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Magazin Herzzentrum Bonn 2022/2023

Das Magazin des Herzzentrums Bonn beleuchtet Themen aus den Bereichen Kardiologie und Herzchirurgie und wurde im Herbst 2022 als bestes deutsches Klinikmagazin ausgezeichnet.

Das Magazin des Herzzentrums Bonn beleuchtet Themen aus den Bereichen Kardiologie und Herzchirurgie und wurde im Herbst 2022 als bestes deutsches Klinikmagazin ausgezeichnet.

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Ausgabe 8<br />

<strong>2022</strong> / <strong>2023</strong><br />

Fachmagazin für Prävention, Diagnostik und Therapie von Herzerkrankungen am<br />

Voll fokussiert<br />

Eine Herzchirurgin erklärt im Interview, worauf es bei<br />

komplexen Operationen am Herzen ankommt<br />

Foto | Felix Heyder<br />

TAVI-Screening<br />

Welche Voruntersuchungen für<br />

die Implantation einer neuen<br />

Aortenklappe notwendig sind<br />

OP durchs Schlüsselloch<br />

<strong>Bonn</strong>er Herzchirurgen behandeln<br />

mehrere Herzklappen mit nur einer<br />

minimal-invasiven Operation<br />

Das Herz fit halten<br />

Olympiasiegerin Heike Drechsler<br />

erklärt, wie wir mehr Bewegung in<br />

unseren Alltag integrieren können


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Liebe Leserinnen<br />

und Leser,<br />

// Editorial<br />

das Herz-<strong>Magazin</strong>, das Sie gerade in den Händen halten, ist ein ausgezeichnetes <strong>Magazin</strong>. Und das im<br />

wahrsten Sinne des Wortes. Denn bei den diesjährigen Awards des Branchendienstes KU Gesundheitsmanagement<br />

ist unsere Zeitschrift von einer Fachjury als bestes deutsches Klinikmagazin ausgezeichnet<br />

worden. Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung, weil sie zeigt, wie wichtig es ist, komplexe medizinische<br />

Sachverhalte verständlich und patientenorientiert zu kommunizieren.<br />

Klinik Roderbirken<br />

Rehabilitation liegt uns am Herzen<br />

Mit fast 4.000 Patienten pro Jahr gehört unsere Klinik zu den größten Rehabilitationskliniken<br />

für Herz-, Kreislauf-, Gefäßerkrankungen und Psychokardiologie in Deutschland.<br />

Wir bieten therapeutische und<br />

pflegerische Leistungen bei:<br />

Æ Zustand nach akutem Herzinfarkt<br />

Æ Zustand nach Herzoperation<br />

Æ Erkrankung der Herzklappen<br />

Æ Entzündlicher Herzerkrankung<br />

Æ Hypertonie, Hypotonie<br />

Æ Herzerkrankungen mit begleitenden<br />

psychischen Problemen<br />

Post - Covid - Reha<br />

Bei schweren Covid - Verläufen ist häufig<br />

auch das Herz beteiligt. In Folge können<br />

psychische und soziale Belastungen entstehen.<br />

Wir haben unser Leistungsangebot<br />

erweitert und uns zum Ziel gesetzt,<br />

Patientinnen und Patienten nach schweren<br />

Covid - Verläufen ganz gezielt zu betreuen.<br />

Dabei legen wir den Focus auf Stressbewältigung<br />

und physiotherapeutische Maßnahmen,<br />

wie Atemtraining und Inhalation<br />

zur Stärkung der Muskulatur und Atemtechnik.<br />

Auch in dieser Ausgabe haben wir auf 120 Seiten wieder viele hoffentlich interessante und spannende<br />

Artikel aus den unterschiedlichen Bereichen der Herzmedizin für Sie zusammengestellt.<br />

Den Anfang macht unser Kardiologe Dr. Marcel Weber, der in einem Service-Artikel erklärt, welche Voruntersuchungen<br />

notwendig sind, damit die kathetergestützte Implantation einer neuen Aortenklappe mit dem<br />

TAVI-Verfahren reibungslos verlaufen kann (Seite 12). Am Beispiel eines jungen Patienten zeigen wir auf,<br />

wie schnell sich eine scheinbar leichte Herzschwäche zu einer lebensbedrohlichen Krankheit entwickeln<br />

kann, und wie wir im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> die verschiedenen Formen von Herzinsuffizienz diagnostizieren und<br />

sowohl kardiologisch als auch herzchirurgisch behandeln (Seite 24). Und in einem lesenswerten Interview<br />

thematisiert die frühere Weitsprung-Olympiasiegerin Heike Drechsler die Bedeutung von Sport für einen<br />

gesunden Körper und erklärt, wie wir mehr Bewegung in unseren Alltag einbauen können (Seite 74).<br />

Und weil es am Ende immer die Menschen sind, die eine Klinik ausmachen, setzen wir die Serie fort, in der<br />

wir Kolleginnen und Kollegen aus unserem <strong>Herzzentrum</strong> vorstellen, die sich jeden Tag in den Dienst unserer<br />

Patienten stellen. Im Gespräch mit Felix Heyder erzählt dieses Mal die Herzchirurgin Dr. Miriam Silaschi,<br />

warum sie sich gerade die Herzmedizin ausgesucht hat, wie man bei einer OP auch in schwierigen Situationen<br />

ruhig und besonnen agiert, und warum sie dafür wirbt, dass mehr Frauen sich für die Herzchirurgie<br />

entscheiden (Seite 38).<br />

Abgerundet wird dies durch eine Fotoreportage, die auf intensive Weise zeigt, wie Ärzte und Pflegekräfte als<br />

Team agieren, wenn ein Patient mit schwerem Herzinfarkt in den Schockraum der Notaufnahme eingeliefert<br />

wird und es auf jede Sekunde ankommt.<br />

Genauso groß wie die thematische Bandbreite dieses <strong>Magazin</strong>s ist auch das medizinische Behandlungsspektrum<br />

unseres <strong>Herzzentrum</strong>s. Gemeinsam und interdisziplinär behandeln wir Patienten mit den unterschiedlichsten<br />

Herz-, Lungen- und Gefäßerkrankungen und freuen uns, dass wir regelmäßig zu den besten Kliniken<br />

des Landes gezählt werden.<br />

Sollten auch Sie an einer Herzerkrankung leiden oder sich für die präventiven Aspekte der Herzmedizin interessieren,<br />

können Sie sich jederzeit vertrauensvoll an unser <strong>Herzzentrum</strong> wenden. Gemeinsam mit unseren<br />

Kolleginnen und Kollegen aus dem ärztlichen Dienst, der Pflege sowie der Administration stehen wir jeden<br />

Tag bereit, um Ihnen und Ihrem Herzen zu helfen.<br />

Wir wünschen Ihnen nun viel Spaß bei der Lektüre unseres neuen Herz-<strong>Magazin</strong>s!<br />

Herzliche Grüße<br />

Prof. Dr. Georg Nickenig & Prof. Dr. Farhad Bakhtiary<br />

Klinik Roderbirken • Roderbirken 1 • 42799 Leichlingen • Telefon 02175 82-01 • www.klinik-roderbirken.de


48 // Lungenkrankheit COPD<br />

24 // Im Fokus: Herzschwäche 18 // Moderne Herzchirurgie<br />

30 // EMAH-Ambulanz 54 // Jede Sekunde zählt<br />

38 // Dr. Miriam Silaschi 12 // TAVI-Screening<br />

Inhalt<br />

12 //<br />

TAVI-Screening<br />

Welche Voruntersuchungen<br />

notwendig sind<br />

30 //<br />

EMAH-Ambulanz<br />

Schwanger trotz<br />

angeborener Herzerkrankung<br />

54 // 90 //<br />

Jede Sekunde zählt<br />

Ein Herzinfarktpatient in<br />

Schockraum 1<br />

Die Ader des Lebens<br />

Wie die Aorta behandelt<br />

werden kann<br />

18 //<br />

Moderne Herzchirurgie<br />

Herzklappen minimalinvasiv<br />

operieren<br />

38 //<br />

Dr. Miriam Silaschi<br />

„Mir haben alle gesagt,<br />

das geht nicht“<br />

74 // 96 //<br />

Bewegt Euch!<br />

Olympiasiegerin Heike<br />

Drechsler im Interview<br />

Grundlagenforschung<br />

<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> führt<br />

Sonderforschungsbereich an<br />

24 //<br />

Im Fokus: Herzschwäche<br />

Wie eine Pumpe bei schwerer<br />

Herzinsuffizienz hilft<br />

48 //<br />

Lungenkrankheit COPD<br />

Studie wendet neue<br />

Behandlungsmethode an<br />

84 //<br />

#ZeroFluoro<br />

Ablation ganz ohne<br />

Strahlenbelastung<br />

108 //<br />

Neubau <strong>Herzzentrum</strong><br />

Das neue Gesicht der<br />

Uniklinik <strong>Bonn</strong><br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

<strong>Herzzentrum</strong> des Universitätsklinikums <strong>Bonn</strong><br />

Venusberg-Campus 1<br />

53127 <strong>Bonn</strong><br />

www.herzzentrum-bonn.de<br />

Redaktion<br />

Felix Heyder (Pressesprecher <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong>)<br />

Autoren dieser Ausgabe: Dr. B. Al-Kassou, Prof. Dr. F.<br />

Bakhtiary, Dr. T. Beiert, Dr. P. Düsing, Dr. M. Enders, Dr.<br />

P. Goody, F. Heyder, Dr. F. Jansen, Dr. D. Momcilovic, Prof.<br />

Dr. G. Nickenig, Dr. J. Shamekhi, Dr. M. Weber, Dr. A.<br />

Zietzer, Prof. Dr. S. Zimmer<br />

Layout & Art Director<br />

André Halfes - www.andre-halfes.de<br />

Lektorat Fanny Bates-Mortier, Dr. Refik Kavsur<br />

Copyright © <strong>2022</strong> by <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong>. Nachdruck<br />

nur mit Quellenangabe und Belegexemplar. Der Inhalt<br />

gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers<br />

wieder.<br />

Bildnachweis: alle Fotos von Felix Heyder, zusätzlich:<br />

Abbott (28), Miriam Silaschi (44), Rothenburg & Partner<br />

(23), Imago (77), iStock (92, 94, 96), HDR (108), Michael<br />

König (110), DGK (114))<br />

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im<br />

vorliegenden <strong>Magazin</strong> auf die gleichzeitige Verwendung<br />

der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d)<br />

verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten<br />

grundsätzlich und gleichermaßen für alle Geschlechter.


Herzmomente<br />

#Herzarbeiten<br />

Foto | Felix Heyder<br />

Premiere in Saal 3: Auf dem<br />

OP-Plan steht an diesem Tag unter<br />

anderem eine „Ventrikelamputation“.<br />

Was für den medizinischen<br />

Laien etwas kryptisch klingt, ist<br />

eine echte Premiere im <strong>Herzzentrum</strong><br />

<strong>Bonn</strong>. Denn Klinikdirektor<br />

Prof. Dr. Farhad Bakhtiary und<br />

sein Team entfernen während der<br />

Operation bei einem schwerkranken<br />

Patienten beide Herzkammern<br />

und ersetzen sie durch ein Biventrikuläres<br />

Unterstützungssystem<br />

(BIVAD). Eine OP, die es so in <strong>Bonn</strong><br />

noch nie gegeben hat. Schnell<br />

spricht sich der Eingriff im Operativen<br />

Zentrum der Uniklinik <strong>Bonn</strong><br />

rum und immer mehr neugierige<br />

Kolleginnen und Kollegen wollen<br />

einen Blick auf diese seltene<br />

Operation werfen.<br />

7 |


Foto | Felix Heyder<br />

// Herzmomente<br />

#Dreharbeiten<br />

Interview auf der Intensivstation:<br />

Es ist ein ungewöhnlicher<br />

Anblick, der sich einem beim Blick<br />

in das Zimmer der kardiologischen<br />

Intensivstation bietet. Statt Patientenversorgung<br />

findet hier gerade<br />

ein Interview mit Gesundheits- und<br />

Krankenpflegerin Helen Walpuski<br />

statt. Sie spricht mit Regisseur<br />

Daniel Gilberg über ihre tägliche<br />

Arbeit auf der Station Brendel und<br />

warum sie sich für den Beruf in der<br />

Krankenpflege entschieden hat.<br />

Das Gespräch ist Teil einer Social-Media-Kampagne,<br />

mit der das<br />

<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> authentische<br />

Einblicke in die Pflege von Kardiologie<br />

und Herzchirurgie geben und<br />

so mehr Menschen für den Pflegeberuf<br />

begeistern möchte.<br />

9 |


Foto | Felix Heyder<br />

// Herzmomente<br />

#Bauarbeiten<br />

Bauhelm statt OP-Haube: Nach<br />

jahrelanger Vorplanung wächst<br />

der Rohbau des neuen <strong>Herzzentrum</strong>s<br />

auf dem UKB-Campus nun<br />

so schnell, dass man fast dabei<br />

zusehen kann. Höchste Zeit für<br />

die beiden Direktoren des <strong>Herzzentrum</strong>s<br />

Prof. Dr. Georg Nickenig<br />

(Kardiologie) und Prof. Dr. Farhad<br />

Bakhtiary (Herzchirurgie) sich den<br />

aktuellen Stand der Bauarbeiten<br />

mit Bauhelm und Warnweste<br />

anzusehen. Nach der Führung<br />

durch den Rohbau überlegen<br />

beide augenzwinkernd, ob es nicht<br />

spontan doch noch möglich wäre,<br />

eine zusätzliche Etage im Neubau<br />

zu realisieren. Katja Piontek (rechts)<br />

vom Baumanagement verweist auf<br />

die dafür notwendigen Anträge<br />

des geldgebenden Landes NRW.<br />

Schnell sind sich alle drei einig,<br />

dass das neue <strong>Herzzentrum</strong> auch<br />

in seiner jetzigen Planung ein nationales<br />

Highlight werden wird.<br />

11 |


TAVI-Screening<br />

Die Kunst, es einfach<br />

aussehen zu lassen<br />

// TAVI-Screening<br />

Wie mithilfe intensiver Vorbereitung eine komplexe TAVI zum Routineeingriff wird<br />

Vor rund 20 Jahren - am 16.4.2002 - wurde<br />

weltweit zum ersten Mal eine biologische<br />

Aortenklappe minimal-invasiv und kathetergestützt<br />

implantiert; das TAVI-Verfahren war<br />

geboren. Inzwischen ist die TAVI ein Routineeingriff<br />

mit einer einzigartigen Erfolgsgeschichte.<br />

Im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> implantieren wir jährlich<br />

rund 550 Aortenklappen mit dem TAVI-Verfahren<br />

und gehören damit zu den großen Herzzentren<br />

Deutschlands. Doch was steckt hinter dieser kardiologischen<br />

Intervention? Und welche vorbereitende<br />

Diagnostik ist für einen reibungslosen Ablauf<br />

elementar? Antworten auf diese Fragen gibt<br />

die folgende Übersicht.<br />

zusammen mit den nächsten Familienangehörigen<br />

besprochen, um einen möglichst objektiven Eindruck<br />

der Beschwerden und Leistungseinschränkungen im<br />

Alltag zu erhalten.<br />

Besteht nach diesem ausführlichen Gespräch<br />

Konsens, dass eine Therapie notwendig ist,<br />

schließen sich fünf Voruntersuchungen an.<br />

Erst wenn alle Informationen aus den Voruntersuchungen<br />

vorliegen, können wir den Patienten<br />

gemeinsam in unserem Herz-Team, bestehend aus<br />

Kardiologen, Herzchirurgen und Anästhesisten, besprechen<br />

und im Konsens die optimale Therapieoption<br />

empfehlen.<br />

TAVI ist die englische Abkürzung für „Transcatheter<br />

Aortic Valve Implantation“, den kathetergeführten<br />

Aortenklappenersatz. Dieser ist notwendig, wenn<br />

sich die drei Taschen der Aortenklappe nicht mehr<br />

ausreichend öffnen und die Klappe deswegen stark<br />

verengt ist. Mediziner sprechen dann von einer Aortenklappenstenose.<br />

Die TAVI-Prozedur ist heutzutage ein Routineeingriff,<br />

der in der Regel nicht länger als 45 Minuten dauert.<br />

Diese kurze Therapiezeit darf jedoch nicht über die<br />

hohe Komplexität hinwegtäuschen. Nur mithilfe einer<br />

umfangreichen und gewissenhaft durchgeführten<br />

Diagnostik im Vorfeld kann eine solche Intervention<br />

reibungslos verlaufen und zum gewünschten Erfolg<br />

führen.<br />

| 12<br />

▲ Prof. Dr. Georg Nickenig (Direktor der<br />

Kardiologie, rechts) und Oberarzt Dr.<br />

Marcel Weber (links) bei einer TAVI-<br />

Intervention. Das Bild zeigt genau den<br />

Moment, in dem die beiden Kardiologen<br />

die neue Aortenklappe entfalten.<br />

Die eigentliche Kunst bei einer TAVI ist die richtige,<br />

präinterventionelle Patientenauswahl. Dafür ist eine<br />

ganze Reihe an Voruntersuchungen notwendig.<br />

Bevor diese durchgeführt werden, stehen zunächst<br />

einmal die persönliche Vorgeschichte und der Therapiewunsch<br />

des Patienten im Fokus.<br />

In einem ausführlichen Gespräch werden die bisherigen<br />

Erkrankungen und Operationen erörtert und mit<br />

den Vorbefunden abgeglichen. Auch der persönliche<br />

Leidensdruck, die patientenspezifischen Leistungseinschränkungen<br />

und insbesondere der Therapiewunsch<br />

des Patienten werden individuell thematisiert.<br />

Gerade bei älteren Patienten wird dies oft<br />

▲ Eine biologische Aortenklappen-Prothese kurz vor der<br />

kathetergestützten Implantation<br />

13 |


TAVI-Screening<br />

01<br />

Herzultraschall<br />

Die Echtzeitbilder des Herzultraschalls zeigen<br />

Veränderungen und Defekte an Herzklappen und<br />

Herzwänden an. So können wir sehr gut sehen,<br />

wie stark die Aortenklappe verengt ist. Anhand von<br />

dreidimensionalen Ultraschallbildern<br />

lässt sich die<br />

verbliebene Öffnungsfläche<br />

der verengten Aortenklappe<br />

präzise ausmessen<br />

(Abbildung 1+2). Als zusätzliche<br />

Information kann<br />

man die Geschwindigkeit<br />

des Blutes in der verengten<br />

Aortenklappe mit Hilfe des<br />

Doppler-Effektes bestimmen<br />

und daraus das Ausmaß<br />

der Stenose ableiten. Hier<br />

gilt die Formel: Je höher die<br />

Blutgeschwindigkeit, desto größer die Verengung<br />

des Gefäßes. Denn durch die Engstelle muss die<br />

gleiche Menge Blut pro Zeit fließen wie an einer<br />

nicht verengten Stelle. Dies funktioniert nur, wenn<br />

das Blut in der Engstelle entsprechend schneller<br />

fließt. Ab einer Geschwindigkeit von 4m/s gilt die<br />

Aortenklappe als hochgradig verengt (Abbildung 3).<br />

Der Herzultraschall ist somit die wichtigste Untersuchung<br />

zur Absicherung der Diagnose und Beurteilung<br />

des Schweregrades der Aortenklappenverengung.<br />

03<br />

Herz-Computertomographie<br />

Die Computertomographie des Herzens ist ein<br />

Verfahren zur Erstellung von detaillierten Bildern<br />

des Herzens und der Blutgefäße. Dabei werden<br />

mit Röntgenstrahlen hochauflösende Schichtbilder<br />

oder Querschnitte erstellt. Die Schichtdicke liegt bei<br />

deutlich unter einem Millimeter. Die Zusammensetzung<br />

von über 1.000 Querschnitt-Aufnahmen<br />

ermöglicht eine dreidimensionale Betrachtung des<br />

Herzens und eine präzise Vermessung der Aortenklappe<br />

des Patienten (Abbildung 4). Diese Art der<br />

Bildgebung ist von großer Bedeutung, da wir so für<br />

jeden Patienten die richtige Prothesengröße individuell<br />

auswählen können. Darüber hinaus nutzen wir<br />

die Computertomographie, um die Hauptschlagader<br />

und die Beingefäße zu analysieren und vorhersagen<br />

zu können, ob der ca. 6mm dicke TAVI-Katheter ohne<br />

Widerstände bis zum Herzen vorgeführt werden<br />

kann (Abbildung 5).<br />

04<br />

Ultraschall der Halsgefäße<br />

// TAVI-Screening<br />

| 14<br />

02<br />

Herzkatheteruntersuchung<br />

Herzkranzgefäße versorgen den Herzmuskel mit<br />

Sauerstoff. Wenn diese akut verstopfen, spricht man<br />

von einem Herzinfarkt. Bei der Herzkatheteruntersuchung<br />

wird ein Katheter, ein dünner, biegsamer<br />

Schlauch, vom Handgelenk oder von der Leiste aus<br />

durch die Blutbahnen ins Herz eingeführt. Über den<br />

Katheter wird anschließend Kontrastmittel in die<br />

Herzkranzgefäße geleitet, so dass diese auf dem<br />

Röntgenbildschirm sichtbar werden und eine eingehende<br />

Überprüfung der Gefäße möglich wird. Bei<br />

hochgradigen Verengungen der Herzkranzgefäße<br />

leiden die Patienten meist unter belastungsabhängigen<br />

Brustschmerzen oder Luftnot. Solche hochgradigen<br />

Verengungen an den Herzkranzgefäßen werden<br />

vor einer TAVI mit Stents oder aber im Falle eines<br />

operativen Aortenklappenersatzes mit einem Bypass<br />

in derselben Operation repariert, um die Luftnot und<br />

Brustschmerzen der Patienten zu lindern.<br />

Bei der Duplex-Sonographie werden die Halsschlagadern<br />

mittels Ultraschall untersucht. Auf<br />

diese Weise ist es möglich, Verengungen der Halsschlagader<br />

frühzeitig, sogar vor der Entstehung von<br />

Kalkablagerungen in den Gefäßen, zu entdecken.<br />

Dabei werden die Wände der Halsschlagader an<br />

definierten, repräsentativen Stellen mehrfach vergrößert<br />

dargestellt und vermessen (Abbildung 6).<br />

Auch kann die Flussgeschwindigkeit des Blutes<br />

an diesen Stellen gemessen werden. Dabei gilt: Je<br />

höher und turbulenter die Flussgeschwindigkeit,<br />

desto verengter ist das Gefäß. Die diagnostische<br />

Untersuchung der Halsschlagadern mittels Ultraschall<br />

ist sowohl vor einer TAVI als auch vor<br />

einem operativen Aortenklappenersatz von großer<br />

Bedeutung. Denn zum einen kann sich aus der Diagnostik<br />

die Notwendigkeit ergeben, diese Gefäße vor<br />

dem geplanten Eingriff zu reparieren. Zum anderen<br />

kann die Herz-Lungen-Maschine, die für den operativen<br />

Aortenklappenersatz notwendig ist, nur dann<br />

eingesetzt werden, wenn die Halsschlagadern keine<br />

höhergradigen Stenosen aufweisen. Zuletzt ist die<br />

Verengung der Halsgefäße auch ein anerkannter<br />

Marker zur Bestimmung des Operationsrisiko der<br />

Patienten. Im Falle eines hohen Operationsrisikos<br />

würde man dem Patienten eher zu einer TAVI als zu<br />

einer konventionellen Operation raten.<br />

15 |


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// TAVI-Screening<br />

05<br />

Lungenfunktionsuntersuchung<br />

Mithilfe der Lungenfunktionsuntersuchung, gerne<br />

auch „LuFu“ genannt, werden die verschiedenen<br />

Lungenvolumina in einer luftdichten Kabine<br />

gemessen, um eine mögliche Lungenerkrankung<br />

detektieren zu können. Bei einer der häufigsten Lungenerkrankungen,<br />

der COPD, sind bei langjährigen<br />

Rauchern die Atemwege chronisch entzündet und<br />

damit verengt. Die Ärzte des Herzteams benötigen<br />

diese Informationen, um abschätzen zu können, wie<br />

schnell sich der Patient nach einer Narkose wieder<br />

erholt. Haben Patienten eine besonders schlechte<br />

Lungenfunktion würde man von einem operativen<br />

Verfahren mit Allgemeinnarkose abraten und eher<br />

ein minimal-invasives TAVI-Verfahren ohne Narkose<br />

empfehlen.<br />

Fazit<br />

Diese fünf Voruntersuchungen erfolgen während eines stationären Aufenthalts in unserer Klinik und<br />

werden auf insgesamt zwei Tage verteilt. Nachdem alle Informationen aus dem sogenannten TAVI -<br />

-Screening vorliegen, besprechen wir den Patienten in unserem interdisziplinären Herz-Team. Dazu<br />

treffen wir uns mindestens einmal wöchentlich mit Kardiologen, Herzchirurgen und Anästhesisten und<br />

erörtern die verschiedenen Befunde. Wichtig sind zusätzlich noch das Patientenalter, die körperliche<br />

und geistige Fitness sowie der häusliche Versorgungsgrad. Aus all diesen Mosaiksteinen entsteht am<br />

Ende ein medizinisches Gesamtbild, aus dem wir die Empfehlung ableiten, ob ein Patient eher herzchirurgisch<br />

an der Aortenklappe operiert oder aber interventionell mit eine TAVI behandelt werden sollte.<br />

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Circulation. 2011;123:147–153. 4 Grant SW et al. Heart. 2012;98:60–64. 5 Williams JB et al. JAMA. 2012;308:475–484.<br />

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Foto | Felix Heyder<br />

// Moderne Herzchirurgie<br />

„Es hat sich<br />

wirklich gelohnt!“<br />

Das <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> ist eine der wenigen<br />

Kliniken in Deutschland, die während<br />

einer minimal-invasiven Operation gleich<br />

mehrere Herzklappen behandeln können. Janett<br />

Wehrmann aus dem Ahrtal hat dieser Eingriff<br />

viel Lebensqualität zurückgegeben.<br />

| 18<br />

19 |


Moderne Herzchirurgie<br />

| 20<br />

Einmal um die Welt. So könnte das Motto<br />

lauten, unter dem Janett Wehrmann aktuell<br />

ihr Leben lebt. Nachdem sie im Frühjahr mit<br />

einem Schiff die norwegischen Lofoten bereist hat,<br />

sind gerade die Koffer für den Abflug nach Mexiko<br />

gepackt. Und für das kommende Jahr hat sie sich<br />

China als Reiseziel fest vorgenommen, wo sie<br />

unter anderem über die chinesische Mauer laufen<br />

möchte.<br />

All diese Reisepläne skizziert Janett Wehrmann<br />

beim Gespräch in den Weinbergen des Ahrtals, wo<br />

die 48-jährige seit einigen Jahren lebt. „Durch meinen<br />

Job als Controllerin bin ich eigentlich ein sehr<br />

rationaler und zahlengetriebener Mensch. Aber<br />

aufgrund dessen, was ich in den letzten Jahren<br />

erlebt habe, bekommt man einen ganz neuen Blick<br />

auf das Leben, und ich habe mich gefragt: Worauf<br />

soll ich eigentlich noch warten?“.<br />

Beim Blättern in ihrer Patientenakte wird schnell klar<br />

was Janett Wehrmann damit meint. 2013 wartet<br />

sie in Wien auf den Zug, als sie auf dem Bahnsteig<br />

einfach umkippt. Den plötzlichen Herztod bei Kammerflimmern<br />

überlebt sie damals nur, weil sie an Ort<br />

und Stelle reanimiert wird. Sekundärprophylaktisch<br />

wird ihr anschließend ein Defibrillator implantiert,<br />

der bei einem erneuten Auftreten von Kammerflimmern<br />

das Herz durch ein gezieltes Schocken wieder<br />

in den richtigen Rhythmus bringen soll. Genau dies<br />

ist im April 2021 der Fall, als Janett Wehrmann zu<br />

Hause die Schockabgabe durch den eingebauten<br />

Defibrillator bemerkt. Nach Rücksprache mit ihrem<br />

Hausarzt begibt sie sich zur weiteren Beobachtung<br />

in das Marienkrankenhaus Ahrweiler. Nach einer<br />

unauffälligen Nacht auf der Überwachungsstation<br />

kommt es am nächsten Morgen zu einem heftigen<br />

Kammerflimmern. Prof. Dr. Jan Schrickel, Spezialist<br />

für Herzrhythmusstörungen im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong>,<br />

beschreibt die dramatische Lage so: „Wiederkehrende<br />

ventrikuläre Salven haben einen elektrischen<br />

Sturm im Herzen der Patientin ausgelöst, der so<br />

heftig war, dass es zu einer kompletten Aggregaterschöpfung<br />

gekommen ist. Anders ausgedrückt:<br />

▲ Janett Wehrmann wandert in ihrer Freizeit gerne<br />

durch die Weinberge an der Ahr.<br />

Frau Wehrmanns eingebauter Defibrillator musste<br />

in dieser Situation so viele Schocks abgeben, dass<br />

die Batterie danach vollständig leergezogen war“.<br />

Immer wieder muss Janett Wehrmann während<br />

dieses elektrischen Sturms wiederbelebt werden;<br />

am Ende summieren sich die Reanimationszeiten auf<br />

fast zwei Stunden. Um das Herz zu entlasten, entscheiden<br />

sich die Ärzte vor Ort für die Implantation<br />

einer sogenannten Impella-Pumpe, die das Blut von<br />

der linken Herzkammer in die Aorta pumpt und so<br />

die Kreislauffunktion verbessert. Gleichzeitig bittet<br />

das Krankenhaus in Ahrweiler die Uniklinik <strong>Bonn</strong>, die<br />

Patientin mit einem speziell geschulten ECMO-Team<br />

in das <strong>Herzzentrum</strong> des UKB zu verlegen.<br />

Hier wird zunächst der vollkommen erschöpfte und<br />

dadurch auch nicht mehr auslesbare Defibrillator<br />

durch ein neues Aggregat ersetzt. Zwei Tage später<br />

kann dann auch die temporäre Herzpumpe wieder<br />

explantiert werden. Insgesamt drei Wochen bleibt<br />

Janett Wehrmann anschließend im Krankenhaus,<br />

bevor es in die Reha geht. „Körperlich ging es mir<br />

zu diesem Zeitpunkt wieder einigermaßen gut. Aber<br />

dass ich als ein echt sportlicher Mensch, der vorher<br />

ohne Probleme die Weinberge im Ahrtal mit dem<br />

Fahrrad hoch und runtergefahren ist, jetzt auf einmal<br />

neben den älteren Damen und Herren und ihren<br />

Rollatoren herlaufen muss, das hat dann schon auf<br />

die Stimmung geschlagen“, blickt Janett Wehrmann<br />

auf diese Zeit zurück.<br />

Nachdem die Reha beendet und sie wieder zu Hause<br />

ist, geht es turbulent weiter. Denn als Bewohnerin<br />

des Ahrtals ist auch Janett Wehrmann von der Flut<br />

am 14. Juli 2021 direkt betroffen.<br />

„Es klingt komisch, aber die Flutkatastrophe<br />

hat mich gar nicht so berührt, weil für mich<br />

das Herzthema viel dominanter war. Ehrlich<br />

gesagt war ich zu dieser Zeit emotional total<br />

reizüberflutet“,<br />

erinnert sich Janett Wehrmann an den Sommer<br />

2021.<br />

Mitten in den Aufräumarbeiten steht ein lange vereinbarter<br />

Termin in der rhythmologischen Abteilung<br />

des <strong>Herzzentrum</strong>s <strong>Bonn</strong> an. Die Kardiologen wollen<br />

versuchen mithilfe einer Verödung von Herzmuskelgewebe<br />

die Ursache der Herzrhythmusstörungen zu<br />

beseitigen. Routinemäßig wird vor einer solchen Behandlung<br />

auch ein Ultraschall des Herzens gemacht.<br />

„Bevor wir bei einem so komplexen Eingriff mit<br />

den Kathetern ins Herz gehen, möchten wir gerne<br />

Bescheid wissen, wie es dort aussieht. Deswegen<br />

die Herzultraschalluntersuchung. So gehen wir<br />

sicher, dass es keine Gerinnsel im Herzen gibt und<br />

wissen auch wie beispielsweise die Herzscheidewand<br />

aussieht“, erklärt Oberarzt Dr. Thomas Beiert<br />

das Vorgehen.<br />

Genau bei dieser Untersuchung stellen die Kardiologen<br />

eine ausgeprägte Insuffizienz der Aorten- und<br />

▲ Prof. Dr. Farhad Bakhtiary bei einer voll-endoskopischen und minimal-invasiven<br />

