br />

das Geschäft mit kleinen und mittleren<br />

Betrieben unverändert zu den zentralen<br />

Ertragsbringern hiesiger Banken. Der<br />

Grossteil davon entfällt auf Kredite und<br />

das Transaction Banking. Genau auf diese<br />

beiden Geschäftsfelder konzentrieren sich<br />

jedoch zunehmend neue Player, darunter<br />

Neobanken sowie Fintechs. „Die Wettbewerbsintensität<br />

im Firmenkundengeschäft<br />

ist höher denn je“, erklärt Bain-Partner<br />

und Bankenexperte Stephan Erni aus dem<br />

Zürcher Büro. „Das setzt die Margen unter<br />

Druck und zwingt etablierte Anbieter zum<br />

Handeln.“<br />

Das gilt umso mehr, da sich die Situation<br />

in den kommenden Jahren verschärfen<br />

dürfte. Einer jüngsten Bain-Prognose zufolge<br />

werden die Erträge im Firmenkundengeschäft<br />

bis 2025 mehr oder minder<br />

stagnieren. Der Grund: Im Kerngeschäft<br />

mit Krediten und im Transaction Banking<br />

enden die Zeiten des robusten kontinuierlichen<br />

Wachstums (Abbildung). Bain-Partner<br />

Dr. Dirk Vater, der die Praxisgruppe<br />

Financial Services in der Region Europa,<br />

Mittlerer Osten und Afrika (EMEA) leitet,<br />

sieht Schweizer Banken nun in einer ähnlichen<br />

Situation wie ihre Wettbewerber in<br />

der EU: „Die Digitalisierung verändert die<br />

Spielregeln im Bankgeschäft, erleichtert<br />

neuen Anbietern den <strong>Markt</strong>eintritt und erhöht<br />

die Preissensibilität sowie die Wechselbereitschaft<br />

auf Kundenseite. In der<br />

Folge erodieren Erträge und Margen.“<br />

Schutz vor digitalen Angreifern<br />

bröckelt<br />

Die Wucht der digitalen Angreifer trifft die<br />

Schweiz verhältnismässig spät. Das liegt<br />

unter anderem an der nationalen Regulierung<br />

sowie der bisher spürbaren Zurückhaltung<br />

der Kundschaft gegenüber digitalen<br />

Angeboten. Hinzu kommen die im internationalen<br />

Vergleich geringe Grösse sowie die<br />

Zersplitterung des <strong>Markt</strong>s. Deutschschweiz,<br />

Romandie und das Tessin haben nicht nur<br />

jeweils eigene Spielregeln, sondern es gibt<br />

dort auch stark aufgestellte regionale Institute.<br />

Jetzt aber stehen die Zeichen auf Wandel –<br />

und der entscheidende Treiber sind dabei<br />

die Unternehmen. Branchenkenner Erni<br />

betont: „Die neue Generation von Firmenkunden<br />

denkt und arbeitet digital. Überzeugt<br />

diese Klientel die Leistungen ihrer<br />

Bank vor Ort nicht, hat sie keine Scheu,<br />

Angebote von Neobanken oder Fintechs<br />

auszuprobieren.“ Zudem unterscheide sie<br />

immer weniger zwischen Bankleistungen<br />

und anderen Finanzdiensten. „Der Trend<br />

geht eindeutig in Richtung Produktbün-<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

57


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL<br />

del“, so Erni. Das betreffe die Integration<br />

von Versicherungsleistungen genauso wie<br />

die Verschmelzung des Zahlungsverkehrs<br />

mit der Buchhaltung.<br />

Auf dem Weg zur hybriden Bank<br />

Die etablierten Schweizer Geldhäuser<br />

sind gut beraten, möglichst rasch<br />

auf die veränderten Erwartungen ihrer<br />

Kundschaft einzugehen. Anstatt schwerpunktmässig<br />

weiter in das Filialnetz zu<br />

investieren, sollten sie ihr digitales Angebot<br />

auch für kleine und mittlere Betriebe<br />

massiv ausbauen und Leistungen<br />

von anderen Unternehmen integrieren.<br />

„Die Zukunft im Firmenkundengeschäft<br />

ist hybrid und integriert Partner“, stellt<br />

Bain-Experte Erni fest. „Die Banken<br />

müssen die Stärken der Filialen in Einklang<br />

bringen mit einem überzeugenden<br />

digitalen Auftritt. Es gilt, sämtliche Bedürfnisse<br />

von Unternehmen abzudecken<br />

und ihnen über alle Kanäle hinweg ein<br />

exzellentes Erlebnis zu bieten.“<br />

Mit einem hybriden Geschäftsmodell ist ein<br />

tiefgreifendes Umdenken verbunden. Das<br />

reicht von der Kundensegmentierung über<br />

das Angebotsportfolio bis hin zum Pricing.<br />

Im Kern geht es darum, Bedürfnisse spezifischer<br />

Kundengruppen zu antizipieren,<br />

jeweils passende Produktbündel sowie<br />

Preiskonzepte beispielsweise in Form von<br />

Abomodellen zu entwickeln und sich vom<br />

Denken in Vertriebskanälen zu lösen.<br />

Bain-Bankenspezialist Vater verweist auf<br />

die Erfolge ausländischer Institute mit solch<br />

hybriden Geschäftsmodellen. Dort liefe ein<br />

Grossteil der Produktabschlüsse und Routinetransaktionen<br />

bereits sehr effizient über<br />

digitale Kanäle, ohne dass der direkte Draht<br />

zur Kundschaft leide. „Ein hybrides Konzept<br />

gibt den Banken die Chance, sich auf die<br />

entscheidenden Fragen ihrer Firmenkundschaft<br />

zu konzentrieren“, so Vater. „Wenn<br />

sie hier überzeugende Lösungen finden und<br />

die digitalen Prozesse schnell und einfach<br />

laufen, haben neue Anbieter kaum Angriffsflächen.“<br />

Autor: www.bain.com/de<br />

Wie Banken den europäischen<br />

Aufschwung befördern können<br />

Nach einem der stärksten Einbrüche<br />

des Bruttoinlandsproduktes, den<br />

die Wirtschaft je erlebt hat, stehen<br />

bis zu ein Viertel (160 Milliarden Euro)<br />

der Erträge im europäischen Bankensektor<br />

auf dem Spiel, wenn es der Branche<br />

nicht gelingt, einen Beitrag zur Lösung<br />

einer Reihe neuer Herausforderungen zu<br />

leisten, vor die sich die Gesellschaft durch<br />

die Pandemie gestellt sieht. Zu diesem Ergebnis<br />

kommt der aktuelle Report „Ready<br />

To Lead: How Banks Can Drive the European<br />

Recovery“ der internationalen Strategieberatung<br />

Oliver Wyman.<br />

Quelle: © wutzkoh - AdobeStock.com<br />

Das Bankensystem ist mit hohen Eigenkapitalquoten<br />

gut aufgestellt, um die<br />

wirtschaftliche Erholung in Europa maßgeblich<br />

mit voranzutreiben. Diese komfortable<br />

Position ist vor allem auf niedrigere<br />

Rückstellungen als erwartet und Dividendensperren<br />

zurückzuführen. Die harte<br />

Kernkapitalquote (CET1) liegt im Branchendurchschnitt<br />

bei 15,4 Prozent und hat<br />

sich damit gegenüber den 14,4 Prozent<br />

aus dem Jahr 2019 weiter erhöht. Weniger<br />

als 1 Prozent des gesamten Eigenkapitals<br />

in der Branche entfällt auf Banken mit<br />

einer CET1-Quote von unter 12 Prozent.<br />

58 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL I FinanzBusinessMagazin<br />

Die Konsensschätzung zu den Kreditausfällen<br />

bei an die europäische Bankenaufsicht<br />

berichtenden Instituten für das Jahr 2020<br />

lag bei ca. 200 Milliarden Euro. Letztendlich<br />

waren es 110 Milliarden Euro, immer<br />

noch mehr als das Doppelte an Ausfällen<br />

im Vergleich zu 2019. Seither haben 30<br />

Prozent der Banken, die Quartalsberichte<br />

veröffentlichen, Rückstellungen aufgelöst,<br />

im Durchschnitt 12 Prozent pro Geldhaus,<br />

Tendenz steigend.<br />

Doch mit der durch die enorme Liquidität<br />

am <strong>Markt</strong> verursachten Blasenbildung<br />

an den Kapitalmärkten, niedrigen<br />

Zinsen, einem spekulativen Goldrausch<br />

bei digitalen Vermögenswerten und dem<br />

Schreckgespenst steigender Inflationsraten<br />

stehen der Branche noch härtere<br />

Zeiten bevor. In Ländern, die sich wegen<br />

der Pandemie zu besonders strengen<br />

Lockdown-Maßnahmen gezwungen sahen<br />

und deren Volkswirtschaften besonders<br />

stark in Mitleidenschaft gezogen wurden,<br />

sackten die Erträge um bis zu 11 Prozent<br />

ab. Bei den risikogewichteten Aktiva betrug<br />

der Rückgang knapp 5 Prozent.<br />

In dem Report werden fünf Herausforderungen<br />

skizziert, die die Banken in Europa<br />

meistern müssen, damit die Wirtschaft<br />

zurück auf den Wachstumspfad findet:<br />

1. Beendung von Notfallkreditprogrammen<br />

2. Umstellung auf die Maßnahmen der<br />

Europäischen Union zur Erholung der<br />

Kapitalmärkte im Rahmen der Kapitalmarktunion<br />

und den Corona-Wiederaufbaufonds<br />

„Next Generation EU“<br />

3. Finanzierung des Übergangs zu einer<br />

kohlenstoffarmen Wirtschaft<br />

4. Bereitstellung von Zahlungsverkehr,<br />

Kreditvergabe und andere Bankprodukte<br />

in einer digitalen Wirtschaft<br />

5. Aufbau der Finanzinfrastruktur der Zukunft,<br />

einschließlich digitalem Zentralbankgeld.<br />

„Die europäischen Banken haben jetzt die<br />

einmalige Chance, die Wirtschaft dabei zu<br />

unterstützen, sich von den Folgen der Coronakrise<br />

zu erholen und einige der größten<br />

Herausforderungen zu bewältigen, vor<br />

denen wir in Europa stehen. Mit Abklingen<br />

der Pandemieeffekte geht es dabei<br />

um nicht weniger als ein Viertel der Erträge<br />

des Bankensektors. Das Bankensystem<br />

muss mit der Politik in Dialog treten,<br />

seine zentrale Rolle in der Wirtschaft neu<br />

verankern und das Vertrauen seiner Kunden<br />

stärken. Banken haben die historische<br />

Chance, Teil der Lösung und nicht Teil des<br />

Problems zu sein“, sagt Thomas Schnarr,<br />

Partner und Leiter Financial Services bei<br />

Oliver Wyman in Deutschland.<br />

Für deutsche Institute fällt diese Zeit zusammen<br />

mit dem Ende einer Reihe von<br />

historischen Gewissheiten: die Ära Angela<br />

Merkel geht zu Ende und der zukünftige<br />

politische Rahmen und seine Bedeutung<br />

für die Banken ist ungewiss. Die Sicherungssysteme<br />

deutscher Banken werden<br />

nicht nur von der Aufsicht kritisch beäugt,<br />

sondern auch durch Vorfälle wie Greensill<br />

auf die Probe gestellt. Und aufgrund der<br />

Zinssituation ändert sich das Anlageverhalten<br />

der Deutschen rasant.<br />

„Das neue Umfeld und die mögliche europäische<br />

wirtschaftliche Erholung bieten<br />

gerade auch für die vielen kleineren und<br />

mittelgroßen deutsche Banken eine ausgezeichnete<br />

Gelegenheit, die eigene Position<br />

in der sich beschleunigenden Konsolidierung<br />

zu finden von den Veränderungen<br />

zu profitieren“, so Schnarr.<br />

Über den Report<br />

Der European Banking Report von Oliver<br />

Wyman basiert auf unternehmenseigenen<br />

Modellen zur Schätzung der künftigen Finanzdaten.<br />

In die Berechnungen gehen<br />

Ausfallquoten bei Privatkunden und Unternehmen,<br />

Rückstellungen, risikogewichtete<br />

Aktiva, Gewinne und andere zentrale<br />

Kennzahlen für den Bankensektor ein. Es<br />

werden Aggregatgrößen auf europäischer<br />

Ebene sowie granularere Daten zu Ertragsund<br />

Bilanzeffekten für 17 europäische<br />

Länder (Belgien, Dänemark, Deutschland,<br />

Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien,<br />

Irland, Italien, Niederlande,<br />

Norwegen, Österreich, Polen, Portugal,<br />

Schweden, Schweiz und Spanien) angegeben.<br />

Autor: www.oliverwyman.de<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

59


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL<br />

Europas Banken auf dem Marathon<br />

zur Netto-Null<br />

Europas Banken kommt bei der grünen<br />

Transformation von Wirtschaft<br />

und Gesellschaft eine zentrale Rolle<br />

zu. Investoren und nicht zuletzt Kunden erwarten,<br />

dass die Institute nicht nur Finanzierer<br />

des grünen Wandels sind, sondern<br />

auch Berichterstatter über Treibhausgas-<br />

Emissionen (THG) sowie Verbündeter in der<br />

Umstrukturierung. Vor diesem Hintergrund<br />

mangelt es vielen Banken immer noch an<br />

konkreten Zielen und transparenten Messzahlen.<br />

Nur wenige Banken haben ihre Ziele<br />

auf dem Weg zur Netto-Null außerdem festgelegt<br />

oder halten sie bereits nach. Zu diesem<br />

Ergebnis kommt die neue Edition der<br />

European Banking Study (EBS) von zeb.<br />

Der Spezialist für die Beratung der Europäischen<br />

Bank- und Versicherungsindustrie<br />

hat sich zum dritten Mal in diesem Jahr mit<br />

der Frage beschäftigt, wie Banken in Europa<br />

den Weg der grünen Transformation mit ihren<br />

unterschiedlichen Portfolios erfolgreich<br />

einschlagen können.<br />

Heinz-Gerd Stickling, zeb-Partner und<br />

Mitautor der Studie, führt aus: „Die frühzeitige<br />

Messung der Emissionen in den<br />

Bankportfolios sowie konkrete Pläne für<br />

ihre Reduzierung innerhalb der nächsten<br />

Jahrzehnte sind die zentralen Herausforderungen<br />

für Europas Finanzinstitute.<br />

Dem bloßen Lippenbekenntnis müssen<br />

jetzt konsequente Taten folgen, sonst<br />

werden Politik und Regulierungsbehörden<br />

die Regeln aufstellen und den Banken<br />

nicht die Freiheit lassen, ihren eigenen<br />

individuellen Weg zu wählen.“<br />

Konkrete Ziele und transparente<br />

Zahlen sind bisher Fehlanzeige<br />

Im Detail zeigt die aktuelle Edition der<br />

EBS, nur wenige Banken legen ihre Ziele<br />

konkret fest, die meisten bleiben in ihren<br />

Aussagen vage. Zwar haben sich fast alle<br />

Banken (47) dem Pariser Abkommen verpflichtet,<br />

ihre eigenen THG-Emissionen<br />

(Scope 1 und 2) veröffentlicht sowie ein<br />

paar allgemeine Ziele definiert und angegeben.<br />

Aber lediglich die Hälfte nennt<br />

im Reporting konkrete Ziele und Maßnahmen,<br />

mit denen sie die „Netto-Null“ erreichen<br />

wollen (z. B. durch Mitgliedschaft in<br />

der Net Zero Banking Alliance). Noch weniger<br />

Banken haben Zahlen zu den THG-<br />

Emissionswerten ihrer Kreditportfolios<br />

veröffentlicht - so geben 15 Institute teilweise<br />

Zahlen zu ihrem Portfolio an, aber<br />

nur zwei Institute gewähren Einblicke in<br />

ihr gesamtes Portfolio.<br />

Quelle: © gzorgz - Fotolia.com<br />

Von den betrachteten 50-Top-Instituten<br />

in Europa agieren insgesamt 13 Banken<br />

als Early Mover. Sie haben ihre Verpflichtungen<br />

oft seit Jahren veröffentlicht, konkrete<br />

Ziele und Aktionspläne für die Verringerung<br />

ihrer CO2-Fußabdrücke festgelegt,<br />

und sie gehen bei der Messung ihrer Portfolio-Emissionen<br />

voran. 19 Banken haben<br />

zumindest teilweise konkrete Ziele angegeben,<br />

berichten aber noch nicht konkret<br />

über ihre Portfolio-Emissionen. Weitere 18<br />

Banken haben sich gerade auf den Weg zur<br />

Netto-Null gemacht. Sie sind gestartet und<br />

bleiben auf einem allgemeinen Niveau, d.<br />

h. sie haben zumindest ihre Verpflichtung<br />

und allgemeinen Ziele kommuniziert.<br />

Messung von Emissionen<br />

in Bankportfolios steht am Anfang<br />

Die Studienautoren haben in umfangreichen<br />

Big-Data-Analysen auf Basis extern<br />

verfügbarer Daten einen Ansatz entwickelt,<br />

um die finanzierten THG-Emissionen der<br />

50 größten europäischen Banken schät-<br />

60 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL I FinanzBusinessMagazin<br />

zen zu können. Diese unterscheiden sich<br />

nach Outside-in-Berechnungen erheblich.<br />

Beispielsweise haben die 14 westeuropäischen<br />

Universalbanken mit fast 700.000<br />

kt CO2-Äquivalenten (CO2e) die meisten<br />

Emissionen finanziert. Am anderen Ende<br />

der Skala finanzierten die fünf nordischen<br />

Privatkundenbanken in dieser Stichprobe<br />

THG-Emissionen von lediglich knapp<br />

30.000 kt CO2e.<br />

Quelle: © FotolEdhar - Fotolia.com<br />

Insgesamt weisen die westeuropäischen<br />

Wholesale-Banken die höchsten Emissionsintensitäten<br />

auf. Dies ist vor allem auf ihre<br />

Ausrichtung und ihr entsprechend hohes<br />

Exposure in THG-intensiven Branchen zurückzuführen.<br />

So weisen Universalbanken<br />

mit ihrer globaleren Präsenz und ihren umfangreichen<br />

Unternehmensaktivitäten im<br />

Allgemeinen höhere Emissionsintensitäten<br />

auf als ihre auf das Privatkundengeschäft<br />

ausgerichteten Wettbewerber. Der Grund<br />

hierfür sind verschiedene Branchen- und<br />

Länderfaktoren und vor allem ein höherer<br />

Anteil des Hypothekengeschäfts mit einer<br />

geringeren Emissionsintensität als einige<br />

andere Branchen bei den Retail-Banken.<br />

Dr. Ekkehart Bauer, Mitautor der Studie,<br />

erläutert: „Unser Ansatz zur externen<br />

Messung der Treibhausgas-Emissionen<br />

hat seine Grenzen. Erst tiefergreifende<br />

Messungen in den Instituten selber wären<br />

in der Lage, individuelle Besonderheiten in<br />

den jeweiligen Portfolios zu berücksichtigen.<br />

In dieser Frage steht das Groß der<br />

Branche tatsächlich noch am Anfang.“<br />

Der Marathon<br />

Richtung Netto-Null beginnt<br />

Aus Sicht der Studienautoren ist der Weg<br />

zur Netto-Null bei den Treibhausgas-Emissionen<br />

in den Bankportfolios kein Sprint<br />

sondern ein Marathon in drei Schritten.<br />

Am Anfang steht die Messung des eigenen<br />

Startpunktes. Dabei sollten Banken einen<br />

pragmatischen 80:20-Ansatz verfolgen,<br />

indem sie sich z.B. auf die wichtigsten<br />

Kunden bzw. größten Umweltverschmutzer<br />

konzentrieren und für den Rest Branchendurchschnitte<br />

oder Nährungswerte<br />

verwenden. Danach sollten Banken ihre<br />

Ambitionen in ein realisierbares, modulares<br />

Zielbild sowie operative Meilensteine<br />

übertragen. Eine transparente Berichterstattung<br />

über ihre THG-Emissionen folgt<br />

als letzter Schritt.<br />

Dr. Ekkehard Bauer ergänzt: „Die Erwartungen<br />

der Stakeholder und Aktionäre an<br />

Europas Banken und deren CO2-Agenda<br />

sind nicht nur dynamisch und volatil, sondern<br />

auch widersprüchlich. Hinzu kommt, es<br />

gibt bisher keine Best-Practice in der Governance.<br />

Wer bei der Netto-Null-Transformation<br />

die Führung übernimmt und wer welche<br />

Aufgaben innerhalb der Bank verantwortet,<br />

ist unbestimmt. Die Klärung dieser komplexen<br />

Fragen kann nicht der Regulator übernehmen,<br />

sie muss von der Bank selbst in<br />

die Hand genommen werden.“<br />

Hans-Gerd Stickling bemerkt abschließend:<br />

„Banken spielen bei grünen Transformation<br />

eine Schlüsselrolle – ob sie es<br />

wollen oder nicht. Der Weg zu Netto-Null-<br />

Emissionsportfolios ist unausweichlich. Institute,<br />

die sich des Themas konsequent<br />

und frühzeitig annehmen, eröffnen sich<br />

Chancen. Sie übernehmen gegenüber Aktionären,<br />

Stakeholdern, Regulatoren und<br />

Kunden eine proaktive Rolle in der grünen<br />

Transformation und damit eine zentrale<br />

gesellschaftliche Aufgabe bei der Sicherung<br />

der Lebensgrundlage für zukünftige<br />

Generationen.“<br />

Autor: www.zeb-consulting.com/de<br />

Quelle: © FotolEdhar - Fotolia.com<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

