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Dipl.-Ing. Manfred Huber<br />
www.g<strong>eo</strong>web.at<br />
VORARBEITER 1<br />
<strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Ausgabe 2007
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einführung 3<br />
1.1 Einteilung der <strong>Vermessung</strong>skunde 3<br />
1.2 Aufgaben der <strong>Vermessung</strong>skunde 3<br />
1.3 Ziel dieser Veranstaltung 3<br />
2 Grundlagen 4<br />
2.1 Maßeinheiten 4<br />
2.2 Winkelmaße 4<br />
2.3 Maßstab 6<br />
2.4 Steigung 6<br />
2.5 Fehlerarten 8<br />
2.6 Arbeitsblatt 9<br />
3 Streckenmessung 10<br />
3.1 Messmittel 10<br />
3.2 Messmethoden 13<br />
3.3 Genauigkeit der Streckenmessung 17<br />
4 Winkelmessung 20<br />
4.1 Der Th<strong>eo</strong>dolit 20<br />
4.2 Nivelliergerät 22<br />
4.3 Genauigkeit der Winkelmessung 22<br />
5 Nivellement 23<br />
5.1 Höhensysteme 23<br />
5.2 Messmittel 24<br />
5.3 Messmethoden 28<br />
5.4 Genauigkeit des Liniennivellements 34<br />
ANHANG<br />
A Topographie 36<br />
B Topographie-Übersicht 37<br />
C Höhenfestpunkte in Wien 38<br />
D Quellen- und Literaturverzeichnis 39<br />
E Angaben zum Autor 39<br />
Seite<br />
2
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
1 Einführung<br />
1.1 Einteilung der <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Die <strong>Vermessung</strong>skunde wird in zwei unterschiedliche Bereiche unterteilt:<br />
1.2 Aufgaben der <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Die <strong>Vermessung</strong>skunde befasst sich vorwiegend:<br />
Die Höhere <strong>Vermessung</strong>skunde befasst sich mit<br />
der globalen Erdmessung und mit der<br />
Grundlagenmessung ganzer Staaten (=<br />
Landesvermessung), wobei die Erdkrümmung<br />
berücksichtigt werden muss. Dabei müssen<br />
Refraktion (= Lichtbrechung), met<strong>eo</strong>rologische<br />
Daten wie Druck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit<br />
sowie das Schwerefeld der Erde in die<br />
Berechnungen einbezogen werden.<br />
Die Niedere <strong>Vermessung</strong>skunde umfasst<br />
<strong>Vermessung</strong>en in kleineren Gebieten, wobei der<br />
Ausschnitt der Erdoberfläche als Ebene betrachtet<br />
wird. Dieser Bereich umfasst die <strong>Vermessung</strong> der<br />
Erdoberfläche in ihrer Detailform und die<br />
Ingenieurg<strong>eo</strong>däsie (= Absteckung sowie<br />
Überwachung von Hoch- und Tiefbauten)<br />
a. mit der <strong>Vermessung</strong> und Berechnung von Teilen der Erdoberfläche und ihrer<br />
Darstellung in Karten und Plänen (= Aufnahme)<br />
b. mit der Übertragung von graphischen oder rechnerischen Daten aus Plänen<br />
oder Karten in die Natur (= Absteckung)<br />
1.3 Ziel dieser Veranstaltung<br />
Die Teilnehmer sollen folgende Punkte beherrschen:<br />
1. richtiger Umgang mit den <strong>Vermessung</strong>sgeräten (Aufstellung, Ablesung, Pflege)<br />
2. Höhenbestimmung (Planung, Durchführung, Auswertung)<br />
3. einfache Absteckungsarbeiten<br />
4. Flächen- und Massenbestimmung<br />
Seite<br />
3
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
2 Grundlagen<br />
2.1 Maßeinheiten<br />
Längenmaß<br />
Flächenmaß<br />
Raummaß<br />
Einheit: das Meter, Einheitszeichen [m]<br />
Ableitungen: 1 m = 10 dm = 100 cm<br />
1000 m = 1 km<br />
Einheit: der Quadratmeter, Einheitszeichen [m²]<br />
Ableitungen: 1 m² = 100 dm² = 10.000 cm²<br />
1 km² = 100 ha = 10.000 a = 1.000.000 m²<br />
Einheit: Kubikmeter, Einheitszeichen [m³]<br />
Ableitungen: 1 m³ = 1.000 dm² = 1.000.000 cm²<br />
1 dm² = 1 l<br />
2.2 Winkelmaße<br />
Hier gibt es keine festgesetzt, internationale Einheit — es bestehen mehrere<br />
Möglichkeiten:<br />
2.2.1 Altgradmaß<br />
Das Altgradmaß wird in Grad [ ° ], Minuten [ ' ] und Sekunden [ '' ] unterteilt, wobei<br />
folgendes gilt:<br />
Vollkreis: 360 °<br />
1 ° = 60 ' = 3600 ''<br />
Bei der rechnerischen Verwendung des Altgradmaßes müssen die Minuten und<br />
Sekunden in Nachkommastellen umgerechnet werden:<br />
Beispiel<br />
127�<br />
47�<br />
12<br />
�� � 127�<br />
�<br />
47<br />
60<br />
�<br />
12<br />
3600<br />
� 127�,<br />
786�<br />
Seite<br />
4
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
2.2.2 Neugradmaß<br />
Dieses Maß wird in Gon [ g ], Neuminuten [ c ] und Neusekunden [ cc ] unterteilt,<br />
unterscheidet sich aber vom Altgradmaß insofern, dass es eine Zehnerteilung<br />
besitzt. Dadurch entfällt eine Umrechnung wie beim Altgradmaß.<br />
Vollkreis: 400 g<br />
g c<br />
1 � 100 �<br />
10000<br />
Dieses Winkelmaß wird vorwiegend in der <strong>Vermessung</strong>skunde verwendet.<br />
2.2.3 Bogenmaß<br />
Das Bogenmaß benützt man zur Angabe von Winkeln in unbekannten Maßzahlen<br />
und wird als das Verhältnis von Kreisbogen b zur Länge seines Radius r definiert:<br />
cc<br />
�<br />
arc� � � �<br />
� �<br />
b � r �<br />
Vollkreis: 2 �<br />
Beispiel gegeben: r � 27,<br />
00m<br />
, b� 42,<br />
412m<br />
