PIPER Literatur Vorschau

EDITORIAL
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,
dass Einsamkeit auch ein Zustand sein kann, der sich genießen
lässt, haben die Pandemiejahre etwas in Vergessenheit
geraten lassen. Katharina jedoch, Inhaberin einer Buchhandlung
auf 1700 Metern Höhe, liebt gerade die Wintermonate
auf ihrem »Bücherberg«, in denen ihr Laden geschlossen ist
und sie Zeit für sich hat. Doch als sie in klirrender Kälte auf
einen verirrten Wanderer stößt, ist es mit der Ruhe vorbei –
und die rasante Geschichte, die HEINRICH STEINFEST in
seinem neuen Roman »Der betrunkene Berg« erzählt, nimmt
ihren so schicksalhaften wie fantasievollen Lauf.
Einsam ist auch Gereon Rath in VOLKER KUTSCHERS
»Transatlantik« – und weit weg von seinem vertrauten Leben
im Berlin des Jahres 1937. Die einen behaupten, Gereon sei
auf der Flucht ertrunken, andere erklären ihn für verschollen.
Selbst Gereons Frau Charly weiß nicht, ob er es an Bord der
Hindenburg geschafft hat – und damit in die USA. Ohnehin
hat Charly eigene Sorgen. Ihr Ziehsohn Fritze ist untergetaucht,
und dann verschwindet auch noch ihre Freundin
Greta. Charly beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln – und
entdeckt ein Verbrechen ungeahnten Ausmaßes.
Mit Honorée Fanonne Jeffers und Jonathan Escoffery stellen
wir Ihnen zwei der aufregendsten neuen literarischen Stimmen
Amerikas vor. HONORÉE FANONNE JEFFERS, deren
Roman im vergangenen Jahr Kritik wie Publikum im Sturm
eroberte, legt mit »Die Liebeslieder von W.E.B. Du Bois«
eine Saga über eine afroamerikanische Familie vor, die
mehrere Jahrhunderte und Kontinente umspannt. Und auch
JONATHAN ESCOFFERY erzählt eine Familiengeschichte,
wie sie gegenwärtiger nicht sein könnte. »Falls ich dich
überlebe« handelt vom existenziellen Ringen eines jungen
Mannes mit den Folgen der Migration und den Widersprüchen
seiner kulturellen Wurzeln.
Eine der einsamsten Gestalten der europäischen Geschichte
war Jeanne d’Arc. HELMUT KRAUSSER verwebt ihr Schicksal
mit dem einer weiteren unerhörten Freiheitskämpferin in »Wie
das mit Jeanne begann« zu einem furiosen Roman. Und
HELENA JANECZEK beschäftigt sich in »Die Schwalben von
Montecassino« mit der historischen Schlacht von 1944 und
den Narben, die der Krieg den Überlebenden hinterlässt.
Im Namen aller bei Piper und im Berlin Verlag wünsche
ich Ihnen erfüllte Lesestunden.
Ihre
© SLAVICA