Herz-OP. Zu Beginn des Eingriffs wird eine 3D-Kamera<br />

in den Körper des Patienten eingeführt. Während des Eingriffs trägt<br />

Prof. Bakhtiary dann eine 3D-Brille und behandelt die Herzklappen des<br />

Patienten mit Blick auf die Live-Bilder, die auf verschiedene Monitore im<br />

OP-Saal übertragen werden.<br />

// Moderne Herzchirurgie<br />

21 |


Moderne Herzchirurgie<br />

Mitralklappe fest. „Im Ultraschall haben wir gesehen,<br />

dass ein Segel der Aortenklappe prolabiert, also<br />

durchschlägt. Das bedeutet, dass das bereits in<br />

die Aorta gepumpte Blut teilweise wieder durch<br />

die Aortenklappe zurückfließt und damit die linke<br />

Herzkammer volumenüberladen ist. Eine gewisse<br />

Zeit kann das Herz diese Insuffizienz kompensieren,<br />

aber mit der Zeit dilatiert die Herzkammer und leiert<br />

dadurch sprichwörtlich aus. Aus dieser Gefügedilatation<br />

des Herzens hat sich in der Folge zusätzlich<br />

eine Undichtigkeit der Mitralklappe ergeben“.<br />

Mit dieser Diagnose ist Janett Wehrmann nun<br />

ein Fall für die interdisziplinäre Herzkonferenz im<br />

<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong>. Hier beraten Kardiologen und<br />

Herzchirurgen gemeinsam, welche Behandlung<br />

die Beste für den jeweiligen Patient ist. Vor allem<br />

aufgrund des noch jungen Alters der Patientin votiert<br />

die Herzkonferenz einstimmig für eine chirurgische<br />

Herzklappenoperation.<br />

Prof. Dr. Farhad Bakhtiary ist seit Juni 2021 Direktor<br />

der Klinik für Herzchirurgie und gilt mit über 9.000<br />

Herz-Operationen als einer der erfahrensten Herzchirurgen<br />

Deutschlands. „Janett Wehrmann war eigentlich<br />

eine eher ungewöhnliche Patientin für uns.<br />

Sie ist jung und man sieht ihr sofort an, dass sie viel für<br />

die eigene Gesundheit tut. Aber die Ultraschalluntersuchung<br />

hatte klar gezeigt, dass die Insuffizienz der<br />

beiden Klappen bereits weit fortgeschritten war. Das<br />

führt leider zu einer schlechten Prognose mit einer<br />

völlig anderen Überlebenskurve. Deswegen hatten<br />

wir ein tatsächlich sehr emotionales Vorgespräch“,<br />

erinnert sich Prof. Bakhtiary an das erste Treffen mit<br />

Janett Wehrmann.<br />

„Ich habe mich gefragt, wie können wir einer<br />

so jungen Patientin eine OP anbieten, die<br />

nachhaltig und state-of-the-art ist“.<br />

Schnell ist ihm klar, dass eine konventionelle<br />

Operation mit geöffnetem Brustbein nicht in Frage<br />

kommt. Stattdessen entscheidet sich der Herzchirurg<br />

für einen minimal-invasiven und voll-endoskopischen<br />

Doppelklappeneingriff, bei dem zunächst<br />

eine neue Aortenklappe implantiert und dann die<br />

▲ Der künstliche Ring, mit dem die geweitete Mitralklappe<br />

wieder in ihre ursprüngliche Form zurückgebracht wird.<br />

bestehende Mitralklappe rekonstruiert wird. „Wir<br />

sind eines der wenigen Herzzentren in Deutschland,<br />

die einen solchen minimal-invasiven Doppelklappeneingriff<br />

durchführen“, erklärt Prof. Bakhtiary. „Mit<br />

der Wahl der OP-Methode ist natürlich auch die Entscheidung<br />

für die passende Herzklappe verbunden.<br />

Bei so jungen Patienten wie Frau Wehrmann sehen<br />

die Leitlinien eigentlich die Implantation einer mechanischen<br />

Kappe vor“. Für die Patienten bedeutet<br />

dies jedoch die lebenslange Einnahme von blutverdünnenden<br />

Medikamenten mit dem Risiko entsprechender<br />

Blutungskomplikationen. „Als Herzchirurg<br />

bin ich deswegen sehr zurückhaltend was mechanische<br />

Prothesen angeht. Wir müssen den Menschen<br />

als Ganzes sehen. Früher war der wichtigste Faktor<br />

die Haltbarkeit der Klappe. Heute geht es immer<br />

mehr um die Lebensqualität der Patienten nach der<br />

OP und das ist gut so. Glücklicherweise stehen uns<br />

mittlerweile biologische Klappen zur Verfügung, mit<br />

denen 10, 15 oder 20 Jahre später eine sogenannte<br />

Valve-in-Valve-TAVI möglich ist und keine weitere<br />

Operation mehr notwendig wird“, erläutert Prof.<br />

Bakhtiary die präoperativen Überlegungen.<br />

Und auch Janett Wehrmann war mehr als glücklich,<br />

dass die Wahl auf eine biologische Aortenklappe<br />

fiel. „Ich habe in meiner ersten Reha Menschen mit<br />

mechanischen Klappen kennengelernt. Wenn es<br />

ruhig im Raum war, hat man tatsächlich das Klicken<br />

gehört. Da war für mich klar: Das möchte ich nicht.“<br />

biologische Prothese. Anschließend kann die ausgeleierte<br />

Mitralklappe mit Hilfe eines 28 Millimeter<br />

großen Ringes wieder in ihre ursprüngliche Form<br />

zurückgebracht werden. In der unmittelbar danach<br />

durchgeführten Ultraschalluntersuchung zeigen die<br />

Klappen einen perfekten Sitz und eine hervorragende<br />

Funktionalität.<br />

Wie bei solchen Eingriffen üblich verbringt Janett<br />

Wehrmann die erste Nacht auf der Intensivstation<br />

und kann bereits am nächsten Tag auf die Überwachungsstation<br />

verlegt werden. 48 Stunden nach<br />

dem Eingriff geht es dann auf die Normalstation, auf<br />

der sie bereits wieder aufstehen und über den Flur<br />

laufen kann.<br />

Rückblickend ist für Prof. Bakhtiary klar, dass Janett<br />

Wehrmann und ihr Lebensstil einen großen Einfluss<br />

auf den guten Verlauf der Erkrankung gehabt haben:<br />

„Hätte die Patientin nicht schon lange vor der<br />

Operation einen so gesunden Lebensstil gepflegt,<br />

hätte die Erkrankung auch einen völlig anderen<br />

Minimal-invasive OP<br />

3 21 28<br />

Stunden Dauer<br />

▲<br />

Millimeter große<br />

Aortenklappen-Prothese<br />

Verlauf nehmen können. Deswegen kann ich voller<br />

Überzeugung sagen, dass der viele Sport und das<br />

Aufpassen auf sich selbst sich wirklich mehr als<br />

gelohnt haben.“<br />

Und wie blickt Janett Wehrmann selbst auf die<br />

letzten 18 Monate zurück? „Natürlich war das ein<br />

harter Schlag. Ich mache Sport, Yoga, autogenes<br />

Training, ernähre mich gesund, und dann bekommt<br />

man so eine Diagnose. Das war natürlich im ersten<br />

Moment frustrierend für mich. Aber ich bin ein<br />

Mensch, der sehr viel Wert darauf legt, das Leben<br />

zu meistern und niemals stehen zu bleiben. Und<br />

genau deswegen hüpfe ich jetzt hier wieder rum wie<br />

so ein junges Reh als wäre nichts gewesen. Dafür<br />

bin ich unendlich dankbar und sage voller Vorfreude:<br />

Mexiko und China, ich komme!“.<br />

Felix Heyder<br />

Pressesprecher UKB-<strong>Herzzentrum</strong><br />

felix.heyder@ukbonn.de<br />

Prof. Dr. Farhad Bakhtiary und Janett Wehrmann bei einem Treffen knapp ein Jahr<br />

nach der Operation. Das Herzmodell auf dem Tisch hat den Maßstab 4:1.<br />

Millimeter Durchmesser<br />

Mitralklappen-Ring<br />

// Moderne Herzchirurgie<br />

| 22<br />

▲ Die neue biologische Aortenklappe wird durch den minimal-invasiven<br />

Zugang in den Brustraum eingeführt.<br />

Wenige Wochen später ist es dann soweit. Zu Beginn<br />

des rund dreistündigen herzchirurgischen Eingriffs<br />

erfolgt ein gerade einmal fünf Zentimeter kleiner<br />

Schnitt zwischen zwei Rippen. Dieser Zugang reicht<br />

Prof. Bakhtiary aus, um anschließend mit dem endoskopischen<br />

OP-Besteck den Eingriff durchführen<br />

zu können. Hinzu kommt ein zweiter, noch kleinerer<br />

Zugang, durch den eine nur zehn Millimeter breite<br />

Kamera in den Brustkorb der Patientin geschoben<br />

wird, die anschließend dreidimensionale Live-Bilder<br />

auf die Bildschirme im OP-Saal überträgt. Bei<br />

dem Doppelklappeneingriff entfernt das OP-Team<br />

um Prof. Bakhtiary zunächst die alte Aortenklappe<br />

und ersetzt sie durch eine 21 Millimeter große<br />

23 |


Foto | Felix Heyder<br />

Eine Pumpe für<br />

die Pumpe<br />

// Im Fokus: Herzschwäche<br />

Profilbilder wie das von Tuncay Kasikci gibt<br />

es millionenfach in den sozialen Medien. Zu<br />

sehen ist ein stolzer Vater mit Sonnenbrille,<br />

neben ihm seine zweijährige Tochter mit Schnuller<br />

im Mund und Spange im Haar. Man hat das Gefühl,<br />

beide werden nicht zum ersten Mal fotografiert.<br />

So sympathisch, so normal. Doch wer genauer<br />

hinguckt, entdeckt an der rechten Hüfte von Tuncay<br />

Kasikci einen weißen Schlauch, der aus einer<br />

Umhängetasche kommt und unter der schwarzen<br />

Jacke zu verschwinden scheint. Was auf den ersten<br />

Blick wie ein überdimensioniertes Kopfhörerkabel<br />

aussieht, ist für den 42-jährigen Kasikci überlebenswichtig.<br />

Denn der weiße Schlauch ist das<br />

Stromkabel, das seine mechanische Herzpumpe<br />

mit Energie versorgt und Tuncay Kasikci so vor<br />

dem plötzlichen Herztod schützt.<br />

Wie aus anfänglicher Luftnot eine höchstgradige<br />

Herzschwäche wurde, welche Rolle die familiäre<br />

Disposition dabei spielt, und warum eine mechanische<br />

Herzpumpe für Tuncay Kasikci am Ende die<br />

einzige Option war, all das soll in diesem Artikel<br />

näher beleuchtet werden.<br />

▲ Tuncay Kasikci trägt den Controller und die Akkus<br />

seiner Herzpumpe in einem Rucksack immer bei sich.<br />

| 24<br />

▲ Die vorbereitete Herzpumpe liegt im OP-Saal bereit. Sie besteht aus Titan<br />

und hat eine Pumpleistung von bis zu zehn Litern. An der Oberseite ist<br />

die Driveline zu erkennen, die nach der Implantation durch die Bauchdecke<br />

zum Controller geführt wird. Die zweite Leitung ist die Ausflusskanüle, die<br />

das Blut aus der linken Herzkammer über die Pumpe direkt in die Aorta<br />

transportiert. Der Rotor der Herzpumpe ist magnetisch gelagert und wird<br />

durch Induktion angetrieben. Die ganze Pumpe wiegt rund 250 Gramm.<br />

Wenn das Herz nicht mehr in der Lage ist, den Körper<br />

ausreichend mit sauerstoffreichem Blut zu versorgen,<br />

spricht man von einer Herzinsuffizienz, auch Herzmuskelschwäche<br />

oder Herzschwäche genannt. In<br />

Deutschland leiden schätzungsweise vier Millionen<br />

Menschen an der Erkrankung, Tendenz steigend.<br />

Die Herzinsuffizienz kann plötzlich, beispielsweise<br />

im Rahmen eines schwerwiegenden Herzinfarktes<br />

oder einer Herzmuskelentzündung, oder langsam<br />

und schleichend auftreten. Insbesondere bei der<br />

letzteren, eher chronischen Form sind die Symptome<br />

oft nicht eindeutig, weshalb diese Erkrankung nicht<br />

selten erst sehr spät erkannt wird.<br />

„Beim Blick auf die Symptome wird klar, dass die<br />

Herzinsuffizienz eine tückische Erkrankung ist. Denn<br />

die Beschwerden können zunächst unspektakulär<br />

und diffus sein und lassen sich deswegen nicht immer<br />

direkt dem Herzen zuordnen. Das birgt die Gefahr,<br />

dass Betroffene die Beschwerden falsch deuten und<br />

nicht zum Arzt gehen“, erklärt Prof. Georg Nickenig,<br />

Kardiologe und Direktor des <strong>Herzzentrum</strong>s <strong>Bonn</strong>.<br />

Genauso war es auch bei Tuncay Kasikci. Der<br />

gelernte Dachdecker ist ein sportlicher und durchtrainierter<br />

Mann, der seine Freizeit gerne im Fitnessstudio<br />

verbringt. Doch im Frühjahr <strong>2022</strong> bemerkt er,<br />

dass sich seine Kondition rapide verschlechtert. „Ich<br />

brauchte nur eine Etage hochgehen, schon habe ich<br />

geschnauft wie ein Hundertjähriger“, erzählt Kasikci<br />

beim Gespräch in <strong>Bonn</strong>. Nachdem er die Symptome<br />

zu Beginn noch ignoriert hat, geht er schließlich doch<br />

zu seinem Hausarzt: „Der hat dann ein EKG gemacht<br />

und als er auf die Werte guckte, hat sich sein Blick<br />

schlagartig verändert“. Sofort geht es für Kasikci in<br />

die Notaufnahme des Jung-Stilling-Krankenhauses<br />

in seiner Heimatstadt Siegen. Neben einem zweiten<br />

EKG werden dort zusätzliche Blutuntersuchungen,<br />

ein Herzultraschall und eine Herzkatheteruntersuchung<br />

durchgeführt. Die Ergebnisse dieser kardiologischen<br />

Diagnostik treffen den Familienvater vollkommen<br />

unvorbereitet. „Ein Arzt in der Notaufnahme<br />

sagte mir, dass ich eine lebensbedrohliche Pumpschwäche<br />

habe und auf gar keinen Fall zurück nach<br />

25 |


Im Fokus: Herzschwäche<br />

▲ Herzchirurg und Oberarzt Dr. Zaki Kohistani, LVAD-Koordinatorin und Herzinsuffizienz-Schwester Conny<br />

Euskirchen, Patient Tuncay Kasikci und Dr. Can Öztürk, Leiter des Fachbereichs Herzinsuffizienz, beim<br />

gemeinsamen Treffen im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> rund vier Monate nach der Operation.<br />

Foto | Felix Heyder // Im Fokus: Herzschwäche<br />

| 26<br />

Hause kann. In dem Moment dachte ich, ich bin im<br />

falschen Film“, erinnert sich Kasikci. Denn zu diesem<br />

Zeitpunkt hat der 42-jährige keinerlei Schmerzen<br />

und am Tag zuvor sogar noch 150 Kilogramm beim<br />

Bankdrücken geschafft. Um ihm den Ernst der Lage<br />

zu verdeutlichen, wählt der Arzt in der Notaufnahme<br />

deutliche Worte: „Er hat mir gesagt, ich könne froh<br />

sein, dass ich von der Hantelbank überhaupt noch<br />

aufgestanden bin“.<br />

Für Prof. Farhad Bakhtiary, Herzchirurg und Direktor<br />

des <strong>Herzzentrum</strong>s <strong>Bonn</strong>, ist ein solches Krankheitsbild<br />

typisch: „Oft kann der Körper die Auswirkungen<br />

einer ausgeprägten Herzschwäche über einen<br />

längeren Zeitraum ausgleichen und die Patienten<br />

merken es noch nicht einmal. Langfristig besteht<br />

jedoch die Gefahr einer dauerhaften Schädigung der<br />

Organsysteme, weshalb die Betroffenen in jedem<br />

Fall eine gezielte Behandlung benötigen“.<br />

Eine der häufigsten Ursachen der Herzinsuffizienz ist<br />

die Koronare Herzerkrankung (KHK), bei der es zur<br />

Verengung der Herzkranzgefäße durch Verkalkung<br />

oder Verfettung der Blutadern kommt. So auch bei<br />

Tuncay Kasikci. Bei ihm waren die Herzkranzgefäße<br />

bereits so verschlossen, dass die Ärzte in Siegen<br />

sie nicht einmal mehr mit Stents aufweiten können.<br />

Hinzu kommen Undichtigkeiten der Mitral- und Trikuspidalklappe,<br />

die zum ungewollten Rückfluss des<br />

Blutes führen, und zusätzlich eine schwere Herzmuskelerkrankung<br />

(Kardiomyopathie). Im Ergebnis<br />

liegt die Pumpleistung von Kasikcis Herz zu diesem<br />

Zeitpunkt bei gerade einmal 22%. Zum Vergleich:<br />

Ein normaler Wert liegt bei über 55%.<br />

„Natürlich war das ein Schock. Da ist für mich<br />

erstmal eine Welt zusammengebrochen, denn auf<br />

einmal ist man mit dem eigenen Tod konfrontiert.<br />

Das war schon krass“, erinnert sich der Vater von<br />

fünf Kindern. „Aber meine ganze Familie hat mir gut<br />

zugeredet und gesagt: Du schaffst das“.<br />

Für die weitere Behandlung wird der 42-jährige<br />

nun in das <strong>Herzzentrum</strong> nach <strong>Bonn</strong> verlegt, wo die<br />

interdisziplinäre Herzkonferenz aus Kardiologen,<br />

Herzchirurgen und Anästhesisten ausführlich über<br />

die Befunde berät. Die Diskussion der Herzspezialisten<br />

fasst Oberarzt und Herzchirurg Dr. Zaki Kohistani<br />

so zusammen: „Es war schnell klar, dass wir nicht<br />

um eine Operation herumkommen würden. Denn<br />

bei der geringen Pumpleistung wäre ein schwerer<br />

Herzinfarkt nur eine Frage der Zeit gewesen. Das<br />

Herz wäre dann einfach stehengeblieben. Die Lebenserwartung<br />

lag zu diesem Zeitpunkt bei wenigen<br />

Monaten“. Da Tuncay Kasikci dem Einbau eines mechanischen<br />

Kreislaufunterstützungssystems wegen<br />

der damit verbundenen Einschränkungen im Alltag<br />

kritisch gegenübersteht, entscheiden sich die Ärzte<br />

für eine herzchirurgische Operation, bei der zunächst<br />

ein Bypass die Versorgung des Herzens mit sauerstoffreichem<br />

Blut sicherstellen soll. Anschließend<br />

wollen die Ärzte sowohl die undichte Mitral- als<br />

auch die Trikuspidalklappe mit einem Ring wieder in<br />

Form bringen. „Mit einer solchen Operation können<br />

wir das Herz nachhaltig entlasten und hoffen, dass<br />

sich in der Folge dann auch die Pumpleistung wieder<br />

verbessert“, erklärt Kohistani die Strategie.<br />

Die rund vierstündige Operation verläuft komplikationslos.<br />

Doch einige Stunden später verschlechtert<br />

sich der Zustand des 42-jährigen Patienten so<br />

deutlich, dass die Ärzte ihn noch im Stationszimmer<br />

an eine ECMO anschließen. Diese künstliche Lunge<br />

stabilisiert die Hämodynamik zusehends, so dass sie<br />

nach wenigen Tagen wieder entfernt werden kann.<br />

Für Tuncay Kasikci geht es nun auf die Überwachungsstation<br />

mit der Aussicht das Krankenhaus<br />

einige Tage später wieder verlassen zu können.<br />

Doch eine akute Herzrhythmusstörung (Tachyarrhythmia<br />

absoluta) zwingt die Ärzte zwei Tage<br />

später dazu Kasikci erneut auf die Intensivstation zu<br />

verlegen. Nach erfolgreicher Kardioversion wird bei<br />

einem Herzultraschall festgestellt, dass die Pumpleistung<br />

nun nur noch bei 20% liegt.<br />

27 |


Im Fokus: Herzschwäche<br />

| 28<br />

„Zu diesem Zeitpunkt war das ein Ping-Pong-Spiel:<br />

Wir stabilisieren den Patienten auf der Intensivstation,<br />

verlegen ihn zurück auf die Normalstation<br />

und wissen mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass<br />

er kurze Zeit später wieder intensivpflichtig sein<br />

wird“, erinnert sich Zaki Kohistani an diese Zeit. Sein<br />

Kollege Dr. Can Öztürk, Kardiologe und Leiter des<br />

Herzinsuffizienz-Bereichs, ergänzt: „An der Stelle<br />

hatten wir nahezu alle medizinischen Therapieoptionen<br />

bei einer so schweren Herzschwäche ausgeschöpft:<br />

Wir hatten die verstopften Herzkranzgefäße<br />

revaskularisiert, die undichten Klappen rekonstruiert<br />

und mithilfe einer Kardioversion auch die Herzrhythmusstörungen<br />

in den Griff bekommen. Wenn<br />

trotz dieser maximalen Therapie die Herzleistung<br />

immer noch unter 25% liegt, bleiben nur noch zwei<br />

Optionen: Entweder die Implantation eines mechanischen<br />

Kreislaufunterstützungssystems (LVAD) und/<br />

oder die Herztransplantation“. Nach ausführlicher<br />

Evaluation raten die Ärzte Tuncay Kasikci zur Implantation<br />

eines LVAD.<br />

Die Aufklärung für diese Operation übernimmt<br />

Herzchirurg Kohistani. Mit dabei ist auch Conny<br />

Euskirchen. Sie ist eine von zwei LVAD-Koordinatorinnen<br />

im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> und bringt zu solchen<br />

Gesprächen immer das Modell eines LVAD als Anschauungsmaterial<br />

mit. „Wir erklären den Patienten<br />

dann ausführlich, was das Gerät eigentlich macht,<br />

wie es funktioniert und wie der Alltag mit einer<br />

solchen Herzpumpe aussieht. Natürlich ist das eine<br />

Entscheidung von großer Tragweite und viele bitten<br />

deswegen erstmal um eine Nacht Bedenkzeit.“ So<br />

auch Tuncay Kasikci. Nach ausführlichen Gesprächen<br />

mit den Ärzten und seiner Familie steht 24 Stunden<br />

später die Entscheidung für die Implantation eines<br />

LVAD.<br />

An der Operation am nächsten Tag sind insgesamt<br />

elf Personen beteiligt: Drei Ärzte, vier Pflegekräfte,<br />

zwei Anästhesisten, ein Kardiotechniker sowie ein<br />

Medizintechniker. „Ich habe auf cool gemacht und<br />

sogar bei der Einleitung noch mit den Anästhesisten<br />

gescherzt. Aber natürlich hatte ich auch bei dieser<br />

Operation wieder Bammel. Man hängt ja am Leben,<br />

vor allem weil ich meinen Vater mit elf Jahren wegen<br />

▲ Im Rucksack von Tuncay Kasikci befinden sich zwei<br />

Akkus und der Controller.<br />

▲ Schematische Darstellung eines Left Ventricular<br />

Assist Device (LVAD): Die Pumpe wird in die Herzspitze<br />

implantiert und leitet das Blut über einen Graft<br />

in die Aorta ascendens. Die Stromversorgung erfolgt<br />

über eine Driveline, die durch die Bauchdecke ausgeleitet<br />

wird und mit der batteriebetriebenen Steuereinheit<br />

verbunden ist.<br />

eines Herzinfarkts verloren habe und jetzt selbst<br />

Vater von fünf Kindern bin“, erinnert sich Kasikci an<br />

den Tag der OP.<br />

Doch die Sorgen sind unbegründet, die OP verläuft<br />

wie geplant. Nachdem die Pumpe an der Herzspitze<br />

implantiert und die Outflow-Kanüle an der Aorta angeschlossen<br />

ist, wird die Driveline als Verbindungskabel<br />

zwischen Herzpumpe und externen Controller<br />

durch die Bauchdecke geführt. Anschließend kann<br />

das LVAD unter laufender Herz-Lungen-Maschine<br />

eingeschaltet werden. Mit einem Fluss von 4,5<br />

Litern bei 5.000 Umdrehungen in der Minute sorgt<br />

die Pumpe nun dafür, dass ausreichend Blut von<br />

der linken Herzkammer in die Aorta gepumpt wird,<br />

so dass die Leistung der Herz-Lungen-Maschine<br />

schrittweise zurückgefahren werden kann. Drei<br />

Stunden nach Beginn der Operation kann Herzchirurg<br />

Kohistani der Frau von Tuncay Kasikci am Telefon<br />

berichten, dass die Operation komplikationslos<br />

verlaufen ist.<br />

Als Kasikci drei Monate nach dem Eingriff für eine<br />

Nachsorgeuntersuchung im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> ist,<br />

bleibt Zeit um gemeinsam mit den Ärzten ein erstes<br />

Fazit ziehen.<br />

„Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf, vor allem<br />

wenn man bedenkt, wie es dem Patienten zwischenzeitlich<br />

mal ging. Leider lässt sich die familiäre<br />

Disposition mit der genetischen Veranlagung weder<br />

wegoperieren noch beseitigen. Aber wenn der<br />

Patient konsequent an seinen Risikofaktoren arbeitet<br />

und seine Medikamente regelmäßig einnimmt,<br />

stehen die Chancen auf ein normales und stabiles<br />

Leben mehr als gut“, bilanziert der Kardiologe Öztürk.<br />

Und auch Tuncay Kasikci blickt optimistisch in die<br />

Zukunft: „Mein Körper hat die Pumpe direkt angenommen,<br />

aber das im Kopf zu akzeptieren dauert<br />

dann doch etwas länger. Natürlich bin ich noch nicht<br />

wieder der Alte, aber ich merke, dass es langsam<br />

und schrittweise wieder bergauf geht. Ich gehe regelmäßig<br />

ins Fitnessstudio, fahre Fahrrad und habe<br />

jetzt auch wieder mit dem Krafttraining begonnen.<br />

Fazit<br />

Das <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> implantiert jährlich rund<br />

