01.07.2022 kibizz
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Liebe <strong>kibizz</strong>-Leserinnen und -Leser,<br />
25 Jahre Freundschaft mit Guernsey<br />
vor einem Vierteljahrhundert wurde<br />
Biberachs Freundschaft mit der<br />
Kanalinsel Guernsey begründet.<br />
Sie ist einer der Stützpfeiler unserer<br />
erinnerungskulturellen Arbeit,<br />
welche in einer Zeit, in der einerseits<br />
die noch lebenden epochalen<br />
Zeugen weniger werden und<br />
andererseits mitten in Europa ein<br />
wahngeleiteter Krieg vom Zaun<br />
gebrochen worden ist, wie man<br />
ihn nach 1945 in unseren Breiten<br />
nicht mehr für möglich gehalten hätte, wichtiger denn je ist.<br />
Insbesondere der jungen Generation gilt es, das Bewusstsein<br />
für das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte in der zweiten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts zu vermitteln. Für die gelebte Erinnerungskultur<br />
vor Ort heißt dies, völkerverbindende Linien<br />
des gegenseitigen Respekts, und der Freundschaft zu ziehen<br />
und diese mit Begegnungen und gemeinsamen Projekten<br />
sinnlich erfahrbar werden zu lassen.<br />
Es waren die deportierten Einwohner/innen der Kanalinseln<br />
Sark, Jersey und insbesondere Guernsey, die während der<br />
Jahre 1942-1945 im sogenannten Lager Lindele als Faustpfand<br />
Moves<br />
Holzer Moves<br />
Können wir!<br />
Machen wir!<br />
Adolf Hitlers interniert wurden. Obwohl dieses Lager in der<br />
gezielten Desinformationspolitik des NS-Staats als „Familienlager“<br />
bezeichnet worden ist, waren Männer und Frauen in<br />
voneinander getrennten Baracken untergebracht, die während<br />
der Nacht abgeschlossen wurden. Acht Wachtürme und<br />
Stacheldraht taten ein Übriges, den Eindruck eines Gefangenenlagers<br />
zu erwecken.<br />
Gleichwohl wurden mit Unterstützung des Bailiff von Guernsey,<br />
dem Internationalen Roten Kreuz und dem Christlichen<br />
Verein Junger Männer Möglichkeiten für freiwillige Arbeitseinsätze<br />
außerhalb des Lagers oder auch Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
beispielsweise in Privathaushalten, bei Bauern oder<br />
Handwerkern geschaffen, wodurch es zu Kontakten zwischen<br />
den Internierten und der Biberacher Stadtbevölkerung kam.<br />
Aus manchen dieser Kontakte heraus entstanden Freundschaften,<br />
die teilweise noch in nachfolgender Generation bis<br />
heute Bestand haben und die Grundlage für die vor 25 Jahren<br />
offiziell begründete Freundschaft zwischen Biberach und<br />
Guernsey, welche durchaus den Charakter einer Städtepartnerschaft<br />
hat, schuf.<br />
Andere Beziehungen entstanden zwischen deportierten und<br />
Biberacher Frauen, die zur selben Zeit in den Krankenhäusern<br />
von Biberach und Ochsenhausen ihre Kinder zur Welt<br />
brachten. Vom Ochsenhausen Krankenhaus-Kaplan Joseph<br />
Zürn weiß man, dass er den Müttern aus Guernsey zusätzliche<br />
Nahrungsmittel-Rationen hat zukommen lassen, was für<br />
ihn gleichermaßen gefährlich war wie seine regimekritischen<br />
Äußerungen in schriftlichen Mitteilungen an die Patientinnen.<br />
Im zurückliegenden Vierteljahrhundert ist es zu einem erfreulich<br />
regen Austausch zwischen Guernsey und Biberach<br />
mit zahlreichen partnerschaftlich durchgeführten Projekten<br />
beispielsweise zwischen der St John Ambulance und unserem<br />
Jugendrotkreuz oder dem Mädchenchor aus Guernsey und<br />
den Biberacher Martinschorknaben gekommen. Aktuell ist<br />
unsere Stadtkapelle auf der Kanalinsel aktiv, und zu Beginn<br />
der Schützenfesttage, am 15. Juli, gibt es in der Stadtpfarrkirche<br />
die Aufführung eines Chorwerks von Karl Jenkins mit<br />
dem Titel „The Peacemakers“, bei dem sich unter der Leitung<br />
von KMD Ralf Klotz Ensemblemitglieder beider Herkunftsländer<br />
vereinen; kein Geringerer als der amtierende Bailiff<br />
von Guernsey singt dabei im Chor mit! Und die alljährliche<br />
Erinnerung an die Befreiung des einstigen Lagers durch die<br />
französische Armee am 23. April wird anlässlich der Heimattage<br />
Baden-Württemberg in Biberach 2023 einen besonderen<br />
Akzent erfahren, wenn die vom Biberacher Gemeinderat beauftragte<br />
Gedenkskulptur von Robert Schad der Öffentlichkeit<br />
übergeben wird.<br />
Eine dreidimensionale, in Teilen bewegliche<br />
Drucksache, die Werbebotschaften und<br />
Informationen aufmerksamkeitsstark<br />
kommuniziert.<br />
Mehr Infos<br />
zu unseren<br />
HOLZER MOVES<br />
Sehr herzlich<br />
Ihr Dr. Jörg Riedlbauer,<br />
Kulturdezernent der Stadt Biberach<br />
18