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NÖV - Bezirksregierung Köln - Landesregierung Nordrhein-Westfalen

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<strong>NÖV</strong><br />

Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Ausgabe 2/2011<br />

www.mik.nrw.de


<strong>NÖV</strong><br />

Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Ausgabe 2 / 2011<br />

www.mik.nrw.de


Vorwort<br />

Aufsätze / Abhandlungen<br />

Inhalt<br />

Zur weiteren Entwicklung der amtlichen Grundstückswertermittlung in<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Klaus Mattiseck<br />

50 Jahre Gutachterausschüsse in Deutschland und speziell in NRW<br />

Rainer Höhn, Hans-Wolfgang Schaar<br />

Der Grundstücksmarkt in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> 2010<br />

Andreas Pelke<br />

Die Gutachterausschüsse hebeln die Grundbesitzbewertung nicht aus!<br />

Anmerkungen zum Beitrag „Hebeln die Gutachterausschüsse die Grundbesitzbewertung<br />

aus?“ von Ingo Krause in NWB-EV 1/2011<br />

Klaus Mattiseck, Hans-Wolfgang Schaar<br />

Aufbau einer kreisweit einheitlichen Geodateninfrastruktur – Luxus oder<br />

Notwendigkeit?<br />

Michael Fielenbach, Dr. Bodo Bernsdorf<br />

ERICH-online – Die webbasierte Auswertung der EDM-Kalibrierung für<br />

die Vermessungsverwaltung in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Wolfgang Engelmayer, Walter Knapp, Michael Levin, Burckhardt Ahrens<br />

Generierung von Höhenmodellen aus automatischen Bildzuordnungsverfahren<br />

zur Herstellung von Orthophotos<br />

Stephanie Haas, David Arzdorf<br />

Nachrichten / Aktuelles<br />

Buchbesprechungen<br />

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4 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Von Klaus Mattiseck<br />

Vorwort<br />

Als Schriftleiter der <strong>NÖV</strong> habe ich es sehr bedauert, dass das Heft 1 dieses Jahrgangs erst so spät erscheinen konnte.<br />

Damit verzögerte sich auch etwas die Herausgabe dieses Heftes. Umso mehr freute mich das neue Layout des Titelblattes<br />

und die einheitliche Materialgestaltung des Heftes. Aber damit ist es nicht genug: Sie lernen dank der Öffentlichkeitsarbeit<br />

des Landes auch eine der modernsten Schrifttypen in unserem Nachrichtenblatt kennen.<br />

Nun zum Inhalt des Heftes:<br />

Dieses Jahr blicken wir stolz auf 50 Jahre des Bestehens der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte im Land<br />

NRW zurück. Diesen Anlass haben wir gebührend in einer Festveranstaltung in der altehrwürdigen Stadthalle Wuppertals<br />

feiern dürfen. Der festliche Rahmen wurde erst durch die Kooperation der AGVGA NRW e.V., des Bildungswerks<br />

des VDV e.V., des DVW NRW e.V. sowie des BdVI e.V. ermöglicht, denen ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank<br />

aussprechen möchte.<br />

In seinen Grußworten hat Herr Ministerialdirigent Winkel auf das hohe Ansehen der Gutachterausschüsse in der Gesellschaft,<br />

das diese aufgrund ihrer Unabhängigkeit und der fachlichen Kompetenz ihrer Gutachter genießen, hingewiesen.<br />

Gleichzeitig ist er aber auch auf die anstehende Weiterentwicklung der Grundstückswertermittlung und die<br />

dadurch bedingten Reformen kurz eingegangen, die in mehreren Beiträgen dieses Heftes ausführlicher behandelt werden.<br />

Der Festvortrag wurde von dem nicht nur von mir hochgeschätzten Professor Dr. Weiß gehalten, der nicht zuletzt auch<br />

wegen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit und seiner langjährigen persönlichen Erfahrung auf dem Gebiet der städtebaulichen<br />

Grundstückswertermittlung hierfür prädestiniert war. Ich freue mich, dass wir seinen „wohltemperierten“<br />

Vortrag im nächsten Heft der <strong>NÖV</strong> unseren Lesern noch einmal in Gänze vorstellen, beziehungsweise in Erinnerung<br />

bringen dürfen.<br />

Alles in Allem war es eine gelungene Veranstaltung in einem angemessenen Rahmen.<br />

Die weiteren zusätzlichen Beiträge des Heftes belegen eindrucksvoll die „fachliche Breite“ des öffentlichen Vermessungswesens;<br />

neben zwei rein ingenieurtechnisch ausgerichteten Beiträgen zur EDM-Kalibrierung sowie zur Generation<br />

von Höhenmodellen zeigt ein Aufsatz zum Thema kommunale Geodateninfrastruktur, wie vielseitig das berufliche<br />

Aufgabenspektrum der Geodäsie ist. Insbesondere im Hinblick auf die gegenwärtige Notwendigkeit der Gewinnung des<br />

zukünftigen Berufsnachwuchses, würde ich mir wünschen, dass dies von unseren Lesern in ihr persönliches Umfeld<br />

weiter getragen wird.<br />

Darüber hinaus möchte ich auf die aktuell verlaufende Umstrukturierung im Ministerium für Inneres und Kommunales<br />

NRW hinweisen. Das ursprünglich für das Kataster- und Vermessungswesen zuständige Referat 32 wurde zum 1. September<br />

2011 aufgeteilt in die zwei neu gebildeten Referate 36 und 37. Das Referat 36 ist nunmehr zuständig für die<br />

Grundsatzangelegenheiten im Vermessungs- und Katasterwesen, den Bereich der geodätischen Grundlagen sowie die<br />

Grundstückswertermittlung. Die Zuständigkeit des Referates 37 beinhaltet die Aufgabenbereiche der Geobasisinformationssyteme,<br />

des Geoinformationsmanagements und das Gebührenrecht im Vermessungs- und Katasterwesen und<br />

in der Grundstückswertermittlung.


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 5<br />

Aufsätze / Abhandlungen<br />

Zur weiteren Entwicklung der amtlichen Grundstückswertermittlung in<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Klaus Mattiseck<br />

1 Einleitung<br />

Die städtebauliche Grundstückswertermittlung hat vor<br />

dem Hintergrund der gesellschaftlichen und rechtlichen<br />

Entwicklung in Deutschland in den letzten drei<br />

Jahren einen geänderten Stellenwert erhalten, der die<br />

Bedeutung der Gutachterausschüsse des Landes und<br />

des Oberen Gutachterausschuss stärkt, aber diese<br />

Stellen auch vor neue Herausforderungen stellt. Zudem<br />

hat die gerade erlebte Bankenkrise sehr deutlich<br />

gemacht, wie sehr es darauf ankommt, die Immobilien,<br />

die beliehen werden, auch zutreffend zu bewerten;<br />

andernfalls kommt es zu Spekulationen, denen jedes<br />

Fundament fehlt.<br />

Hierdurch wird es noch mehr als bisher erforderlich,<br />

die zur Wahrnehmung der im 1. Teil des 3. Kapitels des<br />

Baugesetzbuches (BauGB)) festgelegten Aufgaben der<br />

Grundstückswertermittlung nach einheitlichen<br />

Grundsätzen wahrzunehmen (vgl. auch Beschluss des<br />

Bundesverfassungsgerichtes vom 07.11.2006 - 1 BvL<br />

10/02 -) und gleichzeitig die erforderlichen Ressourcen<br />

bei den zuständigen Stellen des Landes so effizient<br />

wie möglich einzusetzen.<br />

Dies wiederum erfordert nicht nur eine Bündelung der<br />

zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen<br />

Ressourcen, sondern auch eine grundlegende Überarbeitung<br />

der in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> geltenden Rechtsvorschriften.<br />

Die für die Grundstückswertermittlung zuständige<br />

oberste Landesbehörde, das Ministerium für Inneres<br />

und Kommunales, wird die Steuerung des gesamten<br />

Umstellungsprozesses vornehmen.<br />

Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Schritte von<br />

Seiten des Landes hierzu im Einzelnen eingeleitet werden<br />

sollen.<br />

2 Rechtliche Ausgangssituation und weiteres<br />

Vorgehen in NRW<br />

2.1 Allgemeines<br />

Die Vorsitzenden des Oberen Gutachterausschusses<br />

(OGA) und des Vorstands der Arbeitsgemeinschaft der<br />

Vorsitzenden der Gutachterausschüsse (AGVGA) haben<br />

bereits vor geraumer Zeit Anregungen zur Vereinheitlichung<br />

in der Grundstückswertermittlung in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

gegeben, die von Seiten der Obersten<br />

Landesbehörde aufgegriffen werden sollten, aus Sicht<br />

des Landes nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der<br />

Bedeutung von Grundstückswerten für das Neue<br />

Kommunale Finanzmanagement.<br />

2.2 Bundesrecht<br />

Mit dem Erbschaftssteuerreformgesetz vom 24. Dezember<br />

2008 (BGBl. I S. 3018) erhielt die geplante<br />

Entwicklung eine besondere Dynamik, die dazu führte,<br />

das soeben erstellte, zeitliche und inhaltliche Konzept<br />

des Landes zu überarbeiten und an die neuen rechtlichen<br />

Grundlagen anzupassen. Hierbei waren aus Sicht<br />

des damaligen Innenministeriums die mit Artikel 4 des<br />

Erbschaftssteuerreformgesetzes vorgenommenen<br />

Änderungen des Baugesetzbuches von Bedeutung,<br />

wonach insbesondere eine flächendeckende Zonierung<br />

der Bodenrichtwerte (neuer § 196 Abs. 1 BauGB) vorgeschrieben<br />

wurde.<br />

Außerdem wurde § 199 Abs. 1 BauGB neu gefasst, mit<br />

dem nunmehr die Bundesregierung ermächtigt wurde,<br />

mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung<br />

Vorschriften über die Anwendung gleicher<br />

Grundsätze bei der Ermittlung der Verkehrswerte und<br />

bei der Ableitung von Bodenrichtwerten und sonstiger<br />

für die Wertermittlung erforderlicher Daten zu erlassen.<br />

Damit wurde die bisherige Befugnis der Bundes-


6 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

regierung erheblich erweitert; gleichzeitig wurde die<br />

Ermächtigung der <strong>Landesregierung</strong>en, durch Rechtsverordnung<br />

die Ermittlung sowie Veröffentlichung der<br />

Bodenrichtwerte zu regeln, auf den Bereich der Veröffentlichung<br />

reduziert.<br />

Seit Erlass der Wertermitlungsverordnung vom 6. Dezember<br />

1988 (BGBL. I S. 2209) hatten sich die Bedingungen<br />

auf dem Grundstücksmarkt tief greifend geändert,<br />

so dass sich das Bundesministerium für Verkehr,<br />

Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) entschied, die<br />

Verordnung entsprechend den geänderten Rahmenbedingungen<br />

fortzuentwickeln. Ende 2008 wurde der<br />

beim BMVBS aufgestellte Entwurf einer Immobilienwertermittlungsverordnung<br />

- kurz: ImmoWertV -, der<br />

übrigens noch keine Regelungen zur Ableitung der<br />

Bodenrichtwerte enthielt, den für die Gutachterausschüsse<br />

zuständigen Landesministerien zur Stellungnahme<br />

übersandt. In der daraufhin ergangenen Stellungnahme<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>s wurde aufgrund der<br />

Änderung des § 199 BauGB insbesondere auf die Notwendigkeit<br />

zur Aufnahme von Regelungen zur Ermittlung<br />

der Bodenrichtwerte hingewiesen, die dann auch<br />

tatsächlich in § 10 der ImmoWertV aufgenommen wurden.<br />

Nach ausführlichen Beratungen beschloss die<br />

Bundesregierung am 1. April 2009 die ImmoWertV, der<br />

der Bundesrat mit fünf Maßgaben am 15. Mai 2009<br />

zustimmte. Diesen Maßgaben wiederum wollte die<br />

Bundesregierung nicht in allen Punkten entsprechen,<br />

so dass das BMVBS einen geänderten Entwurf der<br />

ImmoWertV aufstellte, der letztendlich dann von der<br />

Bundesregierung beschlossen wurde und der der Bundesrat<br />

in seiner Sitzung am 7. Mai 2010 zustimmte.<br />

Mit der ImmoWertV vom 19. Mai 2010 (BGBl. I S. 639),<br />

die am 1. Juli 2010 in Kraft trat, war dem BMVBS nunmehr<br />

der „Startschuss“ für die Erarbeitung von zwei<br />

Richtlinien gegeben, mit denen im Einzelnen das Verfahren<br />

zur Ermittlung von Bodenrichtwerten und zur<br />

Ermittlung von Sachwerten geregelt werden sollen.<br />

Die Bodenrichtwertrichtlinie wurde im Bundesanzeiger<br />

vom 11. Februar 2011 (Nr. 24, S. 597) veröffentlicht.<br />

Die Erarbeitung der Richtlinie zur Anwendung des<br />

Sachwertverfahrens ist noch nicht abgeschlossen. Die<br />

Regelungen der im Entwurf vorgelegten Richtlinie basieren<br />

im Wesentlichen auf den Normalherstellungskosten<br />

2010. Dies führt jedoch dazu, dass Gebäude<br />

älteren Herstellungsdatums - ca. 85 % der Gebäude -<br />

nicht nach der NHK 2010 eingeordnet werden können.<br />

Mit Normalherstellungskosten, die nur für die Bewertung<br />

von ca. 15 % der Gebäude geeignet sind, und der<br />

damit zwangsläufig erforderlichen Berechnung von Zu-<br />

und Abschlägen aufgrund besonderer objektspezifischer<br />

Grundstücksmerkmale nach Nr. 6 des Entwurfs<br />

wird der Sonderfall zum Regelfall, außerdem werden<br />

die Zu- und Abschläge so hoch, dass sie den Belangen<br />

des bisherigen Entwurfs selbst nicht mehr genügen.<br />

Dies ist nach Auffassung <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>s neben<br />

anderen Regelungen im Entwurf mit den Grundsätzen<br />

der städtebaulichen Grundstückswertermittlung nicht<br />

vereinbar. Bei der anstehenden Überarbeitung des<br />

Richtlinienentwurfs wirkt auch ein Vertreter NRWs mit;<br />

das Ergebnis bleibt abzuwarten.<br />

2.3 Recht der Grundstückswertermittlung in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Die Grundlagen des Rechts der Grundstückswertermittlung<br />

in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> enthält die Verordnung<br />

über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte<br />

(Gutachterausschussverordnung NRW - GAVO<br />

NRW) vom 23. März 2004 geändert durch Verordnung<br />

vom 10. Januar 2006 (SGV NRW 231). Hier werden im<br />

Wesentlichen<br />

: die Bildung und Zusammensetzung der Gutachterausschüsse<br />

: die Aufgaben der Gutachterausschüsse und ihrer<br />

Geschäftsstellen<br />

: die Verfahren bei den Gutachterausschüssen und<br />

: die Einrichtung, Aufgaben und Kosten des Oberen<br />

Gutachterausschusses und seiner Geschäftsstelle<br />

geregelt.<br />

Außerdem ist besonders hervorzuheben, dass das<br />

Land Rechtsträger der Gutachterausschüsse ist, und<br />

die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses bei der<br />

Gebietskörperschaft eingerichtet ist, für deren Bereich<br />

der Gutachterausschuss gebildet ist. Die Geschäftsstelle<br />

arbeitet nach Weisung des Gutachterausschusses<br />

oder seines vorsitzenden Mitglieds. Damit wird<br />

sichergestellt, dass die Aufgaben der Geschäftsstelle -<br />

wie z.B. die Einrichtung und Führung der Kaufpreissammlung<br />

oder die vorbereitenden Arbeiten für die<br />

Ermittlung der Bodenrichtwerte - unter Beachtung der<br />

hierzu von Bund und Land ergangenen Rechtsvorschriften<br />

erfolgen. Wegen der übergeordneten Aufgaben<br />

der Gutachterausschüsse nach dem Baugesetzbuch,<br />

die in der Herstellung der Transparenz auf dem<br />

Grundstücksmarkt und in der Erstattung von Gutachten<br />

über den Verkehrswert von bebauten und unbebauten<br />

Grundstücken sowie von Rechten an diesen<br />

liegen, muss die Selbständigkeit und Unabhängigkeit<br />

der Gutachterausschüsse und damit auch ihrer Geschäftstellen<br />

staatlich gewährleistet sein; besondere<br />

Interessenslagen (hierbei könnte es sich auch um<br />

kommunale Interessen handeln) dürfen bei der Wahrnehmung<br />

der Aufgaben der Gutachterausschüsse


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 7<br />

keine Berücksichtigung finden. Nach Alledem ist es nur<br />

folgerichtig, wenn die <strong>Bezirksregierung</strong> als Aufsichtsbehörde<br />

die Einhaltung der Rechtsvorschriften bei der<br />

Aufgabenwahrnehmung der Gutachterausschüsse, die<br />

Einhaltung der den Gutachtern auferlegten Pflichten<br />

sowie die Geschäftsführung der Gutachterausschüsse<br />

und deren Geschäftsstellen prüft (§ 1 Abs. 5 GAVO<br />

NRW) und damit die Gewährleistung des staatlichen<br />

Auftrages der städtebaulichen Grundstückswertermittlung<br />

und seine gleichmäßige Erfüllung im Land sicherstellt.<br />

Zur gleichmäßigen Erfüllung der Aufgaben der Gutachterausschüsse<br />

wurden in NRW bisher zwei Verwaltungsvorschriften,<br />

der Erlass über die Kaufpreissammlungen<br />

der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte<br />

(Kaufpreissammlungs-Erlass - KPS-Erl.) und der<br />

Bodenrichtwert-Erlass - BoRiWErl. NRW -, vom Innenministerium<br />

herausgegeben.<br />

Darüber hinaus hat der Obere Gutachterausschuss<br />

nach § 23 Abs. 2 der GAVO NRW zur Sicherstellung der<br />

Einheitlichkeit im Einvernehmen mit den vorsitzenden<br />

Mitgliedern der Gutachterausschüsse verbindliche<br />

Standards für die Auswertung der wesentlichen Daten<br />

aus der Kaufpreissammlung, nämlich für die Ableitung<br />

von<br />

: Liegenschaftszinssätzen<br />

: Immobilienrichtwerten und<br />

: Marktanpassungsfaktoren<br />

erarbeitet.<br />

Die Standards wurden bisher jedoch noch nicht in Verwaltungsvorschriften<br />

des Landes verbindlich vorgeschrieben.<br />

2.4 Weiteres Vorgehen in NRW<br />

Die nordrhein-westfälischen, für die städtebauliche<br />

Grundstückswertermittlung geltenden Rechtsvorschriften<br />

sind an die bundesrechtlich geänderten Regelungen<br />

des Baugesetzbuches und der ImmoWertV<br />

anzupassen. Dies gilt zum einen für die Regelungen der<br />

GAVO NRW, zum anderen aber auch für die Vorschriften<br />

des KPS-Erl. und des BoRiWErl NRW. Dabei sollen<br />

etwaige Richtlinien des Bundes im Interesse einer bundesweit<br />

einheitlichen Vorgehensweise bei Wahrnehmung<br />

der Aufgaben der Grundstückswertermittlung<br />

berücksichtigt werden. Außerdem sollen im Zuge der<br />

Überarbeitung der Verwaltungsvorschriften die bisherigen<br />

Landesvorschriften zusammengefasst und<br />

gleichzeitig die in der Grundstückswertermittlung gültigen<br />

Standards festgelegt werden.<br />

Am Ende der Überarbeitung soll - ähnlich wie in Rheinland-Pfalz<br />

- ein nordrhein-westfälischer Runderlass zur<br />

Grundstückswertermittlung herausgegeben werden,<br />

der alle zuvor aufgezeigten Inhalte umfasst, auch verbindliche<br />

Standards für die Auswertung der wesentlichen<br />

Daten aus der Kaufpreissammlung. Die Kaufpreissammlung<br />

ist die wichtigste Grundlage für alle<br />

Arbeiten der Grundstückswertermittlung (z.B. die Ableitung<br />

der Bodenrichtwerte). Insofern ist besonders<br />

großer Wert darauf zu legen, dass sie nach im Lande<br />

einheitlichen Gesichtspunkten geführt und ausgewertet<br />

wird.<br />

Auf eine mögliche Gliederung des Runderlasses zur<br />

Grundstückswertermittlung wird in Abschnitt 6 näher<br />

eingegangen.<br />

3 Zonierung der Bodenrichtwerte<br />

In <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> gab es bis zur Verabschiedung<br />

des Erbschaftssteuerreformgesetzes nur wenige Gutachterausschüsse,<br />

die eine Zonierung der Bodenrichtwerte<br />

vorgenommen haben, die überwiegende Anzahl<br />

der Gutachterausschüsse gab bis dahin lagetypische<br />

Bodenrichtwerte heraus.<br />

Da die Zonierung der Bodenrichtwerte nunmehr durch<br />

§ 196 Abs. 1 BauGB vorgegeben wird, weil sie für die<br />

Zwecke der Besteuerung herausragende Bedeutung<br />

hat, entschied die für die Grundstückswertermittlung<br />

zuständige Oberste Landesbehörde, das Innenministerium,<br />

in einem ersten Schritt den Bodenrichtwert -<br />

Erlass vom 2. März 2004 an die neue rechtliche Situation<br />

anzupassen. Hierzu sollten die erforderlichen<br />

Grundlagen in der Arbeitsgruppe „Grundstückswertermittlung“,<br />

die Ende 2008 beim Innenministerium<br />

eingerichtet wurde, erarbeitet werden. Ein erster Entwurf<br />

des neuen Bodenrichtwerterlasses wurde Mitte<br />

2009 über die <strong>Bezirksregierung</strong>en den Gutachterausschüssen<br />

des Landes zur Kenntnis und Beachtung<br />

gegeben. Dieser Entwurf diente auch als Grundlage für<br />

die Vergabe von Fördermitteln für die Ableitung zonaler<br />

Bodenrichtwerte.<br />

Schon bald danach begann auch das BMVBS mit der<br />

Erarbeitung einer eigenen Bodenrichtwertrichtlinie. Da<br />

das Land NRW an der Erarbeitung dieser Richtlinie<br />

beteiligt war, war es bestrebt, den eigenen Entwurf des<br />

Bodenrichtwerterlasses an die Richtlinie des Bundes<br />

anzupassen. Insbesondere an einer Stelle bestanden<br />

jedoch ganz erhebliche Gründe, dies nicht zu tun. Es<br />

gibt nämlich größere Gebiete, für die kein Bodenrichtwert<br />

bestimmt werden kann. Dies gilt für Flächen, die<br />

nach allgemeiner Verkehrsauffassung für absehbare


8 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Zeit nicht an Rechtsgeschäften teilnehmen oder die in<br />

Rechtsgeschäften regelmäßig ungewöhnlichen oder<br />

persönlichen Verhältnissen unterliegen. Derartige<br />

Gebiete werden in NRW abgegrenzt, sie erhalten jedoch<br />

aus fachlichen und rechtlichen Gründen keinen<br />

Bodenrichtwert.<br />

Die Zonierung der Bodenrichtwerte erforderte außerdem<br />

eine Änderung des in NRW eingesetzten Bodenrichtwertinformationssystems<br />

BORIS; diese erfolgte<br />

mit Finanzmitteln des Landes NRW in 2010, so dass<br />

seit Beginn des Jahres 2011 mit der Version 2.0 für alle<br />

Gutachterausschüsse die Möglichkeit besteht, zonale<br />

Bodenrichtwerte in BORIS abzulegen. Nach Kenntnis<br />

des Autors haben dies auch alle Gutachterausschüsse<br />

NRWs - wieder mit finanzieller Unterstützung des Landes<br />

- entsprechend umgesetzt, allerdings nicht in jedem<br />

Fall flächendeckend für ihren Zuständigkeitsbereich.<br />

Die Ermittlung zonaler Bodenrichtwerte in NRW<br />

hat insofern mit kleineren Abstrichen gezeigt, wie flexibel<br />

die Gutachterausschüsse des Landes reagieren<br />

können, um eine landeseinheitliche Vorgehensweise in<br />

NRW in die Realität umzusetzen.<br />

4 Änderung der Gutachterausschussverordnung<br />

Durch die im Zuge der Erbschaftssteuerreform vorgenommene<br />

Änderung des BauGB wird es in einem zweiten<br />

Schritt erforderlich sein, die Regelungen der nordrhein-westfälischen<br />

Gutachterausschussverordnung<br />

entsprechend anzupassen.<br />

Bei dieser Gelegenheit sollen insbesondere<br />

: moderne Verfahren der Bereitstellung von Daten der<br />

Grundstückswertermittlung<br />

: die Pflicht der Mitglieder des Gutachterausschusses<br />

zur regelmäßigen Fortbildung auf dem Gebiet der<br />

Grundstückswertermittlung<br />

: Regelungen zum Mindestumfang der für die Wertermittlung<br />

erforderlichen Daten, zum Grundstücksmarktbericht<br />

und zu Immobilienrichtwerten<br />

: die landeseinheitliche Einrichtung der Kaufpreissammlung<br />

: Regelungen zur Kooperation der für die amtliche<br />

Grundstückswertermittlung zuständigen Stellen<br />

in die Überarbeitung der GAVO einbezogen werden.<br />

Durch eine Experimentierklausel soll es der für die<br />

amtliche Grundstückswertermittlung zuständigen<br />

Obersten Landesbehörde ermöglicht werden, zeitlich<br />

begrenzte Ausnahmen von Vorschriften der GAVO<br />

zuzulassen, um neue Verfahren erproben zu können.<br />

Die Erarbeitung der neuen Regelungen der GAVO erfolgte<br />

in der AG „Grundstückswertermittlung“ und ist<br />

sehr weit fortgeschritten.<br />

5 Kaufpreissammlung<br />

Wichtigste Grundlage für die Wahrnehmung der Aufgaben<br />

in der amtlichen Grundstückswertermittlung ist<br />

die Kaufpreissammlung, die nach § 193 Abs. 5 BauGB<br />

von jedem Gutachterausschuss zu führen ist. Aufgrund<br />

der Kaufpreissammlung ermittelt der Gutachterausschuss<br />

die Bodenrichtwerte und die sonstigen für die<br />

Wertermittlung erforderlichen Daten. Die Ermittlung<br />

dieser Daten muss - wie bereits oben erläutert - nach<br />

landeseinheitlichen Grundsätzen erfolgen, um die Vergleichbarkeit<br />

der Daten im Lande sicherzustellen. Teilweise<br />

werden die Daten in Zusammenarbeit der Gutachterausschüsse<br />

abgeleitet werden müssen, teilweise<br />

werden die Daten vom Oberen Gutachterausschuss<br />

abzuleiten sein. All dies spricht für eine Festlegung<br />

einheitlicher Standards für die Kaufpreissammlung<br />

und für eine zentrale Einrichtung der Kaufpreissammlung<br />

bei einer Stelle. Wie bei dem landeseinheitlichen<br />

Bodenrichtwertsystem bietet sich hierfür die Einrichtung<br />

beim Oberen Gutachterausschuss an, mit gleichzeitiger<br />

Regelung der Zugriffsrechte. Die Umsetzung<br />

dieses großen Zieles erfolgt in einem dritten Schritt.<br />

In einer Unterarbeitsgruppe der AG „Grundstückswertermittlung“<br />

ist ein Datenkatalog zur Kaufpreissammlung<br />

erarbeitet worden, der der zentralen Führung<br />

zugrunde gelegt werden soll. Mit dem Datenkatalog<br />

soll der bisherige im KPS-Erlass festgelegte Katalog<br />

fortgeschrieben und an die aktuellen Anforderungen<br />

angepasst werden; er ist in acht Teile, die Kaufpreisfelder<br />

: der Vorerfassung<br />

: für unbebaute Grundstücke<br />

: für Sachwertobjekte<br />

: für Ertragswertobjekte<br />

: für Wohnungseigentum<br />

: für Erbaugrundstücke Sach- und Ertragswertobjekte<br />

: für Erbbaurechte Sachwertobjekte und<br />

: für Erbbaurechte Ertragswertobjekte<br />

untergliedert. Die einzelnen Teile sollen noch Aussagen<br />

über Pflicht- und Kann-Inhalte erhalten. Dies wird jedoch<br />

erst nach Beschaffung eines Programmsystems<br />

zur Einrichtung und Auswertung der Kaufpreissammlung<br />

für den Oberen Gutachterausschuss entschieden<br />

werden.


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 9<br />

Derzeit wird in NRW eine Reihe von Programmen zur<br />

Führung und Auswertung der Kaufpreissammlung<br />

eingesetzt, die auf der Grundlage unterschiedlicher<br />

Standards arbeiten. Eine Vereinheitlichung der Standards<br />

ist zwingend erforderlich, um die Ermittlung der<br />

Bodenrichtwerte und der sonstigen für die Wertermittlung<br />

erforderlichen Daten nach einheitlichen Verfahren<br />

durchführen zu können. Dies müssen alle eingesetzten<br />

Programme leisten können. Um den Gutachterausschüssen<br />

in NRW ihre Programmwahl zu erleichtern<br />

und die Kosten für die Programmbeschaffung und<br />

Programmpflege zu reduzieren, ist von Landesseite<br />

aus vorgesehen, das Programmsystem, das das Land<br />

für den OGA ohnehin beschaffen wird, auch den Gutachterausschüssen<br />

im Land für die Wahrnehmung<br />

ihrer Aufgaben, schließlich sind dies Landesaufgaben,<br />

kostenfrei zur Verfügung zu stellen.<br />

Wenn der einzelne Gutachterausschuss besondere<br />

Aufgaben speziell für den Bereich seiner Gebietskörperschaft<br />

erledigen will, wird er allerdings hieran nicht<br />

gehindert; er muss allerdings die Einhaltung der Mindeststandards,<br />

die - wie oben erläutert - noch festgelegt<br />

werden sollen, sicherstellen.<br />

Es ist geplant, noch in diesem Jahr die Beschaffung<br />

eines Programmsystems für den OGA einzuleiten.<br />

6 Ausblick<br />

In einem vierten Schritt sollen die bis dahin entstandenen<br />

Entwürfe von Verwaltungsvorschriften und bereits<br />

bestehende Standards und Verfahren in einem Runderlass<br />

über die Grundstückswertermittlung zusammengefasst<br />

werden. Eine mögliche Gliederung eines solchen<br />

Runderlasses enthält die Anlage. Der Runderlass<br />

soll modular aufgebaut werden, so dass er jederzeit<br />

aufgrund aktueller Entwicklungen fortgeschrieben<br />

werden kann.<br />

Nach Abschluss der aufgezeigten Arbeiten soll die<br />

amtliche Grundstückswertermittlung den an sie gestellten,<br />

neuen Anforderungen jederzeit gerecht werden<br />

können.<br />

Dipl. Ing. Klaus Mattiseck<br />

Ministerium für Inneres und Kommunales<br />

des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Referat 36<br />

Haroldstr. 5<br />

40119 Düsseldorf<br />

klaus.mattiseck@mik.nrw.de


10 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Anlage<br />

Inhalt/Gliederung des RdErl<br />

zur Grundstückswertermittlung<br />

1 Grundsätze bei der Wahrnehmung der Aufgaben der Grundstückswertermittlung<br />

1.1 Fortbildung der Mitglieder des Gutachterausschusses und des in der<br />

Grundstückswertermittlung eingesetzten Personals<br />

2 Kaufpreissammlung<br />

3 Bodenrichtwerte<br />

2.1 Führung der Kaufpreissammlung<br />

2.2 Bereitstellung der Kaufpreissammlung<br />

3.1 Ermittlung der Bodenrichtwerte<br />

3.2 Bereitstellung der Bodenrichtwerte<br />

4 Sonstige für die Wertermittlung erforderliche Daten<br />

4.1 Ableitung von Liegenschaftszinssätzen<br />

4.1.1 für Mietwohngrundstücke<br />

4.1.2 für Geschäftsgrundstücke<br />

4.1.3 für gemischt genutzte Grundstücke<br />

4.2 Ableitung von Marktanpassungsfaktoren / Sachwertfaktoren<br />

4.2.1 für Ein- und Zweifamilienhäuser<br />

4.2.2 Erbbaugrundstücksfaktoren<br />

4.3 Ableitung von Umrechnungskoeffizienten für das Wertverhältnis von<br />

sonst gleichartigen Grundstücken<br />

4.3.1 bei unterschiedlichem Maß der baulichen Nutzung<br />

4.4 Ableitung von Vergleichsfaktoren<br />

4.4.1 Gebäudefaktoren (=Immobilienrichtwerte)<br />

4.4.2 Ertragsfaktoren<br />

4.5 Ableitung von Indexreihen (§ 11 ImmoWertV)<br />

4.5.1 Indexreihen für Bodenpreise<br />

4.5.2 Indexreihen für Preise für Eigentumswohnungen<br />

4.5.3 Indexreihen für Preise für Einfamilienhäuser


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 11<br />

50 Jahre Gutachterausschüsse in Deutschland und speziell in NRW<br />

Rainer Höhn, Hans-Wolfgang Schaar<br />

Dieser Beitrag erschien erstmalig in immobilien & bewerten<br />

3/2011, S. 121 ff. Der Nachdruck erfolgt mit<br />

freundlicher Genehmigung der Sprengnetter GmbH,<br />

Sinzig.<br />

Als am 30.10.1960 das Bundesbaugesetz (BBauG) in<br />

Kraft trat und zum ersten Mal die wichtigsten Regelungen<br />

des Bauplanungsrechtes in einem Gesetz zusammengefasst<br />

wurden, schuf der Gesetzgeber etwas<br />

ganz Neues: die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte.<br />

1 Einleitung<br />

Da es sich um eine vollständig neue Einrichtung handelte<br />

und wichtige Organisationsfragen den Ländern<br />

übertragen waren, die in Durchführungsverordnungen<br />

der Länder zum Bundesbaugesetz geregelt wurden,<br />

kam es zur Bildung der meisten Gutachterausschüsse<br />

erst im Laufe des Jahres 1961, also vor 50 Jahren. In<br />

Hagen führte der Gutachterausschuss seine erste<br />

Sitzung am 21.10.1961 durch, in Essen wurde die erste<br />

Sitzung bereits zum 18.04.1961 einberufen. Die Institution<br />

der Gutachterausschüsse ist demnach 50 Jahre<br />

alt.<br />

Anlässlich dieses Jubiläums finden in Deutschland<br />

Erinnerungsveranstaltungen und Feierstunden statt. In<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> wurde das Jubiläum der Gutachterausschüsse<br />

am 13.09.2011 mit einer Veranstaltung<br />

in der Historischen Stadthalle Wuppertal feierlich begangen.<br />

So soll auch dieser Beitrag an die vielfältigen Aufgaben<br />

und die Leistung der Gutachterausschüsse zur Schaffung<br />

von Markttransparenz für alle Bevölkerungskreise<br />

in ganz Deutschland erinnern. Gleichwohl werden bestimmte<br />

Entwicklungen nur für die nordrheinwestfälischen<br />

Gutachterausschüsse dargestellt, weil<br />

zum Einen länderspezifische Besonderheiten existieren<br />

und zum Anderen die Autoren aus <strong>Nordrhein</strong>-<br />

<strong>Westfalen</strong> stammen und sich in den Regelungen dieses<br />

Landes vorrangig auskennen.<br />

2 Eine neue Behörde wird eingerichtet – die Organisation<br />

2.1 Wie alles begann<br />

„Wertermittlungsgrundsätze und Wertschätzungen<br />

finden schon in der Bibel Erwähnung (3. Buch Mose<br />

[Leviticus] Kap. 25, Vers 14 ff.; Lukas Kap. 2, Vers 1 bis<br />

7; Jesaja Kap. 5.8). Es dürfte sich hierbei aber nicht um<br />

die Ursprünge handeln, denn Fragen der Bodenschätzung<br />

und der Bodennutzung gehören zu den ältesten<br />

Wissenschaften in allen Kulturen ... Die Immobilienschätzung<br />

war eine priesterliche Aufgabe, und so mancher<br />

Sachverständige wünscht sich heute deren biblischen<br />

Status herbei ([3. Buch, Anm. d. Verf.] Mose<br />

Kap. 27, Vers 14)“ (Kleiber, Kleiber-digital, Teil II, 6, Rn.<br />

105, 106, Stand 26.07.2011).<br />

Die Vorschriften im 19. Jahrhundert zu steuerlichen<br />

Bewertungen, insbesondere die „Leitlinien für die<br />

Sammlung von Pacht- und Kaufpreisen bei den Katasterbeamten“<br />

(1833), das Preußische Grundsteuergesetz<br />

vom 21.05.1861, das Preußische Ergänzungssteuergesetz<br />

vom 14.07.1893 und der Runderlass des<br />

preußischen Finanzministers v. Miquel betreffend die<br />

Sammlung von Grundstückskaufpreisen legten die<br />

Grundsteine für die moderne Wertermittlung. Erste<br />

systematische Kaufpreissammlungen sind bereits im<br />

18. Jahrhundert in den westlichen preußischen Provinzen<br />

nachweisbar 1 . Nachdem Kaufpreise zunächst bei<br />

den Grundbuchämtern gesammelt wurden, ging diese<br />

Aufgabe der steuerlichen Kaufpreissammlungen 1929<br />

auf die staatlichen Katasterämter, in den großen Städten<br />

häufig auch auf kommunale Bewertungsdienststellen<br />

über. Hierin liegt der Grund für die in vielen Bundesländern<br />

heute noch übliche, äußerst bewährte Zuordnung<br />

der amtlichen Wertermittlung zu den Vermessungs-<br />

und Katasterbehörden.<br />

Am 26.11.1936 trat die Verordnung über das Verbot<br />

von Preiserhöhungen (Preisstoppverordnung) in Kraft.<br />

Sie hatte neben der ideologischen (Kriegsvorbereitung)<br />

auch eine ökonomische Komponente: Nach dem<br />

Ersten Weltkrieg war in Deutschland ein kräftiges Wirtschaftswachstum<br />

zu verzeichnen, das mit einem deutlichen<br />

Anstieg der Lohnkosten einher ging. Die welt-<br />

1 a.a.O. Rn. 118, 132, 134


12 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

wirtschaftlichen Ereignisse (Weltwirtschaftkrise,<br />

Schwarzer Freitag 1929) führten u.a. zu Notverordnungen,<br />

die einen weiteren Lohn- und Preisanstieg<br />

verhindern sollten. Nach Errichtung der nationalsozialistischen<br />

Diktatur wurde der Staatshaushalt weitgehend<br />

über die Notenpresse finanziert. Mit dem Preisbildungsgesetz<br />

– Gesetz zur Durchführung des Vierjahresplans<br />

– Bestellung eines Reichskommissars für<br />

die Preisbildung – vom 29. Oktober 1936 wurde erneut<br />

ein Reichskommissar eingesetzt, dessen Aufgabe die<br />

Überwachung der Preisbildung von Gütern jeglicher Art<br />

war – Immobilienpreise eingeschlossen. Die Preisstoppverordnung<br />

vom 26.11.1936 schließlich sollte<br />

jedwede Preissteigerung ausschließen. Damit wurden<br />

indes nicht generell alle Preissteigerungen gestoppt,<br />

denn schon in der Verordnung waren Ausnahmen vorgesehen,<br />

soweit dies aus volkswirtschaftlichen Gründen<br />

oder zur Vermeidung besonderer Härten dringend<br />

erforderlich erschien. In diesem Kontext wurde der<br />

Begriff der „volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preise“<br />

