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Jahresbericht Vorlage PDF - Frauenhaus Kirchheim unter Teck

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Inhaltsangabe<br />

1. Jahresrückblick 2009<br />

2. „Ein Abschied ohne Tränen“, Eva Vogelmann<br />

3. Das <strong>Frauenhaus</strong> <strong>Kirchheim</strong><br />

4. Berichte von Bewohnerinnen<br />

5. Unsere Praktikantin berichtet ....<br />

6. Beratung nach Platzverweis<br />

7. Statistik<br />

8. Unterstützung – Jede Hilfe zählt!<br />

1


1. Jahresrückblick 2009<br />

Aus dem Verein<br />

Im Verein Frauen helfen Frauen gab es im Jahr 2009 eine grundlegende<br />

Veränderung. Unsere langjährigen Vorstandsfrauen Eva Vogelmann, Gisela<br />

Maier und Rose Schreier beendeten ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Verein.<br />

Vor 16 Jahren gründeten sie mit weiteren engagierten Frauen unseren Verein<br />

und ebneten damit den Weg für das <strong>Kirchheim</strong>er <strong>Frauenhaus</strong>. In unzähligen<br />

Stunden ehrenamtlicher Arbeit setzten sie sich für die Belange von Frauen und<br />

Kindern ein, die von Gewalt durch den Partner bedroht oder betroffen sind. An<br />

dieser Stelle noch mal ein großes Dankeschön an alle Frauen, die einen<br />

Beitrag dazu geleistet haben.<br />

Nachdem sich trotz intensiver Suche keine ehrenamtlichen Vorstandsfrauen<br />

gefunden haben, wurde mit dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband<br />

unsere jetzige Vereinsform entwickelt. Die Vorstandsaufgaben wurden ab Mai<br />

2009 von den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen des <strong>Frauenhaus</strong>es<br />

übernommen. Eine andere Form der Weiterführung des <strong>Frauenhaus</strong>es stand<br />

nicht zur Wahl. Die Auseinandersetzung mit der Umstrukturierung nahm sehr<br />

viel Zeit und Energie von uns allen in Anspruch. So fanden intensive<br />

Überlegungen hinsichtlich der Umsetzung des geplanten Modells und die<br />

Ausarbeitung einer Geschäftsordnung statt. Trotz deutlich mehr Arbeit und<br />

Verantwortung wuchsen wir im Lauf des Jahres mehr und mehr in die neuen<br />

Aufgaben hinein. Unsere gute Teamstruktur half uns bei der Bewältigung der<br />

Herausforderungen.<br />

Aus dem <strong>Frauenhaus</strong><br />

Im Jahr 2009 lebten 33 Frauen mit 42 Kindern im <strong>Kirchheim</strong>er <strong>Frauenhaus</strong>.<br />

Obwohl wir dieses Jahr mehr Frauen und Kinder als im Vorjahr aufnahmen,<br />

haben wir trotzdem die Situation, dass unsere Auslastung sich nur um 70%<br />

bewegt.<br />

Das liegt zum einen daran, dass wir viel mehr Frauen aufnahmen, die nur sehr<br />

kurze Zeit , d.h. bis zu 14 Tagen , bei uns wohnten. Andererseits liegt es<br />

daran, dass wir doppelt so viele Frauen ohne Kinder wie 2008 aufnahmen. Da<br />

wir ein kleineres Haus sind, ist es uns oftmals nicht möglich, die Zimmer<br />

optimal zu belegen. Wohnt beispielsweise eine Frau mit nur einem Kind in<br />

einem Dreibettzimmer, schlagen sich diese freie Betten, die dann nicht belegt<br />

sind, für die gesamte Zeit ihres Aufenthaltes in einer geringeren Auslastung<br />

nieder.<br />

Verändert zum Vorjahr hat sich interessanter Weise auch der<br />

Altersschwerpunkt der Frauen. 2008 waren die meisten Frauen zwischen 30<br />

und 40 Jahre alt, 2009 lag der Schwerpunkt zwischen 20 und 30 Jahren.<br />

Eine große Anzahl der Frauen findet eine eigene Wohnung. Die<br />

Wohnungssuche gestaltet sich jedoch in <strong>Kirchheim</strong> und näherer Umgebung<br />

