NW 25.05.2022
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Sonderveröffentlichung<br />
Autounfall – was tun?<br />
Expertentipps, was es zu beachten gilt – an der Unfallstelle und im Nachgang<br />
Ein Autounfall ist bei aller<br />
Umsicht schnell passiert –<br />
und oft wird man zum<br />
Unfallbeteiligten, wenn<br />
einen keine Schuld trifft.<br />
Gerade deshalb gilt es<br />
einige Dinge zu beachten,<br />
wenn es gekracht hat.<br />
An der Unfallstelle gelten der<br />
Eigenschutz und die Absicherung<br />
der Unfallstelle als<br />
wichtigstes Gebot. Nicht zu<br />
vergessen die Warnweste und das<br />
Warndreieck. Ist eine Person verletzt,<br />
sollte Erste Hilfe geleistet und<br />
bei Bedarf der Rettungsdienst<br />
alarmiert werden.<br />
In einem nächsten Schritt sollten<br />
dann die Daten der Unfallbeteiligten<br />
ausgetauscht werden. Es empfiehlt<br />
sich auch, ein oder zwei schnelle Bilder<br />
der Unfallstelle mit dem Smartphone<br />
zu machen. Dies kann für die<br />
Schuldfrage entscheidend sein. Hier<br />
ist es sinnvoll, nicht nur den eigenen<br />
Schaden zu fotografieren, sondern<br />
auch das gegnerische Fahrzeug und<br />
dessen Kennzeichen. Der Halter des<br />
Fahrzeuges kann über das Kennzeichen<br />
zuverlässig bestimmt werden.<br />
Ist die Schuldfrage unklar oder ein<br />
Unfallbeteiligter weigert sich, seine<br />
Daten zu nennen, sollte die Polizei<br />
hinzugezogen werden. Bei geringfügigen<br />
Schäden und klarer Schuldfrage<br />
bietet es sich meist an, nach Absprache<br />
mit den anderen Beteiligten<br />
den Unfallort zu verlassen. Beispielsweise<br />
kann auf den nächstmöglichen<br />
Parkplatz ausgewichen werden, um<br />
das Verkehrsgeschehen nicht zu behindern<br />
und weitere Gefährdungspotenziale<br />
zu minimieren.<br />
Wenn ein geparktes Fahrzeug beschädigt<br />
wird, sollte man die Unfallstelle<br />
vorerst nicht verlassen. Man ist<br />
verpflichtet, ausreichend lange zu<br />
warten und im Anschluss seine Daten<br />
am beschädigten Fahrzeug zu hinterlassen.<br />
Je nach Schwere des Unfalls ist<br />
eine Wartezeit zwischen 30 bis 90 Minuten<br />
angemessen. Sollte der Besitzer<br />
über längere Zeit nicht ausfindig gemacht<br />
werden können, empfiehlt sich<br />
auch hier ein Anruf bei der Polizei,<br />
um eine Anzeige wegen Fahrerflucht<br />
zu verhindern.<br />
Nun folgt die Unfallabwicklung.<br />
Generell muss man zwischen zwei<br />
Fällen differenzieren. Dem Haftpflichtfall<br />
und dem Kaskofall. Ein<br />
Haftpflichtfall liegt vor, wenn ein<br />
Kraftfahrzeug schuldhaft von einem<br />
anderen Verkehrsteilnehmer beschädigt<br />
wird. Der Unfallverursacher ist<br />
gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch<br />
(BGB) §823 und §249 verpflichtet, dem<br />
Geschädigten den Schaden zu ersetzen.<br />
Grundvoraussetzung für die Teilnahme<br />
am Straßenverkehr ist eine<br />
KFZ-Haftpflichtversicherung.<br />
Beispiel für einen Haftpflichtfall<br />
Verkehrsteilnehmer A beschädigt Verkehrsteilnehmer<br />
B das geparkte Auto<br />
schuldhaft beim Ausparken. A ist der<br />
Unfallverursacher, B der Geschädigte.<br />
Für das Fahrzeug B liegt ein Haftpflichtschaden<br />
vor. Verursacher A<br />
bzw. dessen Versicherung muss für die<br />
Kosten am Fahrzeug des Geschädigten<br />
B aufkommen. Im Haftpflichtfall<br />
muss die Haftpflichtversicherung des<br />
Unfallverursachers die entstandenen<br />
Kosten des Geschädigten übernehmen.<br />
Bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall<br />
bietet es sich an, einen unabhängigen<br />
Kfz-Sachverständigen zu<br />
beauftragen. Dieser ermittelt die Schadenshöhe.<br />
Bei Bedarf werden weitere<br />
Kennzahlen wie zum Bespiel der Restwert<br />
des Fahrzeugs nach dem Unfall<br />
oder der Wiederbeschaffungswert des<br />
Fahrzeuges vor dem Unfall bestimmt.<br />