25 LVAD-Systeme und gehört damit zu den<br />

großen Zentren in Deutschland. Die Zertifizierung<br />

als überregionales HFU-Zentrum im Jahr 2021<br />

belegt die hohe Qualität der komplexen Behandlung<br />

von Herzinsuffizienz-Patienten.<br />

Conny Euskirchen und Stephanie Schultz sorgen<br />

als speziell ausgebildete LVAD-Koordinatorinnen<br />

nach der Operation für eine engmaschige<br />

Betreuung, sind Ansprechpartnerinnen bei<br />

Fragen und überwachen die Werte der Patienten.<br />

Bereits während des Krankenhausaufenthalts<br />

schulen sie zudem die Patienten und ihre Angehörigen<br />

im Umgang mit dem neuen Gerät und<br />

erklären, wie der zweimal pro Woche notwendige<br />

sterile Verbandswechsel funktioniert.<br />

Ich nehme also am Leben und vor allem am Leben<br />

meiner Kinder teil. Im Sommer waren wir als Familie<br />

häufig im Freibad. Ich kann wegen der Akkus zwar<br />

nicht mehr mit den Kindern ins Wasser, aber dafür<br />

kann ich am Beckenrand sitzen, die Beine ins Wasser<br />

halten und meinen Kindern beim Schwimmen zu<br />

gucken. Ich muss also hier und da andere Wege<br />

gehen, aber am Ende kommen wir ans gleiche Ziel“.<br />

Felix Heyder<br />

Pressesprecher UKB-<strong>Herzzentrum</strong><br />

felix.heyder@ukbonn.de<br />

Für Patienten mit einem LVAD gibt es nach der<br />

Operation drei verschiedene Szenarien:<br />

• Destination Therapie: Die Herzpumpe bleibt<br />

bis zum Lebensende des Patienten im Körper.<br />

Die Lebenserwartung liegt bei etwa 6-10<br />

Jahren<br />

• Bridge to Recovery: Unter Einsatz des LVAD<br />

erholt sich das Herz und die Pumpleistung,<br />

und die Herzpumpe kann wieder explantiert<br />

werden<br />

• Bridge to HTx: Der Patient wird für eine<br />

Transplantation vorgemerkt. Sobald ein<br />

passendes Spenderorgan da ist, wird das<br />

LVAD nicht mehr benötigt<br />

LVAD-<br />

System<br />

10<br />

Liter pro Minute maximale Pumpleistung<br />

24<br />

Stunden pro Tag Stromversorgung notwendig<br />

▲<br />

Schon wenige Monate nach der Operation kann<br />

Tuncay Kasikci wieder mit leichtem Ausdauertraining<br />

beginnen.<br />

// Im Fokus: Herzschwäche<br />

29 |


<strong>Herzzentrum</strong> Foto | Felix Heyder <strong>Bonn</strong><br />

Schwanger trotz<br />

Herzerkrankung<br />

// EMAH-Ambulanz<br />

In den letzten Jahrzehnten ist der Prozentsatz<br />

der Frauen, die trotz einer angeborenen Herzerkrankung<br />

schwanger geworden sind, erheblich<br />

gestiegen. Dank des medizinischen Fortschrittes<br />

erreichen nämlich immer mehr Frauen mit einem<br />

angeborenen Herzfehler das Erwachsenenalter<br />

und beschäftigen sich folglich auch mit der Familienplanung.<br />

In den letzten Jahrzehnten ist der Prozentsatz der<br />

Frauen, die trotz einer angeborenen Herzerkrankung<br />

schwanger geworden sind, erheblich gestiegen.<br />

Dank des medizinischen Fortschrittes erreichen<br />

nämlich immer mehr Frauen mit einem angeborenen<br />

Herzfehler das Erwachsenenalter und beschäftigen<br />

sich folglich auch mit der Familienplanung.<br />

Grundsätzlich gilt, dass eine Schwangerschaft mit<br />

erheblichen Umstellungen des Herz-Kreislauf-Systems<br />

einhergeht. Vereinfacht gesagt kann man<br />

sich eine Schwangerschaft als Dauer-Marathon für<br />

das Herz der Mutter vorstellen. Der periphere Gefäßwiderstand<br />

fällt ab, das Herzzeitvolumen steigt<br />

dagegen an. Es kommt zu einer 1,5-fachen Erhöhung<br />

des Blut- und Herzzeitvolumens. Daher muss mit<br />

einer unter Umständen gravierenden Belastung<br />

für die Patientin gerechnet werden und es können<br />

Komplikationen wie beispielsweise eine kardiale<br />

Dekompensation, u.a. Wasser in den Beinen und<br />

Luftnot, auftreten. Aber auch nach der Geburt ändert<br />

sich die Herz-Kreislauf-Situation relevant, so dass im<br />

Zeitraum um die Geburt und in den Wochen danach<br />

ein besonderes Augenmerk auf die Patientinnen<br />

gelegt werden muss. Der individuelle Verlauf der<br />

Schwangerschaft hängt von mehreren Faktoren ab:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

dem zugrunde liegenden Herzfehler<br />

den Symptomen<br />

der eventuellen Notwendigkeit der interventionellen<br />

oder operativen Verbesserung vor<br />

Eintreten der Schwangerschaft<br />

| 30<br />

▲ Marina Kellidou-Nebgen mit ihren beiden Kindern<br />

und Dr. Diana Momcilovic, EMAH-Kardiologin im<br />

<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong>.<br />

Gerade ein bereits erkranktes Herz kann von einer<br />

Schwangerschaft überfordert werden. Daher ist eine<br />

detaillierte Kontrolle und Beratung in einer spezialisierten<br />

Klinik wie dem <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong>, idealerweise<br />

noch vor Eintreten einer Schwangerschaft,<br />

notwendig. Ziel ist es den Gesundheitszustand<br />

zu erfassen sowie ggf. weitere Untersuchungen<br />

wie MRT- oder Belastungsuntersuchungen, sog.<br />

Spiroergometrien, durchzuführen.<br />

31 |


EMAH-Ambulanz<br />

Beispielhaft soll an dieser Stelle die Patientin Laura<br />

Zimmermann (Name geändert) vorgestellt werden.<br />

Aufgrund von Herzrhythmusstörungen trägt sie seit<br />

ihrer Jugend einen Schrittmacher. Zusätzlich besteht<br />

bei ihr eine mittel- bis hochgradige Trikuspidalklappeninsuffizienz.<br />

Zur Planung einer Schwangerschaft<br />

stellte sie sich initial in der Spezialsprechstunde<br />

bei Prof. Dr. Waltraut Merz, Leiterin der Sektion<br />

maternale Medizin in der Abteilung für Geburtshilfe<br />

und Pränatale Medizin, vor. Im gemeinsamen<br />

Schwangerschafts-Herz-Team betreuen wir die<br />

Patientinnen in einem Team bestehend aus Geburtshilfe,<br />

Kardiologie, Kinderkardiologie, Radiologie und<br />

Anästhesie. Vor einer Schwangerschaft wird aus<br />

kardiologischer Sicht geprüft, ob therapeutische<br />

Maßnahmen notwendig sind oder die bestehende<br />

medikamentöse Therapie umgestellt werden<br />

sollte, da ggf. Medikamente, die das Ungeborene<br />

schädigen können zur Unterstützung der Herzfunktion<br />

eingenommen werden müssen. So dürfen<br />

beispielsweise die bei kardiologischen Patientinnen<br />

oft verwendeten ACE-Hemmer nicht eingenommen<br />

werden, da das Risiko schwerer Fehlbildungen beim<br />

Kind zu hoch ist und sogar ein tödlicher Ausgang für<br />

das Kind möglich ist. Auch eine bereits bestehende<br />

Blutverdünnung mit beispielsweise Marcumar bei<br />

Patientinnen mit mechanischen Herzklappen stellt<br />

die betreuenden Ärzte vor eine Herausforderung.<br />

Denn einerseits ist eine Klappenthrombose das<br />

größte Risiko für diese schwangeren Frauen, andererseits<br />

besteht die Sorge vor fetalen Fehlbildungen<br />

▲ Regelmäßige Herzultraschall-Untersuchungen sind<br />

ein wesentlicher Teil der engmaschigen Betreuung in der<br />

EMAH-Ambulanz.<br />

▲ Marina Kellidou-Nebgen und Dr. Diana Momcilovic.<br />

Schwangerschaft nehmen konnten. Ihre Schwangerschaft<br />

und Geburt verliefen unter regelmäßiger<br />

geburtshilflicher und kardiologischer Kontrolle<br />

unproblematisch und mittlerweile ist sie glückliche<br />

Mutter eines gesunden Kindes geworden.<br />

Das bereits angesprochene Schwangerschafts-Herz-<br />

Team trifft sich einmal im Monat, um alle Patientinnen<br />

interdisziplinär zu besprechen. Ziel dieser monatlichen<br />

Konferenz ist das Abschätzen möglicher<br />

Komplikationen während der Schwangerschaft oder<br />

bei der Geburt.<br />

Die häufigsten kardialen Komplikationen in der<br />

Schwangerschaft sind Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen.<br />

Das erhöhte Thromboserisiko<br />

während einer Schwangerschaft darf ebenfalls nicht<br />

vergessen werden. Eine Orientierung erfolgt anhand<br />

der Risikoklassen der Weltgesundheitsorganisation.<br />

Wie man der Tabelle entnehmen kann, wird je nach<br />

Herzerkrankung in vier Klassen unterteilt. Patientinnen<br />

aus der Risikoklasse vier muss sogar von einer<br />

Schwangerschaft abgeraten werden, da das Risiko<br />

gravierender Komplikationen inklusive Tod deutlich<br />

erhöht ist. Betont werden muss an dieser Stelle<br />

jedoch, dass die Entscheidung über eine Schwangerschaft<br />

letztlich immer von der Frau selbst getroffen<br />

wird und es in solchen Fällen unsere Aufgabe ist die<br />

Patientinnen über die bestehenden Risiken ausführlich<br />

aufzuklären und beratend zu agieren. Je nach<br />

Risikoklasse unterscheidet sich auch die Häufigkeit<br />

der Kontrolluntersuchungen. Es muss daher auch<br />

entschieden werden, wie oft beispielsweise eine<br />

Herzultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft<br />

erfolgen soll. Ebenso besprechen wir den<br />

optimalen Geburtsmodus für die Patientinnen.<br />

Wie sich Risiken mithilfe häufiger Kontrolluntersuchungen<br />

minimieren lassen, zeigt das Beispiel<br />

von Marina Kellidou-Nebgen. Die heute 33-jährige<br />

Aortenstenose, die im Alter von sieben Jahren mithilfe<br />

einer herzchirurgischen Operation behandelt wurde.<br />

„Für mich war klar, dass ich gerne Kinder kriegen<br />

möchte und ich habe deswegen schon früh die Ärzte<br />

gefragt: Ist das mit meiner Vorerkrankung und den<br />

zusätzlichen Belastungen überhaupt möglich?“,<br />

erinnert sich Kellidou-Nebgen an die Gespräche mit<br />

den EMAH-Experten. Nach intensiven Beratungen<br />

und diagnostischen Untersuchungen geben die<br />

Ärzte grünes Licht und Kellidou-Nebgen bekommt<br />

2018 ihr erstes Kind, das in der Uniklinik <strong>Bonn</strong> zur<br />

Welt kommt.<br />

Während die erste Schwangerschaft nahezu komplikationslos<br />

verlief, wird die zweite Schwangerschaft<br />

zu einer Herausforderung. Aufgrund von Herzrhythmusstörungen<br />

mit einem unregelmäßigen Herzschlag<br />

und Schwindelgefühlen entschieden wir uns<br />

die schwangere Patientin zwischenzeitlich stationär<br />

aufzunehmen, um eine bessere Überwachung im<br />

<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> sicherstellen zu können. Auch<br />

nach der Entlassung erfolgte eine engmaschige<br />

Anbindung mit wöchentlichen Langzeit-EKGs, um<br />

frühzeitig auf mögliche Komplikationen für Mutter<br />

und Kind reagieren zu können.<br />

„Ich habe mir in den Wochen schon einige<br />

Sorgen gemacht und mich gefragt: Wie wird<br />

das jetzt noch bis zur Geburt? Schließlich<br />

wächst das Baby ja noch“,<br />

beschreibt Marina Kellidou-Nebgen diese Zeit.<br />

Doch mithilfe der regelmäßigen Überwachung und<br />

interdisziplinären Betreuung verläuft die restliche<br />

Schwangerschaft komplikationslos und im Sommer<br />

<strong>2022</strong> bringt Marina Kellidou-Nebgen ihr zweites<br />

Kind im Eltern-Kind-Zentrum der Uniklinik <strong>Bonn</strong> zur<br />

Welt.<br />

Rückblickend ist sie dankbar für die enge Anbindung<br />

und die spezialisierte EMAH-Versorgung. „Hätten<br />

mir die Ärzte von einer Schwangerschaft abgeraten,<br />

wäre ich das Risiko nicht eingegangen. Jetzt bin ich<br />

glücklich, dass alles so gut verlaufen und unsere Familienplanung<br />

mit zwei Kindern abgeschlossen ist“,<br />

freut sich die junge Mutter.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dank<br />

des medizinischen Fortschritts viel mehr Frauen<br />

mit angeborenen Herzfehlern schwanger werden<br />

können, als in deren Kindheit erwartet. Eine wichtige<br />

Voraussetzung ist jedoch, dass die Patientinnen<br />

und Blutungen.<br />

In die Beratungsgespräche werden oft auch die<br />

Lebenspartner miteinbezogen, um so gemeinschaftlich<br />

informiert und beraten werden zu können. Bei<br />

Laura Zimmermann waren es sogar gleich mehrere<br />

Gespräche und Beratungen, in denen wir mögliche<br />

Risiken und Komplikationen erörtert haben und<br />

ihr so die Sorgen vor einem schweren Verlauf der Frau aus Bornheim bei <strong>Bonn</strong> hat eine angeborene<br />

| 32 33 |<br />

▲<br />

Geballte medizinische Kompetenz in der Geburtshilfekonferenz (im Uhrzeigersinn): Dr. Christopher Hart<br />

(Oberarzt Kinderkardiologie, Leiter Schnittbildgebung), Prof. Dr. Waltraut Merz (Leiterin Spezielle Geburtshilfe<br />

und Perinatalmedizin), Prof. Dr. Martin Schneider (Co-Direktor Kinderkardiologie), Dr. Andrea Gieselmann<br />

(Oberärztin Kinderkardiologie, EMAH-Schwerpunkt), Dr. Birgit Bette (Oberärztin Anästhesie), Prof. Dr. Brigitte<br />

Strizek (Leitung Geburtshilfe und Pränatale Medizin), Dr. Diana Momcilovic (Funktionsoberärztin Kardiologie,<br />

EMAH-Schwerpunkt) und Dr. Tiyasha Ayub (Oberärztin Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin).<br />

// EMAH-Ambulanz


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// EMAH-Ambulanz<br />

sich idealerweise noch vor der Schwangerschaft<br />

melden, damit sie gemeinschaftlich kardiologisch<br />

und geburtshilflich beraten werden können. Denn<br />

dies eröffnet die Möglichkeit, dass gegebenenfalls<br />

Behandlungen durchgeführt werden können, die<br />

die Ausgangsbedingungen für eine Schwangerschaft<br />

verbessern und das Risiko für Komplikationen<br />

während der Schwangerschaft minimieren. Darüber<br />

hinaus lässt sich eine Medikamentenumstellung<br />

frühzeitig umsetzen. Aber auch bei bereits bestehender<br />

Schwangerschaft lautet unsere Empfehlung<br />

sich frühzeitig bei uns vorzustellen, weil nur dann die<br />

Mutter und das ungeborene Kind von der Kompetenz<br />

und Erfahrung unseres interdisziplinären Schwangerschafts-Herz-Teams<br />

profitieren können.<br />

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93<br />

Dr. Diana Momcilovic<br />

Funktionsoberärztin Kardiologie (EMAH)<br />

diana.momcilovic@ukbonn.de<br />

Schwangere EMAH-Patientinnen im Jahr 2021 im<br />

UKB betreut und behandelt<br />

| 34<br />

Tabelle 3: Modifizierte World Health Organization-Klassifikation für das mütterliche kardiovaskuläre Risiko<br />

Diagnose<br />

(falls ansonsten gesund<br />

und unkompliziert)<br />

Risiko<br />

mWHO I mWHO II mWHO II–III mWHO III mWHO IV<br />

Kleine(r) oder leichte(r)<br />

Pulmonalstenose<br />

offener Ductus arteriosus<br />

Botalli<br />

Mitralklappenprolaps<br />

Erfolgreich operierte einfache<br />

Läsion (Vorhof- oder<br />

Ventrikelsep tumdefekt, offener<br />

Ductus arteriosus Botalli,<br />

Pulmonalvenenfehlmündung)<br />

Isolierte atriale oder ventrikuläre<br />

Extrasystolen<br />

Kein nachweisbar erhöhtes<br />

mütterliches Sterberisiko und<br />

keine/nur leicht erhöhte<br />

Morbidität<br />

Nicht operierter Vorhof- oder<br />

Ventrikelseptumdefekt<br />

Operierte Fallot’sche Tetralogie<br />

Die meisten Herzrhythmusstörungen<br />

(supraventrikuläre<br />

Arrhythmien)<br />

Turner-Syndrom ohne<br />

Aortendilatation<br />

Gering erhöhtes mütterliches<br />

Sterberisiko oder moderater<br />

Anstieg der Morbidität<br />

Leichte linksventrikuläre<br />

Funktionseinschränkung<br />

(EF > 45%)<br />

Hypertrophe<br />

Kardiomyopathie<br />

Native Klappenerkrankung<br />

oder nach biologischem<br />

Klappenersatz, nicht WHO<br />

I oder IV eingestuft (leichte<br />

Mitralstenose, mäßige<br />

Aortenstenose)<br />

Marfan- oder anderes<br />

HTAD-Syndrom ohne<br />

Aortendilatation<br />

Aorta < 45 mm bei<br />

bikuspider<br />

Aortenklappenerkrankung<br />

Operierte Koarktation<br />

Atrioventrikulärer<br />

Septumdefekt<br />

Mäßig erhöhtes<br />

mütterliches Sterberisiko<br />

oder moderat bis stark<br />

erhöhte Morbidität<br />

Moderate linksventrikuläre<br />

Funktionseinschränkung<br />

(EF 30–45%)<br />

Frühere peripartale<br />

Kardiomyopathie ohne residuale<br />

Funktionsstörung des linken<br />

Ventrikels<br />

Mechanische Herzklappe<br />

Systemischer rechter Ventrikel<br />

mit guter oder leicht<br />

eingeschränkter<br />

Ventrikelfunktion<br />

Fontan-Zirkulation<br />

Wenn es der Patientin ansonsten<br />

gut geht und die Herzerkrankung<br />

unkompliziert ist<br />

Nicht operierte zyanotische<br />

Herzkrankheit<br />

Sonstige komplexe<br />

Herzerkrankung<br />

Moderate Mitralstenose<br />

Schwere asymptomatische<br />

Aortenstenose<br />

Moderate Aortendilatation<br />

(40–45 mm bei Marfan-Syndrom<br />

oder anderer HTAD;<br />

45–50 mm bei bikuspider<br />

Aortenklappe, Turner-Syndrom<br />

ASI 20–25 mm/m 2 , Fallot’sche<br />

Tetralogie < 50 mm)<br />

Ventrikuläre Tachykardie<br />

Deutlich erhöhtes mütterliches<br />

Sterberisiko oder erhebliche<br />

Morbidität<br />

Pulmonalarterielle Hypertonie<br />

Schwere systemische<br />

Ventrikeldysfunktion (EF < 30%<br />

oder NYHA-Klasse III–IV)<br />

Frühere peripartale<br />

Kardiomyopathie mit<br />

verbliebener Funktionsstörung<br />

des linken Ventrikels<br />

Schwere Mitralstenose<br />

Schwere symptomatische<br />

Aortenstenose<br />

Systemischer rechter Ventrikel<br />

mit mäßig oder schwer<br />

eingeschränkter<br />

Ventrikelfunktion<br />

Schwere Aortendilatation<br />

(> 45 mm bei Marfan-Syndrom<br />

oder anderer HTAD, > 50 mm<br />

bei bikuspider Aortenklappe,<br />

Turner-Syndrom ASI > 25 mm/m 2 ,<br />

Fallot’sche Tetralogie > 50 mm)<br />

Vaskuläres<br />

Ehlers-Danlos-Syndrom<br />

Schwere (Re-)Koarktation<br />

Fontan mit irgendeiner<br />

Komplikation<br />

Tabelle 3: Modifizierte World Health Organization-Klassifikation für das mütterliche kardiovaskuläre Risiko (Fortsetzung)<br />

Mütterliche kardiale 2,5–5 % 5,7–10,5 % 10–19 % 19–27 % 40–100 %<br />

Ereignisrate<br />

mWHO I mWHO II mWHO II–III mWHO III mWHO IV<br />

Beratung Ja Ja Ja Ja: Beratung durch Spezialisten<br />

erforderlich<br />

Extrem hohes mütterliches<br />

Sterberisiko oder erhebliche<br />

Morbidität<br />

Ja: Schwangerschaft<br />

kontraindiziert.<br />

Kommt es zu einer<br />

Schwangerschaft, sollte deren<br />

Abbruch besprochen werden<br />

Versorgung während der örtliches Krankenhaus örtliches Krankenhaus Krankenhaus in das Auf Herzerkrankungen in der Auf Herzerkrankungen in der<br />

10 11<br />

Schwangerschaft<br />

eingewiesen wurde Schwangerschaft spezialisiertes<br />

Zentrum<br />

tes<br />

Schwangerschaft spezialisier-<br />

Zentrum<br />

Mindest-Kontrollbesuche<br />

während der<br />

Schwangerschaft<br />

Ein- oder zweimal Einmal im Trimenon alle 2 Monate Alle 1–2 Monate Monatlich<br />

Ort für die Entbindung örtliches Krankenhaus örtliches Krankenhaus Krankenhaus in das<br />

eingewiesen wurde<br />

HTAD = vererbbare thorakale Aortenerkrankung<br />

Tabelle 4: Prädiktoren für Komplikationen bei Mutter und Neugeborenem<br />

Prädiktoren für mütterliche kardiovaskuläre Komplikationen<br />

Vorheriges kardiales Ereignis (Herzinsuffizienz, transitorische ischämische Attacke, Schlaganfall,<br />

Arrhythmie)<br />

NYHA-Klasse III/IV<br />

Auf Herzerkrankungen in der<br />

Schwangerschaft spezialisiertes<br />

Zentrum<br />

Prädiktoren für Komplikationen beim Neugeborenen<br />

NYHA-Klasse III/IV oder Zyanose bei der vorgeburtlichen Grunduntersuchung<br />

Linksherzobstruktion der Mutter<br />

Auf Herzerkrankungen in der<br />

Schwangerschaft spezialisiertes<br />

Zentrum<br />

©ESC 2018<br />

©ESC 2018<br />

Abbott<br />

The Corporate Village, Da Vincilaan 11 Box F1, 1935 Zaventem, Belgium, +32 2 774 68 11, Cardiovascular.abbott<br />

Kurze Zusammenfassung: Vor der Verwendung dieser Geräte lesen Sie bitte die Gebrauchsanweisung für eine vollständige Liste der Indikationen,<br />

Kontraindikationen, Warnungen, Vorsichtsmaßnahmen, potenziellen unerwünschten Ereignisse und Gebrauchsanweisungen.<br />

Bezeichnet eine Marke der Abbott-Unternehmensgruppe.<br />

© <strong>2022</strong> Abbott. Alle Rechte vorbehalten.<br />

MAT-2209981 v1.0 | Artikel nur für die Verwendung in EMEA zugelassen.<br />

HeartMate 3<br />

Linksherzunterstützungssystem<br />

(LVAD)


„<br />

// <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

Es muss von Herzen<br />

kommen, was auf<br />

Herzen wirken soll.“<br />

Johann Wolfgang von Goethe


Dr. Miriam Silaschi<br />

| 38<br />

Dr. Miriam Silaschi hat bis<br />

2013 Medizin an der Universität<br />

Hamburg studiert. Danach war<br />

sie Assistenzärztin am Universitätsklinikum<br />

Hamburg-Eppendorf.<br />

2015 ging sie für ein Jahr<br />

als Fellow an das renommierte<br />

King´s College in London. Anschließend<br />

hat sie drei Jahre als<br />

Assistenzärztin in der Herzchirurgie<br />

des Universitätsklinikums<br />

Halle gearbeitet, bevor sie 2019<br />

dann an das <strong>Herzzentrum</strong> der<br />

Uniklinik <strong>Bonn</strong> gewechselt ist.<br />

„Mir haben immer alle<br />

gesagt, das geht nicht“<br />

Liebe Frau Dr. Silaschi, ursprünglich waren wir für<br />

14 Uhr verabredet, dann haben Sie angerufen und<br />

gefragt, ob es auch später geht. Jetzt haben wir<br />

17.15 Uhr. Ist das heute ein typischer Tag für Sie?<br />

Ja, vermutlich schon. Heute Mittag wurde ein Patient<br />

in die Notaufnahme eingeliefert und es stellte sich<br />

heraus, dass er eine Aortendissektion hat. Weil das<br />

eine akut lebensbedrohliche Erkrankung ist, wurde<br />

der Patient sofort zu uns in die Herzchirurgie verlegt,<br />

wo wir ihn notoperiert haben. In solchen Momenten<br />

muss man flexibel umdisponieren können. Unsere<br />

Tage und die Situationen hier in der Herzchirurgie<br />

sind schon sehr dynamisch. Natürlich gibt es einen<br />

OP-Plan, aber wenn - wie gerade geschehen - ein<br />

Notfall eingeliefert wird, dann müssen wir kurzfristig<br />

umplanen.<br />

Was stand heute sonst noch an?<br />

Mein Tag in der Klinik ging um 7.30 Uhr los. Nach<br />

der Frühbesprechung habe ich zunächst bei einer<br />

Bypass-OP assistiert. Dann standen drei TAVIs<br />

(Implantation einer neuen Aortenklappe) mit den<br />

Kollegen aus der Kardiologie auf dem Programm,<br />

außerdem eine Stations-Visite, mehrere Telefonate<br />

mit Angehörigen, und gerade habe ich noch einige<br />

Befunde geschrieben.<br />

Gab es zwischendurch auch mal eine Pause?<br />

Ja, die gab es. Ich achte darauf, dass ich mir jeden Tag<br />

mindestens 15 Minuten Pause schaffe, um in Ruhe<br />

etwas zu essen. Sonst rächt sich das am Nachmittag.<br />

Lieber TAVI oder lieber Bypass?<br />

(lacht laut) Das ist eine unfaire Frage. Ich liebe die<br />

Abwechslung und deswegen mache ich tatsächlich<br />

beides gerne. Aktuell mache ich immer an zwei Tagen<br />

TAVIs im Hybrid-OP und den Rest der Woche offene<br />

Eingriffe. Am Ende ist es für mich entscheidend ein<br />

gutes Patientenergebnis erreicht zu haben und das<br />

kann sowohl ein guter Bypassfluss als auch eine<br />

perfekt positionierte Herzklappe sein. Dann freut<br />

man sich einfach, weil das ein akutes Erfolgserlebnis<br />

ist.<br />

Sie sind in den letzten Jahren ganz schön rumgekommen.<br />

Können Sie Ihre Stationen kurz aufzählen?<br />

Ich komme aus dem eher beschaulichen Bad Oeynhausen<br />

in Ostwestfalen, bin dann zum Studium nach<br />

Hamburg und habe da auch die ersten 1,5 Jahre als<br />

Assistenzärztin gearbeitet.<br />

Dann habe ich mich für ein Fellowship in England<br />

beworben, wurde genommen und war ein Jahr am<br />

King‘s College in London. Dieser Auslandsaufenthalt<br />

hat mich doppelt weitergebracht: Man lernt ein<br />

ganz anderes Gesundheitssystem kennen... und sein<br />

eigenes schätzen.<br />

Und ich konnte während dieses Forschungsaufenthaltes<br />

sehr viel publizieren. Danach ging es von<br />

London nach Halle und 2019 dann von Halle nach<br />

<strong>Bonn</strong>.<br />

Von außen betrachtet waren Sie in den letzten 12<br />

Monaten vor allem auf der Überholspur unterwegs.<br />

Von der Assistenzärztin zur Fachärztin, dann der<br />

direkte Sprung zur Oberärztin und demnächst<br />

steht die Habilitation an. Und das mit 34 Jahren.<br />

Ich habe in der letzten Zeit vermutlich auch das<br />

nötige Quäntchen Glück gehabt. Klar, man muss<br />

natürlich die richtigen Qualifikationen mitbringen.<br />

Aber man muss auch zur richtigen Zeit am richtigen<br />

Ort sein. In dem Zusammenhang war das Mentoring<br />

durch unseren Klinikdirektor Prof. Bakhtiary wahnsinnig<br />

wertvoll. Irgendwie hängt dann ja doch immer<br />

wieder alles mit allem zusammen.<br />

Als eine Oberarzt-Stelle frei wurde, habe ich meinen<br />

Hut in den Ring geworfen. Dass ich die Stelle dann<br />

bekommen habe, werte ich auch als Vertrauensbeweis<br />

der Klinikleitung in mich und meine Arbeit.<br />

Fühlt sich das gut an ?<br />

Ja klar! Für mich ist es perfekt gelaufen. Die Oberarzt-Stelle<br />

deckt ja genau den Bereich ab, für den ich<br />

mich interessiere. Es hat sich wirklich alles perfekt<br />

gefügt.<br />

Warum überhaupt das Studienfach Medizin?<br />

Ich bin familiär überhaupt nicht vorbelastet. Tatsächlich<br />

bin ich eine Pastorentochter. Mein Großvater war<br />

Pastor, mein Papa war Pastor und meine Mama ist<br />

Pastorin. Ich hatte früh den Plan, etwas zu machen,<br />

bei dem man viel mit Menschen zu tun hat. Ich<br />

mochte Biologie in der Schule gerne und fand die<br />

Medizin schon sehr früh sehr abwechslungsreich.<br />

// Dr. Miriam Silaschi<br />

39 |


Dr. Miriam Silaschi<br />

Und warum ausgerechnet Herzchirurgie?<br />

Für mich ist das Herz das interessanteste Organ.<br />

Dieses Gefühl hatte ich schon im Anatomiekurs.<br />

Während des Studiums hatte ich dann einen<br />

Nebenjob als Study Nurse im Studienbüro der Herzchirurgie.<br />

Und damit war der Weg quasi vorgezeichnet.<br />

// Dr. Miriam Silaschi<br />

Haben Sie die Entscheidung irgendwann einmal<br />

bereut?<br />

Nein, auf keinen Fall. Was mich an der Herzchirurgie<br />

reizt: Die Patienten kommen schwerkrank in die Klinik<br />

und man hat eine sehr hohe Erfolgsrate. Deswegen<br />

bekommt man eine unglaubliche Wertschätzung<br />

von den Patienten, aber auch für die Gesundheit und<br />

das Leben an sich.<br />

Wie fängt man eigentlich im OP-Saal an? Wie<br />

tastet man sich da langsam vor?<br />

Naja, man fängt ganz klassisch als OP-Assistenz<br />

an, bzw. sogar eher als zweite Assistenz. Ich habe<br />

mir alle Schritte immer aufgeschrieben und versucht<br />

sie zu verinnerlichen. Außerdem habe ich sehr<br />

viel zugeguckt. Dabei lernt man: Wie reagiert der<br />

erste Assistent auf eine Situation, wie reagiert der<br />

Operateur? Und dann ist der nächste Schritt, dass<br />

man Venen am Bein entnimmt. Ich habe gefühlt 100<br />

Kilometer Venen entnommen (lacht laut). Aus Spaß<br />

haben wir immer gesagt: Wer zwei Venen rausbekommt,<br />

bevor der Operateur mit der Präparation<br />

der Mammaria (Brustwandarterie) fertig ist, der darf<br />

aufrücken.<br />

Wie war die erste große OP?<br />

Aufregend! Man fragt sich danach: War das gut?<br />

Hätte man noch etwas besser machen können? Eine<br />

Besonderheit der Herzchirurgie ist mit Sicherheit das<br />

schnelle und häufig auch deutliche Feedback der<br />

erfahrenen Kollegen.<br />

Das Handy klingelt, Silaschi meldet sich: „Mach<br />

schnell, ich habe nur noch 2% Akku“. Ein Kollege<br />

berichtet, dass die Not-OP gut gelaufen ist und der<br />

Patient nach der erfolgreichen Operation nun auf der<br />

Intensivstation liegt. „Super, danke, ich melde mich<br />

in zehn Minuten nochmal“.<br />

Natürlich versuchen die meisten das Feedback nett<br />

zu verpacken, aber Kritik bleibt Kritik. Man bekommt<br />

einfach sofort gespiegelt, wie es gelaufen ist und<br />

das kann auch mitunter wehtun.<br />

Die Herzchirurgie ist schon eher männlich<br />

dominiert. Vielleicht auch weil Männer genau diese<br />

Art der Kritik anders an sich abtropfen lassen?<br />

| 40<br />

Ich glaube, dass Frauen länger über das Abgelaufene<br />

nachdenken, sich damit beschäftigen und<br />

▲ Dr. Miriam Silaschi kurz vor einer Operation<br />

im Waschraum der Herzchirurgie.<br />

41 |


Dr. Miriam Silaschi<br />

// Dr. Miriam Silaschi<br />

▲ Beim Aufnähen von nur wenigen Millimeter dünnen Bypässen ist absolute Konzentration und<br />