äußerst schwierig. Wohnraum zu einem erschwinglichen Preis zu finden ist<br />

mehr als problematisch. Deshalb weichen viele Frauen Richtung Esslingen und<br />

2


Stuttgart aus, wo es teilweise günstigere Wohnungen gibt und der<br />

Arbeitsmarkt vielfältiger ist.<br />

Unser Kunsttherapieangebot für Frauen und Kinder kann Dank der Willy-<br />

Buhlmann-Stiftung weiterhin angeboten werden. Daraus entstand am Ende<br />

des Jahres ein sehr schöner Wandkalender.<br />

Weiterhin besteht ein Zusatzangebot für die Kinder durch Frau Wagner und<br />

Unterstützung bei der Pressearbeit durch Frau Jetter. Frau Eßer, Studentin der<br />

Kunsttherapie in Nürtingen, bietet für die Frauen und Kinder im Haus<br />

Malstunden an. Vielen Dank für die ehrenamtliche Arbeit !<br />

Erstmals hatten wir in Frau Limitone eine Halbjahrespraktikantin von der<br />

Fachhochschule in Esslingen, die uns tatkräftig <strong>unter</strong>stützte.<br />

Im März fand der Umzug unseres Beratungsbüros vom Marktplatz zum<br />

Postplatz 7 statt. Unsere kleine "WG" mit der SPD und der<br />

Landtagsabgeordneten Sabine Fohler erweist sich als sehr angenehm. Unser<br />

Beratungsbüro ist zwar sehr klein, aber wir haben auch die Möglichkeit, bei<br />

Bedarf auszuweichen in ein größeres Konferenzzimmer. Diese Außenstelle ist<br />

für unseren laufenden Betrieb sehr wertvoll, da immer häufiger, auch bedingt<br />

durch die Beratung nach Platzverweis, Beratungstermine stattfinden.<br />

Kooperationstreffen<br />

ARGE <strong>Kirchheim</strong><br />

Stadt <strong>Kirchheim</strong> Wohnungsvermittlung<br />

Frau OB Matt-Heidecker<br />

<strong>Frauenhaus</strong> Esslingen<br />

Familienrichterin Frau Höfer, Amtsgericht <strong>Kirchheim</strong><br />

Diakonische Bezirksstelle <strong>Kirchheim</strong><br />

Teilnahme an folgenden Gremien<br />

Regionaltreffen Baden-Württemberg Frauenbereich<br />

Regionaltreffen Baden-Württemberg Kinderbereich<br />

Pädagoginnentreff <strong>Kirchheim</strong><br />

Fachgruppe Frauen bei unserem Dachverband DPWV<br />

Platzverweis Runder Tisch<br />

Kreisarbeitsgemeinschaft der Frauenhäuser und LKR Esslingen<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Frauenfest im Rahmen der Frauenkulturtage am 8. März<br />

Mitveranstaltung des Mädchentags<br />

Mitveranstaltung der Frauenlesenacht<br />

Infoveranstaltungen an Schulen zum Thema häusliche Gewalt<br />

Infoveranstaltung beim Beauty-Day der Nürtinger Firma Birk im Meistermax<br />

Infoveranstaltung beim türkischen Frauenkreis in <strong>Kirchheim</strong><br />

Fahnenaktion am Rathaus zu "Nein zu Gewalt an Frauen"<br />

Infotisch beim Präsentationstag der Vereine in <strong>Kirchheim</strong><br />

Infoveranstaltung beim Katholischen Deutschen Frauenbund<br />

3


Fortbildungen<br />

Monatliche Supervisionen für alle Mitarbeiterinnen<br />

Gewaltfreie Kommunikation nach M. Rosenberg<br />

Fachtag der Stadt <strong>Kirchheim</strong>: Soziale Arbeit und Bildung<br />

Besuch des Modellprojekts Arbeit mit Kindern von Suchtkranken MAKS in<br />

Freiburg<br />

2. Ein Abschied ohne Tränen<br />

Nach 16 Jahren die Verantwortung für ein Projekt abzugeben, mag vielen<br />

schwer erscheinen: Für mich - und ich meine auch für meine<br />

Vorstandskolleginnen - war es der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt.<br />