eingeführt, der jedoch niemals definiert wurde.<br />

2.2 Auf dem Weg zum BBauG<br />

Die Preisstoppverordnung galt bis weit nach Ende des<br />

Zweiten Weltkriegs und der Gründung der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Selbst heute gilt ein kleiner Teil<br />

der Vorschrift weiter, s.u. Mit der Währungsreform<br />

wurde 1948 der Preisstopp für Trümmergrundstücke<br />

aufgehoben. In den durch die Liberalisierung der Wirtschaft<br />

geprägten Folgejahren mehrten sich Stimmen<br />

insbesondere auch aus den Gebietskörperschaften<br />

nach einer vollständigen Aufhebung des Preisstopps<br />

auf dem Immobilienmarkt. Insbesondere in den Ballungsräumen<br />

wurde dieser für einen Anstieg der Immobilienpreise<br />

verantwortlich gemacht, denn das Instrument<br />

wurde offenbar nicht konsequent gehandhabt.<br />

Diese Praxis führte zu einer massiven Angebotsverknappung,<br />

denn mit keiner anderen Anlageform<br />

konnten seinerzeit derart hohe Renditen erzielt werden.<br />

Zudem stieg der Anteil nicht beurkundeter Kaufpreisanteile<br />

rasant. Auch die Rechtsprechung hob<br />

zunehmend darauf ab, dass die seit 1936 eingetretene<br />

Entwicklung und Qualitätsverbesserung der Grundstücke<br />

bei der Anwendung der Preisstoppvorschriften zu<br />

berücksichtigen sei.<br />

1952 wurden die Preise für bebaute Grundstücke frei<br />

gegeben. Auch bei Enteignungen nach dem Baulandbeschaffungsgesetz<br />

von 1953 waren seit 1936 eingetretene<br />

Wertveränderungen zu berücksichtigen, soweit<br />

sie auf einer veränderten Kaufkraft der Mark beruhten.<br />

Auf Initiative des Bauausschusses des Deutschen<br />

Städtetags 1954 wurden unter Beteiligung der Städte<br />

Pforzheim, <strong>Köln</strong> und Essen sowie des Siedlungsver-<br />

bands Ruhrkohlenbezirk (heute Regionalverband<br />

Ruhrgebiet) umfangreiche Preisuntersuchungen<br />

durchgeführt. Die Untersuchungen ergaben eine echte<br />

Preissteigerung seit 1936 von im Mittel 149 % (Extremwerte:<br />

Freiburg 280 %, Kiel 111 %)! Resultat dieser<br />

Erkenntnisse war die Schöpfung des Begriffs „reflektierter<br />

Stopppreis“, ein Stopppreis, der die seit<br />

1936 eingetretenen Veränderungen berücksichtigte.<br />

Mit der Einführung des Bundesbaugesetzes entfielen<br />

schließlich 1960 alle Preisstoppvorschriften – mit einer<br />

Ausnahme: Das Grundstücksverkehrsgesetz von 1961<br />

schreibt bis heute eine Genehmigungspflicht für den<br />

Verkauf land- und forstwirtschaftlich genutzter<br />

Grundstücke vor. Die Durchführung ist landesrechtlich<br />

geregelt. In Nordhrein-<strong>Westfalen</strong> unterliegen bis heute<br />

die Verkäufe entsprechender Grundstücke mit mehr<br />

als 1 ha Fläche dem Genehmigungsvorbehalt.<br />

2.3 Rechtsgrundlage Bundesbaugesetz<br />

Bereits im Vorfeld der Einführung des Bundesbaugesetzes<br />

und der damit geplanten Aufhebung der Preisstoppverordnung<br />

hatte der Bundesgesetzgeber die<br />

Notwendigkeit erkannt, unerfahrene, mit den Wertverhältnissen<br />

nicht vertraute Marktteilnehmer vor Übervorteilung<br />

zu schützen und damit eine Chancengleichheit<br />

herzustellen. Der Begriff der „Transparenz auf<br />

dem Immobilienmarkt“ war geboren. Konsequent umgesetzt<br />

wurde dieser Gedanke der Markttransparenz<br />

durch die Aufnahme von Vorschriften zu einer amtlichen<br />

Wertermittlung in das im Entstehen begriffene<br />

Bundesbaugesetz. Institutionen sollten geschaffen<br />

werden, die einerseits den Immobilienmarkt beobachten<br />

und Grundlagendaten wie Bodenrichtwerte ermitteln,<br />

andererseits auch in bestimmten Fällen selbst<br />

Wertgutachten erstatten sollten. Gleichzeitig wurde<br />

diesen die Schaffung von Kaufpreissammlungen übertragen,<br />

die sich bald als wesentlichstes Informationsmedium<br />

herausstellen sollten. Ein von Bundesrat,<br />

Bundestag und Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht<br />

in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten<br />

hatte bereits 1954 die Gesetzgebungskompetenz des<br />

Bundes auf diesem Rechtsgebiet eindeutig bejaht.<br />

Allerdings beschränkt sich der Bundesgesetzgeber bis<br />

heute auf einen groben Rahmen, den die Länder in<br />

eigener Zuständigkeit ausfüllen können.<br />

Die Grundlage für die Einrichtung von „Gutachterausschüssen<br />

für Grundstückswerte und sonstige Wertermittlungen“<br />

findet sich im Bundesbaugesetz (BBauG)<br />

vom 23.06.1960. Nach seinem Inkrafttreten zum<br />

30.10.1960 waren diese Behörden als selbständige und<br />

unabhängige Gremien zu gründen. Ihre Mitglieder sind<br />

mit Ausnahme der vorsitzenden Mitglieder ehrenamtlich<br />

tätig und sollen in der Wertermittlung sachkundig


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 13<br />

und erfahren sein. Bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten<br />

ist auch jeweils ein Bediensteter der örtlichen<br />

Finanzbehörde als Gutachter heranzuziehen.<br />

Mit dem Beitritt der neuen Bundesländer am<br />

03.10.1990 waren auch hier Gutachterausschüsse<br />

einzurichten; diese konnten 2010 auf ihr zwanzigjähriges<br />

Bestehen zurückblicken. So wurde der erste Gutachterausschuss<br />

in Mecklenburg-Vorpommern bereits<br />

am 13.09.1990 in der Hansestadt Wismar eingerichtet.<br />

Als Geburtsurkunde des Gutachterausschusswesens in<br />

diesem Bundesland ist ein Schreiben des Ministers des<br />

Innern der DDR, Herrn Dr. Diestel, an den Landessprecher<br />

des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Herrn<br />

Brick, vom 27.09.1990 anzusehen. Hierin wird angewiesen,<br />

in jedem Liegenschaftsamt des Bundeslandes<br />

eine Geschäftsstelle des Gutachterausschusses einzurichten.<br />

In der Organisation spiegeln sich die Partnerschaften<br />

zwischen alten und neuen Bundesländern beim Aufbau<br />

der Verwaltung wieder. So ist eine ähnliche Vielfalt der<br />

organisatorischen Zuordnung wie in den alten Bundesländern<br />

anzutreffen; der in Baden-Württemberg vor<br />

historischem Hintergrund begangene Fehler der Zuordnung<br />

zu jeder Gemeinde wurde glücklicherweise<br />

nicht wiederholt. Mittlerweile wurden durch Organisations-<br />

und Gebietsreformen die Zuständigkeitsbereiche<br />

der Ausschüsse zum Teil mehrfach verändert.<br />

2.4 Umsetzung in den Bundesländern<br />

(Organisation)<br />

Von Beginn an waren die Bundesländer ermächtigt, für<br />

die Gutachterausschüsse landesrechtliche Vorschriften<br />

zu erlassen. Je nach Bundesland heißen diese Gutachterausschussverordnung<br />

oder, weniger verbreitet,<br />

Durchführungsverordnung. Im Folgenden werden diese<br />

landesrechtlichen Vorschriften einheitlich Gutachterausschussverordnung<br />

genannt. Die Ermächtigung<br />

bezog sich im Wesentlichen auf die organisatorische<br />

Zuordnung der Gutachterausschüsse und ihrer gleichzeitig<br />

einzurichtenden Geschäftsstellen, die Möglichkeit,<br />

weitere Aufgaben zuzuweisen sowie die Regelung<br />

von Arbeitsabläufen.<br />

In der Konsequenz dieser landesrechtlichen Gesetzgebungskompetenz<br />

wurden 11 bzw. heute 16 Organisationsformen<br />

geschaffen, die leider auch zu einem höchst<br />

unterschiedlichen Grad der Aufgabenwahrnehmung<br />

geführt haben. Gerade in Bezug auf die in den vergangenen<br />

Jahren erfolgte Übertragung neuer Aufgaben<br />

(vgl. Kap. 3 und 6) wären eine straffe, bundesweit einheitliche<br />

Verordnungsgebung, Organisation und Fachaufsicht<br />

in jeder Hinsicht weitaus effektiver gewesen.<br />

Für die Stadtstaaten Berlin und Hamburg ist je ein<br />

Gutachterausschuss zuständig, in Bremen sind es 2<br />

(Bremen und Bremerhaven). Die übrigen Bundesländer<br />

haben zwischen 4 (Sachen-Anhalt) und 1008 (Baden-<br />

Württemberg) Gutachterausschüsse eingerichtet, vgl.<br />

Abbildung 1. Bundesweit bestehen derzeit 1373 Gutachterausschüsse.<br />

Zuständig sind die Ausschüsse in<br />

der Regel für das Gebiet eines oder mehrerer (Land-)<br />

Kreise und kreisfreier Städte. Einige Länder haben<br />

Ausschüsse auch für kreisangehörige Gemeinden eingerichtet,<br />

die zumeist eine bestimmte Einwohnerzahl<br />

überschreiten müssen. <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> weist seit<br />

1981 auch den Großen kreisangehörigen Gemeinden<br />

eigene Gutachterausschüsse zu, räumt aber gleichzeitig<br />

die Möglichkeit des Zusammenschlusses räumlich<br />

benachbarter Ausschüsse und deren Geschäftsstellen<br />

ein. In Baden-Württemberg sind Gutachterausschüsse<br />

grundsätzlich für jede Gemeinde einzurichten – Ursache<br />

für die große Anzahl und für vielfältige Probleme.<br />

Abb. 1: Gutachterausschüsse in den Ländern<br />

Je nach Landesrecht sind die Gutachterausschüsse<br />

Behörden des Landes (z.B. in Niedersachsen und<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>) oder auch Behörde der Gebietskörperschaft<br />

(z.B. in Baden-Württemberg und in Teilen<br />

Schleswig-Holsteins). Ohne Ansehen der Zuordnung<br />

sind sie in jedem Fall gem. § 192 Abs. 1 BauGB unabhängig<br />

und selbständig. Damit sind sie Behörden außerhalb<br />

einer Behördenhierarchie. Sie unterliegen<br />

keiner fachlichen Weisung, sondern haben ihre Aufgaben<br />

in eigener Verantwortung und nach bestem Wissen<br />

wahrzunehmen. Die Aufsicht über die Einhaltung von<br />

Recht und Gesetz (Rechtsaufsicht) obliegt in der Regel


14 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

der Behörde, die auch die Mitglieder der Ausschüsse<br />

bestellt.<br />

Mitglieder der Gutachterausschüsse sollen in der<br />

Wertermittlung sachkundig und erfahren sein. Diese<br />

Voraussetzungen sind häufig bei Vermessungsingenieuren,<br />

Architekten, Immobilienmaklern und sonstigen<br />

Personen aus Tätigkeitsfeldern rund um Vermarktung,<br />

Entwicklung und Management von Immobilien anzutreffen.<br />

Je nach Landesrecht werden die Ausschussmitglieder<br />

von den <strong>Bezirksregierung</strong>en (so in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>),<br />

Ministerien, Senatsverwaltungen<br />

oder der Gemeinde auf 4 oder 5 Jahre bestellt; eine<br />

Wiederbestellung ist möglich. In Analogie zu den<br />

Höchstaltersgrenzen der öffentlich bestellten und<br />

vereidigten Sachverständigen endet die Amtszeit der<br />

ehrenamtlichen Gutachter häufig mit dem Erreichen<br />

des 70. Lebensjahres.<br />

2.5 Aufgaben des Gutachterausschusses<br />

§ 193 BauGB beschreibt die Aufgaben der Gutachterausschüsse,<br />

die sich natürlich im Laufe der vergangenen<br />

Jahrzehnte erweitert haben und in Zukunft noch<br />

weiter wachsen werden. Im Wesentlichen können die<br />

zentralen Pflichtaufgaben heute mit der Führung und<br />

Auswertung der Kaufpreissammlung, der Ableitung<br />

und Veröffentlichung der Bodenrichtwerte und der<br />

weiteren für die Wertermittlung erforderlichen Daten<br />

sowie der Erstattung von Gutachten über den Verkehrswert<br />

beschrieben werden. Manche Gutachterausschussverordnungen<br />

weisen darüber hinaus noch<br />

weitere Aufgaben zu, wie z.B. in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

die Herausgabe von Grundstücksmarktberichten, die<br />

Mitwirkung oder die Herausgabe von Mietpreisübersichten<br />

oder Mietspiegeln. Kap. 4 stellt die Entwicklung<br />

der Aufgaben chronologisch dar.<br />

2.6 Geschäftsstelle<br />

Der Gutachterausschuss bedient sich einer Geschäftsstelle.<br />

Diese unterstützt den aus ehrenamtlichen Mitgliedern<br />

bestehenden und damit nicht permanent präsenten<br />

Gutachterausschuss bei der Durchführung<br />

seiner Aufgaben. Hierzu gehören insbesondere die<br />

Führung und Auswertung der Kaufpreissammlung, die<br />

Vorbereitung der Beschlüsse über Bodenrichtwerte,<br />

weitere für die Wertermittlung erforderliche Daten und<br />

den Grundstücksmarktbericht, die Vorbereitung der<br />

Verkehrswertgutachten, die Erteilung von Auskünften<br />

sowie die Abwicklung der Geschäftsvorfälle.<br />

Da auch hier die landesrechtlichen Gutachterausschussverordnungen<br />

greifen, sind die Geschäftsstellen<br />

bundesweit unterschiedlich organisiert. In <strong>Nordrhein</strong>-<br />

<strong>Westfalen</strong> sind sie zumeist dem Aufgabenbereich<br />

Vermessung, Kataster und Geoinformation der Gebietskörperschaften<br />

zugeordnet, in Ausnahmefällen<br />

auch anderen städtischen Dienstsstellen. Andere Bundesländer<br />

weisen sie der staatlichen Vermessungsverwaltung<br />

oder Dienststellen der Gebietskörperschaften<br />

zu. In Ausnahmefällen sind sie Stabsstellen oder eigene<br />

Ämter.<br />

Obwohl die Geschäftsstellen organisatorisch Dienststellen<br />

der öffentlichen Verwaltung angegliedert sind,<br />

unterstehen sie fachlich der ausschließlichen Weisung<br />

des Gutachterausschusses bzw. dessen vorsitzenden<br />

Mitglieds. Dies ist Folge und Manifest der Unabhängigkeit<br />

und Neutralität der Gutachterausschüsse.<br />

2.7 Obere Gutachterausschüsse<br />

Bereits bei den parlamentarischen Beratungen zum<br />

BBauG hatte der Bundesgesetzgeber die Einrichtung<br />

Oberer Gutachterausschüsse erwogen, jedoch nicht im<br />

Gesetz verankert. Es zeigte sich indes, dass der Gutachterausschuss<br />

im gerichtlichen Verfahren zumeist<br />

nur in erster Instanz mit der Gutachtenerstattung beauftragt<br />

wurde. Höhere Instanzen sahen ihn sodann als<br />

„verbraucht“ an und beauftragten private Sachverständige.<br />

Im Rahmen der BBauG-Novelle von 1976<br />

konnte dieser missliche Umstand abgestellt werden.<br />

Die Rechtsgrundlage findet sich heute in § 198 BauGB.<br />

Niedersachsen richtete als erstes Bundesland 1980<br />

Obere Gutachterausschüsse in den 4 Regierungsbezirken<br />

ein. Später wurden diese dann zu einem Oberen<br />

Gutachterausschuss zusammen gefasst. Nach Änderung<br />

der Gutachterausschussverordnung folgte <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

1981. Erst nach der Wiedervereinigung<br />

der beiden deutschen Staaten erfolgten Neugründungen<br />

in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. 2004 wurde<br />

der Obere Gutachterausschuss in Thüringen berufen.<br />

In Rheinland-Pfalz gibt es einen Oberen Gutachterausschuss<br />

seit 2005.<br />

2008 änderte das Erbschaftsteuerreformgesetz –<br />

gegen den teilweise erbitterten Widerstand süddeutscher<br />

Länder – u.a. § 198 BauGB. Danach sind nunmehr<br />

Obere Gutachterausschüsse oder Zentrale Geschäftsstellen<br />

zwingend einzurichten, wenn in dem<br />

Bereich einer oder mehrer höherer Verwaltungsbehörden<br />

(i.d.R. Regierungsbezirk) mehr als 2 örtliche Gutachterausschüsse<br />

vorhanden sind. Diese Voraussetzung<br />

ist in allen Flächenländern erfüllt. Im Vorfeld dieser<br />

Gesetzesänderung hat Hessen bereits 2007 eine<br />

Zentrale Geschäftsstelle eingerichtet. Das Saarland<br />

folgte vor Kurzem. Mecklenburg-Vorpommern wird<br />

voraussichtlich im Herbst 2011 einen Oberen Gutachterausschuss<br />

bestellen, seine Geschäftsstelle ist bereits<br />

eingerichtet. In den übrigen Bundesländern wird<br />

die Umsetzung der mittlerweile fast 3 Jahre alten ge-


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 15<br />

setzlichen Verpflichtung mehr oder weniger konkret<br />

angegangen bzw. geplant. Aus verfassungsrechtlichen<br />

Gründen sind teilweise zunächst Änderungen der Gutachterausschussverordnungen<br />

erforderlich.<br />

Die Mitglieder der Oberen Gutachterausschüsse werden<br />

entsprechend Landesrecht für die Dauer von 5<br />

Jahren von den zuständigen Ministerien oder den für<br />

Vermessung, Kataster und Geoinformation zuständigen<br />

Landesbehörden berufen.<br />

Obere Gutachterausschüsse haben nach § 198 Abs. 2<br />

BauGB insbesondere die Aufgaben,<br />

: auf Antrag eines Gerichts, in einigen Ländern auch<br />

auf Antrag einer Behörde, ein Obergutachten zu erstatten,<br />

wenn bereits das Gutachten eines örtlichen<br />

Gutachterausschusses vorliegt und<br />

: überregionale Auswertungen und Analysen des<br />

Grundstücksmarktgeschehens zu erstellen.<br />

Das Wort „insbesondere“ eröffnet den Landesverordnungsgebern<br />

die Möglichkeit, den Ausschüssen weitere<br />

Aufgaben zu übertragen. In einigen Ländern hat der<br />

Obere Gutachterausschuss bzw. die Zentrale Geschäftsstelle<br />

bereits die Befugnis, Standards für die<br />

örtlichen Gutachterausschüsse vorzugeben, um die oft<br />

hervorragende Produktqualität zu sichern bzw. zu<br />

verbessern. Auch in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> wird die derzeit<br />

in Überarbeitung befindliche Gutachterausschussverordnung<br />

entsprechende Regelungen enthalten.<br />

Die Geschäftsstellen der Oberen Gutachterausschüsse<br />

sind entweder bei einer <strong>Bezirksregierung</strong> (so in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>)<br />

oder bei der für Vermessung, Kataster<br />

und Geoinformation zuständigen Landesbehörde<br />

eingerichtet. Auch sie unterstehen der alleinigen fachlichen<br />

Weisungsbefugnis des Ausschusses bzw. dessen<br />

vorsitzenden Mitglieds.<br />

3 Arbeitsmethodik in der Aufbauphase<br />

3.1 Kaufpreissammlung<br />

Eine der wesentlichen Aufgaben der Gutachterausschüsse<br />

ist die Führung und Auswertung der Kaufpreissammlung.<br />

Soweit die Geschäftsstellen im Bereich<br />

der staatlichen oder kommunalen Vermessungs-<br />

und Katasterverwaltung angesiedelt waren, gab es<br />

schon zum Teil langjährige Erfahrung mit der Sammlung<br />

von Kaufpreisen zu steuerlichen Zwecken. Oft<br />

mussten die Arbeitsmethoden den neuen Erfordernissen<br />

angepasst werden, denn es galt nun nicht mehr ein<br />

flächendeckendes Steuerkataster neu anzulegen oder<br />

fortzuführen, sondern ausschließlich Kaufverträge<br />

auszuwerten, um hieraus Bodenrichtwerte und sonstige<br />

Marktdaten abzuleiten.<br />

Die ersten Registrierungen von Kaufpreisen muten<br />

heute archaisch an. In dicken Folianten wurden Kaufpreise<br />

mit häufig nur wenigen Informationen zum verkauften<br />

Objekt registriert (Abbildungen 2 bis 4). Auch<br />

die Auswertung dieser Informationen war alles andere<br />

als komfortabel. Mit Papier, Bleistift und Logarithmentafel,<br />

allenfalls unterstützt von einer mechanischen<br />

Brunsviga-Rechenmaschine galt es, die für die Markttransparenz<br />

erforderlichen Daten zu ermitteln. Gleichwohl<br />

können sich die Arbeitsergebnisse auch heute<br />

noch sehen lassen, auch wenn sie „nur“ manuell in<br />

Karten und Lichtpausen eingezeichnet oder als Grafik<br />

in mit der Schreibmaschine geschriebene Berichte<br />

gezeichnet wurden.<br />

Abb. 2: Kaufpreissammlung Essen (1904)<br />

Abb. 3: Kaufpreissammlung Essen (1928)<br />

Abb. 4: Kaufpreissammlung Essen (1961)


16 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Die in der Wertermittlung tätigen Kollegen (Kolleginnen<br />

waren seinerzeit die Ausnahme) entwickelten vor<br />

dem historischen Hintergrund der steuerlichen Kaufpreissammlung<br />

und Bewertung sowie der aktuellen<br />

Erfordernisse ihrer Zeit einen bisweilen phänomenalen<br />

Weitblick. Wie anders ist es zu erklären, dass bereits<br />

lange vor einer gesetzlichen Verpflichtung Vorläufer<br />

von Bodenrichtwertkarten existierten? Derartige Karten<br />

gibt es für <strong>Köln</strong> seit 1895 (vgl. Kap. 7)! Und auch<br />

andere Städte zogen lange vor Inkrafttreten des Baugesetzbuches<br />

und der förmlichen Aufgabe „Gutachterausschuss“<br />

nach. Wie anders ist zu erklären, dass<br />

kommunale Vertreter „reflektierte Stopppreise“ erfanden<br />

(vgl. Kap. 2.2).<br />

Ein wesentlicher Arbeitsschritt zur Markttransparenz<br />

besteht im Auswerten der Kaufverträge aufgrund der<br />

im Vertrag sowie sonstigen Unterlagen enthaltenen<br />

Informationen. Seit vielen Jahren werden hierzu die<br />

Erwerber der Immobilie um zusätzliche Informationen<br />

z.B. zur Ausstattung, zum baulichen Zustand und zur<br />

Ertragssituation gebeten. Auswerten bedeutet folglich<br />

das Nachvollziehen der Kaufpreisbildung: Warum wurde<br />

für diese Immobilie mit den vorhandenen qualitativen<br />

Merkmalen zu diesem Zeitpunkt dieser Preis vereinbart?<br />

Durch Auswerten eines Kaufvertrags entsteht<br />

damit ein Kurzgutachten über die verkaufte Immobilie,<br />

das im Unterschied zum Verkehrswertgutachten keine<br />

detaillierten Beschreibungen und Begründungen enthält.<br />

Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts<br />

revolutionierte die Kaufpreiskartei zum Beispiel in<br />

Essen die Auswertung der Kaufpreissammlung. Zwar<br />

wurde bis zur Einführung der digitalen Kaufpreissammlungen<br />

der Eingang der Kaufverträge chronologisch in<br />

Kaufpreislisten dokumentiert. Doch die Auswertungsergebnisse<br />

wurden auf Karteikarten niedergelegt, die<br />

an den Seiten mit diversen Randlöchern versehen und<br />

damit nach bestimmten Merkmalen ausgewertet werden<br />

konnten (Abbildung 5). Gehörte beispielsweise das<br />

ursprüngliche Gebäudebaujahr in die Gruppe „vor<br />

1919“, wurde an entsprechender Stelle die randseitige<br />

Begrenzung der Karte mit Hilfe einer Kerbzange zerstört<br />

(Langloch). Bei allen anderen Baujahrsgruppen<br />

blieb die Seite unversehrt. Steckte man nun eine Auswertenadel<br />

an die mit „vor 1919“ gekennzeichnete<br />

Stelle durch einen Stapel von Randlochkarten, so fielen<br />

die Karten heraus, die an dieser Stelle gelocht waren<br />

und folglich der entsprechenden Baujahrsgruppe zugeordnet<br />

waren. Auf gleiche Weise konnten diese heraus<br />

gefilterten Karteikarten nach weiteren Kriterien<br />

ausgewertet werden. Die mathematische Auswertung<br />

erfolgte weiterhin durch Abschreiben und manuelle<br />

Weiterverarbeitung der relevanten Informationen der<br />

mechanisch ausgewählten Karteikarten. Erst Mitte der<br />

1980er Jahre begann die Einführung digitaler Kaufpreissammlungen<br />

(vgl. Kap. 5.1).<br />

Abb. 5: Randlochkarte (Kaufpreissammlung Essen)<br />

In der Kaufpreiskarte auf der Basis der Katasterkarte<br />

wurden – wie schon früher bei der steuerlichen Kaufpreissammlung<br />

– die Kaufpreise in ihrem lokalen Kontext<br />

dargestellt. Dadurch konnte sich der Gutachterausschuss<br />

bei Auswertung und Bewertung einen visuellen<br />

Eindruck von den örtlichen Verhältnissen auf dem<br />

Markt verschaffen. Solche analogen Kaufpreiskarten<br />

waren teilweise noch nach der Jahrtausendwende in<br />

Gebrauch, bis sie durch digitale, in der Regel unmittelbar<br />

aus der Kaufpreissammlung gespeiste Karten abgelöst<br />

wurden.<br />

Abb. 6: Analoge Kaufpreiskarte Essen<br />

3.2 Gutachten<br />

In den großen Städten wurden für kommunale Belange<br />

zum Teil seit Ende des 19. Jahrhunderts für unterschiedliche<br />

Aufgabenstellungen Gutachten erstellt. Mit<br />

der Einführung des BBauG waren die Gutachterausschüsse<br />

(und auch die kommunalen Bewertungsstellen)<br />

dem Verkehrswertbegriff verpflichtet. Für die Gutachtenerstellung<br />

wurden umfangreichere Recherchen<br />

erforderlich. Zumeist wurden Gutachten mit Hilfe von<br />

Kurzformularen erstellt. Mit der Zeit wurden sie entsprechend<br />

den Anforderungen der Kunden, der Recht-


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 17<br />

sprechung und dem sich weiter entwickelnden Stand<br />

der Technik folgend immer umfangreicher; auch mussten<br />

die Wertansätze pp. begründet werden (der Sachverständige<br />

befand und befindet sich heute glücklicherweise<br />

nicht mehr in dem oben erwähnten biblischen<br />

Status). Heute verwenden viele Sachverständige<br />

konfektionierte Wertermittlungsprogramme, die ja<br />

letztlich nichts anderes als komfortable Formulare mit<br />

vorgefertigten und damit leider unreflektiert verwendbaren<br />

Begründungen sind. Viele Gutachterausschüsse,<br />

so auch die Ausschüsse in Hagen und Essen, arbeiten<br />

zwar EDV-unterstützt, verwenden jedoch stets individuell<br />

begründete Gutachtentexte.<br />

3.3 Arbeitsgemeinschaft<br />

Theorie und Praxis der Gutachterausschüsse steckten<br />

in diesen ersten Jahren in den Kinderschuhen. Abstimmung<br />

mit den Nachbarn tat not. So berief der<br />

damalige Vorsitzende des Essener Gutachterausschusses,<br />

Martin Tiemann, für den 12. Januar 1968 die<br />

konstituierende Sitzung der „Arbeitsgemeinschaft der<br />

Vorsitzenden der Gutachterausschüsse im Bereich<br />

Rhein-Ruhr“ ein. 30 Vorsitzende und Leiter der Geschäftsstellen<br />

folgten diesem Ruf. Seit 1976 gehören<br />

der Arbeitsgemeinschaft die vorsitzenden Mitglieder<br />

aller nordrhein-westfälischen Gutachterausschüsse<br />

und später auch des Oberen Gutachterausschusses<br />

an. Der sperrige Name der Gemeinschaft wurde zunächst<br />

durch das Kürzel ArGeVGA, ab 1993 durch die<br />

Abkürzung AGVGA.NRW repräsentiert. Es zeugt von<br />

der Weitsicht der damaligen Mitglieder der Gemeinschaft,<br />

frühzeitig die <strong>Bezirksregierung</strong>en und das Innenministerium<br />

als Aufsichtsbehörden und später<br />

sogar einen Vertreter des zuständigen Bundesministeriums<br />

in die Arbeit eingebunden zu haben.<br />

Die Arbeitsgemeinschaft hat das Ziel,<br />

: Lösungen für aktuelle fachliche Probleme und Fragestellungen<br />

zu erarbeiten und zu koordinieren<br />

: den Gedankenaustausch und die Zusammenarbeit<br />

der Gutachterausschüsse im Sinne eines kundenorientierten<br />

Handelns zu fördern und<br />

: die Standardisierung der Marktberichterstattung<br />

und der Ableitung der für die Wertermittlung erforderlichen<br />

Daten voranzutreiben.<br />

Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft sind in die fachliche<br />

Beratung des Landesgesetzgebers eingebunden.<br />

Aus rechtlichen und steuerlichen Gründen wurde 2003<br />

die AGVGA.NRW e.V. als eingetragener Trägerverein<br />

gegründet.<br />

4 Wie haben sich die Aufgaben der Gutachterausschüsse<br />

in 50 Jahren verändert!<br />

Wie aus den Kapiteln 2 und 3 ersichtlich stand bei der<br />

Gründung der Gutachterausschüsse die Erstellung von<br />

Gutachten über unbebaute und bebaute Grundstücke<br />

(ausgenommen land- oder forstwirtschaftlich genutzte<br />

Grundstücke) im Mittelpunkt der Aufgaben. Selbst<br />

Kaufinteressenten konnten Gutachten beantragen.<br />

Zusätzlich war zur Schaffung von Markttransparenz<br />

die Ermittlung von Richtwerten (heute Bodenrichtwerte)<br />

auf der Grundlage von Kaufpreisen eine vorgeschriebene<br />

Aufgabe. Diese Aufgabenstellungen – unabhängige<br />

Gutachtenerstellung und Ermittlung und<br />

Veröffentlichung von Daten, die dazu beitragen, dass<br />

der Grundstücksmarkt transparent für jedermann wird<br />

– ist vom Grundsatz her bis heute geblieben. Durch<br />

zahlreiche Änderungen in den gesetzlichen Bestimmungen<br />

sind diese Ziele und Aufgaben jedoch präzisiert<br />

und verfeinert worden.<br />

Im Anhang werden die rechtlichen Änderungen für die<br />

Arbeit der Gutachterausschüsse aufgeführt und stichwortartig<br />

skizziert. Es handelt sich dabei in erster Linie<br />

um die Bundesgesetzgebung (Bundesbaugesetz, später<br />

Baugesetzbuch und die Ermächtigung der Bundesregierung<br />

zum Erlass einer Verordnung über die Anwendung<br />

gleicher Grundsätze (Wertermittlungsverordnung,<br />

später Immobilienwertermittlungsverordnung).<br />

Weiterhin hat bereits das Baugesetzbuch den<br />

Ländern durch Ermächtigung das Recht eingeräumt,<br />

organisatorische Regelungen festzulegen und den<br />

Gutachterausschüssen weitere Aufgaben zu übertragen.<br />

Das geschah durch Verordnungen zum Bundesbaugesetz,<br />

später in einigen Ländern Gutachterausschussverordnungen<br />

genannt. Die angegebenen Landesvorschriften<br />

beziehen sich auf <strong>Nordrhein</strong>-<br />

<strong>Westfalen</strong>. Sie sind mit (NRW) gekennzeichnet.<br />

Die Bundesregierung hat zusätzlich für die Anwendung<br />

in Bundesbehörden Richtlinien mit detaillierten Ausführungshinweisen<br />

zur Bearbeitung von Wertermittlungsaufgaben<br />

erlassen. Diese Wertermittlungsrichtlinien<br />

(WertR) sind für die Gutachterausschüsse nicht<br />

verbindlich, haben sich aber, da sie den Stand der<br />

Wertermittlungstechnik wiedergeben, weitgehend in<br />

der amtlichen Wertermittlung durchgesetzt. Auch die<br />

Rechtsprechung misst die Qualität von Gutachten<br />

häufig an diesen Richtlinien. Die erste WertR nach<br />

Inkrafttreten des BBauG wurde 1966 herausgegeben.<br />

Durch die Fortentwicklung der Technik, der Rechtsprechung<br />

und der Verfahren sind laufend Anpassungen<br />

erfolgt. Bekannt sind die WertR 76, die WertR 91, die<br />

WertR 2002 und die WertR 2006. Auf die Inhalte der<br />

WertR in den letzten 50 Jahren soll hier nicht näher<br />

eingegangen werden. Es sei jedoch darauf hingewie-


18 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

sen, dass das zuständige Ministerium (heute BMVBS)<br />

nach dem Erlass der ImmoWertV beabsichtigt, die<br />

WertR durch mehrere Richtlinien zu einzelnen Bausteinen<br />

der amtlichen Wertermittlung zu ersetzen. Für<br />

2011 ist die unter Mitwirkung der Länder und der kommunalen<br />

Spitzenverbände erarbeitete „Sachwert-<br />

Richtlinie“ angekündigt.<br />

5 Neue Techniken verändern die Arbeitsmethodik<br />

5.1 Datenhaltung<br />

Wie unter 2. beschrieben mussten die neu gebildeten<br />

Gutachterausschüsse Arbeitsmethoden für die ihnen<br />

übertragenen Aufgaben erst entwickeln. Für die<br />

Sammlung und Auswertung von Kaufpreisen gab es<br />

zunächst keine Vorschriften. Die technische Anleitung<br />

für die Sammlung von Grundstückskaufpreisen wurde<br />

in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> am 01.08.1963 erlassen.<br />

