LD50 2. Ausgabe 2022
Truppenzeitung der ABC-Abwehr und AFDRU
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THEMA I
Natürlich muss man auch das Erdmagnetfeld berücksichtigen, das den bewegten Elektronen
eine Zusatzkraft aufzwingt und diese für kurze Zeit in einer Korkenzieher-ähnlichen
Bahn bewegen lässt. Durch die kreisähnlichen Bewegungen der Elektronen ist auch der
magnetische Dipol zur Erde gerichtet.
Als Resultat kann man an der Erdoberfläche kurzfristig elektrische Felder bis zu 50 kV/m
und magnetische Felder bis zu 130 A/m messen. Somit entspricht eine Nuklearwaffendetonation
funktechnisch einem Sender mit einem sehr breitbandigen Frequenzpaket (Hz bis
GHz) und einer kurzen gepulsten enormen Sendeleistung.
Ein zusätzlicher Effekt wird durch das hochenergetische Elektron des Compton-Effekts erzeugt.
Jedes Elektron produziert auf seiner Flugbahn durch die Luft ungefähr 10.000 Elektronen-Ionen-Paare,
wodurch ein großer Bereich der Atmosphäre ionisiert wird und nicht
nur in Polarnähe eine Lichterscheinung ähnlich einer Aurora möglich macht.
Abb. 4: Compton-Effekt: Die Gammastrahlung schlägt
ein Elektron aus der Atomhülle. Das hochkinetische
Elektron ionisiert auf seiner Wegstrecke zahlreiche
Elektronen-Ionen-Paare (Bild: Michael Schrenk)
Prinzipiell lässt sich der zeitliche Verlauf eines NEMP in drei Phasen unterteilen, wobei die
erste Phase für den schlagartigen Anstieg der hohen Feldstärken verantwortlich und daher
die wichtigste ist. Die Phasen 2 und 3 sind durch schwächere Sekundäreffekte geprägt, die
nur das Abklingverhalten des Impulses verändern.
NEMP aus atmosphärischer oder bodennaher Detonation
Nach der Beschreibung der Grundlagen anhand des Exo-NEMP können nun die Effekte bei
atmosphärischen und bodennahen Detonationen leichter erklärt werden. Abbildung 8 zeigt
die unterschiedliche Ausbildung und Lage der Quellregionen bei verschiedenen Detonationshöhen.
Abb. 5: Anstieg der NEMP-Amplitude in nur 4 ns
verglichen mit der EMP-Amplitude eines Blitzes
(Bild: Michael Schrenk)
Beim interatmosphärischen NEMP (Endo-NEMP) wird die Gammastrahlung unmittelbar
nach der Detonation in der Atmosphäre abgeschwächt. Die Quellregion hat die Form einer
Kugel mit wenigen km Durchmesser. Es entsteht ein hinauf und abwärts gerichtetes Feld,
welches sich größtenteils selbst aufhebt. Daher sind die Folgen eines Endo-NEMP wesentlich
schwächer als bei einem Exo-NEMP.
Der NEMP aus einer Boden- oder bodennahen Detonation wird in der Quellregion in Form
einer Halbkugel mit 2 bis 3 km Radius erzeugt. Auch hier schwächt die Atmosphäre die
Gammastrahlung direkt nach der Detonation ab. Das Erdreich dient als Leiter für die Elektronen
des Compton-Stroms, welche zum Detonationspunkt zurückwandern. Es entsteht
ein nach oben gerichteter Dipol. Die Feldstärken außerhalb der Quellregion sind vernachlässigbar,
während die hohen Feldstärken in der Quellregion aufgrund der zerstörerischen
Wirkung von Hitze, Strahlung und Druck nur mehr eine unbedeutende Rolle spielen.
Abb. 6: Das Frequenzspektrum des NEMP ist sehr
breitbandig und beinhaltet Lang-, Standardkommunikations-
und Radarwellenlängen
(Bild: Michael Schrenk)
NEMP-Optimierung
Um die Effekte eines NEMP zu steigern, bieten sich drei Parameter an: eine höhere Sprengkraft,
eine größere Höhe der Detonation über dem Boden und das inhomogene Erdmagnetfeld.
Kernspaltungsbomben (Fissionsbomben) werden bis zu wenigen 100 KT Sprengkraft gebaut.
Höhere Sprengkräfte werden durch Kernverschmelzungsbomben (Fusions- oder Wasserstoffbomben)
erreicht, wobei der hohe Druck und die hohen Temperaturen für die Kernfusion
immer über eine Fissionsbombe initiiert werden. Um Druck und Temperatur
kurzzeitig von der Fissions- auf die Fusionsbombe zu übertragen, sind beide in ein dickes
Urangehäuse eingebaut. Dieses absorbiert bis zu 95 % der entstehenden Gammastrahlung.
Mit einer zusätzlichen Vorionisierung der Atmosphäre durch die Fissionsbombe bleibt
die zusätzliche Steigerung des NEMP-Effekts sehr gering. Daher sind Kernspaltungsbomben
gleicher oder geringerer Sprengkraft effizienter als Fusionsbomben. Testserien haben
ergeben, dass bereits eine 10 KT Kernspaltungsbombe 40 % der NEMP-Effektivität einer
Wasserstoffbombe mit 1.440 KT (1,44 MT) erreicht.
Abb. 7: Der reale NEMP zeigt viele Sekundäreffekte,
unterteilt sich in drei Phasen und dauert bis zu 10 s
(Bild: Michael Schrenk)
Abb. 8: Ausbildung und Lage der NEMP-Quellregionen
bei unterschiedlichen Detonationshöhen
(Bild: Michael Schrenk)
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