61


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL<br />

Europas Banken beim Thema CO2<br />

unter Zugzwang<br />

Europas Top-50-Banken stehen beim<br />

Thema CO2-Reduktion vor der umfassenden<br />

Herausforderung, sich<br />

selbst zu transformieren und ihre Kunden<br />

in diesem Prozess zu begleiten.<br />

Gleichzeitig haben sie die Chance, als Finanzintermediäre<br />

mit einer CO2-orientierten<br />

Agenda ein zentraler Akteur bei der<br />

Umstellung der europäischen Volkswirtschaften<br />

hin zu mehr Klimafreundlichkeit<br />

und Nachhaltigkeit zu werden. Vor diesem<br />

Hintergrund, so unsere aktuelle Studie, hat<br />

sich die überwiegende Mehrheit der Institute<br />

(94 %) zwar frühzeitig zu den Zielen<br />

des Pariser Klimaschutzabkommens von<br />

2015 bekannt, dennoch kann bisher nur<br />

die Hälfte der Kredithäuser klare Ziele für<br />

ein CO2-neutrales Portfolio vorweisen.<br />

Quelle: © W. Heiber Fotostudio - AdobeStock.com<br />

Wie die Vorabversion der zweiten Ausgabe<br />

der European Banking Study (EBS) 2021<br />

außerdem zeigt, bleibt es auf europäischer<br />

Ebene hinsichtlich der CO2-Emissionen<br />

bislang bei Absichtserklärungen. Eine umfassende<br />

Offenlegung der gesamten finanzierten<br />

Treibhausgasemissionen haben bis<br />

Mitte des Jahres 2021 nur wenige Institute<br />

vorgenommen, und lediglich fünf Banken<br />

weisen konkrete, maßnahmengestützte<br />

Pläne für die Reduktion der CO2-Emissionen<br />

in ihren Portfolios vor.<br />

Quelle: © Sergey Nivens - AdobeStock.com<br />

Dr. Dirk Holländer, Mitautor der European<br />

Banking Study und Senior Partner bei zeb,<br />

führt aus: „Zahlreiche europäische Top-<br />

50-Banken besitzen signifikante Finanzierungsanteile<br />

in Branchen mit hohen Treibhausemissionen.<br />

Die Quantifizierung und<br />

deren konsequenter Abbau in den nächsten<br />

Jahrzehnten setzt die Institute schon<br />

jetzt unter erheblichen Zugzwang. Gelingt<br />

es den Akteuren nicht, schnell Erfolge zu<br />

verzeichnen, dürfte ein umfassender Eingriff<br />

von Politik und Aufsicht mit entsprechenden<br />

Reglementierungen nicht lange<br />

auf sich warten lassen.“<br />

Erste Resultate der zweiten Ausgabe der<br />

European Banking Study 2021 haben zudem<br />

ergeben, dass deutsche Banken aufgrund<br />

ihres insgesamt kleineren Portfolios<br />

in treibhausintensiven Branchen eine<br />

durchschnittlich bessere Klimabilanz als<br />

ihre Wettbewerber aufweisen. Nicht alle<br />

Institute nutzen diesen Startvorteil allerdings<br />

ausreichend, um sich im Wettbewerb<br />

zu differenzieren. Daher schlagen die Studienautoren<br />

vor, dass die deutschen Institute<br />

ihren heutigen Vorsprung aktiver<br />

aufgreifen und den Absichtserklärungen<br />

möglichst zeitnah konkrete Maßnahmen<br />

zur CO2-Reduzierung folgen lassen.<br />

Dr. Frank Mrusek, Mitautor der EBS und<br />

Senior Manager bei zeb, bemerkt abschließend:<br />

„Banken mit weniger CO2-intensiven<br />

Sektoren in ihrem Portfolio sind aktuell<br />

im Vorteil. Sie sollten diese Chance<br />

nutzen, um als Trendsetter Maßstäbe zu<br />

setzen und die gesamte Branche auf ihrem<br />

schwierigen und herausfordernden Weg in<br />

Richtung mehr Klimaneutralität und Nachhaltigkeit<br />

voranzuschieben.“<br />

Autor: www.zeb-consulting.com/de<br />

62 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL I FinanzBusinessMagazin<br />

Studie:<br />

Banken in USA und Asien rentabler,<br />

effizienter und digitaler als in Europa<br />

BearingPoint und das Handelsblatt<br />

Research Institut haben die Kennzahlen<br />

der 25 größten Banken in<br />

Europa, USA und Asien miteinander verglichen<br />

und eine Modellierung durchgeführt,<br />

die diese in Relation setzt. Die Studie<br />

zeigt, welche Faktoren zu Unterschieden<br />

bei Rentabilität und Effizienz führen und<br />

was das für europäische Banken im Wettbewerb<br />

bedeutet.<br />

Die größten Banken in Europa weisen eine<br />

durchschnittliche Eigenkapitalrendite (Return<br />

on Equity, ROE) von 4,6 Prozent auf.<br />

Bei Banken in Asien und den USA liegt<br />

sie mit jeweils 9,8 Prozent fast doppelt<br />

so hoch. Sie verdienen auch im Zinsgeschäft<br />

deutlich mehr als ihre europäischen<br />

Pendants. Mit einer Cost-Income-Ratio<br />

(CIR) von 53 Prozent sind die asiatischen<br />

Banken im Vergleich besonders effizient.<br />

Während sie gerade mal etwas mehr als<br />

50 Cent an Kosten haben, um einen Euro<br />

zu verdienen, sind es in Europa und USA<br />

mehr als 65 Cent.<br />

Hohe Personalkosten in Europa<br />

drücken die Rentabilität<br />

– Banken in Asien klar im Vorteil<br />

Europäische Banken wenden im Durchschnitt<br />

55 Prozent und US-amerikanische<br />

Banken 50 Prozent ihrer Kosten für Personal<br />

auf - Asiens Banken mit nur 36 Prozent<br />

deutlich weniger. Würden in Asien dagegen<br />

gleichhohe Personalkosten wie in Europa<br />

anfallen, wäre die durchschnittliche<br />

CIR dort um rund 17 Prozentpunkte höher<br />

und der ROE um etwa fünf Prozentpunkte<br />

niedriger.<br />

Europa verlangt hohe<br />

Eigenkapitalunterlegung<br />

– Regulierung in Asien und USA<br />

weniger streng<br />

Banken in Europa müssen im Vergleich zu<br />

USA und Asien mehr Eigenkapital vorhalten,<br />

um unerwartete Verluste zu decken.<br />

Müssten Banken in Europa ähnlich wenig<br />

Eigenkapital vorhalten wie die asiatischen<br />

Institute, wäre ihre durchschnittliche CIR<br />

um rund sechs Prozentpunkte geringer<br />

und der ROE um etwa drei Prozentpunkte<br />

größer. Dafür tragen die Märkte in den<br />

USA und Asien ein deutlich höheres Risiko<br />

als in Europa.<br />

Geschäftsmodelle der Banken<br />

unterscheiden sich stark<br />

– Provisionsgeschäft in USA sehr wichtig<br />

In den USA spielt das Provisionsgeschäft<br />

eine wesentlich größere Rolle als in Europa<br />

und in Asien. Dadurch kommen sie im<br />

Vergleich zu ihren europäischen und asiatischen<br />

Pendants zu einer durchschnittlich<br />

etwa sieben Prozentpunkte niedrigeren<br />

CIR und einem rund drei Prozentpunkte<br />

höheren ROE.<br />

Das Delta in der Profitabilität findet seinen<br />

Ursprung in hauptsächlich drei Faktoren<br />

– Personalkosten, Regulierung und<br />

Geschäftsmodell. Wenn die europäischen<br />

Banken nicht handeln, werden sie immer<br />

weiter von ihren asiatischen und amerikanischen<br />

Pendants abgehängt werden.<br />

Dabei gibt es genug Potenzial für die europäischen<br />

Banken, ihre Rentabilität und<br />

Effizienz zu steigern. Zum Beispiel durch<br />

zielgerichtete Investitionen in moderne<br />

IT-Architekturen, Komplexitätsreduktionen<br />

im Geschäftsmodell oder auch durch<br />

Fusionen und Übernahmen.<br />

Eine Konsolidierung im europäischen Bankenmarkt<br />

ist eine weitere Möglichkeit,<br />

Rentabilität und Effizienz zu steigern. Dafür<br />

gibt es auch viel Potenzial, da er im<br />

Vergleich zu Asien hinsichtlich Wirtschaftskraft<br />

und Einwohnerzahl ‚overbanked‘ ist.<br />

Schaut man in die USA ist der Bankenmarkt<br />

sogar noch mehr ‚overbanked‘ als<br />

der europäische. Insofern weisen die USamerikanischen<br />

Banken ebenfalls ein ho-<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

63


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL<br />

hes Konsolidierungspotenzial auf. Falls sie<br />

schneller oder umfangreicher reagieren,<br />

können die europäischen Banken bei Rentabilität<br />

und Effizienz noch weiter abhängt<br />

werden.<br />

Chancen für europäische Banken bei<br />

Digitalisierung und Nachhaltigkeit<br />

Laut der Studie können die Personalkosten,<br />

Regulierung und Geschäftsmodell<br />

die Unterschiede bei Cost-Income-Ratio<br />

und Return on Equity jedoch nicht vollständig<br />

erklären. Ein weiterer Grund ist<br />

laut Studienautoren eine stärkere Digitalisierung<br />

der Banken in den USA und Asien.<br />

Die Transformation ist dort bereits weiter<br />

vorangeschritten als Europa und infolgedessen<br />

sind die Banken effizienter und<br />

können mit neuen digitalen Produkten und<br />

Geschäftsmodellen einen höheren Return<br />

on Equity erzielen.<br />

Hinsichtlich Digitalisierung haben die europäischen<br />

Banken immer noch ein riesiges<br />

Aufholpotenzial. Viele IT-Infrastrukturen<br />

sind veraltet und durch die vermehrte<br />

Quelle: © ASDF - AdobeStock.com<br />

Nutzung neuer Technologien können interne<br />

Prozesse optimiert und die Kundeninteraktion<br />

deutlich verbessert werden.<br />

Zudem eröffnen sich damit Möglichkeiten<br />

für neue Services und Geschäftsmodelle,<br />

wie Fintechs anschaulich zeigen. In die<br />

Zukunft gedacht, ist aus unserer Sicht<br />

zudem das Thema Nachhaltigkeit ein entscheidender<br />

Erfolgsfaktor. Die Berücksichtigung<br />

von ESG-Faktoren gewinnt bei Investoren<br />

immer mehr an Bedeutung. Eine<br />

stärkere Ausrichtung auf Nachhaltigkeit<br />

kann für die europäischen Banken zum<br />

Wettbewerbsvorteil werden. Nicht zuletzt<br />

auch als Partner für die Europäische Kommission,<br />

die im Rahmen des Green Deals<br />

Milliarden in Klimaschutz und Nachhaltigkeit<br />

investieren möchte.<br />

Autor: www.bearingpoint.com/de<br />

Banken durchlaufen Umbruch<br />

im Risikomanagement<br />

Wie die globale Studie „Risk Management<br />

2025“ der Wirtschaftsprüfungs-<br />

und Beratungsgesellschaft<br />

PricewaterhouseCoopers (PwC)<br />

ergab, befindet sich die Risikosteuerung<br />

in den Banken mitten in einem nachhaltigen<br />

Wandel. „Insbesondere die COVID-<br />

19-Pandemie hat gezeigt, dass die Herausforderungen<br />

komplexer werden und<br />

nichtfinanzielle Risiken nur unpräzise antizipiert<br />

werden können. Die Analyse der<br />

Vergangenheit bleibt, hinzu kommt mehr<br />

und mehr die Vorhersage und der Blick auf<br />

die Risiken der Zukunft.“<br />

Quelle: © m.mphoto - AdobeStock.com<br />

Dies führt zu einer umfassenden Transformation<br />

im Risikomanagement selbst, als<br />

auch der Organisation und Integration in<br />

das Geschäftsmodell einer Bank. Für die<br />

Studie wurden insgesamt 1500 Datenpunkte<br />

ausgewertet und Vertreter:innen<br />

von 60 internationalen Banken befragt.<br />

Nichtfinanzielle und übergreifende<br />

Risiken im Blick<br />

Wesentliche Herausforderungen sehen<br />

die befragten 80 Senior Risk Professionals<br />

dabei in einem stärkeren Augenmerk<br />

auf ihre operative Resilienz und die Integration<br />

der Risiken. Etwa zwei Drittel<br />

der Banken sehen den größten Veränderungsbedarf<br />

der nächsten drei Jahre bei<br />

den nichtfinanziellen Risiken. Während die<br />

meisten Banken die Abdeckung nichtfinanzieller<br />

Risiken erweitern und weiterhin<br />

64 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL I FinanzBusinessMagazin<br />

in neue Fähigkeiten investieren, ist industrieübergreifend<br />

ein erheblicher Sprung<br />

erforderlich. Nur so können zukunftsorientierte<br />

und datengestützte Erkenntnisse<br />

gewonnen werden. Dazu zählt der Studie<br />

zufolge auch eine engere Verzahnung der<br />

Risiko- und Compliance-Funktion.<br />

Operationelle Widerstandsfähigkeit<br />

als zentrales Element<br />

Eine weitere Priorität liegt für die Banken<br />

darin, dass Risikoverantwortliche und ihre<br />

Teams innovative Ansätze entwickeln, um<br />

auf thematische und nichtfinanzielle Risiken<br />

einzugehen. Die größten Gefahren<br />

für die Bankenindustrie werden in Cyber-<br />

Risiken und ESG (jew. 77 Prozent), sowie<br />

zunehmender Regulation (62 Prozent)<br />

gesehen. Hinzukommen Fraud, Geldwäsche,<br />

oder die ständig wachsende Abhängigkeit<br />

von einem komplexen Netz aus<br />

Dritt-, Viert- und Fünftparteien. Da sich<br />

die wachsende Zahl an Risiken als schwer<br />

oder gar nicht vorhersagbar erweist, wird<br />

die operative Widerstandsfähigkeit zu<br />

einem zentralen Instrument für die Geschäftsführung.<br />

Die Branche befindet sich hier noch in<br />

einem sehr frühen Stadium der Analyse.<br />

Herausforderungen im Zusammenhang<br />

mit Daten und Infrastruktur könnten dazu<br />

führen, dass die Risiken und Chancen nicht<br />

hinreichend abgeschätzt werden können.<br />

Dies führt zu teils deutlich gesteigertem<br />

Personalbedarf für den Bereich nichtfinanzieller<br />

Risiken. So wird die Frage nach<br />

den richtigen Mitarbeiter:innen existenziell<br />

für die Institute. Konkret wird der Risikoexperte<br />

der Zukunft wahrscheinlich<br />

eine Quelle entscheidender Wettbewerbsvorteile<br />

sein, um die Einführung neuer<br />

Technologien voranzutreiben, die Risikokultur<br />

zu verbessern und Kosten zu senken.<br />

Typischerweise liegt der Anteil der<br />

Mitarbeiter:innen im Risikomanagement<br />

der befragten Institute zwischen zwei und<br />

vier Prozent der gesamten Belegschaft –<br />

häufig mit enormem Kostendruck auf die<br />

Risikoorganisation (bis zu 15 Prozent).<br />

Bei einigen Instituten liegt dieser Wert<br />

sogar bei mehr als 25 Prozent. Hier ergibt<br />

sich ein starkes Spannungsfeld, in<br />

dem Wert und Nutzen der Risikofunktion<br />

deutlich stärker herausgearbeitet werden<br />

müssen.<br />

Automatisierung und Digitalisierung<br />

geht mit großen Schritten voran<br />

Technologisch setzen die Banken zur<br />

Steuerung der Risiken verstärkt auf Big<br />

Data, künstliche Intelligenz (KI) und Machine<br />

Learning. In den vergangenen drei<br />

Jahren wurden in den Risiko- und Compliance-Funktionen<br />

zunehmend Lösungen<br />

aus dem Bereich Advanced Analytics eingeführt.<br />

Langfristig erhoffen sich die Banken<br />

durch die Digitalisierung des Risikomanagements<br />

Kostenreduktionen von bis<br />

zu 25 Prozent.<br />

„Die Digitalisierung der Risikosteuerung ist<br />

deutlich vorangeschritten. Wir beobachten<br />

signifikante Investitionen in Systeme,<br />

Tools und erweiterte Analytics-Kapazitäten<br />

über alle Linien des Three-Lines-of-<br />

Quelle: © monsitj - AdobeStock.com<br />

Defense-Modells (TLoD).“<br />

Der Aufbau dynamischer und zukunftsorientierter<br />

Szenarioanalysefunktionen, z.B.<br />

agentenbasierter und systemdynamischer<br />

Tools zur Erfassung von Kreuzrisiken und<br />

Ausreißerereignissen, wird oft erst mit<br />

künstlicher Intelligenz möglich. Dies zeigt<br />

auch die rapide Zunahme der KI-basierten<br />

Tools und Modelle, die in den Banken<br />

eingesetzt und aus Risikosicht gesteuert<br />

werden. Zahlreiche Banken haben 20, 50<br />

oder sogar mehr als 100 entsprechende<br />

Lösungen im Einsatz.<br />

Ganzheitlicher Ansatz erforderlich<br />

Risikofunktionen müssen mit der Geschäftstransformation<br />

Schritt halten, um<br />

Kostenanforderungen zu begegnen, Engpässe<br />

zu kontrollieren und eine deutliche<br />

Verbesserung der Effektivität und Effizienz<br />

voranzutreiben. Mehr als 90 Prozent der<br />

befragten Institute sehen das essenzielle<br />

Mandat der Risikofunktion darin, den Risikoappetit<br />

der Bank unabhängig zu kalibrieren<br />

bzw. übergreifend zu steuern.<br />

Autor: www.pwc.de<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

65


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL<br />

McKinsey:<br />

Banken überstehen Pandemie besser<br />

als erwartet<br />

Die globale Finanzdienstleistungsbranche<br />

hat die wirtschaftlichen<br />

Folgen der Covid-19-Pandemie<br />

besser als erwartet überstanden. Allerdings<br />

sank 2020 die Eigenkapitalrendite<br />

(RoE) auf 6,7% – mit deutlicheren Verlusten<br />

in Europa. Dabei mussten Banken<br />

ihre Renditen von 6% auf 3% halbieren.<br />

Insgesamt stehe die Branche vor einer Erholung,<br />

so der Report. Bis 2025 ist eine<br />

globale Eigenkapitalrendite zwischen 7<br />

und 12 Prozent möglich. Dies geht aus<br />

dem 11. Global Banking Annual Review<br />

der Unternehmensberatung McKinsey<br />

& Company hervor, für die weltweit 599<br />

Banken untersucht wurden.<br />

digitales Kundenerlebnis mit eingebetteten<br />

Finanzdienstleistungen, schlanke interne<br />

Prozesse und einen Fokus auf kontinuierliche<br />

Innovation.”<br />

Schwächere Institute können aufholen,<br />

aber die Zeit drängt: McKinsey-Analysen<br />

zeigen, dass zwei Drittel des während eines<br />

gesamten Konjunkturzyklus generierten<br />

Wertes, wie beispielsweise die <strong>Markt</strong>kapitalisierung,<br />

in den ersten zwei Jahren<br />

nach einer Krise geschaffen werden. “Die<br />

Geschichte zeigt, dass Institute, die in den<br />

ersten zwei Jahren nach einer Krise mutige<br />

Wachstumsschritte unternehmen, diese<br />

Gewinne in der Regel längerfristig halten<br />

können”, so Flötotto.<br />

Spezialisierte Finanzdienstleister<br />

schneiden besser<br />

ab als Universalbanken<br />

Quelle: © tippapatt - AdobeStock.com<br />

Große Divergenz zwischen<br />

Gewinnern und Verlierern<br />

“Die globale Bankenlandschaft teilt sich immer<br />

mehr in Gewinner und Verlierer”, sagt<br />

Max Flötotto, Senior Partner und Leiter der<br />

deutschen Banking Practice bei McKinsey.<br />

Nur 10% der untersuchten Finanzdienstleister<br />

verbuchten die gesamten Gewinne der<br />

Branche für sich. Die Studie zeigt die wesentlichen<br />

Ursachen für diese Divergenz:<br />

An ihrer Geografie und der Größe können<br />

Banken nur schwer kurzfristig ändern. Ein<br />

weitererer Faktor, das Geschäftsmodell,<br />

liegt aber sehr wohl in der Hand der Institute.<br />

Flötotto: “Die Gewinner aus der Branche<br />

zeigen, dass es geht. Sie vereinen ein<br />

Ein weiteres Studienergebnis: Fintechs und<br />

spezialisierte Finanzdienstleister – in den<br />

Bereichen Zahlungsverkehr, Verbraucherfinanzierung<br />

oder Vermögensverwaltung<br />

– haben durchgehend höhere Bewertungsmultiplikatoren<br />

als die meisten globalen<br />

Universalbanken. Ein Beispiel sind Payment-Anbieter,<br />

mit einem Kurs-Buchwert-<br />

Verhältnis von 8,5. “Einige Fintechs entwickeln<br />

sich innerhalb weniger Jahre von<br />

einer groben Skizze zu Unternehmen mit<br />

Bewertungen in Milliardenhöhe”, sagt Reinhard<br />

Höll, Partner im Düsseldorfer Büro von<br />

McKinsey. So haben Payment-Spezialisten<br />

zusammen mit Börsen und einigen Wertpapierfirmen<br />

mehr als 50 Prozent der 1,9<br />

Billionen Dollar <strong>Markt</strong>kapitalisierung, die<br />

die Branche seit Beginne der Pandemie hinzugewonnen<br />

hat, für sich verbucht. Finanzdienstleistungen<br />

insgesamt (einschließlich<br />

Banken, Fintechs und Spezialisten) werden<br />

mit dem 1,3-fachen des Eigenkapitalbuchwerts<br />

gehandelt, weit unter dem 3-fachen<br />

der übrigen Sektoren. Betrachtet man nur<br />

die Banken, sinken die Bewertungen auf<br />

66 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL I FinanzBusinessMagazin<br />

das 1-Fache, und die Hälfte der Akteure<br />

wird sogar unter dem Eigenkapitalwert gehandelt.<br />

Über McKinsey<br />

McKinsey ist eine weltweit tätige Unternehmensberatung,<br />

die Organisationen dabei<br />

unterstützt, nachhaltiges, integratives<br />

Wachstum zu erzielen. Wir arbeiten mit Klienten<br />

aus dem privaten, öffentlichen und<br />

sozialen Sektor zusammen, um komplexe<br />

Probleme zu lösen und positive Veränderungen<br />

für alle Beteiligten zu schaffen. Wir<br />

kombinieren mutige Strategien und transformative<br />

Technologien, um Unternehmen<br />

dabei zu helfen, Innovationen nachhaltiger<br />

zu gestalten, dauerhafte Leistungssteigerungen<br />

zu erzielen und Belegschaften<br />

aufzubauen, die für diese und die nächste<br />

Generation erfolgreich sein werden.In<br />

Deutschland und Österreich hat McKinsey<br />

Büros in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am<br />

Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart<br />

und Wien. Weltweit arbeiten McKinsey<br />

Teams inmehr als130 Städten und 65 Ländern.<br />

Gegründet wurde McKinsey 1926,<br />

das deutsche Büro 1964. Globaler Managing<br />

Partner ist seit Juli 2021 Bob Sternfels.<br />

Managing Partner für Deutschland und<br />

Österreich ist seit März 2021 Fabian Billing.<br />

Autor: www.mckinsey.de<br />

Gewinner und Verlierer des<br />

europaweiten Bankenstresstests 2021<br />

Trotz Rekordschwund an hartem Kernkapital:<br />

Der Sektor ist resilient – Analyse<br />

anhand von B2G-Empfehlungen<br />

macht Gewinner und Verlierer sichtbar<br />

A&M hat die Ergebnisse des europaweiten<br />

Bankenstresstests 2021 der Europäischen<br />

Bankenaufsichtsbehörde (EBA) analysiert<br />

und im Hinblick auf die Pillar 2 Guidance<br />

(P2G)- Empfehlungen ausgewertet. Diesen<br />

kommt in der Betrachtung von Investoren<br />

künftig hoher Stellenwert zu, da<br />

sie ein wesentlicher Faktor für Kapitalpuffer<br />

sind, die für Ausschüttungen über<br />

Dividenden und Rückkäufe zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Der P2G-Ansatz hat den Vorteil, dass er die<br />

