Gemeindebrief Hirzenhain 02-04.2023
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ANgeDACHT – Wenn wir schwach sind, sind wir stark
Liebe Leserin! Lieber Leser!
Wenn ich schwach bin, dann bin ich
stark (2. Korinther 12,9f.), an-erkennt
und bekennt der Apostel
Paulus in seinem 2. Brief an die
junge christliche Gemeinde in der
griechischen Metropole Korinth.
Der zeitgenössische Künstler Joseph
Beuys hat einmal in einem
Fußgängertunnel mitten in München
mit folgender Installation
provoziert: Vor einer Betonwand
in fahlem Neonlicht stehen zwei
Leichenbahren, darüber zwei Kästen
mit Reagenzgläsern, darunter
zwei Kästen mit geknetetem Fett
und einem Fieberthermometer.
An der Wand hängen zwei Tafeln –
wie die beiden Gesetzestafeln des
Mose – mit der Aufschrift: „Zeige
deine Wunde“.
Vieles lernen wird heute, nur
nicht, wie ich meine Wunden, Verletzungen,
Enttäuschungen oder
Schwachheit annehmen kann.
Christinnen und Christen schauen
auf einen passionierten, also leidenden,
leidenschaftlichen, verletzlichen,
verwundeten Gott. Das
gibt es in keiner anderen Religion
oder Weltanschauung. Der Vater
Jesu Christi siegt nicht mit Waffen-
Gewalt, sondern durch seine
Liebe, sein Erbarmen und Treue
bis zu Hingabe seines Lebens.
Dieses Evangelium, diese befreiende
und frohmachende Bot-
schaft, steht quer zu einer Welt der
gnadenlosen Sieger, in der
Schwachpunkte möglichst ausgeblendet
werden. Filme, Comics
sind voll von Sieger-Typen und
Helden, die unverwundbar und
nicht zu schlagen sind. In ihnen
spiegelt sich der uralte Menschheitstraum,
wie beispielhaft bei
Siegfried in der Nibelungen-Sage.
Die Helden und Götter, die sich
Menschen ausdenken, sollen das
ersetzen, was den Menschen fehlt
und sie sich wünschen.
Jesus ist der Einspruch gegen
diese selbst gemachten Bilder,
Idole und Ideologien. Sie sind vom
Sockel und Thron gestützt durch
den, der in der Futterkrippe geboren
wurde und am Kreuz gestorben
ist, der stellvertretend für uns
die Wunden auf sich nimmt und
er-trägt. Der christliche Glaube
zeigt nicht nur die Sonnenseite des
Lebens. Er stellt sich gerade auch
der Schattenseite. Das ist seine
Stärke. Würden wird nur die halbe
Wirklichkeit zulassen und annehmen,
wären wir im Grunde auch
nur halbstark.
Darum haben die Verwundungen
und Wunden von Jesus im christlichen
Glauben eine zentrale Bedeutung.
Sie werden nicht versteckt,
sondern offen gezeigt, in jeder
Darstellung des Kreuzes – wie
etwa auf dem mittelalterlichen