N55_Frühlingsausgabe 23 Stralsund/ Nordvorpommern
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Taschengeld
Taschengeld
Taschengeld GEHÖRT ZUM LEBEN DAZU
Kinder müssen viel lernen. Nicht nur die Sprache oder das alltägliche Wissen
ist wichtig für sie, auch der Umgang mit Euro und Cent bereitet sie auf ihr
Leben vor. Wie gelingt das am besten? Und wie hoch sollte das Taschengeld sein?
In Deutschland war das Taschengeld nicht
immer selbstverständlich. Diese auch als
„pädagogisches Geld“ bezeichnete Zuwendung
hat sich in Deutschland erst ab Mitte
der Sechzigerjahre durchgesetzt. In dieser
Zeit gewann die Erziehung zur Selbstständigkeit
an Bedeutung, sodass mit dem Taschengeld
der eigenständige Umgang mit Geld
erlernt werden soll.
AB WELCHEM ALTER GIBT ES
TASCHENGELD?
Das Taschengeld wird heute als bedeutsamer
Faktor der Gelderziehung verstanden. Kinder
erlernen mit dem Taschengeld zum Beispiel
das Verständnis von Geld und den Wert des
Geldes, die Verwaltung und Planung eines
eigenen Budgets sowie Sparverhalten und
erste selbstständige Konsumentscheidungen.
Die große Mehrheit der Eltern, genauer
gesagt 80 Prozent, gibt ihren Kindern laut
der Studie „Jugend und Geld“ von 2005 regelmäßig
Taschengeld. Die restlichen 20 Prozent
verfahren so: 16 Prozent geben ihrem Kind
nur bei Bedarf Geld, vier Prozent der Eltern
machen die Höhe des Taschengelds von
Bedingungen abhängig, wie zum Beispiel
gute Noten in der Schule oder Hilfe im Haushalt.
An erster Stelle steht für fast alle Eltern,
dass ihre Kinder den selbstständigen Umgang
mit Geld erlernen sollen. Erst ab dem
Alter von vier Jahren haben Kinder ein
Verständnis für Taschengeld. Wenn man damit
startet, sollte man mit den Kindern darüber
reden, wofür das Taschengeld da ist.
WARUM SOLLTEN KINDER
TASCHENGELD BEKOMMEN?
Jeder Mensch in einer kapitalistischen Gesellschaft
wie unserer muss lernen, mit Geld
umzugehen. Auch Kinder, die viel jünger als
zwölf sind, lernen eine Beziehung zu Geld
aufzubauen, es gezielt einzusetzen.
Im Internet gibt es zahlreiche Tipps und
Unterstützung zum Thema Taschengeld.
Sehr umfangreich ist die Seite des Deutschen
Jugendinstituts (www.dji.de). Dort ist auch
eine Studie „Taschengeld und Gelderziehung“
von Alexandra Langmeyer und Ursula Winklhofer
zu finden, die sich wissenschaftlich mit
dem Taschengeld auseinandersetzt. Es ist eine
von wenigen Arbeiten zu dem Thema.
Im Internet findet man Tabellen, wo es Orientierung
zur Höhe des Taschengelds gibt. Zum
Beispiel unter www.familienportal.de/familienportal/lebenslagen/kinder-jugendliche/
taschengeld. Aber: Alles sind nur Richtwerte.
Es gebe keinen Rechtsanspruch auf Taschengeld,
es ist freiwillig. Deswegen können
Eltern die Höhe auch selbst bestimmen
oder, ob sie überhaupt Taschengeld geben.
WIE WICHTIG IST DIE
GELD-ERZIEHUNG?
Die Erziehung zum Umgang mit Geld ist sehr
wichtig. Angesichts der Tatsache, dass viele
junge Menschen und junge Haushalte
verschuldet sind, ist es sehr wertvoll für Kinder,
ein Verhältnis zu Geld aufzubauen.
„Für einen Teil der Eltern ist das oberste Ziel
eine marktwirtschaftlich und rational orientierte
Finanzkompetenz, während andere mit
einem liberal orientierten Finanzerziehungskonzept
einen eher sorgloseren und großzügigen
Umgang mit Geld fördern“, heißt es
in der Studie von Langmeyer und Winklhofer.
Je nach Alter der Kinder und Jugendlichen
geben sie ihr verfügbares Geld vor allem für
Spielsachen, Zeitschriften, Speisen und
Getränke, insbesondere für Süßigkeiten und
Fast Food, Ausgehen und Handy aus. In vielen
Ratgebern wird empfohlen, dass das Taschengeld
den Kindern und Jugendlichen zur freien
Verfügung stehen und nicht zweckgebunden
sein sollte. So sagt es das Deutsche Jugendinstitut.
Der Taschengeldparagraph §110 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) besagt, wofür Kinder
ihr Geld ausgeben dürfen. Sie dürfen zum
Beispiel keine Handyverträge abschließen
oder größere Anschaffungen machen. Auch
wenn mit den Eltern besprochen wurde, dass
Geld für eine Playstation oder etwas Ähnliches
gespart werden soll, braucht das Kind
die Einwilligung der Eltern beim Kauf. Sonst
kommt kein ordentlicher Kaufvertrag zustande.