Abb. 7: Erfassungsmaske für die digitale Kaufpreissammlung Hagen<br />

Die Festlegung des Datenkataloges bedeutete aber<br />

nicht, dass alle Gutachterausschüsse sofort Kaufpreisdateien<br />

einrichten konnten. Die Einführung der automatisierten<br />

Kaufpreissammlung war ein längerer Pro-<br />

Nachdem in den ersten Jahren Arbeitsabläufe mit den<br />

vorhandenen Organisationsmitteln entwickelt worden<br />

waren, wurde schnell deutlich, dass insbesondere die<br />

Aufgabe „Verwaltung und Auswertung der Kaufpreissammlung“<br />

nur automationsgestützt sachgerecht<br />

erledigt werden kann (vgl. Kap. 3.1).<br />

Bereits seit 1976 beschäftigte sich die Arbeitsgemeinschaft<br />

der Vorsitzenden der Gutachterausschüsse in<br />

NRW (AGVGA.NRW) mit der Entwicklung eines einheitlichen<br />

Datenkatalogs für <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>. 1979<br />

wurde der Datenkatalog, der aus ca. 170 eindeutig<br />

beschriebenen Datenfeldern bestand, verabschiedet<br />

und den Gutachterausschüssen zur Anwendung empfohlen.<br />

Für jedes Datenfeld waren auch eindeutige<br />

numerische Verschlüsselungen für die vorgesehenen<br />

Dateninhalte hinterlegt. Die Daten wurden in der Regel<br />

in Großrechnern gespeichert, Selektionen erfolgten<br />

nach starren, vordefinierten Mustern.<br />

zess. In Hagen und Essen wurden 1987 nahezu zeitgleich<br />

automatisierte Kaufpreissammlungen eingeführt.<br />

In diesem Jahr hatten 29 von seinerzeit 82 Gutachterausschüssen<br />

eine automatisierte Kaufpreis-


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 19<br />

sammlung eingerichtet, 1993 führten nur noch 12 Ausschüsse<br />

eine analoge Kaufpreisdatei und 1996 waren<br />

digitale Kaufpreisdateien nahezu flächendeckend in<br />

NRW vorhanden.<br />

Auswerteprogramme und Datenhaltung wurden ständig<br />

dem Stand der Technik angepasst. Starre Großrechnerlösungen<br />

gehören mittlerweile der Vergangenheit<br />

an.<br />

Trotz der einheitlichen Datenbeschreibung (Richtlinien<br />

bestanden allerdings nicht) haben sich unterschiedliche<br />

Formen der Datenbestände und der Datenhaltung<br />

herausgebildet. Für die Erarbeitung von neuen Richtlinien<br />

zur Kaufpreissammlung richtete das Innenministerium<br />

1994 eine Arbeitsgruppe „Digitale Kaufpreissammlung“<br />

ein. Die Arbeitsgruppe erstellte auf der<br />

Grundlage des Kataloges von 1979 einen Maximal- und<br />

einen Minimaldatenkatalog. Der daraufhin in den<br />

Kaufpreissammlungs-Richtlinien 1999 formulierte<br />

zulässige Inhalt der Kaufpreissammlung geht vom<br />

Maximalkatalog aus. Dieser zulässige Inhalt ist 2004 in<br />

die GAVO NRW übernommen worden (vgl. Anlage 4<br />

Nummer 16).<br />

Zur vollständigen Vereinheitlichung führte die Festlegung<br />

des zulässigen Inhalts der Kaufpreissammlung in<br />

NRW aber immer noch nicht. Bei einer Untersuchung in<br />

2010 wurde festgestellt, dass sowohl die Datenstruktur<br />

als auch die Datenhaltung in den Gutachterausschüssen<br />

nach den örtlichen Gegebenheiten erfolgte.<br />

Gleichwohl wurde erreicht, dass ca. 90% der erforderlichen<br />

Daten nach gleichen Grundsätzen erhoben wurden.<br />

Die mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz eingeführten<br />

Änderungen, insbesondere die Nutzbarmachung<br />

der Daten der Gutachterausschüsse für die<br />

steuerliche Bewertung, erfordern jedoch eine noch<br />

größere Einheitlichkeit des Datenbestandes. Das für<br />

die Wertermittlung in NRW zuständige Ministerium für<br />

Inneres und Kommunales erwägt daher mit der Novellierung<br />

der GAVO NRW 2011 eine zentrale Kaufpreisdatei<br />

für NRW beim Oberen Gutachterausschuss NRW<br />

einzurichten.<br />

5.2 Datenauswertung<br />

Bereits bei der Einrichtung der Gutachterausschüsse<br />

durch das BauGB von 1960 lag der Gedanke zugrunde,<br />

dass Wertermittlung von unbebauten und bebauten<br />

Grundstücken auf der empirischen Auswertung tatsächlich<br />

ausgehandelter Kaufpreise beruhen sollte.<br />

Dies war das Heraushebungsmerkmal der Gutachterausschüsse.<br />

Und so ist es nicht verwunderlich, dass<br />

bereits kurze Zeit nach der Einrichtung der Gutachterausschüsse<br />

Verfahrenstechniken gesucht und entwickelt<br />

wurden, die in dem Kaufpreismaterial vorhandenen<br />

Gesetzmäßigkeiten herauszufiltern. Mit dem Fort-<br />

schreiten der EDV lag es nahe, für diese Problemstellung<br />

mathematisch-statistische Verfahren einzusetzen.<br />

Etwa zeitgleich mit den Überlegungen, die Kaufpreise<br />

automatisiert zu verwalten, wurden ab 1976 vom Geodätischen<br />

Institut der damaligen Technischen Universität<br />

Hannover Kontaktstudien mit dem Titel „Mathematische<br />

Statistik bei der Ermittlung von Grundstückswerten“<br />

angeboten. In der Folgezeit entwickelten sich<br />

zahlreiche Untersuchungen und Vorschläge, wertrelevante<br />

Marktinformationen aus dem Kaufpreismaterial<br />

herauszulesen, Modelle zu entwickeln und Kenngrößen<br />

abzuleiten, die es ermöglichen, mit den vorgeschriebenen<br />

Wertermittlungsverfahren marktkonforme Verkehrswerte<br />

zu ermitteln.<br />

1975 veröffentlichte Möckel ein Verfahren zur empirischen<br />

Ableitung von Liegenschaftszinssätzen aus<br />

Kaufpreisen. Bereits 1977 wird die Ableitung von Liegenschaftszinsen<br />

durch das BauGB 76 verpflichtend<br />

eingeführt. 1978 bezeichnete Sprengnetter den Liegenschaftszinssatz<br />

als Marktanpassungsfaktor des<br />

Ertragswertverfahrens.<br />

In demselben Zeitraum entwickelte sich auch das Verständnis<br />

für eine Marktanpassung im Sachwertverfahren.<br />

Bereits 1973 wies Sprengnetter „ auf das generelle<br />

Erfordernis von Marktanpassungen auf der Grundlage<br />

von Nachbewertungen verkaufter Vergleichsobjekte in<br />

sämtlichen Methoden zur Ermittlung des Verkehrswertes“<br />

hin. Sprengnetter formulierte dann 1978: „Würde<br />

der 2. Teil der WertV 2 (Erforderliche Daten) heute neu<br />

konzipiert, so müsste die Herleitung des Marktanpassungsfaktors<br />

für das Sachwertverfahren zwingend mit<br />

aufgenommen bzw. vorgeschrieben werden“. Tatsächlich<br />

wurde die Verpflichtung zur Herleitung von Marktanpassungsfaktoren<br />

für das Sachwertverfahren (neue<br />

Bezeichnung: Sachwertfaktoren) erst mit der Immo-<br />

WertV vom 19.05.2010 eingeführt. Gleichwohl haben<br />

viele Gutachterausschüsse bereits in früheren Jahren<br />

Marktanpassungsfaktoren abgeleitet.<br />

Dies sind nur wenige Beispiele für die zahlreichen Untersuchungen<br />

des Kaufpreismaterials mit Clusteranalysen,<br />

mit Regressions-, Varianz- und Kovarianzanalysen<br />

und sonstigen Methoden.<br />

5.3 Datenbereitstellung<br />

Die fortschreitende Technik der automatisierten Datenverarbeitung<br />

ermöglichte den Gutachterausschüssen<br />

auch, ihre Ergebnisse aus Grundlagenuntersuchungen<br />

und ihre weiteren Produkte insbesondere<br />

2 gemeint ist die WertV 72


20 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Bodenrichtwerte zeitnah Bürgern, Sachverständigen,<br />

Banken und Behörden zur Verfügung zu stellen.<br />

Mit der GAVO NRW 1990 wurden die Gutachterausschüsse<br />

verpflichtet, Feststellungen über den Grundstücksmarkt<br />

zusammenzufassen und zu veröffentlichen,<br />

also Grundstücksmarktberichte herauszugeben.<br />

In Hagen gab der Gutachterausschuss den ersten<br />

Abb. 8: Beispiel einer mathematisch-statistischen Auswertung (Regression) aus Hagen<br />

Wenn anfangs die Gutachterausschüsse weitgehend<br />

lokal Daten und Auskünfte abgaben, eröffneten sich<br />

mit der Einführung des Internet neue Perspektiven.<br />

Frühzeitig erkannten die nordrhein-westfälischen Gutachterausschüsse,<br />

dass sie nach außen als Einheit<br />

auftreten müssen und ihre Produkte den Kunden landesweit<br />

zugänglich machen sollten. Daraus entwickelte<br />

sich die Initiative, ein gemeinsames Internetportal der<br />

nordrhein-westfälischen Gutachterausschüsse zu<br />

schaffen und Bodenrichtwerte dort kostenlos bereitzustellen.<br />

Unter der Federführung der AGVGA.NRW wurde<br />

mit dem Projekt 1998 begonnen. Zunächst wurde<br />

lediglich eine Integration vorhandener Internetauftritte<br />

der Gutachterausschüsse über eine gemeinsame Adresse<br />

und Navigation realisiert. In Phase 2 erfolgte<br />

dann mit Mitteln des Landes NRW die Weiterentwicklung<br />

zu einer GIS-basierten Lösung. Auch die Grundstücksmarktberichte<br />

konnten per Download abgerufen<br />

Grundstücksmarktbericht 1983 heraus. Der erste<br />

Marktbericht in Essen erschien bereits 1965 für den<br />

Zeitraum 1955 – 1965. Danach orientierte sich die<br />

Herausgabe an der Zahl der Sitzungen des Gutachterausschusses<br />

(500. Sitzung 1968, 1000. Sitzung 1974);<br />

ab 1983 erscheinen jährlich Grundstücksmarktberichte.<br />

werden. 2003 nahmen nahezu alle Gutachterausschüsse<br />

an dem Projekt teil und lieferten Bodenrichtwerte<br />

für die Online-Auskunft. Durch die GAVO NRW<br />

2004 wurde das auf Grund der Eigeninitiative der Gutachterausschüsse<br />

entstandene Bodenrichtwertinformationssystem<br />

BORIS.NRW (www.boris.nrw.de) rechtlich<br />

gesichert.<br />

Inzwischen ist das System zu einem umfassenden<br />

Informationssystem zum Immobilienmarkt weiterentwickelt<br />

worden (Änderung GAVO NRW 2008). Neben<br />

Bodenrichtwerten und Grundstücksmarktberichten<br />

können auch Immobilienrichtwerte, allgemeine Preisauskünfte<br />

und web-basierte Bodenrichtwertdienste<br />

genutzt werden. Zukünftig sollen sämtliche Daten und<br />

Produkte der amtlichen Grundstückswertermittlung in<br />

NRW vorrangig über das Informationssystem zum<br />

Immobilienmarkt BORISplus.NRW bereitgestellt werden.


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 21<br />

Ähnliche Entwicklungen wie in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

fanden auch in anderen Ländern statt. Seit 2003 arbeitete<br />

eine von der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen<br />

der Länder der Bundesrepublik<br />

Deutschland (AdV) eingerichtete Projektgruppe „Vernetztes<br />

Bodenrichtwertinformationssystem (VBORIS)“<br />

mit dem Ziel, eine bundesweite Lösung zur Bereitstellung<br />

von amtlichen Wertermittlungsinformationen der<br />

Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in den<br />

Ländern der Bundesrepublik Deutschland im Internet<br />

zu konzipieren. Mit ihrem Abschlussbericht legte die<br />

Projektgruppe 2005 eine Modellbeschreibung als Empfehlung<br />

vor.<br />

Mittlerweile bietet die überwiegende Zahl der Gutachterausschüsse<br />

Online-Auskünfte im Internet an.<br />

Abb. 9: Startbildschirm des Amtlichen-Immobilienmarkt-Informationssystems <strong>Nordrhein</strong> <strong>Westfalen</strong> (BORISplus.NRW)<br />

6 Was ist erreicht und was bringt die Zukunft?<br />

Heute sind die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte<br />

trotz noch vorhandener, jedoch erkannter Mängel<br />

aus der deutschen Wertermittlungswelt nicht mehr<br />

weg zu denken. Verschiedentliche Angriffe aus Politik<br />

und Wirtschaft auf ihre Existenz konnten erfolgreich<br />

abgewehrt werden. Dass diese weltweit einzigartige<br />

Institution zu Recht besteht, haben nicht zuletzt die<br />

Immobilienblasen der vergangenen Jahre gezeigt.<br />

Großbritannien, USA, Irland verfügen beispielsweise<br />

über private Marktbeobachtungssysteme und besitzen<br />

nach Wertung des Immobilienunternehmens Jones<br />

Lang LaSalle im „Global Real Estate Transparency<br />

Index 2010“ einen deutlich transparenteren Immobilienmarkt<br />

(Ränge 3, 6,7, Deutschland 10). Dort platzten<br />

jedoch Immobilienblasen, der Wellenschlag war weltweit<br />

spürbar. In Deutschland hingegen hielten sich die<br />

Auswirkungen in Grenzen. Und das ist nicht zuletzt auf<br />

die unparteiischen Gutachterausschüsse zurück zu<br />

führen, die mit ihrer Tätigkeit keinerlei Eigeninteresse<br />

oder wirtschaftliche Ziele verfolgen, sondern für eine<br />

objektive Transparenz sorgen.<br />

In vielen Bereichen sind Bodenrichtwerte und Grundstücksmarktberichte<br />

der Gutachterausschüsse mittlerweile<br />

überwiegend kostenfrei rund um die Uhr im<br />

Internet verfügbar. Die Website boris.nrw.de zählt zu<br />

den Seiten des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> mit den<br />

höchsten Zugriffszahlen. Berlin hat bereits eine Online-<br />

Auskunft aus der Kaufpreissammlung realisiert. Die<br />

Gutachten der örtlichen und der Oberen Gutachterausschüsse<br />

werden wegen ihrer Fachlichkeit und sorg-


22 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

fältigen Recherche hoch geschätzt. Auch als neutrale<br />

Berater der Gebietskörperschaften sind die Ausschüsse<br />

mittlerweile in weiten Bereichen willkommen und<br />

begehrt. So haben sie auch umfangreiche Hilfestellung<br />

bei der Aufstellung der Bilanzen für die Immobilienwerte<br />

der NRW-Gemeinden nach dem „Neuen Kommunalen<br />

Finanzmanagement“ (NKF) geleistet. Ebenso greift<br />

die Finanzverwaltung seit langem auf die Erfahrung<br />

und auf die Marktdaten der Gutachterausschüsse zu.<br />

Das Erbschaftsteuerreformgesetz 2008 hat das<br />

BauGB durch die Verpflichtung zur Ableitung zonaler<br />

Bodenrichtwerte nachhaltig verändert. Gleichzeitig<br />

wurde die Finanzverwaltung verpflichtet, bei der steuerlichen<br />

Grundbesitzbewertung in erster Linie auf die<br />

Grundlagedaten der Gutachterausschüsse (Bodenrichtwerte,<br />

Liegenschaftszinssätze, Sachwertfaktoren,<br />

Vergleichsfaktoren pp.) zurückzugreifen. Dass die<br />

Abstimmung der rechtlichen Grundlagen, insbesondere<br />

zwischen BauGB und dem steuerlichen Bewertungsgesetz<br />

noch verbesserungsbedürftig ist, zeigt ein<br />

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25.8.2010 - II R<br />

42/09: Vereinfacht ausgedrückt lautet der Tenor: Wo<br />

kein Bodenrichtwert, da keine Besteuerung des Bodenwerts<br />

einer Immobilie. Aus bewertungsfachlicher<br />

Sicht sollte jedoch nicht der Bodenrichtwert, sondern<br />

ein qualifiziert ermittelter Bodenwert Besteuerungsgrundlage<br />

sein (vgl. hierzu auch Krause [2011] und<br />

Mattiseck/Schaar [2011]).<br />

Einen weiteren wesentlichen Beitrag zur Markttransparenz<br />

und auch als steuerliche Bewertungsgrundlage<br />

werden die Immobilienrichtwerte leisten, die sich in<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> im Aufbau befinden. Hier handelt<br />

es sich um Richtwerte für bebaute Immobilien, die<br />

mittels statistisch ermittelter Korrekturfaktoren an die<br />

speziellen wertrelevanten Eigenschaften der zu bewertenden<br />

Immobilie angepasst werden können.<br />

Eine weitere verantwortungsvolle Aufgabe könnte auf<br />

die Gutachterausschüsse zu kommen, wenn künftig<br />

auch die Grundsteuer auf deren Daten basiert. Derzeit<br />

erfolgen unter Federführung der nordrheinwestfälischen<br />

Finanzverwaltung Verprobungen verschiedener,<br />

zum Teil seit Jahren diskutierter Modelle.<br />

Insbesondere die norddeutschen Länder favorisieren<br />

ein Modell, bei dem die Gutachterausschüsse künftig<br />

die Besteuerungsgrundlagen liefern sollen.<br />

Wenn auch die von den Gutachterausschüssen ermittelten<br />

Marktdaten zunehmend Basis für steuerliche<br />

Bewertungen werden, so darf doch ihre ursprüngliche,<br />

heute immer noch und in Zukunft erst recht aktuelle<br />

Aufgabe nicht in Vergessenheit geraten: Gutachterausschüsse<br />

schaffen Markttransparenz für Immobilientransaktionen.<br />

Dazu führen sie die Kaufpreissammlung,<br />

ermitteln Bodenrichtwerte und die für die Wertermittlung<br />

erforderlichen Daten, geben Marktberichte<br />

heraus und erstatten Verkehrswertgutachten. Sie als<br />

bloße Datenlieferanten und Erfüllungsgehilfen für<br />

steuerliche Bewertungen zu sehen, wie dies der Vorsitzende<br />

eines Steuerberatungsverbands vor Kurzem<br />

allen Ernstes schriftlich äußerte, geht an der tatsächlichen<br />

Aufgabe weit vorbei. Gutachterausschüsse verstehen<br />

sich als neutrale, kompetente Dienstleister für<br />

alle, die qualifizierte Wertermittlungsdaten nutzen<br />

wollen. Die Finanzverwaltung und die steuerberatenden<br />

Berufe sind hierzu ebenso eingeladen.<br />

Zur Bedeutung und künftigen Entwicklung der amtlichen<br />

Wertermittlung und damit auch der Gutachterausschüsse<br />

erarbeitet der Deutsche Städtetag derzeit<br />

ein Dokument, in dem die wichtigsten Positionen in<br />

Form von 5 ausführlich erläuterten Thesen zusammen<br />

gefasst sind. Nach Beschluss durch das Präsidium soll<br />

das Dokument im Herbst 2011 veröffentlicht werden.<br />

These 1:<br />

Für Transparenz auf dem Immobilienmarkt ist die Arbeit<br />

der Gutachterausschüsse unabdingbar. Andere<br />

Institutionen haben hierzu Informationen bereitzustellen.<br />

Eine überregionale Zusammenarbeit ist sicherzustellen.<br />

These 2:<br />

Die Arbeitsfähigkeit und fachliche Kompetenz der Geschäftsstellen<br />

ist dauerhaft sicherzustellen. Die Organisation<br />

der Geschäftsstellen als Teil der öffentlichen<br />

Verwaltung mit fachlicher Bindung allein zum Gutachterausschuss<br />

bedarf keiner Änderung.<br />

These 3:<br />

Die volkswirtschaftliche und steuerliche Bedeutung der<br />

Kaufpreissammlung liegt in der aktiven Nutzung ihres<br />

komplexen Informationsgehalts.<br />

These 4:<br />

Über das bestehende Wertermittlungsrecht hinaus<br />

sind weitere bundesweite Harmonisierungen erforderlich.<br />

These 5:<br />

Die kundenorientierte und professionelle Präsenz der<br />

Gutachterausschüsse im „world.wide.web“ liegt aufgrund<br />

der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Boden-<br />

und Immobilienmarktes im öffentlichen und damit<br />

auch im politischen Interesse. Bereits vorhandene<br />

Angebote via Internet sind sowohl auf der Ebene der<br />

Zuständigkeitsbereiche der Gutacherausschüsse als<br />

auch auf Landes- und Bundesebene weiter auszubauen.


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 23<br />

Gutachterausschüsse haben heute längst nicht mehr<br />

nur lokale Bedeutung. Seit der Einführung der Oberen<br />

Gutachterausschüsse werden ihre Marktanalysen auf<br />

Landesebene aggregiert. 2009 erschien der erste Immobilienmarktbericht<br />

Deutschland mit einer bundesweiten<br />

Analyse. Mittlerweile ist der zweite Bericht in<br />

Vorbereitung. Im Vorwort zum ersten bundesweiten<br />

Immobilienmarktbericht sagt Bundesminister Dr. Peter<br />

Ramsauer: „Eine hohe Markttransparenz ist dabei ein<br />

wesentlicher Standortfaktor für Investitionen, was<br />

einer in den letzten Jahren gestiegenen Bedeutung<br />

Deutschlands als Zielmarkt sowohl für nationale als<br />

auch internationale Investoren Rechnung trägt. Globalisierung<br />

und Investitionsbereitschaft sind nicht an<br />

Landesgrenzen gebunden, vielmehr sind Grenzen oft<br />

durch mangelnde Markttransparenz definiert. Immobilienmarktdaten<br />

müssen deutschlandweite Standortvergleiche<br />

ermöglichen.“<br />

7 Beispiele für die Preisentwicklung von Immobilien<br />

in 50 Jahren<br />

Zwei Beispiele sollen die Entwicklung der Immobilienpreise<br />

in den letzten 100 Jahren bzw. seit Bestehen der<br />

Gutachterausschüsse aufzeigen.<br />

In <strong>Köln</strong> wurden seit 1895 Werte dokumentiert. Der<br />

Ausschnitt aus dem Innenstadtbereich zeigt die Wertentwicklung<br />

bis in die Gegenwart (Abbildungen 10-15).<br />

Abb. 10: <strong>Köln</strong> 1895<br />

Abb. 11: <strong>Köln</strong> 1900<br />

Abb. 12: <strong>Köln</strong> 1929


24 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Abb. 13: <strong>Köln</strong> 1936<br />

Abb. 15: <strong>Köln</strong> 2011<br />

Abb. 14: <strong>Köln</strong> 1963<br />

Die Preisentwicklung unbebauter Baugrundstücke für<br />

individuelle Bauweise (1- und 2-<br />

Familienhausgrundstücke) wird in Essen seit 1955<br />

untersucht. Abbildung 13 zeigt die – inflationsunbereinigte<br />

– Preisentwicklung. Heute beträgt der mittlere<br />

Bodenrichtwert für diese Baulandkategorie rd. 260<br />

Euro. Hagen führt eine Bodenpreisindexreihe seit 1963.<br />

450,0<br />

400,0<br />

350,0<br />

300,0<br />

250,0<br />

200,0<br />

150,0<br />

100,0<br />

50,0<br />

0,0<br />

1955<br />

Bodenpreisindexreihe Individuelle Bauweise<br />

1960<br />

1965<br />

1970<br />

1975<br />

1976 = 100<br />

Abb. 16: Preisentwicklung unbebauter Baugrundstücke in Essen<br />

1980<br />

1985<br />

1990<br />

1995<br />

2000<br />

2005<br />

2010


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 25<br />

Literaturangaben und Bildnachweis<br />

Arbeitskreis der Gutachterausschüsse und der Oberen<br />

Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland<br />

(Hrsg.), 2010<br />

Immobilienmarktbericht Deutschland 2009.<br />

www.immobilienmarktbericht-deutschland.info<br />

Dautert, Ernst e.a., 2005<br />

Abschlussbericht zum Betrieb eines vernetzten Bodenrichtwertinformationssystems<br />

(VBORIS) der Gutachterausschüsse<br />

für Grundstückswerte der Länder der<br />

Bundesrepublik Deutschland. Unveröffentlicht.<br />

Decker, Achim, 2003<br />

Preisbildung und Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt<br />

vor und nach der Verordnung über das Verbot<br />

von Preiserhöhungen (Preisstoppverordnung) vom<br />

26. November 1936. Abschnittsarbeit im Rahmen der<br />

Ausbildung der höheren vermessungstechnischen<br />

Verwaltungsbeamten bei der Stadt Essen, Unveröffentlicht.<br />

Deutscher Städtetag, 2011<br />

Zukunft der amtlichen Wertermittlung. Thesenpapier.<br />

Veröffentlichung in Vorbereitung.<br />

Dietrich, Thekla; Höhn, Rainer, 1998<br />

Automatisierung von Führung und Auswertung der<br />

Kaufpreissammlung. Nachrichten aus dem öffentlichen<br />

Vermessungswesen <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>. Innenministerium<br />

NRW, Düsseldorf, S. 61 ff.<br />

Höhn, Rainer, 1977<br />

Auswirkungen der BBauG-Novelle auf die Arbeiten der<br />

Gutachterausschüsse für Grundstückswerte. Vermessungswesen<br />

und Raumordnung, S. 308 ff.<br />

Höhn, Rainer, 2007<br />

25 Jahre Oberer Gutachterausschuss <strong>Nordrhein</strong>-<br />

<strong>Westfalen</strong>. Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>. Innenministerium<br />

NRW, Düsseldorf, S. 5 ff.<br />

Höhn, Rainer; Kösters, Susanne; Schaar, Hans-<br />

Wolfgang; Schmeck, Joachim, 2010<br />

Wandel in der behördlichen Wertermittlung – die Gutachterausschüsse<br />

in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> stellen sich.<br />

Zeitschrift für Vermessungswesen (ZfV), S. 280 ff.<br />

Höhn, Rainer; Schaar, Hans-Wolfgang 2007<br />

Standards im behördlichen Gutachterausschusswesen<br />

– Notwendigkeit oder Bürokratismus. Nachrichten aus<br />

dem öffentlichen Vermessungswesen <strong>Nordrhein</strong>-<br />

<strong>Westfalen</strong>, S. 50 ff. Innenministerium NRW, Düsseldorf<br />

Höhn, Rainer, 1986<br />

Anwendung der multiplen Regression bei der Kaufpreisauswertung<br />

in einem Landkreis. Vermessungswesen<br />

und Raumordnung, S.91 ff.<br />

Jäger, Ulrich; Pelke, Andreas, 1994<br />

Digitale Kaufpreissammlung in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>.<br />

Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>, S. 95 ff.<br />

Jäger, Ulrich, 1998<br />

Markttransparenz durch Grundstücksmarktberichte.<br />

Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>, S. 39 ff. Innenministerium NRW,<br />

Düsseldorf<br />

Jones Lang LaSalle, Global Real Estate Transparency<br />

Index 2010<br />

http://www.joneslanglasalle.com/pages/greti_home.<br />

aspx<br />

Junge, Volker e.a., 2011<br />

50 Jahre Gutachterausschuss für Grundstückswerte in<br />

Hamburg. Sonderdruck des Landesbetriebs Geoinformation<br />

und Vermessung Hamburg<br />

Kleiber, Wolfgang, 2010<br />

Verkehrswertermittlung von Grundstücken. Bundesanzeiger<br />

Verlag, <strong>Köln</strong><br />

Kleiber, Wolfgang. Kleiber-digital<br />

www.biv-portal.de/immobilien/produkte/kleiberdigital<br />

Kummer, Klaus; Frankenberger, Josef (Hrsg.), 2010<br />

Das deutsche Vermessungs- und Geoinformationswesen.<br />

Wichmann, Heidelberg<br />

Krause, Ingo, 2011<br />

Hebeln die Gutachterausschüsse die Grundbesitzbewertung<br />

aus? Erben + Vermögen, NWB Verlag, Herne<br />

Mattiseck, Klaus; Schaar, Hans-Wolfgang, 2011<br />

Die Gutachterausschüsse hebeln die Grundbesitzbewertung<br />

nicht aus! – Bodenrichtwerte und ihr Bedeutung.<br />

Erben + Vermögen, NWB Verlag, Herne<br />

Möckel, Rainer, 1975<br />

Ermittlung des Liegenschaftszinssatzes und der Restnutzungsdauer<br />

aus Kaufpreisen von Ertragsgrundstücken.<br />

Vermessungswesen und Raumordnung, S.129 ff.


26 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Moll-Amrein, Marianne, 2009<br />

Der Liegenschaftszinssatz in der Immobilienwertermittlung.<br />

Immobilienzeitung Verlagsgesellschaft,<br />

Wiesbaden<br />

Romunde, Walter, 1975<br />

Die Grundstücksbewertung in <strong>Köln</strong>, in: 100 Jahre<br />

stadtkölnisches Vermessungs- und Liegenschaftsamt.<br />

Dokumentation Stadt <strong>Köln</strong><br />

Schaar, Hans-Wolfgang, 2002<br />

Gutachterausschüsse online – Neue Dimensionen der<br />

Markttransparenz. Grundstücksmarkt und Grundstückswert<br />

(GuG), Luchterhand Verlag, Neuwied<br />

Schaar, Hans-Wolfgang, 2008<br />

Kaufpreiskartei – Comeback eines bewährten Verfahrens?<br />

Grundstücksmarkt und Grundstückswert (GuG),<br />

Luchterhand Verlag, Neuwied<br />

Schaar, Hans-Wolfgang, 2009<br />

Die Zukunft der amtlichen Wertermittlung, Nachrichten<br />

aus dem öffentlichen Vermessungswesen, Innenministerium<br />

NRW, Düsseldorf<br />

Schmeck, Joachim, 1999<br />

Datenkatalog für die Kaufpreissammlung. Nachrichten<br />

aus dem öffentlichen Vermessungswesen <strong>Nordrhein</strong>-<br />

<strong>Westfalen</strong>, S. 33 ff. Innenministerium NRW, Düsseldorf<br />

Sprengnetter, Hans Otto<br />

Immobilienbewertung – Lehrbuch und Kommentar.<br />

Sprengnetter Immobilienbewertung, Sinzig (Stand<br />

27.07.2011)<br />

Tipke, Hans-Joachim, 1976<br />

Organisation der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte<br />

und ihrer Geschäftsstellen. Nachrichten<br />

aus dem öffentlichen Vermessungswesen <strong>Nordrhein</strong>-<br />

<strong>Westfalen</strong>, S. 67 ff. Innenministerium NRW, Düsseldorf<br />

Wanzke, Holger, 2003<br />

Auf dem Weg zu einem neuen Produkt: BORIS.NRW –<br />

Bodenrichtwertsystem <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>. Vortrag<br />

bei der 64. Vollversammlung der AGVGA.NRW in Essen<br />

Abb. 1:<br />

Kartengrundlage: NordNordWest, Wikimedia Commons,<br />

lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz by-sa-<br />

2.0-de, URL:<br />

http://creativecommons.org/licenses/bysa/2.0/de/legalcode.<br />

Alle Text- und sonstigen Elemente<br />

wurden von den Autoren hinzugefügt.<br />

Abb. 2 bis 6:<br />

Schaar<br />

Abb. 7 und 8:<br />

Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der<br />

Stadt Hagen<br />

Abb. 9: und 15:<br />

http://www.boris.nrw.de<br />

Abb. 10 bis 14:<br />

siehe Literaturverzeichnis lfd. Nr. 22 (Romunde)<br />

Abb. 16:<br />

Schaar<br />

Dipl.-Ing. Hans-Wolfgang Schaar<br />

Gutachterausschuss für<br />

Grundstückswerte in der Stadt Essen<br />

Rathenaustraße 2<br />

45127 Essen<br />

wolfgang.schaar@amt68.essen.de<br />

Dipl.-Ing. Rainer Höhn<br />

Dienststelle Gutachterausschuss<br />

für Grundstückswerte in der Stadt Hagen<br />

Berliner Platz 22<br />

58089 Hagen<br />

rainer.hoehn@stadt-hagen.de


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 27<br />

Anhang<br />

Nr. In Kraft ab Vorschrift und wesentliche Änderungen<br />

1 30.10.1960 Bundesbaugesetz (BBauG) - §§ 136-144<br />

: Erstmalige Bildung von Gutachterausschüssen bei den kreisfreien Städten und<br />

Landkreisen als Regulativ für die Preisbildung von Immobilien nach endgültiger<br />

Aufhebung des Preisstopps<br />

: Länder sind ermächtigt, Gutachterausschüsse bei kreisangehörigen Gemeinden<br />

oder bei Gemeindeverbänden einzurichten<br />

: Gutachtenerstellung<br />

: Richtwerte für den Grund und Boden in regelmäßigen Abständen – Sonderregelung<br />

für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke<br />

: Sammlung von Kaufpreisen<br />

: Bestellung der Gutachter für 4 Jahre<br />

2 10.12.1960 Erste Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes – Abschnitt IV<br />

(NRW)<br />

: erstmalige organisatorische Regelungen über Gutachterausschüsse und Kaufpreissammlungen<br />

: Einrichtung auch bei einer amtsfreien Gemeinde oder einem Amt auf Antrag<br />

möglich<br />

3 11.09.1961 Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von<br />

Grundstücken Verkehrswertverordnung<br />

: bundeseinheitliche Regelung der Wertermittlungsverfahren (Vergleichswert,<br />

Sachwert, Ertragswert)<br />

: Festschreibung gleicher Grundsätze bei der Wertermittlung<br />

4 01.08.1963 Verordnung über Richtwerte von Grundstücken (RichtwertVO)-(NRW)<br />

: Richtwerte sind für eine Mehrzahl von Grundstücken für baureifes Land, Rohbauland<br />

und Bauerwartungsland jeweils zum Jahresende zu ermitteln (aufgehoben<br />

erst 1980)<br />

: Die Richtwerte sind in Richtwertkarten oder in Listen einzutragen<br />

: Richtwerte sind öffentlich auszulegen nach ortsüblicher Bekanntmachung zu<br />

veröffentlichen<br />

5 10.01.1967 Erste Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zur Durchführung des<br />

Baugesetzbuches – Abschnitt IV (NRW)<br />

: Ehrenamtliche Gutachter dürfen nicht der Vertretung oder der Verwaltung der<br />

Gebietskörperschaft angehören, bei der der Gutachterausschuss eingerichtet<br />

ist.<br />

6 01.08.1971 Städtebauförderungsgesetz (StBauFG), insbesondere §§ 15, 23 und 41<br />

: Grundstückswerte für Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen sind vom<br />

Gutachterausschuss zu ermitteln<br />

: Ermittlung von sanierungs- und entwicklungsmaßnahmebedingten Werterhöhungen<br />

: Wertermittlung zur Prüfung der Angemessenheit von Kaufpreisen in Sanierungs-<br />

und Entwicklungsgebieten<br />

7 16.08.1972 Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Verordnung über Grundsätze für<br />

die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken und Bekanntmachung der<br />

Neufassung der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes<br />

von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung – WertV)<br />

: Regelungen für Wertermittlungen nach dem StBauFG<br />

: Einführung der wirtschaftlichen Wertminderung zusätzlich zur Wertminderung<br />

wegen Alters<br />

: Klarstellung der Betriebskosten<br />

: Normalherstellungskosten nach Erfahrungssätzen, deren Bezugszeitpunkt


28 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

bekannt ist<br />

8 14.02.1976 Verordnung über die Erhebung von Ausgleichsbeträgen nach §§ 41 und 42 des<br />

Städtebauförderungsgesetzes (AusgleichsbetragV)<br />

: Spezifizierung der Ausgleichsbetragsermittlung nach dem Städtebauförderungsgesetz<br />

(§§ 41,42)<br />

: Ermittlung von lagetypischen Grundwerten für die Anfangs- und Endwerte<br />

9 01.01.1977 Neufassung des Bundesbaugesetzes (BBauG 1976)<br />

: Die geforderte Vereinigung der städtebaulichen Wertermittlung mit der steuerlichen<br />

Bewertung wurde nicht vollzogen, jedoch dem Erfahrungs- und Informationsaustausch<br />

zwischen Gutachterausschüssen und Finanzämtern Rechnung<br />

getragen. Bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten wirken erstmalig Bedienstete<br />

der örtlichen Finanzämter mit. Die Kaufpreissammlung ist für Finanzämter<br />

offen.<br />

: Erweiterung der Aufgaben: Gutachten auch über Rechte an Grundstücken,<br />

Wertermittlungen für Entschädigungen für Rechtsverlust und andere Vermögensnachteile<br />

bei Enteignungen, Vorkaufsrechten, Planungsschäden etc.<br />

: Antragsberechtigung ist entsprechend der Aufgabenerweiterung auf Inhabern<br />

von Rechten und Behörden für Entschädigungsermittlungen erweitert worden<br />

: Mitteilungspflichtige Rechtsvorgänge wurden erweitert (Umlegung, Zwangsversteigerung,<br />