Verbindung zwischen Kapitalschwund und<br />

Entscheidungen hinsichtlich Dividenden<br />

und Rückkäufen besser sichtbar macht.<br />

In der Analyse ergeben sich damit Gewinner<br />

und Verlierer des Bankenstresstests.<br />

Unter den größeren Banken verfügen die<br />

Credit Agricole und ING über den meisten<br />

Spielraum für Dividenden und Rückkäufe.<br />

A&M hat in einer ersten Analyse auf Basis<br />

des von der EBA erhobenen Rückgangs an<br />

hartem Kernkapital (Common Equity Tier<br />

Quelle: © metamorworks - AdobeStock.com<br />

1 – CET1) die P2G-Werte der verschiedenen<br />

Banken schätzungsweise ermittelt<br />

und kategorisiert.<br />

Die Darstellung erfolgt in einem Quadranten,<br />

der über die Achsen “P2G-Wert<br />

in %” sowie “Vorhandener Kapitalpuffer<br />

in %”, die jeweilige Kapital-Resilienz und<br />

-Flexibilität der Banken sichtbar macht.<br />

Ein hoher P2G-Wert impliziert dabei eine<br />

niedrige Kapital-Resilienz. Die Kapitalflexibilität<br />

wiederum misst sich daran, wie viel<br />

Puffer gemessen am CET1-Minimum von<br />

5,5% vorhanden sind.<br />

EBA-Stresstest beobachtet Rekordschwund<br />

an hartem Kernkapital<br />

Der Stresstest der EBA umfasst die 50<br />

größten europäischen Banken und somit<br />

etwa 70 Prozent aller Bankaktiva in der<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

67


FinanzBusinessMagazin I <strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL<br />

Eurozone. Diese werden einem wirtschaftlichen<br />

Krisenszenario unterworfen, um<br />

ihre Zuverlässigkeit und Stabilität über<br />

die kommenden drei Jahre zu simulieren.<br />

Aufgrund pandemiebedingter Ausnahmeregelungen<br />

wurde der ursprünglich für<br />

2020 geplante Stresstest auf dieses Jahr<br />

verschoben.<br />

Der Stresstest ergibt den größten bisher<br />

verzeichneten Schwund an hartem Kernkapital<br />

in einem solchen Krisenszenario.<br />

Dies ist durch die Umstände der Pandemie<br />

zu erklären. Deutschland war hierbei<br />

das Land mit dem vierthöchsten Schwund.<br />

Ein Großteil der deutschen Banken zeigte<br />

einen größeren Schwund an hartem Kernkapital<br />

verglichen mit dem letzten EBA-<br />

Stresstest aus 2018.<br />

Dennoch waren die untersuchten Banken<br />

aufgrund ausreichender Puffer sowie einer<br />

stabilen Ausgangslage in der Position, dies<br />

gut zu verkraften. Der höchste Kapitalschwund<br />

aller bisherigen Stresstests wird<br />

die Rückkehr von Dividenden und Rückkäufen<br />

nicht verhindern. In der Summe<br />

unterstreichen die Ergebnisse die hohe<br />

Resilienz des Sektors.<br />

Autor: www.alvarezandmarsal.com<br />

Vermögensverwalter in Europa<br />

wachsen deutlich langsamer als die<br />

internationale Konkurrenz<br />

Mangelnde Rentabilität und 14% Gewinneinbußen<br />

bei betrachteten Asset Managern<br />

Kleinere Vermögensverwalter mit aktiven<br />

Anlagestrategien und hohem Aktienanteil<br />

zeigen sich am profitabelsten<br />

Akquise von Vermögen durch Third-Party-<br />

Geschäfte kann Asset Managern dabei helfen,<br />

Skaleneffekte zu realisieren und Einnahmen<br />

zu steigern<br />

Zahlreiche Fusionen und Übernahmen<br />

unter den Vermögensverwaltern<br />

führen weltweit zu einem Anstieg<br />

der verwalteten Kundengelder und trieben<br />

das Wachstum der Asset-Management-<br />

Unternehmen weiter voran. Im internationalen<br />

Vergleich wachsen die US-Vermögensverwaltungen<br />

aber deutlich stärker<br />

als ihre europäischen Mitstreiter, wie die<br />

aktuelle Studie „Cost and Growth in Asset<br />

Management“ von Strategy&, der Strategieberatung<br />

von PwC, zeigt. Zwar konnten<br />

die in der Studie analysierten Asset<br />

Manager die Volumina ihrer Kundengelder<br />

in den Jahren 2018 bis 2020 um 24%<br />

steigern. Die Rentabilität der verwalteten<br />

Vermögen (AuM) sank jedoch im selben<br />

Betrachtungszeitraum ebenfalls um 24%.<br />

Dank starker Kostensenkungsmaßnahmen<br />

in den letzten Jahren verbesserte sich<br />

die durchschnittliche Cost-Income-Ratio<br />

(CIR) immerhin von 66% auf 65% – das<br />

Tempo dieses Rückgangs nimmt jedoch<br />

merklich ab. Am profitabelsten zeigen sich<br />

kleinere Vermögensverwalter mit aktiven<br />

Anlagemanagementmodellen und einem<br />

Aktienanteil von mindestens 50% – trotz<br />

deutlich höherer Kosten pro verwaltetem<br />

Vermögen.<br />

Quelle: © ipopba - AdobeStock.com<br />

Im Vergleich zum Jahr zuvor wuchs das<br />

Volumen der verwalteten Assets bei den<br />

untersuchten Vermögensverwaltern 2020<br />

um lediglich 6,6% (2019: 12%). Im Referenzindex<br />

MSCI World steigerte sich das<br />

Asset-Volumen in der gleichen Zeit um<br />

68 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


<strong>BANKING</strong> INTERNATIONAL I FinanzBusinessMagazin<br />

Quelle: © utah77 - AdobeStock.com<br />

15,9% (2019: 27,7%). Trotz Anstieg der<br />

verwalteten Vermögen und konstant niedriger<br />

Durchschnittskosten schrumpfte der<br />

Gewinn bei den betrachteten Unternehmen<br />

seit 2019 im Schnitt um 14%.<br />

„Die Konzentration auf die Kostenreduktion<br />

hat bei den Vermögensverwaltern dazu<br />

geführt, dass Investitionen in neue Geschäftsmodelle<br />

und damit auch die Chance<br />

auf Steigerungen bei den Einnahmen in<br />

den Hintergrund gerückt sind. Anhaltende<br />

Niedrigzinsen und ein averses Risikoprofil<br />

führen außerdem zu einer erheblichen<br />

Gewichtung zugunsten risikoarmer, festverzinslicher<br />

Produkte in der Vermögensallokation.<br />

Dies wirkt sich zusätzlich negativ<br />

auf Erträge und Rentabilität aus. Um<br />

auch mit höheren Kosten und gleichbleibend<br />

niedriger CIR rentabel zu arbeiten,<br />

sind jetzt ein Umdenken und eine stärkere<br />

Konzentration auf die Steigerung der Einnahmen<br />

dringend erforderlich“, kommentiert<br />

Dr. Utz Helmuth, Director bei Strategy&<br />

Schweiz.<br />

Insbesondere Captives und andere Vermögensverwalter<br />

als fester Teil einer Versicherungsgesellschaft<br />

bleiben hinter der<br />

durchschnittlichen <strong>Markt</strong>rentabilität zurück.<br />

2020 lagen die Einnahmen der Vermögensverwalter<br />

von Versicherungsunternehmen<br />

mit etwa 23,5 Basispunkten<br />

deutlich unter dem <strong>Markt</strong>durchschnitt.<br />

Im Gegensatz dazu stieg das jährliche<br />

Wachstum der verwalteten Vermögen bei<br />

Versicherungs-Asset-Managern, die Third-<br />

Party-Geschäfte akquirieren, um 2,5 Prozentpunkte<br />

stärker als bei Captives ohne<br />

die Akquise neuer Vermögenswerte durch<br />

Dritte. Auch der Gewinn vor Steuern pro<br />

100 Mrd. Euro AuM lag bei der ersten<br />

Gruppe mit 7,9 Mrd. Euro um rund 2,1<br />

Mrd. Euro höher als bei den Captives, da<br />

die zusätzlichen Kosten für die Verwaltung<br />

von Vermögenswerten Dritter durch die<br />

resultierenden Ertragssteigerungen mehr<br />

als ausgeglichen werden.<br />

Die Betreuung von Drittparteien erfordert<br />

allerdings den Aufbau neuer Berichts- und<br />

Vertriebskapazitäten für firmeneigene<br />

Vermögensverwalter. Um mit dem Third-<br />

Party- Geschäft durch organischen Aufbau<br />

profitabel zu werden, benötigen Vermögensverwalter<br />

im Durchschnitt vier bis<br />

sieben Jahre und ein AuM-Volumen zwischen<br />

25 und 75 Mrd. Euro.<br />

„Strategische Übernahmen und Joint Ventures<br />

sind wichtige Maßnahmen, um über<br />

verbesserte Skaleneffekte die Profitabilität<br />

von ertragsschwachen Vermögensverwaltern<br />

zu erhöhen. Hierbei ist ein Wachstum in<br />

den Kernkompetenzfeldern vorteilhaft. Für<br />

Vermögensverwalter von Versicherungen<br />

heißt das beispielsweise, Assets von anderen<br />

Versicherern mit ähnlich gelagertem<br />

Risiko- und Anlageprofil zu managen, etwa<br />

im Rahmen von ‚As-a-Service‘-Modellen.<br />

Darauf aufbauend können dann die Möglichkeiten<br />

einer internationalen Expansion<br />

oder die Erweiterung des Produktangebots<br />

im Rahmen einer weiterführenden Wachstumsstrategie<br />

ausgelotet werden“, resümiert<br />

Dr. Philipp Wackerbeck, Global Head<br />

of Financial Services bei Strategy&.<br />

Autor: www.strategyand.pwc.com/de<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