Ruhe gefragt. Die Lupenbrille von Dr. Miriam Silaschi hat einen Vergrößerungsfaktor von 2,5.<br />

Regelmäßig besucht die Ärztin Patienten auf der herzchirurgischen Intensivstation, um den<br />

aktuellen Zustand im Blick zu haben.<br />

▲<br />

| 42<br />

selbstkritischer darüber nachdenken. Das ist ja<br />

auch gut. Aber das kann einen auch zurückwerfen.<br />

Deswegen darf man sich auch nicht zu lange mit<br />

dem Zurückliegenden beschäftigen. Meine Strategie<br />

in solchen Momenten: Fokussiert bleiben, Kritik<br />

annehmen, aber nicht darin versinken.<br />

Wie gehen Sie mit Stresssituationen während<br />

einer OP um?<br />

Klar geht der Puls hoch, wenn etwas Unerwartetes<br />

passiert. Aber erstens werden die Sachen weniger<br />

aufregend, wenn man sie schon oft erlebt hat. Und<br />

zweitens muss man lernen in Stresssituationen<br />

durchzuatmen, einen Schritt zurückzutreten und die<br />

Situation aus der Vogelperspektive zu bewerten.<br />

Färbt das auch auf das Privatleben ab? Wird man<br />

da cooler?<br />

Ja, mit Sicherheit. Wir hatten in diesem Jahr eine<br />

Situation, die mir das ganz deutlich gezeigt hat. Im<br />

Sommer hat unser Carport gebrannt. Der Gartenschlauch<br />

war zwar am Wasserhahn angeschlossen,<br />

hatte sich aber verheddert. Mein Mann zog dann sehr<br />

energisch am Schlauch, weil er das Feuer natürlich<br />

so schnell wie möglich löschen wollte. Mir war aber<br />

klar, dass der Schlauch in dem Zustand nicht lang<br />

genug sein würde, und ich wollte ihn deswegen<br />

erstmal entwirren. Probleme nacheinander lösen,<br />

strukturiert vorgehen, das lernt man definitiv in der<br />

Herzchirurgie.<br />

Wie viele OPs haben Sie schon hinter sich?<br />

Als verantwortliche Operateurin etwa 300. Dazu<br />

kommen dann nochmal 600-700 OPs, bei denen ich<br />

assistiert habe. Und zusätzlich noch rund 500 TAVIs.<br />

Gibt’s eine Lieblings OP?<br />

Ich tue mich schwer damit, da eine spezielle OP-Art<br />

zu nennen. Ich habe immer dann am meisten Spaß,<br />

wenn ich etwas zum ersten Mal eigenständig<br />

umsetzen kann, das ich zuvor gelernt habe. Ein<br />

Beispiel: Bislang habe ich Bypässe immer am stillgelegten<br />

Herzen und unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine<br />

operiert. Seit kurzem kann ich jetzt<br />

auch Bypässe am schlagenden Herzen operieren.<br />

Dieses Gefühl, dass man sich weiterentwickelt hat,<br />

dass man jetzt etwas Neues kann, dass man die<br />

nächste Entwicklungsstufe genommen hat, das<br />

macht einfach Spaß.<br />

Wie gehen Sie mental damit um, dass bei fast jeder<br />

Herz-OP auch viel auf dem Spiel steht? Wie schafft<br />

man da die richtige Balance zwischen Anspannung<br />

und Entspannung?<br />

Es gibt Operateure, die wollen ihre Patienten gar<br />

nicht kennen lernen, damit eine gewisse Anonymität<br />

bestehen bleibt. Ich bin da anders. Ich besuche die<br />

Patienten vorher nochmal, um sie besser kennenzulernen.<br />

Dabei lasse ich mir auch gerne von der<br />

Familie erzählen oder Fotos zeigen. Und das halte<br />

ich mir während der OP dann auch vor Augen. Das<br />

Allerwichtigste während der OP ist die Kontrolle.<br />

Man darf nie eine Situation unkontrolliert entgleiten<br />

lassen, sondern muss immer die Kontrolle bewahren.<br />

Immer nur das machen, was man auch kann. Und<br />

wenn man merkt, man hat gerade nicht mehr die<br />

totale Kontrolle, dann muss man sich Hilfe holen.<br />

Zwei Mal sind sie ihrem damaligen Chef gefolgt,<br />

erst von Hamburg nach Halle und dann von Halle<br />

nach <strong>Bonn</strong>. Insgesamt vier Umzüge in den letzten<br />

zehn Jahren. Ist das auch ein Stück weit der Preis<br />

dafür, mit 34 Oberärztin in der Herzchirurgie zu<br />

sein?<br />

Ja, vermutlich schon. Mit Sicherheit habe ich in<br />

den letzten Jahren meiner Familie viele Opfer und<br />

Entbehrungen abverlangt. Sein soziales Umfeld<br />

zurückzulassen, wieder neu anzufangen, sich wieder<br />

ins Unbekannte zu stürzen, das ist schon eine Herausforderung.<br />

Außerdem habe ich viele, viele Nächte<br />

damit verbracht Paper zu schreiben, zu lesen und<br />

zu lernen. Und vermutlich habe ich auch an vielen<br />

Tagen gearbeitet, an denen ich gar nicht hätte<br />

arbeiten müssen, aber an denen ich viele Erfahrungen<br />

sammeln konnte.<br />

Wie funktioniert dabei das Familienleben?<br />

Ich bin überzeugt, dass der Weg zur Gleichberechtigung<br />

nicht über mehr oder bessere Kitaplätze funktioniert,<br />

sondern über das Engagement der Väter. Und<br />

43 |


Dr. Miriam Silaschi<br />

bei uns ist es schon so, dass mein Mann beruflich zurückgesteckt<br />

hat, damit ich weiterkomme. Natürlich<br />

war auch das ein Preis, den wir, bzw. den er bezahlt<br />

hat. So hat er es mir ermöglicht, dass ich nach einem<br />

halben Jahr Elternzeit wieder einsteigen konnte.<br />

geht nicht. Sogar Freunde haben mir versucht das<br />

auszureden. Es fehlte einer, der gesagt hat: „Guck<br />

mal, ich habe das auch gemacht, das geht schon,<br />

das sind die Wege“. Mir hat da eigentlich so jemand<br />

gefehlt. Und jetzt kommen schon andere Frauen zu<br />

mir und fragen, wie ich mir den Alltag organisiere<br />

und wie ich das hinbekommen habe. Natürlich ist<br />

das noch nicht normal, aber deswegen erkläre ich<br />

gerne, wie ich das mache.<br />

2033 – in zehn Jahren – was machen Sie da?<br />

Puh, gute Frage. Ich habilitiere ja dieses Jahr noch<br />

und hoffe, dass ich dann vielleicht 2033 Professorin<br />

für Herzchirurgie bin. Operativ möchte ich gerne in<br />

den nächsten Jahren noch so viel dazu lernen, dass<br />

ich dann das komplette Spektrum der Herzchirurgie<br />

abdecken kann.<br />

▲<br />

Dr. Miriam Silaschi mit dem Foto,<br />

das auf dem Bauzaun des neuen<br />

<strong>Herzzentrum</strong>s hängt. Das Foto ist<br />

im Frühjahr 2021 entstanden und<br />

weist sie noch als Assistenzärztin<br />

aus. Ein halbes Jahr später wurde<br />

sie Oberärztin.<br />

// Dr. Miriam Silaschi<br />

Also ist der Job als Oberärztin noch nicht das Ende<br />

der Karriere?<br />

▲ Miriam Silaschi und ihre Familie im Winterurlaub<br />

Was ist die erste Reaktion, wenn Sie sagen, dass<br />

Sie Herzchirurgin sind?<br />

Alle sind immer sehr erstaunt! Die erste Frage ist<br />

dann meistens: In Vollzeit? Gefolgt von: Wie macht<br />

Ihr das?<br />

Ich will schon irgendwann in einer leitenden<br />

Funktion arbeiten. Aber da muss man gucken, wie<br />

sich die Dinge fügen und wie ich mich so schlage.<br />

Wie gesagt: Entwicklungsstufen nehmen, neue Fähigkeiten<br />

erlernen, Routinen in die OPs bekommen;<br />

das alles führt am Ende ja dazu, dass man dann<br />

weiterkommt und die nächsten Schritte nimmt.<br />

Hamburg, London, Halle und seit drei Jahren <strong>Bonn</strong>.<br />

Wie gefällt es Ihnen hier?<br />

| 44<br />

Aber das ist ja dann eine Reaktion, die sich eher<br />

aufs Organisatorische bezieht und weniger auf das<br />

Inhaltliche.<br />

Das kommt danach. Dann werde ich gefragt:<br />

„Operierst Du wirklich so richtig am Herzen?“.<br />

Dann mache ich auch gar keinen Hehl daraus, dass<br />

unser Job schon ein gewisses Stresslevel mit sich<br />

bringt. Mein Job ist in Teilzeit eigentlich nicht möglich,<br />

weil man dann ja gar nicht operieren könnte. Aber<br />

bei mir ist es einfach so: Ich bin da so mit Leib und<br />

Seele drin, das ist ein Teil meiner Identität und ich<br />

wollte das nicht aufgeben. Zur Ehrlichkeit gehört<br />

aber natürlich auch, dass ich schon privilegiert bin<br />

und mir einfach eine gute Struktur geschaffen habe.<br />

Ich habe ein gutes Netzwerk, habe einen Kita-Platz,<br />

habe einen verständnisvollen Ehemann. Wenn ich<br />

nach Hause komme, dann ist Quality Time angesagt.<br />

Und wenn dann doch mal ein Anruf kommt und ich<br />

zu einem Notfall gerufen werde, dann ist für unseren<br />

Sohn auch klar, dass Papa ihn ins Bett bringt.<br />

Sollten aus Ihrer Sicht mehr Frauen in der Herzchirurgie<br />

arbeiten?<br />

Ich würde mir sehr wünschen, dass mehr Frauen in<br />

die Herzchirurgie kommen. Denn als ich schwanger<br />

geworden bin und ein Kind bekommen habe, fehlten<br />

mir die Vorbilder. Mir haben immer alle gesagt, das<br />

<strong>Bonn</strong> ist toll. Die Menschen hier sind lebensfroh, der<br />

Umgang in der täglichen Arbeit ist freundlich. Man<br />

kann sehr viel unternehmen und in der Region toll<br />

wohnen. Ich finde, die Leute machen sich das Leben<br />

hier schön und das gefällt mir sehr.<br />

Interview: Felix Heyder<br />

Pressesprecher des UKB-<strong>Herzzentrum</strong>s<br />

felix.heyder@ukbonn.de<br />

Dr.<br />

Silaschi<br />

34<br />

Jahre alt<br />

2019<br />

nach <strong>Bonn</strong> gekommen<br />

300<br />

Operationen als<br />

verantwortliche Ärztin<br />

45 |


Der MIC-Turm besteht aus dem 3D-Bildschirm für<br />

die Videoübertragung, einer Lichtquelle für die Kameraoptik<br />

sowie einer Quelle für CO2. Das Gas wird<br />

während der Operation in den Körper geleitet, weitet<br />

das OP-Feld und ermöglicht so eine bessere Sicht.<br />

Der MIC-Turm bietet während der Operation die<br />

Möglichkeit Videomaterial in hoher Auflösung und<br />

3D live zu übertragen.<br />

Die Herz-Lungen-Maschine ersetzt während des<br />

Eingriffs Herz- und Lungenfunktion. Gleichzeitig<br />

kann bei Blutungen patienteneigenes Blut in die<br />

Herz-Lungen-Maschine gesaugt und zum Patienten<br />

zurückgeführt werden. Die Herz-Lungen-Maschine<br />

wird ständig durch eigens hierfür ausgebildetes<br />

Fachpersonal (Kardiotechniker) betreut. Dieses darf<br />

die Herz-Lungen-Maschine nicht verlassen während<br />

sie am Patienten in Betrieb ist.<br />

Mit dem Defibrillator kann der Patient<br />

entweder extern über auf die Haut geklebte<br />

Elektroden oder von intern durch direkt auf das<br />

Herz gehaltene „Schocklöffel“ defibrilliert oder<br />

„kardiovertiert“ werden. Für eine interne Defibrillation<br />

ist viel weniger Energie notwendig<br />

als für eine Externe (20 Joule statt 200 Joule).<br />

Deckenbelüftung: sorgt dafür, dass der Luftstrom<br />

günstig ist für ein steriles OP Feld. Sie dient vor<br />

allem dazu die Keimbelastung gering zu halten.<br />

Ultraschallgerät: hiermit wird während der<br />

Operation eine „Schluckultraschall“-Untersuchung<br />

über die Speiseröhre durchgeführt. Damit kann<br />

die Herzfunktion beim Abgang von der Herz-Lungen-Maschine<br />

oder aber die Funktion der Herzklappen<br />

direkt nach einer Reparatur oder einem Ersatz<br />

genau beurteilt werden. Die Ultraschalluntersuchung<br />

dient damit der Qualitätskontrolle.<br />

// Hybrid-OP<br />

Auf dem Operationstisch werden die Patienten für<br />

die Operation gelagert. Er kann in einzelnen Teilen<br />

gekippt, geschwenkt, erhöht und gesenkt werden,<br />

um eine optimale Position für den Operateur zu<br />

ermöglichen. Die maximal zulässige Belastung liegt<br />

bei 250 Kilogramm.<br />

Über Perfusoren werden den Patienten kontinuierlich<br />

Medikamente verabreicht. Hierbei handelt<br />

es sich unter anderem um kreislaufwirksame Substanzen<br />

(Noradrenalin, Adrenalin) oder Narkose- und<br />

Schmerzmittel.<br />

Foto | Felix Heyder<br />

Nahtkabinett: Hier werden chirurgische<br />

Nähte verschiedener Fadenstärken mit<br />

integrierten Nadeln unterschiedlicher<br />

Krümmungsgrade aufbewahrt und dem<br />

Operateur bei Bedarf angereicht. Die Fadendicke<br />

reicht von 0,04 bis 0,5 Millimeter.<br />

Herz<br />

High-Tech<br />

OP<br />

für´s Herz<br />

„Stromskalpell“ oder auch Elektrokauter<br />

und Diathermie genannt. Hiermit ist<br />

eine exakte Durchtrennung der Gewebeschichten<br />

und gleichzeitige Blutstillung<br />

möglich. Für die verschiedenen Gewebearten<br />

kann „der Strom“ unterschiedlich<br />

hoch eingestellt werden (30-120 Watt).<br />

47 |


Foto | Felix Heyder<br />

„Wenn das Leben<br />

wieder Spaß macht<br />

Irgendwann<br />

kommt man dann<br />

tatsächlich an<br />

den Punkt, an<br />

dem man gar<br />

keine Lust mehr<br />

hat rauszugehen“<br />

Die Lungenkrankheit COPD führt bei vielen<br />

Patienten zu erhöhter Schleimbildung und<br />

Auswurf. Das <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> wendet im<br />

Rahmen einer klinischen Studie eine neue Behandlungsmethode<br />

an, von der auch Wilhelm Faßbender<br />

profitiert hat.<br />

Wilhelm Faßbender ist das, was man im Rheinland<br />

als ein „Original“ bezeichnet. 1950 in der Kölner<br />

Südstadt geboren, lebt der gelernte Installateur<br />

noch heute unweit des Chlodwigplatzes. Einer<br />

seiner Schulkameraden war der bekannte Musiker<br />

Wolfgang Niedecken, mit dem er zusammen die<br />

Volksschule besucht und ihm als Jugendlicher beim<br />

Musikmachen im Proberaum am Karolingerring<br />

zugehört hat.<br />

„Genau in dieser Zeit entstand mein größtes Laster,<br />

mit dem ich immer noch zu kämpfen habe“, erinnert<br />

sich der heute 72-jährige beim Gespräch im <strong>Bonn</strong>er<br />

<strong>Herzzentrum</strong>.<br />

// Lungenkrankheit COPD<br />

| 48<br />

„Mit 12 oder 13 war ich kleiner als die anderen<br />

Jungs, wollte aber eigentlich natürlich schon<br />

ein Mann sein. Und um älter zu wirken, habe<br />

ich dann mit dem Rauchen angefangen. Was<br />

für ein Blödsinn“.<br />

Über Jahrzehnte kommt Faßbender nicht vom<br />

Rauchen weg, sein Konsum lag lange Zeit bei über<br />

30 Zigaretten am Tag. Erst ein schwerer Herzinfarkt<br />

am 12. April 2001, dem Geburtstag seiner Frau,<br />

führt zum Umdenken. Sein befreundeter Hausarzt<br />

drückte es damals drastisch aus: „Faßbender, wenn<br />

Du leben willst, hörst Du auf zu rauchen. Und wenn<br />

nicht, dann rauchst Du einfach weiter“.<br />

Seitdem hat er keine Zigarette mehr angefasst und<br />

ist mit Mitte 50 sogar dreimal Marathon gelaufen.<br />

Doch die Folgen des jahrelangen Nikotinkonsums<br />

sind geblieben. Bei einer kardiologischen Nachuntersuchung<br />

wird festgestellt, dass der Kölner an einer<br />

fortgeschrittenen COPD leidet, der einer chronisch<br />

obstruktiven Lungenerkrankung.<br />

„Dabei handelt es sich um eine Entzündung<br />

in den Atemwegen, quasi eine chronische<br />

Bronchitis mit verengten Atemwegen“,<br />

erklärt Prof. Dr. Dirk Skowasch, der im <strong>Herzzentrum</strong><br />

<strong>Bonn</strong> die Sektion Pneumologie leitet. Vor allem<br />

Menschen, die früher viel geraucht haben, erkranken<br />

an der Lungenkrankheit.<br />

49 |


Lungenkrankheit COPD<br />

Die drei klassischen Symptome der COPD sind<br />

Atemnot, Husten und Auswurf. Bei Wilhelm<br />

Faßbender ist es vor allem der Auswurf, der seine<br />

Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt. „Egal ob<br />

beim Einkaufen oder beim Spazierengehen, so ein<br />

Auswurf kommt immer zu den unmöglichsten Zeiten.<br />

Und das ist dann nicht nur für einen selbst, sondern<br />

auch für die Menschen um einen herum äußerst unangenehm“.<br />

// Lungenkrankheit COPD<br />

Sich entspannt in der Öffentlichkeit zu bewegen,<br />

ist so fast nicht mehr möglich. „Irgendwann kommt<br />

man dann tatsächlich an den Punkt, an dem man<br />

gar keine Lust mehr hat rauszugehen“, beschreibt<br />

Faßbender sein Leben mit COPD. Selbst das regelmäßige<br />

Treffen mit seinen alten Klassenkameraden<br />

in der Kölner Südstadt ist für ihn eine Überwindung,<br />

obwohl alle von seiner Lungenkrankheit wissen und<br />

Verständnis haben.<br />

„Bei den Treffen habe ich extra mehr<br />

getrunken als die anderen, damit ich häufiger<br />

zur Toilette konnte, um dort abzuhusten. Wie<br />

absurd!“,<br />

erinnert er sich im Gespräch.<br />

| 50<br />

Ein glücklicher Zufall führt Wilhelm Faßbender dann<br />

im Frühjahr 2021 nach <strong>Bonn</strong>. Seine Frau hatte von<br />

einer neuen Behandlungsmethode gelesen, die im<br />

<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> im Rahmen einer medizinischen<br />

Studie durchgeführt wird.<br />

„Viele COPD-Patienten leiden unter krankhaft veränderten<br />

Bronchialschleimhäuten, bei denen die<br />

sogenannten Becherzellen zu viel Schleim produzieren.<br />

Die kathetergestützte Rheoplastie ist eine völlig<br />

neue Behandlungsmethode, bei der ein Drahtgeflecht<br />

in einen der beiden Lungenflügel vorgeschoben<br />

wird und dort elektrische Impulse abgibt. Die<br />

hypertrophierten Becherzellen als schleimbildende<br />

Zellen werden auf diese Weise mit kleinen Energieimpulsen<br />

zerstört“, erklärt Skowasch die neue<br />

Therapiemethode. Zwar bilden sich mit der Zeit neue<br />

Becherzellen, allerdings ist die Schleimbildung dann<br />

deutlich reduziert. Sinnvoll ist der Einsatz dieser<br />

neuen Behandlungsmethode vor allem dann, wenn<br />

die klassische COPD-Therapie mit Medikamenten<br />

keine Besserung verspricht und sich der Hustenauswurf<br />

nicht verringert. Eine solche kathetergestützte<br />

Rheoplastie findet unter Vollnarkose statt und dauert<br />

rund 30 Minuten.<br />

Die Bronchoskopie oder Lungenspiegelung ist<br />

eine Untersuchung der Atemwege. Dabei wird<br />

das Bronchoskop über Mund oder Nase eingeführt<br />

und durch die Trachea in die Bronchien<br />

vorgeschoben. Über einen Arbeitskanal<br />

können Zangen zur Gewebeentnahme oder<br />

weitere Arbeitsmaterialen wie der spezielle<br />

Rheoplastie-Katheter vorgeschoben werden.<br />

Das oberste Ziel der Behandlung ist die Steigerung<br />

der Lebensqualität der Betroffenen. „Wir haben<br />

Patienten, die 30, 40 oder sogar 50 Mal in der Stunde<br />

Husten und Auswurf haben und diesen dann auch<br />

in der Öffentlichkeit ausspucken müssen. Dass dies<br />

häufig zu Scham und sogar zu Isolation führen kann,<br />

ist mehr als verständlich. Mit einer erfolgreichen<br />

Therapie gewinnen die Patienten jede Menge Lebensqualität<br />

zurück“, fasst Skowasch das Potential<br />

der innovativen Therapie zusammen.<br />

Während der ersten Rheoplastie haben er und<br />

sein Team im rechten Lungenflügel von Wilhelm<br />

Faßbender knapp 50 Stromstöße mittels bronchoskopischer<br />

Radiofrequenzablation abgegeben.<br />

„Damit konnten wir die schleimbildenden Becherzellen<br />

gezielt zerstören und somit die Sekretbildung<br />

vermindern“, beschreibt Skowasch die Behandlung<br />

im Spätsommer 2021.<br />

Auch Wilhelm Faßbender merkt eine deutliche<br />

Verbesserung. In den Fragebögen, mit denen der<br />

▲Prof.<br />

Dr. Dirk Skowasch (Leiter der Sektion Pneumologie) und Kerstin Dick aus der pneumologischen<br />

Ambulanz während der bronchialen Rheoplastie. Prof. Skowasch hat dabei zwei Controller in der Hand: Der<br />

endobronchiale Katheter (rechte Hand), der bei der Lungenspiegelung elektrische Impulse auf die kranken<br />

Zellen sendet, wird über den Arbeitskanal des Bronchoskops (linke Hand) in die Lunge eingeführt.<br />

▲ Der Katheter ist im entfalteten Zustand nicht größer als<br />

ein Fingernagel.<br />

▲ Auf dem Monitor sind die Bilder zu sehen, die die<br />

Kamera an der Spitze des Bronchoskops aufnimmt.<br />

51 |


min<br />

max<br />

C3 C2 C1 R N<br />

LCD<br />

Anzeige<br />

// Lungenkrankheit COPD<br />

Behandlungserfolg innerhalb der Studie evaluiert<br />

wird, gibt der Kölner eine rund 50-prozentige Reduzierung<br />

der Schleimmenge an. Noch besser sieht es<br />

beim Husten aus: Auf einer Skala von 1-5 hat sich<br />

die Hustenbelastung nach Faßbenders Selbsteinschätzung<br />

von 4 auf 1 verringert.<br />

Noch wird die Rheoplastie ausschließlich im Rahmen<br />

eines Registers eingesetzt. Doch wegen der Behandlungserfolge<br />

glaubt Dirk Skowasch daran, dass<br />

sich das Verfahren langfristig auch im regulären<br />

Klinikbetrieb etablieren wird. „Neben der kurzfristigen<br />

Reduzierung von Husten und Auswurf hoffen<br />

wir natürlich, dass wir mit der Rheoplastie auch<br />

die Zahl der COPD-Schübe, die zur langfristigen<br />

Verschlechterung der Lungenfunktion unserer<br />

Patienten führen, reduzieren können“.<br />

Und Wilhelm Faßbender? Bei dem Gespräch mit ihm,<br />

das mittags stattfindet, strahlt er über beide Ohren:<br />

„Ich habe heute den ganzen Morgen nur ein einziges<br />

Mal ausgehustet. Ich würde sagen, der Weg von<br />

Köln nach <strong>Bonn</strong> hat sich gelohnt“.<br />

Felix Heyder<br />

Pressesprecher des UKB-<strong>Herzzentrum</strong>s<br />

felix.heyder@ukbonn.de<br />

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Wilhelm Faßbender<br />

1950<br />

geboren in Köln<br />

30<br />

Zigaretten pro Tag über<br />

mehrere Jahrzehnte<br />

50%<br />

Reduktion der Schleimbildung,<br />

seit der Behandlung<br />

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C6<br />

C5<br />

C4<br />

C3<br />

C2<br />

R<br />

L<br />

F<br />

C1<br />

| 52<br />

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Jede Sekunde zählt<br />

#JedeSekundeZählt<br />

Über das Notfall-Telefon hat sich ein entscheiden sich die Kardiologen Prof. Dr.<br />

Rettungswagen in der Notaufnahme der Sebastian Zimmer und Dr. Julian Jehle für<br />

Uniklinik <strong>Bonn</strong> angemeldet. Ein Patient hat den Einsatz einer externen Herz-Lungen-Maschine<br />

einen schweren Herzinfarkt erlitten und wird<br />

(ECMO), um den Patienten zu stabi-<br />

nun unter laufender Reanimation eingeliefert. lisieren und Zeit für zusätzliche Diagnostik<br />

Ein interdisziplinäres Team steht im Schockraum<br />

und Therapie zu gewinnen. Felix Heyder hat<br />

bereit, um den Patienten zu überneh-<br />

die Arbeit des interdisziplinären Teams im<br />

men. Während Intensiv-Krankenpfleger Schockraum 1 mit der Kamera dokumentiert.<br />

Djordje Belic die Wiederbelebung fortsetzt,<br />

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<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

// <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

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<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

// <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

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<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

// <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

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<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

// <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

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<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

// <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

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<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

// <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

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<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

// <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

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<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

// <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

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<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