gesucht: � �<br />
42,<br />
412<br />
Lösung: � � � 1,<br />
5708<br />
27,<br />
00<br />
�<br />
Aufgabe 1 gegeben: r � 23,<br />
50m<br />
� � 0,<br />
34907<br />
�<br />
gesucht: b<br />
Praktische Anwendungsgebiete sind vor allem im Straßenbau zu finden:<br />
� Kreisverkehr<br />
� Übergangsbogen bei Auf- oder Abfahrten, Gleisanlagen<br />
� Grundstücksgrenzen, wenn die Bauordnung Kreise zulässt<br />
b<br />
r<br />
Seite<br />
5
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
2.2.4 Umrechnungen<br />
Die Umwandlung von einem Gradmaß zu einem anderen Gradmaß erfolgt am<br />
einfachsten über den Vollkreis:<br />
Altgrad � Neugrad<br />
g<br />
400<br />
17�<br />
� 17�<br />
� � 18,<br />
8�<br />
360�<br />
2�<br />
Altgrad � Bogenmaß 17� � 17�<br />
� � 0,<br />
296706<br />
360<br />
Aufgabe 2 Berechne die Bogenlänge b, wenn der Radius r = 20,00 m<br />
beträgt und ein Winkel von 28°,648 eingeschlossen wird.<br />
2.3 Maßstab<br />
Der Maßstab bezeichnet das Verkleinerungsverhältnis des Planes oder der Karte<br />
im Vergleich zur Natur. Dieses Verhältnis wird mit einer Bruchzahl ausgedrückt,<br />
z.B. 1 : 100<br />
Die gebräuchlichsten Maßstäbe in der <strong>Vermessung</strong>skunde:<br />
� Für Detailpläne: 1 : 100, 1 : 200, 1 : 500<br />
� Für Übersichtskarten, Kataster: 1 : 1000, 1 : 2000<br />
� Kartenwerke aus der Monarchie: 1 : 1440, 1 : 2880<br />
Graphische Maßstäbe:<br />
2.4 Steigung<br />
Das Steigungsverhältnis ist immer das Verhältnis der Höhe zur Länge:<br />
s �<br />
h<br />
l<br />
g<br />
h � s �<br />
l<br />
l �<br />
h<br />
s<br />
Seite<br />
6
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Man kann das Steigungsverhältnis auch in Prozent (%) oder Promille (‰)<br />
angeben:<br />
h<br />
h<br />
s �% � � � 100 s �‰ � � � 1000<br />
l<br />
l<br />
Umformungen:<br />
s � l<br />
h �<br />
100<br />
Beispiel Berechnung von Zwischenhöhen:<br />
l<br />
h � 100<br />
�<br />
s<br />
h 0,<br />
96<br />
l � 12,<br />
00m<br />
h � 0,<br />
96m<br />
s � � � 0,<br />
08<br />
l 12,<br />
00<br />
l � 9,<br />
00m<br />
h ?<br />
m<br />
l s h 72 , 0 00 , 9 08 , 0 � � � � �<br />
1<br />
1 �<br />
Aufgabe 3 Berechne die fehlenden Werte:<br />
1<br />
1<br />
Seite<br />
7
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
2.5 Fehlerarten<br />
Alle Messungen müssen mit einer bestimmten Genauigkeit ausgeführt werden. Da<br />
völlig fehlerfreie Messungen nicht möglich sind, werden die Messungen mehrmals<br />
wiederholt. Die Messfehler, die dabei entstehen können, unterteilt man in drei<br />
Gruppen:<br />
2.5.1 Grobe Fehler<br />
Sie treten durch eine Fehlleistung des B<strong>eo</strong>bachters auf und liegen im Allgemeinen<br />
weit über der Messgenauigkeit. Sie werden durch Kontrollmessungen aufgedeckt<br />
und können durch entsprechende Sorgfalt des B<strong>eo</strong>bachters vermieden werden.<br />
Beispiel: Ablesefehler, Ziffernsturz<br />
2.5.2 Systematische Fehler<br />
Diese Fehler verfälschen das Messergebnis stets in eine Richtung (positiv oder<br />
negativ) und sind von einem oder mehreren Parametern abhängig (z.B.<br />
Temperatur, Luftdruck, Instrumentenjustierung,…)<br />
Sie lassen sich durch die Wahl geeigneter Meßmethoden, durch sorgfältige<br />
Eichung der Messgeräte sowie durch Verwendung entsprechender<br />
mathematischer Formeln weitgehend ausschalten.<br />
Beispiel: Streckenmessung mit Stahlmaßband ― es entsteht auf Grund eines<br />
Temperaturunterschiedes eine Längenänderung<br />
2.5.3 Zufällige Fehler<br />
Das sind alle nicht groben und nicht systematischen Fehler. Sie sind<br />
zufallsbedingt, d.h. sie treten als positive und negative Zahl auf und variieren sehr<br />
unregelmäßig im Betrag. Sie werden u.a. hervorgerufen durch die begrenzte<br />
Schärfe der menschlichen Sinne und der Unvollkommenheit der Messinstrumente.<br />
Beispiel: Lattenablesung beim Nivellement (Schätzen der mm)<br />
Seite<br />
8
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
2.6 Arbeitsblatt<br />
Umrechnung von Neugrad in Altgrad<br />
356,9765 g =<br />
77,1234 g =<br />
122,4637 g =<br />
256,7654 g =<br />
Umrechnung von Altgrad in Neugrad<br />
Maßstab<br />
Steigung<br />
17° 19’ 56’’ =<br />
310° 43’ 13’’ =<br />
42° 12’ 34’’ =<br />
146° 37’ 16’’ =<br />
Maßstab Plan Natur<br />
1: 50 2,6 cm<br />
1 : 10.000 7,4 cm<br />
1 : 250.000 4,3 cm<br />
1 : 100 10,30 m<br />
1 : 25 4,10 m<br />
1 : 2880 51,84 m<br />
12,0 cm 24,00 m<br />
3,6 cm 72,00 m<br />
15,0 cm 7,50 m<br />
l1 h1 s (%) l h<br />
46,00 m 6,70 % 526,374 m<br />
410,00 m -0,87 % 526,374 m<br />
33,70 m 62 cm 15,22 m<br />
88 cm 2,87 % 3,918 m<br />
Seite<br />
9
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
3 Streckenmessung<br />
3.1 Messmittel<br />
3.1.1 Maßband<br />
Maßbänder sind auch heute noch geeignete Strecken-Messgeräte. Sie bestehen<br />
meist aus Stahl oder Invar (64,4% Eisen und 35,6% Nickel), wobei die ersten 10 cm<br />