Erbbaurechtsverträge, Enteignungsbeschluss etc.)<br />

: Schwerpunktverlagerung bei den Kaufpreisen von der reinen Sammlung auf die<br />

Auswertung. Es sind auf der Grundlage der ausgewerteten Kaufpreise die für<br />

die Wertermittlung wesentlichen Daten, insbesondere Bodenpreisindexreihen,<br />

Umrechnungskoeffizienten und Liegenschaftszinssätze abzuleiten.<br />

: Bodenrichtwertermittlung Ende eines jeden Jahres, es sei denn Länder<br />

bestimmen zweijährigen Turnus.<br />

: Möglichkeit zur Bildung Oberer Gutachterausschüsse<br />

10 01.01.1981 Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (Gutachterausschussverordnung<br />

NRW – GAVO NRW)<br />

: Gutachterausschüsse werden auch für die Großen kreisangehörigen Städte<br />

(mehr als 60.000 EW) gebildet<br />

: Erweiterung des Aufgabenbereichs, der Gutachterausschuss kann Gutachten<br />

über Miet- oder Pachtwerte und auch Mietwertübersichten erstellen<br />

: Besetzung der Gutachter im Einzelfall geregelt (5 Gutachter bei Bodenrichtwertermittlung,<br />

davon ein Bediensteter des örtlichen Finanzamtes<br />

: Regelungen zur Abberufung von Gutachtern<br />

: Möglichkeit der Übertragung von Befugnissen des Gutachterausschusses auf<br />

seinen Vorsitzenden<br />

: Wesentliche Daten wie Mieten und Bewirtschaftungskosten sind, soweit bekannt,<br />

zu erfassen<br />

: Regelungen zur Bildung des Oberen Gutachterausschusses für Grundstückswerte<br />

in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

11 01.04.1983 Bundeskleingartengesetz (BKleinG)<br />

: Auf Antrag einer Vertragspartei hat der örtlich zuständige Gutachterausschuss<br />

ein Gutachten über den ortsüblichen Pachtzins im erwerbsmäßigen Obst- und<br />

Gemüseanbau zu erstatten.<br />

12 01.01.1990<br />

Gesetz ist v.<br />

8.12.1986<br />

Baugesetzbuch (BauGB) §§ 192-199<br />

: Zusammenfassung des Baurechtes in einem Gesetz,<br />

: StBauFG und AusgleichsbetragV werden aufgehoben<br />

: Vorschriften der Organisation werden weitgehend auf die Länder übertragen<br />

wie z.B. die Bildung und das Tätigwerden der Gutachterausschüsse, die Aufgaben<br />

des Vorsitzenden und der Geschäftsstelle, die Führung und Auswertung<br />

der Kaufpreissammlung, die Ermittlung der Bodenrichtwerte<br />

: Kaufbewerber können Gutachten nicht mehr beantragen


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 29<br />

: Auskünfte aus der Kaufpreissammlung bei berechtigtem Interesse<br />

13 01.01.1990 Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von<br />

Grundstücken (Wertermittlungsverordnung – WertV 88)<br />

: BauGB und WertV 88 treten in den Ländern mit Erlass der Gutachterausschussverordnung<br />

in Kraft, spätestens am 01.01.1990<br />

: Definition der Entwicklungsstufen<br />

: Erstmalig generelle Vorschriften zur Ableitung der für die Wertermittlung erforderlichen<br />

sonstigen Daten<br />

: Einführung des Liquidationswertverfahrens<br />

: Zulässigkeit der Ermittlung eines gedämpften Bodenwertes in besonderen<br />

Fällen (wenn dem Gebäudeabriss Gründe entgegenstehen)<br />

: Regelungen für die Bemessung der Ausgleichsbeträge<br />

: Beim Sachwertverfahren ergeben Bodenwert und Wert der baulichen Anlagen<br />

und der sonstigen Anlagen den Sachwert des Grundstücks<br />

14 24.03.1990 Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (Gutachterausschussverordnung<br />

NRW – GAVO NRW)<br />

: Bestellung der Gutachter auf fünf Jahre<br />

: Aufgaben noch einmal erweitert (Gutachten nach Landesenteignung- und Entschädigungsgesetz,<br />

Durchführung von Zustandsfeststellungen<br />

: Präzisierung der Aufgaben des Vorsitzenden und der Geschäftsstelle<br />

: Bodenrichtwertermittlung bis 30.04. jedes Jahres<br />

: Sonstige Daten, insbesondere Indexreihen, Umrechnungskoeffizienten, Liegenschaftszinssätze<br />

und Vergleichsfaktoren für bebaute Grundstücke hat der Gutachterausschuss<br />

abzuleiten und darüber zu beschließen<br />

: Verwendung von Daten anderer Gutachterausschüsse<br />

: Der Gutachterausschuss soll Feststellungen über den Grundstücksmarkt zusammenfassen<br />

und veröffentlichen (Einführung Grundstücksmarktbericht ohne<br />

Verwendung dieser Bezeichnung)<br />

15 01.01.1998 Gesetz zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden in<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> (NRW) – Art. 12 Nr. 6 Änderung der GAVO NRW<br />

: Für innerhalb eines Kreises liegende Große kreisangehörige Städte oder für den<br />

Kreis und eine oder mehrere Große kreisangehörige Städte innerhalb des Kreises<br />

kann ein gemeinsamer Gutachterausschuss gebildet werden<br />

16 08.04.2004 Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (Gutachterausschussverordnung<br />

NRW – GAVO NRW)<br />

: Aufgabenerweiterung: auf Antrag kann Mietspiegel erstellt werden, Wertauskünfte<br />

und Stellungnahmen über Grundstückswerte erteilen, individuelle Auswertungen<br />

aus der Kaufpreissammlung in anonymisierter und aggregierter<br />

Form vornehmen<br />

: Begrenzung der Mitgliedschaft im Gutachterausschuss auf den Tag der Vollendung<br />

des 70-sten Lebensjahres<br />

: Der zulässige Inhalt der Kaufpreissammlung und weiterer Datensammlungen<br />

wird in Anlagen genau beschrieben<br />

: Liberalisierung der Verwendung der Daten der Kaufpreissammlung, wenn sie<br />

nicht personenbezogen sind. § 10 Abs. 4: „Die anonymisierte Auskunft aus der<br />

Kaufpreissammlung ist keine Auskunft aus der Kaufpreissammlung im Sinne<br />

des § 195 Abs. 3 BauGB“<br />

: Gleichstellung der nach DIN EN ISO/IEC 17024 (früher DIN EN 45013) zertifizierten<br />

Sachverständigen mit den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen<br />

für Grundstückswertermittlung<br />

: Straffe Terminierung der Aufgaben: Ermittlung der Bodenrichtwerte bis zum<br />

15.02. und Veröffentlichung bis zum 31.03. jedes Jahres, Übermittlung von Daten<br />

für das Bodenrichtwertinformationssystem <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> (BORIS<br />

NRW) bis zum 28.02. jedes Jahres, Veröffentlichung Grundstücksmarktbericht


30 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

17 31.01.2006<br />

bis 31.03.jedes Jahres. Der Obere Gutachterausschuss hat bis zum 15.03. die<br />

von den Gutachterausschüssen übermittelten Bodenrichtwerte und Grundstücksmarktberichte<br />

in BORIS.NRW zu veröffentlichen. Der Landesgrundstücksmarktbericht<br />

ist bis zum 30.04. jedes Jahres herauszugeben.<br />

: Die Aufgaben des Oberen Gutachterausschusses (OGA NRW) werden erweitert<br />

und präzisiert. Einführung von Online-Auskünften für Bodenrichtwerte und<br />

Grundstücksmarktberichte. Der OGA NRW führt das Bodenrichtwertsystem<br />

BORIS.NRW auf der Grundlage der Geobasisdaten der Vermessungs- und Katasterverwaltung.<br />

Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Gutachterausschüsse<br />

für Grundstückswerte (Gutachterausschussverordnung NRW – GAVO NRW)<br />

: Ergänzungen wegen der Terminierung der Aufgaben<br />

: Regelungen zur Aufsicht über die Gutachterausschüsse, die Einhaltung der<br />

Rechtsvorschriften bei der Aufgabenwahrnehmung unterliegt der Aufsicht,<br />

nicht die selbständige und unabhängige Ermittlung von Grundstückswerten<br />

und sonstigen Wertermittlungen<br />

18 01.01.2007 Jahressteuergesetz 2007 Art. 19, Änderung § 196 BauGB<br />

: redaktionelle Änderungen an den Regelungen zu Bodenrichtwerten für steuerliche<br />

Zwecke; der aktuelle Bodenrichtwert tritt an die Stelle des Wertes vom<br />

01.01.1996<br />

19 01.07.2009 Erbschaftsteuerreformgesetz Art. 4, Änderung der §§ 193,196,198,199 BauGB<br />

: Ziel des Gesetzes ist die Verwendung einheitlicher standardisierter Bewertungsdaten<br />

der Gutachterausschüsse (insbesondere Bodenrichtwerte, Liegenschaftszinssätze,<br />

Marktanpassungsfaktoren, Vergleichsfaktoren) für die steuerliche<br />

Bewertung<br />

: Da die Besteuerung nach gleichmäßigen Grundsätzen zu erfolgen hat, ergibt<br />

sich auch für die Bewertung des Grundvermögens das Erfordernis der Gleichmäßigkeit<br />

in der Anwendung von Wertermittlungsverfahren und –modellen.<br />

Dies soll durch folgende Gesetzesänderungen erreicht werden:<br />

: Der Gutachterausschuss ist verpflichtet sonstige zur Wertermittlung erforderliche<br />

Daten zu ermitteln, insbesondere Kapitalisierungszinssätze, Faktoren zur<br />

Anpassung der Sachwerte an den Grundstücksmarkt, Umrechnungskoeffizienten<br />

und Vergleichsfaktoren für bebaute Grundstücke<br />

: Bodenrichtwerte sind flächendeckend für Richtwertzonen zu ermitteln<br />

: Obere Gutachterausschüsse oder zentrale Geschäftsstellen mit der Aufgabe<br />

überregionaler Auswertungen und Analysen sind in den Flächenländern mit<br />

mehr als zwei Gutachterausschüssen einzurichten<br />

: Die Ermächtigung einheitliche Grundsätze für die Ermittlung von Bodenrichtwerten<br />

zu verordnen geht von den Ländern auf die Bundesregierung über. Dies<br />

soll die Standardisierung des Ermittlungsverfahrens beschleunigen.<br />

20 01.07.2010 Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von<br />

Grundstücken (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV)<br />

: Anwendung der Vorschrift auch auf Objekte, für die kein Markt besteht<br />

: Trennung von Qualitäts- und Wertermittlungsstichtag<br />

: Verzicht auf die Zustandsstufe „begünstigtes Agrarland“<br />

: Bestimmungen zur Ermittlung von Bodenrichtwerten neu aufgenommen (Verlagerung<br />

der Verordnungsermächtigung von den Ländern auf den Bund)<br />

: Ermittlung von Marktanpassungsfaktoren zur Anpassung des Sachwertes bzw.<br />

finanzmathematischer Werte von Erbbaurechten an die Marktverhältnisse<br />

: Bei den Wertermittlungsverfahren gilt immer Marktanpassung vor Berücksichtigung<br />

von Wertveränderungen für besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale<br />

: Einführung des „vereinfachten“ Ertragswertverfahrens neben dem aus der<br />

WertV 88 übernommenen „normalen“ Ertragswertverfahren. Dabei ist die For-


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 31<br />

21 2011<br />

mulierung „vereinfacht“ irreführend. Bei den Verfahren handelt sich um identische<br />

Modelle, die durch Umstellung der Formel entstanden sind. Ein verändertes<br />

Modell wird durch das Ertragswertverfahren auf der Grundlage periodisch<br />

unterschiedlicher Erträge eingeführt, verwandt mit dem Discounted Cash Flow<br />

Verfahren (DCF-Verfahren)<br />

: Das Liquidationswertverfahren ist nicht mehr ausdrücklich genannt<br />

: Bei der Alterwertminderung ist in der Regel von einem linearen Verlauf auszugehen<br />

Novellierung BauGB (geplant)<br />

: Verbesserung der Überwachung des Zugangs von mitteilungspflichtigen<br />

Rechtsgeschäften (in Diskussion)<br />

22 2011/2012 Novellierung GAVO NRW (geplant)<br />

: Änderung auf Grund des Erbschaftsteuerreformgesetzes<br />

: Maßnahmen zur Standardisierung der Wertermittlungsmodelle<br />

: Einführung einer zentralen Kaufpreisdatei<br />

: Präzisierung und Erweiterung der Aufgaben des Oberen Gutachterausschusses<br />

NRW<br />

: Zusammenfassende Regelung zur Daten- und Produktbereitstellung der amtlichen<br />

Wertermittlung, insbesondere in Online-Verfahren<br />

: Förderung der Zusammenarbeit der Gutachterausschüsse


32 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Der Grundstücksmarkt in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> 2010<br />

Andreas Pelke<br />

Der Grundstücksmarkt in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> ist im<br />

Berichtsjahr 2010 gekennzeichnet durch deutliche<br />

Umsatzsteigerungen. Ungebrochen ist das Interesse<br />

an Ein- und Zweifamilienhäusern. Hier wechselten<br />

45.556 Ein- und Zweifamilienhäuser (+ 5 %) mit einem<br />

Geldumsatz von 8,86 Mrd. Euro (+ 6 %) den Eigentümer.<br />

Noch stärker ist die Nachfrage nach Wohnungseigentum.<br />

Die Zahl der verkauften Eigentumswohnungen<br />

stieg landesweit um neun Prozent an. Nachdem bereits<br />

2009 in den Städten die Nachfrage nach Baugrundstücken<br />

anzog, wurden im Berichtsjahr landesweit 15<br />

Prozent mehr Verkäufe registriert. Auch der Verkauf<br />

von Gewerbegrundstücken zog um 12 Prozent an. Der<br />

rückläufigen Umsatzentwicklung in den letzten Jahren<br />

bei den Mehrfamilienhäusern stehen erstmals wieder<br />

steigende Umsätze gegenüber. Die Zahl der Kauffälle<br />

nahm um neun und der Geldumsatz um 14 Prozent zu.<br />

Einzig bei den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken<br />

nahm die Anzahl der Verkäufe ab.<br />

Düsseldorf<br />

Meerbusch<br />

Langenfeld (Rhld.)<br />

<strong>Köln</strong><br />

Hilden<br />

Ratingen<br />

Bergisch Gladbach<br />

Aachen<br />

Neuss<br />

Bonn<br />

Münster<br />

Pulheim<br />

Monheim am Rhein<br />

Haan<br />

Frechen<br />

Kaarst<br />

Erkrath<br />

Mettmann<br />

Leichlingen (Rhld.)<br />

Brühl<br />

Leverkusen<br />

Mülheim an der Ruhr<br />

Hürth<br />

Duisburg<br />

Dormagen<br />

Krefeld<br />

Abb. 1: Höchste durchschnittliche Baulandpreise 2010 in mittleren Wohnlagen<br />

Der seit 2000 anhaltende Preisrückgang beim Wohnungseigentum<br />

ist gestoppt. Die Preise für Erstverkäufe<br />

von Wohnungseigentum stiegen in einzelnen Regionen<br />

bis zu 3 % an. Erstmals nach 10 Jahren legten<br />

auch bei den Ein- und Zweifamilienhäusern landesweit<br />

die Preise um 1 % zu. Die Preise für Baugrundstücke<br />

blieben weiter konstant.<br />

Spitzenreiter bei den Baulandpreisen in mittleren<br />

Wohnlagen ist die Landeshauptstadt Düsseldorf mit<br />

440 Euro/m², gefolgt von Meerbusch mit 370 Euro/m²<br />

sowie Langenfeld (Rhld.) mit 330 Euro/m². Bei den<br />

guten Wohnlagen rangiert <strong>Köln</strong> mit 810 Euro/m² vor<br />

Düsseldorf mit 670 Euro/m² und Aachen mit 480 Euro/m²<br />

sowie Meerbusch mit 430 Euro/m². Deutlich<br />

günstiger ist die Situation in einigen ländlichen Gebieten.<br />

So liegt der Preis für den Quadratmeter Bauland in<br />

mittleren Wohnlagen beispielsweise in Hallenberg<br />

(Hochsauerlandkreis) bei 30 Euro/m² und in Marienmünster<br />

bei 33 Euro/m² (Kreis Höxter).<br />

370<br />

330<br />

325<br />

320<br />

315<br />

310<br />

300<br />

300<br />

300<br />

290<br />

290<br />

280<br />

275<br />

270<br />

270<br />

270<br />

265<br />

260<br />

260<br />

255<br />

250<br />

250<br />

250<br />

250<br />

250<br />

Euro/m²<br />

440


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 33<br />

Bei nach Regionen differenzierten Baulandpreisen sind<br />

die Grundstücke in der Region Düsseldorf am teuersten.<br />

Dort kostet der Quadratmeter Bauland im Schnitt<br />

280 Euro. Günstiger sind die Grundstücke in der Bergisch/Märkischen<br />

Städteregion mit 194 Euro/m²<br />

knapp gefolgt vom Ruhrgebiet mit 187 Euro/m², den<br />

Regionen Bonn mit 180 Euro/m² und <strong>Köln</strong> mit 169<br />

Grundstückskategorie<br />

Bauland – unbebaute Grundstücke<br />

Ein- u. Zweifamilienhausgrundstücke<br />

Geschosswohnungsbau<br />

Gewerbe- und Industriegrundstücke<br />

Tab. 1: Baulandpreise in den Regionen<br />

Euro/m² sowie der Region Niederrhein mit 154 Euro/m².<br />

Im Münsterland können die Grundstücke mit<br />

124 Euro/m², in der Region Eifel/Rur mit 106 Euro/m²,<br />

in Ostwestfalen/Lippe mit 96 Euro/m² und im Sauer-<br />

und Siegerland mit 87 Euro/m² deutlich preiswerter<br />

erworben werden.<br />

Preisspanne<br />

mittlere Lage<br />

[€/m²]<br />

Mittelwert<br />

mittlere Lage<br />

[€/m²]<br />

Region Bonn 300 bis 50 180<br />

Region <strong>Köln</strong> 325 bis 60 169<br />

Region Düsseldorf 440 bis 170 280<br />

Ruhrgebiet 250 bis 115 187<br />

Bergisch/Märkische Städteregion 240 bis 100 194<br />

Eifel/Rur 300 bis 35 106<br />

Niederrhein 250 bis 100 154<br />

Münsterland 290 bis 50 124<br />

Ostwestfalen/Lippe 210 bis 33 96<br />

Sauer- und Siegerland 155 bis 30 87<br />

Region Bonn - -<br />

Region <strong>Köln</strong> - -<br />

Region Düsseldorf 460 bis 265 313<br />

Ruhrgebiet 250 bis 150 196<br />

Bergisch/Märkische Städteregion 230 bis 155 190<br />

Eifel/Rur - -<br />

Niederrhein 225 bis 145 185<br />

Münsterland 370 bis 80 193<br />

Ostwestfalen/Lippe 230 bis 25 108<br />

Sauer- und Siegerland 140 bis 75 105<br />

Region Bonn 110 bis 20 65<br />

Region <strong>Köln</strong> 125 bis 25 59<br />

Region Düsseldorf 140 bis 50 84<br />

Ruhrgebiet 85 bis 30 49<br />

Bergisch/Märkische Städteregion 85 bis 35 52<br />

Eifel/Rur 110 bis 14 31<br />

Niederrhein 75 bis 20 37<br />

Münsterland 55 bis 8 25<br />

Ostwestfalen/Lippe 65 bis 9 32<br />

Sauer- und Siegerland 60 bis 10 32


34 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Region Düsseldorf<br />

Bergisch/Märkische Städtereg.<br />

Ruhrgebiet<br />

Region Bonn<br />

Region <strong>Köln</strong><br />

Niederrhein<br />

Münsterland<br />

Eifel/Rur<br />

Ostwestfalen/Lippe<br />

Sauer- und Siegerland<br />

87<br />

96<br />

106<br />

124<br />

154<br />

Euro/m²<br />

Abb. 2: Durchschnittliche Baulandpreise 2010 – Individueller Wohnungsbau, mittlere Wohnlage, differenziert nach Regionen<br />

Beim Wohnungseigentum ist ein Anstieg um 9 Prozent<br />

gegenüber dem Vorjahr auf 47.931 verkauften Objekten<br />

bei einem Geldumsatz von 5,78 Mrd. Euro (+ 14 %)<br />

zu verzeichnen. Entlang der Rheinschiene ist es wiederum<br />

am teuersten. Der Quadratmeter Wohnfläche<br />

kostet in Düsseldorf in mittlerer Lage 3.208 Euro/m².<br />

169<br />

187<br />

180<br />

194<br />

280<br />

An zweiter und dritter Stelle stehen Bonn mit 2.780<br />

Euro/m² und Monheim am Rhein mit 2.630 Euro/m².<br />

Dagegen kostet eine Eigentumswohnung in Saerbeck<br />

1.470 Euro/m², in Herford 1.443 Euro/m² und in Lemgo<br />

1.350 Euro/m².<br />

∅ Wohnfläche<br />

[m²]<br />

Kaufpreis/<br />

m² Wohnfläche Mittelwert<br />

[€/m²]<br />

Region Bonn 83 2.340<br />

Region <strong>Köln</strong> 84 2.100<br />

Region Düsseldorf 82 2.390<br />

Ruhrgebiet 87 2.010<br />

Bergisch/Märkische Städteregion 85 2.160<br />

Eifel/Rur 85 1.960<br />

Niederrhein 78 1.980<br />

Münsterland 81 1.940<br />

Ostwestfalen/Lippe 80 1.790<br />

Sauer- und Siegerland 79 1.990<br />

Tab. 2: Durchschnittliche Kaufpreise 2010 für Wohnungseigentum in den Regionen<br />

Erstbezugsfertige Reihenendhäuser oder Doppelhaushälften<br />

im Münsterland kosten mit 208.000 Euro deutlich<br />

weniger als in der Region Düsseldorf mit 305.000<br />

Euro. Die Werte für die anderen Regionen: Bergisch/Märkische<br />

Städteregion 271.000 Euro, <strong>Köln</strong><br />

270.000 Euro, Bonn 267.000 Euro, Niederrhein<br />

248.000 Euro, Ruhrgebiet 244.000 Euro, Eifel/Rur<br />

235.000 Euro, Ostwestfalen/ Lippe 210.000 Euro.<br />

Reihenmittelhäuser sind in der Regel etwas preisgünstiger,<br />

sie kosten in der Region Düsseldorf aber immer<br />

noch 279.000 Euro.


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 35<br />

Düsseldorf<br />

Bonn<br />

Monheim am Rhein<br />

Aachen<br />

Kempen<br />

Langenfeld (Rhld.)<br />

Münster<br />

<strong>Köln</strong><br />

Mettmann, Kreis<br />

Essen<br />

Hilden<br />

Sankt Augustin<br />

Rhein-Kreis-Neuss<br />

Dormagen<br />

Gladbeck<br />

Tönisvorst<br />

Wetter (Ruhr)<br />

Sprockhövel<br />

Schwelm<br />

Herdecke<br />

Hattingen<br />

Gevelsberg<br />

Ennepetal<br />

Breckerfeld<br />

Ennepe-Ruhr-Kreis<br />

Solingen<br />

Leverkusen<br />

Neuss<br />

Kreuztal<br />

Krefeld<br />

Rheinisch-Bergischer Kreis<br />

Attendorn<br />

Pulheim<br />

Frechen<br />

Aachen, Städteregion<br />

Rhein-Sieg-Kreis<br />

Siegen-Wittgenstein, Kreis<br />

Lindlar<br />

Viersen, Kreis<br />

Greven<br />

Lünen<br />

Heiligenhaus<br />

Bad Sassendorf<br />

Alfter<br />

Bergisch Gladbach<br />

Marl<br />

Delbrück<br />

Warendorf, Kreis<br />

Soest, Kreis<br />

Olpe, Kreis<br />

Rhein-Erft-Kreis<br />

Soest<br />

Wuppertal<br />

Olpe<br />

Freudenberg<br />

Recklinghausen<br />

Olsberg<br />

Siegburg<br />

Wiehl<br />

Bottrop<br />

Grevenbroich<br />

Würselen<br />

Bad Lippspringe<br />

Bochum<br />

Billerbeck<br />

Hürth<br />

Paderborn, Kreis<br />

Euskirchen, Kreis<br />

Gütersloh<br />

Dorsten<br />

Euro/m²<br />

2.780<br />

2.630<br />

2.580<br />

2.554<br />

2.550<br />

2.531<br />

2.464<br />

2.460<br />

2.460<br />

2.440<br />

2.435<br />

2.400<br />

2.380<br />

2.370<br />

2.364<br />

2.350<br />

2.350<br />

2.350<br />

2.350<br />

2.350<br />

2.350<br />

2.350<br />

2.350<br />

2.350<br />

2.340<br />

2.310<br />

2.310<br />

2.310<br />

2.280<br />

2.270<br />

2.270<br />

2.270<br />

2.260<br />

2.240<br />

2.238<br />

2.220<br />

2.207<br />

2.199<br />

2.170<br />

2.170<br />

2.170<br />

2.167<br />

2.159<br />

2.150<br />

2.140<br />

2.120<br />

2.117<br />

2.115<br />

2.110<br />

2.100<br />

2.097<br />

2.090<br />

2.070<br />

2.070<br />

2.060<br />

2.060<br />

2.057<br />

2.053<br />

2.050<br />

2.050<br />

2.050<br />

2.050<br />

2.030<br />

2.024<br />

2.020<br />

2.010<br />

2.000<br />

2.000<br />

2.000<br />

Abb. 3: Preise Wohnungseigentum 2010 für Erstverkäufe in €/m² Wohnfläche in mittleren Wohnlagen<br />

3.208


36 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Region Düsseldorf<br />

Bergisch/Märkische Städteregion<br />

Region <strong>Köln</strong><br />

Region Bonn<br />

Niederrhein<br />

Ruhrgebiet<br />

Eifel/Rur<br />

Ostwestfalen/Lippe<br />

Münsterland<br />

210.000<br />

208.000<br />

Gesamtkaufpreis in Euro<br />

248.000<br />

244.000<br />

235.000<br />

271.000<br />

270.000<br />

267.000<br />

305.000<br />

Abb. 4: Durchschnittliche Kaufpreise 2010 für erstbezugsfertige Reihenendhäuser und Doppelhaushälften, differenziert nach Regionen<br />

∅ Grundstücksfläche<br />

[m²]<br />

∅ Wohnfläche<br />

[m²]<br />

Gesamtkaufpreis<br />

Mittelwert<br />

[€]<br />

Region Bonn 320 140 267.000<br />

Region <strong>Köln</strong> 315 135 270.000<br />

Region Düsseldorf 295 135 305.000<br />

Ruhrgebiet 320 130 244.000<br />

Bergisch/Märkische Städteregion 320 135 271.000<br />

Eifel/Rur 340 135 235.000<br />

Niederrhein 320 130 248.000<br />

Münsterland 310 125 208.000<br />

Ostwestfalen/Lippe 320 130 210.000<br />

Sauer- und Siegerland kein Markt für Reihenendhäuser/Doppelhaushälften<br />

Tab. 3: Durchschnittliche Kaufpreise 2010 für erstbezugsfertige Reihenendhäuser oder Doppelhaushälften in den Regionen<br />

Von den Gutachterausschüssen in NRW wurden insgesamt<br />

131.340 Kaufverträge (+ 7 %) über bebaute und<br />

unbebaute Grundstücke mit einem Geldumsatz von<br />

25,54 Milliarden Euro (+ 11 %) und einem Flächenumsatz<br />

von 197,0 km² (- 16 %) mitgeteilt.<br />

Der Grundstücksmarktbericht wird jährlich vom Oberen<br />

Gutachterausschuss für Grundstückswerte im<br />

Land <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> erstellt; Berichtszeitraum<br />

ist das jeweilige Vorjahr. Der Bericht ist das Ergebnis<br />

der Auswertung des Datenmaterials der örtlichen Gutachterausschüsse.<br />

Er informiert umfassend und aktuell<br />

auf 129 Seiten über Umsätze, Preise und Preisentwicklungen<br />

auf allen Grundstücksteilmärkten in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

und enthält Übersichten über die von<br />

den örtlichen Gutachterausschüssen ermittelten Liegenschaftszinssätze<br />

und Bodenpreisindexreihen. Der<br />

Grundstücksmarktbericht NRW enthält wertvolle Informationen<br />

für Bewertungssachverständige aus Wirt-<br />

schaft und Verwaltung und nicht zuletzt für alle Bürger,<br />

die sich mit der Finanzierung und dem Erwerb bzw. der<br />

Veräußerung von Immobilien beschäftigen.<br />

Der Grundstücksmarktbericht NRW 2011 kann in der<br />

gedruckten Ausgabe für 60 Euro beim Oberen Gutachterausschuss<br />

für Grundstückswerte im Land <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>,<br />

Postfach 30 08 65, 40408 Düsseldorf,<br />

Telefon 0211/475-2640, Telefax 0211/475-2900,<br />

E-Mail oga@brd.nrw.de bezogen oder im Internet unter<br />

der Adresse www.boris.nrw.de als PDF-Datei für 45,00<br />

Euro heruntergeladen werden.<br />

Andreas Pelke<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> Düsseldorf<br />

Cecilienallee 2<br />

40477 Düsseldorf<br />

andreas.pelke@bezreg-duesseldorf.nrw.de


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 37<br />

Die Gutachterausschüsse hebeln die Grundbesitzbewertung nicht aus!<br />

Anmerkungen zum Beitrag „Hebeln die Gutachterausschüsse die Grundbesitzbewertung<br />

aus?“ von Ingo Krause in NWB-EV 1/2011<br />

Klaus Mattiseck, Hans-Wolfgang Schaar<br />

Gutachterausschüsse und steuerliche Grundbesitzbewertung<br />

Die von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte<br />

ermittelten Bodenrichtwerte werden außer zur<br />

Herstellung der vom Gesetzgeber geforderten Markttransparenz<br />

und der Verkehrswertermittlung auch für<br />

Zwecke der steuerlichen Grundbesitzbewertung benötigt.<br />

Grob lassen sich diese beschreiben mit Bewertungen<br />

für die Grunderwerbsteuer (§§ 145 ff. BewG), die<br />

Grundbesitzbewertung (§§ 165 ff.) und Erbschaft- und<br />

Schenkungsteuer (§§ 179 ff.).<br />

In seinem Urteil vom 25.8.2010 - II R 42/09 hatte der<br />

Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Grundbesitzwert<br />

für ein unbebautes Grundstück für einen Bewertungsstichtag<br />

vor dem 1. Juli 2007 vom Finanzamt<br />

nicht festgestellt werden kann, wenn der örtlich zuständige<br />

Gutachterausschuss für dieses Grundstück<br />

keinen Bodenrichtwert ermittelt hat. Das Urteil hat zu<br />

Reaktionen wie einem Artikel in der Zeitschrift NWB –<br />

Erben und Vermögen geführt, die es geboten scheinen<br />

ließen, die Bedeutung der Bodenrichtwerte und die bei<br />

ihrer Ableitung zu beachtenden Randbedingungen in<br />

einem den steuerlichen Bewertungsfachleuten zugänglichen<br />

Medium zu veröffentlichen. Diese Informationen<br />

sind sicherlich auch für die Fachleute der behördlichen<br />

Wertermittlung von besonderem Interesse.<br />

Nachstehend ist der in NWB – Erben und Vermögen<br />

6/2011, S. 205 ff. erschienene Beitrag von Klaus<br />

Mattiseck, MIK NRW und Hans-Wolfgang Schaar,<br />

AGVGA.NRW unverändert wieder gegeben.<br />

Die Schriftleitung dankt dem NWB-Verlag GmbH & Co.<br />

KG, Herne, für die freundliche Genehmigung zum Abdruck.<br />

Der Beitrag stellt Bodenrichtwerte und ihre Bedeutung<br />

dar. Er zeigt auf, welche Möglichkeiten und Grenzen<br />

auch unter datenschutzrechtlichen Aspekten bei der<br />

Ableitung bestehen. Eine besondere Situation ergibt<br />

sich bei Gemeinbedarfsflächen. Es stellt sich die Frage,<br />

ob der BFH diese Sachverhalte in seinem Urteil vom<br />

25.8.2010 - II R 42/09 - ausreichend gewürdigt hat.<br />

Der im Rubrum genannte Beitrag von Herrn Krause<br />

bedarf einiger Anmerkungen und Klarstellungen. Er<br />

verkennt ebenso wie der Bundesfinanzhof das Wesen<br />

und die fachliche Bedeutung der von den Gutachterausschüssen<br />

abgeleiteten Bodenrichtwerte. Daraus<br />

werden zwangsläufig unzutreffende Schussfolgerungen<br />

gezogen, die nach Auffassung der Autoren insbesondere<br />

rechtlich bedenklich sind. Eine mögliche Lösung<br />

des auch von den Gutachterausschüssen erkannten<br />

Problems läge in der Änderung der gesetzlichen<br />

Grundlagen.<br />

1 Bodenrichtwerte – Definition und gesetzliche<br />

Grundlagen<br />

§ 196 BauGB definiert Bodenrichtwerte als durchschnittliche<br />

Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung<br />

des unterschiedlichen Entwicklungszustands.<br />

„Bodenrichtwerte sollen ein der Wirklichkeit<br />

entsprechendes Abbild der Wertverhältnisse auf dem<br />

Bodenmarkt liefern (Transparenz des Bodenmarktes)“<br />

1 . Die Gutachterausschüsse leiten Bodenrichtwerte<br />

aus der Kaufpreissammlung und aus weiteren Datensammlungen<br />

ab und veröffentlichen diese digital<br />

oder in Form analoger Karten. In NRW erfolgt die Veröffentlichung<br />

in dem amtlichen Informationssystem<br />

BORISplus.NRW (www.boris.nrw.de).<br />

Mit der Änderung des BauGB im Rahmen der Erbschaftsteuerreform<br />

im Jahre 2009 (BauGB in der Fassung<br />

der Bekanntmachung vom 23. September 2004 -<br />

BGBl. I S.2414 -, das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes<br />

vom 31. Juli 2009 - BGBl. I S. 2585 - geändert worden<br />

ist) erfolgte auch eine Änderung des Verfahrens<br />

der Ermittlung von Bodenrichtwerten; die Definition<br />

der Bodenrichtwerte wurde allerdings von der Änderung<br />

nicht berührt. Nunmehr sind die Bodenrichtwerte<br />

flächendeckend zu ermitteln und zusätzlich Richtwertzonen<br />

zu bilden, die jeweils Gebiete umfassen, die nach<br />

Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen.<br />

1 Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger: Baugesetzbuch. § 196<br />

Rn.15; C.H.Beck, München


38 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Zunächst wird an dieser Stelle auf die Bildung von<br />