// <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

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Foto | Felix Heyder<br />

„Die eigene<br />

Gesundheit sollte<br />

jedem wichtig sein“<br />

// Bewegt euch!<br />

Für die zweifache Weitsprung-Olympiasiegerin<br />

Heike Drechsler haben die Themen<br />

Prävention und Bewegung auch 20 Jahre<br />

nach ihrem Karriereende nicht an Bedeutung<br />

verloren. Und so reist sie durch Deutschland,<br />

um ein Bewusstsein für die Wirkung von vorbeugendem<br />

Sport zu schaffen.<br />

| 74<br />

75 |


Bewegt euch!<br />

<strong>Bonn</strong>, ein Business-Hotel am Rheinufer. In der<br />

Lobby sitzen viele Männer mittleren Alters,<br />

bei denen das Hemd auf Bauchnabelhöhe<br />

schon leicht spannt. Mit einem Bier in der Hand<br />

warten viele darauf, dass ein Tisch im hoteleigenen<br />

Restaurant frei wird. Auch Heike Drechsler (58) ist<br />

an diesem Abend in der Hotellobby unterwegs.<br />

Das <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> hat sie als Referentin zum<br />

5. Rheinischen Asthma-Tag eingeladen, der in einem<br />

Konferenzraum des Hotels stattfindet.<br />

Doch sie geht die Sache anders an. Weil die<br />

Strecke Berlin-<strong>Bonn</strong> überraschend staufrei war,<br />

hat die ehemalige Olympiasiegerin die Zeit bis<br />

zum Start der Veranstaltung genutzt und war<br />

45 Minuten am Rheinufer joggen. Nach einigen<br />

wissenschaftlichen Vorträgen über die neusten<br />

Erkenntnisse und Leitlinien in der Asthma-Therapie<br />

übernimmt Drechsler dann das Kommando<br />

und motiviert die Seminarteilnehmer gemeinsam<br />

mit ihr Sport zu treiben. Unter dem Titel „Wie<br />

motiviere ich meine Patienten zu körperlicher<br />

Aktivität“ macht sie verschiedene Lungensportübungen<br />

vor. Eine halbe Stunde später sind viele<br />

der Teilnehmer verschwitzt und eine sichtlich entspannte<br />

Heike Drechsler hat Zeit für ein Gespräch<br />

über Prävention, Sport und Gesundheit.<br />

meines Lebens ist. Ich bin viel unterwegs und habe<br />

meine Laufschuhe immer dabei. Denn man kann<br />

eigentlich überall laufen oder Fitness machen. Und<br />

seit einigen Jahren habe ich zudem einen Hund, der<br />

jeden Morgen sehr früh raus möchte. So ist Oskar<br />

quasi mein persönlicher Antreiber.<br />

Sie haben ein Buch geschrieben, das den Titel<br />

„Mach dich fit“ trägt. Ein User hat das Buch bei<br />

Amazon mit dem Kommentar „Fitness für Couch<br />

Potatoes“ gelobt. Sind wir Deutschen aus Ihrer<br />

Sicht ein Volk von Couch Potatoes?<br />

Naja, ich sage es mal so: Es gibt zum Glück genug sehr<br />

sportliche Menschen, die man fast bremsen muss.<br />

Aber es gibt natürlich auch viele, die man motivieren<br />

und ein bisschen anschubsen muss. Unser Alltag hat<br />

sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert: Die<br />

Art, wie wir heute arbeiten, alles wird digitaler und<br />

virtueller, deswegen sitzen wir viel mehr. Auch die<br />

Arbeitszeiten, der Arbeitsanspruch und das Volumen<br />

der Arbeit sind stark gestiegen. Und genau in diesem<br />

alltäglichen Hamsterrad hat die Gesundheit bei<br />

vielen Menschen nicht die Priorität, die sie eigentlich<br />

haben müsste.<br />

Warum sorgt Sie diese Entwicklung so?<br />

▲<br />

29.09.2000, Olympische Spiele<br />

in Sydney. Acht Jahre nach ihrer<br />

ersten olympischen Goldmedaille<br />

in Barcelona gewinnt Heike<br />

Drechsler mit einer Weite von<br />

6,99 Metern erneut den Wettbewerb<br />

der Weitspringerinnen.<br />

// Bewegt euch!<br />

Liebe Heike Drechsler, Sie haben 1992 in Barcelona<br />

und dann 2000 in Sydney Gold im Weitsprung<br />

gewonnen, außerdem zwei Weltmeisterschaften<br />

und fünf Europameisterschaften. Mittlerweile liegt<br />

Ihr Karriereende knapp 20 Jahre zurück. Sind Sport<br />

und Bewegung bei Ihnen heute immer noch ein<br />

Selbstläufer?<br />

Ehrliche Antwort: Nein (lacht). Regelmäßiger Sport<br />

ist bei mir nicht immer ein Selbstläufer und es gibt<br />

tatsächlich Tage, an denen ich mich wirklich dazu<br />

aufraffen muss. Aber über die Jahre hat sich bei mir<br />

ein gewisser Rhythmus eingespielt, so dass Sport<br />

auch nach der Profikarriere ein fester Bestandteil<br />

Ich denke, wir müssen einfach fit sein und wir<br />

brauchen die tägliche Bewegung, um zu funktionieren<br />

und die Herausforderungen, die ich eben beschrieben<br />

habe, zu meistern. Wenn man genau diese<br />

körperliche Fitness nicht mehr hat, dann kommt es<br />

zu gesundheitlichen Problemen.<br />

Wie kann man es denn schaffen, Menschen zur<br />

mehr Bewegung zu motivieren?<br />

Der wichtigste Hebel, um aus der eigenen Bequemlichkeit<br />

rauszukommen und sich zu motivieren, ist<br />

das Formulieren eines Ziels. Das heißt, ich muss<br />

meine Bewegung mit einem Ziel verknüpfen. Wichtig<br />

dabei ist, dass das Ziel realistisch und erreichbar ist.<br />

Wenn ich zehn Kilo abnehmen möchte, ist das für<br />

die allermeisten ein viel zu ambitioniertes Ziel, das<br />

am Ende eher demotivierend wirkt. Deswegen muss<br />

man große Ziele in kleine Ziele einteilen. Also: „Im<br />

nächsten Quartal möchte ich zwei Kilo abnehmen“.<br />

Mit dieser Strategie lande ich dann am Ende des<br />

Jahres auch bei acht Kilo.<br />

Also Ziel aufstellen und dann wird es ein Selbstläufer?<br />

| 76<br />

▲ Heike Drechsler mit ihrem Labrador Oskar.<br />

In der Theorie ja. In der Praxis ist es natürlich viel<br />

komplexer, denn gerade der Start ist meistens<br />

mühsam. Aber das positive Gefühl, das sich nach<br />

einer Sporteinheit einstellt, das einen auch glücklich<br />

macht, weil ich spüre, dass es dem Körper guttut,<br />

das motiviert dann automatisch. Im Grunde muss<br />

man die Leute überzeugen: Es bringt für Dich selbst<br />

etwas! Man kann es vielleicht mit dem Erlernen einer<br />

77 |


Bewegt euch!<br />

Fremdsprache vergleichen. Auch da muss ich am<br />

Ball bleiben und es muss mir einfach wichtig sein.<br />

Und die eigene Gesundheit sollte jedem wichtig sein!<br />

Sind Sie so auch in Ihrer Sportlerkarriere vorgegangen?<br />

Ja, ganz klar. Du hast als Leichtathletin die Vision<br />

einer Goldmedaille bei den Olympischen Spielen.<br />

Und dann überlegst Du Dir, wie kann ich dieses Ziel<br />

erreichen. Und sofort wird Dir klar, dass man nicht<br />

direkt oben anfängt. Stattdessen startet man unten,<br />

arbeitet sich langsam hoch und steht im Idealfall<br />

dann irgendwann ganz oben auf dem Podest.<br />

Zusammen mit Lungenfachärzten und Sportwissenschaftlern<br />

haben Sie die App „Atemwege<br />

gemeinsam gehen“ entwickelt. Mittlerweile wurde<br />

die App bereits 10.000 runtergeladen. Wie sind<br />

Sie zum Thema Asthma gekommen?<br />

Das Thema Asthma ist ja schon lange im Sport angekommen<br />

und ich habe Freunde – auch Sportler – die<br />

mit Asthma zu tun haben und gut eingestellt werden<br />

müssen. Bewegung ist da natürlich besonders<br />

Heike Drechsler<br />

wichtig. Und so entstand 2020 gemeinsam mit<br />

Pneumologen und Sportwissenschaftlern der Plan<br />

Asthmatiker zu motivieren mit uns gemeinsam<br />

im Berchtesgadener Land wandern zu gehen und<br />

den Watzmann zu besteigen. Daher auch der Titel<br />

„Atemwege gemeinsam gehen“. Corona hat uns<br />

dann einen Strich durch die Rechnung gemacht und<br />

wir sind spontan auf ein virtuelles Training umgeschwenkt,<br />

das von Ärzten begleitet wurde.<br />

Wie waren die Reaktionen darauf?<br />

Wir haben sehr viel positives Feedback bekommen,<br />

weil die Leute einfach Spaß an der Bewegung entwickelt<br />

haben. Und ich war in dem Moment Feuer und<br />

Flamme, den Leuten dabei zu helfen und sie dabei zu<br />

begleiten, sich ihre Lebensqualität zurückzuerobern.<br />

Ich freue mich einfach, wenn ich andere anstupsen<br />

kann. Und so wurde aus den virtuellen Trainings<br />

schließlich eine App.<br />

Interview: Felix Heyder<br />

Pressesprecher des UKB-<strong>Herzzentrum</strong>s<br />

felix.heyder@ukbonn.de<br />

Aus pneumologischer<br />

Sicht...<br />

Interview mit Professor Dirk Skowasch, der im<br />

<strong>Herzzentrum</strong> die Sektion Pneumologie leitet.<br />

Lieber Prof. Skowasch, Heike Drechsler sagt,<br />

dass Sport und Bewegung wichtig für das<br />

Wohlbefinden und die Lebensqualität sind. Wie<br />

ordnen Sie das aus medizinischer Sicht ein?<br />

Heike Drechsler hat absolut recht. Es gibt viele<br />

Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass<br />

über 70% der Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

vermeidbar sind. Und zwar durch Sport, gesunde<br />

Ernährung und den Verzicht aufs Rauchen.<br />

Dabei ist es übrigens egal, ob man Sport nun<br />

als Primärprävention („Ich treibe Sport, damit<br />

ich nicht erkranke“) oder als Sekundärprävention<br />

(„Ich treibe Sport, um das Fortschreiten von<br />

Krankheiten zu verhindern“) betreibt. Denn die<br />

medizinischen Effekte sind ähnlich groß.<br />

// Bewegt euch!<br />

2 2 5 10.000<br />

olympische<br />

Goldmedaillen<br />

▲<br />

gewonnene<br />

Weltmeisterschaften<br />

gewonnene<br />

Europameisterschaften<br />

Mal wurde ihre App<br />

heruntergeladen<br />

Beim Rheinischen Asthma-Tag in <strong>Bonn</strong> zeigt Heike Drechsler den Teilnehmern, welche einfachen Übungen<br />

sie in ihren Alltag integrieren können.<br />

Haben Sie ein konkretes Beispiel aus ihrem<br />

Bereich, der Pneumologie?<br />

Wir behandeln viele übergewichtige Asthmatiker.<br />

Und natürlich empfehlen wir diesen<br />

Patienten, dass sie sich mehr bewegen und ihr<br />

Gewicht reduzieren sollen. Denn das hat aus<br />

medizinischer Sicht viele positive Folgen: Die<br />

Patienten bekommen ein besseres Blutdruckprofil,<br />

die diabetische Stoffwechsellage wird besser,<br />

der Cholesterin-Spiegel geht runter und das<br />

Bauchfettgewebe nimmt ab. Fettgewebe führt<br />

zu Entzündungsprozessen in den Lungen, die das<br />

Risiko für Asthmabeschwerden erhöhen. Asthmapatienten<br />

sollten also überschüssige Pfunde<br />

abbauen, damit sich das Asthma stabilisiert.<br />

Wie können Sie da als Arzt auf die Patienten<br />

einwirken?<br />

Aus meiner Sicht braucht es da positive Verstärkung.<br />

Es ist nicht zielführend mit dem erhobenen<br />

Zeigefinger zu kommen. Stattdessen müssen<br />

wir den Patienten aufzeigen: Was wird besser,<br />

wenn ich Sport treibe. Am Ende muss es der<br />

Patient selbst merken. Und Heike Drechsler<br />

hat in dem Zusammenhang auf etwas ganz<br />

Wichtiges hingewiesen: Die Ziele, die man sich<br />

setzt, müssen erreichbar sein. Eine olympische<br />

Medaille kann man ja nicht nur in Sydney oder<br />

Barcelona gewinnen. Bei unseren schwerkranken<br />

▲ Die Medaillen immer dabei: Heike Drechsler im Gespräch<br />

mit Prof. Dirk Skowasch.<br />

Asthma- oder COPD-Patienten kann schon der<br />

Spaziergang am Rhein von Parkbank zu Parkbank<br />

ein olympisches Erfolgserlebnis auslösen.<br />

Viele Patienten gehen nach einer behandelten<br />

Erkrankung erstmal in eine Reha. Welchen Stellenwert<br />

hat die aus Ihrer Sicht?<br />

Den Effekt einer Reha kann man gar nicht überschätzen.<br />

Denn Reha bedeutet mehr als nur<br />

Bewegungstherapie, nämlich Optimierung der<br />

Medikation, Tabakentwöhnung, Patientenschulung,<br />

Atemphysiotherapie, Ernährungstherapie,<br />

psychosoziale Beratung, usw. Bei COPD verbessert<br />

der Rehasport zum Beispiel nicht nur<br />

Lebensqualität und Ausdauer, sondern hat auch<br />

positive Effekte auf die Prognose. Ganz einfach<br />

ausgedrückt: Sie leben länger! Aber mindestens<br />

genauso wichtig ist es, den Sport nach der Reha<br />

auch in den Tagesablauf zu integrieren. Daher<br />

mein Tipp: Der Spaßfaktor muss eine wichtige<br />

Rolle spielen und gemeinsam macht Sport viel<br />

mehr Freude. Deswegen: Suchen Sie sich eine<br />

Herz- oder Lungensportgruppe, treiben Sie<br />

gemeinsam mindestens dreimal in der Woche<br />

Sport und motivieren Sie sich dabei gegenseitig.<br />

| 78<br />

79 |


Trotz Asthma Spaß<br />

an Bewegung haben!<br />

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1. Abbott. Data on File. RPT2119537 Rev A.<br />

2. Abbott. Data on File. RPT2124196-R Rev A.<br />

3. Nickenig G, Weber M, Lurz P, et al. Transcatheter edge-to-edge repair for reduction of tricuspid regurgitation: 6-month outcomes of the TRILUMINATE single-arm study. Lancet. November 30,<br />

2019;394(10213):2002-2011. doi:10.1016/S0140-6736(19)32600-5.<br />

4. Lurz P, Boehm M, Denti P, et al. Baseline characteristics and procedure outcomes from TriClip bRIGHT study: initial observations from the fi rst real-world study for TriClip Tricuspid Valve Repair<br />

System. Presented at: 2021 EuroPCR.<br />

5. Bardeleben, R et al. Percutaneous Edge to edge Repair for Tricuspid Regurgitation: 2 year Outcomes from the TRILUMINATE Trial. Präsentiert auf dem EuroPCR 2021.<br />

ACHTUNG: Produkte dürfen nur von einem Arzt oder unter dessen Anleitung verwendet werden. Es ist wichtig, vor der Verwendung sorgfältig die Packungsbeilage in der Produktverpackung (falls vorhanden)<br />

oder auf eifu.abbottvascular.com und medical.abbott/manuals mit Gebrauchsanweisung, Warnhinweisen und den möglichen Komplikationen zu lesen, die bei der Verwendung dieses Produkts auftreten können.<br />

Der Einsatz von MitraClip und TriClip erfordert laut IFU zunächst ein Training. Dieses Material ist nur für die Nutzung von medizinischem Fachpersonal gedacht. Hierin enthaltene Informationen sind<br />

ausschließlich zur Veröffentlichung in Deutschland, Österreich und der Schweiz bestimmt. Alle Illustrationen sind künstlerische Darstellungen und sollten nicht als technische Zeichnungen oder Fotografien<br />

an gesehen werden. Archivierung der Daten und Fotoaufnahmen durch Abbott Medical.<br />

Abbott Medical<br />

Abbott Medical Deutschland | Schanzenfeldstraße 2 | D-35578 Wetzlar | Tel: +49 6441 87075-0<br />

Abbott Medical Österreich | Perfektastrasse 84 A | A-1230 Wien | Tel: +43 1 891220<br />

Abbott Medical Schweiz | Neuhofstrasse 23 | CH-6340 Baar | Tel: +41 41 7684333<br />

kennzeichnet ein Warenzeichen der Abbott Unternehmensgruppe<br />

www.cardiovascular.abbott<br />

© 2021 Abbott. Alle Rechte vorbehalten. 9-DAC-2-12849-02 11-2021<br />

Asthmakontrolle schnell erfasst<br />

Wenn 1-2 der folgenden Kriterien erfüllt sind, liegt ein teilweise<br />

kontrolliertes Asthma vor. Sollten min. 3 Kriterien erfüllt sein,<br />

liegt ein unkontrolliertes Asthma vor.<br />

Jede einzigartige<br />

Aorta ansprechen<br />

> 2x die Woche tagsüber<br />

Symptome<br />

Gebrauch der Bedarfsmedikation für<br />

Symptome häufger als 2x pro Woche<br />

Nächtliches Erwachen<br />

durch Asthma<br />

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Prof. Dr. med. Dirk Skowasch<br />

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NVL Asthma Langfassung 4. Auflage, Version 1<br />

Ein Service von


#wirsindherzzentrum<br />

Zusammen mit 100 weiteren Fotos<br />

schmücken die Bilder dieser Seite den<br />

Bauzaun um die Baustelle des neuen<br />

<strong>Herzzentrum</strong>s und zeigen, wer alles bei uns<br />

im <strong>Herzzentrum</strong> arbeitet. Die Bilder wurden<br />

in einem alten Hörsaal gemacht und alle<br />

Kolleginnen und Kollegen standen genau<br />

so vor der Kamera, wie sie während ihrer<br />

täglichen Arbeit im <strong>Herzzentrum</strong> anzutreffen<br />

sind.


#ZeroFluoro<br />

// #ZeroFluoro<br />

Durchblick ganz<br />

ohne Strahlung<br />

| 84<br />

Dank moderner 3D-Verfahren können<br />

im elektrophysischen Katheterlabor<br />

des <strong>Herzzentrum</strong>s <strong>Bonn</strong><br />

einige Herzrhythmusstörungen ganz ohne<br />

Röntgenstrahlung behandelt werden.<br />

85 |


#ZeroFluoro<br />

Alles beginnt ganz plötzlich. Aus dem nichts<br />

heraus schießt die Herzfrequenz von ruhigen<br />

80 Schlägen in der Minute auf 180<br />

Schläge pro Minute und das Herz pocht wie auf<br />

den letzten Metern eines Marathons. Doch genauso<br />

unvermittelt wie es begonnen hat, endet<br />

das Herzrasen kurze Zeit später wieder und die<br />

Betroffenen bleiben mitunter ratlos und frustriert<br />

zurück. Während solche Episoden bei vielen Patienten<br />

nur wenige Minuten dauern, halten sie bei<br />

einigen sogar mehrere Stunden an. Nahezu alle<br />

170.000 Betroffene in Deutschland eint, dass sie<br />

das Herzrasen unangekündigt trifft und es in jeder<br />

Lebenssituation auftreten kann. Sei es in völliger<br />

Ruhe auf dem Sofa, mitten in einem Bewerbungsgespräch<br />

oder während des Sports.<br />

Das plötzliche und anfallweise Auftreten von<br />

Herzrasen mit sehr schnellem und starrem Puls (160<br />

bis 220 Schläge pro Minute) ist charakteristisch für<br />

die Gruppe der sogenannten „Paroxysmalen Supraventrikulären<br />

Tachykardien“, kurz SVTs. Mit mehr als<br />

60% der Fälle ist die AV-Knoten Reentry-Tachykardie<br />

(AVNRT) die häufigste Form, bei der es zu einer<br />

sehr eng umschriebenen elektrischen Kreiserregung<br />

im Bereich des AV-Knotens kommt. Der AV-Knoten<br />

(Atrioventrikularknoten) ist der sekundäre Schrittmacher<br />

des Herzens. Er empfängt die elektrischen<br />

Impulse, die vom Sinusknoten über die Vorhofmuskulatur<br />

herankommen und leitet sie über das Reizleitungssystem<br />

an die Hauptkammern weiter, sodass<br />

diese sich kontrahieren. Vor allem junge Menschen<br />

sind von dieser Erkrankung betroffen, teilweise<br />

bereits seit dem Kindesalter.<br />

Da das Herzrasen bei den allermeisten Betroffenen<br />

ohne Vorankündigung auftritt und auch ebenso<br />

spontan wieder stoppt, erbringen direkt eingeleitete<br />

medizinische Untersuchungen häufig kein belastbares<br />

Ergebnis. Dies führt bei vielen Patienten zu einem<br />

langen Leidensweg. Denn nur selten ergibt sich die<br />

Möglichkeit eines EKGs genau zu dem Zeitpunkt,<br />

in dem die Herzrhythmusstörungen auftreten. Dies<br />

erschwert die weitere Diagnosestellung, da eine<br />

aussagekräftiges EKG zu diesem Zeitpunkt von elementarer<br />

Bedeutung ist.<br />

Tritt das Herzrasen akut auf lässt es sich manchmal<br />

durch die gleichzeitige Kontraktion der Bauchmuskulatur,<br />

der Beckenbodenmuskulatur und des Zwerchfells<br />

„die sogenannte Bauchpresse“ oder das Trinken<br />

von eiskaltem Wasser frühzeitig beenden.<br />

Bleibt das Herzrasen jedoch über einen längeren<br />

Zeitraum bestehen, ist hingegen häufig eine medikamentöse<br />

Therapie durch den Rettungsdienst oder in<br />

der Notaufnahme erforderlich.<br />

Eine wirkliche Senkung der Anfallshäufigkeit durch<br />

Medikamente ist leider nur begrenzt erfolgreich.<br />

Mit der Katheterablation im elektrophysiologischen<br />

Herzkatheterlabor steht jedoch eine sehr gute und<br />

hoch effiziente Therapie zur Verfügung, mit der wir<br />

den Patienten nachhaltig helfen können.<br />

Die elektrophysiologische Untersuchung (EPU)<br />

Die minimal-invasive EPU im Herzkatheterlabor ist<br />

zentraler Bestandteil der modernen Diagnostik und<br />

Therapie unterschiedlichster Herzrhythmusstörungen.<br />

Über eine kleine Punktion in der rechten Leiste<br />

erfolgt das Vorbringen mehrerer Katheter zum<br />

Herzen und deren Platzierung im rechten Vorhof, der<br />

rechten Hauptkammer und der Herzvene (Koronarvenensinus).<br />

Über diese Katheter lässt sich nun ein<br />

EKG direkt aus dem Inneren des Herzens ableiten.<br />

Gleichzeitig kann das Herz im Sinne eines Herzschrittmachers<br />

auch elektrisch stimuliert werden.<br />

Sobald die Diagnostik abgeschlossen und die<br />

Erkrankung eindeutig identifiziert worden ist, kann<br />

noch in derselben Untersuchung punktgenau das<br />

Gewebe verödet werden, das als Ausgangspunkt für<br />

die Herzrhythmusstörungen ermittelt wurde.<br />

Um die Katheter während einer elektrophysiologischen<br />

Untersuchung im Herzen zielsicher navigieren<br />

zu können, nutzen die interventionellen Kardiologen<br />

in der Regel Röntgenbilder. So wissen sie zu jeder<br />

Zeit, wo sich welcher Katheter gerade befindet.<br />

Diese etablierte Art der Bildgebung hat allerdings<br />

den Nachteil, dass zwangsläufig Röntgenstrahlen<br />

entstehen (Abbildung 2). Wegen potentieller Langzeitschäden<br />

bei Patienten und Untersuchern sind wir<br />

stets bestrebt möglichst wenig Strahlung im Verlauf<br />

einer Untersuchung anzuwenden und verfahren<br />

nach dem Leitsatz „So viel wie nötig, so wenig wie<br />

möglich“. Wegen des meist noch recht jungen Alters<br />

// #ZeroFluoro<br />

780 690 420 410 410 415 415 415 420<br />

| 86<br />

▲ Dieser Auszug aus einem Langzeit-EKG zeigt den<br />

plötzlichen Anstieg der Herzfrequenz von 77/min auf<br />

145/min bei Beginn der Herzrhythmusstörung.<br />

▲ Kardiologe Dr. Thomas Beiert bei einer röntgenfreien<br />

Ablation im Katheterlabor des <strong>Herzzentrum</strong>s <strong>Bonn</strong>.<br />

▲ Röntgenaufnahme zur Steuerung der Katheter<br />

während einer EPU. 87 |


#ZeroFluoro<br />

der Patienten gilt dies bei den zuvor beschriebenen<br />

Paroxysmalen Supraventrikulären Tachykardien<br />

umso mehr.<br />

Doch an dieser Stelle muss die Frage gestellt<br />

werden, ob es nicht auch möglich ist, bei manchen<br />

Untersuchungen gänzlich auf die schädliche<br />

Röntgenstrahlung zu verzichten?<br />

Die 3D-Karte des Herzens<br />

Für die bessere Orientierung im Herzen wenden wir<br />

bei uns im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> bereits seit langer Zeit<br />

verschiedene 3D-Mappingysteme an, die es uns<br />

ermöglichen während des Eingriffs eine detaillierte<br />

dreidimensionale Karte des Herzens aufzunehmen.<br />

Diese 3D-Karte baut sich durch die an der Katheterspitze<br />

gesammelten elektrischen Informationen<br />

Stück für Stück auf, so dass im Laufe der Untersuchung<br />

ein sehr detailliertes Modell des Herzens<br />

entsteht (Abbildung 3). Auf diese Weise können wir<br />

die Menge der abgegebenen Röntgenstrahlen im<br />

EP-Labor bereits deutlich reduzieren.<br />

Gerade bei Prozeduren, bei denen man sich nur auf<br />

der rechten Seite des Herzens ohne Passage der<br />

Herzscheidewand befindet, ist häufig der Verzicht<br />

auf Strahlung möglich.<br />

Komplexe Eingriffe, bei denen beispielsweise der<br />

Übertritt durch die Herzscheidewand im Bereich<br />

der Vorhöfe notwendig ist, können allerdings trotz<br />

Zuhilfenahme anderer bildgebender Verfahren wie<br />

Schluckultraschall oder Ultraschall über einen im<br />

Gefäßsystem befindlichen Ultraschallkopf nach wie<br />

vor nicht gänzlich ohne Röntgenstrahlung durchgeführt<br />

werden.<br />

Doch wie funktioniert das Röntgenstrahlen ersetzende<br />

3D-Mapping-Verfahren genau?<br />

Bereits das kontrollierte Vorschieben der Katheter<br />

von der Punktionsstelle in der Leiste aus über die<br />

untere Hohlvene in Richtung Herz erfolgt unter<br />

Navigation mit Hilfe des 3D-Systems (Abbildung<br />

3). So kann ein „falsches Abbiegen“ zum Beispiel<br />

auf Höhe der Nieren- oder Lebergefäße frühzeitig<br />

korrigiert und die Katheter zügig und zielgerichtet<br />

zum Herzen vorgebracht werden. Durch das kathetergestütze<br />

Abtasten des Herzinneren wird nun eine<br />

detailgetreue Darstellung der Herzhöhlen erzeugt.<br />

Die richtige Position der Katheter wird mit Hilfe<br />

der 3D-Karte und anhand der über den jeweiligen<br />

Katheter abgeleiteten elektrischen Informationen<br />

bestimmt. Wichtige Strukturen im Herzen, die nicht<br />

verletzt werden dürfen, können zuvor markiert<br />

werden (z.B. das His-Bündel, gelber Punkt in<br />

Abbildung 3). Im Anschluss erfolgt eine standardisierte<br />

Stimulation von Hauptkammer (Ventrikel)<br />

▲ Über einen kleinen Zugang in der Leiste können die verschiedenen<br />

Katheter bis zum Herz vorgeschoben werden.<br />

und Vorhof, um die klinische Herzrhythmusstörung<br />

künstlich zu erzeugen und durch die elektrischen<br />

Signale sowie zusätzliche Stimulationsmanöver<br />

genau zu identifizieren. Für jede Herzrhythmusstörung<br />

gibt es im Herzen einen Ort der maßgeblich<br />

für deren Entstehung bzw. Aufrechterhaltung<br />

verantwortlich ist. Sobald diese Stelle identifiziert<br />

wurde, wird im nächsten Schritt der Ablationskatheter<br />

punktgenau dorthin vorgebracht. Die meisten<br />

Ablationen (Verödungen) am Herzen werden mit<br />

Hochfrequenzstrom durchgeführt. Hierbei tritt der<br />

Strom an der Spitze des Katheters aus und erhitzt<br />

das Herzmuskelgewebe. Bei Temperaturen > 50°C<br />

werden Herzmuskelzellen irreversibel zerstört,<br />

wodurch gezielt für die Arrhythmie essenzielle<br />

Areale ausgeschaltet werden können. Während der<br />

Ablation werden die behandelten Orte live registriert<br />

(roter Punkt in Abbildung 3), so dass stets ersichtlich<br />

ist, an welcher Stelle das betroffene Gewebe bereits<br />

verödet worden ist. Zum Abschluss der Untersuchung<br />

wird der Erfolg der Ablation durch erneute<br />

Stimulationen bestätigt.<br />

Zusammenfassung<br />

Paroxysmale Supraventrikuläre Tachykardien<br />

führen bei betroffenen Patienten zu immer<br />

wiederkehrenden Attacken von Herzrasen,<br />

wobei die Symptomatik häufig bereits in<br />

jungen Jahren beginnt. Die Katheterablation<br />

stellt die beste Option zur definitiven und meist<br />

kurativen Behandlung dar. Mit Hilfe modernster<br />

3D-Mappingsysteme ist die Durchführung<br />

dieser Eingriffe in einem jungen Patientenkollektiv<br />

mit nur geringer bzw. teilweise sogar<br />

ganz ohne Strahlenbelastung möglich.<br />

PD Dr. Thomas Beiert<br />

Oberarzt Kardiologie<br />

thomas.beiert@ukbonn.de<br />

// #ZeroFluoro<br />

Supraventrikuläre<br />

Tachykardien<br />

| 88<br />

▲ Diese Abbildung zeigt eine 3D-Karte des Herzens und der zuführenden Gefäße. Die Aufzeichnung erfolgte<br />

mittels CARTO®3 (Biosense Webster). Das linke Bild zeigt eine Übersicht mit Darstellung der unteren<br />