meist in Millimeter geteilt sind. Um eine gute Spannung zu gewährleisten, sind<br />
entsprechende Halterungen angebracht.<br />
Zu beachten sind vor allem die unterschiedlichen Bandanfänge:<br />
Bei vielen aufeinander folgenden Maßen arbeitet man mit Durchlaufmessungen:<br />
sie liefern eine höhere Genauigkeit und man nützt die gesamte Maßbandlänge<br />
aus.<br />
Anmerkung:<br />
Zugkraft des Bandes und die Eichtemperatur sind am Maßband aufgeprägt.<br />
Seite<br />
10
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
3.1.2 Messrad<br />
Das System ist sehr einfach: die Messlänge wird mit einem Rad abgefahren, die<br />
gemessene Länge wird über ein mechanisches Getriebe auf ein Zählwerk<br />
übertragen und kann sofort über eine Anzeige abgelesen werden. Es hat sich vor<br />
allem im Asphaltstraßenbau durchgesetzt.<br />
Vorteile:<br />
� es ist nur eine Person zur Messung notwendig<br />
� man kann auch die Bogenlänge messen<br />
� man kann sehr schnell auch große Strecken messen<br />
Nachteile:<br />
� es ist eine ebene Unterlage notwendig (über Erd- und Schotterhaufen kann<br />
nicht gemessen werden)<br />
� es ist eine horizontale Ebene notwendig (man benötigt keine Schrägstrecken)<br />
� geringe Messgenauigkeit<br />
3.1.3 Nivellier oder Th<strong>eo</strong>dolit<br />
Beide Geräte besitzen im Messfernrohr nicht nur ein Fadenkreuz, sondern auch<br />
einen Ober- und Unterfaden. Zielt man auf eine Messlatte, kann die Distanz<br />
näherungsweise bestimmt werden:<br />
3.1.4 Elektro-optische Messgeräte<br />
O – U [cm] � D [m]<br />
29,5 cm � 29,5 m<br />
Diese dienen zur Messung von Strecken mit sehr hoher Genauigkeit. Das<br />
Distanzmessgerät wird auf einem Th<strong>eo</strong>doliten montiert oder ist bereits fix<br />
eingebaut (= Tachymeter). Im anzumessenden Ziel wird ein Reflektor (= Prisma)<br />
aufgestellt, das den ausgesandten Infrarot-Strahl zum Distanzmessgerät<br />
reflektiert.<br />
Seite<br />
11
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Th<strong>eo</strong>dolit und Distanzmesser<br />
Bei normalen Th<strong>eo</strong>doliten (optisch, elektronisch) kann ein externes<br />
Distanzmessgerät aufgesetzt werden. Sie verwenden Infrarot als Lichtquelle und<br />
es muss ein Prisma verwendet werden.<br />
Da der Messteil zusätzlich einen elektronischen Rechner beinhaltet, können<br />
Schrägdistanzen mit Hilfe des Vertikalwinkels sofort in horizontale Strecken oder<br />
Höhenunterschiede umgerechnet werden.<br />
Tachymeter<br />
Das Distanzmessgerät ist im Fernrohr<br />
eingebaut.<br />
Bei Verwendung eines Prismas wird<br />
normalerweise unsichtbares Licht (Infrarot)<br />
verwendet.<br />
Bei Verwendung ohne Prisma (=<br />
reflektorloses Messen) wird Laserlicht<br />
benötigt – am Ziel wird ein roter Punkt<br />
sichtbar.<br />
Seite<br />
12
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Lasergeräte<br />
Eine gute Alternative zum Maßband besteht<br />
in der Verwendung eines Distomaten — ein<br />
handliches Laser-Messgerät.<br />
Da diese Geräte mittlerweile eine Distanz von<br />
200 bis 300 m bestimmen können, sind sie für<br />
viele Aufgaben sehr gut geeignet.<br />
Die Horizontierung erfolgt über eine Libelle.<br />
Nachteilig ist, dass bei Sonnenschein der<br />
Laserpunkt nur schwer zu erkennen ist.<br />
3.2 Messmethoden<br />
3.2.1 Direkte Streckenmessung<br />
Die Messung kann horizontal oder schräg erfolgen. Um aus einer schrägen<br />
Messung eine horizontale Strecke berechnen zu können, muss entweder der<br />
Höhenunterschied h der Streckenendpunkte oder der Neigungswinkel γ bestimmt<br />
werden:<br />
d �<br />
2 2<br />
� s�sin<br />
� � s h h<br />
� s � cos �<br />
Seite<br />
13
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
3.2.2 Indirekte Streckenmessung<br />
Sie wird dort angewendet, wo die direkte Streckenmessung nicht möglich ist:<br />
� wenn ein Sichthindernis vorhanden ist<br />
� wenn die zu messende Strecke nicht begehbar ist<br />
� wenn das anzumessende Ziel nicht erreichbar ist<br />
Rechtwinkeliges Hilfsdreieck<br />
Dabei stellt man sich in einem dritten Punkt so auf, dass die beiden Seiten im<br />
rechten Winkel zueinander stehen. Realisiert wird dies mit einem Winkelprisma.<br />
2<br />
s � a �<br />
Die Berechnung erfolgt mit dem Pythagoräischen Lehrsatz.<br />
Sind mehrere Sichthindernisse vorhanden, können auch mehrere Hilfsdreiecke<br />
hintereinander konstruiert werden:<br />
b<br />
2<br />
2 2<br />
�a � c�<br />
b<br />
s �<br />
�<br />
Seite<br />
14
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Ähnliches Hilfsdreieck<br />
Zwei Dreiecke ABC und DEF sind ähnlich, wenn die Verhältnisse der<br />
Seitenlängen gleich sind:<br />
Die Winkel sind identisch!<br />
a : b : c � a'<br />
: b'<br />
: c'<br />
oder a : a'<br />
� b : b'<br />
� c : c'<br />
1. Fall: beide Endpunkte sind begehbar, die Strecke s kann nicht gemessen<br />
werden<br />
a. in Punkt B aufstellen und einen rechten Winkel abstecken � Punkt C<br />