Bodenrichtwertzonen eingegangen; denn über die<br />

Vorschrift zur Zonenbildung erschließt sich das Wesen<br />

des Bodenrichtwerts. Es sind Zonen für Gebiete zu<br />

bilden, bei denen Art und Nutzung der darin liegenden<br />

Grundstücke weitgehend übereinstimmen. Bewusst<br />

wurde der Begriff „Gebiet“ und nicht etwa das Wort<br />

„Grundstück“ gewählt. Auch die Kommentierung zum<br />

BauGB spricht in diesem Zusammenhang durchweg<br />

von einer „Mehrzahl von Grundstücken“ 2 . Sehr deutlich<br />

formuliert ist dies in der am 11.02.2011 in Kraft<br />

getretenen Bodenrichtwertrichtlinie des Bundesministeriums<br />

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Bundesanzeiger<br />

vom 11. Februar 2011 Nr. 24, S. 597): „Der<br />

Bodenrichtwert ... ist der durchschnittliche Lagewert<br />

des Bodens für eine Mehrheit von Grundstücken innerhalb<br />

eines abgegrenzten Gebiets (Bodenrichtwertzone),<br />

die nach ihren Grundstücksmerkmalen ..., insbesondere<br />

nach Art und Maß der Nutzbarkeit ... weitgehend<br />

übereinstimmen und für die im Wesentlichen<br />

gleiche allgemeine Wertverhältnisse ... vorliegen.“ .<br />

Daraus folgt, dass der Bodenrichtwert nicht für ein<br />

einzelnes Grundstück, sondern eben für ein Gebiet<br />

abzuleiten ist. Würde nämlich der Wert eines einzelnen<br />

Grundstücks bestimmt, handelte es sich um den Wert<br />

des Grundstücks im Sinne eines Verkehrswerts oder<br />

Marktwerts und nicht mehr um einen Richtwert. Der<br />

Begriff Richtwert impliziert darüber hinaus, dass es<br />

sich nicht um den definitiven Wert eines Grundstücks<br />

handelt, sondern dass dieser Wert lediglich als Richtgröße<br />

dient, die entsprechend den wertbeeinflussenden<br />

Merkmalen des Gegenstands der Wertermittlung<br />

weiter zu modifizieren ist. Aus diesem Grunde ist es<br />

nicht Aufgabe der Gutachterausschüsse, Bodenrichtwerte<br />

für einzelne Grundstücke zu ermitteln; dies würde<br />

auch im Widerspruch zur Definition des Bodenrichtwerts<br />

stehen.<br />

2 Datenschutzrechtliche Aspekte<br />

Neben diesem fachlichen spricht ein weiterer rechtlicher<br />

Grund gegen die Ermittlung eines Bodenrichtwerts<br />

für ein Einzelgrundstück. Hat der Gutachterausschuss<br />

einen Bodenrichtwert ermittelt, so muss er ihn<br />

gem. § 196 Abs. 3 BauGB veröffentlichen. Hiergegen<br />

bestehen jedoch erhebliche datenschutzrechtliche<br />

Bedenken, wenn sich die Veröffentlichung auf den<br />

Wert eines Grundstücks allein beziehen würde. Die<br />

Veröffentlichung würde die Bekanntgabe des Bodenwerts<br />

des Grundstücks eines einzelnen Eigentümers<br />

2 a.a.O. § 193 Rn. 123, § 196 Rn.31; C.H.Beck, München<br />

und damit die Preisgabe persönlicher Verhältnisse<br />

bedeuten, denn hier handelte es sich nicht mehr um<br />

den Wert einer Vielzahl von Grundstücken. Gerade die<br />

Preisgabe der persönlichen Verhältnisse eines einzelnen<br />

Eigentümers ist nicht mit dem Datenschutzrecht<br />

vereinbar.<br />

Die Gutachterausschüsse führen nach § 195 BauGB die<br />

Kaufpreissammlung und erhalten dazu eine Abschrift<br />

u.a. jeder Urkunde, mit der ein entgeltlicher Eigentumswechsel<br />

vorbereitet wird. Aus der Kaufpreissammlung<br />

kann nach § 195 Abs. 3 BauGB nach Maßgabe<br />

landesrechtlicher Vorschriften Auskunft erteilt<br />

werden. In <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> regelt § 10 Gutachterausschussverordnung<br />

(GAVO NRW) Näheres. So darf<br />

Auskunft nur erteilt werden, wenn der Empfänger der<br />

Auskunft die Einhaltung der datenschutzrechtlichen<br />

Bestimmungen zusichert. In der Regel werden Auskünfte<br />

anonymisiert, d.h. ohne diejenigen Daten gegeben,<br />

die einen Rückschluss auf die Lage des Grundstücks<br />

und damit auf den Eigentümer zulassen. Die<br />

Angabe von personenbeziehbaren Daten – in der Regel<br />

an Sachverständige – ist nur zulässig, wenn kein Grund<br />

zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange<br />

der Betroffenen beeinträchtigt werden. In anderen<br />

Bundesländern sind die Bedingungen der Auskunftserteilung<br />

so restriktiv geregelt, dass eine nicht anonymisierte<br />

Auskunft unzulässig ist. Nach alledem kann die<br />

Veröffentlichung des Grundstückswerts eines einzelnen<br />

Grundstücks erst recht nicht in Betracht kommen,<br />

sie würde den vorstehenden Regelungen des BauGB<br />

und der entsprechenden Länderverordnungen, aber<br />

auch den Grundsätzen des Datenschutzrechtes widersprechen.<br />

3 Besondere Grundstücksqualitäten<br />

Die flächendeckende Ableitung von Bodenrichtwerten<br />

ruft weitere fachliche und rechtliche Probleme hervor,<br />

auch wenn hiervon nicht Einzelgrundstücke betroffen<br />

sind. Besonders betroffen sind Flächen für den Gemeinbedarf<br />

und werdendes Bauland.<br />

§ 196 BauGB bezieht sich auf Grundstücke unterschiedlichen<br />

Entwicklungszustands. Der Entwicklungszustand<br />

ist in § 5 ImmoWertV definiert. Diese Zustandsstufen<br />

(land- und forstwirtschaftlich genutzte<br />

Grundstücke, Bauerwartungsland, Rohbauland, baureifes<br />

Land) beziehen sich stets „auf Flächen nichtöffentlicher<br />

Nutzung“. 3 Nicht hierunter fallen Flächen mit<br />

3 a.a.O. § 196 Rn. 50


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 39<br />

einer Nutzung zu öffentlichen Zwecken, so genannte<br />

Gemeinbedarfsflächen. Diese besitzen nach herrschender<br />

Meinung keinen eigenen Entwicklungszustand.<br />

Da sie im gewöhnlichen Geschäftsverkehr überdies<br />

nicht gehandelt werden, besteht auch keine Notwendigkeit,<br />

für diese Flächen Bodenrichtwerte zu<br />

ermitteln. 4 Bei der Bewertung von Gemeinbedarfsflächen<br />

ist zu untersuchen, wie sich die künftige Nutzung<br />

darstellt. Eine Fläche, die auch künftig dem Gemeinbedarf<br />

unterliegt, hat einen anderen Wert als eine Fläche,<br />

deren Gemeinbedarfsnutzung endet. Geht die Gemeinbedarfsnutzung<br />

auf einen anderen Träger über, ist<br />

wiederum ein anderer Wert maßgeblich. In jedem Einzelfall<br />

ist eine tiefgreifende Recherche auch der rechtlichen<br />

Sachverhalte erforderlich. Es leuchtet ein, dass<br />

an dieser Stelle ein Wert wenig hilfreich wäre, ein Bodenrichtwert<br />

ließe sich im Sinne seiner Definition auch<br />

gar nicht ermitteln und könnte sogar die Wertverhältnisse<br />

völlig falsch darstellen. Andererseits kann es<br />

nicht Aufgabe der Gutachterausschüsse sein, für alle<br />

möglichen Fallkonstellationen flächendeckend für das<br />

gesamte Gemeindegebiet vorsorglich Bodenrichtwerte<br />

zu ermitteln. Hinzu käme, dass für ein- und dasselbe<br />

Gebiet mehrere Werte ermittelt werden müssten, weil<br />

die zukünftige Nutzung noch gar nicht feststeht. Aus<br />

diesem Grunde formuliert die Bodenrichtwertrichtlinie<br />

des Bundes in Ziffer 5 Abs. 3 eindeutig: „Gemeinbedarfsflächen<br />

[sind] nur zu berücksichtigen, wenn ihre<br />

Zweckbestimmung eine privatwirtschaftliche Nutzung<br />

nicht auf Dauer ausschließt.“ Zwar könnte aus § 196<br />

Abs. 1 Satz 5 gefolgert werden, die Finanzbehörde<br />

könne aufgrund ergänzender Vorgaben den Gutachterausschuss<br />

veranlassen, dennoch einen Bodenrichtwert<br />

für Grundstücke dieser Qualität abzuleiten. Doch<br />

bezieht sich diese Vorgabenbefugnis allein auf den<br />

Umfang der Ableitung und allenfalls noch auf die Form<br />

der Darstellung / Attributierung; wegen der Selbständigkeit<br />

und Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse<br />

bleibt diesen allein jedoch das Ergebnis der Bodenrichtwertermittlung<br />

vorbehalten. 5<br />

Etwas einfacher scheint sich die Situation bei werdendem<br />

Bauland darzustellen. Der Gutachterausschuss<br />

könnte durchaus in einer bestimmten Lage des Zuständigkeitsbereichs<br />

Bodenrichtwerte für Bauerwartungsland<br />

oder Rohbauland ermitteln. Dazu stehen ihm<br />

neben den recht selten auftretenden Kaufpreisen auch<br />

deduktive Bewertungsverfahren zur Verfügung. Hierbei<br />

4 a.a.O. § 196 Rn. 50<br />

5 a.a.O. § 196 Rn. 36<br />

wird der Wert abgeleitet, indem u.a. die zu erwartenden<br />

Kosten für die Erschließung, die Bodenordung und<br />

die Baureifmachung vom Wert eines vergleichbaren<br />

baureifen Grundstücks in Abzug gebracht werden. Die<br />

Wartezeit bis zur Baureife ist durch eine entsprechende<br />

Diskontierung zu berücksichtigen. Das Risiko, dass<br />

die erwartete Entwicklung zu einem baureifen Grundstück<br />

aus gleich welchen Gründen nicht eintritt, ist<br />

sachverständig zu bewerten. Die beiden letztgenannten<br />

Werteinflüsse erfordern wiederum eine Einzelfallbeurteilung<br />

zu jedem Ableitungsstichtag der Bodenrichtwerte.<br />

Hinzu kommt, dass selbst innerhalb eines<br />

kleineren räumlichen Bereichs Risiko und Wartezeit für<br />

einzelne Grundstücke oder Teile hiervon unterschiedlich<br />

sein können. Anders als beispielsweise für ein unterschiedliches<br />

Maß der baulichen Nutzung können<br />

hierfür jedoch keine Bewertungs- oder Korrekturtabellen<br />

aufgestellt werden. Die auch hier erforderliche<br />

Einzelfallbewertung steht in krassem Widerspruch zur<br />

rechtlichen Definition des Bodenrichtwerts. Außerdem<br />

könnte der gesetzliche Auftrag zur Herstellung von<br />

Transparenz auf dem Grundstücksmarkt in gewisser<br />

Weise auch konterkariert werden. Nach alledem enthält<br />

Ziffer 3.3.2 des Entwurfs des Bodenrichtwerterlasses<br />

NRW die eindeutige Vorschrift, dass für diese Qualitätsstufen<br />

keine Bodenrichtwerte zu ermitteln sind.<br />

4 Folgerungen<br />

Bodenrichtwerte sind für qualifizierte Ermittlungen des<br />

Verkehrswerts wie des steuerlichen Werts unverzichtbar<br />

und unersetzlich. Die Gutachterausschüsse können<br />

jedoch aus den dargelegten fachlichen und rechtlichen<br />

Gründen Bodenrichtwerte nicht für jedes Gebiet im<br />

Lande ableiten. Sie können indes sehr wohl eine für<br />

ihren Bezirk flächendeckende Aussage treffen über die<br />

Ermittlung von Bodenrichtwerten; diese Aussage bezieht<br />

sich dann auch auf Gebiete in denen keine Bodenrichtwerte<br />

abgeleitet werden können. Sie verhalten<br />

sich damit keinesfalls pflichtwidrig. Für den Sachverständigen<br />

stellt dies für seine Verkehrswertermittlungen<br />

keineswegs ein unüberwindbares Hindernis dar,<br />

denn sein Sachverständigenwissen ermöglicht ihm die<br />

Problemlösung. Anders hingegen die steuerliche Bewertung,<br />

der das Bewertungsgesetz starre Schranken<br />

setzt. Wegen der eindeutigen Bezugnahme auf den<br />

Begriff „Bodenrichtwert“ lehnt die Finanzgerichtsbarkeit<br />

selbst Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses<br />

ab, die die Misere des fehlenden<br />

Richtwerts beheben könnten. Hier hat der Gesetzgeber<br />

offensichtlich Bodenrichtwerte als Allheilmittel angesehen<br />

und ihnen damit eine Eigenschaft beigemessen,<br />

die diese niemals hatten und aus den geschilderten<br />

Gründen niemals haben können. Es bleibt zu hoffen,


40 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

dass der Gesetzgeber – wie auch von Herrn Krause in<br />

dem oben genannten Artikel gefordert – diese Problematik<br />

rasch durch eine Öffnungsklausel entschärft,<br />

nach der bei Fehlen von Bodenrichtwerten eine qualifizierte<br />

Einzelfallbeurteilung auf der Grundlage des Bodenwerts<br />

erfolgen kann. Die Gutachterausschüsse<br />

können der Finanzverwaltung im Rahmen der vielerorts<br />

bewährten und hervorragenden Zusammenarbeit bei<br />

einer qualifizierten Beurteilung Hilfestellung leisten.<br />

Abschließend noch vier Bemerkungen:<br />

: Der dem Urteil des BFH zugrunde liegende Sachverhalt<br />

ist ein Einzelfall. In der weitaus überwiegenden<br />

Zahl der von der Finanzverwaltung zu bearbeitenden<br />

Fälle kommen qualifizierte Bodenrichtwerte zur Anwendung,<br />

so dass die von Herrn Krause in Ziffer III.<br />

seines Beitrags aufgezeigten Folgen auf Ausnahmen<br />

beschränkt sind. Auf dieser Basis den Schluss zu<br />

ziehen, dass Gutachterausschüsse „die Grundbesitzbewertung<br />

aushebeln“ ist nach Auffassung der<br />

Autoren völlig überzogen und im Hinblick auf die<br />

aufgezeigten rechtlichen Aspekte ungerechtfertigt.<br />

: Gutachterausschüsse unterliegen zwar einer<br />

Rechtsaufsicht (in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> ist die <strong>Bezirksregierung</strong><br />

als Landesmittelbehörde zuständig),<br />

sind jedoch nach § 192 BauGB bei der Ermittlung von<br />

Grundstückswerten und bei sonstigen Wertermittlungen<br />

- also auch bei der Ermittlung der zur Wertermittlung<br />

erforderlichen Daten - selbständig, unabhängig<br />

und nicht weisungsgebunden. Die Aufgaben<br />

der Oberen Gutachterausschüsse sind in § 198<br />

BauGB und den Durchführungsverordnungen der<br />

Länder genannt. Dazu zählen die überregionale Auswertung<br />

und Analyse des Grundstücksmarktgeschehens<br />

sowie in bestimmten Fällen die Erstattung von<br />

Obergutachten. Sie sind indes keine Aufsichtsbehörden<br />

und können somit keine Rügen erteilen. Zur<br />

gleichmäßigen Aufgabenerfüllung bei der Ermittlung<br />

der zur Wertermittlung erforderlichen Daten bleibt<br />

unterhalb der Rechtsverordnung nach § 199 Abs. 1<br />

BauGB lediglich der Weg über Verwaltungsvorschriften<br />

zum Verfahren.<br />

: Das Geltendmachen von Regressansprüchen gegen<br />

die Gutachterausschüsse aus Sicht der Finanzverwaltung<br />

käme in NRW wohl schon deswegen nicht in<br />

Betracht, da Rechtsträger der Gutachterausschüsse<br />

das Land NRW ist; dies gilt auch für andere Bundesländer.<br />

Überdies wäre es rechtswidrig, die Ausschüsse<br />

für etwas zu belangen, was sie aus rechtlichen wie<br />

fachlichen Gründen nicht leisten dürfen und auch gar<br />

nicht leisten können.<br />

: Die Erteilung von Weisungen an Gutachterausschüsse<br />

für den konkreten Einzelfall scheidet ohnehin von<br />

Vornherein wegen der Rechtsposition dieser Einrichtungen<br />

aus.<br />

Dipl.-Ing. Klaus Mattiseck<br />

leitet das für die Gutachterausschüsse zuständige<br />

Referat im Ministerium für Inneres und Kommunales<br />

des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Referat 36<br />

Haroldstr. 5<br />

40119 Düsseldorf<br />

klaus.mattiseck@mik.nrw.de<br />

Dipl.-Ing. Hans-Wolfgang Schaar<br />

ist u.a. Vorsitzender des Arbeitskreises Wertermittlung<br />

des Deutschen Städtetags und der Arbeitsgemeinschaft<br />

der Vorsitzenden der Gutachterausschüsse für<br />

Grundstückswerte in NRW (AGVGA.NRW)<br />

Rathenaustraße 2<br />

45127 Essen<br />

Wolfgang.Schaar@amt68.essen.de


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 41<br />

Aufbau einer kreisweit einheitlichen Geodateninfrastruktur – Luxus<br />

oder Notwendigkeit?<br />

Dipl.-Ing. Michael Fielenbach, Dr. Bodo Bernsdorf<br />

Einleitung<br />

Kommunale Selbstverwaltung ist ein Wesensmerkmal<br />

unserer Demokratie und Kreis- und/oder kreisangehörige<br />

Kommunen haben ein großes Aufgabenspektrum.<br />

Als moderne Dienstleister sollen sie in vielen Bereichen<br />

der Daseinsvorsorge mit Serviceangeboten (u.a. Kinder/Jugend,<br />

Gesundheit und Soziales) das „Bürgerleben“<br />

vereinfachen, die Gefahrenabwehr übernehmen<br />

und für öffentliche Sicherheit und Ordnung (Polizei,<br />

Feuerwehr, Rettungsdienste, Katastrophenschutz)<br />

sorgen, den Verbraucherschutz sicherstellen, die Wirtschaft,<br />

Kultur und den Tourismus fördern, den Natur-<br />

und Landschaftsschutz sichern und nicht zuletzt durch<br />

die Vermessungs- und Katasterdienststellen die<br />

Grundlagen für eine nachhaltige Wohnbau- und Infrastrukturplanung<br />

schaffen.<br />

Mit 445.000 Einwohnern gehört der Rhein-Kreis Neuss<br />

(RKN) zu den bevölkerungsreichsten Kreisen Deutschlands.<br />

Und in vielen Rankings, die sich mit der Lebensqualität<br />

und der Wirtschaftskraft der Städte und Kreise<br />

in Deutschland beschäftigen, rangiert der Rhein-Kreis<br />

Neuss ganz oben. Zu den Standortvorteilen zählen u.a.<br />

eine reiche Kulturlandschaft mit ausgezeichneter Verkehrsinfrastruktur<br />

und guter Lage in Europa, ein breitgefächerter<br />

Wirtschaftsbranchenmix und hochqualifizierte<br />

Arbeitskräfte. Vor diesem Hintergrund ist es das<br />

erste Ziel, diese Standortvorteile nicht nur zu sichern<br />

sondern auszubauen und die regionale Anziehungskraft<br />

für Familien und Investoren weiter zu steigern.<br />

Die interkommunale Zusammenarbeit in Stadtplanung<br />

und -entwicklung ist dabei wegen schwierigster Haushaltslagen<br />

und immer neuen europarechtlichen Vorgaben<br />

auf Basis gemeinsam genutzter und solider Geoinformationen<br />

besonders wichtig.<br />

Ein gutes Beispiel stellt die EU-Dienstleistungsrichtlinie<br />

„INSPIRE“ = Infrastructure for Spatial Information in<br />

Europe), dem/den Geodatenzugangsgesetz(en) des<br />

Bundes und der Länder dar, die sich auch in kleineren<br />

und mittleren Kommunen auswirken werden. Sie verpflichtet<br />

die Verwaltungen, vorhandene digitale Geodaten<br />

mit unterschiedlichster Themenzugehörigkeit universell<br />

und nach einheitlichen Standards europaweit<br />

verfügbar zu machen.<br />

Um der Geodatenbedeutung als Steuerungsmittel in<br />

Verwaltung und Politik Rechnung zu tragen, hat der<br />

RKN seine Infrastrukturen zur Geodatenverarbeitung<br />

überprüft und die Notwendigkeit erkannt, diese nicht<br />

nur an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen sondern<br />

ein kreisweit einheitliches Managementsystem (Geodateninfrastruktur<br />

Rhein-Kreis Neuss = GDI-RKN) zur<br />

Kommunikation und Nutzung von Geoinformationen<br />

und deren Mehrwertdiensten aufzubauen. Die kreisangehörigen<br />

Kommunen waren in dieses GDI-Konzept<br />

von vorneherein mit einbezogen.<br />

Da Geoinformationen oder Geoinformationssysteme<br />

selbst nicht für die Bedeutung in Politik und Verwaltung<br />

gesorgt haben, sondern deren adäquater Einsatz,<br />

ist beim GDI-Aufbau grundlegend zwischen einem<br />

Geographischen Informationssystem (GIS) und einer<br />

Geodateninfrastruktur (GDI), z.B. im Rhein-Kreis<br />

Neuss (GDI-RKN), zu unterscheiden. Handelt es sich<br />

beim GIS um den Werkzeugsatz, um raumbezogene<br />

Daten zu erfassen, zu verarbeiten und zu analysieren,<br />

zu redigieren und zu präsentieren, steht bei der GDI<br />

eindeutig die Geodatenverteilung/-kommunikation<br />

und Nutzung in anderen Verwaltungssystemen im<br />

Vordergrund. Obwohl die GDI-RKN daher nicht einfach<br />

aus der bestehenden GIS-Architektur abgeleitet werden<br />

konnte, musste sie aber dennoch die kommunale<br />

„GIS-Landschaft“ im RKN konzeptionell integrieren.<br />

Der Weg des RKN mit acht kreisangehörigen Kommunen<br />

belegt, vor welchen Herausforderungen kommunale<br />

Strukturen stehen, geht man das GDI-Thema konkret<br />

an. Spannende Einsichten sind die Folge, die den<br />

„Sinn und die Notwendigkeit“ einer GDI schnell belegen.<br />

Wesentliche Untersuchungsergebnisse<br />

Die Einstiegsmotivation in das Projekt war vielfältig. Im<br />

RKN besteht schon seit Jahren eine kontinuierlich<br />

gewachsene auf MapInfo-Produkten basierende „GIS-<br />

Landschaft“ und ist damit deutlich „sortierter“ aufgestellt<br />

(vgl. Abbildung 1) als andere GDI-Akteure, obwohl<br />

insgesamt kreisweit bereits mehr als 40 Softwareprodukte<br />

im Einsatz sind.


42 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Abb. 1: Software-Ausstattung des RKN<br />

Damit musste zunächst der Umfang der Geodatenbestände<br />

im RKN nebst kreisangehöriger Kommunen<br />

ermittelt werden (Datenbestandsanalyse), zumal es an<br />

einer Übersicht fehlte. Dadurch, dass sich kleinere<br />

RKN-Kommunen, wie Jüchen oder Korschenbroich<br />

erheblich aktiver in die Erhebung einbrachten, als die<br />

„Großen“, wurde als wesentliches Projektergebnis<br />

schnell deutlich, dass kleinere Städte und Gemeinden<br />

trotz Aufgabengleichheit aufgrund der Personalsituation<br />

gar nicht in der Lage sind, das GDI-Thema aufzugreifen<br />

und der RKN sich dort – entsprechend seiner<br />

Aufgabe – als Dienstleister positionieren sollte.<br />

Die Befragung der Produktgruppen in den Verwaltungen<br />

ergab überdies, dass die Arbeit mit Geodaten auf<br />

186 Gesetzen und sonstigen rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

(Erlasse, Verordnungen; vgl. Tabelle 1 im<br />

Anhang) beruht. Um die Arbeit zu beschleunigen, den<br />

Workflow zu verbessern, Entscheidungen abzusichern<br />

oder besser vorzubereiten, werden Geodaten in den<br />

Verwaltungen - auch in den „Nichttechnischen Ämtern“<br />

- immer häufiger eingesetzt. Die „Datennutzer“<br />

arbeiten dabei innerhalb 112 Themenfeldern und leiten<br />

95 Auswirkungen/Folgen daraus ab. Unter Folgen oder<br />

Auswirkungen werden Aufgabenbereiche wie Überwachung,<br />

Beschränkungen oder auch die Förderung ambulanter<br />

Pflegedienste etc. pp. verstanden. Da zudem<br />

75 % der befragten Ämter in ihren Aufgaben generell<br />

einen Raumbezug erkennen, ist eine schnelle und problemlose<br />

Versorgung/Zugriff mit/auf Geodaten unabdingbar,<br />

will der RKN diese Arbeitsprozesse optimal<br />

unterstützen. Die Notwendigkeit der Geodatenversorgung<br />

wurde auch dadurch bestätigt, dass 82 % der<br />

Befragten Geodaten austauschen, wobei 56 % Geodaten<br />

sowohl beziehen als auch wieder abgeben. Basierend<br />

auf diesem Austausch resultieren intensive Verflechtungen<br />

zwischen den Ämtern (vgl. Abbildung 2).


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 43<br />

Abb. 2: Ämter-Verflechtungen beim Geodatenbezug im Kataster- und Vermessungsamt<br />

Die Studie/Analyse (Konzept) konzentrierte sich v.a.<br />

aber auf den inhaltlich-organisatorischen Teil eines<br />

GDI-Aufbaues. Die systemtechnische Entscheidung<br />

wurde anschließend auf der Ergebnisbasis getroffen.<br />

Die Kernaufgaben waren wie folgt definiert:<br />

Mit Rücksicht auf die bestehende GIS-Landschaft wurde<br />

zunächst eine Leitzieldefinition durchgeführt. Darauf<br />

aufbauend wurde eine IST-Analyse konzipiert und<br />

betrieben, die zunächst alle vorhandenen horizontalen<br />

und vertikalen Geoinformationsstrukturen in der Kreisverwaltung<br />

des RKN erfassen sollte. Im Fokus standen<br />

dabei einerseits die quantitativen und qualitativen<br />

Aspekte der Geodaten (Anzahl der Datensätze, Maßstabsebenen,<br />

abzudeckende Themen etc.), andererseits<br />

aber auch personell – organisatorische Aspekte,<br />

die den systemtechnischen Voraussetzungen zumindest<br />

ebenbürtig waren.<br />

Aus der IST-Analyse wurden konkrete Handlungsanweisungen<br />

für die Vorgehensweise beim Aufbau der<br />

GDI-RKN abgeleitet (Grobkonzept), wobei eine Priorisierung<br />

der Maßnahmen entsprechend der Kosten-<br />

Nutzen-Relationen durchzuführen war, um die Sollkonzeption<br />

in kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen<br />

umzusetzen. Die Geodatenbestandsanalyse war auch<br />

Basis für die Entwicklung eines kreisweit einheitlichen<br />

Metadatenprofils um zukünftig ein interkommunalen<br />

Informationsaustausch von Geodatenbeständen zu<br />

ermöglichen.<br />

Die Ist-Analyse zeigte schon früh, dass trotz der „sortierten<br />

GIS-Landschaft“ erhebliche Medienbrüche in<br />

den Arbeitsabläufen existierten, die einen zügigen<br />

Geodatenaustausch behindern und entsprechende<br />

Konvertierungsaufwände erzeugen. Insgesamt wurden<br />

238 „Primär“-Geodatenbestände unterschiedlichster<br />

Themenbereiche ermittelt (als Datenbestand wird eine<br />

thematisch abgeschlossene Einheit, wie z.B. die „ALK“<br />

oder ein „Baumkataster“ bezeichnet), die aus rund 260<br />

Quellen, wie Internet, E-Mail, DVD etc. gewonnen und<br />

in immerhin 169 Datenformaten weitergeleitet werden.<br />

Diese müssen konvertiert, v.a. aber konsolidiert werden,<br />

um die Ergebnisse weiterverwenden zu können.<br />

Ein hoher Aufwand, der in einer restriktiven Datenabgabe<br />

mündet und auch die „Abgabeseite“ mit hohen


44 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Aufwänden belastet. Lediglich 74 Datensätze wurden<br />

nach Erhebungsergebnis abgegeben, dies aber wieder<br />

in unterschiedlichsten Formaten und über diverse<br />

Medien, so dass letztlich 321 Varietäten zu zählen waren<br />

(vgl. Abbildung 3). D.h., einzelne Datensätze existieren<br />

in diversen Ableitungen, die nicht nur als hoch-<br />

Abb. 3: Geodatenflüsse im RKN<br />

Nutzen der GDI-RKN<br />

Offenkundig liegt „ein“ GDI-Nutzen in der Vermeidung<br />

solcher Ableitungen. Dieser ist vom Personalaufwand<br />

her sicherlich begründ-, aber schwer berechenbar. In<br />

konkreten Fällen konnten in Summe bis zu sieben Mitarbeiterstellen<br />

errechnet werden, die sich mit Datenkonvertierungsarbeiten<br />

befassten, wobei sich jeder<br />

vermutlich nur wenige Minuten am Tag mit diesem<br />

Thema beschäftigte. In Summe ergeben sich daraus<br />

jedoch große – messbare – Aufwände.<br />

Noch wichtiger ist aber, dass eine GDI immer nah am<br />

Original agiert. Ableitungen werden lediglich aus Performance-Gründen<br />

erstellt, wenn z.B. die Produktionsumgebung<br />

durch die Auskunft nicht belastet werden<br />

soll und eine erste Ableitung geschaffen wird. Diese ist<br />

aufgrund der zeitlichen Nähe zum Originaldatenbestand<br />

aber konsistent. Demgegenüber steht die Prozesspraxis,<br />

bei der Ableitungen amtsbezogen „ad hoc“<br />

gradig redundant zu bezeichnen sind sondern auch<br />

zweifelhaft in Aktualität und Eindeutigkeit (Inkonsistenz).<br />

Beim Datenbezug waren es im Schnitt 2,6<br />

Quellen (maximal sieben), bei der Datenabgabe sogar<br />

4,3 Ableitungen (maximal sieben).<br />

erstellt werden, wobei deren Inhalte dann häufig voneinander<br />

abweichen.<br />

Die große Stärke einer GDI (Vermeidung von Inkonsistenzen<br />

und Redundanzen) entfaltet sich dann, wenn<br />

alle Beteiligten an einem Strang ziehen und systemtechnisch<br />

als auch organisatorisch ein „roter Faden<br />

verfolgt wird. Die Studie schlägt daher vor, in den Verwaltungseinrichtungen<br />

jeweils einen GDI-Koordinator<br />

mit Informations-, Moderations- und Abstimmungsaufgaben,<br />

incl. Entscheidungskompetenzen, zu<br />

betrauen, um „Gleichklang“ innerhalb der eigenen<br />

Verwaltung und auch den Verwaltungen untereinander<br />

zu erreichen und den nachhaltigen Aufbau eines fachlich<br />

einheitlichen Diensteangebotes zu sichern. Dabei<br />

sollte der GDI-Betrieb sowohl fachlich als auch technisch<br />

in einer Hand bleiben, wobei sich das Vermessungs-<br />

und Katasteramt des RKN als GDI-Betreiber<br />

aus vielen Gründen anbietet. Umfangreiche Erfahrungen<br />

im Umgang mit einer Vielzahl von Geodatenbeständen<br />

und ein beachtliches Spektrum an Geodienst-


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 45<br />

leistungen, das von vielen Ämtern und auch Kommunen<br />

bereits angenommen wird, sprechen eine klare<br />

Sprache.<br />

Ein weiterer nachhaltiger Nutzen der GDI-RKN Konzeption<br />

ist der sukzessive Aufbau von Metadatenbeständen<br />

auf der Basis eines kreisweit einheitlichen Metadatenprofils.<br />

Die GDI-Nutzer können sich dadurch auf<br />

einfachste Weise über den verfügbaren Geodatenbestand<br />

informieren und gleichzeitig Mehrfacherhebungen<br />

vermeiden. Dadurch lassen sich Abläufe stärker<br />

automatisieren und im Sinne eines übergeordneten<br />

Bürger- und Investorenservice in einer e-government-<br />

Komponente einbinden. Anhand einer Bauanfrage oder<br />

Bauvoranfrage (Amt 63) wird dies deutlich. Zunächst<br />

ist bei 63 zu prüfen, welche weiteren Ämter am Verfahren<br />

überhaupt beteiligt sind. Dazu kann auf bis zu 51<br />

Informationsebenen geforscht werden, ob es berücksichtigungswürdige<br />

Sachverhalte auf der Fläche gibt.<br />

Die Anfrage ergeht an jedes „Amt“, in dem, meist manuell,<br />

die Fläche begutachtet wird. Innerhalb einer GDI<br />

kann sichergestellt werden, dass solche Prozesse zumindest<br />

halbautomatisch durchgeführt werden und<br />

auch außerhalb von Verwaltungsöffnungszeiten online<br />

von Nutzern (Bürger, Investoren usw.) in Erfahrung<br />

gebracht werden können. Natürlich wird es immer<br />

Sachverhalte geben, wo informelles Wissen des Sachbearbeiters<br />

erforderlich ist. Eine GDI wird Arbeits-<br />

/Prüfprozesse besonders bei Vorprüfungen spürbar<br />

beschleunigen.<br />

Abb. 4: Architekturvorschlag mit transparentem Proxy und zentralem Geodaten-Warenlager<br />

Technisch-organisatorischer GDI -Aufbau<br />

Die im Aufbau befindliche GDI-RKN wird die Rollen der<br />

Akteure in den Ämtern und Produktgruppen innerhalb<br />

der Kreisgemeinschaft nicht nur neu zuweisen sondern<br />

durch geeignete Technologien und Aufgabenzuschnitte<br />

gut unterstützen. GDI-Betreiber und Systemdienstleister<br />

übernehmen dafür die Verantwortung.<br />

Geodatenerzeuger, Geodatennutzer, Geodatenbereitsteller,<br />

etc. werden im Bereich der öffentlichen Verwaltung<br />

identifizierbar sein, wobei der „Kreis der Betroffenen“<br />

aber längst nicht ausgeschöpft ist. Mit Priorität<br />

sollten die Wirtschaft über Kammern und Verbände,<br />

die Banken und Versicherungen angesprochen und mit<br />

ihren Interessenslagen einbezogen werden um zukünftig<br />

Geodaten bedarfsgerecht v.a. „extern“ anbieten<br />

und platzieren zu können. Dazu wird das Geodatenpotenzial<br />

zukünftig via Internet auch für „Externe“ nutzbar<br />

und große Teile des RKN-Geodatenangebotes<br />

über ein GeoDataWarehouse (GDW-RKN) verfügbar<br />

gemacht werden. Eine Art Datenzentralisierung, die<br />

nicht dem GDI-Gedanken widerspricht, weil die Fachverantwortung<br />

der Ämter für „ihre“ Geodaten erhalten<br />

bleibt. Im Übrigen wird dadurch die Auskunft vom Produktionsbetrieb<br />

getrennt und eine Dopplung der Infrastruktur<br />

in einer DMZ vermieden (vgl. Abbildung 4); ein<br />

erhebliches Kostenargument.