69


FinanzBusinessMagazin I FINTECHS<br />

Investitionen in Fintechs erreichen<br />

Rekordniveau<br />

Die weltweiten Investitionen in<br />

Start-ups aus dem Finanzbereich<br />

haben im vergangenen Jahr ein<br />

neues Rekordniveau erreicht. Das hat der<br />

„KPMG Pulse of Fintech“ ergeben, für den<br />

Daten von Pitchbook ausgewertet wurden.<br />

Demnach stieg das Volumen aller Venture<br />

Capital-, M&A- und Private Equity-Investitionen<br />

in Fintechs 2021 auf 210 Milliarden<br />

Dollar; das sind 68 Prozent mehr als 2020<br />

(125 Milliarden Dollar).<br />

Quelle: © Funtap - AdobeStock.com<br />

Massive Zuwächse<br />

bei Zahlungsverkehr, Blockchain und<br />

Krypto<br />

Besonders viel Geld floss in Start-ups aus<br />

den Bereichen Zahlungsverkehr, Blockchain<br />

und Krypto. Durch das anhaltende<br />

Interesse an Lösungen für Echtzeitüberweisungen,<br />

Embedded Finance und Open<br />

Banking verdoppelten sich die Investments<br />

im Segment Zahlungsverkehr nahezu<br />

von 29,1 Milliarden Dollar (2020) auf<br />

51,7 Milliarden im Jahr 2021. Auch junge<br />

Wachstumsunternehmen, die Produkte<br />

und Dienstleistungen rund um Blockchain<br />

und Krypto anbieten, waren vergangenes<br />

Jahr bei Investoren sehr gefragt: Sie<br />

lockten insgesamt 30,2 Milliarden Dollar<br />

an – fast sechsmal so viel wie 2020 (5,5<br />

Milliarden). Auch Cybersecurity (4,85 Milliarden)<br />

und Wealthtech (1,62 Milliarden)<br />

verzeichneten Rekordinvestitionen.<br />

Zu den größten Deals im zweiten Halbjahr<br />

2021 gehörten die 9,2 Milliarden<br />

Dollar teure Übernahme des dänischen<br />

Zahlungsabwicklers Nets durch das italienische<br />

Unternehmen Nexi, die Fusion<br />

des Cloud-Plattform-Unternehmens Calypso<br />

Technology und des Regtech-Unternehmens<br />

AxiomSL zu Adenza in den USA<br />

(3,75 Milliarden Dollar) sowie die Übernahme<br />

des japanischen Unternehmens<br />

Paidy durch PayPal (2,7 Milliarden). In den<br />

letzten sechs Monaten 2021 gab es außerdem<br />

vier VC-Finanzierungsrunden über<br />

mindestens 1 Milliarde Dollar: Darunter<br />

Generate (USA, 2 Milliarden), Nubank und<br />

Chime (Brasilien bzw. USA, jeweils 1,1<br />

Milliarden), sowie FTX (Bahamas, 1 Milliarde).<br />

Auch EMEA-Region mit neuen<br />

Höchstständen<br />

Die gesamten Fintech-Investitionen in der<br />

EMEA-Region (Europa, Naher Osten, Afrika)<br />

stiegen 2021 auf einen Rekordwert<br />

von 77 Milliarden Dollar. An der Spitze lagen<br />

die nordischen Länder (18,5 Milliarden)<br />

vor Deutschland (5,4 Milliarden) und<br />

Irland (1,6 Milliarden), gefolgt von Afrika<br />

(1,8 Milliarden) und Israel (900 Millionen).<br />

Besonders bemerkenswert waren im zweiten<br />

Halbjahr 2021 Kapitalerhöhungen von<br />

900 Millionen Dollar beim deutschen Unternehmen<br />

N26 sowie von 800 Millionen<br />

Dollar durch das britische Unternehmen<br />

Revolut.<br />

Ausblick: weiteres Wachstum<br />

Bernd Oppold, Partner bei KPMG im Bereich<br />

Financial Services: „Wir gehen davon<br />

aus, dass die Fintech-Investitionen<br />

auch <strong>2022</strong> auf hohem Niveau bleiben.<br />

Ein Großteil der Fintech-Aktivitäten in der<br />

EMEA-Region konzentrierte sich bisher auf<br />

den Bereich Direct-to-Consumer. Da viele<br />

dieser Geschäftsmodelle ausgereift sind,<br />

wird der nächste große Schub, den wir<br />

hier neben Kryptowährungen erwarten,<br />

wahrscheinlich im B2B-Bereich stattfinden,<br />

da Fintechs versuchen, systemischere<br />

Probleme anzugehen und bestehende<br />

Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre<br />

Finanzprozesse und den Wert für die Kunden<br />

zu verbessern.“<br />

Autor: home.kpmg/de<br />

70 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


DIGITALISIERUNG I FinanzBusinessMagazin<br />

Digitalisierung im Retail Banking<br />

nimmt Fahrt auf<br />

80 Prozent der Banken planen kurz- bis mittelfristig nur<br />

einen geringen Anteil ihrer Filialen zu schließen<br />

Die Studie “4th European Retail Banking<br />

Survey (2021)” von Roland<br />

Berger zeigt: Die Pandemie wird<br />

das Privatkundengeschäft nicht radikal<br />

verändern, ist aber ein wichtiger Katalysator<br />

der digitalen Transformation. Allerdings<br />

konzentriert sich die Mehrheit der<br />

europäischen Banken weiterhin lediglich<br />

auf die Digitalisierung vorhandener Produkte<br />

und Prozesse. Echte Innovationen<br />

bleiben eine Seltenheit. Das spiegelt sich<br />

auch bei den Geschäftsmodellen wider. 81<br />

Prozent der Befragten sehen sich auch in<br />

Zukunft als “Kundenexperte” und setzen<br />

sich somit in ihrer Positionierung nicht von<br />

der Konkurrenz ab. Was sich ändert, sind<br />

die Arbeitsmethoden und Mitarbeiterprofile,<br />

so die Befragung von rund 60 europäischen<br />

Retail-Banken aus 11 Ländern.<br />

“Banken mussten im Lockdown schnell reagieren”,<br />

sagt Sebastian Steger, Partner<br />

von Roland Berger. “Filialen wurden geschlossen<br />

und Mitarbeiter ins Homeoffice<br />

geschickt. Um überhaupt weiterarbeiten<br />

zu können, mussten sie digitaler arbeiten<br />

und etablierte Prozesse neu denken.” 60<br />

Prozent haben sogar neue Produkte entwickelt,<br />

um ihre Kunden auch während des<br />

Lockdowns bedienen zu können. Im Zuge<br />

dessen und zur Optimierung vorhandener<br />

Prozesse haben 64 Prozent der Studienteilnehmer<br />

auch ihre Digitalinvestitionen<br />

erhöht.<br />

Zu einem kurzfristigen, starken Wandel<br />

im europäischen Privatkundengeschäft<br />

wird es nach Ansicht der Roland Berger-<br />

Experten dennoch nicht kommen. Obwohl<br />

einige deutsche Banken einen signifikanten<br />

Filialabbau planen, beabsichtigen<br />

Banken in anderen Ländern keine ähnlich<br />

umfangreiche Reduzierung. So gehen 80<br />

Prozent der Befragten davon aus, dass<br />

kurz- bis mittelfristig nur ein geringer<br />

Anteil ihrer Filialen geschlossen wird. Ein<br />

Viertel bis zur Hälfte der Belegschaft wird<br />

jedoch auch nach der Pandemie weiterhin<br />

im Homeoffice arbeiten, glauben rund 90<br />

Prozent. Außerdem wollen über 60 Prozent<br />

agile Arbeitsbedingungen für ausgewählte<br />

Bereiche oder Projekte schaffen<br />

oder ausweiten. Dies wird die künftigen<br />

Mitarbeiterprofile stark verändern, weg<br />

vom klassischen Projektmanager hin zum<br />

Spezialisten für Data Management. “Die<br />

Pandemie wirkt also vor allem als Katalysator<br />

der digitalen Transformation und<br />

beschleunigt bereits vorhandene Trends”,<br />

so Steger.<br />

Digitaler Reifegrad steigt weiter an –<br />

innovative Technologien stehen nur<br />

selektiv auf der Agenda<br />

Mittlerweile können 90 Prozent der Befragten<br />

Konsumentenkredite schnell und<br />

fast vollständig digital abschließen. Trotz<br />

der steigenden Bedeutung von innovativen<br />

Technologien wie Künstliche Intelligenz<br />

oder Blockchain, setzen nur wenige<br />

Banken entsprechende Lösungen bereits<br />

um. “Es gibt Innovationen, bei denen<br />

wir im Vergleich zu 2017 einen Stillstand<br />

feststellen konnten”, ergänzt Steger. Und<br />

das, obwohl die internen Widerstände,<br />

vor allem personell und kulturell, gegenüber<br />

dem digitalen Wandel gesunken sind.<br />

Dennoch, das größte Umsetzungshindernis<br />

bleibt bestehen – unflexible, veraltete<br />

IT-Infrastrukturen bremsen einen schnellen<br />

Umbau aus.<br />

Trotzdem wollen europäische Banken auch<br />

in Zukunft mehr in die digitale Transformation<br />

investieren – 92 Prozent planen Budgeterhöhungen.<br />

Allerdings fließen heute<br />

bereits ca. 70 Prozent der IT-Budgets in<br />

die Aufrechterhaltung des Tagesgeschäfts<br />

und die Erfüllung regulatorischer Anforderungen,<br />

was keinen zügigen Innovationsschub<br />

verspricht.<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

71


FinanzBusinessMagazin I DIGITALISIERUNG<br />

Höhere Fragmentierung der Wertschöpfungsketten,<br />

aber kein Wechsel des Geschäftsmodells<br />

Strategisch wollen 81 Prozent auch künftig<br />

vor allem die Kundenschnittstelle besetzen<br />

– obwohl hier der Wettbewerb am<br />

größten ist. Alternative strategische Ausrichtungen<br />

werden wenig in Betracht gezogen:<br />

Nur 12 Prozent positionieren sich als<br />

Produktexperte und lediglich 7 Prozent als<br />

Technologieanbieter. Die Fragmentierung<br />

der Wertschöpfungsketten hält weiter an.<br />

Die meisten Banken lagern weiterhin aus<br />

– als top zwei Prioritäten werden die Zahlungsabwicklung<br />

(73 Prozent) und Compliance-Prozesse<br />

(49 Prozent) genannt. Ein<br />

echter Wechsel des Geschäftsmodells wird<br />

damit jedoch nicht angestrebt. “Bei vielen<br />

Banken fehlt es an einer stringenten strategischen<br />

Ausrichtung mit einer ambitionierteren<br />

Herangehensweise. Eine echte<br />

Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb<br />

ist daher kaum möglich”, so Steger.<br />

“Banken müssen die digitale Transformation<br />

zielgerichteter und auf Basis einer klaren<br />

Einschätzung der <strong>Markt</strong>entwicklungen<br />

und ihrer eigenen Ressourcen vorantreiben.<br />

Ist die Richtung bestimmt, sollten sie<br />

noch umfassendere Schritte angehen hinsichtlich<br />

der Nutzung neuer Technologien<br />

und des Umbaus der aktuellen Produkte,<br />

Prozesse und Organisation.”<br />

Autor: www.rolandberger.com<br />

Studie von Sopra Steria und Forrester:<br />

Traditionsbanken halten sich häufiger für<br />

digital exzellent als reine Digitalbanken<br />

Digital Experience Report beim Sopra<br />

Banking Summit 2021 veröffentlicht<br />

Traditionsbanken schätzen ihre digitalen<br />

Fähigkeiten im Durchschnitt<br />

höher ein als digitale Banken. 70<br />

Prozent bieten beispielsweise nach eigener<br />

Auffassung ein gutes bis sehr gutes<br />

Kundenerlebnis. Reine Digitalbanken sind<br />

demütiger: Von ihnen halten 67 Prozent<br />

die so genannte Customer Experience für<br />

ihr Aushängeschild. Das ist ein Ergebnis<br />

einer internationalen Bankenstudie, die<br />

der Management- und Technologieberater<br />

Sopra Steria und das <strong>Markt</strong>forschungsunternehmen<br />

Forrester im Rahmen des Sopra<br />

Banking Summit 2021 veröffentlicht<br />

haben.<br />

Quelle: © fizkes - AdobeStock.com<br />

Für die Studie wurden Interviews mit<br />

mehr als 700 Führungskräften von Finanzinstituten<br />

in fast 30 Ländern zu aktuellen<br />

Prioritäten und zukünftigen Trends in der<br />

Branche geführt. Die Studie bietet einen<br />

umfassenden Überblick über den digitalen<br />

Reifegrad der Banken und ihre Innovationsagenda<br />

für die kommenden Jahre<br />

Traditionsbanken sehen sich beim<br />

Kundenerlebnis gut aufgestellt<br />

Ein zentrales Ergebnis der Befragung: Führungskräfte<br />

etablierter Banken schätzen<br />

ihre digitalen Fähigkeiten im Durchschnitt<br />

höher ein als die der digitalen Banken, und<br />

zwar in allen Bereichen. Die Ausnahme<br />

bildet die Kreditvergabe: Auf diesem Gebiet<br />

geben sich mehr digitale Banken als<br />

Traditionsinstitute Bestnoten für ihre digitalen<br />

Prozesse. „In den letzten Monaten<br />

hat der Bankensektor seine digitale Transformation<br />

sicherlich stark beschleunigt –<br />

als Reaktion auf die Pandemie sowie als<br />

Reaktion auf die neuen Standards, die Onlinebanken<br />

in der Interaktion mit Kunden<br />

gesetzt haben. Die eigentliche Aufholjagd<br />

72 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


DIGITALISIERUNG I FinanzBusinessMagazin<br />

beginnt aber erst“, sagt Martin Stolberg,<br />

Leiter des Geschäftsbereichs Banking bei<br />

Sopra Steria.<br />

Auf die Frage nach ihren Fähigkeiten, Kunden<br />

zu begeistern, ergab die Umfrage,<br />

dass 70 Prozent der traditionellen Banken<br />

ihre Fähigkeiten als gut oder ausgezeichnet<br />

bewerten. Zum Vergleich: 67 Prozent<br />

der Digitalbanken betrachten sich als exzellente<br />

„Kundenbegeisterer“. Forrester<br />

hebt in der Studie hervor: „Die Studie hat<br />

gezeigt, dass Banken ihre Fähigkeiten in<br />

Bereichen wie dem Kundenerlebnis überschätzen<br />

- aber die Herausforderungen<br />

unterschätzen, denen sie sich stellen müssen,<br />

wenn sich der <strong>Markt</strong> in Richtung einer<br />

ökosystemorientierten Zusammenarbeit<br />

verschiebt.“<br />

Innovationsfähigkeit hat Priorität,<br />

allerdings nicht in Deutschland<br />

Die Studie zeigt darüber hinaus, dass bei<br />

72 Prozent der Banken weltweit die Fähigkeit<br />

zur Innovation und die Verbesserung<br />

digitaler Produkte und Dienstleistungen an<br />

erster Stelle steht. 85 Prozent planen, in<br />

neue Technologien zu investieren. Das Internet<br />

der Dinge (85 Prozent), Künstliche<br />

Intelligenz (87 Prozent) und Datensicherheit<br />

(88 Prozent) werden als die kommenden<br />

großen Investitionsfelder angesehen.<br />

Ein Ergebnis, das für digitale und traditionelle<br />

Banken gleichermaßen zutrifft.<br />

In Deutschland setzen Entscheider im<br />

Vergleich zum internationalen Durchschnitt<br />

andere Prioritäten. Bei 82 Prozent<br />

der Traditionsinstitute steht das Senken<br />

von Kosten ganz oben auf der Agenda,<br />

im Vergleich zu 65 Prozent weltweit. Ähnlich<br />

wichtig sind die Umsetzung regulatorischer<br />

Vorgaben sowie Effizienz- und<br />

Produktivitätsinitiativen. Anders die so genannten<br />

Herausfordererbanken: Sie setzen<br />

voll auf ihre Innovationsfähigkeit. Sie<br />

wollen Angebote verbessern und so ihre<br />

Relevanz im lokalen Bankenmarkt steigern.<br />

Digitalbanken nutzen zudem Corporate<br />

Social Responsibility als strategisches<br />

Instrument, das Vertrauen der Kunden zu<br />

stärken.<br />

Der deutsche Bankensektor verändert sich<br />

gerade massiv. Wenn sich dieser Trend<br />

fortsetzt, könnten die etablierten Banken<br />

in Deutschland für die deutsche Wirtschaft<br />

und Gesellschaft immer weniger relevant<br />

werden. „Das muss nicht so kommen. Die<br />

gesamte Branche war in der Lage, sich<br />

während der Pandemie schneller als je zuvor<br />

anzupassen und neue Wege zu finden,<br />

um mit Kunden in Kontakt zu treten, sie<br />

zu unterstützen und gleichzeitig die Back-<br />

Office-Abläufe zu überdenken. Nun müssen<br />

traditionelle Bankhäuser zeigen, mehr<br />

noch als digitale, dass sie diesen Innovationsgeist<br />

beibehalten können“, sagt Martin<br />

Stolberg von Sopra Steria.<br />

Digitale Ökosysteme:<br />

Banken räumen Schwierigkeiten ein<br />

In dem Maße, wie sich Technologien weiterentwickeln,<br />

gewinnen Partner und die<br />

Zusammenarbeit mit ihnen signifikant an<br />

Bedeutung: vom Know-how-Aufbau bis<br />

zur Integration neuer Technologien.<br />

Die Bedürfnisse der Banken unterscheiden<br />

sich auf diesem Gebiet: Für<br />

traditionelle Banken steht die Unterstützung<br />

bei Sicherheits- und Compliance-<br />

Fragen im Fokus (67 Prozent). Digitale<br />

Banken suchen vor allem Partner, die ihnen<br />

Komfort in Form sofort einsatzbereiter<br />

Lösungen (65 Prozent) bieten, Cloudbasierte<br />

Dienste (64 %) zur Verfügung<br />

stellen und den Zugang zu Open Finance<br />

(63 Prozent) öffnen.<br />

Open Banking ist für 72 Prozent der befragten<br />

Führungskräfte ein Wachstumstreiber<br />

mit Priorität. Alle Akteure sind sich allerdings<br />

einig, dass sie die Erträge auf dem<br />

Gebiet nicht im Alleingang erwirtschaften,<br />

sondern auf ihr Partner-Ökosystem angewiesen<br />

sind. 67 Prozent von ihnen planen,<br />

die Open-Finance-APIs für den Entwicklerbedarf<br />

ganz oder teilweise auszulagern.<br />

Darüber hinaus planen 62 Prozent der<br />

Banken, ihre Open-Banking-Compliance-<br />

Prozesse an Partner abzugeben.<br />

Der Forrester-Bericht zeigt: „Obwohl<br />

die meisten Befragten die Bedeutung<br />

erkannt haben, gaben sie an, dass<br />

ihre Unternehmen Schwierigkeiten bei<br />

der Entwicklung ökosystembasierter Geschäftsmodelle<br />

haben. Die größten Herausforderungen<br />

sind die Informationssicherheit<br />

und das Datenmanagement.<br />

Andere Probleme waren eher spezifisch<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

73


FinanzBusinessMagazin I DIGITALISIERUNG<br />

für kollaborative Ökosysteme: die Einholung<br />

der Zustimmung der Kunden, die Integration<br />

bestehender Technologien und<br />

die Einbeziehung neuer Dienste auf skalierbare<br />

und effektive Weise. Die fehlende<br />

Kompetenz, diese Schwierigkeiten zu meistern,<br />

schadet der Bedeutung der Banken<br />

in den Ökosystemen der Kunden.“<br />

Sicherheit ist eine Herausforderung<br />

der gesamten Branche<br />

Datensicherheit, Cybersicherheit und Informationsaustausch<br />

gehören sowohl für<br />

digitale als auch für traditionelle Banken<br />

zu den wichtigsten Aufgaben. 40 Prozent<br />

der traditionellen Banken und 38 Prozent<br />

der digitalen Banken sehen die Datensicherheit<br />

als die größte Herausforderung<br />

an, ebenso wie Cybersicherheit. Ein Drittel<br />

der Banken will ihre Datensicherheit<br />

verstärken – allerdings gibt es regionale<br />

Unterschiede: 19 Prozent in Europa, 63<br />

Prozent in Nordamerika und 47 Prozent in<br />

Asien. Zudem hat das Thema einen größeren<br />

Stellenwert bei Banken mit einem<br />

hohen digitalen Reifegrad (52 Prozent).<br />

Sicherheit hat somit für alle Akteure eine<br />

Priorität, die jedoch nicht ohne Hilfe von<br />

außen angegangen werden kann. Wenn<br />

die Banken die Kontrolle über digitale<br />

Technologien behalten wollen, suchen<br />

sie nach Anbietern in allen Bereichen der<br />

neuen Technologien, um Sicherheitsfragen<br />

gemeinsam anzugehen.<br />

Autor: www.soprasteria.de<br />

Europäische Banken müssen<br />

bei KI-Nutzung aufholen<br />

Mit einer gesamtheitlichen langfristigen Strategie können<br />

Banken den Rückstand wettmachen<br />

Weltweit verzichtet kaum noch<br />

eine größere Bank auf den Einsatz<br />

künstlicher Intelligenz (KI)<br />

bei einzelnen Anwendungen. Chatbots,<br />

Virtual Agents, intelligente 360-Grad-Kundenplattformen<br />

oder automatisierte Prozesse<br />

im Risikomanagement und bei der<br />

Kreditvergabe sind dafür deutlicher Beleg.<br />

Doch nur die wenigsten Häuser verfolgen<br />

eine einheitliche Strategie, verfügen<br />

über entsprechende Ressourcen und nutzen<br />

sämtliche Möglichkeiten des maschinellen<br />

Lernens sowie der Automatisierung<br />

menschlicher Denkprozesse entlang ihrer<br />

Wertschöpfungskette. Dies zeigt eine aktuelle<br />

Analyse von mehr als 40 führenden<br />

Banken in Europa, Nordamerika und im<br />

asiatisch-pazifischen Raum, die die internationale<br />

Unternehmensberatung Bain &<br />

Company durchgeführt hat.<br />

Zweifelsohne verfügen die beteiligten europäischen<br />

Banken, darunter auch namhafte<br />

deutsche und Schweizer Anbieter,<br />

Quelle: © m.mphoto - AdobeStock.com<br />

mittlerweile über eine gewisse Erfahrung<br />

beim KI-Einsatz. Doch nur ein Europäer<br />

zählt zu den Top-Instituten auf diesem Gebiet.<br />

Dagegen dominieren die großen US-<br />

Häuser in der Gruppe der Vorreiter (Abbildung).<br />

„Viele europäische Banken agieren<br />

noch sehr zögerlich und hinken damit den<br />

US-Instituten hinterher, die inzwischen<br />

zum Teil einen mehrjährigen Vorsprung<br />

74 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


DIGITALISIERUNG I FinanzBusinessMagazin<br />

haben“, stellt Dr. Christian Westermann,<br />

Expert Partner bei Bain und KI-Experte,<br />

fest. „Dadurch könnte speziell das Firmenkundengeschäft<br />

der europäischen Häuser<br />

in Gefahr geraten, da hier ein globaler<br />

Wettbewerb herrscht.“ Gerade in diesem<br />

hart umkämpften <strong>Markt</strong> wissen die US-<br />

Banken durch den konsequenten Einsatz<br />

künstlicher Intelligenz mehr über die Bedürfnisse<br />

ihrer Kundschaft und können so<br />

Angebote rascher unterbreiten und individueller<br />

gestalten. Zudem profitieren sie<br />

von einem höheren Automatisierungsgrad<br />

ihrer Prozesse.<br />

Ansprüche der Kundschaft wachsen<br />

Mittelfristig wird eine unzureichende Nutzung<br />

dieser Technologie auch zulasten des<br />

Retail-Geschäfts gehen. „Die Corona-Krise<br />

hat die Akzeptanz von KI-gestützten Tools<br />

wie virtuellen Agenten bei der Kundschaft<br />

deutlich erhöht“, betont Bain-Partner Dr.<br />

Florian Mueller, Leiter der Praxisgruppe<br />

Advanced Analytics in der Region Europa,<br />

Mittlerer Osten und Afrika (EMEA)<br />

und Experte für Financial Services. „Durch<br />

Onlinebestellungen und -interaktionen in<br />

anderen Branchen haben Privatkundinnen<br />

und -kunden zudem gelernt, wie schnell<br />

und einfach digitale Prozesse funktionieren<br />

können. Sie erwarten ein solches<br />

Angebot nun auch zunehmend von ihrer<br />

Hausbank, andernfalls schauen sie sich<br />

nach Alternativen um.“<br />

Das höhere Anspruchsniveau reicht bis<br />

hin zu einem reibungslosen 24-Stunden-<br />

Service an sieben Tagen in der Woche. So<br />

hat in den USA beispielsweise der virtuelle<br />

Agent Erica der Bank of America nach<br />

eigenen Angaben bereits Millionen von<br />

Anfragen effizient beantwortet. „Banken<br />

müssen im digitalen Zeitalter rund um die<br />

Uhr erreichbar sein und eine hohe Servicequalität<br />

bieten, ohne dass die Kosten<br />

in die Höhe schnellen“, so Mueller.<br />

Höhere Produktivität und<br />

mehr Servicequalität sicherstellen<br />

In erster Linie sehen europäische Kreditinstitute<br />

den KI-Einsatz derzeit als Möglichkeit,<br />

rasch Kosten zu senken. Doch<br />

dies greift zu kurz. „Künstliche Intelligenz<br />

ist eine der effektivsten Antworten auf<br />

die fundamentalen Herausforderungen<br />

der Banken in diesem Jahrzehnt“, erklärt<br />

Branchenspezialist Westermann. Institute<br />

könnten so über digitale Kanäle personalisiert<br />

zu jeder Zeit und an jedem Tag mit<br />

Kundinnen und Kunden interagieren und<br />

sie wieder stärker binden. Zugleich ließen<br />

sich mit dieser Technologie Risiken besser<br />

erkennen, quantifizieren und überwachen.<br />

Kostenvorteile ergeben sich für Banken<br />

in zweifacher Hinsicht. Zum einen erhöht<br />

sich durch die Automatisierung sowie die<br />

ständige Erreichbarkeit ihre Produktivität.<br />

Zum anderen kann mit künstlicher Intelligenz<br />

die Servicequalität gesteigert werden<br />

– durch ständiges Weiterlernen und<br />

Einbeziehung aller verfügbaren Informationsquellen.<br />

Durch KI transformierte Prozesse<br />

können teilweise um über 80 Prozent<br />

effizienter gestaltet werden. Banken,<br />

die künstliche Intelligenz systematisch<br />

und strategisch nutzen, werden deshalb<br />

den anderen Instituten in puncto Kundenzufriedenheit<br />

und Kosteneffizienz voraus<br />

sein.<br />

Umdenken und schnelles Handeln<br />

erforderlich<br />

Noch aber sind es lediglich einzelne KI-<br />

Anwendungen, denen sich europäische<br />

Häuser verschreiben. Unternehmensweit<br />

einheitliche Ziele, eine abteilungsübergreifende<br />

langfristige Strategie sowie deren<br />

konsequente Umsetzung fehlen bislang.<br />

Genau dort aber müssen die Banken<br />

ansetzen, wollen sie das volle Potenzial<br />

der Technologie heben und Investitionen<br />

gezielt tätigen. „Die Strukturierung und<br />

Priorisierung der einzelnen Initiativen im<br />

Rahmen einer klaren Strategie ist der<br />

Schlüssel zum Erfolg beim Einsatz künstlicher<br />

Intelligenz“, ist Bain-Expert-Partner<br />

Westermann überzeugt.<br />

Bestes Beispiel dafür ist die vielerorts<br />

bereits begonnene Automatisierung der<br />

Kreditvergabe. Statt unabgestimmt Initiativen<br />

in den verschiedenen Geschäftsbereichen<br />

voranzutreiben, gilt es, sich im<br />

ersten Schritt auf eine Technologie, eine<br />

Plattform und eine Datenbasis zu verständigen<br />

sowie alles institutsweit unter Einbindung<br />

von Risikomanagement und Compliance<br />

zu installieren. Im zweiten Schritt<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

75


FinanzBusinessMagazin I DIGITALISIERUNG<br />

ist es den einzelnen Geschäftsbereichen<br />

dadurch möglich, gezielt wertschaffende<br />

Prozesse sowie eventuell auch das Pricing<br />

zu automatisieren. So sind Banken<br />

dann in der Lage, Kundinnen und Kunden<br />

binnen 24 Stunden einen passenden Kredit<br />

anzubieten und abzuschließen. Heute<br />

dauert dieser Prozess zum Teil noch Tage,<br />

wenn nicht gar Wochen.<br />

KI-Spezialist Westermann mahnt vor diesem<br />

Hintergrund zu raschem Handeln:<br />

„Künstliche Intelligenz wird für die Banken<br />

in Europa und insbesondere in der<br />

DACH-Region zum Katalysator für den<br />

tiefgreifenden Wandel, der sich in ihren<br />

Geschäftsmodellen vollzieht. Je früher ein<br />

Haus tätig wird und sich systematisch mit<br />

KI auseinandersetzt, desto eher kann es<br />

sich einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung<br />

verschaffen.“ Dieser beruhe auf<br />

den Skaleneffekten, die sich durch die<br />

wachsende Erfahrung ergäben, aber auch<br />

auf einer höheren Kundenzufriedenheit<br />

sowie einer wachsenden Rendite. Und<br />

Bain-Partner Mueller fügt hinzu: „Mit KI<br />

werden die Karten in der globalen Bankenlandschaft<br />

neu gemischt.“<br />

Autor: www.bain.com/de<br />

Ein Blick in die Zukunft:<br />

So entwickelt sich das digitale<br />

Banking in Deutschland<br />

Jede/r zehnte Deutsche verfügt bereits<br />

über ein Konto bei einer filiallosen Digitalbank<br />

– das ergab eine neue repräsentative<br />

Studie von der mobilen Bank<br />

N26 und der Beratungsgesellschaft Accenture.<br />

Damit hinkt Deutschland im europäischen<br />

Vergleich aktuell zwar noch hinterher<br />

(in Frankreich beispielsweise verfügt<br />

jede fünfte Person bereits über ein Konto<br />

bei einer Onlinebank), die Studie ergab allerdings<br />

auch, dass sich über die Hälfte der<br />

Deutschen (54 %) den Wechsel zu einer<br />

Digitalbank gut vorstellen kann. Die Studie<br />

zeigt außerdem, dass Europa im globalen<br />

Vergleich aktuell noch das Schlusslicht bildet,<br />

die westeuropäischen Länder jedoch<br />

langsam aber stetig aufholen. So stieg die<br />

Anzahl an KundInnen von Onlinebanken<br />

seit 2018 in Deutschland um 35 %, in der<br />

Schweiz um 82 %, in Spanien um 44 %, in<br />

Belgien um 30 %, in Italien um 28 % und<br />

in den Niederlanden um 20 %.<br />

Die Zukunft des digitalen Bankwesens ist<br />

laut der Studienergebnisse nicht nur vielversprechend,<br />

sondern wird mit Blick auf<br />

den Kundenstamm auch vielfältiger. Besonders<br />

unter der weiblichen Kundschaft erfreuen<br />

sich digitale Banken immer größerer<br />

Beliebtheit – und schaffen so erstmals Ansätze<br />

eines ausgeglichenerem Geschlechterverhältnisses.<br />

Ähnlich verhält es sich mit<br />

dem Alter der KundInnen: waren digitale<br />

Banken bisweilen doch besonders unter<br />

den jüngeren Generationen beliebt, zeigen<br />

die Zahlen für Europa nun eine Veränderung.<br />

In Italien ist beinahe jede/r zweite<br />

DigitalbankkundIn 45 Jahre alt oder älter<br />

(45 %). Ähnlich sieht es in Frankreich aus,<br />

wo der Anteil an über 55-jährigen DigitalbankkundInnen<br />

mit 20 % genauso groß ist<br />

wie jener von den 18 und 24-jährigen.<br />

Für mehr als zwei Drittel der Befragten<br />

(65 %) ohne Onlinekonto ist das Leistungsversprechen<br />

ausschlaggebend für<br />

den Wechsel zu einer Digitalbank. Ein solches<br />

Angebot beinhaltet gemäß den befragten<br />

VerbraucherInnen eine einfache<br />

und bequeme Nutzung der App und Website,<br />

nutzerzentrierte Funktionen, eine<br />

klare und einfache Kommunikation und<br />

Sprache sowie ein gutes Preis-Leistungs-<br />

Verhältnis.<br />

Autor: www.n26.com<br />

76 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


DIGITALISIERUNG I FinanzBusinessMagazin<br />

Strategieausblick:<br />

Banken entdecken Automatisierung<br />

als Ertragsbringer<br />

Jede zweite Bank in Deutschland investiert<br />

massiv in automatisierte<br />

Geschäftsprozesse. Die Strategie ist<br />

mittlerweile so wichtig wie Neukundenakquise<br />

und wird in den Chefetagen nicht<br />

mehr nur als Mittel zum Kostensparen<br />

betrachtet. Das ergibt die Studie „Branchenkompass<br />

Banking 2021“ von Sopra<br />

Steria, für die 100 Entscheiderinnen und<br />

Entscheider befragt wurden.<br />

Banken treiben die Automatisierung von<br />

Geschäftsprozessen bereits seit Jahren voran,<br />

vorrangig bei vielen internen betrieblichen<br />

Abläufen. Jedes fünfte Institut nutzt<br />

beispielsweise robotergesteuerte Prozessautomatisierung<br />

(RPA), jedes dritte plant<br />

Investitionen bis 2023. Softwareroboter<br />

unterstützen heute unter anderem im IT-<br />

Helpdesk beim Zurücksetzen und Erneuern<br />

des vergessenen Computerpassworts<br />

sowie beim Abgleichen von Listen. Die<br />

Mehrheit der Institute in Deutschland hält<br />

das Effizienzpotenzial längst nicht für ausgeschöpft.<br />

70 Prozent der befragten Entscheiderinnen<br />

und Entscheider sehen in<br />

der Automatisierung den größten Stellhebel,<br />

um Prozesskosten einzusparen.<br />

Automatisierung<br />

soll den Unterschied machen<br />

Parallel möchte die Branche die positiven<br />

Erfahrungen bei ihren Kunden wiederholen.<br />

Die Ziele sind, schneller zu sein als<br />

andere Anbieter, Kunden ein besseres<br />

Erlebnis zu bieten und damit Erträge zu<br />

erzielen. Sofortkredite und Online-Kontoeröffnung<br />

sind zwar verbreitet, die Automatisierung<br />

endet allerdings häufig nach<br />

dem Antrag oder einer Vorabzusage. Das<br />

soll sich künftig ändern.<br />

„In den kommenden zwei Jahren werden<br />

Banken im Vorteil sein, die ihre IT-Systeme<br />

mithilfe von RPA, antrainierten Regeln und<br />

einer Datenstrategie mit einer gewissen<br />

Entscheidungskompetenz ausstatten – kontrolliert<br />

vom Menschen“, sagt Tobias Keser,<br />

stellvertretender Leiter des Geschäftsbereichs<br />

Banking bei Sopra Steria. Der Unternehmensberater<br />

sieht allerdings das Risiko,<br />

dass Banken technologisch zu einseitig<br />

agieren. „Um Erträge mit Automatisierung<br />

zu erzielen, ist es wichtig, die Disziplinen<br />

Data Analytics, RPA und Künstliche Intelligenz<br />

zusammen einzusetzen“, so Keser.<br />

Quelle: © terovesalainen - AdobeStock.com<br />

Banken profitieren von Fintechs<br />

Einige Institute nehmen diese komplexe<br />

Aufgabe bereits in Angriff. Beispiel Baufinanzierung:<br />

Die MünchenerHyp ist Pilotbank<br />

bei der Kreditplattform Interhyp,<br />

einer Tochter der ING Bank. Die Sparda-<br />

Bank Baden-Württemberg kooperiert mit<br />

Hypoport. Beide Plattformen arbeiten an<br />

einem digitalisierten und automatisierten<br />

Prozess für Immobilienkredite, der nicht<br />

nur den Antrag, sondern auch die Kreditentscheidung<br />

einschließt.<br />

Die MünchenerHyp bietet ihren Baufinanzierungskunden<br />

zudem digitale Selfservices<br />

über das Portal meindarlehen.de an.<br />

Kunden können Adressen im Alleingang<br />

ändern, Tilgungssätze anpassen und einen<br />

Schuldnerwechsel auslösen. Das Institut<br />

hat insgesamt 13 Prozesse definiert,<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