b. Strecke von B nach C beliebig verlängern � Punkt D<br />
c. rechten Winkel in Punkt D so abstecken, dass neuer Punkt E in der Flucht<br />
von A und C liegt<br />
d. die Strecken a, a' und s' messen<br />
Die Lösung ergibt sich aus den Seitenverhältnissen: '<br />
' s<br />
a<br />
s �<br />
a<br />
Seite<br />
15
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
2. Fall: Die Strecke s kann nicht direkt gemessen werden<br />
a. man stellt sich in einem beliebigen Punkt C auf und bestimmt die beiden<br />
Seiten a und b<br />
a<br />
b. man verkürzt die Seite a um einen ausreichenden Abstand � A'<br />
y<br />
b<br />
c. man berechnet und reduziert die Seite b � B'<br />
y<br />
d. die Strecke s' zwischen A' und B' kann gemessen werden<br />
e. die gesuchte Seite s ergibt sich aus: '<br />
' s<br />
a<br />
s � �<br />
a<br />
a<br />
Anmerkung: y kann beliebig gewählt werden, a' � a � , b' � b �<br />
y<br />
Die Kontrolle erfolgt über die Seite b.<br />
b<br />
y<br />
Seite<br />
16
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
3.3 Genauigkeit der Streckenmessung<br />
3.3.1 Maßband<br />
Der klassischen Fehler sind Durchhang, Schrägmessung und Temperatur (bei<br />
Stahlmaßbändern). Weitere Fehlerquellen sind Anhalte-, Ablesefehler und<br />
Schreibfehler.<br />
Durchhang<br />
Richtwerte<br />
Temperaturausdehnung<br />
Bestimmung von Radius R<br />
2 2<br />
�R � h�<br />
s<br />
2<br />
R � �<br />
2<br />
h � s<br />
R �<br />
2 � h<br />
2<br />
Bestimmung von Winkel α<br />
sin � �<br />
s<br />
R<br />
Bestimmung der Bogenlänge d<br />
d<br />
� �<br />
� R � 2<br />
Strecke Durchhang Fehler<br />
15 m 0,075 m (= 0,5%) 1 mm<br />
15 m 0,15 m (= 1%) 4 mm<br />
15 m 0,30 m (= 2%) 16 mm<br />
30 m 0,15 m (= 0,5%) 2 mm<br />
30 m 0,30 m (= 1%) 8 mm<br />
30 m 0,60 m (= 2%) 32 mm<br />
Berechnung der Ausdehnung f<br />
�t T �<br />
f � d � � � � � 0,<br />
0000115<br />
α .... Ausdehnungskoeffizient<br />
t .... Temperatur bei Messung<br />
T .... Eichtemperatur<br />
d .... abgelesene Strecke<br />
Seite<br />
17
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Schrägmessung<br />
Richtwerte<br />
Strecke Temperatur Fehler<br />
15 m 0 ° + 7 mm<br />
15 m 10 ° + 3 mm<br />
15 m 20 ° 0 mm<br />
30 m 30 ° - 3 mm<br />
30 m 40 ° - 7 mm<br />
Richtwerte<br />
2 2<br />
s � d �<br />
2<br />
s � d �<br />
Strecke Höhenunterschied Fehler<br />
15 m 0,15 m (= 1%) 1 mm<br />
15 m 0,30 m (= 2%) 3 mm<br />
15 m 0,45 m (= 3%) 7 mm<br />
30 m 0,30 m (= 1%) 2 mm<br />
30 m 0,60 m (= 2%) 6 mm<br />
30 m 0,90 m (= 3%) 14 mm<br />
Kombination aus den systematischen Fehlern<br />
Die Messung einer Strecke von s = 30 m erfolgt bei einer Außentemperatur von<br />
40°, einem Schrägdistanzfehler von 2% und einem Durchhang von 1%.<br />
Daraus ergibt sich: 30,000 m + 0,008 – 0,007 + 0,006 = 30,007 m<br />
Der Fehler beträgt also 7 mm.<br />
h<br />
h<br />
2<br />
2<br />
Seite<br />
18
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
3.3.2 elektro-optische Distanzmesser<br />
Die Genauigkeit hängt vorwiegend von der Atmosphäre ab und kann durch<br />
bestimmte mathematische Formeln berücksichtigt werden.<br />
LEICA TPS800 LEICA TCA 1201M<br />
� 3500 m (Prisma), 250 m (Folie) > 8000 m auf 1 Rundprisma<br />
� 2 mm + 2 ppm / 5 mm + 2 ppm 2 mm + 2 ppm<br />
� 1 s / 0,15 s 3 s<br />
� Reichweite � Messgenauigkeit (Fein/Tracking) � Messdauer (Fein/Tracking)<br />
3.3.3 Lasergeräte (Leica Disto A5)<br />
Reichweite 0,05 – 200 m<br />
(bei größeren Entfernungen müssen Zieltafeln<br />
verwendet werden)<br />
Messgenauigkeit � 2 mm (bis 30 m Entfernung)<br />
Durchmesser Laserpunkt auf 10 m � 6 mm<br />
auf 30 m � 50 mm<br />
auf 100 m � 60 mm<br />
Lasertyp Laserklasse II, 635 nm, < 1 mW<br />
3.3.4 G<strong>eo</strong>metrieprobleme bei reflektorloser Distanzmessung<br />
Mit zunehmender Distanz wird auch der Durchmesser des Lichtkegels größer.<br />
Dadurch können erhebliche Ungenauigkeiten in der Distanzmessung entstehen.<br />
Außenkante<br />
Innenkante<br />
Schräg zur Mauer<br />
Objekte, die Nahe dem Zielstrahl ang<strong>eo</strong>rdnet sind, können ebenfalls gefährlich<br />
werden – vor allem gut reflektierende Objekte (Verkehrstafeln, ...). Man kann das<br />
Problem minimieren, indem man kleine Prismen (Zieltafeln) oder Reflexfolien<br />
verwendet.<br />
Seite<br />
19
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
4 Winkelmessung<br />
4.1 Th<strong>eo</strong>dolit<br />
Der Th<strong>eo</strong>dolit dient zum Messen von Richtungen, und zwar horizontal und vertikal.<br />
Er kann zusätzlich mit einem elektrooptischen Distanzmesser ausgestattet werden<br />
(als Aufsatzmodell oder bereits fix eingebaut).<br />
4.1.1 Aufbau<br />
4.1.2 Dosenlibelle<br />
Für das grobe Dosenlibelle vorgesehen. Das<br />
ist ein zylindrisch zugeschmolzener<br />
Glaskörper mit einem kugelförmig<br />
geschliffenem Deckglas. Dieser Körper ist bis<br />
auf eine kleine Luftblase mit Alkohol oder<br />