Hohlvene. Rechts ist eine Detailaufnahme des rechten Vorhofs dargestellt. Zu sehen sind der Koronarvenen<br />

Sinus Katheter, ein Katheter im Bereich des His (gelber Punkt), sowie der Ablationskatheter. Der rote Punkt<br />

markiert eine Stelle an der mittels Hochfrequenzstrom abladiert wurde.<br />

170.000 200<br />

Betroffene in Deutschland<br />

Schläge pro Minute möglich<br />

89 |


Foto | Felix Heyder<br />

// Die Ader des Lebens<br />

Die Ader<br />

des Lebens<br />

| 90<br />

Eine erkrankte Aorta kann tödliche Folgen haben.<br />

Im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> kümmern sich Herzchirurgen<br />

und Kardiologen gemeinsam um die lebenswichtige<br />

Hauptschlagader.<br />

91 |


Die Ader des Lebens<br />

Die Aorta, auch Hauptschlagader genannt, ist<br />

von großer Bedeutung. Mit einem Durchmesser<br />

von etwa 2,5-3,5 cm und einer Länge<br />

von 30-40 cm ist sie die größte Schlagader im<br />

menschlichen Körper und verbindet als Rohrsystem<br />

das Herz mit sämtlichen Organen. Bei einem<br />

Erwachsenen fließen pro Minute fast fünf Liter<br />

Blut durch die Aorta, das sind rund 200 Millionen<br />

Liter im Laufe eines 80 Jahre langen Lebens.<br />

Betrachtet man ihre Anatomie, erinnert die Form der<br />

Aorta an einen Spazierstock mit einem bogenförmigen<br />

Anfang und einem geraden Verlauf nach unten<br />

bis in den Beckenbereich.<br />

Der erste, nahezu senkrecht aufsteigende Teil der<br />

Aorta ist fünf bis sechs Zentimeter lang und wird<br />

als Aorta ascendens bezeichnet. Von ihr gehen die<br />

Koronararterien ab, die den Herzmuskel mit sauerstoffreichem<br />

Blut versorgen.<br />

Aufgrund seines nach links gekrümmten, bogenförmigen<br />

Verlaufs wird der nachfolgende Teil als<br />

Aortenbogen beschrieben. Aus ihm entspringen<br />

die großen Arterien (supraaortalen Gefäße) für die<br />

Versorgung des Kopfes und der Arme.<br />

Anschließend verläuft die Aorta parallel zur Wirbelsäule<br />

nach unten. Dieser absteigende Teil der<br />

Aorta ist ca. 30 cm lang und wird Aorta descendes<br />

genannt.<br />

Im oberen Abschnitt, von der Aortenwurzel bis zum<br />

Durchtritt durch das Zwerchfell, wird die Aorta als<br />

Brustschlagader (thorakale Aorta) bezeichnet. Der<br />

darunterliegende Abschnitt der Aorta descendens<br />

wird als Bauchschlagader (abdominelle Aorta)<br />

definiert.<br />

Am Ende der Bauchschlagader spaltet sich die<br />

Aorta dann in die beiden großen Arterienstämme<br />

des Beckenraums (Iliakalgefäße), die die Beine mit<br />

sauerstoffreichem Blut versorgen.<br />

Um in dieser komplizierten Anatomie auch als Laie<br />

den Überblick zu behalten, wird das Gefäßnetz des<br />

Menschen gerne mit einem weit verzweigten Baum<br />

verglichen, bei dem die Aorta die Rolle des blutverteilenden<br />

Stammes einnimmt.<br />

Insgesamt zeigt der anatomische Aufbau wie<br />

komplex die menschliche Aorta beschaffen und wie<br />

groß ihre Bedeutung im anatomischen Zusammenspiel<br />

ist. Da an einem Gefäß häufig mehrere Organe<br />

angeschlossen sind, kann es bei einer Aortenerkrankung<br />

schnell zu einem lebensgefährlichen Multiorganversagen<br />

kommen.<br />

Was ist die häufigste Erkrankung der Aorta und<br />

wodurch wird sie ausgelöst?<br />

Der häufigste Behandlungsgrund bei einer erkrankten<br />

Aorta ist das Aortenaneurysma. Dabei<br />

handelt es sich um eine krankhafte, sackförmige Erweiterung<br />

der Hauptschlagader. Sie entsteht, wenn<br />

sich der Gefäßdurchmesser der Aorta vergrößert<br />

und sich auch die Gefäßwandschichten ausdehnen.<br />

Da jedes Gewebe im Körper im Laufe des Lebens an<br />

Festigkeit verliert, kann sich auch der Durchmesser<br />

der Aorta im Alter um bis zu 35% vergrößern. Erst<br />

wenn es zu einer Erweiterung über dieses Maß<br />

hinaus kommt, spricht man von einem Aortenaneurysma.<br />

Ein nicht optimal eingestellter Blutdruck gilt als<br />

Hauptrisikofaktor für die Entwicklung von Aneurysmen.<br />

Folge eines erhöhten Blutdrucks (Hypertonie)<br />

ist die Arteriosklerose (krankhafte Verengung der<br />

Arterien), die die Aortenwand zusätzlich schwächt.<br />

In Kombination führen Hypertonie und Arteriosklerose<br />

dazu, dass die bereits geschädigte Gefäßwand<br />

dem Druck nicht mehr ausreichend standhalten<br />

kann und sie Stück für Stück nachgibt. Es kommt<br />

zur Erweiterung des Gefäßes. Die Gefäßwand wird<br />

an dieser Stelle nun immer dünner, stülpt sich<br />

unter dem Druck zunehmend nach außen und das<br />

Aneurysma entsteht.<br />

Neben den beiden Hauptfaktoren Hypertonie und<br />

Arteriosklerose gibt es noch andere Ursachen für die<br />

Entstehung von Aneurysmen. Sie reichen von einer<br />

Bindegewebserkrankung über eine entzündliche<br />

Genese bis hin zu einer genetischen Komponente.<br />

Vor allem jüngere oder mittelalte Aneurysma-Patienten<br />

haben häufig angeborene Bindegewebserkrankungen<br />

wie etwa das Marfan- oder das<br />

Ehlers-Danlos-Syndrom.<br />

Experten gehen davon aus, dass etwa neun Prozent<br />

der Deutschen über 65 Jahre an einer Erweiterung<br />

der Hauptschlagader leiden. In der Regel merken<br />

die Betroffenen davon nichts und viele Erkrankungen<br />

der Aorta fallen erst durch Komplikationen auf.<br />

Werden Aneurysmen rechtzeitig erkannt, so können<br />

diese risikoarm saniert werden.<br />

Mit welchen Symptomen macht sich ein Aortenaneurysma<br />

bemerkbar?<br />

Die meisten Aortenaneurysmen bleiben lange Zeit<br />

unbemerkt, weil die Betroffenen zunächst keine<br />

Symptome zeigen und sich völlig gesund fühlen.<br />

Häufig werden diese (kleinen) Aneurysmen erst<br />

zufällig im Rahmen anderer Untersuchungen<br />

erkannt.<br />

Hat das Aneurysma jedoch eine gewisse<br />

Größe erreicht und drückt auf andere Organe, Nerven<br />

oder Muskeln können sich verschiedene Symptome<br />

zeigen:<br />

• starke Schmerzen in Rücken, Brust, Bauch und<br />

Flanken<br />

• Schluckstörungen<br />

(durch Einengung der Speiseröhre)<br />

• Atembeschwerden<br />

(durch Druck auf die Atemwege)<br />

• Husten und Heiserkeit<br />

(durch eingeengte Nerven im Kehlkopfbereich)<br />

Bei einem Riss der thorakalen Aorta kommt es zu<br />

plötzlichen und sehr starken Brustschmerzen oder<br />

Herzchirurg Dr. Marwan Hamiko und Kardiologe Dr. Nadjib Schahab setzen einem Patienten gemeinsam<br />

einen Stent in die thorakale Aorta ein. Die Intervention findet im Hybrid-OP des <strong>Herzzentrum</strong>s statt.<br />

Im Folgenden möchten wir gerne aufzeigen,<br />

wodurch Erkrankungen der Aorta ausgelöst werden<br />

und mit welchen Behandlungsoptionen wir unseren<br />

Patienten im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> nachhaltig helfen<br />

können.<br />

| 92 93 |<br />

▲<br />

Schmerzen zwischen den Schulterblättern, die<br />

denen eines Herzinfarktes ähneln können.<br />

Gleiches gilt für ein rupturiertes (gerissenes)<br />

Bauchaortenaneurysma. Hierbei verstärken sich die<br />

Schmerzen im Bauchraum plötzlich und unerträglich.<br />

Was ist die häufigste Komplikation eines Aortenaneurysmas?<br />

Bleibt ein Aortenaneurysma unentdeckt, besteht die<br />

Gefahr einer Aortendissektion. Dabei reißt die innere<br />

Wandschicht der Aorta (Intima) ein und Blut gelangt<br />

in den entstehenden Spalt. Aufgrund der sogenannten<br />

„Wühlblutung“ spaltet sich die Gefäßwand (Dissektion)<br />

und es entsteht zusätzlich zum eigentlichen<br />

Gefäßinnenraum, dem wahren Lumen, ein zweiter<br />

Hohlraum, das falsche Lumen.<br />

Da es bei diesem Krankheitsbild zur Verlegung von<br />

Gefäßabgängen oder im schlimmsten Fall sogar zum<br />

Riss (Ruptur) der Aorta kommen kann, handelt es<br />

sich dabei um eine akut lebensbedrohliche Erkrankung,<br />

die eine notfallmäßige Versorgung absolut<br />

notwendig macht. Solche akuten Aortenerkrankungen<br />

gehen mit einer hohen Sterblichkeit einher. Zur<br />

Vermeidung dieser Notfälle kommt der Prävention<br />

eine große Bedeutung zu, die sich aus regelmäßigen<br />

Verlaufskontrollen gestaltet.<br />

Wie erfolgt die Diagnose eines Aneurysmas bzw.<br />

einer Aortendissektion?<br />

Häufig wird ein Aneurysma im Rahmen einer Routineuntersuchung<br />

entdeckt. Bei einem Verdacht auf ein<br />

// Die Ader des Lebens


a<br />

// Die Ader des Lebens<br />

| 94<br />

Aortenaneurysma kann mittels Computertomografie<br />

(CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) die<br />

genaue Größe der Aorta bzw. des Aortenaneurysmas<br />

gemessen werden.<br />

Für das medizinische Personal im Krankenhaus gilt:<br />

Stellt sich ein Patient mit Thoraxschmerzen in der<br />

Notaufnahme vor, so muss immer differentialdiagnostisch<br />

an eine Aortendissektion gedacht werden.<br />

Erhärtet sich der Verdacht in der bildgebenden Diagnostik<br />

(Echokardiographie oder bestenfalls Computertomographie),<br />

so sollte der Patient unverzüglich<br />

einem Aortenteam, bestehend aus Herzchirurgen<br />

und interventionellen Kardiologen/Angiologen, zur<br />

akuten Therapie vorgestellt werden.<br />

Wann und wie muss eine Aortendissektion<br />

behandelt werden?<br />

Spricht man über die Therapie-Optionen der Aortendissektion<br />

muss zunächst festgestellt werden, in<br />

welchem Teil der Aorta die Dissektion vorliegt.<br />

Bei der sogenannten Typ-A-Dissektion beginnt<br />

die Einblutung bereits in der aufsteigenden Aorta.<br />

Hierbei handelt es sich um einen lebensbedrohlichen<br />

Notfall und die einzig mögliche Therapie ist<br />

eine sofortige Operation am offenen Herzen. Mit<br />

jeder Stunde, die eine akute Typ A-Aortendissektion<br />

unbehandelt bleibt, versterben statistisch zwei<br />

Prozent der Patienten. Nach 24 Stunden liegt die<br />

Mortalität bei fast 50%. Zeit ist in diesem Fall also<br />

der absolut kritische Faktor, denn es besteht die<br />

Gefahr, dass die äußerste Schicht der Aortenwand<br />

dem Druck der „Wühlblutung“ nicht länger standhält<br />

und es zum vollständigen Platzen der Aussackung<br />

kommt. Eine solche Aortenruptur führt in der Regel<br />

zum sofortigen Tod.<br />

Bei der Operation öffnet der Herzchirurg zunächst<br />

den Brustkorb des Patienten. Anschließend wird<br />

der Patient an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen<br />

und das Herz stillgelegt. Je nach Ausmaß<br />

der Aortendissektion wird bei der Operation der<br />

normale Aorta<br />

Aortendissektion<br />

▲ Schematische Darstellung des „Falschen Lumens“<br />

bei einer Aortendissektion<br />

▲ Bei einer akuten Aortendissektion wird der betroffene<br />

Abschnitt der Aorta durch eine Gefäßprothese<br />

ersetzt. In einigen Fällen muss im selben Eingriff zusätzlich<br />

auch eine Aortenklappenprothese eingesetzt<br />

werden.<br />

betroffene Abschnitt durch eine Gefäßprothese<br />

ersetzt. In einigen Fällen muss im selben Eingriff auch<br />

eine Aortenklappenprothese eingesetzt werden.<br />

Demgegenüber steht die Typ B-Dissektion, bei der<br />

die Dissektion erst im absteigenden Teil der Aorta<br />

beginnt. Sie tritt seltener auf als die Typ A-Dissektion<br />

und das Risiko für schwerwiegende Komplikationen<br />

ist hier im Vergleich zum Typ A geringer, da<br />

weder Herz noch Kopfgefäße betroffen sind und die<br />

Rupturgefahr geringer ist.<br />

Die „unkomplizierte“ Form der Typ-B-Dissektion<br />

ist eine chronische Erkrankung, bei der sich die<br />

Aortendissektion langsam und häufig symptomlos<br />

über einen längeren Zeitraum entwickelt. Nachdem<br />

sie erkannt worden ist, bedarf es zunächst nur der<br />

engmaschigen medizinischen Kontrolle. Falls nötig,<br />

verschreibt der Arzt zusätzlich Medikamente gegen<br />

Bluthochdruck (Betablocker), um den Druck auf die<br />

Gefäßwände zu reduzieren. Bei Rauchern ist eine<br />

Aortendissektion<br />

Nikotinentwöhnung zwingend erforderlich, um den<br />

strapazierten Gefäßen nicht noch weitere Schäden<br />

zuzufügen. Ein operativer Eingriff ist in solchen Fällen<br />

nicht notwendig, allerdings sollte bei Erstdiagnose<br />

zunächst eine stationäre Krankenhausbehandlung<br />

mit engmaschigen CT-Kontrollen erfolgen, um Komplikationen<br />

frühzeitig zu erkennen und den Blutdruck<br />

möglichst optimal einzustellen.<br />

Wenn eine Typ B-Dissektion allerdings „kompliziert“<br />

verläuft, es also zu Durchblutungsstörungen<br />

in den Organen oder Extremitäten kommt oder die<br />

Schmerzen anhaltend sind, so erfolgt eine invasive<br />

Behandlung der Dissektion. Auch bei einem chronischen<br />

Aneurysma der absteigenden Aorta sollte eine<br />

invasive Behandlung erfolgen, wenn bei Kontrolluntersuchungen<br />

festgestellt wird, dass die aneurysmatische<br />

Erweiterung zu einem Größenprogress<br />

von >5,5-6,0 cm im Bereich der absteigenden Aorta<br />

geführt hat. Denn hierbei steigt das Risiko für eine<br />

Aortenruptur mit tödlicher Folge proportional an.<br />

Das Aneurysma sollte dann vorsorglich invasiv<br />

behandelt werden, entweder mittels Stentimplantation<br />

über die Leistengefäße oder in besonderen<br />

Fällen durch eine offene Operation.<br />

Während Typ A-Dissektionen (aufsteigender Teil<br />

der Aorta) ausschließlich „konventionell“ (offen-chirurgisch)<br />

operiert werden, ist bei Typ B-Dissektionen<br />

(absteigende Aorta) die „interventionelle“ Versorgung<br />

mittels Stentimplantation mittlerweile Standard.<br />

Stents in der Brustschlagader (thorakale Aorta )<br />

heißen TEVAR (thoracic endovascular aortic repair),<br />

in der Bauchschlagader (abdominale Aorta) EVAR<br />

(endovascular aortic repair).<br />

Interventionelle Versorgung von Aortendissektionen<br />

mit einem Stent<br />

Nach Zuweisung des Patienten mit „komplizierter“<br />

Typ B-Dissektion an ein <strong>Herzzentrum</strong> erarbeitet<br />

das dortige Aortenteam gemeinsam die weiteren<br />

diagnostischen und therapeutischen Schritte.<br />

Dabei werden nach erfolgtem Schnittbildverfahren<br />

(CT oder MRT) diverse Messungen an der Hauptschlagader<br />

durchgeführt, um die geeignete Größe<br />

und Länge des Stents zu bestimmen.<br />

Bei uns im <strong>Herzzentrum</strong> wird eine Stentimplantation<br />

vom Aortenteam gemeinsam geplant und in<br />

unserem modernen Hybrid-OP durchgeführt. Der<br />

Hybrid-OP bietet die Möglichkeit der optimalen<br />

▲ Schematische Darstellung einer interventionellen<br />

Stent-Implantation in der Aorta ascendens.<br />

▲ Der Aorten-Stent ist zu Beginn auf wenige Zentimeter<br />

zusammengestaucht und kann so durch einen<br />

Katheter bis zur Aorta vorgeschoben werden.<br />

perioperativen Bildgebung und Messung der Aorta<br />

anhand von angiographischen Bildern. So kann<br />

der Stent bestmöglich platziert und anschließend<br />

freigesetzt werden. Den Hauptzugang zur endovaskulären<br />

Stentimplantation bieten die Leistengefäße.<br />

Solche Eingriffe werden in mehr als 90% der Fälle<br />

mittels Punktion als minimal-invasiver Eingriff ohne<br />

chirurgischen Schnitt durchgeführt. So kann eine<br />

chirurgische Wunde und die Gefahr einer Wundinfektion<br />

vermieden werden.<br />

Nach erfolgtem Eingriff werden die Patienten<br />

direkt auf dem Operationstisch extubiert, um neurologische<br />

Komplikationen, wie beispielsweise<br />

das Querschnitts-Syndrom rechtzeitig entdecken<br />

und behandeln zu können. Anschließend werden<br />

die Patienten in der Regel für 24 Stunden auf eine<br />

Überwachungsstation verlegt. Vor der Entlassung<br />

erfolgt eine erneute CT- oder MRT-Kontrolluntersuchung,<br />

um den Therapieerfolg zu evaluieren. Auch<br />

hier ist das Zusammenspiel zwischen Herzchirurgen,<br />

Kardiologen/Angiologen und Radiologen im Aortenteam<br />

entscheidend.<br />

Bevor die Patienten bereits wenige Tage nach dem<br />

Eingriff entlassen werden, wird ein Nachsorgeprogramm<br />

etabliert, das im jeweiligen Zentrum durchgeführt<br />

werden sollte. Zudem stellt sich der Patient<br />

in der Folge regelmäßig in der Aortensprechstunde<br />

vor, um Früh- und Spätkomplikationen zu vermeiden.<br />

In der Regel stellen sich die Patienten im ersten<br />

Jahr zweimal ambulant vor. Die Befunde werden<br />

anhand der durchgeführten CT- oder MRT-Untersuchungen<br />

im Aortenteam diskutiert und die weiteren<br />

Nachsorgeintervalle mittels Ultraschall der Aorta<br />

und jährlicher CT-Kontrollen festgelegt. Auf diese<br />

Weise kann das Operationsergebnis verlässlich<br />

kontrolliert werden.<br />

Dr. Marwan Hamiko<br />

Oberarzt Herzchirurgie<br />

marwan.hamiko@ukbonn.de<br />

PD Dr. Nadjib Schahab<br />

Leiter Sektion Angiologie<br />

nadjib.schahab@ukbonn.de<br />

Aorta<br />

// Die Ader des Lebens<br />

200.000.000<br />

Liter Blutdurchlauf in 80 Jahren<br />

95 |


Grundlagenforschung<br />

| 96<br />

Forschung@<strong>Herzzentrum</strong><br />

Bildung, Forschung und Innovation sind<br />

von zentraler Bedeutung für die Zukunft<br />

Deutschlands, denn sie sind die Grundlage<br />

für wirtschaftlichen, sozialen und technologischen<br />

Fortschritt. Allein 2020 wurden<br />

in Deutschland rund 107 Milliarden Euro für<br />

Forschung und Entwicklung ausgegeben. Die<br />

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit<br />

Sitz in <strong>Bonn</strong> ist eine Einrichtung zur Förderung<br />

von Wissenschaft und Forschung in Deutschland.<br />

Mit einem jährlichen Etat von 3,6 Milliarden<br />

Euro unterstützt sie rund 31.600 Projekte<br />

und will vor allem die Spitzenforschung an<br />

deutschen Universitätsklinika stärken.<br />

Die DFG fördert dabei nicht nur Einzelprojekte,<br />

sondern auch Verbundprojekte sowie<br />

Infrastruktur. Ein solches Verbundprojekt<br />

ist unser Sonderforschungsbereich<br />

Transregio 259 „Aortenerkrankungen“,<br />

den die DFG in den ersten vier Projektjahren<br />

mit rund zwölf Millionen<br />

Euro fördert. Sonderforschungsbereiche<br />

(SFB) sind langfristige, auf<br />

die Dauer von bis zu zwölf Jahren<br />

angelegte Forschungseinrichtungen,<br />

in denen Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftler im Rahmen eines<br />

fächerübergreifenden Forschungsprogramms<br />

zusammenarbeiten. Im Juli<br />

2019 haben die Universitäten <strong>Bonn</strong>,<br />

Köln und Düsseldorf gemeinsam ihr<br />

Forschungsprojekt über kardiovaskuläre<br />

Grundlagenforschung im Rahmen des TRR 259<br />

gestartet. Vorausgegangen war ein aufwändiger<br />

Bewerbungsprozess mit einem mehr als 400<br />

Seiten umfassenden Förderantrag. Sprecher des<br />

gemeinsamen Forschungsverbundes ist Prof. Dr.<br />

Georg Nickenig, Klinikdirektor des <strong>Bonn</strong>er <strong>Herzzentrum</strong>s.<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind mit Abstand<br />

die häufigste Todesursache in Deutschland. Mit<br />

dem Sonderforschungsbereich TRR 259 „Aortenerkrankungen“<br />

wurde weltweit erstmalig ein<br />

Forschungsverbund zu aortalen Erkrankungen ins<br />

Leben gerufen, der die Expertise von drei Universitätsklinika<br />

verbindet. Ziel des Sonderforschungsbereichs<br />

ist es, die molekularen und zellulären<br />

Pathomechanismen, also die erfassbaren Abläufe<br />

eines Krankheitsprozesses, bei der Entstehung von<br />

Erkrankungen der verschiedenen Abschnitte der<br />

Aorta zu entschlüsseln.<br />

Zwei Bereiche der Aorta stehen dabei besonders<br />

im Fokus der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler:<br />

Einerseits die Erkrankungen der<br />

Aortenklappe, insbesondere die kalzifizierende<br />

Aortenklappenstenose, und andererseits das<br />

Aortenaneurysma, die Gefäßerweiterung. Ein<br />

besseres Verständnis der zugrunde liegenden<br />

chemischen, molekularen und zellulären Prozesse<br />

bei der Entstehung und der Progression dieser<br />

aortalen Erkrankungen ist dringend notwendig,<br />

um Medikamente für eine Therapie entwickeln zu<br />

können. Denn aktuell gibt es keine Medikamente<br />

zur Vorbeugung oder Behandlung aortaler Erkrankungen.<br />

Das Forschungsvorhaben wurde zunächst für vier<br />

Jahre bewilligt. In diesem Zeitraum sollen vor allem<br />

grundlegende Mechanismen erforscht werden.<br />

<strong>2023</strong> wird der TRR 259 sich um eine Verlängerung<br />

des Forschungsverbundes bei der DFG bewerben.<br />

Ziel der zweiten Förderperiode ist die Entwicklung<br />

von Medikamenten, die dann voraussichtlich<br />

in der dritten Förderperiode (2027-2031) in<br />

klinischen Studien für die Vorbeugung und<br />

Therapie von Aortenerkrankungen eingesetzt<br />

werden sollen.<br />

Da die Prozesse, die an der Entwicklung<br />

von Aortenerkrankungen beteiligt<br />

sind, hochkomplex sind und verschiedene<br />

Expertisen zur Klärung benötigt<br />

werden, besteht der TRR 259 aus<br />

insgesamt 16 Teilprojekten. Diese<br />

Teilprojekte werden von einzelnen<br />

oder mehreren Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftlern geleitet,<br />

wobei im TRR 259 31 Projektleiter*innen<br />

beteiligt sind. So können<br />

entsprechend der Expertisen die zugrunde<br />

liegenden Mechanismen von Aortenerkrankungen<br />

in verschiedenen Modellsystemen erforscht<br />

werden. Die standortübergreifende Kooperation<br />

in diesem Verbund ermöglicht es, dass Ärzte und<br />

Naturwissenschaftler verschiedenster Disziplinen<br />

ein Netzwerk bilden, um die Forschung auf dem<br />

Gebiet der Aortenerkrankungen voranzubringen.<br />

Wissenschaftlich koordiniert wird der Sonderforschungsbereich<br />

von Dr. Marika Enders. Über die<br />

drei beteiligten Standorte <strong>Bonn</strong>, Köln und Düsseldorf<br />

hinweg sind insgesamt 120 Personen am<br />

TRR 259 beteiligt. Gleich mehrere Projekte werden<br />

von Ärztinnen und Ärzten des <strong>Herzzentrum</strong>s der<br />

Uniklinik <strong>Bonn</strong> betreut, von denen wir einige auf<br />

den kommenden Seiten näher vorstellen möchten.<br />

Dr. Marika Enders<br />

Wissenschaftl. Koordinatorin TRR259<br />

marika.enders@ukbonn.de<br />

▲ Die Abbildung A zeigt die normale Entwicklung einer Herzklappe beim Zebrafisch. Abbildung B hingegen<br />

zeigt einen Zebrafisch, bei dem das entdeckte Ziel-Gen ausgeschaltet worden ist. Hier zeigt sich eine<br />

verzögerte Entwicklung der Herzklappe.<br />

Ist die Aortenklappenstenose<br />

genetisch vorprogrammiert?<br />

Die kalzifizierende Aortenklappenstenose ist<br />

die häufigste erworbene Herzklappenerkrankung<br />

in den westlichen Ländern und<br />

betrifft die aus drei taschenförmigen Segeln bestehende<br />

Herzklappe zwischen linker Hauptkammer<br />

und Hauptschlagader. Eine Sonderform stellt<br />

die sogenannte bikuspide Aortenklappenstenose<br />

dar. Bei dieser angeborenen Fehlbildung besteht<br />

die Aortenklappe nicht aus drei, sondern nur aus<br />

zwei Taschen. Die bikuspide Aortenklappe ist die<br />

häufigste kongenitale Anomalie, tritt mit einer<br />

geschätzten Häufigkeit von 1-2% in der Allgemeinbevölkerung<br />

auf und geht mit einem deutlich<br />

erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Aortenklappenstenose<br />