77


FinanzBusinessMagazin I DIGITALISIERUNG<br />

an deren Automatisierung die Bank arbeitet.<br />

Andere Banken wie die Neobank Penta<br />

bieten Geschäftskunden zudem automatisierte<br />

Buchhaltungsprozesse und eine Anbindung<br />

an externe Plattformen wie Datev<br />

und Lexoffice.<br />

Die Initiativen zeigen, dass Banken sich<br />

verstärkt mit industrialisierten Geschäftsprozessen<br />

und Expertise in die Ökosysteme<br />

ihrer Kunden integrieren – vor allem<br />

im Firmenkundengeschäft. Die Studie<br />

bestätigt den Trend: 45 Prozent der befragten<br />

Institute haben eigene Abläufe und<br />

Produkte an die Prozesse von Firmenkunden<br />

angebunden. 74 Prozent dieser Banken<br />

verfolgen das Ziel Kreditautomatisierung.<br />

Das Szenario der vollautomatisierten Bank<br />

in der Beratung sieht die Mehrheit der befragten<br />

Entscheiderinnen und Entscheider<br />

nicht. Nur 38 Prozent glauben, dass künftig<br />

immer mehr Kunden komplett automatisierte<br />

digitale Beratungsangebote nachfragen.<br />

Autor: www.soprasteria.de<br />

Europas erste Internetbank macht<br />

Schluss<br />

Die Netbank, 1999 als erste reine Internetbank<br />

in Hamburg gegründet,<br />

wird Ende <strong>2022</strong> ihren Geschäftsbetrieb<br />

einstellen. Sieben Sparda-Banken<br />

hatten sie gegründet, um dem aufkommenden<br />

Internetbanking mehr Schwung<br />

zu verleihen. Ihr Glanzstück war ein mit<br />

bis zu 3,0 Prozent verzinstes Girokonto.<br />

2004 hatte sie 50.000, 2008 schon<br />

100.000 und 2014 sogar 155.000 Kunden.<br />

Neben dem kostenlosen Girokonto liebten<br />

die Kunden die günstigen Onlinekredite<br />

sowie die günstige Fondspalette.<br />

2007 übernahm die Landesbank Berlin<br />

das Institut. 2015 fusionierte sie mit der<br />

Augsburger Aktienbank und verlor ihre<br />

Selbstständigkeit. Seitdem kehrten ihr immer<br />

mehr Kunden den Rücken. Das lag an<br />

Preiserhöhungen, aber auch an der Umstellung<br />

des Onlinebankings auf das System<br />

der Augsburger Aktienbank.<br />

Mit ihrer Gründung 1963 – damals noch<br />

als Absatz-Kreditbank – nimmt die Augsburger<br />

Aktienbank wiederum für sich in<br />

Anspruch, die älteste Direktbank der Welt<br />

zu sein. Bis heute setzt sie bei ihren Geschäften<br />

auch auf das Telefon und nicht<br />

ausschließlich auf das Internet. Von daher<br />

darf sich die Netbank zu Recht als Pionier<br />

des Onlinebankings bezeichnen.<br />

Die Augsburger Aktienbank gehört seit<br />

2002 zur LVM Versicherungsgruppe, Münster.<br />

Die Westfalen verloren zunehmend<br />

das Interesse am Banking und verkauften<br />

Teile ihrer Banktochter. So ging das florierende<br />

Wertpapiergeschäft jüngst an Ebase.<br />

Der Rest scheint unverkäuflich. Daher<br />

schließt die älteste Direktbank Ende <strong>2022</strong><br />

und nimmt die älteste Internetbank gleich<br />

mit ins Grab.<br />

Autor: www.biallo.de<br />

Quelle: © Funtap - AdobeStock.com<br />

78 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


DIGITALISIERUNG I FinanzBusinessMagazin<br />

Test:<br />

Online-Banking bei Filialbanken 2021<br />

An Direktbanken, Online-Broker und<br />

zahllose weitere Fintechs denken<br />

viele zuerst, wenn es um online abgewickelte<br />

Finanzgeschäfte geht. Dabei<br />

zählt Online-Banking auch bei Filialbanken<br />

oft zum Standard-Repertoire. Welche Anbieter<br />

hier in puncto Konditionen, Service<br />

und Sicherheit gut aufgestellt sind, zeigt<br />

der Test des Deutschen Instituts für Service-Qualität,<br />

welches 15 regionale und<br />

überregionale Filialbanken untersucht hat.<br />

Kostenvergleich empfehlenswert<br />

Die Online-Konditionen der Filialbanken<br />

weisen deutliche Unterschiede auf. Bei<br />

den 15 untersuchten Instituten betragen<br />

zum Beispiel die Jahresgebühren für das<br />

Girokonto inklusive Kreditkarte zwischen<br />

null und fast 110 Euro. Die Effektivzinsen<br />

beim Ratenkredit reichen je nach Betrag<br />

und Kreditgeber von 1,99 Prozent bis zu<br />

4,49 Prozent. Und auch beim Brokerage<br />

ist ein Vergleich ratsam: So ist bei Online-<br />

Aktienorders in allen untersuchten Fällen<br />

eine Ersparnis von über 75 Prozent möglich.<br />

Wenig erfreulich aus Kundensicht:<br />

Nur ein Drittel der 15 Filialbanken verfügt<br />

in allen drei Produktbereichen – Zahlungsverkehr,<br />

Ratenkredit und Brokerage – über<br />

ein entsprechendes Angebot.<br />

Sichere Legitimationsverfahren<br />

Der Online-Service verfehlt insgesamt nur<br />

knapp ein sehr gutes Resultat – die Internetauftritte<br />

punkten mit einem hohen<br />

Informationsgehalt und erweisen sich als<br />

nutzerfreundlich. Überzeugen können fast<br />

alle untersuchten Filialbanken auch im Bereich<br />

Sicherheit im Internet: Die Kunden<br />

haben hier die Wahl zwischen verschiedenen<br />

Legitimationsverfahren – darunter<br />

in der Regel auch mindestens ein Verfahren,<br />

das nach aktuellen Sicherheitsstandards<br />

als besonders sicher eingestuft wird.<br />

Markus Hamer, Geschäftsführer des Deutschen<br />

Instituts für Service-Qualität, bilanziert:<br />

“Wer bei seiner Filialbank auf einen<br />

umfangreicheren Service mit Beratung<br />

vor Ort verzichten kann, sollte die Online-<br />

Banking-Angebote prüfen. Diese sind gegenüber<br />

den regulären Filialkonditionen<br />

oft attraktiver.”<br />

Die besten Filialbanken im Test<br />

Testsieger ist die Targobank (Qualitätsurteil:<br />

“sehr gut”), die sich mit sehr guten<br />

Ergebnissen in allen Untersuchungsbereichen<br />

an die Spitze setzt. Überzeugend<br />

bei den Konditionen ist insbesondere der<br />

Zahlungsverkehr, etwa mit kostenloser<br />

Kontoführung und Kreditkarte sowie dem<br />

im Test niedrigsten Sollzins für Kontoüberziehungen.<br />

Auch im Bereich Online-<br />

Brokerage belegt die Targobank Rang eins<br />

und ist mit kostenfreier Depotführung und<br />

günstigen Aktienorders im Schnitt mehr<br />

als 70 Prozent günstiger als der jeweils<br />

teuerste Anbieter. Auch der Online-Service<br />

und die Sicherheitsaspekte erzielen<br />

ein sehr gutes Resultat.<br />

Den zweiten Rang nimmt die Sparda-Bank<br />

Hamburg ein, die sich mit dem Qualitätsurteil<br />

“gut” auch als bester regionaler Anbieter<br />

profiliert. In puncto Konditionen ist der<br />

Anbieter führend im Bereich Ratenkredit.<br />

Dazu tragen günstige Effektivzinsen mit<br />

bonitätsunabhängigem Zinssatz sowie die<br />

Möglichkeit der Vollrückzahlung vor Laufzeitende<br />

ohne Vorfälligkeitsentschädigung<br />

bei. Zudem punktet der Online-Service,<br />

etwa mit einem hohen Informationswert<br />

der Website.<br />

Rang drei belegt die Commerzbank, ebenfalls<br />

mit dem Qualitätsurteil “gut”. Im<br />

Bereich Konditionen sichert sich das Finanzinstitut<br />

sowohl im Zahlungsverkehr<br />

als auch beim Online-Brokerage eine<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

79


FinanzBusinessMagazin I DIGITALISIERUNG / ZAHLUNGSVERKEHR<br />

Top-3-Platzierung, unter anderem durch<br />

kostenlose Echtzeitüberweisungen. In<br />

puncto Sicherheit im Internet erzielt die<br />

Commerzbank im Vergleich zudem mit<br />

das beste Resultat.<br />

Weitere Filialbanken im Test: Berliner<br />

Sparkasse, Berliner Volksbank, Deutsche<br />

Bank, Hamburger Sparkasse, Hamburger<br />

Volksbank, Hypovereinsbank, Münchner<br />

Bank, Postbank, Santander, Sparda-Bank<br />

Berlin, Sparda-Bank München und Stadtsparkasse<br />

München.<br />

Autor: www.disq.de<br />

Quelle: © fizkes - AdobeStock.com<br />

SEPA Echtzeitüberweisung:<br />

Nutzung des innovativen Zahlverfahrens<br />

in Deutschland noch stark ausbaufähig<br />

Die SEPA Echtzeitüberweisung bringt<br />

viele Vorteile für Bankkunden. Im<br />

Gegensatz zur herkömmlichen<br />

Überweisung kann mit der SEPA Echtzeitüberweisung<br />

die Zahlung innerhalb von<br />

10 Sekunden beim Empfänger eingehen.<br />

Doch mehr als ein Drittel der Bankkunden<br />

in Deutschland und Österreich kennen<br />

dieses schnelle bargeldlose Zahlverfahren<br />

nicht.<br />

Unter den Befragten, denen die SEPA<br />

Echtzeitüberweisung bekannt ist, können<br />

rund drei Viertel dieses Zahlverfahren bei<br />

ihrer Bank nutzen. In Österreich nutzen<br />

im Verhältnis mehr Bankkunden die SEPA<br />

Echtzeitüberweisung als in Deutschland –<br />

und das über alle Altersgruppen hinweg.<br />

Je jünger der Bankkunde, umso<br />

häufiger wird die SEPA Echtzeitüberweisung<br />

genutzt<br />

In Deutschland nutzen rund zwei Drittel<br />

der jüngeren Generation der 18- bis<br />

34-Jährigen die SEPA Echtzeitüberweisung.<br />

In Österreich sind es sogar über 70<br />

Prozent, die vom schnellen Zahlverfahren<br />

Gebrauch machen. Auffällig ist der Unterschied<br />

zwischen den beiden Ländern bei<br />

der Altersgruppe 55 Jahre und älter. Während<br />

in Österreich 63 Prozent dieser Altersgruppe<br />

die SEPA Echtzeitüberweisung<br />

nutzen, sind es in Deutschland nur 44 Prozent.<br />

Hauptgrund für die Nutzung der<br />

SEPA Echtzeitüberweisung ist die<br />

Geschwindigkeit<br />

Für den überwiegenden Teil der Deutschen<br />

(76 Prozent) und Österreicher (73<br />

Prozent) ist die Geschwindigkeit ein wesentlicher<br />

Grund für die Nutzung der SEPA<br />

Echtzeitüberweisung gefolgt von Bequemlichkeit,<br />

die von 48 Prozent der Österreicher<br />

aber nur 32 Prozent der Deutschen<br />

genannt wird.<br />

Insgesamt zeigt sich, dass 18- bis 44-Jährige<br />

sehr viel stärker das Smartphone und<br />

mobile Apps für die SEPA Echtzeitüberweisung<br />

nutzen als ältere Bankkunden.<br />

Im Ländervergleich zeigt sich, dass in<br />

Deutschland der PC bzw. Laptop noch das<br />

bevorzugte Medium ist (59 Prozent), wenn<br />

es um die Nutzung der SEPA Echtzeitüberweisung<br />

geht. Das Smartphone hingegen<br />

80 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


ZAHLUNGSVERKEHR I FinanzBusinessMagazin<br />

wird nur von 48 Prozent zur Auslösung<br />

der Zahlung genutzt. In Österreich ist es<br />

umgekehrt und die mobile Affinität zur<br />

Nutzung der SEPA Echtzeitüberweisung<br />

stärker ausgeprägt. Dort nutzen mit 64<br />

Prozent mehr Menschen das Smartphone<br />

für dieses Zahlverfahren, verglichen mit<br />

56 Prozent PC- bzw. Laptop-Nutzung.<br />

Gebühren für die SEPA<br />

Echtzeitüberweisung sind in<br />

Deutschland und Österreich<br />

unterschiedlich<br />

In Deutschland geben 45 Prozent der Befragten<br />

an, dass ih re Bank für die Nutzung<br />

der SEPA Echtzeitüberweisung Gebühren<br />

berechnet. In Österreich sind dies nur 27<br />

Prozent. Mit Blick auf die Höhe der Gebühren<br />

geben nur 21 Prozent der Befragten in<br />

Österreich an, für die Nutzung der SEPA<br />

Echtzeitüberweisung mehr als 40 Cent pro<br />

Transaktion berechnet zu bekommen. Im<br />

Vergleich dazu sind es in Deutschland 33<br />

Prozent.<br />

Mögliche Ablösung der<br />

herkömmlichen Überweisung in fünf<br />

Jahren erwartet<br />

Die Umfrage zeigt, dass heute bereits<br />

rund ein Viertel der Bankkunden die SEPA<br />

Echtzeitüberweisung häufiger nutzen als<br />

die herkömmliche Überweisung. Zudem<br />

ist mit 53 Prozent die Mehrheit der Österreicher<br />

der Meinung, dass die SEPA Echtzeitüberweisung<br />

in fünf Jahren die herkömmliche<br />

Überweisung ersetzen könnte.<br />

In Deutschland sind es 45 Prozent.<br />

Christian Bruck, Partner bei Bearing-<br />

Point und Experte für das Thema Zahlungsverkehr:<br />

Die SEPA Echtzeitüberweisung<br />

wird in der deutschen Bevölkerung<br />

über alle Altersgruppen hinweg im Verhältnis<br />

weniger häufig genutzt als in Österreich.<br />

Mehr als zwei Drittel der Befragten in<br />

Deutschland würden aber die SEPA Echtzeitüberweisung<br />

bei Wegfall der Gebühren<br />

nutzen. Hier zeigt sich ein Potenzial, die<br />

Nutzung der innovativen SEPA Echtzeitüberweisung<br />

mit den vielen verbundenen<br />

Vorteilen in Deutschland zu steigern.<br />

Stefan Schütt, Leiter der RtP-Initiative<br />

bei BearingPoint:Die fortschreitende<br />

Digitalisierung des Zahlungsverkehrs wird<br />

durch Request-to-Pay weiter zunehmen.<br />

Wir gehen davon aus, dass wir mit der Invoice-to-Pay<br />

Lösung eBill, die wir gemeinsam<br />

mit unserem Partner SIX in der Eurozone<br />

etablieren werden, der Nutzung von<br />

Instant Payments einen deutlichen Schub<br />

geben, nicht zuletzt als Bezahlverfahren<br />

im eCommerce.<br />

Autor: www.bearingpoint.com/de<br />

Quelle: © eggeeggjiew - AdobeStock.com<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

81


FinanzBusinessMagazin I ZAHLUNGSVERKEHR<br />

Studie:<br />

Banken sehen ihre Hauptwettbewerber<br />

nicht mehr innerhalb, sondern außerhalb<br />

der eigenen Branche<br />

Institute befürchten bankfremde Konkurrenz auch<br />

über den Zahlungsverkehr hinaus<br />

Nur noch 15 Prozent der Banken<br />

betrachten andere Geldhäuser als<br />

ihre wichtigsten Konkurrenten. 82<br />

Prozent sehen die größte Gefahr für das<br />

eigene Geschäft durch weltweit tätige<br />

Zahlungsanbieter wie Paypal oder Klarna,<br />

66 Prozent nennen international agierende<br />

IT-Konzerne. Das zeigt die “Bankenstudie<br />

2021” des Digitalisierungs- und Innovationsexperten<br />

ti&m. Befragt wurden dafür<br />

mehr als 200 Experten aus der Finanzbranche.<br />

Quelle: © fizkes - AdobeStock.com<br />

“Die Analyse der Zukunft macht längst<br />

nicht mehr vor den Grenzen der eigenen<br />

Branche halt”, sagt Christof Roßbroich,<br />

Senior Executive bei ti&m in Frankfurt.<br />

“Denn bankfremde internationale Unternehmen<br />

drängen mit viel Dynamik in den<br />

deutschen <strong>Markt</strong> und erobern sich Stück<br />

für Stück ihren Platz.”<br />

86 Prozent der befragten Experten sind<br />

überzeugt, dass bankfremde Unternehmen<br />

über den Zahlungsverkehr hinaus<br />

eine wichtige Rolle einnehmen werden.<br />

Dies gilt auch für das Kerngeschäft der<br />

Geldhäuser: die Kreditvergabe an Privatkunden<br />

(76 Prozent) und die Geldanlage<br />

(64 Prozent). Sogar in der Vermögensverwaltung<br />

sehen 58 Prozent eine Bedrohung<br />

durch neue Wettbewerber.<br />

Der <strong>Markt</strong> wird kampflos<br />

preisgegeben<br />

“Die traditionellen Geldhäuser blicken in<br />

Schockstarre wie das Kaninchen auf die<br />

Schlange, statt ihren <strong>Markt</strong> zu verteidigen”,<br />

so der ti&m-Experte. 84 Prozent der<br />

Experten räumen ein, dass die Banken<br />

nicht aktiv genug handeln, um langfristig<br />

überlebensfähig zu sein.<br />

Damit machen sie es IT-Konzernen, Zahlungsanbietern<br />

oder Vergleichsportalen<br />

sehr einfach. Diese haben ohnehin einen<br />

Startvorteil: Sie brauchen das Bankgeschäft<br />

weniger, um damit Geld zu verdienen.<br />

Ihnen geht es vorrangig darum, Kunden<br />

auf ihre Plattformen zu bringen und<br />

zu binden. Die gesammelten Daten aus<br />

den Bankgeschäften können sie trotzdem<br />

noch über Cross Selling zu Geld machen.<br />

Klare Fokussierung auf<br />

die eigenen Stärken<br />

Die traditionellen Geldhäuser brauchen<br />

eine Strategie, die sie konsequent umsetzen.<br />

Die klare Fokussierung ist wichtiger<br />

denn je. Jedes Institut muss dabei seinen<br />

Platz im <strong>Markt</strong> finden, ob als Vertriebsbank,<br />

Produktbank oder als Transaktionsbank im<br />

Hintergrund. Roßbroich: “Dieser Weg muss<br />

jetzt eingeschlagen werden. Denn die neuen<br />

Wettbewerber verschwinden nicht wieder.<br />

Sie werden den <strong>Markt</strong> trotz scharfer<br />

Regulierung weiter angreifen.”<br />

Autor: www.ti8m.ch<br />

82 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


ZAHLUNGSVERKEHR I FinanzBusinessMagazin<br />

World Payments Report 2021:<br />

Banken müssen dringend die nächste<br />

Generation von Zahlungsdiensten<br />

einführen um im Rennen zu bleiben<br />

Deutschland wuchs das Volumen der bargeldlosen<br />

Zahlungen von 2019 auf 2020 um 8,6 Prozent<br />

Im Zahlungsverkehr beginnt eine neue<br />

Ära “Payments 4.X[1]”, die sich vor<br />

allem an den Kundenerlebnissen orientiert.<br />

Diese Entwicklung geht sowohl auf<br />

die schnellere Transformation der Branche<br />

durch COVID-19 zurück als auch auf das<br />

steigende Bedürfnis der Kunden nach digitalen<br />

Angeboten. So das Ergebnis des von<br />

Capgemini veröffentlichtem World Payments<br />

Report 2021. Die Nachfrage nach<br />

digitalen Zahlungsoptionen ist größer als<br />

je zuvor, vor allem im asiatisch-pazifischen<br />

Raum. In diesem Zusammenhang sind<br />

auch die Erwartungen an schnelle Transaktionsabwicklungen,<br />

Echtzeitüberweisungen,<br />

elektronisches Geld (E-Money),<br />

Ausfallsicherheit und an ein Kundenerlebnis<br />

mit Wow-Faktor gestiegen.<br />

Schätzungen von Capgemini die weltweiten<br />

bargeldlosen Transaktionen von 121,5<br />

Milliarden im Jahr 2020 auf fast 200 Milliarden<br />

im Jahr 2025 ansteigen.<br />

“Da inzwischen digitale Zahlungen und<br />

mobile Geldbörsen eher die Regel als die<br />

Ausnahme sind, müssen Zahlungsdienstleister<br />

Wege finden, um die Wünsche der<br />

Verbraucher nach Schnelligkeit und Benutzerfreundlichkeit<br />

zu erfüllen”, erklärt<br />

Andreas Fredrich, Experte für den Zahlungsverkehr<br />

bei Capgemini in Deutschland.<br />

“Außerdem müssen Banken ein komplementäres<br />

Partnerschafts-Ökosystem<br />

aufbauen, um mit dem schnellen Wandel<br />

Schritt zu halten und die nächste Generation<br />

des Bezahlens zu ermöglichen.”<br />

Bargeldlose Transaktionen steigen<br />

durch die nächste Generation des<br />

Zahlungsverkehrs<br />

Quelle: © everythingpossible - AdobeStock.com<br />

Fast 45 Prozent der Verbraucher verwenden<br />

häufig (mehr als 20 Transaktionen pro<br />

Jahr) mobile Geldbörsen, sogenannte Wallets,<br />

gegenüber 23 Prozent bei der Umfrage<br />

im Jahr 2020. Im Firmenkundenbereich<br />

(Business to Business) werden nach<br />

Es wird erwartet, dass die Ausgaben im<br />

Jahr 2021 gegenüber 2020 ansteigen<br />

werden und damit auch 2021 wieder bargeldlosen<br />

Transaktionen zunehmen. Sofortzahlungen,<br />

elektronisches Geld und<br />

die Zahlungsmethoden der nächsten Generation<br />

wie Buy Now Pay Later (BNPL),<br />

unsichtbare (sogenannte Invisible Payments)<br />

und biometrische Zahlungen sowie<br />

Kryptowährung, werden die Zunahme<br />

an bargeldlosen Transaktionen beschleunigen.<br />

Nach acht Jahren eines zweistelligen<br />

Wachstums verlangsamte sich der<br />

globale Anstieg an bargeldlosen Transaktionen<br />

von 16,5 Prozent im Jahr 2019<br />

auf 7,8 Prozent im Jahr 2020, was auf die<br />

zögerliche Haltung der Zahlenden bei unsicheren<br />

<strong>Markt</strong>bedingungen aufgrund der<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