Äther gefüllt.<br />
Seite<br />
20
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
4.1.3 Fernrohr und Strichplatte<br />
Damit das Fernrohr, das mit dem Vertikalkreis verbunden ist, auf ein Ziel genau<br />
eingestellt werden kann, beinhaltet es neben verschiedenen Linsen auch ein<br />
feines Strichkreuz.<br />
Vor Messbeginn muss das Strich- oder Fadenkreuz scharf eingestellt werden.<br />
Dazu muss das Fernrohr gegen einen hellen Hintergrund gerichtet und auf<br />
unendlich fokussiert werden. Anschließend wird der Okularring so lange gedreht,<br />
bis das Fadenkreuz scharf erscheint. Aber Achtung: Während des Messvorganges<br />
darf diese Einstellung nicht verändert werden.<br />
4.1.4 Horizontalwinkelmessung<br />
Bei der einfachen Winkelmessung werden die Richtungen zu zwei oder mehreren<br />
Zielpunkten gemessen und durch die Differenzbildung die Winkel bestimmt:<br />
Der Winkel � errechnet sich aus der Differenz zwischen rechter und linker<br />
Richtung. Ist dieser Wert negativ, so muss ein Betrag von 400 g addiert werden (die<br />
Nullrichtung des Th<strong>eo</strong>doliten liegt genau zwischen den beiden Richtungen)<br />
� �<br />
R � L<br />
Beispiel R = 168 g<br />
L = 77 g<br />
δ = 168 – 77 = 91 g<br />
� � 400 � ( L � R)<br />
� 400 � L � R<br />
R = 68 g<br />
L = 377 g<br />
δ = 400 – 377 + 68 = 91 g<br />
Seite<br />
21
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
4.2 Nivelliergerät<br />
Wie beim Th<strong>eo</strong>doliten kann durch Differenzbildung ein Winkel abgelesen werden,<br />
da normalerweise jedes Nivelliergerät eine Winkelanzeige besitzt.<br />
Näheres siehe nächstes Kapitel (Nivellement)<br />
4.3 Genauigkeit der Winkelmessung<br />
Die Genauigkeit hängt von der Zielweite ab. Mit Hilfe des Bogenmaßes und dem<br />
Radius (= Zielweite) kann der Fehler berechnet werden:<br />
� � � �<br />
g �<br />
� �<br />
b � r�<br />
Mit den Werten r = 100 m und � = 0,001 g ergibt sich ein Wert für den Bogen von<br />
b = 1.6 mm.<br />
Will man also eine Genauigkeit von 1 mm erreichen, wird eine Winkelgenauigkeit<br />
von 0.0005 g auf 100 m benötigt.<br />
2�<br />
400<br />
Seite<br />
22
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
5 Nivellement<br />
5.1 Höhensysteme<br />
Unter einem Nivellement versteht man die Bestimmung der Höhe eines Punktes<br />
mit Hilfe horizontaler Zielstrahlen. Ausgangspunkt ist dabei immer ein<br />
Bezugspunkt bzw. eine Bezugsebene mit bekannter Höhe:<br />
Die Höhe eines beliebigen Punktes ist sein vertikaler Abstand von dieser<br />
Bezugsebene.<br />
5.1.1 Absolute Höhen<br />
Sie beziehen sich in Österreich auf das amtliche Höhenfestpunktnetz, das<br />
wiederum vom durchschnittlichen Meeresspiegel bei Triest abgeleitet ist. Seit<br />
2005 wird das Höhensystem von Triest nach Amsterdam verlegt.<br />
Als Stabilisierung von Höhenfestpunkten werden u.a. verwendet:<br />
� horizontale Höhenbolzen (meist an Hauswänden)<br />
� vertikale Höhenbolzen (meist auf Brücken und gemauerten Zäunen)<br />
� KT-Steine<br />
� Bolzen, Rohre, Nägel für lokale Höhenpunkte<br />
Topographien für absolute Höhen liegen normalerweise am Gemeindeamt auf, da<br />
der Bürgermeister 1. Bauinstanz ist.<br />
Sonderfall Wien:<br />
In Wien gibt es neben dem amtlichen System auch noch das so genannte Wiener<br />
Null. Das ist das amtliche System der Gemeinde (Magistrat) und wird vom Adria-<br />
Pegel abgeleitet, indem ein bestimmter Wert von 156,680 m abgezogen wird.<br />
Achtung: Andere Einrichtungen wie Kanal und Wasser verwenden kein Wiener<br />
Null. Im Zweifelsfall sollte man sich vorher erkundigen, welches Höhensystem<br />
benötigt wird.<br />
Seite<br />
23
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
5.1.2 Relative Höhen<br />
Darunter versteht man Höhen, die von einem privaten Bezugspunkt abgeleitet<br />
sind. Für diesen Punkt kann eine beliebige Höhe angenommen werden. Für die<br />
Stabilisierung muss beachtet werden, dass keine Verschiebung zugelassen wird,<br />
daher soll die Bezugshöhe außerhalb des Baustellenbereiches stabilisiert werden.<br />
Bei Kleinbauten werden oft die Höhen von Kanaldeckel, Gehsteigoberkanten und<br />
dgl. als Ausgangshöhe verwendet. Hier werden Höhen insbesondere für die<br />
Bauklasse verwendet.<br />
5.2 Messmittel<br />
5.2.1 Nivelliergerät<br />
Das Nivelliergerät (Nivellier) ist ein optisch-mechanisches Messinstrument und<br />
besteht im Wesentlichen aus deinem Dreifuß mit Fußschrauben und einer<br />
Dosenlibelle (=Unterbau) sowie einem Fernrohr mit Röhrenlibelle bzw. einem<br />
Kompensator (= Oberbau).<br />
Seite<br />
24
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Das Nivellier wird mit Hilfe der Dosenlibelle grob horizontiert., die Feineinstellung<br />
erfolgt entweder über eine Röhrenlibelle (ähnlich wie beim Th<strong>eo</strong>doliten) oder wird<br />
durch einen internen Kompensator ersetzt (= automatische Nivelliere, heutzutage<br />
Standard-Ausführung).<br />