einher. Über die drei Stadien<br />

der Erkrankung von leicht-, über mittel- zu hochgradiger<br />

Stenose führt die Aortenklappenerkrankung<br />

zu einer Obstruktion des linksventrikulären<br />

Ausflusstraktes, die in einer Linksherzvergrößerung<br />

und Herzinsuffizienz resultiert und mit einer<br />

erhöhten Sterblichkeit assoziiert ist.<br />

Ursächlich für die erworbene kalzifizierende Aortenklappenstenose<br />

ist ein natürlicher Verschleiß, der sich<br />

in Form bindegewebigen Umbaus und Verkalkung<br />

der Herzklappe zeigt. Dieser Verschleißprozess entspricht<br />

in etwa dem der Verkalkung von Herzkranzund<br />

anderen Gefäßen, auch Arteriosklerose genannt.<br />

Begünstigt wird ein schnelleres Fortschreiten<br />

dieses Verschleißes durch Bluthochdruck, Diabetes,<br />

Rauchen und zu hohe Kalziumkonzentrationen<br />

01<br />

im Blut. Darüber hinaus scheinen insbesondere<br />

Erbanlagen bei der Entstehung der erworbenen<br />

kalzifizierenden Aortenklappenstenose eine entscheidende<br />

Rolle zu spielen. Hierbei konnte vielfach<br />

gezeigt werden, dass es sich um eine multifaktorielle<br />

Krankheit handelt, der ein genetisch komplexer<br />

Vererbungsmechanismus zugrunde liegt. So ist die<br />

Erkrankung durch das gleichzeitige Vorliegen von<br />

Genveränderungen bzw. Risikovarianten in vielen<br />

unterschiedlichen Genen gekennzeichnet. Dabei ist<br />

das Gewicht bzw. die Effektstärke jeder einzelnen<br />

Gen- bzw. Risikovariante eher moderat. In ihrer Gesamtheit<br />

tragen sie allerdings in nicht unerheblichem<br />

Ausmaß zur Krankheitsentstehung bei.<br />

Einzelne Erbanlagen und Gene, die zur Entwicklung<br />

und dem Voranschreiten einer Aortenklappenstenose<br />

führen, sind allerdings noch nicht bekannt bzw.<br />

noch nicht ausreichend verstanden. Daher führen<br />

wir im Rahmen des Sonderforschungsbereiches<br />

TRR 259 gemeinsam mit den Kollegen der Universitätskliniken<br />

Köln und Düsseldorf eine Studie zur<br />

Erforschung der genetischen Ursachen der Aortenklappenstenose<br />

durch. Hierzu haben wir gemeinsam<br />

mit unseren Kollegen des Instituts für Humangenetik<br />

das Konsortium GUARD („genes underlying aortic<br />

valve disease“; www.guard-net.de) gegründet.<br />

Tatsächlich konnten wir in einer ersten Studie, in die<br />

mehr als 2.200 Patienten mit einer bikuspiden Aortenklappe<br />

eingeschlossen wurden, eine neue genetische<br />

Risikovariante auf Chromosom 3 nachweisen.<br />

// Grundlagenforschung<br />

97 |


Grundlagenforschung<br />

| 98<br />

Die Ergebnisse der Studie, die im international<br />

renommierten Journal „Cardiovascular Research“<br />

publiziert wurden, konnten zusätzlich zeigen, dass<br />

experimentelle Untersuchungen im Ziel-Gen bei<br />

Zebrafischen zu einer verzögerten Entwicklung der<br />

Herzklappe führen.<br />

Aktuell führen wir gemeinsam mit den Kollegen<br />

der Humangenetik eine weitere, groß angelegte<br />

Studie zur Klärung der genetischen Ursachen der<br />

trikuspiden, also häufigeren Form der Aortenklappenstenose,<br />

durch. Zudem rekrutieren wir aktuell<br />

Patienten, die sich in den anfänglichen Stadien der<br />

Erkrankung befinden und eine leicht- oder mittelgradige<br />

Aortenklappenstenose aufweisen, um genetische<br />

Risikofaktoren, die das Voranschreiten der<br />

Erkrankung begünstigen, zu identifizieren. Sofern<br />

diese Risiko-Gene bekannt sind, könnten langfristig<br />

02<br />

bessere Maßnahmen zur Prävention oder Therapie<br />

der erworbenen kalzifizierenden Aortenklappenstenose<br />

entwickelt werden. So könnten Patienten, die<br />

ein höheres Risiko für das Entwickeln einer hochgradigen<br />

Aortenklappenstenose haben, frühzeitig<br />

identifiziert und behandelt werden, bevor sekundäre<br />

strukturelle Schäden am Herzen entstehen. Dabei<br />

hoffen wir in Zukunft den Progress der Aortenklappenstenose<br />

mithilfe einer gezielten medikamentösen<br />

Therapie verzögern oder sogar stoppen zu können,<br />

so dass, im Gegensatz zum heutigen Goldstandard<br />

der Therapie, kein operativer oder interventioneller<br />

Ersatz der Aortenklappe notwendig wird.<br />

Dr. Baravan Al-Kassou<br />

Assistenzarzt Kardiologie<br />

baravan.al-kassou@ukbonn.de<br />

Die Rolle nichtkodierender<br />

RNAs bei der Aortenklappenstenose<br />

Die Aortenklappenstenose (AKS), also eine<br />

Verengung der Klappe, durch die das Blut<br />

aus dem linken Herzen in den Systemkreislauf<br />

fließt, ist die häufigste behandlungsbedürftige<br />

Herzklappenerkrankung des erwachsenen<br />

Menschen.<br />

Risikofaktoren für die Entstehung einer AKS sind<br />

erhöhte Blutfette, Bluthochdruck oder Diabetes<br />

mellitus (erhöhter Blutzucker). Eine hochgradige<br />

Verengung der Aortenklappe führt zu Symptomen<br />

wie Luftnot, Schwindel, Angina pectoris (Schmerzen<br />

oder Druck auf der Brust) und Synkopen (kurzzeitiger<br />

Bewusstseinsverlust). Wird die hochgradig verengte<br />

Klappe nicht therapiert, beträgt die 2-Jahres-Überlebensrate<br />

weniger als 50%. Aktuell stehen als Therapieoptionen<br />

nur ein chirurgischer oder interventioneller<br />

(über einen Leistenzugang) Ersatz der verengten<br />

Klappe zur Verfügung. Lange Zeit glaubte man, dass<br />

die Verengung der Aortenklappe eine rein degenerative<br />

Erkrankung des älteren Menschen sei. Heutzutage<br />

ist jedoch klar, dass die Aortenklappenstenose ein<br />

regulierter, chronisch inflammatorischer Prozess ist,<br />

der Parallelen zur Atherosklerose zeigt. Ausgelöst<br />

durch Bluthochdruck, hohe Blutzuckerspiegel,<br />

mechanische und Flussbelastung der Klappenendothelzellen<br />

kommt es zu einer Schädigung der Endothelzellschicht,<br />

die das Klappengewebe umgibt und<br />

das Innere der Klappe vom Blutstrom trennt. Diese<br />

Störung der endothelialen Barrierefunktion führt zur<br />

Auswanderung von Immunzellen und Ablagerung<br />

von Cholesterin/Blutfetten in das Klappengewebe.<br />

Immunzellen und im Klappengewebe oxidierte Fette<br />

setzen eine Entzündungsreaktion in Gang, welche in<br />

einer Art Teufelskreis (Circulus vitiosus) aufrechterhalten<br />

wird. Aufgrund der chronischen Entzündung<br />

kommt es zu einer Anreicherung von Bindegewebe<br />

und zu einer Transformation von Klappenzellen zu<br />

knochenbildenden Zellen, was zu Kalkablagerungen<br />

und letztendlich Versteifung und Minderbeweglichkeit<br />

der Klappentaschen führt.<br />

In diesem Zusammenhang interessieren wir uns für<br />

die Regulierung der Inflammation und Kalzifizierung<br />

mithilfe sogenannter nichtkodierender RNAs.<br />

Nichtkodierende RNAs (ncRNAs, v.a. mikroRNAs<br />

und lange nichtkodierende RNAs) werden nicht in<br />

Eiweiße (Proteine) übersetzt, sondern sind in der Lage<br />

die biologische Aktivität der Zelle und deren Erscheinungsbild<br />

über Manipulation der Genexpression zu<br />

beeinflussen. Wir konnten zeigen, dass das ncR-<br />

NA-Profil im stenotischen Gewebe von explantierten<br />

menschlichen Aortenklappen (nach Aortenklappenersatz)<br />

im Vergleich zur gesunden Klappe verändert<br />

ist. Diese Veränderungen beeinflussen die valvuläre<br />

Inflammation und Transformation von Klappenzellen<br />

zu osteoblastischen (knochenbildende) Zellen, was<br />

zur Mineralisierung des Klappengewebes führt.<br />

Die pharmakologische Beeinflussung spezifischer<br />

ncRNAs in Zellkulturexperimenten zeigt schützende<br />

Effekte auf Klappenzellen und vermindert osteoblastische<br />

Transformierung und Kalkablagerung.<br />

Darüber hinaus scheint interzelluläre Kommunikation<br />

zwischen verschiedenen Klappenzellen bei der<br />

Aortenklappenstenose von großer Bedeutung für die<br />

Initiation und den Progress der Erkrankung zu sein.<br />

Zellen im kardiovaskulären System sind in der Lage<br />

sogenannte extrazelluläre Vesikel, welche ncRNAs in<br />

ihrem Inneren tragen, in den Extrazellulärraum oder<br />

die Blutzirkulation abzugeben. Diese Vesikel, vor<br />

allem über die transportierten ncRNAs, dienen als<br />

Art der Kommunikation, um schützende oder schädliche<br />

Signale an benachbarte oder weit entfernte<br />

Zellen weiterzugeben. Unsere Erkenntnisse zeigen,<br />

dass verschiedene Zellen im Klappengewebe über<br />

diesen Weg miteinander kommunizieren und vor<br />

allem schädliche mikroRNAs an benachbarte Klappenzellen<br />

weitergeben – und so zur pathologischen<br />

Transformation dieser Zellen beitragen. Zirkulierende<br />

Vesikel erreichen über den Blutstrom auch das<br />

Myokard, und die Übertragung von mikroRNAs führt<br />

hier zu einer vermehrten Apoptose von Herzmuskelzellen,<br />

was die Herzkraft einschränken kann.<br />

Ziel unseres Forschungsvorhabens im Rahmen des<br />

überregionalen TRR 259 ist es pharmakologische<br />

Möglichkeiten zu finden, mithilfe derer wir die<br />

Bildung und/oder Übertragung schädlicher ncRNAs<br />

beeinflussen können, um so die Inflammation und<br />

die Kalkablagerungen im Aortenklappengewebe zu<br />

verhindern. Hierfür werden wir RNA-basierte Therapieansätze<br />

(künstlich hergestellte RNAs, welche<br />

spezifische ncRNAs gezielt ausschalten können)<br />

weiter im Zellkulturmodell und in unserem Aortenklappenmausmodell<br />

analysieren. Im Verlauf soll<br />

eine Übertragung (Translation) auf den Menschen<br />

stattfinden, um diese Therapieansätze zu überprüfen.<br />

Die Modulation der ncRNA Bildung könnte ein<br />

vielversprechender Ansatz sein die bestehenden<br />

Dr. Philip Goody<br />

Facharzt Kardiologie<br />

philip.goody@ukbonn.de<br />

Dr. Rabiul Hosen<br />

Senior Postdoctoral Researcher<br />

rabiul.hosen@ukbonn.de<br />

Progression der mittelgradigen<br />

Aortenklappenstenose<br />

Die Aortenklappenstenose ist die häufigste<br />

behandlungsbedürftige Erkrankung der<br />

Herzklappen beim Menschen und tritt in<br />

Europa und in den USA bereits nahezu endemisch.<br />

Die Prävalenz bei über 65-Jährigen beträgt ca. 2%<br />

und steigt auf bis zu 5% bei über 85-Jährigen an.<br />

Liegt erst einmal eine hochgradige Aortenklappenstenose<br />

vor, so ist die Prognose der Patienten bei<br />

Auftreten von Symptomen deutlich eingeschränkt.<br />

Derzeit stehen keine medikamentösen Therapieoptionen<br />

zur Verfügung, um den Krankheitsprozess zu<br />

verlangsamen oder gar aufzuhalten.<br />

Der operative oder interventionelle Aortenklappenersatz<br />

stellt bei diesem Patientenkollektiv daher<br />

die einzige kurative Behandlungsoption dar. Eine<br />

Tatsache, die verdeutlicht, wie wichtig das genaue<br />

Verständnis der Erkrankung und deren Pathomechanismus<br />

ist, um neue Therapieansätze evaluieren zu<br />

können.<br />

Bei der Genese der erworbenen Aort enklappen -<br />

▲ Dr. Philip Goody im Forschungslabor<br />

interventionellen / chirurgischen Therapiemöglichkeiten<br />

um einen medikamentösen Arm zu erweitern<br />

und dem Patientenkollektiv, das unter einer Aortenklappenstenose<br />

leidet, endlich auch eine pharmakologische<br />

Therapie zu ermöglichen.<br />

03<br />

stenose handelt es sich um einen multifaktoriellen<br />

Prozess. So haben die bekannten kardiovaskulären<br />

Risikofaktoren wie männliches Geschlecht, arterielle<br />

Hypertonie, Hyperlipidämie und Nikotinabusus<br />

einen begünstigen Einfluss auf die Entstehung einer<br />

Aortenklappenstenose. Wissenschaftliche Studien<br />

legen zudem nahe, dass auch genetische Veranlagung<br />

zur Entwicklung der Aortenklappenstenose<br />

beiträgt. So stellt die Identifikation ursächlicher Gene<br />

für den Progress der moderaten Aortenklappenstenose<br />

mittel molekulargenetischer Untersuchungen<br />

im Rahmen „Genomweiter Assoziations-Studien<br />

(GWAS)“ ein wesentliches Ziel dieses wissenschaftlichen<br />

Projektes dar.<br />

Bei der Entstehung der Aortenklappenstenose<br />

kommt es zu immunologischen und bildmorphologischen<br />

Veränderungen im Bereich des Klappenapparates.<br />

Biochemische (beispielsweise Hyperglykämie,<br />

Hypercholesterinämie) und mechanische Beanspruchung<br />

(beispielsweise arterielle Hypertonie) führt zu<br />

einer zunehmenden Verdickung und Fibrosierung der<br />

Klappentaschen, was wiederum zu Inflammation,<br />

// Grundlagenforschung<br />

99 |


Grundlagenforschung<br />

Neovaskularisation und Kalzifizierung führt. Diese<br />

Prozesse treten auf, bevor eine hämodynamisch<br />

relevante Stenose der Aortenklappe nachweisbar<br />

ist, werden jedoch mit routinemäßigen Methoden<br />

nicht detektiert.<br />

Die Doppler-Echokardiographie (Herzultraschall)<br />

erlaubt beispielsweise derzeit nur eine ungefähre<br />

Abschätzung des Stenosegrades, ohne dass eine<br />

Zuordnung der zugrundeliegenden Mechanismen<br />

möglich ist. Daher wollen wir im Rahmen unseres<br />

Forschungsvorhabens mit Hilfe erweiterter bildgebender<br />

Verfahren wie beispielsweise der Kardialen<br />

Magnetresonanztomographie (CMR) und des CT des<br />

Herzens mögliche Progresstrigger mechanistisch<br />

untersuchen und im Gesamtkontext beurteilen.<br />

Die kardiale MRT bietet die einzigartige Möglichkeit<br />

einer nicht-invasiven Charakterisierung des<br />

Herzmuskelgewebes und kann beispielsweise zur<br />

Erkennung und Quantifizierung eines myokardialen<br />

Remodelings beitragen, welches bereits bei<br />

moderater Aortenklappenstenose auftreten kann.<br />

Insbesondere für quantitative Mapping-Techniken<br />

konnte bereits gezeigt werden, dass diese Techniken<br />

unabhängige prognostische Informationen bei<br />

Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose<br />

liefern. Der Einsatz der Techniken bei moderater<br />

Aortenklappenstenose ist bisher jedoch nur unzureichend<br />

erforscht.<br />

Die Rolle der CT beschränkt sich bei Patienten mit<br />

Aortenklappenstenose klinisch bisher primär auf<br />

die Umfelddiagnostik. Gerade das Kalziumscoring<br />

der Aortenklappe jedoch ist mit einer moderaten<br />

bis hohen Sensitivität und Spezifität dazu geeignet<br />

eine schwere Aortenklappenstenose zu diagnostizieren,<br />

da die Kalklast häufig schon bei moderater<br />

Aortenklappenstenose erhöht ist. Inwiefern die<br />

Kalkmorphologie und Kalklast bei einer moderaten<br />

Keine Aortenklappenstenose<br />

Aortenklappenstenose prädiktiv für die Entwicklung<br />

einer höhergradigen Stenose sind, ist jedoch noch<br />

nicht ausreichend bekannt.<br />

Neben bildmorphologischen Faktoren untersuchen<br />

wir auch immunologische Prozesse auf eine<br />

Assoziation mit dem Krankheitsprogress, ebenso<br />

wie die Inzidenz der klonalen Hämatopoese von<br />

unbestimmtem Potential (clonal hematopoiesis of<br />

indeterminate potential, CHIP). Hierunter versteht<br />

man das Vorliegen klonaler genetischer Veränderungen<br />

in Blut- und Knochenmarkzellen, jedoch<br />

ohne Nachweis einer hämato-onkologischen<br />

Grunderkrankung. Die Inzidenz von CHIP konnte in<br />

der Vergangenheit bereits mit dem Auftreten von<br />

kardiovaskulären Erkrankungen in Zusammenhang<br />

gebracht werden.<br />

Ziel ist es somit anhand bildmorphologischer und immunologischer<br />

Veränderungen in der Pathogenese<br />

der Aortenklappenstenose Hochrisiko-Patienten für<br />

einen schnelleren Progress identifizieren zu können.<br />

Die systembiologische Verknüpfung modernster<br />

medizinischer Bildgebung und experimenteller<br />

Methodik mit innovativer Technologie und künstlicher<br />

Intelligenz soll abschließend die Entwicklung<br />

von Deep-Learning-Systemen ermöglichen. Unser<br />

Projekt bietet mit seinem Datenumfang die einzigartige<br />

Möglichkeit ein konvolutionelles neuronales<br />

Netz zu trainieren, Rechenmodelle zu erstellen und<br />

somit Deep-Learning-Algorithmen zu erarbeiten<br />

– eine Zukunftsinnovation, die die Diagnostik und<br />

möglicherweise auch die Therapie der Aortenklappenstenose<br />

wegweisend verändern könnte.<br />

Dr. Jasmin Shamekhi<br />

Fachärztin Kardiologie<br />

jasmin.shamekhi@ukbonn.de<br />

Aortenklappenstenose<br />

04<br />

Das enge Zusammenspiel<br />

von Herz und Nieren<br />

Wie hängen die Volkskrankheit chronische<br />

Nierenschädigung und der häufigste<br />

Herzklappenfehler des Menschen, die<br />

Aortenklappenstenose, zusammen?<br />

Erkrankungen des Herzens und der Nieren sind eng<br />

miteinander verknüpft. Das Risiko, ein kardiovaskuläres<br />

Ereignis wie beispielsweise einen Herzinfarkt<br />

zu erleiden, ist bei Patienten mit eingeschränkter<br />

Nierenfunktion deutlich erhöht. Dies ist teilweise<br />

dadurch erklärt, dass die atherosklerotische Plaquebildung<br />

in den Gefäßen und die dauerhafte<br />

Nierenfunktionsstörung sich zwei wesentliche<br />

Risikofaktoren teilen, nämlich den Bluthochdruck<br />

und den Diabetes mellitus. So haben Patienten mit<br />

Bluthochdruck oder Diabetes ein erhöhtes Risiko<br />

an beiden Organen, dem Herz und der Niere, zu<br />

erkranken. Hinter der Verbindung von Herz und<br />

Niere steckt jedoch noch mehr. Nach heutigem<br />

Kenntnisstand ist die chronische Nierenerkrankung<br />

ein unabhängiger Risikofaktor für die Entstehung<br />

von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.<br />

Dies liegt an den vielfältigen Aufgaben, die die Niere<br />

in unserem Körper erfüllt. Neben der Ausscheidung<br />

von Abbauprodukten des Stoffwechsels spielt sie<br />

eine zentrale Rolle bei der Regulation der Blutsalze<br />

und des Wasserhaushalts. Insbesondere die Ausscheidungsfunktion<br />

der Niere scheint dabei für die<br />

Entwicklung von „Verkalkungen“ sowohl an den<br />

Gefäßen als auch an den Herzklappen wichtig zu<br />

sein. Dabei ist bekannt, dass das Risiko kontinuierlich<br />

ansteigt, wenn die Leistungsfähigkeit der Niere<br />

abnimmt.<br />

So ist das Risiko, eine koronare Herzkrankheit zu<br />

entwickeln, bei chronischer Niereninsuffizienz um<br />

etwa 50% erhöht. Diese Prozesse können auch die<br />

Herzklappen und dabei insbesondere die Aortenklappe<br />

betreffen. Eine Vielzahl klinischer Untersuchungen<br />

zeigt, dass Patienten mit einer dauerhaften<br />

Nierenerkrankung deutlich häufiger eine Aortenklappenstenose<br />

entwickeln, die in vielen Fällen auch<br />

schneller voranschreitet und behandlungsbedürftig<br />

wird als Patienten ohne Nierenerkrankung. Bei der<br />

Aortenklappenstenose handelt es sich um eine<br />

Verengung einer der wichtigsten Herzklappen des<br />

Menschen, die dazu führt, dass das Herz dauerhaft<br />

stark belastet wird. Als Therapieoptionen stehen uns<br />

bis heute nur der chirurgische oder minimal-invasive<br />

Klappenersatz mithilfe eines kathetergestützten<br />

Eingriffs zur Verfügung.<br />

Obwohl bereits viel über den engen Zusammenhang<br />

von chronischer Nierenerkrankung und Aortenklappenstenose<br />

bekannt ist, sind die zugrunde liegenden<br />

molekularen Mechanismen bislang nur unzureichend<br />

aufgeklärt. Um hier Fortschritte zu erzielen, arbeiten<br />

wir eng mit unseren Kooperationspartnern innerhalb<br />

des Sonderforschungsbereichs TRR 259 zusammen,<br />

um neue Methoden und Modelle zu entwickeln. Ein<br />

besonderer Fokus liegt dabei auf der Untersuchung<br />

sogenannter Urämietoxine, also von Stoffen, die bei<br />

eingeschränkter Nierenfunktion nicht mehr ausreichend<br />

ausgeschieden werden. Das Ziel unseres Forschungsvorhabens<br />

ist es, diese Zusammenhänge auf<br />

genetischer und molekularer Ebene zu untersuchen<br />

und somit den Grundstein für die Entwicklung von<br />

neuen therapeutischen Optionen zu legen.<br />

// Grundlagenforschung<br />

| 100<br />

▲ CT-Darstellung der Aortenklappe bei einem Patienten ohne Aortenklappenstenose und einem Patienten<br />

mit Aortenklappenstenose. Bei dem Patienten ohne Aortenklappenstenose ist die Aortenklappe in der<br />

CT-Darstellung nur zart zu erkennen. Bei dem Patienten mit Aortenklappenstenose sind die Klappenränder<br />

verdickt und es finden sich deutliche Verkalkungen an der Klappe (weiße Pfeile). Im Rahmen der Studie soll<br />

geschaut werden, ob sich anhand der Geometrie der Aortenklappe und dem Fibrose-/ Verkalkungsmuster<br />

ein Krankheitsprogress voraussagen lässt.<br />

▲ Herz und Niere beeinflussen sich gegenseitig in<br />

ihrer Funktion. Sie sind über das Blutgefäßsystem aus<br />

Arterien und Venen direkt miteinander verbunden. So<br />

schädigt das Herz die Niere beispielsweise durch hohen<br />

Blutdruck, während Urämietoxine, die bei eingeschränkter<br />

Nierenfunktion nicht mehr ausgeschieden<br />

werden, das Herz angreifen<br />

Dr. Philip Düsing<br />

Assistenzarzt Kardiologie<br />

philip.duesing@ukbonn.de<br />

Dr. Andreas Zietzer<br />

Facharzt Kardiologie<br />

andreas.zietzer@ukbonn.de<br />

101 |


Grundlagenforschung<br />

Sonder<br />

Forschungs<br />

Bereich<br />

TRR259<br />

// <strong>Herzzentrum</strong> Foto | Felix Heyder <strong>Bonn</strong><br />

400<br />

Seiten starker Förderantrag<br />

12.000.000<br />

Millionen Euro Förderung in der ersten Förderperiode<br />

3beteiligte Universitäten<br />

120<br />

beteiligte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

| 102<br />

Der Sprecher des gemeinsamen Forschungsverbundes<br />

Prof. Dr. Georg Nickenig (Uniklinik <strong>Bonn</strong>, Mitte)<br />

mit seinen beiden Stellvertretern Prof. Dr. Stephan<br />

Baldus (Uniklinik Köln, links) und Prof. Dr. Malte<br />

Kelm (Uniklinik Düsseldorf, rechts) auf dem Podium<br />

des Internationales Symposiums im Frühjahr <strong>2022</strong>.<br />

Renommierte Rednerin: Prof. Dr. Stefanie Dimmeler<br />

ist Direktorin des Instituts für Kardiovaskuläre Regeneration<br />

der Goethe-Universität Frankfurt, Leibniz-Preisträgerin<br />

und Mitglied der Leopoldina.<br />

New York meets <strong>Bonn</strong>: Professor Dr. Filip Swirski<br />

von der Icahn School of Medicine am Mount Sinai<br />

Hospital wurde für seinen Vortrag per Zoom nach<br />

<strong>Bonn</strong> geschaltet.<br />

Nach langer Konferenz-Pause durch die Corona-Pandemie<br />

bot das Internationale Symposium im<br />

<strong>Bonn</strong>er Universitätsclub den Teilnehmern wieder die<br />

Möglichkeit des persönlichen Austauschs. Hier im<br />

Bild Prof. Dr. Gunther Hartmann, Leibniz-Preisträger<br />

und Direktor des Instituts für Klinische Chemie und<br />

Klinische Pharmakologie der Uniklinik <strong>Bonn</strong>.<br />

103 |


Digitalisierung<br />

Bits, Bytes und<br />

Bypässe<br />

// Digitalisierung<br />

Digitalisierung spielt in der Versorgung<br />

unserer Patienten eine zunehmend wichtige<br />

Rolle. Im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> sind alle<br />

Patientenakten digitalisiert. Laborwerte, aktuelle<br />

Röntgenaufnahmen, Anordnungen an die Pflege –<br />

alles ist digital auf dem iPad oder am Computer<br />

auf dem Visitenwagen einsehbar. Filme von Herzkatheter-Untersuchungen<br />

und Echokardiographien<br />

aus Partnerkliniken werden auf gesicherten<br />

Servern gespeichert und können so von Ärztinnen<br />

und Ärzten des <strong>Herzzentrum</strong>s mitbeurteilt werden.<br />

Dies sind nur zwei Beispiele, wie Digitalisierung<br />

den Alltag in unserer Klinik verändert und die<br />

Patientenversorgung in den letzten Jahren maßgeblich<br />

verbessert hat. Doch was können wir als<br />

Universitätsklinik darüber hinaus tun, um mithilfe<br />

digitaler Möglichkeiten die Patientenbehandlung<br />

noch weiter zu verbessern?<br />

▲ Der digitale Visitenwagen gehört im <strong>Herzzentrum</strong><br />

<strong>Bonn</strong> seit Jahren zum Standard.<br />

| 104<br />

▲ Im Rahmen der CHANGE-Studie<br />

werden Patienten des <strong>Herzzentrum</strong>s<br />

mit einer kardiologischen<br />

App ausgestattet, die sie im Alltag<br />

medizinisch begleitet.<br />

Wissenschaft zu innovativen digitalen Produkten<br />

Als Universitätsklinik ist es unsere Aufgabe mithilfe<br />

von Wissenschaft und Forschung neue diagnostische<br />

und therapeutische Verfahren mitzuentwickeln,<br />

um so die Patientenversorgung weiter zu verbessern.<br />

Aus einer Vielzahl an Studien wissen wir, dass<br />

Patienten mit einer Koronaren Herzerkrankung (KHK)<br />

sehr gut mit Medikamenten, Stents und Bypässen<br />

behandelt werden können. Trotzdem ist die KHK<br />

weiterhin eine der häufigsten Todesursachen<br />

weltweit. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es der<br />

Mehrheit der Patienten nicht gelingt außerhalb der<br />

ärztlichen Betreuung im Alltag ein herzgesundes<br />

Leben zu führen. Häufig ist unzureichendes Wissen<br />

über den großen Einfluss der Lebensumstellung der<br />

Hauptgrund, warum herzgesunde Gewohnheiten<br />

nicht in den Alltag integriert werden. Darüber hinaus<br />

wissen Herzpatienten oft nicht, welche Maßnahmen<br />

sie genau ergreifen müssen, um die Wahrscheinlichkeit<br />

eines Herzinfarktes für sie persönlich zu<br />

reduzieren. Vor diesem Hintergrund haben wir in<br />

Kooperation mit einem Start-Up die Vantis-App<br />

entwickelt. Sie soll Patienten zu einem herzgesunden<br />

Leben anleiten. Dies geschieht mithilfe<br />

von Ernährungsempfehlungen, Wissenscoaches,<br />

einem Medikamententracker sowie videoangeleiteten<br />

Herzsportübungen. Erste Untersuchungen<br />

haben gezeigt, dass die Kardio-App einen positiven<br />

Einfluss auf den Blutdruck, die LDL-Spiegel und die<br />

Lebensqualität der Patienten hat. Um diese Effekte<br />

in einem größeren Kollektiv zu untersuchen, haben<br />

wir am <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> die erste multizentrische<br />