46 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Auf Basis dieser Konzeption hat der RKN entschieden,<br />

mit der Fa. Intergraph und der Fa. CISS-TDI sowohl die<br />

GDI als auch das GDW im RKN aufzubauen. Das Geo-<br />

DataWarehouse wird dabei in enger Kooperation mit<br />

der Stadt Neuss erstellt. Der Weg über interne Eigenentwicklungen<br />

auf der Basis von Open-Source-<br />

Software wurde vor dem Hintergrund einer separaten<br />

Studie zur Situation des RKN nicht weiter verfolgt.<br />

Eigene Softwareentwicklungen mit allen Belangen<br />

einer Entwicklungsumgebung (Versionsmanagement,<br />

regelmäßigen Bugfixes, Change Management, Updates,<br />

etc.) und dem entsprechenden Personal sind<br />

durch die Kreisverwaltung nicht zu leisten und gehören<br />

auch nicht in den Bereich seiner Pflichtaufgaben. Dabei<br />

sind mobilisierbare Kapazitäten des Rechenzentrumbetreibers<br />

in die Entscheidung mit eingeflossen.<br />

Fazit<br />

Die Ausgangssituation im RKN zeigt, dass in der Vergangenheit<br />

der Focus zu sehr auf eine GIS-<br />

Infrastruktur und deren Weiterentwicklung gelegt wurde.<br />

Mit Einführung des Geodatenmanagements hat der<br />

RKN sowohl die Basis für eine „Konsolidierung“ der<br />

Informationsumgebung als auch für den Aufbau einer<br />

nachhaltigen Geodateninfrastruktur gelegt. Damit ist<br />

das „GDI-Thema“ aber noch nicht „abgedeckt“, wie<br />

etwa die noch bestehenden Konvertierungsaufwände<br />

eindrücklich belegen.<br />

Die GDI-RKN wird kleineren und mittleren kreisangehörigen<br />

Kommunen bei ihrer Aufgabenerfüllung trotz<br />

angespanntester Haushaltslagen und den bereits jetzt<br />

spürbaren Auswirkungen des demographischen Wandels<br />

spürbar helfen und in einigen Bereichen sogar<br />

qualitativ und quantitativ verbessern. Sie sichert den<br />

Kommunen die Rechte an ihren Geodaten und ermöglicht<br />

„Dritten“ gleichzeitig den Zugang zu raumbezogenen<br />

Informationen. Der Zugriff auf die Geodaten<br />

wird dabei über ein kreisweit einheitliches Metadatenportal-RKN<br />

geregelt, das zu einer erheblich größeren<br />

Transparenz bezüglich des Geodatenbestandes führt.<br />

Für Bürger und Investoren ergeben sich zentrale Informationsmöglichkeiten,<br />

die sich insgesamt positiv<br />

auf den Wirtschaftsstandort RKN auswirken werden.<br />

Die GDI-RKN wird sich auch verwaltungsintern positiv<br />

auswirken. Die organisatorischen und personellen<br />

Rahmenbedingungen, die sich durch die Einführung<br />

von ALKIS und die Umstellung auf ETRS´89 ergeben,<br />

bieten ausreichend Potenzial für die notwendigen Entwicklungen<br />

im Vermessungs- und Katasteramt. Dabei<br />

ist individuelles Umdenken der verantwortlich Handelnden<br />

hin zu einer marketing- und bedarfsorientier-<br />

ten Dienstleistungseinrichtung mit deckungsgleichem<br />

Geodatenangebot notwendig.<br />

Betrachtet man die derzeit laufenden Entwicklungen,<br />

wie e-government, e-business, business intelligence,<br />

web-Büro usw. im Zusammenhang, formulieren die<br />

europarechtlichen Vorgaben letztendlich die Abkehr<br />

von ausschließlich technologischen ExpertenGIS-<br />

Lösungen für Verwaltungseinzelarbeitsschritte in der<br />

Verwaltung bei gleichzeitiger Hinwendung zu verwaltungsweiten<br />

und prozessorientierten Anwendungssystemen/-strukturen<br />

(z.B. e-government), in denen Geodaten<br />

verschiedenster Ausprägung einen bedeutenden<br />

Anteil am gesamten Arbeitsprozess haben. Eine GDI ist<br />

danach also genauso zwangsläufige Voraussetzung für<br />

die Realisierung von e-government, wie e-government<br />

für die Umsetzung von INSPIRE. Das Geodatenmanagement<br />

ist in diesem Zusammenhang das „Werkzeug“.<br />

Wenn im Übrigen aber bereits jetzt schon erkennbar<br />

ist, dass weder die Regelungen von INSPIRE noch deren<br />

Umsetzung auf nationaler Ebene (GDI-DE) die<br />

kommunalen Bedarfsstrukturen „erreichen“, die Vorteile<br />

auf kommunaler Ebene aber dennoch gegeben<br />

und entwicklungsnotwendig sind, ist der Aufbau der<br />

GDI-RKN i.V.m. der Einrichtung des Geodatenmanagements<br />

notwendig und sinnvoll zugleich.<br />

Dipl.-Ing. Michael Fielenbach<br />

Leiter Geodatenmanagement<br />

Vermessungs- und Katasteramt<br />

Rhein-Kreis Neuss<br />

Lindenstraße 4-16<br />

41515 Grevenbroich<br />

michael.fielenbach@rhein-kreis-neuss.de<br />

Dr. Bodo Bernsdorf<br />

Geschäftsführer<br />

CFGI GmbH<br />

Jüngststraße 43<br />

59368 Werne an der Lippe<br />

bodo.bernsdorf@cfgi.deDr. Bodo Bernsdorf


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 47<br />

Anhang<br />

Tabelle 1: Rechtlicher Rahmen der Geodatennutzung im RKN<br />

Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung<br />

Verordnungen zum Bundesimmissions-<br />

Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung<br />

1 schutzgesetz 94 Jugendarbeitsschutzgesetz<br />

2 Abstandserlass NRW 95 Jugendgerichtsgesetz<br />

3 Allgem. Verwaltungsrecht 96 Jugendschutzgesetz<br />

4 Allgemeine Schulordnung<br />

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum<br />

97 Kinderbildungsgesetz<br />

5 Schutz gegen Baulärm 98 Kinder-/Jugendhilfegesetz<br />

6 Altlastenverordnung 99 Kommunalwahlrecht<br />

7 Arbeitsgesetze 100 Korruptionsbekämpfungsgesetz<br />

8 Aufenthaltsgesetz 101 Kreisentwicklungskonzept<br />

9 Asylverfahrensgesetz 102 Kreislaufwirtschafts- u. Abfallgesetz<br />

10 Baugesetzbuch 103 Kreisordnung NRW<br />

11 Baunutzungsverordnung 104 Kreistagsbeschluss vom 30.09.1998<br />

12 Bauordnung NRW 105 Kriegsfolgen-Archivierungsgesetz<br />

13 Beamtengesetz NRW 106 Landesabfallgesetz NW<br />

14 Beihilfeverordnung NW 107 Landesentwicklungsprogramm NRW<br />

15 Beschluss Sozialausschuss 108 Landeshaushaltsordnung<br />

16 Bestattungsgesetz / ÖGD-Gesetz 109 Landesreisekostengesetz<br />

17 Betreuungsgesetz 110 Landeswahlrecht<br />

18 Betreuungsbehördengesetz 111 Landeswassergesetz<br />

19 Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz 112 Landschaftsgesetz NRW<br />

20 Bodenrichtwert-Richtlinie 113 Landschaftspläne des RKN<br />

21 Bodenschätzungsgesetz 114 Lastenausgleichsgesetz<br />

Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch -<br />

22 Bodenschutzgesetz NRW<br />

Bundesamt für Sicherheit in der Informati-<br />

115 LFGB<br />

23 onstechnik 116 Liegenschaftskatastererlass<br />

24 Bürgerliches Gesetzbuch 117 öffentlich-rechtliche Vereinbarungen<br />

25 Bundesausbildungsförderungsgesetz 118 Ökokontoverordnung<br />

26 Bundesberggesetz 119 Pflegegesetz NRW<br />

27 Bundesbodenschutzgesetz 120 Planungsgesetz NRW<br />

28 Bundesbodenschutzverordnung 121 Planzeichenverordnung<br />

29 Bundeschienenwegeausbaugesetz 122 Raumordnungsgesetz<br />

30 Bundesfernstraßengesetz 123 Raumordnungsverordnung<br />

31 Bundesimmissionsschutzgesetz 124 Rechnungsprüfungsordnung<br />

32 Bundesjagdgesetz 125 Richtlinie Bürgerfunk NRW<br />

Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden<br />

33 Bundesnaturschutzgesetz 126 Vogelarten<br />

Richtlinie zum Einsatz satellitengeodätischer<br />

34 Bundeswahlrecht 127 Verfahren im Vermessungspunktfeld<br />

Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume<br />

sowie der wildlebenden Pflanzen<br />

35 Bundeswaldgesetz 128 und Tiere<br />

Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstel-<br />

36 Datenschutzgesetz NW 129 len<br />

37 Denkmalschutzgesetz 130 Richtlinien für Großraum- und Schwertrans-


48 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung<br />

porte<br />

38 Dienstanweisungen 131 Rundverfügungen<br />

39 DIN 132 Satzungen und sonstige Vereinbarungen<br />

40 DWA Regelwerke<br />

Einführungserlass ETRS89/UTM im Liegen-<br />

133<br />

Schadstofffreisetzungs- und -<br />

verbringungsregister<br />

41 schaftskataster 134 Schornsteinfegerhandwerksgesetz<br />

42 Einkommensteuergesetz 135 Schulgesetz NRW<br />

43 Einkommensverordnung 136 Schutzverordnungen<br />

44 Einzelhandelserlass NRW<br />

Einführungserlass zum Landschaftsgesetz für<br />

137 Selbstüberwachungsverordnung Kanal<br />

45 Eingriffe durch Straßenbauvorhaben 138 Sozialgerichtsgesetz<br />

46 Entschädigungsverordnung<br />

Erlass Behandlung von Gewässern im Liegen-<br />

139 Sozialgesetzbuch I<br />

47 schaftskataster<br />

Erlass: Grundsätze für die Planung und Ge-<br />

140 Sozialgesetzbuch II<br />

48 nehmigung von Windkraftanlagen 141 Sozialgesetzbuch IX<br />

49 EU Wasserrahmenrichtlinie 142 Sozialgesetzbuch V<br />

50 EU-Artenschutzverordnung 143 Sozialgesetzbuch X<br />

51 EU-Dienstleistungsrichtlinie<br />

Europäischer Landwirtschaftsfonds für die<br />

144 Sozialgesetzbuch XII<br />

52 Entwicklung des ländlichen Raums 145 Sozialgesetzbuch XIII<br />

53 Europawahlrecht 146 Sozialgesetzbuch, §21 SGB V<br />

54 Feststellungsgesetz 147 Sprengstoffgesetz<br />

55 Feuerschutz-Hilfeleistungsgesetz NRW 148 Strafgesetzbuch<br />

56 Fischereigesetz NRW 149 Straßenbau von A bis Z<br />

57 Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 150 Straßenverkehrsgesetz<br />

58 Flurbereinigungsgesetz 151 Straßenverkehrsordnung<br />

59 Förderrichtlinie Naturschutz 152 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst<br />

60 Forstgesetz NRW 153 Technische Anleitung zum Schutz vor Lärm<br />

Technische Anleitung zum Schutz vor Luftver-<br />

61 Fortführungsvermessungserlass 154 unreinigungen<br />

62 Freizeitlärmerlass 155 Tierschutzgesetz<br />

63 Freizügigkeitsgesetz 156 Tierseuchengesetz<br />

64 Gebührengesetz NRW<br />

Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und<br />

157 Trinkwasserverordnung<br />

65 Binnenschifffahrt 158 Übereinstimmungsrichtlinien<br />

66 Gemarkungsverzeichnis NRW 159 Umgebungslärmrichtlinie<br />

67 Gemeindehaushaltsverordnung NRW 160 Umweltinformationsgesetz (UIG)<br />

68 Gemeindeordnung NRW 161 Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

69 Gemeinschaftsarbeit 162 Unterhaltssicherungsgesetz<br />

70 Geodatenzugangsgesetz 163 Unterhaltsvorschussgesetz<br />

71 GeoInfoDoc 164 Vermessungs- und Katastergesetz NRW<br />

72 GeoInfoErlass 165 Vermessungsgebührenordnung<br />

73 Geruchsimmissionsrichtlinie 166 Vermessungspunkterlass<br />

Verordnung für die amtliche Überwachung von<br />

zum menschlichen Verzehr bestimmten Er-<br />

74 Geschäftsordnung des Kreistages 167 zeugnissen tierischen Ursprungs<br />

75<br />

Gesetz für den öffentlichen Gesundheitsdienst<br />

168<br />

Verordnung über Hygienevorschriften für<br />

Lebensmittel tierischen Ursprungs


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 49<br />

Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung<br />

76<br />

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen<br />

und in den Angelegenheiten der freiwilligen<br />

Gerichtsbarkeit 169<br />

77 Gesetz über den öfftl. GesDienst NRW 170<br />

78<br />

Gesetz über den Rettungsdienst sowie die<br />

Notfallrettung und den Krankentransport<br />

durch Unternehmen 171<br />

Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre<br />

Krankenhausleistungen 172<br />

Verordnung zum Fallpauschalensystem für<br />

Krankenhäuser<br />

Verordnung zur Durchführung des Gesetzes<br />

über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster<br />

NRW<br />

Verordnung zur Durchführung des Landschaftsgesetzes<br />

Verordnungen des Ministeriums für Arbeit,<br />

Gesundheit und Soziales NRW<br />

79<br />

80<br />

Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen,<br />

Dolmetscherinnen, Dolmetschern,<br />

Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die<br />

Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen,<br />

ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen,<br />

Zeugen und Dritten 173 Versorgungsmedizinverordnung<br />

81 Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit<br />

Gesetz zur Förderung und Nutzung von<br />

174 Verträge<br />

82 Wohnraum für das Land NRW<br />

Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der<br />

175 Verwaltungsvollstreckungsgesetz<br />

Krankenhäuser und zur Regelung der Kran-<br />

Verwaltungsvorschrift Straßenverkehrsord-<br />

83 kenhauspflegesätze 176 nung<br />

Verwaltungsvorschriften zum Bundesimmissi-<br />

84 Gutachterausschussverordnung 177 onsschutzgesetz<br />

Verwaltungsvorschriften zum Landesimmissi-<br />

85 Härteverordnung 178 onsschutzgesetz<br />

86 Hauptsatzung Rhein-Kreis-Neuss 179 Vormundschaftsgesetz<br />

87 Hygieneverordnung 180 Wasserhaushaltsgesetz<br />

88 Immissionsschutzgesetz NRW 181 Weisungen der <strong>Bezirksregierung</strong> Münster<br />

89 Infektionsschutzgesetz 182 Weisungen des RKN<br />

90 Informationsfreiheitsgesetz 183 Wertermittlungsrichtlinien<br />

91 Inspire 184 Wertermittlungsverordnung<br />

92 IT-Sicherheitsrichtlinien (lokal) 185 Wohn- und Teilhabegesetz<br />

Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen<br />

und Richtlinien zur Zustandserfassung und -<br />

93 Jagdgesetz NRW 186 bewertung von Straßen


50 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

ERICH-online – Die webbasierte Auswertung der EDM-Kalibrierung für<br />

die Vermessungsverwaltung in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Wolfgang Engelmayer, Walter Knapp, Michael Levin, Burckhardt Ahrens<br />

1 Einleitung<br />

EDM-Instrumente (DIN 18718), die zur Erledigung hoheitlicher<br />

Vermessungen im VP-Feld eingesetzt werden,<br />

sind regelmäßig zu kalibrieren (Vermessungspunkterlass<br />

1996). Mit der Verwaltungsstrukturreform<br />

2008 (MATTISECK 2009) wurde die Zuständigkeit für<br />

diese Aufgabe zentral auf die <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong>,<br />

Abteilung Geobasis NRW übertragen.<br />

Um diese Arbeiten zeitnah mit reduzierten Personalressourcen<br />

zu bewältigen, wurde 2009 das Programm<br />

ERICH (Erfassung von Eichmessungen) (GÜLDENRING<br />

u.a. 2009) entwickelt. Es diente zunächst der Erfassung<br />

und Plausibilisierung der Kalibrierstreckenmessungen<br />

im Felde. Damit war gewährleistet, dass die auf<br />

der Kalibrierstrecke von den Vermessungsstellen erhobenen<br />

Daten in einem einheitlichen Format, vollständig<br />

und weitgehend fehlerfrei vorlagen und der<br />

Auswertesoftware AED (FRÖHLICH 1992) zugeführt<br />

werden konnten. Ab dem 1. November 2009 wurden<br />

ausschließlich mit ERICH erfasste Daten zur Auswertung<br />

angenommen. Dies führte bereits zu einer drastischen<br />

Verkürzung der Bearbeitungszeiten. 2010 konnten<br />

so 780 eingereichte Dateien ausgewertet werden.<br />

Um den Bearbeitungsablauf weiter zu optimieren und<br />

um insbesondere eine tagesaktuelle Auswertung zu<br />

gewährleisten, wurde entschieden, das Erfassungsprogramm<br />

ERICH zu einer webbasierten Lösung inklusive<br />

Berechnungsteil weiterzuentwickeln. Da die bisher zur<br />

Verfügung stehende Auswertesoftware AED nicht den<br />

Anforderungen für eine Serveranwendung entsprach,<br />

musste sie durch ein neues Auswertemodul ersetzt<br />

werden.<br />

2 Fachliche Anforderungen<br />

Ziel der Kalibrierung von EDM-Instrumenten ist die<br />

Bestimmung von geräteabhängigen Einflüssen wie<br />

Nullpunkt-, Frequenz- (Maßstabs-) und zyklische Fehler,<br />

um diese bei späteren Messungen und Auswertungen<br />

zu berücksichtigen (DIN 18709-1).<br />

Der Maßstabsfehler wird auf einem Frequenzmessplatz<br />

gemessen und geht als aktueller Bezugsbrechungsindex<br />

in die Auswertung zur Ermittlung der<br />

übrigen Korrektionen ein. Die Bestimmung des zyklischen<br />

Fehlers erfolgt mit Hilfe von Mess-<br />

Schienenmessungen, die Ermittlung des Nullpunktfehlers<br />

und die Überprüfung des Maßstabs wird anhand<br />

von Kalibrierstreckenmessungen nach dem Verfahren<br />

´Rüeger´ durchgeführt. Der Umfang der Messdaten<br />

sowie deren Auswertung unterscheidet sich bei den<br />

beiden letztgenannten Verfahren nicht wesentlich.<br />

Aufgabe von ERICH-online ist somit die Erfassung und<br />

Auswertung von Mess-Schienenmessungen und Kalibrierstreckenmessungen<br />

sowie die Dokumentation der<br />

Ergebnisse.<br />

3 Realisierung<br />

Nach dem Aufruf der Internet-Anwendung ERICHonline<br />

werden die auf der Kalibriereinrichtung ermittelten<br />

Messungs- und Verwaltungsdaten über die bereitgestellte<br />

Erfassungsmaske eingegeben. Die Eingabedaten<br />

werden dv-technisch aufbereitet und einer Plausibilitätskontrolle<br />

unterzogen, die Beobachtungsdaten,<br />

falls noch nicht erfolgt, auf die Horizontale reduziert<br />

und um Wetter- und Geräteeinflüsse (aktuelle Bezugsbrechungszahl)<br />

korrigiert. Danach werden die Sollstrecken<br />

den gemessenen Strecken zugeordnet. Die Sollstrecken<br />

der Mess-Schiene werden der zum Zeitpunkt<br />

der Messung erfassten mittleren Temperatur angepasst.<br />

Als Grundlage hierfür dienen bekannte Sollwerte,<br />

die auf eine Umgebungstemperatur von 20° C bezogen<br />

sind. Schließlich werden die reduzierten und<br />

korrigierten Beobachtungsdaten einer Ausgleichung<br />

nach der L2-Norm (Minimierung der gewichteten Verbesserungsquadrate<br />

vpv, "Methode der kleinsten<br />

Quadrate") unterzogen.<br />

Für die Bestimmung des Nullpunkt- und Maßstabsfehlers<br />

(K10, K20) bzw. die Bestimmung der zyklischen<br />

Fehler (K11, K12, K21, K22) wird zunächst eine „angeschlossene“<br />

Ausgleichung gerechnet, in der die Kalibrierwerte,<br />

soweit gewünscht, als Ausgleichungsunbekannte<br />

ermittelt werden. Anschließend wird eine Signifikanzprüfung<br />

durchgeführt (t-Test bzw. F-Test, Signifikanzniveau<br />

α = 5%). Da bei mehreren nicht signifikanten<br />

Kalibrierwerten jeder Wert Einfluss auf die Signifikanz<br />

der übrigen Werte haben kann, wird derjenige<br />

Wert mit der geringsten Signifikanz gesucht. Er wird


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 51<br />

verworfen, indem sein Wert zu Null gesetzt und für ihn<br />

in der wiederholten Ausgleichung keine Ausgleichungsunbekannte<br />

angesetzt wird. Stellen sich in den<br />

Folgeausgleichungen weitere Werte als nicht signifikant<br />

heraus, wird dieser Berechnungszyklus so lange<br />

fortgeführt, bis kein nicht signifikanter Wert mehr übrig<br />

bleibt.<br />

Um sicher zu stellen, dass keine groben Beobachtungsfehler<br />

die Berechnung der Kalibrierungsparameter<br />

beeinflussen, wird eine „zwangsfreie“ Ausgleichung<br />

gerechnet. Die hierbei ermittelten Verbesserungen<br />

werden einem statistischen Test, dem „data snooping“<br />

von Baarda (FÖRSTNER 1979) unterzogen. Dazu werden<br />

neben den Verbesserungen die Normierten Verbesserungen<br />

NV ermittelt. Übersteigt NV den kritischen<br />

Wert k = 2.0, so kann mit 95%-iger Sicherheit<br />

ein grober Fehler vermutet werden. Da ein grober Fehler<br />

in einer Strecke Einfluss auf die NV der übrigen<br />

Beobachtungen haben kann, wird diejenige Strecke mit<br />

der größten NV gesucht. Nur sie wird als grob fehlerhaft<br />

verworfen. Anschließend wird die freie Ausgleichung<br />

unter Ausschluss der so gefundenen Strecke<br />

wiederholt. Auch dieser Berechnungszyklus wird so<br />

lange fortgeführt bis keine NV größer k mehr gefunden<br />

wird. Die Strecken, die als möglicherweise grob fehlerbehaftet<br />

festgestellt wurden, werden im Auswerteprotokoll<br />

entsprechend gekennzeichnet.<br />

Zur Wertung, Weitergabe und Dokumentation der Ergebnisse<br />

wurde ein ausführliches Protokoll entwickelt.<br />

Auf dem Deckblatt werden das Datum der Auswertung<br />

mit der genauen Bezeichnung des Prüflings, eine Auflistung<br />

der Sollstrecken der Kalibriereinrichtung mit<br />

den angemessenen Punkten und daran anschließend<br />

die Beobachtungsdaten ausgegeben. Die nächsten<br />

Seiten enthalten Informationen zur Auswertung inklusive<br />

Signifikanztest, eine Zusammenstellung der Berechnungsergebnisse<br />

(Abbildung 1), die Kalibrierwerte<br />

sowie statistische Angaben. Graphiken unterstützen<br />

den Anwender bei der Beurteilung der Ergebnisse (Abbildung<br />

2: Ergebnisgraphik zur Bestimmung der Nullpunkt-<br />

und Maßstabskorrektion; Abbildung 3: Ergebnisgraphik<br />

zur Bestimmung der zyklischen Korrektion).<br />

Bei den Berechnungsergebnissen werden sämtliche<br />

Korrektionsbeträge aufgelistet. Zusätzlich werden die<br />

gemessenen, reduzierten, korrigierten und die Sollstrecken<br />

gegenübergestellt. Die angezeigten Residuen<br />

(Restfehler) ermöglichen eine qualitative Beurteilung<br />

der Messungsergebnisse. Als Nachweis für die Messgenauigkeit<br />

des untersuchten Instruments und zur<br />

Vorlage bei anderen Vermessungsstellen steht das<br />

Kalibrierzertifikat (Abbildung 4) zur Verfügung.<br />

4 Bedienung<br />

Als Systemvoraussetzungen für die Anwendung von<br />

ERICH-online sind der Internetexplorer 8 von Microsoft<br />

sowie ein PDF-Reader zum Lesen und Speichern der<br />

Protokoll- bzw. Ergebnisdateien erforderlich. Beide<br />

können bei Bedarf kostenlos aus dem Internet heruntergeladen<br />

werden. Beim Einsatz von anderen Internetbrowsern<br />

kann die Funktionsweise von ERICHonline<br />

beeinträchtigt sein. Für die Dauer der Kalibrierauswertung<br />

müssen Cookies zugelassen sein. ERICHonline<br />

kann über folgenden Link aufgerufen werden:<br />

http://www.bezregkoeln.nrw.de/brk_internet/organisation/abteilung07_produkte/raumbezug/kalibrierung/tachymeter/erichonline/i<br />

ndex.html<br />

In die Erfassungsmaske (Abbildung 5) sind zunächst<br />

allgemeine Angaben über Tachymeter, Kalibrierstrecke,<br />

Datum der Messung, Vermessungsstelle usw.<br />

einzutragen. Bei meteorologisch nicht korrigierten<br />

Strecken sind Bezugsbrechungszahl und Trägerwellenlänge<br />

des Instrumentenherstellers anzugeben. Frequenzablagen<br />

sind dem Prüfprotokoll zur Frequenzprüfung<br />

zu entnehmen. Wurde der zyklische Phasenfehler<br />

vor einer Kalibrierstreckenauswertung ermittelt,<br />

sind die Fourierkoeffizienten in die jeweiligen Eingabefelder<br />

zu übernehmen. Danach folgen die einzelnen<br />

Messungen auf der Kalibrierstrecke. Bei meteorologisch<br />

nicht reduzierten Messungen sind die Wetterdaten<br />

für die erste Messung zwingend einzutragen. Diese<br />

werden dann für Folgemessungen laufend übernommen,<br />

bis eine neue Eingabe erfolgt.<br />

Für die Erfassung im Felde ist das Programm ERICH<br />

vorgesehen. Die damit erzeugten Dateien können zur<br />

Auswertung in die Benutzeroberfläche geladen und<br />

weiter verarbeitet werden.<br />

Nach der Eingabe aller Daten und dem Aktivieren des<br />

START-Buttons erfolgt die Auswertung. Das Ende der<br />

Berechnung wird in einem zusätzlichen Fenster angezeigt.<br />

Das Ergebnis kann anschließend als PDF-Datei<br />

visualisiert, abgespeichert und ausgedruckt werden.<br />

Weitere Einzelheiten sind der Dokumentation zu entnehmen,<br />

die über die Benutzeroberfläche abgerufen<br />

werden kann.


52 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

5 Fazit<br />

Gerätetechnische Entwicklungen prägen das allgemeine<br />

Leben, webbasierte Anwendungen im Internet werden<br />

immer selbstverständlicher.<br />

Mit der Konzeption und Realisierung von ERICH-online<br />

als webbasiertem Kalibrierverfahren folgt die <strong>Bezirksregierung</strong><br />

<strong>Köln</strong> diesem Zeitgeist und stellt allen Vermessungsstellen<br />

in NRW ein Auswertewerkzeug zur<br />

Verfügung, um sämtliche Arbeitsschritte, von der Erfassung<br />

der Kalibrierdaten im Felde bis zum Ausdruck<br />

des Kalibrierzertifikats, digital und selbständig durch-<br />

Abb. 1: Zusammenstellung der Berechnungsergebnisse<br />

zuführen. Damit wächst allerdings auch die Eigenverantwortung<br />

für eine sach- und fachgerechte Durchführung<br />

der EDM-Kalibrierung, angefangen bei der Messung,<br />

über die Erfassung der Messergebnisse bis hin<br />

zur sachgerechten Analyse und Bewertung der Berechnungsergebnisse.<br />

Neben einer Reihe dv-interner<br />

Datenplausibilisierungen und Berechnungstests können<br />

die Vermessungsstellen hierzu auf eine umfangreiche<br />

Ergebnisdokumentation zurück greifen. Bei<br />

Fragen stehen die zuständigen Mitarbeiter der <strong>Bezirksregierung</strong><br />

<strong>Köln</strong> jederzeit gerne beratend zur Verfügung.


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 53<br />

Abb. 2: Ergebnisgraphik zur Bestimmung der Nullpunkt- und Maßstabskorrektion<br />

Abb. 3: Ergebnisgraphik zur Bestimmung der zyklischen Korrektion


54 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Abb. 4: Kalibrierzertifikat


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 55<br />

Abb. 5: Erfassung<br />

Literaturangaben<br />

DIN 18709-1<br />

Begriffe, Kurzzeichen und lfd. Nrn. 9.3.2. Oktober 1995<br />

DIN 18718<br />

Arten und Bauteile von geodätischen Instrumenten,<br />

Erklärung lfd. Nr. 9. Januar 1986<br />

Förstner, W.<br />

Das Rechenprogramm TRINA2 für geodätische Lagenetze<br />

in der Landesvermessung. Nachrichten aus dem<br />

Öffentlichen Vermessungsdienst <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>,<br />

Heft 2, 1979, 12. Jg., S. 125-16.6.<br />

Fröhlich, H.<br />

Auswertung von Eichmessungen für EDM-Geräte mit<br />

AED, Ferd. Dümmler Verlag, Bonn, Dümmlerbuch<br />

78212, S. 38-41.<br />

Güldenring, Levin, Knapp, Riecken, Thönnes<br />

Prozessoptimierung bei der Auswertung von EDM-<br />

Eichstreckenmessungen. Nachrichten aus dem öffent-<br />

lichen Vermessungswesen <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>, Heft<br />

1, 2009, S. 41-43.<br />

Mattiseck, K.<br />

Verwaltungsstrukturreform in der Vermessungs- und<br />

Katasterverwaltung des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>.<br />

Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>, Heft 1, 2009, S. 8/9.<br />

Vermessungspunkterlass - VP-Erl. - RdErl. d. Innenministeriums<br />

vom 12.01.1996. Druck und Vertrieb: Landesvermessungsamt<br />

NRW, Bonn; Nr. 16 Eichung der<br />

Messinstrumente und -geräte.<br />

Burckhardt Ahrens<br />

Wolfgang Engelmayer<br />

Walter Knapp<br />

Michael Levin<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong>, Abteilung 7<br />

Muffendorfer Straße 19-21<br />

53177 Bonn<br />

kalibrierung@bezreg-koeln.nrw.de


56 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Generierung von Höhenmodellen aus automatischen<br />

Bildzuordnungsverfahren zur Herstellung von Orthophotos<br />

Stephanie Haas, David Arzdorf<br />

1 Einleitung<br />

Als Digitales Höhenmodell (DHM) bezeichnet man eine<br />

Menge digital gespeicherter Höhenwerte von regelmäßig<br />

oder unregelmäßig verteilten Oberflächenpunkten,<br />

die die Struktur der Erdoberfläche hinreichend repräsentieren<br />

[GEOBASIS.NRW]. Jedoch ist die Definition<br />

von Digitalen Höhenmodellen in der Literatur oft widersprüchlich.<br />

Deshalb wird hier das DHM als Oberbegriff<br />

für das Digitale Geländemodell (DGM) und das<br />

Digitale Oberflächenmodell (DOM) verstanden. Das<br />

DGM beschreibt die natürliche Geländeform der Erdoberfläche,<br />

hingegen stellt das DOM die Geländeform<br />

der Erdoberfläche samt aller Objekte (Gebäude und<br />

Vegetation) dar.<br />

Digitale Höhenmodelle werden bisher mit Verfahren<br />

wie Laserscanning, Stereoauswertung, topographischer<br />

Aufnahme oder Digitalisierung von analogen<br />

Höhenlinien erzeugt. Nutzungsmöglichkeiten von Höhenmodellen<br />

sind unter anderem die Simulation und<br />

Prognose von Hochwasser (Katastrophenschutz),<br />

Lärmausbreitung, Umweltschutz, die Herstellung von<br />

3D Stadtmodellen, die Versorgungs- und Funknetzplanung<br />

(Sichtbarkeitsanalysen), die Anwendung als Planungsgrundlage<br />

(zur Bauleit-, Raum-, Straßenplanung)<br />

oder als Massenberechnung und die Herstellung von<br />

Orthophotos.<br />

Durch den Einzug von Digitalkameras in die Photogrammetrie<br />

und die stetig steigenden Rechenleistungen<br />

sind automatische Bildzuordnungs- oder auch<br />

Bildkorrelationsverfahren für die Generierung von<br />

Höhenmodellen interessant geworden. Mit deren Hilfe<br />

können aus Luftbildern digitale Höhenmodelle berechnet<br />

werden. Da Luftbilder die Erdoberfläche mit allen<br />

Objekten darstellen, werden über Bildzuordnungsverfahren<br />

DOM abgeleitet.<br />

In diesem Artikel werden DOM mit einem merkmalsbasierten<br />

Bildzuordnungsverfahren (feature based matching,<br />

FBM) und einem modernen cost-basedmatching-Verfahren<br />

(CBM) erzeugt, untersucht und<br />

mit einem aus einer Laserdatenerfassung (Airborne<br />

Laserscanning, ALS) stammenden DOM verglichen.<br />

Anschließend wird überprüft, inwieweit sie zur Herstellung<br />

von Orthophotos benutzt werden können.<br />

Verwendet man bei der Entzerrung von Luftbildern ein<br />

DOM, so ist es möglich, ein wahres (= strenges oder<br />

richtiges, True) Orthophoto zu erzeugen. In einem<br />

wahren Orthophoto werden alle Objekte lagerichtig<br />

abgebildet. Dies bedeutet insbesondere, dass Fassaden<br />

von Gebäuden nicht sichtbar sind, dass Dächer<br />

lagetreu dargestellt werden und dass es keine sichttoten<br />

Räume gibt. Demzufolge muss jeder im Bild sichtbare<br />

Objektteil im verwendeten DOM repräsentiert<br />

werden [WIEDEMANN, A., WICKI, P. 2010]. Die Orthophotos,<br />

die im Rahmen dieser Untersuchung mit<br />

Hilfe der durch Bildkorrelation generierten Höhenmodelle<br />

erzeugt wurden, werden visuell verglichen.<br />

2 Beschreibung des Testdatensatzes und der<br />

verwendeten Software<br />

Zur Verfügung standen orientierte Luftbilder der Düsseldorfer<br />

Innenstadt, die dankenswerterweise vom<br />

Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)<br />

bereitgestellt wurden. Die Befliegung mit einer Ultra-<br />

CamXp der Firma Vexcel Imaging GmbH, Österreich,<br />

fand 2009 in 4 Streifen mit einer Längsüberdeckung<br />

von 80 %, Querüberdeckung von 60 % und einer Bodenauflösung<br />

(Ground Sample Distance, GSD) von 15<br />

cm statt. Aus diesen Daten wurde ein Testgebiet mit 6<br />

Bildern und einer Größe von 3,5 km x 2,5 km ausgewählt.<br />

In der Testgebietsfläche befinden sich für die<br />

DOM- und Orthophotoherstellung viele Problemzonen<br />

wie dichte hohe Stadtbebauung, Brücken, Eisenbahnschienen,<br />

Hafenanlagen und Türme (Fernsehturm).<br />

Für dieses Testgebiet kann auf sehr dichte ALS-Daten<br />

der nordrhein-westfälischen Landesvermessung zurückgegriffen<br />

werden. Die Laserdaten wurden zu Beginn<br />

des Jahres 2010 mit einer Dichte von ca. 8 Punkten<br />

pro Quadratmeter aufgenommen.<br />

Die Generierung der digitalen Oberflächenmodelle<br />

erfolgte mit dem Programm MATCH-T DSM der Inpho<br />

GmbH aus Stuttgart. Es lagen zwei Versionen des Programms<br />

vor. Die Version 5.3 benutzt zur Ableitung der<br />

DOM ein merkmalbasiertes Matching (feature based<br />

matching, FBM), welches von Pyramidenstufe zu Pyramidenstufe<br />

(hierarchisch) in einem sequentiellen<br />

multi-Matching angewendet wird. Hierbei wird das<br />

Gebiet in Recheneinheiten aufgeteilt, für die jeweils das


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 57<br />

am besten zueinander passende Bildpaar herausgesucht<br />

wird. Die daraus berechneten Punktwolken werden<br />

zusammengefügt und gefiltert. Die Lage der gefundenen<br />

Punkte kann optional mit einem flächenbasierten<br />

Bildzuordnungsverfahren nach der Methode<br />

der kleinsten Quadrate (least square matching, LSM)<br />

verbessert werden, wobei jedoch ein erhöhter Zeitbedarf<br />

in Kauf genommen werden muss. [LEMAIRE, C.<br />

2008]. Ergebnis dieses Bildzuordnungsverfahren ist<br />

eine Punktwolke.<br />

In der Version 5.4 von MATCH-T DSM ist ein moderneres<br />

cost-based-matching (CBM) implementiert. Beim<br />

CBM werden die Grauwerte jedes einzelnen Pixels<br />

untersucht (pixelbasierte Bildzuordnung). Es findet ein<br />

pixelweises Matching z. B. durch die Berechnung der<br />

absoluten Differenzen statt. Da dieses pixelweise Matching<br />

absolut nicht eindeutig ist, werden mit Hilfe von<br />

verschiedenen Kostenfunktionen 1 pixelweise die Kosten<br />

zwischen dem Referenzbild und dem Vergleichsbild<br />

bestimmt. Werden die Kosten minimal, so wird davon<br />

ausgegangen, dass es sich um korrespondierende Pixel<br />

handelt und die weitere Kostenberechnung für dieses<br />

Pixel kann abgebrochen werden. [HIRSCHMÜLLER, H.<br />

BUCHER, T., 2010] Um die Suche nach gleichen Pixeln<br />

zu vereinfachen, werden zusätzlich Epipolarbilder 2<br />

verwendet. Der große Vorteil von Epipolarbildern ist,<br />

dass der Suchbereich auf eine Linie beschränkt wird<br />

und somit Berechnungen schneller durchgeführt werden<br />

können [HEIPKE, 2009]. Durch die Verwendung<br />

von bestimmten Kostenfunktion wie z.B. Mutual Information<br />

ist CBM tolerant gegenüber radiometrischen<br />

Veränderungen innerhalb sich überlappender Luftbilder.<br />

Ergebnis von CBM ist ein DOM, das je Pixel einen Höhenwert<br />

besitzt. MATCH-T-DSM 5.4 berechnet jedoch<br />

nur für jedes dritte Pixel einen Höhenwert. Damit wird<br />

die Datenmenge des DOM ohne wesentliche inhaltliche<br />

Verluste reduziert und das DOM ist für weitere Verarbeitungsschritte<br />

besser zu verwenden.<br />

1<br />

Kostenfunktionen dienen in der Informatik zur Beurteilung<br />

der Komplexität von Algorithmen. Typische Kostenfunktionen<br />

sind z.B. die Optimierung von Rechenzeit und Speicherplatzbedarf<br />

2<br />

Die Epipolargeometrie bildet die Basis für Epipolarbilder.<br />

[HEIPKE, 2009]. Für die Erstellung von Epipolarbildern benötigt<br />

man die relative Orientierung von zwei Bildern. Diese werden<br />

auf eine gemeinsame Ebene entzerrt, so dass die Epipolarzeilen<br />

parallel sind und mit den Bildzeilen koinzidieren [SCHMIDT,<br />

2009]<br />

3 Untersuchungsergebnisse<br />

3.1 DOM-Generierung<br />

Einfluss auf das Ergebnis der Höhenmodellgenerierung<br />

haben die rekonstruierte Aufnahmegeometrie und die<br />

radiometrische Bildqualität. Die Aufnahmegeometrie<br />

ist abhängig von der Bildblockkonfiguration (Überdeckung<br />

der Luftbilder), der Stabilität der Kamerageometrie<br />

und der Zuverlässigkeit des mathematischen<br />

Kameramodells. Die radiometrische Bildqualität ergibt<br />

sich aus dem Signal-Rauschverhältnis des digitalisierten<br />

Bildsignals [HAALA, N., u. a. 2010]. Die bildbasierte<br />

Generierung von Höhenmodellen wird jedoch wesentlich<br />

durch einen unterschiedlichen Überdeckungsgrad<br />

(Längs- und Querüberdeckung) und die Bodenauflösung<br />

beeinflusst. Mit 80% Längs- und 60% Querüberdeckung<br />

und einer Bodenauflösung von 15 cm sind die<br />

vorliegenden Bilddaten gut für die Anwendung von<br />

Bildzuordnungsverfahren geeignet.<br />

Das Ergebnis des FBM aus der Version 5.3 ist eine<br />

unregelmäßige Punktwolke. In 1 h 17 min wurden<br />

3.717.493 Punkte berechnet, was im Durchschnitt etwa<br />

einer Punktdichte von einem Punkt je Quadratmeter<br />

entspricht. Diese Punkte häufen sich vor allem an im<br />

Luftbild gut erkennbaren Linien und in strukturierten<br />

Gebieten (Abbildung 1). Auf strukturarmen Untergrund,<br />

wie Straßen und stehendem Wasser werden so<br />

gut wie keine Punkte identifiziert.<br />

Beim CBM aus Version 5.4 wurden in 27 min 57 s<br />

18.555.916 Punkte ermittelt. Damit wurden in weniger<br />

als der Hälfte der Zeit fast fünfmal so viele Punkte wie<br />

beim FBM berechnet. Die Punkte aus dem CBM sind<br />

regelmäßig verteilt, da für jedes dritte Pixel ein Höhenwert<br />

bestimmt wird (Abbildung 2). Geringe Abweichungen<br />

der Höhenpunkte vom regelmäßigen Raster<br />

ergeben sich durch Verzerrungen bei der Auswertung<br />

größerer Höhenunterschiede.<br />

Auch hier entstehen in größeren Gewässern (Rhein)<br />

Datenlücken im DOM. Die vorliegenden Laserdaten<br />

haben eine Punktdichte von ca. 8 Punkten/m², sind<br />

unregelmäßig verteilt und enthalten sowohl last-pulse<br />

als auch first-pulse-Reflexionen (Abbildung 3).