foto: © auremar - Stock.adoBe.com<br />
Bei Vorliegen eines Haftpflichtfalls<br />
stellt der KFZ- Sachverständige auch<br />
bei Bedarf die merkantile Wertminderung<br />
fest. Oft bieten Versicherungen<br />
bei Verkehrsunfällen dem Geschädigten<br />
eine unbürokratische Abwicklung<br />
des Schadens an und schlagen einen<br />
hausinternen Gutachter vor. Es ist jedoch<br />
gut zu wissen, dass der Geschädigte<br />
grundsätzlich nicht verpflichtet<br />
ist, diesen Vorschlag zu akzeptieren.<br />
Der Gutachter ist im Namen seines<br />
Auftraggebers, der Versicherung, tätig<br />
und vertritt daher grundsätzlich in<br />
erster Linie dessen Interessen. Ein<br />
ähnlicher Fall liegt vor, wenn eine<br />
Werkstatt oder der Abschleppdienst<br />
selbst ein Gutachten erstellen will. Die<br />
Neutralität ist hierbei nicht gegeben<br />
und das Gutachten ist anfechtbar oder<br />
schlicht ungültig.<br />
Daher empfiehlt sich im Haftpflichtfall<br />
der Weg zu einem freien<br />
und unabhängigen Gutachter. Die Entscheidung<br />
liegt hier allein beim Geschädigten,<br />
es besteht ein Anrecht auf<br />
eine eigenständige Gutachterwahl. Im<br />
Kfz-Haftpflichtfall muss die Versicherung<br />
des Geschädigten neben dem eigentlichen<br />
Schaden auch die Kosten<br />
des Gutachters übernehmen. Ein freier<br />
Gutachter erhält keine Provision<br />
von der Versicherung für den Auftrag<br />
und ist ebenfalls an keine Werkstatt<br />
gebunden.<br />
Im Anschluss hat der Geschädigte<br />
eine Vielzahl an Möglichkeiten. Zur<br />
Auswahl steht eine fachgerechte Reparatur<br />
in der gewünschten Werkstatt<br />
oder die Ausbezahlung gemäß Gutachten.<br />
Wichtig hierbei ist, dass im<br />
Abrechnungsfall nur ein Anspruch auf<br />
die Nettoreparaturkosten besteht, da<br />
die Mehrwertsteuer erst bei Durchführung<br />
der Reparatur entsteht.<br />
Gut zu wissen ist auch, dass der Geschädigte<br />
für die Dauer der Reparatur<br />
einen Anspruch auf einen Nutzungsausfall<br />
oder ein Ersatzfahrzeug hat.<br />
Der Geschädigte hat im Haftpflichtfall<br />
die Möglichkeit, sich anwaltlich<br />
vertreten zu lassen. Bei eindeutiger<br />
Schuldfrage muss auch hier die Versicherung<br />
des Verursachers die Anwaltskosten<br />
des Geschädigten übernehmen.<br />
In vielen Fällen kann hierdurch<br />
mit mehr Nachdruck vorgegangen<br />
und die Abwicklung beschleunigt<br />
werden. Der Anwalt betreut den Geschädigten<br />
juristisch und wird unter<br />
anderem bei möglichen Kürzungen<br />
durch die Versicherung tätig.<br />
Hat es gekracht und es sind kaum<br />
Schäden am Fahrzeug zu erkennen,<br />
lohnt sich in der Praxis trotzdem der<br />
Gang zu einem freien Kfz-Sachverständigen.<br />
Oftmals können Schäden,<br />
welche auf den ersten Blick kaum ersichtlich<br />
sind, später hohe Kosten und<br />
Probleme verursachen.<br />
Beim Kaskofall sieht die Sache anders<br />
aus. Generell ist eine Kaskoversicherung<br />
freiwillig. Je nach Vertrag<br />
und Versicherungsumfang sind auch<br />
selbstverschuldete Schäden am eigenen<br />
Fahrzeug beinhaltet. Hier besteht<br />
eine Vertragsbindung mit der eigenen<br />
Versicherung und die Versicherung<br />
bestimmt den Gutachter. Die freie<br />
Gutachterwahl gilt hier nicht. Im Kaskofall<br />
sind die Versicherungen in der<br />
Regel mit einem Kostenvoranschlag<br />
einer Fachwerkstatt anstelle eines<br />
Gutachtens einverstanden.<br />
Bei Unklarheiten in der Unfallabwicklung<br />
ist es nie verkehrt, einen unabhängigen<br />
Gutachter aufzusuchen.<br />
Nach einem kurzen Gespräch zur Unfallsituation<br />
kann der Gutachter Ratschläge<br />
für den weiteren Ablauf aussprechen,<br />
auch selbst wenn er nicht<br />
tätig wird. most, Florian Bosch<br />
Bei unklarheiten in der unfallabwicklung ist es nie verkehrt, einen unabhängigen<br />
gutachter aufzusuchen.<br />
foto: © induStrieBlick - Stock.adoBe.com