Studie zu einer Herz-App in Deutschland initiiert.<br />

Mit anderen führenden Unikliniken in Deutschland,<br />

großen städtischen Häusern und niedergelassenen<br />

Kardiologen führen wir die aktuell sogenannte „CH-<br />

ANGE“-Studie durch. Während dieser Studie wird<br />

eine Hälfte der Patienten mit der beschriebenen<br />

App ausgestattet, während die Kontrollgruppe mit<br />

„standard of care“ behandelt wird. Erste Ergebnisse<br />

erwarten wir im Frühjahr <strong>2023</strong> und werden in<br />

der nächsten Ausgabe des Herzmagazins darüber<br />

berichten.<br />

Telemedizin<br />

Telemedizin bietet insbesondere Patienten, die<br />

nicht in unmittelbarer Nähe unseres <strong>Herzzentrum</strong>s<br />

wohnen, die Möglichkeit, sich per Video mit Ärzten<br />

des <strong>Herzzentrum</strong>s auszutauschen. Insbesondere zu<br />

Beginn der Corona-Pandemie wurde unser Angebot<br />

häufig genutzt. Die telemedizinische Betreuung<br />

von Device- und Herzinsuffizienz-Patienten werden<br />

wir in den kommenden Monaten und Jahren weiter<br />

ausbauen. Ziel ist die Etablierung eines Telemedizin-Zentrums<br />

am UKB, um die Versorgung in<br />

ländlichen Bereichen per Videosprechstunde zu<br />

verbessern.<br />

Künstliche Intelligenz<br />

Künstliche Intelligenz (KI) wird die kardiologische<br />

Diagnostik und die daraus resultierenden Therapieentscheidungen<br />

zukünftig erweitern. Aktuell<br />

nutzen wir KI bereits im Rahmen von Studien. So<br />

werden echokardiographische Daten von Patienten<br />

mit mittelgradiger Aortenklappenstenose erfasst.<br />

In Nachuntersuchungen werden die Patienten<br />

105 |


Anzeige<br />

// Digitalisierung<br />

identifiziert, die eine hochgradige, behandlungspflichtige<br />

Aortenklappenstenose entwickelt haben.<br />

Die erfassten echokardiographischen Bilder und<br />

Parameter werden mithilfe von KI-Software analysiert,<br />

um Prädiktoren für einen pathologischen<br />

Verlauf zu identifizieren. Auf diese Weise könnten<br />

Risikopatienten früher identifiziert und entsprechend<br />

frühzeitig therapiert werden. Des Weiteren wird es<br />

zukünftig möglich sein, mithilfe von KI und anhand<br />

von CT-Untersuchungen die am besten geeignete<br />

Herzklappe für die individuelle Anatomie der<br />

Patienten mit schweren Herzklappenerkrankungen<br />

zu identifizieren. Dies sind nur zwei der unbegrenzten<br />

Möglichkeiten, die die KI in der zukünftigen Versorgung<br />

kardiologischer Patienten bieten kann.<br />

Netzwerkbildung mit Zuweisern<br />

Nach Implementierung der Telemedizin am <strong>Herzzentrum</strong><br />

streben wir perspektivisch den Aufbau eines<br />

digitalen Netzwerks mit Zuweisern an. In diesem<br />

Netzwerk sollen Patientendaten erfasst und mit<br />

den stationären und ambulanten Versorgern geteilt<br />

werden. Alle behandelnden Ärzte hätten dann<br />

Zugriff auf die Diagnosen, die Medikation und die<br />

letzten Laborwerte der Patienten. Das ermöglicht<br />

eine direktere Kommunikation und einen besseren<br />

Austausch zwischen ambulanter und stationärer<br />

Versorgung.<br />

Arbeitsgruppe „Digitale Kardiologie“<br />

Um die Digitalisierung am <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> so<br />

erfolgreich wie möglich zu gestalten, haben wir<br />

die Arbeitsgruppe „Digitale Kardiologie“ ins Leben<br />

gerufen. Mitglieder dieser Arbeitsgruppe sind aktuell<br />

PD Dr. Felix Jansen, Dr. Andreas Zietzer, Dr. Irina<br />

Eckart und Dr. Philip Düsing. Ziel ist die Entwicklung<br />

und Untersuchung neuer digitaler Tools, um die Patientenversorgung<br />

zu verbessern. Außerdem möchten<br />

wir die Telemedizin und die Netzwerkbildung mit<br />

Zuweisern weiter ausbauen.<br />

PD Dr. Felix Jansen<br />

Oberarzt Kardiologie<br />

felix.jansen@ukbonn.de<br />

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Dr. Philip Düsing erklärt Patient Detlef Schwindt die Vantis-App und wie sie im Alltag genutzt werden kann.<br />

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| 106


Das neue<br />

<strong>Herzzentrum</strong><br />

des UKB<br />

// Neubau <strong>Herzzentrum</strong><br />

| 108<br />

109 |


Neubau <strong>Herzzentrum</strong><br />

„Dieses Gebäude wird<br />

das neue Gesicht der<br />

Uniklinik <strong>Bonn</strong> sein“<br />

Michael König leitet das Designstudio des<br />

Architekturbüros HDR in Düsseldorf.<br />

Von ihm stammen Entwurf, Planung und<br />

Design für das neue <strong>Herzzentrum</strong> der Uniklinik<br />

<strong>Bonn</strong>. Im Gespräch erklärt der Architekt die gestalterischen<br />

Highlights des Großprojektes auf<br />

dem <strong>Bonn</strong>er Venusberg.<br />

Lieber Michael König, der Rohbau des neuen<br />

<strong>Herzzentrum</strong>s wächst derzeit täglich, so dass im<br />

Sommer <strong>2023</strong> mit dem Innenausbau begonnen<br />

werden kann. Worauf haben Sie bei der Planung<br />

dieses Gebäudes besonders geachtet?<br />

Zunächst ging es uns bei der Entwurfsplanung um<br />

die städtebauliche Qualität. Denn das Gebäude<br />

wird ja nicht nur ein neues, sehr gut vernetztes<br />

und funktionierendes <strong>Herzzentrum</strong> sein,<br />

sondern eigentlich auch das neue Gesicht<br />

des Universitätsklinikums. Wegen der<br />

zentralen Lage auf dem Campus war<br />

schon bei den ersten Planungen vor<br />

über sechs Jahren klar, dass dieses<br />

Gebäude eine Portalfunktion haben<br />

würde. Weil sich genau an der Stelle<br />

des neuen <strong>Herzzentrum</strong>s verschiedene<br />

Sichtachsen treffen, haben wir<br />

auch schon beim Architekten-Wettbewerb<br />

vorgeschlagen, den Platz vor dem<br />

<strong>Herzzentrum</strong> besonders zu gestalten. Quasi als<br />

Visitenkarte für das ganze Klinikum. Wir freuen uns,<br />

dass diese Idee umgesetzt wird.<br />

des neuen <strong>Herzzentrum</strong>s wie eine Waldlichtung, der<br />

man sich nähert. Das wird dann fortgeführt mit dem<br />

zentralen Lichthof, der sich bis in die Eingangshalle<br />

runterzieht. Hier wird man später das Gefühl haben,<br />

dass man quasi im Grünen sitzt. Die ganze Eingangshalle<br />

ist zweigeschossig, was eine große Geste ist.<br />

Auf diese Weise können wir einen Hotelcharakter<br />

schaffen. Wir möchten, dass diese Architektur<br />

Wärme ausstrahlt und man sich hier wohlfühlt.<br />

Welche anderen Aspekte spielten bei Ihrem<br />

Entwurf eine Rolle?<br />

Ganz klar die Wertschätzung für die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter. Egal in welcher Branche, am<br />

Ende sind die Mitarbeiter das höchste Gut. Und<br />

gerade im medizinischen Sektor sind die Beschäftigten<br />

extrem relevant. Deswegen müssen wir<br />

ihnen mehr geben als eine kleine Teeküche.<br />

Wir brauchen tolle Aufenthaltsbereiche<br />

und kurze und vernetzte Strukturen für<br />

gute Arbeitsabläufe. Alle OP-Säle im<br />

neuen <strong>Herzzentrum</strong> liegen entlang<br />

der Fassade und sind deswegen<br />

mit Tageslicht versorgt. Gerade für<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die<br />

sich über Stunden im OP aufhalten,<br />

ist es wahnsinnig wichtig für die Wahrnehmung,<br />

was gerade für eine Tageszeit<br />

ist und was draußen eigentlich passiert.<br />

Welche Vorteile hat das neue <strong>Herzzentrum</strong> für die<br />

Patienten?<br />

Es stimmt: So ein Gebäude soll in der Regel mindestens<br />

40-50 Jahre in Betrieb bleiben, das ist<br />

eine durchaus gängige Zeitspanne. Und mit hoher<br />

Wahrscheinlichkeit erlebt es im Laufe der Zeit auch<br />

verschiedene Wandlungen. Wichtig ist daher, dass<br />

man schon bei der Planung Optionen für Nutzungsänderungen<br />

schafft, um flexibel zu bleiben. Wir<br />

nennen das bauliche Nachhaltigkeit.<br />

Beim Design von Krankenhäusern gibt es übrigens<br />

eine völlig neue Qualität: Solche Bauten waren in<br />

den letzten 20 bis 30 Jahren immer sehr funktional<br />

ausgerichtet. Aber seit etwa zehn Jahren setzt sich<br />

immer mehr das Bewusstsein für die „Healing Architecture“<br />

durch. Und ich glaube, das zeigt der Neubau<br />

des <strong>Herzzentrum</strong>s in <strong>Bonn</strong> sehr eindrücklich: Hier<br />

haben wir eine Mischung aus bestmöglicher medizinischer<br />

Versorgung, aber gleichzeitig eine tolle<br />

Qualität für Patienten und Mitarbeiter.<br />

Also widersprechen sich Funktion und Design<br />

bei der Architektur von Krankenhäusern nicht<br />

unbedingt?<br />

Nein, auf keinen Fall. Natürlich gibt es in einem<br />

Krankenhaus funktionale Abhängigkeiten. Hygiene<br />

spielt ein großes Thema. Deswegen sind beispielsweise<br />

keine Naturholzböden möglich, auch Teppiche<br />

gehen nicht. All das haben wir schon bei der ersten<br />

Entwurfsplanung berücksichtigt und ehrlicherweise<br />

ist auf dem Weg zur Realisierung nur sehr wenig<br />

vom Entwurf verloren gegangen. Das ist in unserer<br />

Branche nicht immer so und darüber freuen wir uns<br />

sehr.<br />

Neubau des<br />

<strong>Herzzentrum</strong>s<br />

1.000<br />

Räume<br />

2024<br />

Fertigstellung & Inbetriebnahme<br />

Interview: Felix Heyder<br />

Pressesprecher des UKB-<strong>Herzzentrum</strong>s<br />

felix.heyder@ukbonn.de<br />

// Neubau <strong>Herzzentrum</strong><br />

| 110<br />

Gerade der Eingangsbereich, der seit Herbst <strong>2022</strong><br />

entsteht, ist durch seine Großzügigkeit und die<br />

markanten Stützen sehr prägend für das Gebäude.<br />

Welche konzeptionelle Idee steckt hinter dieser<br />

Architektur?<br />

Wir waren in der Vergangenheit schon an mehreren<br />

Projekten auf dem Venusberg beteiligt. Es ist einzigartig,<br />

wie dieses Klinikum liegt und das wollten wir<br />

auch in die Architektur übertragen. Deswegen hatten<br />

wir die Idee, dass die V-Stützen den Kiefernwald im<br />

südlichen Teil des Kottenforstes mit seinen langen<br />

Stämmen aufgreifen und den Eingangsbereich<br />

optisch prägen. Wenn Sie so wollen, ist die Front<br />

Nicht nur die OP-Säle, sondern auch die Patientenzimmer<br />

liegen entlang der Fassade, so dass man<br />

einen schönen Ausblick nach draußen hat. Darüber<br />

hinaus haben wir bei der Planung Wert auf hochwertige<br />

Materialien gelegt, damit sich auch hier die<br />

Qualität des ganzen <strong>Herzzentrum</strong>s widerspiegelt.<br />

Mit solchen - auch atmosphärischen - Elementen<br />

wollen wir den Heilungsprozess der Patienten zusätzlich<br />

anregen.<br />

Ein solches <strong>Herzzentrum</strong> ist schon lange vor<br />

Baubeginn auf eine lange Nutzungszeit ausgelegt.<br />

Wie schafft man es zukünftige Anforderungen an<br />

ein solches Gebäude zu antizipieren?<br />

111 |


Förderverein<br />

Von Herzen-für Herzen<br />

Liebe Freunde des <strong>Herzzentrum</strong>s <strong>Bonn</strong>,<br />

das Herz ist für uns von elementarer Bedeutung. Es<br />

ist Zentrum und Motor zugleich und bedarf besonderer<br />

Fürsorge und medizinischer Aufmerksamkeit. Wir<br />

im <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> versorgen unsere Patienten<br />

mit vollem Engagement und größter medizinischer<br />

Expertise, um jeden Tag Leben zu retten und neue<br />

Lebensqualität zu schaffen.<br />

Mithilfe moderner Herzmedizin und innovativer<br />

Behandlungen lassen sich heute eine Vielzahl von<br />

Herzerkrankungen korrigieren und nahezu vollständig<br />

heilen. Doch sowohl die tägliche, lebenswichtige<br />

Versorgung der Patienten als auch die wissenschaftliche<br />

Forschung zu Herzkrankheiten und der sich<br />

daraus ergebende Fortschritt verschlingen große<br />

finanzielle Mittel, die von den Krankenkassen als<br />

Kostenträger oft nicht ausreichend mitgetragen<br />

werden.<br />

Genau deswegen wurde im September 2000 die<br />

Herzstiftung <strong>Bonn</strong> ins Leben gerufen. Vorsitzender<br />

im Gründungsjahr war der frühere Bundesumweltminister<br />

Prof. Dr. Klaus Töpfer.<br />

Mit den gesammelten Spenden unterstützt der<br />

Verein das <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong> bei der Anschaffung<br />

Herzstiftung <strong>Bonn</strong> e.V.<br />

Spendenkonto: DE 02 3705 0198 0010 6527 25 (Sparkasse Köln<strong>Bonn</strong>)<br />

Selbstverständlich können Sie Ihre Spende steuerlich geltend machen. Gerne stellen wir Ihnen dazu eine<br />

Zuwendungsbestätigung („Spendenquittung“) aus. Teilen Sie uns dafür bitte Ihre Anschrift mit.<br />

Herzliche Grüße,<br />

Prof. Dr. Georg Nickenig & Prof. Dr. Farhad Bakhtiary<br />

Direktoren des <strong>Herzzentrum</strong>s <strong>Bonn</strong> & Vorsitzende der Herzstiftung <strong>Bonn</strong><br />

hochmoderner und lebenserhaltender medizinischer<br />

Geräte, die es uns ermöglichen, den Patienten<br />

besonders präzise und schonende Methoden zur<br />

Diagnose und Behandlung anbieten zu können.<br />

Darüber hinaus werden die Spendengelder genutzt,<br />

um medizinische Studien und klinische Forschung<br />

auf internationalem Niveau zu realisieren. Und<br />

schließlich ermöglicht die Arbeit des Vereins die Information<br />

und Aufklärung der Bevölkerung über die<br />

Herzmedizin mithilfe von Informationsveranstaltungen,<br />

Broschüren oder Filmen.<br />

Der Verein verfolgt seiner Satzung entsprechend<br />

ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige<br />

Zwecke und besteht aus einem Vorstand und den<br />

rund 100 Mitgliedern. Darunter ist auch eine große<br />

Anzahl ehemaliger Patienten des <strong>Herzzentrum</strong>s<br />

<strong>Bonn</strong>, die sich in Dankbarkeit für die während ihrer<br />

Erkrankung geleistete Hilfe nunmehr dem <strong>Herzzentrum</strong><br />

und seinen Zielen verbunden fühlen und<br />

tatkräftig zum Erfolg des Vereins beitragen.<br />

Wir freuen uns sehr, wenn auch Sie unsere lebenswichtige<br />

Aufgabe mit einer Spende unterstützen.<br />

Wichtige Telefonnummern<br />

Medizinische Klinik II<br />

(Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und internistische<br />

Intensivmedizin)<br />

Patientenaufnahme<br />

0228 287 12345 (werktags, 8 – 16 Uhr)<br />

Chefarztsekretariat Prof. Dr. Georg Nickenig<br />

Heidi Burkart-Baaken<br />

Tel: 0228 – 287 15217<br />

heidi.burkart-baaken@ukbonn.de<br />

Anne Brandt<br />

Tel: 0228 – 287 14454<br />

anne.brandt@ukbonn.de<br />

Oberarztsekretariat<br />

Birgit Piehl<br />

Tel: 0228 - 287 16670<br />

birgit.piehl@ukbonn.de<br />

Ambulanzen (werktags, 8-16 Uhr)<br />

Ambulanz Prof. Nickenig: 0228 287 14454<br />

Oberarztambulanz: 0228 287 16670<br />

Kardiologische Ambulanz: 0228 287 15335<br />

Pneumologische Ambulanz: 0228 287 12706<br />

Angiologische Ambulanz: 0228 287 12703<br />

Rhythmusambulanz: 0228 287 16281<br />

Herzklappenambulanz: 0228 287 15299<br />

Für Ärzte<br />

Patientenaufnahme: 0228 287 12345<br />

(werktags, 8 – 16 Uhr)<br />

Dienstarzt-Handy: 0151 5823 3442 (24/7)<br />

Infarkt-Handy: 0151 1823 0500 (24/7)<br />

Arrhythmie-Handy: 0151 2056 9325<br />

(werktags, 8 – 18 Uhr)<br />

Pneumologie-Handy: 0151 5823 3514<br />

(werktags, 8 – 18 Uhr)<br />

Angiologie-Handy: 0151 5823 3513<br />

(werktags, 8 – 18 Uhr)<br />

Stationen<br />

Klinik für Herzchirurgie<br />

Patientenaufnahme: 0228 287 14103<br />

Operatives Zentrum (OPZ): 0228 287 15109<br />

Chefarztsekretariat Prof. Dr. Farhad Bakhtiary<br />

Petra Schmidt<br />

Tel: 0228 287 14190<br />

E-Mail: petra.schmidt@ukbonn.de<br />

Oberarztsekretariat<br />

Dorothea Frohn<br />

Tel: 0228 – 287 14194<br />

E-Mail: dorothea.frohn@ukbonn.de<br />

Anna Nitsch<br />

Tel: 0228 – 287 14037<br />

Fax: 0228 – 287 11634<br />

E-Mail: anna.nitsch@ukbonn.de<br />

Stationen<br />

Brendel A: 0228 – 287 12300/12301<br />

Brendel B: 0228 – 287 12300/12301<br />

Station Zenker: 0228 287 15901<br />

Herzchirurgische Intensivstation: 0228 287 14160<br />

MITRACLIP TM<br />

G4<br />

MASSGESCHNEIDERT.OPTIMIERT. BEWÄHRT.<br />

Die bisher stärkste Reduktion der Mitralinsuffizienz mit TMVR*1 mit der Möglichkeit,<br />

die Clip-Größe gemäß der jeweiligen Mitralklappen-Anatomie auszuwählen.<br />

MitraClip ist die einzige bewährte TMV**-Therapie, der Sie vertrauen können in Bezug<br />

auf Sicherheit, Haltbarkeit, Wirksamkeit und Lebensqualitätsverbesserung.<br />

// Wichtige Telefonnummern<br />

Martini A: 0228 – 287 12400/12401<br />

Martini B: 0228 – 287 12400/12401<br />

Brendel A: 0228 – 287 12300/12301<br />

Brendel B: 0228 – 287 12300/12301<br />

Hirsch: 0228 – 287 15338<br />

Rühle: 0228 – 287 15266<br />

INA: 0228 – 287 12091<br />

Intensivstation: 0228 – 287 12200<br />

Unser einzigartiges Therapieangebot<br />

für strukturelle Herzerkrankungen<br />

89 % MR ≤ 1<br />

Die bisher stärkste MI-Reduktion 1 99<br />

%<br />

Implantationsrate *<br />

* bis heute berichtet<br />

** Transkatheter-Mitralklappe<br />

1. Chehab Bassem M. Contemporary Clinical Outcomes with the Transcatheter Mitral Valve Repair using MitraClip G4 System: Core Laboratory Echocardiographic Results in EXPAND G4<br />

Study. Data presented at PCR Valves eCourse 2020.<br />

ACHTUNG: Produkte dürfen nur von einem Arzt oder unter dessen Anleitung verwendet werden. Es ist wichtig, vor der Verwendung sorgfältig die Packungsbeilage in der Produktverpackung<br />

(falls vorhanden) oder auf eifu.abbottvascular.com und medical.abbott/manuals mit Gebrauchsanweisung, Warnhinweisen und den möglichen Komplikationen zu lesen, die bei der Verwendung<br />

dieses Produkts auftreten können. Hierin enthaltene Informationen sind ausschließlich zur Veröffentlichung in Deutschland, Österreich und der Schweiz bestimmt. Alle Illustrationen sind<br />

künstlerische Darstellungen und sollten nicht als technische Zeichnungen oder Fotografien an gesehen werden. Archivierung der Daten und Fotoaufnahmen durch Abbott Medical.<br />

Abbott Medical<br />

Abbott Medical Deutschland | Schanzenfeldstraße 2 | D-35578 Wetzlar | Tel: +49 6441 87075-0<br />

Abbott Medical Österreich | Perfektastrasse 84 A | A-1230 Wien | Tel: +43 1 891220<br />

Abbott Medical Schweiz | Neuhofstrasse 23 | CH-6340 Baar | Tel: +41 41 7684333<br />

kennzeichnet ein Warenzeichen der Abbott Unternehmensgruppe<br />

www.cardiovascular.abbott<br />

© 2021 Abbott. Alle Rechte vorbehalten. 9-DAC-2-12848-02 11-2021


<strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

Preise &<br />

Auszeichnungen<br />

Auch im Jahr <strong>2022</strong> ist das <strong>Herzzentrum</strong> <strong>Bonn</strong><br />

wieder mehrfach für seine Arbeit ausgezeichnet<br />

worden. Auf dieser Seite stellen wir die<br />

verschiedenen Preise und Auszeichnungen vor.<br />

Im erstmals vom STERN veröffentlichten<br />

Klinikranking „Deutschlands<br />

ausgezeichnete Krankenhäuser”<br />

werden gleich drei Bereiche des<br />

<strong>Herzzentrum</strong>s besonders hervorgehoben:<br />

• Interventionelle Kardiologie<br />

• Herzchirurgie<br />

• Rhythmologie<br />

Kardiologe Dr. Adem Aksoy wurde bei der Jahrestagung<br />

der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie<br />

mit dem Andreas-Grüntzig-Forschungspreis<br />

prämiert.<br />

Mit dem Preis werden klinisch<br />

tätige Mediziner ausgezeichnet,<br />

deren wissenschaftliche<br />

Arbeiten sich mit Fragen der<br />

interventionellen Koronartherapie<br />

beschäftigen, unter besonderer Berücksichtigung<br />

der Reduzierung der Restenose. Der Preis ist<br />

mit 5.000 Euro dotiert.<br />

Ebenfalls Top-Platzierungen<br />

erreicht das <strong>Herzzentrum</strong> in der<br />

renommierten FOCUS-Liste:<br />

Sowohl die Medizinische Klinik<br />

II unter der Leitung von Prof.<br />

Georg Nickenig als auch die<br />

Klinik für Herzchirurgie unter<br />

der Leitung von Prof. Farhad<br />

Bakhtiary erhalten hervorragende<br />

Bewertungen.<br />

Auch im Ranking „World‘s Best<br />

Specialized Hospitals <strong>2023</strong>“<br />

des amerikanischen <strong>Magazin</strong>s<br />

NEWSWEEK werden die<br />

beiden <strong>Bonn</strong>er Fachbereiche<br />

Kardiologie und Herzchirurgie<br />

aufgeführt. Dabei wird die<br />

<strong>Bonn</strong>er Herzchirurgie sogar zu<br />

den 50 besten Herzchirurgien<br />

der Welt gezählt.<br />

Gleich doppelt Grund zur Freude hatte Dr. Rabiul<br />

Hosen, der als Arbeitsgruppenleiter im <strong>Herzzentrum</strong><br />

arbeitet und forscht. Gemeinsam mit weiteren<br />

Ärzten und Wissenschaftlern ist es ihm im Sommer<br />

<strong>2022</strong> gelungen, das Paper „Circulating MicroRNA-<br />

122-5p Is Associated With a Lack of Improvement<br />

in Left Ventricular Function After Transcatheter<br />

Aortic Valve Replacement<br />

and Regulates<br />

Viability of Cardiomyocytes<br />

Through<br />

Extracellular Vesicles“<br />

im weltweit renommierten<br />

kardiologischen<br />

Fachmagazin<br />

Circulation (Impact Faktor 39,98) zu veröffentlichen.<br />

Darüber hinaus erreichte Dr. Hosen bei den<br />

Herztagen der Deutschen Kardiologischen Gesellschaft<br />

im World Conference Center in <strong>Bonn</strong> den 3.<br />

Platz beim Sven Effert Preis. Ausgezeichnet wurde<br />

Hosen für seine Poster-Präsentation zum “lncRNA<br />

Punisher project”.<br />

Über 40.000 Patienten in<br />

Deutschland erhielten 2021<br />

einen Aortenklappenersatz 1<br />

Erkunden Sie Ihre Optionen für einen Herzklappenersatz<br />

auf deineherzklappe.de und erfahren Sie, wie die<br />

INSPIRIS RESILIA Aortenklappe Ihnen helfen könnte, zu dem<br />

Leben zurückzukehren, das Sie lieben. deineherzklappe.de<br />

unterstützt Sie hierbei mit hilfreichen Informationen über Ihre<br />

Erkrankung und deren Behandlung.<br />

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| 114<br />

Ebenfalls doppelt ausgezeichnet wurde Felix Heyder, Pressesprecher<br />

des <strong>Herzzentrum</strong>s <strong>Bonn</strong>. Mit der Foto-Kampagne am Bauzaun rund<br />

um das neue <strong>Herzzentrum</strong> gewann er bei den Inkometa-Awards in<br />

Berlin den 1. Platz in der Kategorie „Kleine Idee – große Wirkung“.<br />

Und bei den Awards des Branchendienstes KU Gesundheitsmanagement<br />

wurde das von Heyder betreute <strong>Magazin</strong> des <strong>Herzzentrum</strong>s<br />

<strong>Bonn</strong> als bestes deutsches Klinikmagazin ausgezeichnet.<br />

Literatur: 1. InEK. InEK DatenBrowser. Verfügbar unter: https://datenbrowser.inek.org/nutzungsbedingungen.<br />

Zugriff im Juli <strong>2022</strong>.<br />

Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise. Siehe Packungsbeilage für vollständige<br />

Verschreibungsinformationen. CE-gekennzeichnetes Medizinprodukt.<br />

Edwards, Edwards Lifesciences, das stilisierte E-Logo, INSPIRIS, INSPIRIS RESILIA und RESILIA sind Marken<br />

von Edwards Lifesciences Corporation. Alle anderen Marken sind das Eigentum ihrer jeweiligen Inhaber.<br />

© <strong>2022</strong> Edwards Lifesciences Corporation. Alle Rechte vorbehalten. PP--EU-4077 v1.0<br />

Edwards Lifesciences • Route de I’Etraz 70, 1260 Nyon, Schweiz • edwards.com<br />

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FOURIER-Outcome-Studie zeigte:<br />

REPATHA ® . LDL-C GESENKT.<br />

CV-RISIKO REDUZIERT. *1,2<br />

Ihr Patient zählt auf Sie.<br />

CV = cardiovascular (kardiovaskulär) LDL-C = Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin * Reduktion des kardiovaskulären Risikos nach Myokardinfarkt, Schlaganfall und pAVK durch<br />

Verringerung der LDL-C-Werte. 1. Fachinformation Repatha ® 2. Sabatine MS et al. N Engl J Med. 2017;376:1713–1722.<br />

Kurzinformation: Repatha ® 140 mg Injektionslösung im Fertigpen. Repatha ® 420 mg Injektionslösung in einer Patrone. Wirkstoff: Evolocumab. Zusammensetzung: Arzneilich<br />

wirksamer Bestandteil: Jeder Fertigpen enthält 140 mg Evolocumab in 1 ml Lösung. Jede Patrone enthält 420 mg Evolocumab in 3,5 ml Lösung (120 mg/ml). Repatha ® ist ein humaner<br />

monoklonaler IgG2-Antikörper, der in Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters (CHO) mittels rekombinanter DNA-Technologie hergestellt wird. Sonstige Bestandteile: Prolin,<br />

Essigsäure 99 %, Polysorbat 80, Natriumhydroxid (zur pH-Wert-Einstellung), Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Hypercholesterinämie und gemischte Dyslipidämie:<br />

Repatha ® wird bei Erwachsenen mit primärer Hypercholesterinämie (heterozygot familiär und nicht-familiär) oder gemischter Dyslipidämie und bei Kindern und Jugendlichen<br />

im Alter von 10 Jahren und älter mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie zusätzlich zu diätetischer Therapie angewendet in Kombination mit einem Statin oder einem<br />

Statin mit anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten, die mit der maximal tolerierbaren Statin-Dosis die LDL-C-Ziele nicht erreichen, oder allein oder in Kombination mit<br />

anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten mit Statin-Intoleranz oder für welche ein Statin kontraindiziert ist. Homozygote familiäre Hypercholesterinämie: Repatha ® wird bei<br />

Erwachsenen und bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 Jahren und älter mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie in Kombination mit anderen lipidsenkenden<br />

Therapien angewendet. Bekannte atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung: Repatha ® wird bei Erwachsenen mit bekannter atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung<br />

(Myokardinfarkt, Schlaganfall oder periphere arterielle Verschlusskrankheit) zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos durch Verringerung der LDL-C-Werte zusätzlich zur Korrektur<br />

anderer Risikofaktoren angewendet: in Kombination mit einer maximal tolerierbaren Statin-Dosis mit oder ohne andere lipidsenkende Therapien, oder allein oder in Kombination<br />

mit anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten mit Statin-Intoleranz oder für welche ein Statin kontraindiziert ist. Zu Studienergebnissen bezüglich der Wirksamkeit auf<br />

LDL-C, kardiovaskuläre Ereignisse und die untersuchten Populationen siehe Fachinformation. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der<br />

sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Häufig: Influenza, Nasopharyngitis, Infektion der oberen Atemwege, Überempfindlichkeit, Hautausschlag, Kopfschmerzen, Übelkeit,<br />

Rückenschmerzen, Arthralgie, Myalgie, Reaktionen an der Injektionsstelle. Gelegentlich: Urtikaria, grippeähnliche Erkrankung. Selten: Angioödem. Weitere Angaben: s. Fach- und<br />

Gebrauchsinformation. Verschreibungspflichtig. Stand der Information: April <strong>2022</strong>. Amgen Europe B.V., 4817 ZK Breda, Niederlande (örtlicher Vertreter Deutschland: Amgen<br />

GmbH, 80992 München).<br />

DE-REP-0920-00024

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