58 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Abb. 1: Verteilung der Höhenpunkte bei FBM<br />

Abb. 2: Verteilung der Höhenpunkte bei CBM<br />

Abb. 3: Verteilung der Höhenpunkte bei ALS


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 59<br />

Probleme bei den Laserdaten gibt es vor allem im Bereich<br />

von stehenden Gewässern. Hier können große<br />

Bereiche ohne Reflexionen auftreten. Teilweise sind in<br />

den Laserdaten senkrechte Hauswände mit Höhenpunkten<br />

erfasst, die weder zum DGM noch zum DOM<br />

gehören. Dieser Effekt ist durch den Abtastwinkel des<br />

Lasersensors zu erklären und ist auch in Abbildung 4<br />

zu sehen.<br />

Abb. 4: Profilansicht eines Gebäudes mit ALS-Daten<br />

Außerdem kann es zwischen eng stehenden Gebäudeteilen<br />

oder engen Straßenschluchten zu Datenlücken<br />

kommen, da der Laser hier nicht den Boden erreicht.<br />

Aber auch bei Bildzuordnungsverfahren können tiefe<br />

Straßenschluchten, die nicht in mehreren Bildern zu<br />

sehen sind, zu Datenlücken im DOM führen.<br />

Beim Vergleich der drei DOM mit dem DTMaster der<br />

Firma Inpho zeigt sich, dass die Laserdaten am wenigsten<br />

streuen und die Oberfläche am besten wiedergeben.<br />

Dachformen, Dachgauben, Treppen, Hecken werden<br />

in den Laserdaten am besten dargestellt. Abbildung<br />

4 zeigt die Laserdaten für ein Gebäude mit Dachgauben.<br />

Das Satteldach und die Gauben sind eindeutig<br />

zu identifizieren. Die Hauswände sind senkrecht mit<br />

Höhenpunkten erfasst. Auch im DOM aus CBM sind die<br />

Dachformen und Dachgauben erkennbar, jedoch sind<br />

sie nicht so klar definiert wie in den Laserdaten (Abbildung<br />

5).<br />

Die Kanten, wie z.B. der Dachfirst oder Gauben sind<br />

abgerundeter als in den Laserdaten oder auch in dem<br />

DOM aus FBM. Zwischen den Dachpunkten und den<br />

Bodenpunkten wird eine leicht schräge Ebene erzeugt,<br />

die an ein über das Gebäude geworfenes Tischtuch<br />

erinnert. Es gibt keine scharfe Abgrenzung zwischen<br />

Dachpunkten und Bodenpunkten.<br />

Abb. 5: Profilansicht eines Gebäudes mit CBM-Daten<br />

Beim FBM werden Kanten unter Voraussetzung guter<br />

radiometrischer Verhältnisse als Linie von Höhenpunkten<br />

wiedergegeben (siehe auch Abbildung 1). Die Kanten<br />

der Dachgauben und des Dachfirstes sind hier<br />

ebenfalls erkennbar (Abbildung 6). Senkrechte Wände<br />

sind in diesem DOM nur enthalten, wenn es auf den<br />

umgeklappten Hauswänden Merkmale gab, die vom<br />

FBM gefunden wurden. Überwiegend liegen die Punkte<br />

jedoch auf Gebäudedächern, am Boden oder in der<br />

Vegetation. Auf der rechten Seite des Gebäudes in<br />

Abbildung 6 hat das Bildkorrelationsverfahren keine<br />

Bodenpunkte gefunden, sondern nur Höhenpunkte in<br />

der Vegetation. Zusätzlich stellen sich beim FBM<br />

Schattenflächen als Fehlerquelle heraus. Diese werden<br />

an ihren Begrenzungen zwar gut als Merkmale/Kanten<br />

erkannt, ändern sich jedoch durch die zeitliche Verzögerung<br />

der Aufnahmegeometrie des Nachbarbildes<br />

und führen so zu falschen Höhenauswertungen. Da<br />

Dachgauben einen Schatten auf das Hauptdach werfen<br />

können, ist auch hier mit falschen Höhenauswertungen<br />

zu rechnen.<br />

Bei der Vegetation wird beim CBM das beste Ergebnis<br />

erzielt. Bäume und Sträucher werden differenziert<br />

wieder gegeben. Die Spitzen der Bäume sind abgerundet,<br />

was jedoch dem natürlichen Erscheinungsbild von<br />

Laubbäumen und –sträuchern entspricht. Im DOM aus<br />

FBM ist die Vegetation auch vorhanden, sie ist allerdings<br />

nicht so klar definiert, wie beim CBM. Undeutlich<br />

ist die Vegetation hingegen in den Laserdaten zu erkennen.<br />

Dies liegt daran, dass die Laserdaten für den<br />

Zweck eines DGMs geflogen wurden, also im belaubungsfreien<br />

Zustand. Somit wurden nur wenige Punkte<br />

von der Vegetation reflektiert.


60 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Abb. 6: Profilansicht eines Gebäudes mit FBM-Daten<br />

Die Streuung der drei verschiedenen DOM ist am besten<br />

auf ebenen Flächen wie Wiesen, Straßen und Plätzen<br />

miteinander vergleichbar. Abbildung 7 zeigt eine<br />

gut strukturierte, nicht ganz ebene asphaltierte Fläche<br />

in der Profilansicht. Das ALS-DOM hat eine Streuung<br />

von 10 – 20 cm, das CBM-DOM und das FBM-DOM<br />

eine Streuung von ca. 50 cm, wobei das CBM-DOM<br />

zusätzlich vereinzelt Ausreißer hat, die bis zu 70 cm<br />

streuen. Das Rauschverhältnis der korrelierten Höhenpunkte<br />

ist damit im vorliegenden Datensatz drei- bis<br />

viermal so hoch, wie das der Laserpunkte.<br />

Abb. 7: Profilansicht einer asphaltierten Fläche (weiß = ALS, orange =<br />

CBM, türkis = FBM)<br />

Große Probleme bereiten den Bildkorrelationsverfahren<br />

die Berechnung von Wasserflächen. Hier streuen<br />

die Punkte sehr stark. In einem Rheinausschnitt von<br />

ca. 250 x 250 m streuten die FBM-Höhenpunkte ca. 50<br />

m, beim CBM-DOM sogar 100 m und mehr. Die Laser-<br />

punkte hingegen haben auch im Wasser nur eine<br />

Streuung von 20 cm.<br />

3.2 Orthophotogenerierung<br />

Anschließend wurden mit dem DOM aus FBM und dem<br />

DOM aus CBM Orthophotos mit dem Programm OrthoMaster<br />

der Firma Inpho berechnet. Dafür wurde aus<br />

beiden DOM ein 45 cm–Raster berechnet, welches für<br />

den Entzerrungsprozess genutzt wurde. Die originären<br />

Punktwolken aus dem FBM und CBM konnten nicht für<br />

die Entzerrung mit dem OrthoMaster verwendet werden,<br />

da das Programm dafür ein regelmäßiges Höhenraster<br />

benötigt. Die Rasterweite von 45 cm wurde gewählt,<br />

weil beim CBM-DOM für jedes dritte Pixel (Bodenauflösung<br />

von 15 cm) ein Höhenwert berechnet<br />

wurde. Damit wurden in das CBM-DOM keine zusätzlichen<br />

Punkte interpoliert. Für das Höhenraster aus der<br />

FBM-Punktwolke wurde die Rasterweite von 45 cm<br />

übernommen.<br />

In Gebieten ohne Vegetation und ohne Bebauung entspricht<br />

das DOM dem DGM und die Herstellung des<br />

Orthophotos erfolgt ohne Probleme. In bebauten Gebieten<br />

wird durch die Verwendung eines DOMs ein<br />

True Orthophoto erzeugt. In diesem sollte der Umklappeffekt<br />

der Gebäude berichtigt sein und somit die<br />

Gebäude lagerichtig abgebildet werden. Fassaden<br />

dürften nicht mehr sichtbar sein.<br />

Der Umklappeffekt wird größtenteils berichtigt, sowohl<br />

bei der Verwendung des DOMs aus FBM als auch beim<br />

DOM aus CBM (Abbildungen 8 und 9). Allerdings sind<br />

die Traufkanten der Gebäude oft nicht mehr geradlinig<br />

und wirken unscharf, verwackelt und ausgefranst (Abbildung<br />

10). In den True Orthophotos aus dem CBM-<br />

DOM werden die Kanten der Gebäude insgesamt geradliniger<br />

wiedergegeben als in denen aus dem FBM-<br />

DOM. Die im Luftbild vorhandenen sichttoten Räume<br />

führen in den True Orthophotos in diesen Bereichen zu<br />

Datenlücken (weiße Flächen in Abbildung 9). Diese<br />

Datenlücken aufgrund von berichtigten Umklappeffekten<br />

entstehen nicht nur entlang der Gebäude, sondern<br />

auch in der Vegetation, denn auch Bäume werden aufgerichtet<br />

und dahinter liegende Bereiche erhalten dadurch<br />

Datenlücken.<br />

Mit dem Tool Orthovista von Inpho ist es möglich,<br />

sichttote Bereiche mit Bildinformation aus anderen<br />

Bildern aufzufüllen, wenn diese denn vorhanden sind.<br />

Da sich das vorliegende Testgebiet jedoch nur auf<br />

sechs Luftbilder beschränkt, bestand diese Möglichkeit<br />

nicht.


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 61<br />

Abb. 8: Gebäude im Luftbild mit Umklappeffekten<br />

Abb. 9: Gebäude im true Orthophoto mit CBM-DOM<br />

Abb. 10: ungerade Gebäudekante und ehemals sichttoter Bereich im<br />

true Orthophoto<br />

Außergewöhnliche Gebäude, wie Schornsteine und der<br />

Fernsehturm oder Kräne und Leitungen werden in<br />

beiden DOM nur unzureichend generiert. In den True<br />

Orthophotos werden diese Sonderbauwerke oft mit<br />

Versatz oder stark verschwommen dargestellt. Bei<br />

Brücken entstehen die gleichen Effekte wie an den<br />

Gebäudekanten. Die Brückenränder werden nicht geradlinig<br />

dargestellt.<br />

Die Vegetation lässt sich in den DOM erkennen, jedoch<br />

ist eine detailgetreue Modellierung der Vegetation<br />

nicht immer möglich. So wirkt die Vegetation in den<br />

True Orthophotos vereinzelt unscharf und enthält Datenlücken<br />

aufgrund der berichtigten Umklappeffekte.<br />

In Gewässern versagt die Generierung von DOM vollständig.<br />

Sichtbar wird dies in den True Orthophotos bei<br />

Schiffen auf Gewässern oder bei schmalen Brücken,<br />

die völlig fehlerhaft dargestellt werden (Abbildung 11).<br />

Außerdem gibt es in bewegten Gewässern viele Datenlücken<br />

im True Orthophoto. Grund dafür ist wahrscheinlich<br />

die große Streuung der Höhendaten im Gewässer.<br />

Es entstehen imaginäre Erhebungen, die wiederum<br />

sichttote Räume hervorrufen.<br />

Abb. 11: schmale Brücke und Schiff im True Orthophoto<br />

Unabhängig von der Verwendung des DOMs aus FBM<br />

oder CBM werden in den True Orthophotos die Umklappeffekte<br />

der Standardgebäude behoben, das Erscheinungsbild<br />

ist jedoch in beiden Fällen noch nicht<br />

zufriedenstellend. Betrachtet man die True Orthophotos<br />

in den Randgebieten, wo sich weniger Bilder für die<br />

Bildkorrelation überlappt haben und wo die Umklappeffekte<br />

größer werden, so wird das visuelle Ergebnis<br />

schlechter. Für die Berechnung von True Orthophotos<br />

ist demzufolge ein hoher Überdeckungsgrad der Luftbilder<br />

und ein gut bestimmtes Höhenraster notwendig.


62 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

4 Fazit und Ausblick<br />

Die Laserdaten repräsentieren Gebäude und freie Flächen<br />

am besten. In der Vegetation sind die Laserdaten<br />

nicht primär für ein DOM zu verwenden, da bei der<br />

Aufnahme der vorliegenden Laserdaten darauf geachtet<br />

wurde, dass hauptsächlich Bodenpunkte erfasst<br />

wurden. Dennoch kann man nicht generell sagen, dass<br />

das DOM aus Laserdaten besser ist als die DOM aus<br />

CBM und FBM. Hier spielt vor allem die Erfassungsdichte<br />

der Laserdaten eine große Rolle. Bei einem früheren<br />

Test im nördlichen Teil der Stadt Düsseldorf war<br />

das DOM aus FBM im bebauten Gebiet detailreicher als<br />

die Laserdaten. Hier lag die Erfassungsdichte der Laserdaten<br />

nur bei bis zu 4 Punkten je Quadratmeter. Je<br />

weniger Laserpunkte pro Quadratmeter erfasst werden,<br />

umso detailärmer wird das DOM und umso ähnlicher<br />

werden sich das Laser-DOM und die DOM aus den<br />

Bildkorrelationsverfahren.<br />

In der absoluten Höhengenauigkeit sind die Laserdaten<br />

besser, da sie mit 10-20 cm nicht so stark streuen wie<br />

die bildkorrelierten Höhen mit ca. 50 cm. In Bezug auf<br />

die Genauigkeit stellt sich jedoch die Frage, wofür man<br />

die Daten braucht. Für Funknetzplanungen, Hochwassersimulationen,<br />

Lärmausbreitungsberechnungen und<br />

Visualisierungen reicht sicherlich auch die Höhengenauigkeit<br />

der korrelierten DOM aus. Aber auch für die<br />

Luftbildentzerrung ist diese Genauigkeit genügend. Um<br />

ein Orthophoto (kein True Orthophoto) zu erzeugen,<br />

müsste man mit Bildkorrelation erzeugte DOM zu einem<br />

DGM filtern. Dieses DGM wäre sicherlich nicht so<br />

hoch genau, wie das ALS-DGM, aber es hätte die gleiche<br />

Aktualität wie das Luftbild. Soll das Ergebnis der<br />

Entzerrung jedoch ein True Orthophoto sein, so benötigt<br />

man ein DOM, das sehr gut an die örtlichen Gegebenheiten<br />

mit Kanten und Höhensprüngen angepasst<br />

ist und möglichst wenig streut.<br />

Die Berechnung eines True Orthophoto mit den aus<br />

Bildkorrelationsverfahren abgeleiteten DOM zeigt<br />

zweifelsfrei noch kein perfektes visuelles Ergebnis. Um<br />

ein „schönes“ True Orthophoto zu erzeugen, sind sowohl<br />

bei dem DOM aus FBM als auch bei dem DOM aus<br />

CBM aufwändige Bruchkantenmessungen notwendig.<br />

Ein mit CBM bildkorreliertes DOM mit einem Höhenwert<br />

je Pixel scheint ein guter Ansatz zu sein, um in<br />

naher Zukunft ein True Orthophoto ohne manuelle<br />

Unterstützung zu erzeugen. Die Prozesse zur Berechnung<br />

des Höhenmodells bedürfen jedoch noch weiterer<br />

Entwicklungsarbeit, um letztendlich ein DOM zu erhalten,<br />

was insgesamt nicht mehr so „rund und weich“ ist<br />

und welches die Höhensprünge z.B. zwischen Boden<br />

und Gebäudedach scharfkantig wiedergeben kann.<br />

Unabhängig von den beschriebenen Einschränkungen<br />

kommt die Bildkorrelation seit kurzem bei der <strong>Bezirksregierung</strong><br />

<strong>Köln</strong>, Abteilung Geobasis NRW, zum Einsatz.<br />

In Bereichen von großen Tagebauen liegen zwischen<br />

Erfassung des Luftbildes und der ALS-Befliegung oft<br />

mehrere Jahre, so dass das DGM nicht mehr aktuell ist.<br />

Früher wurde das DGM mit mehrtägiger Bruchkantenerfassung<br />

an den neuen Geländezustand angepasst.<br />

Heute wird mittels Bildkorrelationsverfahren in weniger<br />

als einer Stunde ein DGM direkt aus den Luftbildern<br />

bestimmt. Da sich im Tagebaugelände weder<br />

Gebäude noch Vegetation befinden, muss das DOM<br />

nicht weiter gefiltert werden, sondern kann direkt als<br />

DGM verwendet werden. Lediglich einige Tagebaubagger<br />

werden in manueller Nachbearbeitung aus dem<br />

DGM entfernt. Für die Bildkorrelation und anschließende<br />

Orthophotoberechnung im offenen Gelände (Tagebau)<br />

sind die Bildflugdaten nach Landesstandard mit<br />

einer Überlappung von 60/30 und einer Auflösung von<br />

20 cm ausreichend. Aus diesen Ursprungsdaten wird<br />

ein 10m-Raster korreliert, was für die Luftbildentzerrung<br />

problemlos verwendet werden kann.<br />

Mittels Bildkorrelation generierte DOM haben unzweifelhaft<br />

ihre Berechtigung, da sie direkt aus Luftbildern<br />

gewonnen werden und somit die gleiche Aktualität<br />

haben wie die Luftbilder. Je nach Verwendung des<br />

DOMs oder Beschaffenheit der Geländeoberfläche<br />

könnte auf eine kostenintensive Erfassung zum Beispiel<br />

durch Laserscanning oder Bruchkantenerfassung<br />

verzichtet werden. Fast unmöglich wird es jedoch sein,<br />

in dichten Waldgebieten oder auf Feldern aus dem<br />

korrelierten DOM ein DGM zu filtern. Die Bildkorrelationsverfahren<br />

werden in diesen Bereichen so gut wie<br />

keine Bodenpunkte berechnen. Für Nacherfassungen<br />

oder Aktualisierungen Digitaler Höhenmodelle der<br />

Landesvermessung können Bildkorrelationsverfahren<br />

mit gewissen Einschränkungen dennoch eine einfache,<br />

wirtschaftliche und schnelle Lösung sein.<br />

Literaturangaben<br />

LEMAIRE, C. 2008<br />

Aspects of the DSM Production with High Resolution<br />

Images, ISPRS, Volume XXXVII Part BA, S.1143-1146


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 63<br />

HAALA, N., HASTEDT, H., RESSL, C., WOLF, K., 2010<br />

DGPF Projekt: Evaluierung digitaler photogrammetrischer<br />

Luftbildkamerasysteme – Themenschwerpunkt<br />

Höhenmodelle, in ISPRS 3 Ländertagung, Wien, Österreich,<br />

1.-3. Juli 2010<br />

HAALA, N., HASTEDT, H., WOLF, K. , RESSL, C.,<br />

BALTRUSCH, S., 2010<br />

Digital Photogrammetric Camera Evaluation – Generation<br />

of Digital Elevation Models, PFG 02/2010<br />

HEIPKE, 2009<br />

Skript zu den Lehrveranstaltungen Photogrammetrie<br />

und Fernerkundung I – III, Leibniz Universität Hannover,<br />

Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung<br />

HIRSCHMÜLLER, H., 2005<br />

Accurate and Efficient Stereo Processing by Semi-<br />

Global Matching and Mutual Information, IEEE Conference<br />

on Computer Vision and Pattern Recognition<br />

(CVRP), San Diego, CA, USA, 20.-26. Juni 2005<br />

HIRSCHMÜLLER, H. BUCHER, T., 2010<br />

Evaluation of Digital Surface Models by Semi-Global<br />

Matching, in ISPRS 3 Ländertagung, Wien, Österreich,<br />

1.-3. Juli 2010<br />

HIRSCHMÜLLER, H., SCHARSTEIN, D., 2008<br />

Evaluation of Stereo Matching Costs on Images with<br />

Radiometric Differences, IEEE Transactions on Pattern<br />

Analysis and Machine Intelligence, 2008<br />

HIRSCHMÜLLER, H. SCHOLTEN, F., HIRZINGER, G.,<br />

2005<br />

Stereo Vision Based Reconstruction of Huge Urban<br />

Areas from an Air-borne Pushbroom Camera (HRSC),<br />

DAGM, Wien, Österreich, 31. August - 2. September<br />

2005<br />

SCHMIDT, R., 2009<br />

Skript zu den Lehrveranstaltungen Moderne Methoden<br />

in Photogrammetrie und Fernerkundung, Leibniz Universität<br />

Hannover, Institut für Photogrammetrie und<br />

Fernerkundung<br />

WIEDEMANN, A., WICKI, P., 2010<br />

Mythos True Orthophoto – Vom Sinn und Unsinn eines<br />

Produkts, ISPRS 3 Ländertagung, Wien, Österreich, 1.-<br />

3. Juli 2010<br />

GEOBASIS.NRW<br />

Internetseite http://www.bezregkoeln.nrw.de/brk_internet/organisation/abteilung07_<br />

produkte/bildinformationen/index.html, Stand 12.<br />

März 2011<br />

Stephanie Haas<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong>,<br />

Dienstgebäude<br />

Muffendorfer Str. 19-21, 53177 Bonn<br />

stephanie.haas@bezreg-koeln.nrw.de<br />

David Arzdorf<br />

Regierungsvermessungsreferendar der<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong><br />

david.arzdorf@gmx.de


64 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Nachrichten / Aktuelles<br />

Der Online-Shop –<br />

Die zentrale Bereitstellungskomponente von Geobasis NRW<br />

www.geodatenzentrum.nrw.de<br />

Frank Robens, Erich Schäfer<br />

Meist unbemerkt aber nicht ganz unproblematisch: im<br />

Laufe des vergangenen Jahres hat sich Einiges getan<br />

im Geobasisdatenportal – dem Online-Shop der Vermessungsverwaltung<br />

NRW.<br />

Ab September 2010 fand eine umfassende Erweiterung<br />

der im Shop bestell- und online verfügbaren Produkte<br />

statt. Zu den bereits vorhandenen Produkten<br />

kamen z. B. das DGM1L/10L, das DGM25, das DGM50<br />

sowie die Unterscheidung der Produkte DLB10 und<br />

DLB20. Damit einhergehend wurde in enger Anlehnung<br />

an interne Strukturen der Produktbaum hinsichtlich<br />

der Produktnamen und der Bezeichnung der Produktgruppen<br />

umgestellt sowie die Produktauswahlseite<br />

plakativer und ansehnlicher gestaltet. Diese Änderungen<br />

haben die Nutzerführung maßgeblich verbessert,<br />

weil die logische Struktur durch die Überarbeitung<br />

wesentlich konsistenter wurde. Weiterhin wurden Verfügbarkeitsübersichten<br />

bei der Artikelauswahl für nicht<br />

flächendeckend vorliegende Produkte (z. B. den Digitalen<br />

Luftbildern) eingeführt und die Eingabemöglichkeiten<br />

für Bestellgebiete verbessert.<br />

Neben diesen vor allem nutzerorientierten Verbesserungen<br />

wurden außerdem die internen Prozesse optimiert:<br />

Da die Daten, die über den Online-Shop bereitgestellt<br />

werden sollen, zunächst bei IT.NRW entsprechend<br />

aktuell vorgehalten werden müssen, ist eine<br />

regelmäßige Datenlieferung seitens Geobasis NRW<br />

unabdingbar. Durch die Umstellung auf das Programm<br />

RSync, welches die differentielle Synchronisierung von<br />

Dateisystemen ermöglicht, konnte der „händische“<br />

Austausch mittels Datenträger oder via FTP-Server<br />

weitgehend ersetzt und die Übertragung erheblich<br />

einfacher, automatisiert und fehlerrobuster gestaltet<br />

werden. Damit besteht nun außerdem bei vielen Produkten<br />

die Möglichkeit, die Daten schon etwa eine<br />

Woche nach Produktionsabschluss über den Online-<br />

Shop herunterladbar bereitzustellen; also aktueller als<br />

je zuvor!<br />

Unter all diesen Änderungen besonders hervorzuheben<br />

ist allerdings die Umstellung auf das Bezugsystem<br />

ETRS89 in der UTM-Abbildung und das Ende der<br />

DHDN-Gauß-Krüger-Ära. Dadurch, dass Daten im<br />

DHDN90 in der Gauß-Krüger-Abbildung nicht mehr<br />

online per Download sondern nur noch postalisch über<br />

Geobasis NRW bezogen werden konnten, wurden die<br />

Folgen des Bezugsystemwechsels erstmals real spür-<br />

und erlebbar. Diese neue Einschränkung leitete die<br />

schon lange anstehende Übergangsphase ein, die im<br />

Januar 2011 dann konsequent abgeschlossen wurde:<br />

Ab dem 01.01.2011 waren aktuelle Geobasisdaten nur<br />

noch in ETRS89/UTM bestell- und lieferbar.<br />

Dieser Zeitpunkt war gleichzeitig der Stichtag für das<br />

Inkrafttreten der neuen Vermessungs- und Wertermittlungsgebührenordnung<br />

für das Land <strong>Nordrhein</strong>-<br />

<strong>Westfalen</strong> (VermWertGebO NRW), die für die automatisierte<br />

Gebührenermittlung im Online-Shop natürlich<br />

programmtechnisch umgesetzt werden musste. Ein<br />

radikaler Eingriff in eine der Kernkomponenten des<br />

Shops und ein weiterer, zu überwindender Meilenstein!<br />

Für einfache interne Nutzungen, bei denen lediglich<br />

Standardprodukte online bezogen werden sollen,<br />

konnte dies innerhalb des ersten Quartals 2011 realisiert<br />

werden, so dass das Shopsystem nicht nur extern<br />

für die eigentliche Bestellung der Produkte, sondern<br />

auch intern für Verwaltung und Abrechnung der Aufträge<br />

genutzt werden konnte.<br />

Wesentlich problematischer gestaltet(e) sich hingegen<br />

eine vollständige Umsetzung der Gebührenordnung<br />

mit all ihren Optionen. Bis zum heutigen Tage dauern<br />

die Arbeiten zur Implementierung der unterschiedlichen<br />

Gebührenbefreiungen und -ermäßigungen sowie


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 65<br />

der möglichen Vertragsarten an. Als besonders aufwändig<br />

ist in diesem Zusammenhang die Gestaltung<br />

der abgestuften Prozesse zu nennen, die erforderlich<br />

sind, um allen verwaltungs- und gebührenrechtlichen<br />

Anforderungen zu genügen.<br />

Daneben existieren jedoch noch einige weitere Baustellen,<br />

deren Planung parallel zu den übrigen Arbeiten<br />

bereits im März 2011 in enger Zusammenarbeit mit<br />

IT.NRW angegangen wurde. Auf der Aufgabenliste<br />

steht die Abbildung der kompletten Produktpalette mit<br />

vollständiger Umsetzung aller Regelungen der Verm-<br />

WertGebO NRW mit dem Ziel, auch komplexe Vorgänge<br />

(z. B. den Abschluss von Rahmenverträgen mit<br />

mehreren Abrechnungszeitpunkten oder die Lizenzierung<br />

und Abrechnung von Webdiensten) mit all ihren<br />

Besonderheiten über das Shopsystem abwickeln zu<br />

können. Als nächstes To-Do folgt vor allem die Verbesserung<br />

des Bestellvorgangs durch konsequente Führung<br />

und Begleitung des Nutzers mittels informativer<br />

sowie optischer Elemente. Weiterhin soll der Kartenclient<br />

einer umfassenden Erneuerung unterzogen werden,<br />

um für mehr Bedienerfreundlichkeit zu sorgen.<br />

Dies sind nur die größten, für Externe sichtbaren Modifikationen.<br />

Tatsächlich wird es in Summe auf eine vollständige<br />

Erneuerung des Systems hinauslaufen, die<br />

entsprechend umfangreiche Arbeiten erforderlich<br />

macht. Daher kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider<br />

noch keine konkretere Aussage über den möglichen<br />

Zeitpunkt einer „Neueröffnung“ erfolgen als<br />

2012… Hoffentlich!<br />

Bis zu diesem „Relaunch“ wird es jedoch auch noch<br />

einige Erweiterungen in der aktuellen Version geben,<br />

über die man sich vorher auf der Startseite des Shops<br />

informieren kann. So stehen im Moment die Digitalen<br />

Orthophotos im JPEG2000-Format in drei unterschiedlichen<br />

Komprimierungen bereit, um in den Shop<br />

eingebunden zu werden. Folgen werden dann die Rohdaten<br />

der Laserscanning-Befliegungen (DGM1L,<br />

DOM1L), das Digitale Landschaftsmodell 1:50.000<br />

getrennt nach Objektartenbereichen, die 3D-<br />

Gebäudestrukturen im LoD1 sowie die Dienste…<br />

Am besten schauen Sie einfach regelmäßig mal vorbei!<br />

Testen Sie unseren Shop und vielleicht wählen Sie<br />

dann zukünftig eher diesen Weg für den Datenbezug.<br />

Wir freuen uns aber auch über jede konstruktive Kritik<br />

und Ihre Verbesserungsvorschläge!<br />

Frank Robens und Erich Schäfer<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong>, Geobasis NRW, Dezernat 74<br />

Direkter Zugriff mittels Online-Verfahren auf Vermessungsunterlagen<br />

- erste Erfahrungen im Kreis Heinsberg -<br />

Claus-Peter Knaut<br />

1 Einleitung<br />

Die Gebührenordnung für das amtliche Vermessungswesen<br />

und die amtliche Grundstückswertermittlung in<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> (Vermessungs- und Wertermittlungsgebührenordnung<br />

- VermWertGebO NRW) wurde<br />

am 5. Juli 2010 im Einvernehmen mit dem Finanzministerium<br />

vom Minister für Inneres und Kommunales neu<br />

herausgegeben (Seidel, <strong>NÖV</strong> 1/2011). In dieser Gebührenordnung<br />

wurden die Gebührentatbestände an die<br />

veränderte Ausgangssituation bei den Katasterämtern<br />

angepasst; so kann z.B. seit längerem bei den meisten<br />

Katasterämtern der komplette Katasternachweis digital<br />

bereitgestellt werden. Die Möglichkeit auf den digitalen<br />

Datenbestand zuzugreifen, ist in § 4 des Gesetzes<br />

über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster<br />

(Vermessungs- und Katastergesetz - VermKatG<br />

NRW) geregelt. Neu ist z.B. in der Gebührenordnung,<br />

dass die Vermessungsunterlagen zur Herstellung von<br />

amtlichen Lageplänen und Unschädlichkeitszeugnissen<br />

sowie zur Durchführung von Liegenschaftsvermessungen<br />

bei einem direkten Zugriff der Vermessungsstellen<br />

mittels Online-Verfahren kostenfrei zur<br />

Verfügung gestellt werden (§ 2 (3) Nr. 5 VermWertGebO<br />

NRW), wohingegen die manuelle Bereitstellung<br />

online verfügbarer Vermessungsunterlagen nach wie<br />

vor mit einer Gebühr in Höhe von 120,00 Euro von der<br />

Katasterbehörde abgerechnet wird.