Der Kompensator ist ein frei schwingendes Element, das geringe Restneigungen<br />
beseitigt. Da durch die Lagerung der bewegliche Teil stecken bleiben kann, sollte<br />
vor Messbeginn der Kompensatorknopf gedrückt werden. Dieser löst eine<br />
Schwingung aus und es kann im Fernrohr die Bewegung b<strong>eo</strong>bachtet werden.<br />
Anmerkung:<br />
In der technischen Beschreibung eines Nivellier wird der Winkel angegeben, den<br />
ein Kompensator ausgleichen kann.<br />
5.2.2 Lasergerät<br />
Lasergeräte können wie normale Nivelliere verwendet werden, doch an Stelle<br />
einer Visureinrichtung wird ein Laserstrahl verwendet. Durch die Sichtbarkeit des<br />
Laserstrahls am angezielten Objekt ist am Gerät kein B<strong>eo</strong>bachter notwendig.<br />
Unterschieden wird zwischen Richtstrahl- und Rotationslaser.<br />
Seite<br />
25
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Richtstrahl-Laser<br />
Sie werden vor allem im Kanal-, Tunnel-<br />
und Brückenbau (für die Einrichtung der<br />
Schalung) sowie zur<br />
Fassadeneinmessung verwendet.<br />
Eine automatische<br />
Erdkrümmungskorrektur kann dabei<br />
aktiviert werden.<br />
Rotationslaser<br />
Sie senden einen Richtstrahl aus, der<br />
sich ständig um 400 g dreht.<br />
Am Lattenstandpunkt ist ein Detektor<br />
angebracht, der das Lasersignal<br />
aufnimmt.<br />
Einsatzgebiete sind vor allem Aushubarbeiten sowie die Errichtung von Böden,<br />
Decken und Estriche (Innenbereich)<br />
Seite<br />
26
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
5.2.3 Zubehör<br />
Nivellierlatten<br />
Die Genauigkeit des Nivellements hängt auch von den verwendeten Latten ab. Da<br />
die meisten Materialien temperaturabhängig sind, kann sich die Länge der Latten<br />
verändern. Außerdem kann die aufgebrachte Skala bereits bei der Herstellung<br />
Unregelmäßigkeiten aufweisen. Aus diesem Grund werden für Präzisionsmessungen<br />
Latten mit zwei voneinander unabhängigen Skalen verwendet.<br />
Für digitale Nivelliere gibt es Latten, die automatisch einen Wert<br />
identifizieren, wenn der Laser auf die Latte trifft. Der B<strong>eo</strong>bachter<br />
muss keine Messwerte ablesen, da der entsprechende Lattenwert<br />
mit Hilfe des Lasers zum Nivellier transferiert und gespeichert wird.<br />
Anmerkung:<br />
Vergleichbar mit einer Scanner-Kassa im Supermarkt.<br />
Seite<br />
27
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Lattenrichter<br />
Lattenuntersatz<br />
5.3 Messmethoden<br />
5.3.1 Ablesung<br />
Sie dienen dazu, die Latte vertikal einzurichten. Dies ist<br />
notwendig, um die Genauigkeit der Ablesung zu erhöhen. Sie<br />
bestehen aus einem Winkeleisen, auf deren Außenseite eine<br />
Dosenlibelle befestigt ist. Der Winkel wird an die Latte<br />
gehalten und diese so lange geschwenkt, bis die Dosenlibelle<br />
eingespielt ist.<br />
Diese auch als "Frösche"<br />
bezeichneten Untersätze dienen<br />
dazu, den zu messenden<br />
Höhenpunkt (Zwischenpunkt) in<br />
Lage und Höhe konstant zu halten.<br />
Sie werden vor Verwendung mit den<br />
Füßen in den Untergrund getreten,<br />
damit dieser nicht verrutschen kann.<br />
Im Fernrohr ist ähnlich dem Th<strong>eo</strong>doliten ein Fadenkreuz angebracht, das mit dem<br />
anzuzielenden Punkt in Deckung zu bringen ist. Danach ist der auf der Latte<br />
abgelesene Wert zu notieren, wobei bei den für den Bau herkömmlichen Latten<br />
die Millimeter zu schätzen sind.<br />
5.3.2 Liniennivellement durch Hin- und Rückmessung<br />
Unter einem Liniennivellement versteht man die Messung des Höhenunterschiedes<br />
zwischen zwei oder mehreren Punkten bzw. die Übertragung der Höhe<br />
eines Punktes auf andere Punkte.<br />
Lattenstandpunkte = Standpunkte, die eine Höhe bekommen sollen.<br />
Nivellierstandpunkte = Standpunkte, in denen der Nivellier steht und von dem die<br />
Lattenwerte abgelesen werden. Er soll immer in der Mitte<br />
der beiden Latten stehen und die beiden Zielstrahlen<br />
sollen annähernd in einer Geraden liegen.<br />
Siehe auch Kapitel "Genauigkeit des Nivelliers".<br />
Seite<br />
28
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Beispiel: Liniennivellement durch Hin- und Rückmessung<br />
Von einem bekannten Höhenpunkt A soll die Höhe des Punktes 1 ermittelt werden:<br />
Ablauf:<br />
� man stellt das Nivellier auf und liest am Punkt A einen Lattenwert ab<br />
(= Rücklesung 1)<br />
� man wendet das Fernrohr und liest am Punkt 1 einen Lattenwert ab<br />
(= Vorlesung 1)<br />
Nun kann man die Höhe des Punktes 1 bestimmen, indem man zur Höhe von<br />
A die Rücklesung addiert und die Vorlesung subtrahiert:<br />
H � H A � rück � vor<br />
1<br />
� aus Kontrollgründen stellt man das Nivellier nochmals auf und liest die Werte in<br />
umgekehrter Reihenfolge ab, d.h. man bestimmt die Höhe von A von Punkt 1<br />
aus:<br />
H A<br />
� H1<br />
� rück � vor<br />
Als Ergebnis sollte natürlich wieder die Ausgangshöhe von A errechnet werden.<br />