Trotzdem ist an einer solchen Stelle auch der Blick zurück erlaubt und<br />

notwendig.<br />

1993 wurden die Weichen fürs <strong>Kirchheim</strong>er <strong>Frauenhaus</strong> gestellt, als der<br />

Gemeinderat auf Anregung des damaligen Bürgermeisters Heinz Eininger zwei<br />

Notwohnungen in der Alleenstraße dem neu-gegründeten Verein „Frauen<br />

helfen Frauen“ zur Nutzung überließ.<br />

Was mussten wir uns damals nicht alles an Skeptizismus, an Ungläubigkeit<br />

anhören: „Ein <strong>Frauenhaus</strong>, braucht es denn so etwas in <strong>Kirchheim</strong> überhaupt?“<br />

„Wie werdet Ihr Bildungsbürgerfrauen mit einem solchen Thema zurecht<br />

kommen?“ „Habt Ihr Euch nicht gründlich übernommen mit dieser<br />

Verantwortung?“ Dies und noch viel mehr Kritisches bekamen wir zu hören.<br />

Trotzdem ließen wir uns nicht abschrecken. Viele tatkräftige Hände, Herzen<br />

und Hirne halfen beim Renovieren, beim Spenden erbetteln, bei der<br />

notwendigen konzeptionellen Arbeit, bis 1994 die Notwohnungen dann für die<br />

ersten hilfesuchenden Frauen und Kinder eröffnet werden konnten.<br />

Manch glückliche Umstände haben uns den Start erleichtert: die Existenz eines<br />

zweiten Arbeitsmarktes (ABM) ermöglichte uns die Einstellung von<br />

Fachpersonal, politische Unterstützung im <strong>Kirchheim</strong>er Gemeinderat durch<br />

Frauen aller Parteien, dazu auch meist ein offenes Ohr der Verwaltung, die –<br />

bei aller Skepsis - doch stets ein fairer Partner für uns war, halfen immer<br />

wieder weiter, wenn Probleme auftraten. Nicht zuletzt ermöglichten uns die<br />

Spendengelder von zwei <strong>Teck</strong>boten-Weihnachtsaktionen und die<br />

Unterstützung des Esslinger <strong>Frauenhaus</strong>es auch finanziell sehr schwere Zeiten<br />

zu überstehen.<br />

Heute können wir beim Blick zurück nur staunen, wie wir es doch immer<br />

wieder geschafft haben, das <strong>Frauenhaus</strong> und seine wichtige Arbeit<br />

weiterzuführen.<br />

In dieser langen Zeit ist mir natürlich unser „Kind“ ans Herz gewachsen – aber<br />

so wie man seine erwachsenen Kinder loslassen muss, so war es nun auch an<br />

der Zeit, das Projekt „<strong>Frauenhaus</strong> <strong>Kirchheim</strong>“ in die Selbstständigkeit zu<br />

entlassen. Dass wir Vereinsfrauen dabei weiterhin das <strong>Frauenhaus</strong> und die<br />

Mitarbeiterinnen <strong>unter</strong>stützen und interessiert begleiten, ist dabei für uns alle<br />

selbstverständlich und eine angenehme Pflicht.<br />

4


Nochmals zur Erinnerung: Es waren zwei Umstände, die uns ein Weitermachen<br />

in der alten Vereinsstruktur unmöglich machten. Zum einen stellte der<br />

Landkreis Esslingen die Finanzierung um, so dass ein ständiges Controlling<br />

notwendig wurde – diese finanzielle Unsicherheit und Mehr-Verantwortung<br />

wollten die Vorstandsfrauen nicht mehr tragen. Es fanden sich auch trotz<br />

intensiver Suche keine andern und vielleicht jüngeren Frauen, die sich im<br />

Vorstand in die Pflicht nehmen lassen wollten. Im Tagessatz ist dazu hin Geld<br />

für eine professionelle Geschäftsführung eingerechnet, so dass der Schritt, die<br />

Gesamtverantwortung für das <strong>Frauenhaus</strong> in die Hände der hauptamtlich<br />