66 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 67<br />

2 Ausgangssituation<br />

Bisher wurden den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen<br />

u. Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren<br />

(ÖbVermIng) die Vermessungsunterlagen<br />

in der Regel in analoger Form bereitgestellt. Nach den<br />

Bestimmungen des Fortführungsvermessungserlasses<br />

(FortfVErl.) gehören Auszüge aus der Liegenschaftskarte,<br />

dem Liegenschaftsbuch und aus dem Katasterzahlenwerk<br />

einschließlich der zugehörigen Unterlagen<br />

und Koordinaten aus dem amtlichen Nachweis der<br />

Vermessungspunkte zu den Vermessungsunterlagen<br />

(s. Nr. 3 FortfVErl.). Ergänzend können noch Bearbeitungshinweise<br />

oder Übersichten hinzukommen. Wegen<br />

der teilweise zu langen Bearbeitungszeiten bei der<br />

Erteilung der Vermessungsunterlagen, die zu Unzufriedenheiten<br />

bei den Vermessungsstellen und deren<br />

Kunden führten, boten einige Katasterämter die<br />

Selbstentnahme oder den digitalen Zugriff auf die<br />

Vermessungsunterlagen an. Beim Kreis Heinsberg war<br />

allerdings eine Selbstentnahme nicht möglich. Die<br />

Bearbeitungszeiten konnten jedoch sehr kurz gehalten<br />

werden, da der Katasternachweis zu 96 % auf festgestellte<br />

Grenzen zurückzuführen ist. Insofern kam es an<br />

dieser Stelle nicht zu Unzufriedenheiten zwischen<br />

Vermessungs- und Katasteramt und Kunden.<br />

Startseite des GeoPortals vom Kreis Heinsberg<br />

Auf der linken Seite befindet sich die Navigationsleiste<br />

zum geschützten Bereich wie z. B. für das Vermessungsrissregister<br />

„LinkBase“ der Firma Rosenberger<br />

oder das Kartenauskunftssystem „InkasWeb“.der Firma<br />

Geonet. Über die InkasWeb-Auskunft ist es möglich,<br />

auf den amtlichen Eigentümernachweis und die<br />

Koordinatendatenbank zuzugreifen. In der oberen<br />

Navigationsleiste besteht die Möglichkeit, sich über<br />

Bei den Katasterbehörden, bei denen eine Selbstentnahme<br />

angeboten wurde, trat eine erhebliche Zeitverbesserung<br />

ein. Es verblieb sowohl bei Selbstentnahme<br />

als auch beim digitalen Zugriff aber die Unzufriedenheit<br />

bei den Vermessungsstellen, dass trotz des eigenen<br />

Zeitaufwandes zur Erstellung der Vermessungsunterlagen<br />

immer noch nach der alten Gebührenordnung<br />

abgerechnet werden musste, für die Vermessungsunterlagen<br />

also stets Gebühren anfielen. Insofern war es<br />

richtig, mit der neuen Gebührenordnung die Bestimmungen<br />

zu ändern.<br />

3 Konzeption<br />

Da die Verordnung schon ein halbes Jahr vor dem Inkrafttreten<br />

am 1. Januar 2011 bekannt gemacht wurde,<br />

hatte man sich beim Vermessungs- und Katasteramt<br />

des Kreises Heinsberg Gedanken gemacht, wie man<br />

dieses neue Verfahren am besten umsetzen konnte.<br />

Dazu wurde eine Internetseite geschaffen, die nicht nur<br />

den ÖbVermIng den digitalen Zugriff zu den Katasterakten<br />

mittels Online-Verfahren bieten sollte, die Internetseite<br />

sollte gleichzeitig auch als Informationsbörse<br />

für Vermessungsstellen dienen. Sie informiert über die<br />

Geoinformationen, Geodienste und Geodaten des Kreises<br />

Heinsberg.<br />

Begriffe oder Definitionen zu informieren. Die rechte<br />

Leiste dient dann als Informations- und Kommunikationsplattform<br />

mit den ÖbVermIng.<br />

Mitte November 2010 wurde die Internetseite fertig<br />

gestellt. Es folgte ein Testbetrieb mit einzelnen Öb-<br />

VermIng. Anfang Dezember 2010 wurden alle ÖbVermIng<br />

angeschrieben, die im Kreisgebiet wohnhaft oder


68 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

häufig tätig sind. Sie wurden vorab über die neue Möglichkeit<br />

zur Erstellung von Vermessungsunterlagen<br />

informiert. Gleichzeitig wurde Ihnen eine persönliche<br />

Schulung in den Programmen LinkBase und InkasWeb<br />

angeboten. Von diesem Angebot haben alle Kollegen<br />

Gebrauch gemacht. Anfang Januar 2011 waren die<br />

Einweisungen abgeschlossen. Nach den Schulungen<br />

konnten die ÖbVermIng sofort mit der praktischen<br />

Erprobung des direkten Online-Zugriffs für Vermessungsunterlagen<br />

beginnen. Dies führte dazu, dass<br />

bereits im Dezember 2010 von dem neuen Verfahren<br />

reichlich Gebrauch gemacht wurde. Da auf diese Weise<br />

eigenes Personal entlastet wurde, konnte der Wegfall<br />

der Gebühren bei der Unterlagenerstellung auch im<br />

eigenen Hause vermittelt werden.<br />

4 Ergebnis<br />

Zwischenzeitlich haben 32 ÖbVermIng den direkten<br />

Zugriff mittels Online-Verfahren zu den Vermessungsunterlagen.<br />

Das Ergebnis und die Resonanz sind überraschend<br />

positiv ausgefallen.<br />

Beim Kreis Heinsberg wurden in den letzten Jahren<br />

durchweg 2.000 Anträge im Jahr auf Vermessungsunterlagen<br />

gestellt. Für die Erstellung der Unterlagen<br />

waren ständig 1,5 Mitarbeiter beschäftigt. Seit dem 1.<br />

Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 wurden nur noch 54<br />

Anträge auf Vermessungsunterlagen eingereicht. Von<br />

diesen 54 Anträgen entfallen 33 Anträge auf ÖbVermIng,<br />

13 Anträge auf private Vermessungsstellen und<br />

8 Anträge auf sonstige Stellen.<br />

Bei den 33 Anträgen der ÖbVermIng handelt es sich bis<br />

auf einen Antrag um Anträge, die von auswärtigen<br />

ÖbVermIng gestellt wurden. Befürchtungen, dass es<br />

bei umfangreicheren Vermessungen, mit hohem Aufwand<br />

für die Zusammenstellung der Unterlagen, weiterhin<br />

Anträge zur analogen Bearbeitung geben wird,<br />

sind bisher nicht eingetreten.<br />

Geodaten und Geodatendienste als Grundlage modernen<br />

Verwaltungshandelns<br />

Stefan Ostrau<br />

Unter dem Motto „Geodaten und Geodatendienste als<br />

Grundlage modernen Verwaltungshandelns“ fand am<br />

30.06.2011 im Museum MARTa Herford die erste gemeinsame<br />

Veranstaltung von DVW NRW e. V., VDV e.<br />

V. und BDVI e. V. mit 162 Teilnehmern statt. Für den<br />

DVW NRW e. V. hat die Bezirksgruppe Detmold unter<br />

der Leitung von Herrn Dipl.-Ing. Rolf Grundmann die<br />

Federführung übernommen. Den Anlass für die Veranstaltung<br />

bildeten die immer wieder kritisch hinterfragten<br />

Mehrwerte von Geoinformationen und lokalen GDI-<br />

Initiativen.<br />

In den Eröffnungsreden gingen Herr Dipl.-Ing. Rolf<br />

Grundmann und Herr Dr.-Ing. Stefan Ostrau auf die<br />

derzeitige Situation ein. Angesichts der Google Street<br />

View-Diskussion und der Geodatenzugangsgesetze sei<br />

es zu einer verstärkten öffentlichen Wahrnehmung des<br />

Themas Geoinformationen gekommen – allerdings<br />

weniger unter Nutzenaspekten, sondern insbesondere<br />

Ltd. Kreisvermessungsdirektor<br />

Dipl.-Ing. Claus-Peter Knaut<br />

Kreis Heinsberg<br />

Vermessungs- und Katasteramt<br />

unter Datenschutzgesichtspunkten. Ein Blick in die<br />

eGovernment-Zeitschriften offenbare die derzeitige<br />

Situation: Zwischen Euphorie und kritischer Zurückhaltung.<br />

Von hohem Potential sowie verstreutem Wissen<br />

in der Gesellschaft sei die Rede. Die Geodatenthemen<br />

würden intensiv in der Fachwelt diskutiert, während<br />

die Öffentlichkeit davon bisher kaum Notiz nähme.<br />

Angesichts dieser Situation beabsichtigten Bund und<br />

Länder mit Maßnahmen wie GDI-DE, Bundesgeoreferenzdatengesetz,<br />

WebAtlasDE sowie die Einbindung<br />

der Themen in den IT-Planungsrat die Entwicklung<br />

voranzutreiben. Im Kommunalbereich stellten sich<br />

Fragen dahingehend, ob Verwaltung überhaupt Geoinformationen<br />

benötige, wie diese bedarfsorientiert bereitgestellt<br />

werden könnten und ob Politik und Wirtschaft<br />

den strategischen Nutzen von Geoinformationen<br />

mittlerweile erkannt hätten.


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 69<br />

Veranstaltungsflyer<br />

Im Rahmen der Veranstaltung ist der kommunale Geodateneinsatz<br />

in der Region Ostwestfalen–Lippe<br />

(„Dachmarke GDI-OWL“) daher unter verschiedenen<br />

Aspekten analysiert worden.<br />

In einem ersten Vortragsblock („Braucht Verwaltung<br />

Geoinformationen?“) wurde eine Zwischenbilanz aus<br />

Sicht zweier Kreisverwaltungen durch Herrn Dipl.-Ing.<br />

Markus Schräder (Kreis Lippe) und Herrn Dipl.-Ing.<br />

Carsten Tannhäuser (Kreis Gütersloh) gegeben. Berichtet<br />

wurde u.a. über ein Projekt der Fachhochschule<br />

für öffentliche Verwaltung, in dem der Geodateneinsatz<br />

beim Kreis Lippe analysiert worden sei. Demnach<br />

seien Potentiale und Anforderungen, Geodaten einzusetzen,<br />

fast überall zu erkennen; Mehrwerte entstünden<br />

in nahezu allen Bereichen. Längst nicht alle Geoinformationen<br />

seien aufbereitet. Folglich sei der weitere<br />

Ausbau von GeoGovernment anzustreben. Geodatenportale<br />

als zentrale Zugangsknoten seien auszubauen,<br />

Geokataloge und Geoviewer einzusetzen, was hinsichtlich<br />

der Zugangsoptimierung am Beispiel von Landschaftsplänen<br />

des Kreises Gütersloh verdeutlicht wurde.<br />

Insgesamt sei eine multivalente Nutzung von Geoinformationen<br />

anzustreben.<br />

In einem zweiten Vortragsblock („Wie werden kommunale<br />

Geoinformationen bedarfsorientiert bereitgestellt?“)<br />

wurde eine Zwischenbilanz aus Sicht einer<br />

großen kreisangehörigen Stadt durch Herrn Dipl.-Ing.<br />

Ralf Piechottka und Herrn Roland Segsa (beide Stadt<br />

Detmold) gegeben. Voraussetzung für die bedarfsorientierte<br />

Bereitstellung sei eine zielgerichtete Koordinierung<br />

der GDI in Verbindung mit qualifiziertem Personal<br />

– eine Chance für angehende Geomatiker. Technisch<br />

sei der Zugang zu allen verfügbaren Geoinformationen<br />

über verschiedene Zugangswege (über spezielle<br />

Kartenthemen, allgemeine Fragstellungen oder über<br />

Fachanwendungen) zu gewährleisten. Mittels<br />

Workshops und INTRANET-Mitteilungen konnte der<br />

interne Bekanntheitsgrad maßgeblich gesteigert werden.<br />

Angesichts der verzeichneten 2-stelligen jährlichen<br />

Steigerungsraten (über 2000 Zugriffe/Tag; über<br />

1 Mio/Jahr) hätten sich Geoplattformen im Behördenalltag<br />

bereits etabliert. Die Einbindung weiterer Geoinformationen<br />

sowie interkommunale Kooperationen<br />

könnten zu erheblichen Synergien beitragen.<br />

Teilnehmer der gemeinsamen Veranstaltung<br />

Podiumsdiskussion<br />

In einem dritten Vortragsblock („Erkennen Politik und<br />

Wirtschaft den strategischen Nutzen von Geoinformationen?“)<br />

erläuterten Herr Dipl.-Geogr. Andreas Brodowski<br />

(Stadt Gütersloh) und Herr Dipl.-Ing. Elmar<br />

Schröder (Stadt Paderborn) den Geodateneinsatz aus


70 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Sicht zweier weiterer großer kreisangehöriger Städte.<br />

Wichtig sei die Nutzung von Geoinformationen auf<br />

Basis der Dienste-Architektur sowie die Einhaltung von<br />

Standards (z.B. OGC-Dienste, XPlanung, XErleben,<br />

CityGML). Wirtschaft, Politik, Verbände und Bürger<br />

sollten konsequent in die Nutzung von Standards sowie<br />

in vorhandene Lösungen eingebunden werden. In<br />

Form eines Perspektivwechsels wurde u.a. analysiert,<br />

welche Geoinformationen primär über Externe nachgefragt<br />

werden. Der demografische Wandel beinhalte die<br />

Chance, Geoinformationen verstärkt als interessenneutrale<br />

Entscheidungsgrundlagen heranzuziehen.<br />

Verdeutlicht wurde dieses anhand zahlreicher Anwendungsbeispiele<br />

(Leerstandsmanagement, Bevölkerungsanalysen,<br />

Schulentwicklungsplanung, Serviceoptimierung<br />

im Bereich Feuerwehr/Risikomanagement).<br />

Als Fazit wurde herausgestellt: Nur wenn die Politik<br />

und Wirtschaft wüssten, welche Analyse- und Präsentationsmöglichkeiten<br />

im Geodatenbereich bestünden,<br />

würde ihre enorme strategische Bedeutung erkannt<br />

und die Potenziale ausgeschöpft werden. Verstärkte<br />

Kommunikation sei folglich angesagt.<br />

Ausgewählte Ergebnisse der Diskussion<br />

Festveranstaltung 50 Jahre Gutachterausschüsse<br />

Ein Rückblick zum 13. Wertermittlungstag NRW 2011<br />

Barbara Nagel<br />

Die historische Stadthalle in Wuppertal bildete den<br />

prunkvollen Rahmen für die Feierlichkeiten zum 50jährigen<br />

Bestehen der Gutachterausschüsse in NRW,<br />

die in Verbindung mit dem 13. Wertermittlungstag<br />

NRW begangen wurden.<br />

Als Ehrengäste erschienen Vorsitzende der Oberen<br />

Gutachterausschüsse (OGA), Vertreter der zuständigen<br />

Ministerien des Bundes und der Länder, die Geschäftsstelle<br />

OGA NRW, Vertreter der Bezirksregie-<br />

In der anschließenden Podiumsdiskussion mit weiteren<br />

Gästen (DDGI-Präsident Herr ÖBVI Udo Stichling,<br />

Wuppertal, und Herr ÖBVI Thomas Hülsmann, Detmold)<br />

wurde über Maßnahmen zur Etablierung von<br />

Geoinformationen diskutiert.<br />

Vier alternativ zu buchende Exkursionen am Nachmittag<br />

rundeten die Veranstaltung ab.<br />

An dieser Stelle sei noch einmal ausdrücklich allen<br />

Akteuren für die rundum gelungene Veranstaltung<br />

gedankt. Die Vorträge sind auf der Internetseite des<br />

DVW NRW e.V. veröffentlicht.<br />

Stefan Ostrau<br />

Landesvorsitzender DVW-NRW e.V.<br />

rungen und der kommunalen Spitzenverbände einschließlich<br />

deren Vorsitzenden aus den Fachgremien,<br />

Vertreter der Finanzpräsidenten Rheinland und Münster,<br />

der Universitäten mit wertermittlungsrelevanten<br />

Ausbildungsbereichen in NRW, der Kammern, der Zertifizierungsstellen,<br />

der Verbände (BVS, IVD pp.), der<br />

statistischen Ämter Bund und NRW und nicht zu vergessen<br />

geschätzte ehemalige Kollegen (OGA, AGVGA,<br />

Ministerien, Bez.-Reg. und sonstige herausragende<br />

Persönlichkeiten).


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 71<br />

Das BILDUNGSWERK VDV e.V. und die Arbeitsgemeinschaft<br />

der Vorsitzenden der Gutachterausschüsse<br />

NRW (AGVGA NRW e.V.) organisierten in Kooperation<br />

mit den Sponsoren DVW NRW e.V. und BDVI e.V. diese<br />

Veranstaltung.<br />

Nach der Begrüßung der Gäste durch Klaus Skindelies,<br />

Geschäftsführer des VDV-Bildungswerks und Wolfgang<br />

Schaar, Vorsitzender der AGVGA NRW, überbrachte<br />

Ministerialdirigent Johannes Winkel die Grußworte des<br />

Ministeriums für Inneres und Kommunales. Dr.-Ing.<br />

Stefan Ostrau begrüßte die Anwesenden im Namen<br />

des DVW NRW e.V. und Rudolf Wehmeyer rundete die<br />

überbrachten Grüße durch seinen Beitrag im Namen<br />

des BDVI NRW e.V. ab.<br />

Im Eröffnungsvortrag „50 Jahre Gutachterausschüsse<br />

für Grundstückswerte nach dem Bundesbaugesetz und<br />

dem Baugesetzbuch“ stellte Prof. Dr.-Ing. Erich Weiß<br />

die Entwicklungen der wesentlichen rechtlichen Grundlagen<br />

in einem geschichtlichen Zusammenhang bis<br />

zum heutigen Tage umfassend dar. Er lobte zu Beginn<br />

seines Vortrages die glückliche Hand der Organisatoren,<br />

die Jubiläumsveranstaltung an einem 13. September<br />

zu begehen, da genau vor 60 Jahren der Deutsche<br />

Bundestag in seiner 162. Sitzung am 13.09.1951 beschloss,<br />

die Vorlage eines bundeseinheitlichen Entwurfes<br />

eines Baugesetzbuches zu fordern, und somit erste<br />

Überlegungen zur Schaffung von Gutachterausschüssen<br />

auf den Weg gebracht wurden.<br />

Das breite Spektrum der demografischen Entwicklung<br />

sowie die Möglichkeiten und Grenzen der Prognose<br />

dieser Entwicklungen stellte im Folgenden Dr. Tobias<br />

Just (Direktor der Deutschen Bank Research, Frankfurt)<br />

in seinem Vortrag „Wie schwer wiegt die Last der<br />

Demografie auf den Immobilien?“ vor. Er stellte fest,<br />

dass die isolierte Betrachtung von Tendenzen und<br />

Effekten oft zu Fehlinterpretationen führen kann. An<br />

Beispielen aus den Bereichen der Wohnungsmärkte<br />

und der Gewerbeimmobilien stellte Dr. Just seine facettenreichen<br />

Erkenntnisse den Gästen vor.<br />

Es folgte ein weiteres hochaktuelles Thema. Gabriele<br />

Bobka (Chefredakteurin der Zeitschrift „Der Immobilienbewerter“)<br />

referierte über „Ein halbes Jahrhundert<br />

offene Immobilienfonds - Geschichte und Bewertung“.<br />

Insbesondere die von ihr erläuterten Hintergründe und<br />

Zusammenhänge der Immobilenkrisen, die in der konkreten<br />

Bewertung von Fondsimmobilien mündeten,<br />

fanden breiten Anklang.<br />

In einem sehr kurzweiligen Vortrag stellte Bernhard<br />

Bischoff (Sachverständiger für Grundstücksbewertung,<br />

Berlin) „Das Sachwertverfahren auf dem Prüfstand<br />

- Löst die Sachwertrichtlinie alle Probleme?“ vor.<br />

Positiv kritisch setzte er sich mit dem Sachwertverfahren<br />

und der Sachwertrichtlinie auseinander, so dass<br />

anschließend Herr Schaar vorschlug, dass sich der 14.<br />

Wertermittlungstag NRW schwerpunktmäßig mit der<br />

Sachwertrichtlinie befassen soll.<br />

Gespannt waren alle Teilnehmer auf den letzten Vortrag,<br />

denn hier war ein Überraschungsgast angekündigt,<br />

den zunächst nur die „Eingeweihten“ kannten.<br />

Dieser wurde daher auch durch Herrn Schaar entsprechend<br />

angekündigt. Der Kabarettist Jens Neutag stellte<br />

Auszüge aus seinem neuen Programm vor und begeisterte<br />

die Anwesenden mit seiner Show. Nach einem<br />

interessanten und informativen Tag rundete seine<br />

humorige Darbietung die Jubiläumsveranstaltung ab<br />

und bildete den gelungenen Abschluss dieses besonderen<br />

13. Wertermittlungstages.<br />

In diesem Zusammenhang sei an dieser Stelle ein besonderer<br />

Dank den Organisatoren Klaus Skindelies,<br />

(<strong>Bezirksregierung</strong> Düsseldorf), Ricarda Baltz (Stadt<br />

Wuppertal) und Anja Dyx (Stadt Mönchengladbach)<br />

vom BILDUNGSWERK VDV sowie Wolfgang Schaar<br />

(Stadt Essen) von der AGVGA NRW e.V. ausgesprochen.<br />

Barbara Nagel<br />

Fachdienst 62 - Kataster und Geoinformation -<br />

Kreisverwaltung Recklinghausen


72 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Förderkreis Vermessungstechnisches Museum e.V. (Hrsg.)<br />

Buchbesprechungen<br />

Museumshandbuch Teil 2 – Vermessungsgeschichte<br />

Herausgeber:<br />

Im Auftrag des Förderkreises Vermessungstechnisches<br />

Museum e.V. für das Museum für Kunst und<br />

Kulturgeschichte der Stadt Dortmund von Ingo Frhr.<br />

von Stillfried<br />

3. Auflage, September 2009<br />

303 Seiten, gebundene Ausgabe<br />

ISBN 978-3-00-028449-6,<br />

30,00 Euro<br />

Mit seinen über 300 Seiten stellt die überarbeitete und<br />

erweiterte dritte Auflage des Handbuches zur Vermessungsgeschichte<br />

des Museums für Kunst und Kulturgeschichte<br />

der Stadt Dortmund eine umfangsreiche<br />

Veröffentlichung über die Historie des Vermessungswesens<br />

dar. Mit ihrem Werk verfolgen die Autoren das<br />

Ziel, dem Leser diese geschichtliche Entwicklung allgemeinverständlich<br />

nahe zu bringen.<br />

Das Handbuch ist inhaltlich in zwei Teilbereiche gegliedert.<br />

In dem reich bebilderten Ausstellungsteil werden<br />

die Exponate des Museums und die gebräuchlichen<br />

historischen Vermessungsmethoden anhand ihrer<br />

jeweiligen geschichtlichen Einbettung vorgestellt. Ausgehend<br />

von dem für jedermann wahrnehmbaren End-<br />

produkt einer Vermessung, der Karte, wird der Leser<br />

übersichtlich durch die Historie des Vermessungswesens<br />

geführt. Dabei werden dessen Facetten unter<br />

historisch bedeutsamen Blickwinkeln, z. B. aus der<br />

wachsenden Notwendigkeit zur Ortsbestimmung oder<br />

aus Gründen eines geforderten Eigentumsnachweises<br />

heraus, systematisch beleuchtet und nicht zuletzt vor<br />

dem Hintergrund des Einflusses religiöser und politischer<br />

Aspekte erläutert. Hierbei wird von den Autoren,<br />

ausgehend von übergeordneten Schwerpunkten wie<br />

der Erdvermessung, der Landesvermessung, der Katastervermessung<br />

und der Höhenbestimmung ein<br />

Bogen gespannt, der von der Antike bis in die heutige<br />

Zeit reicht und die jeweiligen Messmethoden sowie die<br />

Rechen- und Zeichentechniken im historischen Kontext<br />

aufzeigt.<br />

Im zweiten Teilbereich des Handbuches, dem Aufsatzteil,<br />

werden von den Autoren ausgewählte sowie historisch<br />

relevante Themenbereiche vertieft. Hierzu zählen<br />

Abhandlungen über den Fortschritt in der Rechen-<br />

und Datenverarbeitungstechnik sowie historische Aspekte<br />

der Schwerefeldbestimmung ebenso, wie die<br />

Ausführungen zu der Entstehung und Entwicklung des<br />

Liegenschaftskatasters bis hin zum ALKIS. Darüber<br />

hinaus wird von ihnen Bezug genommen auf jüngere<br />

historische Wendepunkte, wie der heute im vermessungstechnischen<br />

Alltag nicht mehr wegzudenkenden<br />

Satellitengeodäsie.<br />

Abgerundet wird das Handbuch im Anhang durch eine<br />

Zeittafel des Vermessungswesens, die eine Einordnung<br />

der behandelten Themenfelder in den geschichtlichen<br />

Zusammenhang vereinfacht.<br />

Insgesamt handelt es sich bei dem Handbuch um ein<br />

auch für den vermessungstechnischen Laien leicht<br />

verständliches Werk, das durch seine übersichtliche<br />

Gliederung und gute Verständlichkeit die Lust weckt,<br />

sich etwas eingehender mit der Geschichte der Vermessungstechnik<br />

zu befassen. Die reiche Bebilderung


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 73<br />

und die sich auf das Wesentliche konzentrierenden<br />

Texte lockern den fachhistorischen Hintergrund gekonnt<br />

auf und beleben das Interesse an einer intensiveren<br />

Beschäftigung mit der Thematik. Bis zu einem<br />

Besuch des Museums für Kunst und Kulturgeschichte<br />

in Dortmund dürfte dann nur noch ein kleiner Schritt<br />

sein, um die abgebildeten Exponate auch hautnah zu<br />

erleben.<br />

Diese Publikation ist neben dem Geschichtsinteressierten<br />

jedermann zu empfehlen, dessen beruflicher Aufgabenbereich<br />

von vermessungstechnischen Einflüssen<br />

tangiert wird. Es vermittelt dem Leser nicht nur ein<br />

Kauer / Fischer / Loose / Brack (Hrsg.)<br />

profundes Hintergrundwissen über das Entstehen des<br />

Vermessungsberufs sondern auch ein Verständnis<br />

dafür, wie sich dieses Berufsbild durch den technischen<br />

Fortschritt, die Veränderungen im Aufgabenspektrum<br />

sowie die politischen Rahmenbedingungen<br />

seit jeher fortentwickelt und damit auch das Bild des<br />

geodätischen Berufsstandes stetig verändert.<br />

Katja Nitzsche<br />

Ministerium für Inneres und Kommunales<br />

des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Referat 36<br />

Aufbruch in die Geoinformationsgesellschaft mit Microsoft Bing Maps<br />

Leitfaden mit Best-Practise-Beiträgen zur praxisorientierten Entwicklung von Mapping<br />

Mash-ups<br />

Dr. J. Kauer / F. Fischer / C. Loose / P.Brack<br />

Auflage 2011, XII<br />

172 Seiten, 17 x 24 cm, kartoniert<br />

ISBN 978-3-87907-503-4<br />

Wichmann, VDE Verlag GmbH,<br />

29,80 Euro<br />

Auf dem ersten Blick lässt der Titel „Aufbruch in die<br />

Geoinformationsgesellschaft“ die Frage aufkommen,<br />

warum dieser „Aufbruch“ erst jetzt im Jahre 2011<br />

Thema eines Buches sein soll, denkt man doch häufig,<br />

längst in dieser „Geoinformationsgesellschaft“ angekommen<br />

zu sein.<br />

Jedoch wird beim Lesen dieses Buches sehr schnell<br />

deutlich, welch enorme weitere Entwicklungen bevorstehen<br />

und wie sie unser alltägliches Leben und Arbeiten<br />

beeinflussen werden.<br />

Auf Grundlage des Kartendienstes „Bing Maps“ von<br />

Microsoft geht es hier um „Mapping Mash-ups“. Das<br />

sind Programme für internetbasierte Anwendungen,<br />

mit denen auf vorhandene Geodaten aufgesetzt und<br />

diese für individuelle Zwecke aufgearbeitet und präsentiert<br />

werden können.<br />

Nach einem kurzen ersten allgemeinen Teil werden im<br />

zweiten Teil konkrete praktische Anwendungen vorgestellt.<br />

Das reicht von den „Gelben Seiten“ über ein<br />

Hotelbuchungsportal, eine Immobiliensuche, Präsentationen<br />

im journalistischen Bereich (TV- und Zeitungspräsentationen)<br />

bis hin zur Logistiksoftware. Es<br />

scheint fast keinen Bereich zu geben, bei dem nicht<br />

raumbezogene Informationen visualisiert werden<br />

könnten. Das enorme Potential wird insbesondere an<br />

der Darstellung der mobilen Anwendungen deutlich.


74 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Im dritten Teil wird an konkreten Programmierbeispielen<br />

die Erstellung von Mapping Mash-ups gezeigt, so<br />

zum Beispiel wie sich Verhalten und Verfügbarkeit<br />

einer Kartendarstellung der Anwendung entsprechend<br />

steuern lassen. Dadurch wird erkennbar, dass mit überschaubarem<br />

Programmcode vorhandene Geodaten<br />

an verschiedenste Zwecke angepasst und präsentiert<br />

werden können.<br />

In diesem Buch wird durch wenige anschauliche Beispiele<br />

deutlich, welch nahezu grenzenlose Anwendungsmöglichkeiten<br />

der internetbasierte Zugriff auf<br />

Kummer / Frankenberger (Hrsg.)<br />

eine Geodatenquelle (hier Microsoft „Bing Maps“)<br />

bieten kann. Das enorme Wertschöpfungspotential<br />

einer zukünftig eingerichteten Geodateninfrastruktur,<br />

den die Verwaltung aus der breit gefächerten Nutzung<br />

z.B. der ohnehin vorhandenen Geobasisdaten der Kataster-<br />

und Vermessungsverwaltung ziehen kann, bedarf<br />

dann schon keiner weiteren Erläuterung mehr.<br />

Das Deutsche Vermessungs- und Geoinformationswesen<br />

Herausgeber:<br />

Klaus Kummer / Joseph Frankenberger<br />

Auflage des Jahres 2012<br />

481 Seiten, kartoniert<br />

ISBN 978-3-87907-511-9<br />

Wichmann, VDE Verlag GmbH,<br />

73,00 Euro<br />

Das vorliegende Jahrbuch 2012 behandelt neben dem<br />

Teil A „Jahresrückblick“ (Seite 1 - 106) ausführlich im<br />

Teil B (Seite 107-374) den Themenschwerpunkt „AL-<br />

KIS®: Das Amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem“<br />

und füllt glänzend die bestehende Lücke in<br />

der ALKIS®-Literatur. Vorweg gesagt: Die Autoren<br />

werden ihrem Ziel, mit diesem dritten Band die „geodä-<br />

Reimar Hänel<br />

Ministerium für Inneres und Kommunales<br />

des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Referat 37<br />

tische Wikipedia“ zu vervollständigen, mehr als gerecht!<br />

Ohne auf die einzelnen Kapitel im Teil A inhaltlich im<br />

Detail einzugehen, kann festgehalten werden, dass der<br />

aktuelle Band seinem Anspruch gerecht wird, die bestimmenden<br />

Jahresschwerpunkte im amtlichen Vermessungswesen<br />

abzubilden. Die Ausführungen zu<br />

„Gesellschaftliche Verankerung und institutionelles<br />

Gefüge“ (Seite 3 - 24) zeigen eindringlich Chancen und<br />

Risiken. Es wird interessant zu lesen sein, wie ein Jahrbuch<br />

2015 hierzu Stellung bezieht. Gleiches gilt für die<br />

„Aufgabenfelder und Wirkungsbereiche“(Seite 25-76) -<br />

Raumbezug, Geotopographie, Immobilienwertermittlung<br />

u.v.a.m. zeigt diese Beiträge doch, wie sich das<br />

amtliche Vermessungs- und Geoinformationswesen<br />

fachlich neu aufstellt. Die „Technischen Netzwerke und<br />

Transfer“ (Seite 77 - 92) und die „Forschung und Lehre“<br />

(Seite 93 - 106) ergänzen den Teil A und vervollständigen<br />

das aktuelle Bild.<br />

Das Jahrbuch wird zu Recht als Schwerpunktband<br />

„ALKIS®“ bezeichnet. Wer „ALKIS®“ lediglich kennen<br />

lernen möchte, kann auf die durch die AdV im Internet<br />

veröffentlichen Dokumente verwiesen werden, wer<br />

„ALKIS®“ aber verstehen und einen Ausblick auf die<br />

anstehenden Entwicklungen erhalten möchte, dem sei<br />

dieses Jahrbuch wärmstens empfohlen. Die Autoren,<br />

sämtlich in der ALKIS-Entwicklung federführend, geben<br />

ihre Sicht und ihr Know-how preis - lesenswert für<br />

alle, die sich mit den aktuellen Entwicklungen im Lie-


:<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011 75<br />

genschaftskataster vertraut machen wollen. Den Herausgebern<br />

ist es gelungen, die Entwicklungen im Liegenschaftskataster<br />

in prägnanter Kompaktheit aufzubereiten.<br />

Es sei als persönliche Anmerkung zu verstehen,<br />

dass das begleitende ALKIS®-Seminar während<br />

der INTERGEO 2011 eine Fortsetzung finden möge.<br />

Der bereits von anderen Rezensenten genutzte Begriff<br />

der „Leistungsschau des amtlichen Vermessungswesens“<br />

ist auch für diesen Band treffend gewählt. Der<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.)<br />

Geomatiker/Geomatikerin<br />

Vermessungstechniker/Vermessungstechnikerin<br />

Herausgeber:<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

1. Auflage 2011<br />

194 Seiten, broschiert mit CD-ROM als Beilage mit<br />

weiterführenden Informationsmaterial<br />

ISBN 978-3-7639-4854-3<br />

W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG,<br />

24,90 Euro<br />

Die vorliegende Broschüre des Bertelsmann Verlages<br />

aus der Reihe „Ausbildung gestalten“ informiert über<br />

die neu geschaffenen bzw. neu strukturierten Ausbildungsberufe<br />

zum Geomatiker / zur Geomatikerin sowie<br />

zum Vermessungstechniker / zur Vermessungs-<br />

Themenschwerpunkt ALKIS® wird die weite Verbreitung<br />

des 2010 erstmalig erschienenen Jahrbuchs zu<br />

Recht befördern. Ein Dank gilt allen Autoren und den<br />

Herausgebern!<br />

Dr. Jens Riecken<br />

Ministerium für Inneres und Kommunales<br />

des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Referat 36<br />

technikerin. Letzterer mit den beiden Vertiefungsrichtungen<br />

Vermessung und Bergvermessung.<br />

Ziel des Verfassers ist es, die neue Ausbildungsverordnung<br />

in all ihren Teilen verständlich darzulegen. Darüber<br />

hinaus soll den Ausbildern eine Vielzahl von Vorschlägen<br />

an die Hand gegeben werden, wie sie die<br />

Ausbildung in der Praxis gestalten können. Das Buch<br />

ist auch als E-Book verfügbar.<br />

Die Inhalte der genannten Berufsausbildungen sind das<br />

Ergebnis einer grundlegenden Überarbeitung der Ausbildungsverordnungen<br />

der früheren Berufsbilder Kartograph<br />

/ Kartographin, Vermessungstechniker /<br />

Vermessungstechnikerin und Bergvermessungstechniker<br />

/ Bergvermessungstechnikerin. Diese Ausbildungsberufe<br />

wurden unter dem Oberbegriff „Berufe in<br />

der Geoinformationstechnologie“ zusammengefasst,<br />

neu definiert, an die aktuellen technischen und wirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen angepasst und in<br />

der Verordnung des Bundes über die Berufsausbildung<br />

in der Geoinformationstechnologie vom 30. Mai 2010<br />

mit dem notwendigen rechtlichen Rahmen umgeben.<br />

Im vorliegenden Buch werden die Gründe für die Überarbeitung<br />

der Ausbildungsverordnungen dargelegt und<br />

die neu gefassten Berufsausbildungen inhaltlich sowie<br />

strukturell vorgestellt. Dem Verfasser kommt es dabei<br />

nicht auf einen Vergleich der Ausbildungsinhalte zwischen<br />

den alten und neuen Berufen an sondern er geht<br />

gezielt auf die neuen Facetten der Berufsbilder ein.


76 :<strong>NÖV</strong> NRW 2 / 2011<br />

Der Hauptteil des Buches setzt sich sehr intensiv mit<br />

den Fragen zum Bildungsauftrag des Ausbildungsbetriebes<br />

und der Berufsschule sowie dem Ablauf und<br />

den Anforderungen der Zwischen- und Abschlussprüfungen<br />

auseinander. Der Schwerpunkt liegt hierbei in<br />

der Erläuterung der Inhalte und der Umsetzung der<br />

fachbezogenen betrieblichen und schulischen Rahmenlehrpläne.<br />

So werden zeitliche Richtwerte den<br />

vorgeschriebenen Ausbildungsinhalten zugeordnet<br />

und Vorschläge zur Erstellung von Lehrplänen bis hin<br />

zur beispielhaften Darstellung eines Musterlehrplans<br />

unterbreitet. Die Vorzüge einer eher handlungsorientierten<br />

Ausbildung und einer darauf aufbauenden Prüfungsstruktur<br />

mit starkem Praxisbezug werden herausgearbeitet<br />

und erläutert.<br />

Die textlichen Ausführungen beschränken sich hierbei<br />

auf das Wesentliche. Die inhaltliche Gestaltung des<br />

Buches wird geprägt von tabellarischen Gegenüberstellungen,<br />

Beispielen und Abbildungen. Durch die<br />

konsequent verwendeten Querverweise zu den speziellen<br />

Nummern der Ausbildungsrahmenpläne der Ausbildungsverordnung<br />

findet sich der Leser sehr schnell<br />

zurecht und wird in die Lage versetzt, das Buch situationsbezogen<br />

zu nutzen.<br />

Abgerundet wird das Werk durch die Aufführung zahlreicher<br />

weiterführender Informationsquellen. Diesbezüglich<br />

ist besonders die beigefügte CD-ROM zu er-<br />

wähnen. Sie stellt nicht nur ergänzendes Hintergrundmaterial<br />

zum direkten Nachschlagen bzw. zum<br />

Download zur Verfügung, sondern ist mit den dort<br />

aufgelisteten Checklisten, Musterlehrplänen, Beispielaufgaben<br />

sowie den aufgeführten Rechtsvorschriften<br />

auch als Arbeitsgrundlage sehr hilfreich.<br />

Im Fazit ist das Buch insbesondere denjenigen zu empfehlen,<br />

die sich mit den Ausbildungsberufen befassen.<br />

Den Ausbildern, Berufsschullehrern, Prüfern sowie<br />

Auszubildenden bietet das Buch wertvolles Hintergrundwissen.<br />

Es unterstützt bei einer effizienten und<br />

praxisorientierten Planung und Durchführung der Berufsausbildung<br />

und den zugehörigen Prüfungen, liefert<br />

Ideen zu möglichen Vorgehens- und Arbeitsweisen und<br />

bietet praktikable Umsetzungs- und Entscheidungshilfen<br />

an.<br />

Der Verfasser legt sehr viel Wert darauf, die theoretischen<br />

Ausführungen mit etlichen Beispielen zu unterlegen<br />

um damit Praxisnähe zu schaffen. Insbesondere<br />

dies ist den Autoren aus meiner Sicht sehr gut gelungen.<br />

Katja Nitzsche<br />

Ministerium für Inneres und Kommunales<br />

des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Referat 36


Hinweis<br />

Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der <strong>Landesregierung</strong> <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> herausgegeben.<br />

Sie darf weder von Parteien noch von Wahlbewerberinnen bzw. Wahlbewerbern oder Wahlhelferinnen<br />

bzw. Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landtags-,<br />

Bundestags- und Kommunalwahlen sowie auch für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments.<br />

Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien<br />

sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist<br />

gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung.<br />

Eine Verwendung dieser Druckschrift durch Parteien oder sie unterstützende Organisationen ausschließlich zur<br />

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verwendet werden, die als Parteinahme der <strong>Landesregierung</strong> zu Gunsten einzelner politischer Gruppen verstanden<br />

werden könnte.<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

Ministerium für Inneres und Kommunales<br />

des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

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Telefon: 0211/871 – 01<br />

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Schriftleitung<br />

Ministerialrat Klaus Mattiseck<br />

Die Veröffentlichung eines Artikels besagt nicht, dass<br />

die vom Verfasser vertretene Ansicht mit der Auffassung<br />

des Ministeriums für Inneres und Kommunales<br />

des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> unbedingt übereinstimmt.<br />

Einsendungen werden erbeten an:<br />

Ministerium für Inneres und Kommunales<br />

des Landes <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />

Referat 36 – Schriftleitung <strong>NÖV</strong><br />

40190 Düsseldorf<br />

noev@mik.nrw.de<br />

ISSN 1863-4176<br />

PDF-Download und Archiv<br />

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Ministerium<br />

für Inneres und Kommunales<br />

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