Leseprobe Paris und das Kino
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ist, <strong>das</strong>s dieser grandiose Film die Spannung fast unerträglich<br />
werden lässt. Sprengt er, sprengt er nicht? Natürlich wissen wir,<br />
<strong>das</strong>s <strong>Paris</strong> gerettet wird, dennoch fiebere ich mit. Die Zerstörung<br />
von <strong>Paris</strong>? Nicht auszudenken!<br />
Das hätte auch bedeutet: keine <strong>Paris</strong>-Filme mit dem Eiffelturm,<br />
dem Louvre oder dem Place de la Concorde als Kulisse.<br />
<strong>Paris</strong> ohne Monumente, ohne alte Straßen <strong>und</strong> Gassen, ohne<br />
eine Atmosphäre, wie wir sie aus späteren Filmen kennen. Und<br />
auch keine deutsch-französische Fre<strong>und</strong>schaft, jedenfalls keine<br />
so innige.<br />
Schlöndorffs Film basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück<br />
von Cyril Gély, <strong>das</strong> 2011 im Théâtre de la Madeleine, 19 Rue de<br />
Surène uraufgeführt wird. Gély <strong>und</strong> Schlöndorff adaptieren es<br />
für den Film. Neben dem General <strong>und</strong> dem Konsul ist die Stadt<br />
selbst die dritte Protagonistin: immer präsent, sichtbar, greifbar.<br />
Von Choltitz hat aus seinem Hotelfenster einen ausgezeichneten<br />
Blick auf <strong>Paris</strong>, <strong>das</strong> wie ein Museum unter freiem Himmel<br />
erscheint. Der Eiffelturm schwebt majestätisch am Horizont, die<br />
Stadt schimmert im Schein der Augustsonne. Am Abend wird<br />
dann der perfide Zerstörungsplan besprochen. Ein französischer<br />
Architekt, dem man seinen Schmerz <strong>und</strong> seine Qualen ansieht,<br />
rollt in der Hotelsuite Stadtpläne aus. Er erklärt, was passiert,<br />
wenn die Minen in <strong>Paris</strong> explodieren: Die Seine würde über die<br />
Ufer treten, die Stadt unter Wasser setzen <strong>und</strong> h<strong>und</strong>erttausende<br />
<strong>Paris</strong>er Zivilisten müssten sterben.<br />
Der General <strong>und</strong> der schwedische Konsul liefern sich die ganze<br />
Nacht hindurch ein gewaltiges Wortgefecht. Der Deutsche<br />
scheint ins Wanken zu kommen – auch er ist inzwischen von<br />
Hitlers Wahnsinn überzeugt, aber er bangt um seine Familie in<br />
Deutschland. Für sie fürchtet er Repressalien, Gefängnis oder<br />
die Todesstrafe, wenn er den Gehorsam verweigert. Sein Befehl<br />
an <strong>das</strong> Sprengkommando zögert sich hinaus, <strong>und</strong> bis zum letz-<br />
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