83


FinanzBusinessMagazin I ZAHLUNGSVERKEHR<br />

Pandemie zurückzuführen ist. Der World<br />

Payments Report prognostiziert dennoch,<br />

dass die weltweiten bargeldlosen Transaktionen<br />

im Durchschnitt um 18,6 Prozent<br />

im Zeitraum von 2020 bis 2025 wachsen<br />

werden. Bis Ende 2025 erwartet man voraussichtlich<br />

ein Volumen von 1,8 Billionen<br />

bargeldlosen Transaktionen.<br />

In Deutschland wuchs das Volumen der<br />

bargeldlosen Zahlungen von 2019 auf<br />

2020 um 8,6 Prozent auf insgesamt über<br />

26 Milliarden Transaktionen. Den größten<br />

Anteil davon hat das Lastschriftverfahren<br />

mit 11,6 Milliarden.<br />

Quelle: © tippapatt - AdobeStock.com<br />

Die Revolution des digitalen Zahlungsverkehrs<br />

findet vor allem in der Region Asien-<br />

Pazifik statt. Bis 2025 werden in dieser<br />

Region mehr als die Hälfte der weltweiten<br />

bargeldlosen Transaktionen getätigt, was<br />

eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate<br />

von 28 Prozent im Zeitraum<br />

2020 bis 2025 darstellt. Mehr als eine<br />

halbe Milliarde Europäer geben an, dass<br />

sie im Jahr 2021 online einkaufen werden<br />

(25,5 Prozent davon grenzüberschreitend)<br />

[2]. In Europa werden der mobile Zahlungsverkehr<br />

und der grenzüberschreitende<br />

Onlinehandel an Fahrt aufnehmen. Von<br />

2020 bis 2025 geht man hier von einer<br />

durchschnittlichen Wachstumsrate von<br />

13 Prozent aus, was über 400 Milliarden<br />

bargeldlose Transaktionen im Jahr 2025<br />

darstellt. In Nordamerika wird sich das<br />

Volumen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs<br />

voraussichtlich stabilisieren, da das<br />

Wachstum bei den Kartentransaktionen<br />

stagniert und mobile Zahlungen nur langsam<br />

angenommen werden.<br />

Steigende Kundenerwartungen<br />

überfordern die bestehende<br />

Zahlungsinfrastruktur<br />

Mit der zunehmenden Verbreitung des digitalen<br />

Zahlungsverkehrs steigt die Anzahl<br />

der Transaktionen und damit die<br />

Anforderungen an die sofortige Prozessabwicklung.<br />

Dies überfordert jedoch die<br />

bestehende Zahlungsinfrastruktur. Etwa<br />

55 Prozent der befragten Führungskräfte<br />

geben an, dass die Modernisierung<br />

der Zahlungsverkehrsinfrastruktur (Implementierung<br />

von Echtzeit-Zahlungssystemen,<br />

API-Integration, ISO 20022-Migration,<br />

Cloud-Transformation) Priorität<br />

im Rahmen von Technologieinvestitionen<br />

hat. COVID-19 trieb die Digitalisierung<br />

sowohl im Privatkunden- als auch im Firmenkunden-Zahlungsverkehr<br />

voran. Die<br />

bereits bestehende Kluft zwischen Kundenzufriedenheit<br />

und den wachsenden<br />

digitalen Ansprüchen von Einzelhandelsund<br />

Firmenkunden wird nun noch größer<br />

und das Kundenengagement in der Zahlungsverkehrsbranche<br />

neu definiert. Laut<br />

World Payments Report besteht die größte<br />

Abweichung zwischen den Erwartungen<br />

der Kunden und den Prioritäten der Führungskräfte<br />

im Zahlungsverkehrsbereich<br />

beim Angebot von attraktiven Treue- und<br />

Belohnungsangeboten, im Bereich der<br />

reibungslosen Transaktionsabwicklung,<br />

beim Angebot von alternativen Zahlungsoptionen<br />

und nachhaltigen Zahlungsprodukten.<br />

Regulatoren bemühen sich um ein<br />

Gleichgewicht zwischen Innovation<br />

und Sicherheit<br />

Zahlungsverkehrsdienstleister haben von<br />

einem neuen, ausgewogenen Ansatz profitiert,<br />

der von zentralen Regulierungs- sowie<br />

Brancheninitiativen verfolgt wird und<br />

wodurch ein zahlungsfreundliches Umfeld<br />

gefördert werden soll. Erstmals seit<br />

der Beobachtung dieser zentralen Regulierungs-<br />

und Brancheninitiativen unterstützten<br />

die Regulatoren die Maßnahmen<br />

für alle Hauptziele dieser Initiativen (Risikominderung,<br />

Standardisierung, Wettbewerb<br />

und Transparenz, Innovation) in<br />

einem ausgewogenen Verhältnis. Dadurch<br />

soll das Gleichgewicht in der Zahlungsverkehrslandschaft<br />

aufrechterhalten werden.<br />

84 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


ZAHLUNGSVERKEHR I FinanzBusinessMagazin<br />

Die zentralen Regulierungs- und Brancheninitiativen<br />

entwickeln sich kontinuierlich in<br />

den Bereichen Effizienz, Kundenorientierung,<br />

Innovation und Zusammenarbeit.<br />

Indem sie gleiche Wettbewerbsbedingungen<br />

durch Antimonopolmaßnahmen<br />

und einen transparenten Datenaustausch<br />

sicherstellen, signalisieren die politischen<br />

Entscheidungsträger eine Zukunft, die<br />

dem Austausch von Daten und Dienstleistungen<br />

zwischen Finanzinstituten (dem<br />

sogenannten Open Finance) positiv gegenübersteht.<br />

Dem Report zufolge sollten<br />

sich Zahlungsverkehrsdienstleister darauf<br />

konzentrieren, von diesem Regulierungsansatz<br />

zu profitieren, während sie weiterhin<br />

Innovationen entwickeln, um die<br />

Nachfrage der Verbraucher zu befriedigen.<br />

Zahlungsunternehmen müssen<br />

sich mit Payments 4.X<br />

zukunftssicher machen<br />

Einhergehend mit einem prognostizierten<br />

Anstieg der Ausgaben von Verbrauchern<br />

und Unternehmen sowie einer zunehmenden<br />

Nutzung von nicht-traditionellen<br />

Zahlungsmethoden, werden Unternehmen<br />

zur Zukunftssicherung die Elemente von<br />

Payments 4.X verinnerlichen: Mit Daten,<br />

einer gemeinsamen Infrastruktur, Plattformfunktionen<br />

und einem eingebetteten<br />

Finanzwesen, können sie ein besseres Kundenerlebnis<br />

gewährleisten. Im Hinblick auf<br />

die Rentabilität entschieden sich die meisten<br />

befragten Führungskräfte aus Zahlungsverkehrsunternehmen<br />

für Investitionen<br />

in Dritte zur Entwicklung innovativer<br />

Angebote (52 Prozent), für die Orchestrierung<br />

eines API-basierten Ökosystems (45<br />

Prozent) und für den Übergang zu einem<br />

plattformbasierten Geschäftsmodell (45<br />

Prozent). Die erfolgreichsten Zahlungsunternehmen<br />

werden mit PayTech- und<br />

Ökosystempartnern zusammenarbeiten,<br />

um Lösungen zu entwickeln, die auf dem<br />

Kundenerlebnis und nicht auf Produkten<br />

basieren. API-Reife, Datenkompetenz und<br />

erweiterte Verarbeitungskapazitäten, gepaart<br />

mit Cloud-basierter Agilität, werden<br />

die Katalysatoren für Payments 4.X<br />

sein, um über das traditionelle Transaktionsdenken<br />

hinaus zu neuen Monetarisierungsansätzen<br />

zu gelangen.<br />

Methodik des Reports<br />

Der World Payments Report 2021 bietet<br />

Einblicke in 44 Zahlungsverkehrsmärkte<br />

in verschiedenen geografischen Regionen.<br />

Für die weltweiten Makro-Diagramme<br />

wurden fünf Regionen definiert: Europa,<br />

Nordamerika, Asien-Pazifik, Lateinamerika<br />

und Naher Osten & Afrika (MEA),<br />

gruppiert nach geografischen, wirtschaftlichen<br />

Kriterien sowie der Ausreifung des<br />

bargeldlosen Zahlungsmarktes. Der Report<br />

stützt sich auf Erkenntnisse aus einer<br />

Kundenbefragung, bei der weltweit 6.300<br />

Kunden befragt wurden, sowie auf Interviews<br />

und Umfragen unter mehr als 210<br />

Führungskräften im Zahlungsverkehr.<br />

Autor: www.capgemini.com/de-de<br />

Quelle: © natali_mis - AdobeStock.com<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

85


FinanzBusinessMagazin I FINANZIERUNG<br />

Baufinanzierung bleibt lukratives<br />

Geschäftsfeld für Banken<br />

Private Baufinanzierungen haben sich<br />

in den letzten Jahren zu einem zentralen<br />

Ertragspfeiler für Deutschlands<br />

Banken entwickelt, dies zeigt eine<br />

aktuelle Studie von zeb. Allerdings drohen<br />

viele Kreditinstitute trotz des komfortablen<br />

Wachstums in diesem Segment in<br />

ein strategisches Abseits zu geraten. Die<br />

Bankexpertinnen und -experten von zeb<br />

mahnen deshalb weitreichende Entscheidungen<br />

im Hinblick auf die zukünftige Ausrichtung<br />

der Institute an. Nur so kann es<br />

ihrer Ansicht nach gelingen, der starken<br />

Konkurrenz durch hoch digitalisierte Finanzierungs-<br />

und Immobilienplattformen<br />

gute Konzepte entgegenzusetzen und<br />

langfristig Erträge in diesem grundsätzlich<br />

lukrativen Geschäftsfeld zu erzielen.<br />

Sandra Douqué, Partnerin bei zeb, führt<br />

aus: „Onlineplattformen haben in den letzten<br />

Jahren massiv an Schlagkraft in der<br />

Baufinanzierung gewonnen. Dort ist man<br />

oft digitaler und kundenorientierter unterwegs,<br />

dort werden aktuell die Standards<br />

in der Baufinanzierung gesetzt. Banken<br />

müssen sich sputen und ihr Angebot deutlicher<br />

fokussieren.“<br />

Baufinanzierungsvolumen<br />

auf Wachstumskurs<br />

Wie die zeb-Studie im Detail zeigt, ist das<br />

Baufinanzierungsvolumen deutscher Banken<br />

in den letzten Jahren dank dauerhafter<br />

Niedrigzinsen und hoher Immobiliennachfrage<br />

privater Haushalte kontinuierlich<br />

gestiegen. Seit 2014 sind die Erträge in<br />

diesem Segment um durchschnittlich 7,7<br />

Prozent jährlich auf zuletzt 11,4 Milliarden<br />

Euro (2020) gewachsen. Gleichzeitig<br />

sind die Gesamterträge von Deutschlands<br />

Retailbanken, so die zeb-Expertinnen und<br />

-Experten, von 56 auf 51,5 Milliarden Euro<br />

geschrumpft. Die stabilen Erträge in der<br />

Baufinanzierung fußten im Neugeschäft<br />

vor allem auf gestiegenen Margen und<br />

einem kontinuierlich gewachsenen Finanzierungsvolumen,<br />

das zuletzt (2020) bei<br />

gut 1,3 Billionen Euro lag.<br />

Onlineplattformen bald<br />

Standardschnittstelle für Kunden<br />

Im gleichen Zeitraum haben große Onlineplattformen<br />

erhebliche <strong>Markt</strong>anteile<br />

gewonnen und sich als führende Player<br />

in diesem Segment etabliert. Liefen 2016<br />

noch 27 Prozent des Neugeschäfts privater<br />

Immobilienfinanzierungen über die<br />

großen Vermittlungsplattformen, waren<br />

es 2020 über 45 Prozent. Damit ist aus<br />

Sicht der Studienautorinnen und -autoren<br />

absehbar, dass die Onlineplattformen<br />

Quelle: © Kzenon - AdobeStock.com<br />

bald zur Standardkundenschnittstelle in<br />

diesem Geschäftsfeld aufsteigen und Banken<br />

mehr denn je gezwungen sein werden,<br />

digitale Kanäle entlang des gesamten<br />

Prozesses der Baufinanzierung anzubieten<br />

– arbeiten sie nun mit den großen Plattformen<br />

zusammen oder nicht. Je nach individueller<br />

Ausrichtung der Institute bieten<br />

sich dabei unterschiedlichste Erfolg<br />

versprechende strategische Optionen.<br />

Sandra Douqué ergänzt: „In einem komplett<br />

digitalen Finanzierungsumfeld werden<br />

die Margen der Banken weiter sinken,<br />

selbst wenn die Institute mit großen Digitalisierungsanstrengungen<br />

dagegenhalten.<br />

Sie kommen nicht darum herum, sich<br />

auch neue Perspektiven zu suchen, um ihr<br />

erweitertes Geschäft in diesem Segment<br />

ertragsfähig zu halten.“<br />

Bankferne Dienstleistungen als<br />

Wachstumschance<br />

Aus Sicht des Autorenteams ist es deshalb<br />

sinnvoll, dass Banken über den ei-<br />

86 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


FINANZIERUNG I FinanzBusinessMagazin<br />

genen Tellerrand hinausblicken. Wenn<br />

Nichtbanken an Finanzierungen mitverdienen,<br />

dann können auch Banken vor Ort<br />

an Leistungen verdienen, die nicht zum<br />

klassischen Portfolio einer Bank gehören<br />

– 2017 betrug der Ertragskuchen rund um<br />

Immobilien 22,3 Milliarden Euro. Eigenheimbesitzerinnen<br />

und -besitzer suchen<br />

immer wieder gute Handwerksbetriebe<br />

oder wollen eventuell den Stromanbieter<br />

wechseln. Hier können Bankportale mit<br />

Kompetenz, ihren eigenen Netzwerken sowie<br />

umfangreichen Zusatzleistungen und<br />

-informationen für die Nutzenden punkten<br />

und deutlich mehr Kundenbedürfnisse erfüllen<br />

als bisher.<br />

Ulrich Hoyer, Partner bei zeb, bemerkt<br />

abschließend: „Das Immobilienportalgeschäft<br />

ist an den Banken vorbeigegangen,<br />

obwohl sie in Deutschland den größten<br />

Teil der Immobilienvermittlung auf sich<br />

vereinen. Banken sollten ihre traditionell<br />

starken Beratungs- und Beziehungsqualitäten<br />

stärker in den Fokus nehmen und<br />

umfassende, individualisierte Angebote<br />

für ihre Kunden ins Auge fassen. Wenn sie<br />

die nächste Entwicklungswelle wieder verschlafen,<br />

kommt auch das Kerngeschäft<br />

ins Wanken.“<br />

Autor: zeb-consulting.com/de<br />

Baufinanzierungsvolumen klettert<br />

in 2021 auf 1.47 Billionen Euro<br />

PwC-Studie: Neugeschäft mit Baufinanzierungen<br />

erreicht in ersten zehn Monaten 235 Milliarden Euro<br />

Bau- und Immobilienfinanzierungen<br />

bleiben in Deutschland weiter beliebt<br />

– neben niedrigen Bauzinsen<br />

und steigenden Immobilienpreise sorgt<br />

auch der Homeoffice-Trend in der Pandemie<br />

für ein weiter kräftiges Wachstum<br />

der Kreditkategorie. Wie die Baufinanzierungs-Studie<br />

der Wirtschaftsprüfungsund<br />

Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers<br />

(PwC) ergab, kletterte<br />

das Neugeschäft der Banken und Sparkassen<br />

von Januar bis Oktober 2021 auf<br />

235 Milliarden Euro (Vorjahreszeitraum:<br />

228 Milliarden Euro) – und bleibt damit<br />

auf Rekordkurs für das Gesamtjahr.<br />

Nachdem im August mit 7,7 Prozent p.a.<br />

noch der höchste Wert seit 2004 erreicht<br />

wurde, schwächte sich das Wachstum<br />

von Baufinanzierungen per Oktober auf<br />

7,3 Prozent jährlich ab. Der Bestand an<br />

Baukrediten legte in den ersten zehn<br />

Monaten auf 1,47 Billionen Euro zu – und<br />

übertrifft damit das Finanzierungsvolumen<br />

des Gesamtjahres 2020 von 1,39<br />

Billionen Euro deutlich.<br />

“Niedrige Zinsen, eine hohe Sparquote<br />

und steigende Inflationsraten dürften sich<br />

weiter günstig auf den Wachstumstrend<br />

bei Baufinanzierungen auswirken”, sagt<br />

Tomas Rederer, Partner und Kreditexperte<br />

bei PwC Deutschland. “Trotz leicht rückläufiger<br />

Daten im September und Oktober<br />

ist es noch verfrüht, eine Trendwende<br />

auszurufen. Auch wenn erste Wachstumsrisiken<br />

erkennbar sind.”<br />

Kreditmargen bleiben unter Druck<br />

Die Kreditmargen entwickeln sich ebenfalls<br />

rückläufig. Im Durchschnitt sank die<br />

Netto-Marge nach Refinanzierungskosten<br />

2021 auf 1,05 Prozent p.a. (2020: 1,13<br />

%/2019: 1,12%). “Der wachsende Wettbewerb<br />

in der risikoarmen Baufinanzierung<br />

drückt zunehmend auf die Margen.<br />

Banken sollten den Ausbau ihrer digitalen<br />

Kanäle und Datenanalysen vorantreiben,<br />

um sich durch schnelle Entscheidungen,<br />

Omnikanalfähigkeit und die digitale Abbildung<br />

komplexerer Fälle zu differenzieren”,<br />

sagt PwC-Partner Tomas Rederer.<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