Messprotokoll:<br />
Berechnung:<br />
Punkt rück vor<br />
A 2,704 200,000 m<br />
1 0,353<br />
1 0,562<br />
A 2,901<br />
Man bildet zuerst die Summe aller Rück- und aller Vorlesungen:<br />
�<br />
rück � 2,<br />
704 � 0,<br />
562 � 3,<br />
266 �vor � 0,<br />
353 � 2,<br />
901 � 3,<br />
254<br />
Diese beiden Werte sollten 0 sein (der Höhenunterschied zwischen beiden<br />
Punkten ändert sich ja nicht).<br />
Seite<br />
29
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Der Gesamtfehler ergibt sich also aus der Differenz:<br />
�rück � �vor � 3 , 266 � 3,<br />
254 �<br />
f � 0,<br />
012m<br />
Dieser Gesamtfehler hat im Grunde keine Aussagekraft, da dieser Wert sehr groß<br />
werden kann, je länger die Nivellierstrecke ist. Daher wird dieser Gesamtfehler<br />
durch die Anzahl n der Nivellierstandpunkte dividiert und man erhält die<br />
Genauigkeit eines Standpunktes:<br />
f S<br />
�<br />
f<br />
n<br />
�<br />
0,<br />
012<br />
2<br />
�<br />
0,<br />
006<br />
Nun kann die Höhe des Punktes 1 endgültig berechnet werden, indem man den<br />
Standpunktfehler berücksichtigt:<br />
H1 � H A � r1<br />
� v1<br />
� f S<br />
�<br />
200,<br />
000<br />
�<br />
2,<br />
704<br />
�<br />
m<br />
0,<br />
353<br />
�<br />
0,<br />
006<br />
�<br />
202,<br />
345<br />
Kontrolliert wird die Berechnung durch die Bestimmung der Höhe von A vom<br />
Punkt 1 aus:<br />
H A � H 1 � r2<br />
� v2<br />
� f S �<br />
202,<br />
345<br />
�<br />
0,<br />
562<br />
�<br />
2,<br />
901<br />
�<br />
0,<br />
006<br />
�<br />
200,<br />
000<br />
Natürlich können auch die Höhen von mehreren Punkten bestimmt werden, indem<br />
man entlang einer Schleife von Punkt A ausgehend wieder dorthin zurückkehrt:<br />
Die Messmethode und die Berechnung<br />
bleiben dabei gleich:<br />
Punkt rück vor<br />
A 0,615 290,371 m<br />
1 1,207<br />
1 1,335<br />
2 0,670<br />
2 1,030<br />
3 0,988<br />
3 0,983<br />
A 1,118<br />
� 3,963 3,983<br />
�0,<br />
020<br />
f � 3, 963 � 3,<br />
983 � � 0,<br />
020m<br />
f S �<br />
� �0,<br />
005m<br />
4<br />
m<br />
m<br />
Seite<br />
30
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Berechnung der Höhen:<br />
H1 � H A � r1<br />
� v1<br />
� f S � 290,<br />
371 � 0,<br />
615 � 1,<br />
207 � ( �0,<br />
005)<br />
� 289,<br />
784<br />
H 2 � 289,<br />
784 � 1,<br />
335 � 0,<br />
670 � 0,<br />
005 � 290,<br />
454 m<br />
H � 290,<br />
454 � 1,<br />
030 � 0,<br />
988 � 0,<br />
005 � 290,<br />
501 m<br />
3<br />
Kontrolle: � 290, 501 � 0,<br />
983 � 1,<br />
118 � 0,<br />
005 � 290,<br />
371 m<br />
H A<br />
5.3.3 Liniennivellement mit 2 Festpunkten<br />
Diese Aufgabe unterscheidet sich von einer Nivellementschleife dadurch, dass<br />
nicht auf den gleichen Höhenfestpunkt zurückgekehrt wird, sondern auf einen<br />
zweiten Höhenfestpunkt abgeschlossen wird.<br />
Bei der Berechnung des Fehlers f muss natürlich der Höhenunterschied zwischen<br />
den beiden Festpunkten berücksichtigt werden:<br />
�H A � H � � �rück � �<br />
f B<br />
� vor<br />
Die Bestimmung der Höhen erfolgt genauso wie im vorigen Beispiel.<br />
Aufgabe 4 gegeben ist folgendes Messprotokoll<br />
Punkt rück vor<br />
A 1,687 123,471 m<br />
1 1,032<br />
1 0,455<br />
2 1,901<br />
2 2,309<br />
3 2,010<br />
3 1,427<br />
B 1,988 122,442 m<br />
Berechne kontrolliert die Höhen der Punkte 1 bis 3.<br />
m<br />
Seite<br />
31
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
5.3.4 Liniennivellement mit Seitpunkten<br />
Beim Nivellement werden nicht nur Höhen benötigt, die durch Rück- und<br />
Vormessung bestimmt werden, sondern es werden von einem Nivellierstandpunkt<br />
mehrere Höhen eingemessen.<br />
Es werden zu bestimmten (frei gewählten) Punkten Rück- und Vorlesungen<br />
durchgeführt. Mit diesen Messungen wird der Gesamtfehler f und der<br />
Standpunktsfehler fS bestimmt.<br />
Anschließend werden zu diesen Punkten die Höhen berechnet.<br />
Erst jetzt können die Höhen der restlichen Punkten (= Seitpunkte) bestimmt<br />
werden.<br />
Im Messprotokoll wird für die Seitpunkte eine eigene Spalte geführt.<br />
Punkt rück vor seit<br />
A 0,615 290,371 m<br />
1 1,207<br />
1 1,335<br />
2 0,670<br />
3 1,974<br />
4 1,121<br />
2 1,030<br />
5 0,988<br />
6 1,476<br />
5 0,983<br />
B 2,974 288,475 m<br />
� 3,963 5,839<br />
Seite<br />
32
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Zuerst werden die Punkte 1, 2 und 5 bestimmt:<br />
f � 290, 371 � 288,<br />
475 � 3,<br />
963 �5,<br />
839 � 0,<br />
020m<br />
f S<br />
�<br />
0,<br />
020<br />
4<br />
�<br />
0,<br />
005<br />
m<br />
H1 � H A � r1<br />
� v1<br />
� f S � 290,<br />
371 � 0,<br />
615 � 1,<br />
207 � 0,<br />
005<br />
H 2 � 289,<br />
774 � 1,<br />
335 � 0,<br />
670 � 0,<br />
005 � 290,<br />
434m<br />
H � 290,<br />
434 � 1,<br />
030 � 0,<br />
988 � 0,<br />
005 � 290,<br />
471m<br />
5<br />
Kontrolle: � 290, 471 � 0,<br />
983 � 2,<br />
