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MAGAZIN - Grüner Kreis

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| grünerkreisAngehörige<br />

sommer 2009<br />

Schicksalhafte<br />

Verstrickungen lösen<br />

Sucht und Familiensystem<br />

Menschen, die mit Suchtkranken zusammenleben<br />

oder ihnen nahe stehen, sind meist<br />

sehr stark in den Suchtkreislauf eingebunden,<br />

beinahe schicksalhaft darin verstrickt. Da<br />

Sucht erfahrungsgemäß immer ein soziales<br />

Geschehen darstellt und somit nicht nur den/<br />

die Süchtige/n betrifft, sondern auch all jene<br />

Menschen, die mit ihm/ihr in Verbindung stehen,<br />

ist es auch dem Verein „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ seit<br />

den Anfängen seines Bestehens ein Anliegen,<br />

die Angehörigen systematisch in den Behandlungsprozess<br />

miteinzubeziehen. Mittlerweile<br />

sind die regelmäßig stattfindenden Angehörigenseminare<br />

und Familiengespräche, in denen<br />

sich KlientInnen und deren Angehörige unter<br />

psychotherapeutischer Anleitung und Begleitung<br />

dem Thema Sucht gemeinsam annähern,<br />

unentbehrlicher Bestandteil der stationären<br />

Therapie in den Einrichtungen in Niederösterreich<br />

und in der Steiermark. Die Erfahrung<br />

hat deutlich gezeigt, dass Angehörige eines/r<br />

Süchtigen ebenso der Beratung, Begleitung,<br />

Unterstützung und Therapie bedürfen, wie<br />

das süchtige Familienmitglied selbst.<br />

Das Einbeziehen der Familie in die Behandlung<br />

sollte bereits vor Beginn der stationären<br />

Therapie erfolgen, sich besonders während<br />

der stationären Therapie intensivieren und<br />

selbstverständlich auch nach Abschluss der<br />

Behandlung im Zuge der Nachbetreuung<br />

des/der Süchtigen weitergeführt werden. Die<br />

Angehörigenseminare sollen den Familienmitgliedern<br />

einerseits die Gelegenheit zu<br />

Informations- und Erfahrungsaustausch<br />

hinsichtlich Suchtsystem, Erkrankung und<br />

(stationäre) Behandlung bieten, andererseits<br />

Zusammenhänge zwischen Suchtproblematik<br />

und Familiensystem, ambivalente Haltungen<br />

gegenüber dem/der Süchtigen, Co-Abhängigkeiten<br />

und diesbezügliche Veränderungsmöglichkeiten<br />

aufzeigen.<br />

Eine wesentliche Aufgabe der therapeutischen<br />

Arbeit im Rahmen der stationären Therapie<br />

besteht darin, eine geeignete Basis für die Zusammenarbeit<br />

aller Betroffenen und Beteiligten<br />

zu schaffen. In diesem Zusammenhang ist<br />

die Konfrontation mit ablehnender Haltung<br />

von Angehörigen, die entweder Ausreden anführen<br />

oder eine Mitarbeit als nicht zielführend<br />

erachten, für die PsychotherapeutInnen<br />

eine mitunter aufschlussreiche Erfahrung. Die<br />

Teilnahme wird meist aus Angst vor vermeintlichen<br />

Schuldzuweisungen, dem befürchteten<br />

Aufdecken eigener Defizite und Erziehungsfehler<br />

oder aus resignativer Haltung heraus<br />

abgelehnt, kann aber auch ganz deutlich das<br />

innerfamiliäre Beziehungsgeflecht, elterliche<br />

Haltung und Einstellung zur Sucht widerspiegeln.<br />

Natürlich ist auch damit zu rechnen,<br />

dass die KlientInnen selbst Vorbehalte<br />

und Vorurteile hinsichtlich der Teilnahme<br />

ihrer Angehörigen an derartigen Seminaren<br />

haben und alles daran setzen, sie davon abzuhalten.<br />

Hier spielt oft die Angst vor dem<br />

klaren, nüchternen Blick auf die Beziehung<br />

zu nahe stehenden Personen eine bedeutende<br />

Rolle, aber auch der Wunsch nach einer oberflächlich<br />

harmonischen Beziehung zu den<br />

Angehörigen, die der/die Süchtige beibehalten<br />

will, Angst vor dem Aufdecken, Thematisieren<br />

und Verändern von bestimmten Verhaltensmustern,<br />

die das süchtige System stützen,<br />

oder das vermeintliche Bekanntwerden des<br />

Ausmaßes der Abhängigkeit, Schuldzuweisungen<br />

(die Eltern könnten dem Klienten/der<br />

Klientin in Anwesenheit des Therapeuten/der<br />

Therapeutin aufschlussreiche Details aus der<br />

Vergangenheit vorhalten oder der/die Angehörige<br />

könnte vom Einzeltherapeuten/von der<br />

Einzeltherapeutin kritisiert werden, was den<br />

Klienten/die Klientin in eine Konfliktsituation<br />

bringen könnte) oder einfach die Angst<br />

davor, (erneut) enttäuscht zu werden. Hier ist<br />

Aufklärungsarbeit von psychotherapeutischer<br />

Seite notwendig und es gilt, die Ausreden und<br />

Ausflüchte der KlientInnen (und auch jene der<br />

Angehörigen) einer genauen Betrachtung und<br />

Bearbeitung zu unterziehen.<br />

Die Teilnahme an den Angehörigenseminaren<br />

stellt sowohl für KlientInnen als auch deren<br />

Angehörige eine große An- und Herausforderung<br />

dar. Sie kann einen Neubeginn in der<br />

Beziehung zu den Angehörigen beinhalten,<br />

oder auch die Klarheit und Gewissheit mit<br />

sich bringen, dass elterliche Meinungen und<br />

Vorwürfe unabänderlich scheinen und vergangene<br />

Ereignisse von den betroffenen Personen<br />

unterschiedlich interpretiert werden können.<br />

In jedem Fall sorgen Angehörigenseminare<br />

FORTSETZUNG AUF SEITE 5

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