87


FinanzBusinessMagazin I FINANZIERUNG<br />

Hypothekenbanken profitieren am<br />

stärksten<br />

Die Hypothekenbanken verzeichnen per<br />

Ende September mit einem Plus von 11,2<br />

Prozent die höchste jährliche Wachstumsrate<br />

der Branche bei Baufinanzierungen,<br />

gefolgt von den Genossenschaftsbanken<br />

(7,9%) und den Sparkassen (7,4%).<br />

Während die Privatbanken auf 6,6 Prozent<br />

zulegen, gibt Wachstumsrate der Bausparkassen<br />

auf 6,5 Prozent (per Juli: 7%)<br />

nach.<br />

Auf 5-Jahres-Sicht bauen die Genossenschaftsbanken<br />

(plus 1,3 Prozentpunkte<br />

auf 25,2%) und die Bausparkassen (plus<br />

0,6 Prozentpunkte auf 12,6%) ihre <strong>Markt</strong>anteile<br />

im Baukreditgeschäft weiter aus.<br />

Der <strong>Markt</strong>anteil der Sparkassen verringert<br />

sich von 2016 bis 2021 um 0,4 Prozentpunkte<br />

auf 30,9 Prozent, während der<br />

Anteil der Privatbanken mit 26,5 Prozent<br />

nahezu unverändert bleibt.<br />

Bundesland Sachsen beim Wachstum<br />

weiter vorne<br />

Darüber hinaus verstärken sich die bereits<br />

deutlich ausgeprägten regionalen Wachstumsunterschiede<br />

im deutschen Baufinanzierungsmarkt:<br />

Sachsen bleibt mit einem<br />

Wachstum von 10,7 Prozent p.a. Spitzenreiter<br />

unter den Bundesländern. Das<br />

Wachstum in Bremen zieht wieder auf 2,8<br />

Prozent p.a. an (per Juli: 1,4 % p.a.).<br />

Autor: www.pwc.de<br />

Studie:<br />

Online-Beratung in der Baufinanzierung<br />

mit deutlichen Schwächen<br />

Die Möglichkeiten der Online-Beratung<br />

werden von den Finanzierungsanbietern<br />

nicht ausgeschöpft.<br />

Statt auf individuelle Bedürfnisse<br />

der Immobilienkäufer einzugehen, setzen<br />

die Baufinanzierer vornehmlich auf Terminvereinbarungen<br />

und eine Konditionsermittlung<br />

mit Standardparametern, wie<br />

die Studie »Online-Beratung Baufinanzierung«<br />

zeigt. Cofinpro hat dafür klassische<br />

Filialbanken, Direktbanken und<br />

Vergleichsportale einem Praxistest unterzogen.<br />

»Die Baufinanzierung gehört zu den beratungsintensivsten<br />

Finanzdienstleistungen.<br />

Auf den Baufinanzierungs-Webseiten wird<br />

der Nutzer aber nur in den seltensten<br />

Fällen geführt und umfassend beraten«,<br />

fasst Alexander Christau, Manager bei<br />

Cofinpro, das Ergebnis der Studie zusammen.<br />

»Wichtige Informationen müssen<br />

mühselig selbst zusammengetragen werden.<br />

Und die individuellen Bedürfnisse des<br />

Nutzers hinsichtlich seiner Lebenssituation<br />

und -planung finden in den online angebotenen<br />

Beratungsstrecken kaum Beachtung.«<br />

Nach Ansicht des Bankenexperten bieten<br />

moderne Kommunikationskanäle und<br />

Online-Tools die ideale Kombination, um<br />

Nutzer auf dem Weg zu einer volldigitalen<br />

Kreditlösung zu unterstützen. Noch würden<br />

aber nur einzelne Teilaspekte umgesetzt,<br />

zudem schränkten Medienbrüche die<br />

User Experience ein. »Videos, Chat-Dienste<br />

oder Chatbots haben sich noch nicht<br />

in der Breite durchgesetzt«, so Cofinpro-<br />

Manager Christau. Die Anbieter konzentrieren<br />

sich auf die Lead-Generierung und<br />

Bereitstellung von Informationen. Ergänzende<br />

Dienstleistungen oder Mehrwerte,<br />

die über die Finanzierung hinausgehen,<br />

würden kaum angeboten.<br />

Fördermittel werden bei der<br />

Konditionsermittlung nicht berücksichtigt<br />

88 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


FINANZIERUNG I FinanzBusinessMagazin<br />

Für die Studie hat die auf Finanzdienstleister<br />

spezialisierte Unternehmensberatung<br />

den Fokus auf die Online-Beratung und die<br />

Möglichkeit eines Online-Antrages gelegt,<br />

inklusive der möglichen Einbeziehung von<br />

Fördermitteln. »Neben dem eigentlichen<br />

Kredit stehen Käufern und Bauherren interessante<br />

Förderprodukte zur Verfügung.<br />

Diese Darlehen und Zuschüsse gehören<br />

zum Standard in der Baufinanzierung,<br />

werden auf den untersuchten Webseiten<br />

aber bis auf eine Ausnahme nicht berücksichtigt«,<br />

sagt Cofinpro-Berater Christau.<br />

»Die Anbieter nutzen bei der Konditionsermittlung<br />

lediglich Standardparameter<br />

und beschränken sich auf das klassische<br />

Bankdarlehen. Innovative Features oder<br />

nachhaltige Produkte bleiben außen vor.<br />

Die Folge: Der potenzielle Kunde kann<br />

keinen umfangreichen Anbietervergleich<br />

vornehmen und bekommt keinen Eindruck<br />

davon, welche seiner Bedürfnisse von welchem<br />

Finanzierungspartner am besten abgedeckt<br />

werden.«<br />

Für Teilaspekte der Baufinanzierung hätten<br />

einzelne Anbieter smarte Lösungen<br />

geschaffen, aber als Gesamtpaket würden<br />

die Webseiten nicht überzeugen. Christau<br />

sieht Verbesserungspotenzial bei vielen<br />

Anbietern. Vor allem die Banken ließen<br />

Chancen liegen: »Die Finanzinstitute<br />

könnten sich von den großen Vermittler-<br />

Plattformen positiv abheben und ihre Beratungsleistung<br />

im Internet stärken. Über<br />

eine digitale Einbindung eines menschlichen<br />

Beraters wäre es zudem möglich,<br />

knappe Ressourcen besser gezielter einzusetzen.«<br />

Autor: www.cofinpro.de<br />

Höhere Zinsen für Baukredite:<br />

Was Banken und Sparkassen beachten<br />

müssen<br />

Wie die Finanzaufsicht BaFin kürzlich<br />

ankündigte, sollen deutsche<br />

Banken präventiv zusätzliche<br />

Kapitalpuffer für das allgemeine Kreditgeschäft<br />

und im Besonderen für das<br />

Geschäft mit der privaten Immobilienfinanzierung<br />

zur Seite legen. Eine wahrscheinliche<br />

Folge: höhere Zinsen in der<br />

privaten Baufinanzierung. Warum das so<br />

ist und wie Banken sowie Sparkassen damit<br />

im Kundenkontakt umgehen, verraten<br />

die Branchen-Experten Matthias Nisster<br />

und Tobias Hadinoto von der globalen<br />

Strategie- und Marketingberatung Simon-<br />

Kucher & Partners:<br />

München – Präventiv für einen immer angespannteren<br />

Immobilienmarkt vorsorgen:<br />

Mit diesem erklärten Ziel verkündete<br />

der Ausschuss für Finanzstabilität – dem<br />

Vertreter von Bundesfinanzministerium,<br />

Bundesbank und der Finanzaufsicht Ba-<br />

Fin angehören – erst kürzlich, dass Banken<br />

ab Februar 2023 mehr Eigenkapital<br />

Quelle: © m.mphoto - AdobeStock.com<br />

für vergebene Kredite vorhalten müssen.<br />

Ganz konkret: Für das allgemeine Kreditgeschäft<br />

fällt ein antizyklischer Kapitalpuffer<br />

von 0,75 Prozent der risikogewichteten<br />

Aktiva an; für Wohnimmobilien-Kredite ein<br />

zusätzlicher sektoraler Systemrisikopuffer<br />

von zwei Prozent. Eine erhebliche Steigerung<br />

– schließlich war der Puffer aufgrund<br />

der Corona-Krise Anfang 2020 auf null<br />

Prozent gesenkt worden. Insgesamt müssen<br />

Banken nun innerhalb kurzer Zeit eine<br />

Summe von 22 Milliarden Euro zur Seite<br />

legen.<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

89


FinanzBusinessMagazin I FINANZIERUNG<br />

Wertkommunikation als Schlüssel<br />

zur erfolgreichen Zinserhöhung<br />

Quelle: © peterschreiber.media - AdobeStock.com<br />

Zinssteigerungen wahrscheinliche<br />

Branchen-Reaktion<br />

Führt diese Entwicklung zu höheren Zinsen<br />

in der privaten Baufinanzierung? Unserer<br />

Meinung nach ist das sehr wahrscheinlich.<br />

Zwar haben viele Banken und Sparkassen<br />

trotz der erhöhten Kapitalanforderungen<br />

ausreichend Eigenkapital, jedoch steigen<br />

durch die neuen Erfordernisse die regulatorischen<br />

Eigenkapitalkosten. Und diese<br />

sind bei den meisten Banken fester Bestandteil<br />

der Baufinanzierungskalkulation.<br />

Das bedeutet: Künftige Zinspreiskalkulationen<br />

fallen höher aus. Und das auch<br />

bereits kurzfristig, wie wir aus bisherigen<br />

Gesprächen mit Banken und Sparkassen<br />

erfahren haben.<br />

Es ist zwar nicht zwingend, dass Banken<br />

diese Mehrkosten auch an ihre Kunden<br />

weitergeben, jedoch sind aufgrund des<br />

derzeit sehr niedrigen Zinsniveaus die<br />

Margen in der Baufinanzierung hauchdünn<br />

– viel Spielraum gibt es da nicht. Und die<br />

Option, das Angebot an Baufinanzierungskrediten<br />

zu reduzieren, werden viele Banken<br />

aufgrund der starken Nachfrage nicht<br />

wählen wollen.<br />

Tatsächlich sehen wir aktuell noch eine<br />

weitere von der Regulatorik unabhängige<br />

Entwicklung. Mit Blick auf die sogenannte<br />

Zinsstrukturkurve scheint das allgemeine<br />

Zinsniveau gerade zu steigen, was sich<br />

auch bereits vereinzelt in den Baufinanzierungszinsen<br />

durchgeschlagen hat. In<br />

Verbindung mit den höheren regulatorischen<br />

Anforderungen bedeutet das: Eine<br />

weitere Erhöhung der Zinsen für Baukredite<br />

ist sehr wahrscheinlich.<br />

Um diese umzusetzen, ohne Kunden vor<br />

den Kopf zu stoßen, müssen Banken und<br />

Sparkassen die höheren Kosten transparent<br />

und geschickt kommunizieren – das<br />

macht besonders der starke Konkurrenzdruck<br />

im Bereich Baufinanzierung nötig.<br />

Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass<br />

Kunden steigende Preise vor allem dann<br />

akzeptieren, wenn sie ihre Notwendigkeit<br />

nachvollziehen können. Die Berichterstattung<br />

über die strengeren regulatorischen<br />

Vorschriften spielt den Banken dabei<br />

durchaus in die Karten.<br />

Darüber hinaus sollten Banken und Sparkassen<br />

ihre Vertriebsteams zum Thema<br />

Wertkommunikation schulen, damit sie<br />

beim Gespräch mit Kunden darauf achten,<br />

den Mehrwert der gebotenen Dienstleistung<br />

für diese klar herauszustellen. Aus<br />

unserer Beratungserfahrung sehen wir<br />

insbesondere drei Faktoren, die Kunden<br />

davon überzeugen, einen höheren Baufinanzierungszins<br />

zu akzeptieren:<br />

1. Exzellente Beratung in der Vor-Vertragsphase<br />

2. Schnelligkeit der Bearbeitung<br />

3. Vertrauen in den Anbieter<br />

Durch schlanke Prozesse und gezielte Vertriebstrainings<br />

können Banken so ihr Service-Profil<br />

schärfen und Kunden weiterhin<br />

von sich überzeugen – trotz höherer Zinsen.<br />

Autor: www.simon-kucher.com/de<br />

Quelle: © markus dehlzeit - Fotolia.com<br />

90 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


FINANZIERUNG I FinanzBusinessMagazin<br />

Genossenschaftsbanken halten ihr<br />

Kreditwachstum weiter hoch<br />

Auch wenn die gesamtwirtschaftliche<br />

Entwicklung Deutschlands im zweiten<br />

Halbjahr 2021 merklich an Fahrt<br />

verloren hat, steigerten die deutschen Genossenschaftsbanken<br />

im gerade zu Ende<br />

gegangenen Geschäftsjahr erneut ihre<br />

Kreditvergabe deutlich. So dürfte nach<br />

vorläufigen Zahlen des Bundesverbandes<br />

der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken<br />

(BVR) das Kreditgeschäft per<br />

Ende 2021 im Vergleich zum Vorjahr um<br />

knapp 7 Prozent auf 710 Milliarden Euro<br />

gewachsen sein. Im Segment der Privatkunden<br />

erhöhten sich die Kreditbestände<br />

um gut 6 Prozent auf 342 Milliarden Euro,<br />

während die Kredite an Firmenkunden<br />

einschließlich sonstiger Kunden stärker<br />

um etwas mehr als 7 Prozent auf 368 Milliarden<br />

Euro gesteigert werden konnten.<br />

“Die Genossenschaftsbanken erweisen<br />

sich auch in schwierigen Zeiten als zuverlässiger<br />

Partner. Sie sind da, wenn es um<br />

passgenaue Lösungen für ihre Privat- und<br />

Firmenkunden geht”, sagte BVR-Präsidentin<br />

Marija Kolak. “Vor allem der Mittelstand<br />

Quelle: © H_Ko - Fotolia.com<br />

hat sich in der Coronakrise als robust erwiesen<br />

sowie als Motor der einsetzenden<br />

wirtschaftlichen Erholungsphase”, so Kolak<br />

weiter. Trotz anhaltender Unsicherheiten<br />

über den weiteren Pandemieverlauf würden<br />

die Kreditrisiken weiterhin als niedrig<br />

und gut beherrschbar eingeschätzt.<br />

Ein weiterhin dynamisches Wachstum verzeichnete<br />

der Wohnimmobilienmarkt. Im<br />

Bereich der gewerblichen Immobilien- und<br />

Wohnungsbaukredite rechnet der BVR im<br />

Gesamtjahr 2021 mit einer Zunahme um<br />

rund 12 Prozent auf 111 Milliarden Euro.<br />

Auch bei den Privatkunden steigen die<br />

Wohnungsbaukredite mit voraussichtlich 8<br />

Prozent auf gut 303 Milliarden Euro. Insgesamt<br />

werden die Wohnungsbaukredite<br />

voraussichtlich um 9 Prozent auf 414 Milliarden<br />

Euro wachsen.<br />

Autor: www.bvr.de<br />

<strong>Markt</strong>studie zur Konsumfinanzierung 2021:<br />

Jeder fünfte achtet auf Nachhaltigkeit<br />

bei Finanzdienstleistungen<br />

Beim Abschluss von Finanzdienstleistungen<br />

achtet einer von fünf Verbrauchern<br />

auf die Nachhaltigkeit<br />

des Anbieters. Dies ergibt eine <strong>Markt</strong>studie<br />

des Bankenfachverbandes, für welche der<br />

<strong>Markt</strong>forscher Ipsos über 1.800 Verbraucherhaushalte<br />

befragt hat. Insbesondere<br />

für die jüngere Generation spielt Nachhaltigkeit<br />

auch bei Finanzen eine Rolle. In der<br />

Altersgruppe von 18 bis 24 Jahren gilt dies<br />

für ein Drittel der Befragten.<br />

Quelle: © rcfotostock - Fotolia.com<br />

“Nachhaltigkeit rückt auch beim Thema<br />

Finanzen und Finanzierungen stärker in den<br />

Fokus der Menschen”, sagt Jens Loa, Geschäftsführer<br />

des Bankenfachverbandes.<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

91


FinanzBusinessMagazin I FINANZIERUNG<br />

Insgesamt 37 Prozent der Bundesbürger<br />

würden die Anschaffung eines nachhaltig<br />

hergestellten oder energieeffizienten Konsumguts<br />

eher in Betracht ziehen, wenn sie<br />

dafür eine passende Finanzierung angeboten<br />

bekämen.<br />

Mobilität bleibt<br />

wichtigster Finanzierungszweck<br />

Mehr als die Hälfte aller finanzierenden<br />

Haushalte verwendet einen Konsumentenratenkredit<br />

zur Anschaffung eines<br />

Pkw. Auf Neu- und Gebrauchtwagen mit<br />

Verbrennungsmotoren entfallen zusammen<br />

51 Prozent. Hinzu kommt ein Anteil<br />

von fünf Prozent für Fahrzeuge mit Hybrid-<br />

bzw. Elektroantrieb. Rund zwei Prozent<br />

aller Ratenkreditnutzer haben sich<br />

ein E-Bike gekauft. Insgesamt verwendet<br />

jeder dritte Verbraucherhaushalt Finanzierungen<br />

und hat im Schnitt zwei laufende<br />

Verträge. Ratenkredite sind mit einem Anteil<br />

von 24 Prozent die am häufigsten genutzte<br />

Finanzierungsform.<br />

“Für Handel und Kunden sind Finanzierungen<br />

ein wichtiges Bezahlverfahren”, sagt Loa. 61<br />

Prozent aller finanzierten Käufe wären laut<br />

Aussagen der Verbraucher ohne Finanzierungsangebote<br />

nicht zustande gekommen.<br />

Der Bankenfachverband (BFACH) vertritt<br />

die Interessen der Kreditbanken in<br />

Deutschland. Seine Mitglieder sind die Experten<br />

für die Finanzierung von Konsumund<br />

Investitionsgütern wie Kraftfahrzeugen.<br />

Die Kreditbanken haben mehr als<br />

160 Milliarden Euro an Verbraucher und<br />

Unternehmen ausgeliehen und fördern<br />

damit Wirtschaft und Konjunktur.<br />

Die <strong>Markt</strong>studie zur Konsumfinanzierung<br />

führt der BFACH seit 2008 im Jahresrhythmus<br />

durch. Dazu befragt das<br />

<strong>Markt</strong>forschungsunternehmen Ipsos im<br />

Finanzmarktpanel der GfK mehr als 1.800<br />

Verbraucherhaushalte nach ihren Finanzierungsgewohnheiten<br />

sowie -einstellungen<br />

und -absichten.<br />

Autor: www.bfach.de<br />

Europace ermöglicht die erste Sofortkreditentscheidung<br />

in der Immobilienfinanzierung<br />

Verbindliche Darlehenszusage per Sofort<br />

– Mit nur drei Unterlagen zur Kreditzusage<br />

Europace, Deutschlands größte<br />

Transaktionsplattform für Immobilienfinanzierungen,<br />

Bausparprodukte<br />

und Ratenkredite, ermöglicht ab heute die<br />

automatisierte Sofortkreditentscheidung.<br />

Mit dem Launch von OneClick ist Europace<br />

Vorreiter in seinem Feld und bietet<br />

als erste Plattform den digitalen Sofortabschluss<br />

an, bei dem der gesamte Prozess<br />

der Baufinanzierung digitalisiert wird. Europace<br />

startet OneClick gemeinsam mit<br />

zwei Pilotpartnern, der Qlick Baufinanzierung<br />

der BAWAG Group und der Sparda<br />

BW sowie den Pilotvertrieben Dr. Klein und<br />

zukünftig auch PlanetHome.<br />

Kreditentscheidungsprozess<br />

neu gedacht<br />

Der Finanzierungsprozess beinhaltet oft<br />

lange Entscheidungswege, eine finale Zusage<br />

erhalten Verbraucher:innen meist<br />

erst nach mehreren Tagen bis Wochen.<br />

Was heute im Ratenkreditumfeld schon<br />

Standard ist, konnte bislang noch nicht für<br />

die Baufinanzierung umgesetzt werden:<br />

die automatisierte Sofortkreditentscheidung.<br />

Grundlegende Aspekte müssen im<br />

Prozess verändert werden. Es reicht nicht,<br />

einzelne Abschnitte zu automatisieren,<br />

sondern bedarf einer neuen Lösung für<br />

92 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


FINANZIERUNG I FinanzBusinessMagazin<br />

Vertriebe und Verbraucher:innen: Eine<br />

Lösung am Point-of-Sale. Berater:innen<br />

sollen ihren Kund:innen nach deren Unterschrift<br />

eine verbindliche Kreditzusage<br />

in die Hand geben können. Das schafft<br />

Europace mit OneClick.<br />

Verbindliche Darlehenszusage<br />

per Sofort<br />

Europace zielt mit seinem Produkt OneClick<br />

darauf ab, Banken und Verbraucher:innen<br />

den Prozess zu erleichtern und setzt dabei<br />

vor allem auf eines: Geschwindigkeit.<br />

Mit der ersten automatisierten Sofortkreditentscheidung<br />

erhalten Kund:innen eine<br />

verbindliche Darlehenszusage vom Produktanbieter<br />

bereits innerhalb weniger<br />

Stunden und zukünftig auch per Knopfdruck<br />

in Echtzeit. Dabei stellt OneClick sicher,<br />

dass alle relevanten Daten für eine<br />

Kreditentscheidung sofort und korrekt<br />

vorliegen. Verbraucher:innen reichen dafür<br />

nur wenige Unterlagen beim Produktanbieter<br />

ein.<br />

Quelle: © duncanandison - Fotolia.com<br />

Folgende Dokumente sind erforderlich:<br />

• Das Exposé der Immobilie,<br />

• Legitimationsdokument (wie Personalausweis),<br />

• Selbstauskunft, die Berater:innen mit<br />

Kund:innen über die Europace-Plattform<br />

ausfüllen,<br />

• die letzten drei Gehaltsnachweise (nur<br />

zu Beginn der Pilotphase)<br />

Mithilfe von künstlicher Intelligenz und<br />

Machine-Learning-Technologie können in<br />

Sekundenschnelle eine Vielzahl verschiedene<br />

Parameter geprüft und validierte<br />

Daten sofort für die Kreditentscheidung<br />

zur Verfügung gestellt werden. Bonitätsprüfung<br />

und Objektbewertung erfolgen simultan<br />

und in wenigen Augenblicken.<br />

Zukunft der Finanzierung<br />

transformieren: Schnell und<br />

automatisiert<br />

Mit der Sofortkreditentscheidung von Europace<br />

wird Finanzierung neu gedacht. Der<br />

digitale Abschluss sowie die verbindliche<br />

Kreditzusage werden innerhalb kürzester<br />

Zeit ermöglicht. Durch den Zugewinn der<br />

Geschwindigkeit können nicht nur Produktanbieter<br />

ihre Conversion steigern, sondern<br />

auch Verbraucher:innen im Wettbewerb<br />

um die Immobilie überzeugen. In<br />

der Baufinanzierung wird erstmalig eine<br />

Sofortkreditentscheidung ermöglicht.<br />

„Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis<br />

neben der Immobilienanzeige auch ein<br />

Kaufbutton zu finden ist. Um den Entscheidungsprozess<br />

merklich zu beschleunigen,<br />

muss Finanzierung neu gedacht<br />

werden. Genau das tun wir mit dem heutigen<br />

Launch der ersten automatisierten<br />

Sofortkreditentscheidung in der Immobilienfinanzierung<br />

in Deutschland. Damit<br />

erreichen wir einen wichtigen Meilenstein<br />

und schaffen mit unserem Produkt die Basis<br />

für viele weitere Anwendungsgebiete –<br />

für ein Finanzieren mit Leichtigkeit”, kommentiert<br />

Thomas Heiserowski, Co-CEO<br />

und Vorstand von Europace.<br />

„Wir freuen uns, dass wir heute mit One-<br />

Click live gehen und die erste Sofortkreditentscheidung<br />

in der Baufinanzierung<br />

ermöglichen können. Mit der SpardaBW<br />

und start:BSK/BAWAG haben wir zwei<br />

starke Partner an unserer Seite, die das<br />

Produkt mit uns entwickelt haben und<br />

jetzt als erste mit uns live gehen. In den<br />

kommenden Monaten planen wir weitere<br />

Partner anzubinden, neue Kund:innen zu<br />

akquirieren sowie das Produkt kontinuierlich<br />

weiterzuentwickeln”, hebt Miriam<br />

Blanarsch, Lead und Product Manager von<br />

OneClick bei Europace hervor.<br />

„Verbraucher:innen erwarten bereits heute<br />

schnelle und transparente Kreditentscheidungsprozesse,<br />

wenn sie sich den Traum<br />

einer eigenen Immobilie erfüllen wollen.<br />

OneClick ist für uns ein wesentlicher Baustein,<br />

um einfache und kostengünstigere<br />

Kreditentscheidungsprozesse basierend<br />

auf intelligenten Datenanalysen mit einem<br />

überdurchschnittlichen Kundenerlebnis zu<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

