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Frank Uwe Liefländer - Über „Miserere“ von Gregorio Allegri

Frank Uwe Liefländer über die berühmte A-capella-Vertönung von Gregorio Allegri.

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Eine sagenumwobene Geschichte:

Über „Miserere“ von Gregorio Allegri

Der päpstliche Kapellensänger Gregorio Allegri hat die heute berühmte A-capella-Vertonung

von Psalm 51 um das Jahr 1630 komponiert. Es wurde am Aschermittwoch und am

Karfreitag in Rom in der Sixtinischen Kapelle im Rahmen der Messe gesungen, ursprünglich

eine solide, eher schlichte Motette. Die ehrgeizigen professionellen Sänger in der Sixtinischen

Kapelle begannen allerdings bald, es durch zahlreiche Verzierungen und Extraschnörkel

zu bereichern und zu verfeinern.

Seltsamerweise bestimmte Papst Urban VIII, dass das Kopieren der Partitur und die Aufführung

an anderen Tagen und an anderen Orten bei Strafe der Exkommunikation verboten

waren. Warum? Darüber ist viel gerätselt worden.

Am Aschermittwoch 1770 hörten Vater und Sohn Mozart das Miserere in Rom. Über das

Ereignis ist vielfältig und unterschiedlich berichtet worden. Tatsache ist, dass der 14-jährige

Wolfgang die Partitur mit allen Verzierungen und Verfeinerungen Note für Note auswendig

niederschrieb und nach Rom zitiert wurde, als sich die Kopien in Deutschland und

England verbreiteten.

Eine Version der Sagen, die um dieses Musikstück kreisen, schildert den 14jährigen, dem

wohl doch etwas bänglich zumute gewesen mag, als er, lange, lange wartend, in den Räumen

des Vatikans saß. „So, Du bist der Kerl, der das Miserere niedergeschrieben

hat?“ soll der Heilige Vater gefragt haben. Und als Mozart beklommen nickte: „Naja. Eindrucksvoll.

Aber mach das nie wieder!“ Eine andere Version berichtet, Urban VIII habe

ihm einen Orden verliehen.

Später hat Felix Mendelsohn die gleiche „Straftat“ begangen: das Miserere aufgeschrieben

und kopiert. 1830 wurde dieser Bann aufgehoben.

Warum das Verbot und die Aufhebung?

Zusätzlich zu meiner jahrelangen beruflichen Beschäftigung mit klassischer Musik habe

ich viele Quellen zu diesem berühmten Stück studiert. Und bin zu der Überzeugung gekommen,

dass Papst Urban die Entwicklung der Motette in der Sixtinischen Kapelle zu einem

Kunstwerk eigenen Ranges über Jahre hinweg mit Freude verfolgt hat. Dieser Pro-


zess sollte nicht durch eine vorzeitige Veröffentlichung und Festlegung unterbrochen werden.

Man kann aus heutiger Sich Papst Urban nur dankbar sein, dass er den Heiligen

Geist hat walten lassen. Durch die eigenmächtigen Ornamentierungen der Sänger ist eine

wunderbare Musik entstanden. Sogar „Genosse“ Komponist Franz Witenbrink bemerkte

ganz richtig: ‘Wenn es einen Himmel gibt, muß er in diesen Klängen liegen‘“.

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