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TITELTHEMA

Münchner Ärztliche Anzeigen

Welche der folgenden Aussagen erklärt Ihrer Meinung nach

am besten, dass es deutlich weniger Frauen in Führungspositionen

gibt als Männer?

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen

erschweren die Karrierechancen

41

%

Frauen fehlt der berufliche Ehrgeiz

Es gibt zu viele konservative

Rollenbilder und Vorurteile

Frauen werden im Beruf benachteiligt

3,6

%

23,4

%

28,4

%

Karin Lange ist Referentin für

Verbandskommunikation beim

Marburger Bund Bayern.

Foto: Daniela Müller

Es gibt zu wenige weibliche Vorbilder

3,6

%

10% 20% 30% 40% 50%

Woran liegt es also, dass Frauen

immer wieder an die „gläserne

Decke“ stoßen?

Schniewindt: Aus meiner Sicht sind

tatsächlich häufig überkommene

Rollenbilder das Hauptproblem. Die

sind unterbewusst noch immer in

der Gesellschaft präsent und finden

sich auch am Patientenbett wieder.

Auch wenn sie sich mit voller Funktion

vorstellen, beim Hinausgehen

wird Frau vielfach immer noch mit

„Schwester, …“ angesprochen. Ein

Klassiker, noch heute. Oder man

muss im Notarzt-Einsatz dreimal

nach einem großen Zugang fragen,

bevor man die entsprechende Größe

auch wirklich angereicht bekommt,

weil es einem als jung und weiblich

nicht zugetraut wird.

Frau Konietzko, wie haben Sie es

schließlich doch geschafft, eine

Führungsposition zu erreichen?

Konietzko: Durch Fleiß, Hartnäckigkeit,

Aneignung operativer Fähigkeiten

in Überstunden und Nachtdiensten

und durch den Erwerb von

Zusatzqualifikationen. Meine Facharztweiterbildung

habe ich komplett

in Vollzeit absolviert, da ich sonst

meinen OP-Katalog nicht vollbekommen

hätte. Danach und im Jahr nach

der Geburt meines zweiten Kinds,

bin ich auf eine 80-Prozent-Stelle

gewechselt. Weniger als 80 Prozent

habe ich aber auch nach der Geburt

meines dritten Kinds nie gearbeitet.

Mir war klar, dass ich mit weniger als

80 Prozent nicht oder nur noch sehr

selten in den OP eingeteilt würde.

Können Sie verstehen, dass Chefs

von Frauen eine Entscheidung zwischen

Kindern und Karriere verlangen?

Im Arztberuf hat man schließlich

eine besondere Verantwortung.

Schniewindt: Nein. Es macht mich

im Gegenteil sehr wütend und ist

aus meiner Sicht vorgeschoben,

damit man in alten Mustern verharren

kann. Man könnte auch einfach

überlegen: Wie kann ich Eltern trotzdem

eine Karriere ermöglichen? Wie

muss ich den Klinikalltag dafür verändern?

Dafür sehe ich derzeit leider

nicht viel Motivation.

Konietzko: Leider lassen sich nach

meiner Erfahrung an einer Universitätsklinik

Karriere und Familie derzeit

tatsächlich nur sehr schwer mit

einander vereinbaren. Während der

letzten beiden Jahre wurde unsere

städtische Klinik in eine Universitätsklinik

umgewandelt. Im Anschluss

an durchschnittlich zehn Stunden

klinische Tätigkeit wird Engagement

in Forschung und Lehre erwartet.

Das sind maximal ungünstige

Bedingungen für Mütter. Aber die

Medizin wird sich wandeln. Die Zeit

spielt für uns. Die Medizin wird weiblicher

– das zeigen die mehr als 60

Prozent Medizinstudentinnen. Frauen

sind durchaus selbstbewusst

genug, um diesen Beruf zu ergreifen.

Wer zwölf Stunden arbeitet und

anschließend noch forscht, leistet

sehr viel. Gibt es dazu überhaupt

eine Alternative?

Konietzko: Ich halte nichts von übertriebener

Heroik. Eine ärztliche Tätigkeit

kann aus meiner Sicht nur dann

verantwortungsbewusst durchgeführt

werden, wenn sie zeitlich begrenzt

ist. Dafür braucht es aber genügend

Personal. Wir beim Marburger Bund

setzen uns dafür und für eine gute

Ausbildung ein. Insbesondere Frauen

mit Kinderwunsch sollten ihre Ausund

Facharztweiterbildung fest im

Blick haben und einfordern. Hierfür

lohnt sich das Mitarbeitergespräch

mit dem/der Vorgesetzten, auch um

über mögliche Projekte während der

Elternzeit und darüber hinaus zu

sprechen. Frauen sollten sich auch

mit ihren Lebenspartnern bezüglich

der Kinderbetreuung v.a. im Krankheitsfall

absprechen. Alte Rollenbilder

existieren leider nicht nur in

den Köpfen älterer Chefärzte, sondern

auch bei jungen Ärztinnen.

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