974 � 0,<br />
005 � 288,<br />
475m<br />
H B<br />
Jetzt können auch die Seitpunkte höhenmäßig bestimmt werden:<br />
�<br />
289,<br />
774<br />
Die Punkte 3 und 4 wurden innerhalb einer Rückvisur zu Punkt 1<br />
gemessen, daher wird auch die Höhe von 1 verwendet:<br />
H � H � r � s � 289,<br />
774 � 1,<br />
335 � 1,<br />
974 � 289,<br />
035m<br />
3<br />
1<br />
2<br />
3<br />
H � H � r � s � 289,<br />
774 � 1,<br />
335 � 1,<br />
121 � 289,<br />
888m<br />
4<br />
1<br />
2<br />
4<br />
Punkt 6 wurde zur Rückvisur nach Punkt 2 gemessen, also wird hier die<br />
Höhen von Punkt 2 verwendet:<br />
H � H � r � s � 290,<br />
434 � 1,<br />
030 � 1,<br />
476 � 289,<br />
988m<br />
6<br />
5.3.5 Flächennivellement<br />
2<br />
3<br />
Für manche Aufgaben ist es notwendig,<br />
viele Höhen in einem kleinen Gebiet schnell<br />
zu bestimmen. Die einfachste<br />
Aufnahmemethode ist jene eines<br />
Flächennivellements.<br />
Die Aufstellung erfolgt über einen Punkt, von<br />
dem aus zu einem (oder zwei) bekannten<br />
Punkten eine Rücklesung erfolgt.<br />
6<br />
m<br />
Seite<br />
33
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Eine Kontrolle wie bei einem Liniennivellement ist hier nicht möglich. Trotzdem<br />
können zumindest einige Punkte kontrolliert werden:<br />
� durch eine zweite Aufstellung werden ein paar ausgewählte Punkte nochmals<br />
eingemessen<br />
� durch die Aufstellung eines zweiten Gerätes werden mehrere Punkte<br />
gleichzeitig gemessen (= aufwändigeres Verfahren)<br />
Ein detaillierter Lageplan, in dem die Höhen eingetragen werden, dient meist als<br />
Grundlage für das Flächennivellement.<br />
5.4 Genauigkeit eines Liniennivellements<br />
Die Genauigkeit hängt von der Aufstellung und Justierung des Nivelliers, der<br />
verwendeten Geräte und der Genauigkeit der Ablesung ab.<br />
Prinzipiell sollte man mit dem Nivellier in der Mitte zweier Lattenstandpunkte<br />
stehen, da sich dadurch auftretende Aufstellungsfehler eliminieren:<br />
Fehler f tritt auf beiden Seiten auf –<br />
er verschwindet bei der<br />
Differenzbildung<br />
Fehler f ist unterschiedlich – nach<br />
der Differenzbildung bleibt ein<br />
Restbetrag � f � f 2 � f1<br />
übrig.<br />
Weiters soll die Latte vertikal gehalten werden. Schrägstellungen quer zur Visur<br />
können vom B<strong>eo</strong>bachter gesehen werden, in Visurrichtung aber nicht. Hier werden<br />
die Ablesungen verfälscht.<br />
Seite<br />
34
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
Die Hin- und Rückvisur sollte annähernd auf einer Geraden liegen.<br />
Abb.: falsche Messanordnung Abb.: richtige Messanordnung<br />
Seite<br />
35
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
A Topographie<br />
Seite<br />
36
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
B Topographie-Übersicht<br />
Seite<br />
37
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
C Höhenfestpunkte in Wien<br />
Adresse: https://www.wien.gv.at/M41_HFP/internet<br />
Suchergebnis: Punktliste für Zug 187<br />
Punkt Adresse<br />
Kartenblatt<br />
MZK 1:1000<br />
Höhe<br />
(Wiener Null)<br />
Art Zug-Nummer<br />
DFN 19, Grinzinger Allee 28 101091 54,868 m B 187 233<br />
DFQ 19, Huschkagasse 1 101092 69,525 m N 233 187<br />
DOQ 19, Delugstraße 2 100091 61,609 m N 187<br />
DOR 19, Ettingshausengasse 10 100092 97,058 m K 187<br />
JOE 19, An den langen Lüssen 3 101092 73,215 m N 187<br />
JOF 19, An den langen Lüssen 13 101092 79,827 m N 187<br />
JOG 19, An den langen Lüssen 19 100092 85,251 m N 187<br />
JOH 19, Wenckebachgasse 29 100092 84,170 m N 187<br />
JOI 19, Aslangasse 21 100092 83,284 m N 187<br />
JOJ 19, Aslangasse 55 100092 87,020 m N 187<br />
JOK 19, Aslangasse 87 100092 90,151 m N 187<br />
JOL 19, Ettingshausengasse 1 100092 96,918 m N 187<br />
JOM 19, Stefan-Esders-Platz 100092 90,389 m N 187<br />
JON 19, Stefan-Esders-Platz 6 100091 82,458 m B 190 187<br />
JOP 19, Kaasgrabengasse 52 100091 72,341 m N 187<br />
JOR 19, L<strong>eo</strong>pold-Steiner-Gasse 30 100091 67,514 m K 187<br />
JOS 19, Delugstraße 20 100091 71,240 m K 187<br />
JOU 19, Paradisgasse 67 101091 56,378 m N 187<br />
JOV 19, Paradisgasse 65 101091 54,425 m N 187<br />
MXH 19, Kaasgrabengasse 19 100091 66,622 m N 187<br />
Wiener Null = Adria – 156,680 m<br />
Seite<br />
38
VORARBEITER 1 <strong>Vermessung</strong>skunde<br />
D Quellen- und Literaturverzeichnis<br />
Großmann Walter, Heribert Kahmen: <strong>Vermessung</strong>skunde I.<br />
Verlag deGruyter, Berlin 1985<br />
Großmann Walter, Heribert Kahmen: <strong>Vermessung</strong>skunde II.<br />
Verlag deGruyter, Berlin 1985<br />
Firmenprospekte der Firma Leica, Trimble<br />
Austrian Map, Bundesamt für Eich- und <strong>Vermessung</strong>swesen<br />
E Angaben zum Autor<br />
Dipl.-Ing. Manfred Huber<br />
Raimundgasse 22, Haus 2<br />
2331 Vösendorf<br />
eMail: mh@g<strong>eo</strong>web.at<br />
Internet: www.g<strong>eo</strong>web.at<br />
Seite<br />
39