Ansonsten steht das Taschengeld zur freien
Verfügung. Eltern sollten Kleidung und
Lebensmittel für ihre Kinder weiterhin kaufen
und nicht vom Taschengeld bezahlt werden.
Sollten Kinder und Jugendliche allerdings
nicht mit ihrem Taschengeld auskommen,
empfiehlt sich eine gemeinsame Analyse der
Situation. Es sollte über eine bessere Einteilung
des Geldes oder mögliche Zusatzverdienste
wie Nebenjobs gesprochen werden.
Empfehlenswert ist es, das Taschengeld
zunächst wöchentlich auszuzahlen, ab dem
neunten Lebensjahr dann monatlich. Dadurch
lernen Kinder über einen längeren Zeitraum
mit ihrem Taschengeld auszukommen.
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DIE ELTERN PRÄGEN BEIM
UMGANG MIT GELD
So wie es Familien gibt, die mehr Geld zur
Verfügung haben, gibt es auch Kinder, die
mehr oder weniger Taschengeld bekommen
als andere. Kinder vergleichen. Da ist es
wichtig, über die Verhältnisse in der Familie
zu reden. Auch die aktuelle Inflation hat
Einfluss auf den finanziellen Haushalt. Zwar
könne man nicht über alle Themen mit
Kindern sprechen, aber man kann darauf hinarbeiten,
dass Neid-Diskussionen relativiert
werden.
Erziehung und Bildung in der Familie geschieht
von Anfang an quasi nebenbei. Bildungsprozesse
finden durch die Art statt, wie
Eltern mit ihren Kindern sprechen, ihnen vorlesen
oder mit ihnen spielen, wie sie etwas
erklären oder begründen. Gleichwohl gibt es
viele Bereiche der Erziehung, in denen Eltern
ihre Kinder bewusst instruieren und ihnen
gezielt etwas beibringen, wie zum Beispiel
das Essen mit Messer und Gabel, Schuhe
zubinden oder Fahrrad fahren. Den Umgang
mit Geld und Konsum lernen Kinder grundsätzlich
durch Beobachtung, eigenes Tun und
gezielte Unterweisungen, heißt es in der
Studie von Alexandra Langmeyer und Ursula
Winklhofer. Das Lernen setzt in dem Augenblick
ein, in dem Kinder das Verhalten ihrer
Eltern beim Einkaufen beobachten.
Mütter und Väter sind Vorbilder, wenn es
darum geht, das Planen und Geldeinteilen zu
erlernen. Eine repräsentative Befragung von
1.006 jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis
39 Jahren in Deutschland, die im Mai 2010
durchgeführt wurde, kommt zu dem Ergebnis,
dass die Erfahrungen im Elternhaus und die
durch die Eltern vermittelten Werte einen
spürbaren Einfluss auf das Finanzverhalten
junger Erwachsener haben. So zeigt sich zum
Beispiel, dass junge Erwachsene, die ihr
Elternhaus als sparsam erlebt haben, selbst
überdurchschnittlich häufig Geld zurücklegen.
Auch das Heranführen der Kinder an den Um-
gang mit Geld durch die Eltern zeigt sich als
wirksam: Eine Mehrheit der jungen Erwachsenen,
die sich heute gern mit Geldangelegenheiten
beschäftigen, kommt aus Haushalten,
in denen Wert darauf gelegt wurde,
sich aktiv um das eigene Geld zu kümmern.
Gleiches gilt auch für überschuldete Familien.
TASCHENGELD-APPS FÜR
KINDER
Da viele Kinder- und Jugendliche im Umgang
mit Smartphones geübt sind, mag es sinnvoll
sein, mit Taschengeld-Apps ihr Budget zu
kontrollieren. Die Deutsche Stiftung Verbraucherschutz
bietet zum Beispiel die App
„Budget+plus“ an. Sie wurde für junge
Menschen von Verbraucherzentralen und
Schülerinnen und Schülern entwickelt. Mit
diesem digitalen Haushaltstagebuch lernen
Kinder und Jugendliche den Umgang mit
dem ersten eigenen Geld, heißt es in der
Produktbeschreibung. Aber auch Stiftungen
und Unternehmen – wie zum Beispiel
Sparkassen und Banken – bieten solche
Apps an.
Thomas Wübker
aus „Klecks“, dem Familienmagazin für Osnabrück
und Umgebung, September 2022
TASCHENGELD
IST KEIN ERZIEHUNGSMITTEL
Mit dem Taschengeld sammeln Kinder
frühzeitig erste eigene Erfahrungen beim
Thema Finanzen. Im besten Fall entwickeln
sie ein Gefühl für den Wert von Geld und
übernehmen Verantwortung für das eigene
Budget. Es solle unabhängig vom Verhalten
des Kindes gewährt und nicht als Belohnung
oder Strafe eingesetzt werden, rät das
Deutsche Jugendinstitut.
10 Frühjahr 2023 · Landknirpse Landknirpse · Frühjahr 2023 11