93


FinanzBusinessMagazin I FINANZIERUNG<br />

erreichen”, kommentiert Michael Lichtner,<br />

Abteilungsleiter <strong>Markt</strong>folge Aktiv – <strong>Markt</strong>nahes<br />

und Risikorelevantes Geschäft bei<br />

der SpardaBW.<br />

„Für die 2021 neu von uns eingeführte<br />

Qlick Baufinanzierung war die Sofortkreditentscheidung<br />

von Europace eine logische<br />

Weiterentwicklung: Bisher bieten<br />

wir eine garantierte Bearbeitung innerhalb<br />

von 48 Stunden an – mit OneClick heben<br />

wir unser Baufinanzierungsangebot auf ein<br />

neues Level und bieten einen noch schnelleren<br />

Zugang zu unserer Produktpalette.<br />

Wir sind stolz, gemeinsam mit Europace<br />

und Dr. Klein die Zukunft der Baufinanzierung<br />

zu gestalten”, erklärt Hans-Christoph<br />

Schulz, Verantwortlicher für Qlick Baufinanzierung<br />

bei der BAWAG Group.<br />

„Die sofortige verbindliche Kreditzusage<br />

per OneClick revolutioniert den <strong>Markt</strong><br />

für Immobilienfinanzierungen. Wir freuen<br />

uns, dass wir die Entwicklung dieses<br />

wegweisenden Produkts gemeinsam mit<br />

Europace und den Bankpartnern mitbegleiten<br />

konnten und heute als erster Vertrieb<br />

starten”, erklärt Michael Neumann,<br />

Vorstand der Dr. Klein Privatkunden AG.<br />

Autor: www.europace.de<br />

Finanzierungsmonitor 2021:<br />

Unternehmen nutzen verstärkt<br />

alternative Finanzierungsquellen<br />

Der klassische Bankkredit<br />

verliert an Bedeutung<br />

Der deutsche Mittelstand hat im Zuge<br />

der Coronakrise verstärkt neue Finanzierungsmöglichkeiten<br />

genutzt. Nahezu<br />

jedes vierte Unternehmen nahm im laufenden<br />

Jahr Alternativen zum klassischen<br />

Bankkredit in Anspruch, ein deutlicher Anstieg<br />

im Vergleich zum Vorjahr. Das sind<br />

Ergebnisse der Studie “Finanzierungsmonitor<br />

2021”. creditshelf, der führende<br />

Finanzierer für digitale KMU-Kredite in<br />

Deutschland, hat dafür zusammen mit der<br />

TU Darmstadt mehr als 200 Finanzentscheider<br />

aus mittelständischen Industrie-,<br />

Handels- und Dienstleistungsunternehmen<br />

befragt.<br />

“In den vergangenen zwei Jahren mussten<br />

Unternehmen Flexibilität und Anpassungsbereitschaft<br />

beweisen, um auch in Zeiten<br />

des Lockdowns und unterbrochener Lieferketten<br />

handlungsfähig zu bleiben. Neue<br />

Wege zu gehen, heißt auch, mittels innovativer<br />

Finanzierungsmöglichkeiten die Kapitalausstattung<br />

aktiv zu gestalten”, sagt<br />

Dr. Daniel Bartsch, <strong>Markt</strong>vorstand von creditshelf.<br />

Während 2020 nur 11 Prozent der<br />

befragten Unternehmen Alternativen zum<br />

klassischen Bankkredit genutzt hatten,<br />

stieg der Anteil 2021 auf 23 Prozent. Die<br />

Anzahl der Unternehmen, die sich bislang<br />

noch gar nicht mit Alternativen zum klassischen<br />

Bankkredit beschäftigt haben, reduzierte<br />

sich von 36 Prozent auf 24 Prozent.<br />

Mit dem angepassten Finanzierungsmix<br />

gewinnen die Unternehmen nach Meinung<br />

von Prof. Dr. Dirk Schiereck an Flexibilität<br />

und Planungssicherheit: “Der klassische<br />

Bankkredit wird vornehmlich mit dinglichen<br />

Sicherheiten hinterlegt und lässt nur wenig<br />

Gestaltungsspielraum zu. In einem modernen<br />

Unternehmensumfeld ändern sich<br />

Rahmenbedingungen jedoch ständig, zudem<br />

sind Vermögenswerte immer häufiger<br />

immateriell, besonders bei Unternehmen<br />

mit digitalen Geschäftsmodellen.” Der Kreditexperte<br />

rät deshalb zu Alternativen wie<br />

etwa digitalen Finanzierungsplattformen,<br />

um passgenaue Lösungen für spezielle Finanzierungsfragen<br />

zu finden.<br />

94 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


FINANZIERUNG I FinanzBusinessMagazin<br />

Geteiltes Echo auf KfW-Corona-Hilfen<br />

“Corona-Hilfen von der KfW sind im laufenden<br />

Jahr als eine weitere Kapitalmaßnahme<br />

ebenfalls in Anspruch genommen<br />

worden”, so VWL-Professor Schiereck, der<br />

den “Finanzierungsmonitor” seit seiner ersten<br />

Auflage im Jahre 2016 wissenschaftlich<br />

begleitet. “19 Prozent der befragten<br />

Unternehmen beantragten und erhielten<br />

KfW-Corona-Hilfen, bei 34 Prozent ist der<br />

Antrag noch nicht abschließend geprüft.<br />

Bei 7 Prozent der Umfrageteilnehmer<br />

wurde der Antrag abgelehnt.” Der Finanzierungsexperte<br />

der TU Darmstadt weist<br />

darauf hin, dass die Corona-Hilfen des<br />

Bundes voraussichtlich im Frühjahr <strong>2022</strong><br />

auslaufen. Ob sie danach noch einmal verlängert<br />

werden, ist fraglich.<br />

Quelle: © mohsinjamil - Fotolia.com<br />

Angesichts der schnellen wirtschaftlichen<br />

Erholung hätten viele Unternehmen jedoch<br />

lieber auf einen KfW-Kredit verzichtet.<br />

creditshelf-<strong>Markt</strong>vorstand Bartsch:<br />

“Von den Umfrageteilnehmern, die KfW-<br />

Corona-Hilfen beantragt haben, bereuen<br />

55 Prozent diese Entscheidung mittlerweile.<br />

Sie wären mit einem modernen Finanzierungspartner,<br />

der schnell und ohne lästige<br />

bürokratische Prozesse entscheiden<br />

kann, wahrscheinlich besser aufgestellt<br />

gewesen.”<br />

Autor: www.creditshelf.com<br />

Sekundärmarkt für notleidende<br />

Kredite stabilisiert Finanzbranche<br />

Die dritte Auflage des Standardwerks<br />

„Grundlagen des NPL-Geschäfts“<br />

ist erschienen. Die Bundesvereinigung<br />

Kreditankauf und Servicing e.V.<br />

(BKS) liefert darin die Blaupause für den<br />

Zweitmarkt für notleidende Kredite. „Dieser<br />

Zweitmarkt stabilisiert die Finanzbranche“,<br />

sagt Jürgen Sonder, Präsident der<br />

BKS. „Und das wird in den kommenden<br />

Jahren, in denen die Auswirkungen der<br />

Pandemie und anderer Krisen sichtbar<br />

werden, immer wichtiger.“<br />

„Die aktuelle Auflage des Grundlagenbuches<br />

für notleidende Kredite verknüpft<br />

die regulatorischen Initiativen in der Coronakrise<br />

mit den praktischen Anwendungen<br />

im Risikomanagement der Banken“, sagt<br />

Sonder. Experten für Non-performing Loans<br />

(NPLs) sowie Mitglieder und Beiräte<br />

der BKS aus der Finanzbranche haben wissenschaftliche<br />

Beiträge geliefert und mit<br />

ihrer Expertise aus dem Risikomanagement<br />

dazu beigetragen, das Buch zu einem<br />

Grundlagenwerk für die NPL-Branche zu<br />

entwickeln.<br />

Die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes<br />

durch Verkäufe sowie Servicing von NPLs<br />

sind für einen funktionierenden Kreditmarkt<br />

ein entscheidender Faktor, ermöglichen<br />

sie doch Finanzdienstleistern, ein<br />

aktives Risikomanagement zu betreiben.<br />

Dies wiederum hat positive Auswirkungen<br />

auf die Kreditvergabe der Banken und damit<br />

auf die Versorgung der Wirtschaft mit<br />

Kapital.<br />

Das Buch „Grundlagen des NPL-Geschäftes“<br />

beschreibt die rechtlichen Grundlagen<br />

des NPL-Geschäftes im Sinne des (europäischen)<br />

regulatorischen Rahmens, der<br />

Datenschutzanforderungen und des Insolvenzrechts.<br />

Zudem wird der Prozess von<br />

NPL-Transaktionen dargestellt und verschiedene<br />

Aspekte des NPL-<strong>Markt</strong>es erläutert.<br />

Die Autoren kommen aus der Finanzbranche,<br />

von Investoren und Kreditservicern<br />

sowie aus Kanzleien und der Wissenschaft.<br />

Sie verbinden die theoretischen Grundlagen<br />

des NPL-Geschäftes mit profunder<br />

Fachexpertise aus der Praxis. Dies verleiht<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

95


FinanzBusinessMagazin I FINANZIERUNG / BANCASSURANCE<br />

dem Buch eine hohe Relevanz für all diejenigen,<br />

die mit dem NPL-Geschäft befasst<br />

sind, sei es auf Seiten der Kreditgeber, der<br />

Investoren oder der Servicer.<br />

Daher spannt das Buch einen weiten Bogen<br />

von der Definition von NPLs über die<br />

rechtlichen Rahmenbedingungen eines<br />

funktionierenden NPL-<strong>Markt</strong>es sowie das<br />

Risikomanagement in der Bankenwelt für<br />

notleidende Forderungen bis hin zu Bearbeitungs-<br />

und Verwertungsstrategien auf<br />

Seiten der Investoren und Servicer. Ebenfalls<br />

behandelt werden Innovationen des<br />

NPL-Geschäftes durch die Digitalisierung.<br />

Die europäischen Regulierungsthemen ergänzen<br />

die Beiträge im Kontext, die Darstellung<br />

von Musterverträgen rundet das<br />

Buch ab.<br />

Jürgen Sonder: „Der Sekundärmarkt spielt<br />

eine wesentliche Rolle beim Bewältigen<br />

aktueller und zukünftiger NPL-Themen.<br />

Diese Einstellung hat auch die EU-Kommission<br />

gewonnen und wird in den nächsten<br />

Wochen ein Rahmenwerk für den Sekundärmarkt<br />

ratifizieren. Die Verzahnung<br />

zwischen Banken und Sekundärmarkt ist<br />

daher eine zentrale Aufgabe für die nächsten<br />

Jahre, um Krisen in Zukunft effektiver<br />

zu managen. Dazu gehört gerade in den<br />

nächsten Jahren, die Folgen der Pandemie<br />

in Europa, speziell in der Finanzindustrie<br />

und in der Wirtschaft, abzumildern.“<br />

Noch sind die Corona-bedingten Auswirkungen<br />

auf die Finanzwirtschaft in ihrer<br />

ganzen Dimension nicht absehbar. Die<br />

massiven Unterstützungsmaßnahmen der<br />

europäischen Staaten, der Bundesregierung<br />

sowie der Europäischen Zentralbank<br />

(EZB) haben Deutschland bisher vor einer<br />

Insolvenzwelle und signifikanten Kreditausfällen<br />

geschützt. „Die Finanzindustrie<br />

sollte daher die Risikomodelle hinsichtlich<br />

möglicher Auswirkungen immer wieder<br />

neu adjustieren“, sagt Sonder.<br />

Autor: www.bks-ev.de<br />

Durchblick im deutschen Bancassurance-Dschungel:<br />

Die Offline- und Online-Kooperationen der<br />

größten Banken<br />

Das Berliner Insurtech-Unternehmen<br />

Friendsurance veröffentlicht erneut<br />

eine Übersicht des Bancassurance<br />

<strong>Markt</strong>es, diesmal mit Fokus auf klassische<br />

Kooperationen zwischen Versicherungen<br />

und den größten Banken in Deutschland.<br />

Der deutsche Bancassurance-<strong>Markt</strong> ist<br />

recht unübersichtlich – und gleichzeitig<br />

spannend durch ständig neue Kooperationen.<br />

Platzhirsche:<br />

Diese Versicherungen trifft man oft in<br />

der deutschen Bancassurance<br />

Unter den Bankenversicherern trifft man<br />

am häufigsten die Allianz, AXA, Talanx und<br />

Zurich. Bei den Genossenschaftsbanken<br />

ist am stärksten die R+V Versicherung<br />

Quelle: © ADSF - AdobeStock.com<br />

vertreten. Bei den Sparkassen führen die<br />

Provinzial, VKB und Sparkassenversicherung<br />

das Feld der insgesamt 18 öffentlichen<br />

Versicherer an. Weitere Häuser füllen<br />

sehr erfolgreich bestimmte Nischen wie<br />

Kredit-, Todesfall und Pflegerisiken, siehe<br />

Credit Life, Hannoversche oder Ideal.<br />

96 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


BANCASSURANCE I FinanzBusinessMagazin<br />

Banknahe Produkte<br />

wie Lebensversicherung derzeit im<br />

Fokus<br />

Generell handelt es sich bei den über<br />

Bancassurance vertriebenen Produkten<br />

meist noch um zugeschnittene Produkte.<br />

Über den Vertriebsweg Bancassurance<br />

wurden 2019 18,8% aller Lebensversicherungen,<br />

5,0% der Schadens-/Unfallversicherungen<br />

und 4,2% aller privaten<br />

Krankenversicherungen vertrieben (GDV,<br />

Deutschland), zu großen Teilen ganz klassisch<br />

über Bankfilialen.<br />

Auswahl für Kunden häufig noch<br />

exklusiv, dafür individueller<br />

Die Mehrheit der Banken sind als Versicherungsvertreter<br />

exklusiv an eine Versicherung<br />

gebunden, die Produktauswahl<br />

für Bankkunden dadurch vorgegeben. Bei<br />

einigen Banken finden sich Maklermodelle<br />

wieder, wie zum Beispiel der Digitale<br />

Versicherungsmanager von Deutsche<br />

Bank in Kooperation mit Friendsurance<br />

Business. Langfristig nehmen, laut Expertenmeinung,<br />

Makler- und Mehrfachagentenmodelle<br />

zu, weil sie aus Kundensicht<br />

eine größere Transparenz bei<br />

der Produktauswahl ermöglichen. Tech-<br />

Anbieter erleichtern Banken und Versicherungen<br />

zunehmend die Umsetzung<br />

verschiedener Vermittlermodelle in der<br />

digitalen Bancassurance, durch ein hohes<br />

Maß an technischem Know-How und<br />

gleichzeitiger Erfüllung regulatorischer<br />

Voraussetzungen.<br />

Spannungsverhältnis analoge und<br />

digitale Bancassurance-Kooperationen<br />

Etwa drei Viertel der großen Banken unterhalten<br />

neben traditionellen Partnerschaften<br />

mit Versicherern auch Kooperationen<br />

im Bereich digitale Bancassurance. Dabei<br />

setzen immer mehr Banken auf erfahrene<br />

Technologieanbieter. Der Grund dafür ist<br />

das Spannungsverhältnis zwischen Bank<br />

und Versicherung in Verbindung mit dem<br />

sich ständig verändernden Kundenverhalten:<br />

um dauerhaft angemessen auf <strong>Markt</strong>veränderungen<br />

und die steigende Nachfrage<br />

an digitalen Finanzdienstleistungen<br />

zu reagieren, erfordert es digitale Kompetenz<br />

auf der jeweiligen Partnerseite. Bei<br />

häufig über mehrere Jahre geschlossenen<br />

Kooperationen ist nicht gegeben, dass<br />

diese Kompetenz auch auf beiden Seiten,<br />

sowohl Bank als auch Versicherung, gleichermaßen<br />

vorhanden ist.<br />

Zukunft in der Bancassurance:<br />

Integration & Relevanz<br />

Die Bancassurance der Zukunft erzeugt<br />

Kundenmehrwert durch Verzahnung mit<br />

Bankprozessen. Das daten- und anlassgesteuerte<br />

CRM schlägt das klassische<br />

CRM per Gießkanne, Schaufenster oder<br />

Bauchladen. Tugenden der etablierten<br />

Versicherer werden im <strong>Markt</strong> durch Tech-<br />

Expertise und Omni-Kanal-Nutzerfreundlichkeit<br />

ergänzt. Jüngere, agil operierende<br />

Organisationsformen sind meist führend<br />

bei Technologie, IT-affinem Mindset und<br />

internationalen Tech-Talenten.<br />

Autor: www.friendsurance.de<br />

Quelle: © REDPIXEL - AdobeStock.com<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

97


FinanzBusinessMagazin I BANCASSURANCE<br />

Ertragsstarke Banken und<br />

Versicherer setzen auf eine<br />

erfolgsorientierte<br />

Über viele Jahre wurden Unternehmenskultur<br />

und Unternehmenserfolg<br />

in der Finanzdienstleistungsbranche<br />

kaum im Zusammenhang<br />

gesehen. Gute Zahlen galten als Resultat<br />

einer schlagkräftigen, hierarchisch aufgestellten<br />

Organisation. Weiche Faktoren<br />

wie Teamorientierung waren dagegen vernachlässigbar<br />

und bestenfalls Resultat<br />

des Führungsstils der jeweiligen Verantwortlichen.<br />

Das hat sich durch den Erfolg<br />

neuer Player im Finanzsektor grundlegend<br />

geändert.<br />

Wie die aktuelle Transformationsstudie<br />

von zeb zeigt, verfügen inzwischen nahezu<br />

alle ertragsstarken Banken und Versicherer<br />

über eine Erfolgskultur, die sich<br />

deutlich von den Unternehmenskulturen<br />

ertragsschwächerer Unternehmen in diesem<br />

Segment unterscheidet. Zwar erfordert<br />

eine nachhaltige Kulturarbeit stets<br />

einen relativ hohen Aufwand, aber dieser<br />

zahlt sich aus: in leistungsfähigeren Mitarbeitenden,<br />

hoher Kundenzufriedenheit<br />

und eben einer steigenden Rentabilität der<br />

eigenen Organisation.<br />

Studienautor Christian von Schirach, Senior<br />

Manager bei zeb, führt aus: “Wir haben<br />

erfolgreiche Banken und Versicherer<br />

mit weniger erfolgreichen verglichen und<br />

deutliche Unterschiede festgestellt. Unsere<br />

Studie zeigt, die Unternehmenskultur<br />

ist ein entscheidender Hebel für den<br />

wirtschaftlichen Erfolg der eigenen Organisation,<br />

wenn sie richtig verstanden und<br />

strategisch fortentwickelt wird.”<br />

Wesentliche kulturelle Unterschiede<br />

Bei den wichtigsten Faktoren für eine erfolgsorientierte<br />

Unternehmenskultur steht<br />

nach Ansicht der Studienautor(inn)en eine<br />

klare Teamorientierung an erster Stelle.<br />

So können ertragsstärkere Unternehmen<br />

in der Banken- und Versicherungsbranche<br />

eine 71 % höhere Teamorientierung<br />

vorweisen als weniger erfolgreiche. Ähnlich<br />

zentral ist der Wille, Veränderungen<br />

zu provozieren: 60 % der erfolgreichen<br />

Unternehmen sind veränderungsbereiter<br />

als weniger erfolgreiche. Bei den Skills Offenheit<br />

und Vertrauen liegen erfolgreiche<br />

Unternehmen um 46 % über weniger erfolgreichen,<br />

im Umgang mit Transparenz<br />

gegenüber Informationen und Entscheidungen<br />

um 43 %.<br />

Dr. Christina Block, Managerin bei zeb,<br />

führt aus: “Während weniger erfolgreiche<br />

Unternehmen der Banken- und Versicherungsbranche<br />

den Blick auf ihre Unternehmenskultur<br />

vernachlässigen, arbeiten<br />

erfolgreiche Unternehmen konsequent<br />

daran. Wir konnten feststellen: Fehlt eine<br />

operationalisierte HR-Strategie, wird Erfolg<br />

in der Regel zum rechnerischen Zufall.”<br />

Stringente HR-Strategie<br />

als Schlüssel zum Erfolg<br />

Quelle: © Jeanette Dietl - Fotolia.com<br />

Vor diesem Hintergrund zeigt die Studie,<br />

dass eine ausformulierte HR-Strategie<br />

eine große Hebelwirkung haben kann. Institute<br />

mit einer konkretisierten HR-Strategie<br />

erzielen eine 74 % höhere Leistungsfähigkeit<br />

im Transformationsmanagement<br />

98 <strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong>


BANCASSURANCE I FinanzBusinessMagazin<br />

Quelle: © ipopba - AdobeStock.com<br />

und eine 60 % bessere Leistung im Kompetenzmanagement.<br />

HR-Prozesse ohne<br />

eine konkretisierte HR-Strategie an der<br />

Basis anzugehen, führt dagegen öfter zu<br />

wirkungsarmen Veränderungen ohne tatsächlichen<br />

wirtschaftlichen Nutzen.<br />

Die Studienautor(inn)en stellten zudem<br />

fest, dass 60 % der erfolgreichen Unternehmen<br />

kontinuierlich an individuellen<br />

und an der Praxis orientierten Führungskompetenzen<br />

arbeitet. Die Ausgestaltung<br />

der Qualifizierung von Führungskräften<br />

rückt damit nah an die Geschäftsbereiche<br />

heran und nimmt eher ganze Teams als<br />

einzelne Akteure in den Fokus.<br />

70 % der erfolgreichen Unternehmen<br />

stellen außerdem Teams ins Zentrum wesentlicher<br />

HR-Instrumente, indem sie beispielsweise<br />

mit Teamzielen und kurzen<br />

Zielzyklen arbeiten. Diese sorgen dafür,<br />

dass Ziele leichter erreicht, immer wieder<br />

überprüft und dann ggf. angepasst werden<br />

können.<br />

Fabian Möller, Senior Consultant bei zeb,<br />

bemerkt abschließend: “Ziele müssen motivierend<br />

und konkret messbar sein. Auf<br />

diese Weise können Führungskräfte und<br />

Mitarbeitende besser an der Zielerreichung<br />

arbeiten und in kleineren Schritten<br />

auf das Ziel zusteuern. Das nutzt den<br />

Teams und wirkt als wichtiger Beitrag zum<br />

Erfolg des gesamten Unternehmens.”<br />

Die zeb.Transformationsstudie <strong>2022</strong><br />

Für die aktuelle Studie hat zeb im Herbst<br />

und Winter 2021 über 1.000 Unternehmen<br />

der Finanzindustrie in Deutschland,<br />

Österreich und der Schweiz befragt.<br />

150 Unternehmen haben teilgenommen<br />

und dafür einen umfangreichen Katalog<br />

von rund 30 Kriterien auf einer Skala von<br />

0 (Kriterium sehr schwach ausgeprägt)<br />

bis 100 (Kriterium sehr stark ausgeprägt)<br />

beantwortet. Weitere Details zur Studie<br />

sind abrufbar unter Transformationsstudie |<br />

zeb (zeb-consulting.com).<br />

Als führende Strategie- und Managementberatung<br />

bietet zeb seit 1992 Transformationskompetenz<br />

entlang der gesamten<br />

Wertschöpfungskette im Bereich Financial<br />

Services in Europa. In Deutschland unterhalten<br />

wir Büros in Frankfurt, Berlin,<br />

Hamburg, München und Münster (Hauptsitz).<br />

Internationale Standorte befinden<br />

sich in Amsterdam, Kiew, Kopenhagen,<br />

London, Luxemburg, Mailand, Moskau, Oslo,<br />

Stockholm, Warschau, Wien und Zürich.<br />

Zu unseren Kunden zählen neben europäischen<br />

Groß- und Privatbanken auch<br />

Regionalbanken und Versicherungen sowie<br />

Finanzintermediäre aller Art. Mehrfach<br />

wurde unser Unternehmen in Branchenrankings<br />

als “Bester Berater” der<br />

Finanzbranche klassifiziert und ausgezeichnet.<br />

Autor: www.zeb.de<br />

<strong>BANKING</strong> <strong>Markt</strong> + Trends <strong>2022</strong><br />

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