Tätigen zu legen, sich einfach aufdrängte.<br />

Wer wäre besser geeignet, verantwortungsvoll und kritisch die Finanzen zu<br />

überwachen als diejenigen, deren Arbeitsplatz direkt vom gesunden<br />

Wirtschaften abhängt? – Wer könnte Neuerungen und notwenige<br />

Veränderungen kompetenter in die Wege leiten als die Fachfrauen?<br />

Wir sind zusammen mit unserem Dachverband, dem Deutschen Paritätischen<br />

Wohlfahrtsverband (DPWV), davon überzeugt, dass wir in <strong>Kirchheim</strong> nur<br />

(einmal mehr) Vorreiterinnen für ein neues, zukunftsfähiges Modell für soziale<br />

Projekte sind. Der Nachwuchsmangel für Vorstandsarbeit und<br />

verantwortliches, regelmäßiges ehrenamtliches Mit-Arbeiten ist nämlich kein<br />

<strong>Kirchheim</strong>er Spezifikum.<br />

Wenn ich meine ganz persönlichen Bilanz von 16 Jahren Vorstandsarbeit fürs<br />

<strong>Frauenhaus</strong> und den Verein „Frauen helfen Frauen“ ziehe, dann fällt diese<br />

überwiegend positiv aus.<br />

Es hat Spaß gemacht mit anderen zusammen etwas Neues zu schaffen, von<br />

dessen Wichtigkeit wir überzeugt waren. Es hat Spaß gemacht, Widerstände<br />

zu überwinden, hartnäckig zu bleiben und auch manchen politischen Kampf<br />

auszufechten.<br />

Es war eine schöne Anerkennung im Jahr 1999 aus den Händen des badenwürttembergischen<br />

Ministerpräsidenten eine Ehrung für vorbildliches<br />

ehrenamtliches Engagement stellvertretend für den ganzen Verein entgegen<br />

zu nehmen.<br />

Ich habe durch diese ehrenamtliche Tätigkeit viel gelernt, was mir auch an<br />

anderer Stelle zugute kam: So zum Beispiel für meine Überzeugungen<br />

hinzustehen, zu argumentieren, in der Öffentlichkeit oder vor Gremien Rede<br />

und Antwort zu stehen. Ich habe Freundschaften geschlossen, ich habe<br />

gelernt, auch Konflikte auszutragen und auszuhalten, ja, auch Kritik<br />

einzustecken. Ich musste und muss dabei nicht immer ein „gutes Mädchen“<br />

sein, brauche nicht unbedingt die Zuneigung und persönliche Zustimmung der<br />

Kooperationspartner und der Öffentlichkeit, sondern nur eine korrekte<br />

fachliche Zusammenarbeit und Unterstützung, die sie nicht verwehren können,<br />

wenn die guten Ergebnisse der Arbeit für sich – und das heißt auch für uns –<br />

sprechen.<br />

In diesem Geist und diesem Sinn wünsche ich den neuen hauptamtlichen<br />

Vorstandsfrauen eine erfolgreiche Fortführung der <strong>Frauenhaus</strong>arbeit und ein<br />

gutes kollegiales Miteinander.<br />

Eva Vogelmann<br />

5


3. Das <strong>Frauenhaus</strong> <strong>Kirchheim</strong><br />

Das <strong>Frauenhaus</strong> des Vereins Frauen helfen Frauen bietet Frauen und Kindern,<br />

die von Gewalt bedroht oder betroffen sind, Unterkunft, Schutz und Hilfe. Die<br />

Frauen haben hier die Möglichkeit, Abstand zu ihrem gewalttätigen Partner zu<br />

finden und mehr Klarheit über ihre Zukunft zu erlangen.<br />

Wir bieten 12 Plätze an, d.h. wir können in 5-6 Zimmern 4-6 Frauen mit ihren<br />

Kindern aufnehmen. Die Frauen leben in einer Art Wohngemeinschaft mit den<br />

anderen Frauen und deren Kindern zusammen und versorgen sich und ihre<br />

Kinder selbst.<br />

Unsere Angebote:<br />

Schutz und Wohnen: Die Adresse des <strong>Frauenhaus</strong>es ist anonym. Eine<br />

Aufnahme erfolgt unbürokratisch: Betroffene Frauen können sich telefonisch<br />

an uns wenden, dann wird ein Treffpunkt vereinbart, an welchem eine<br />

Mitarbeiterin die Frau und Kinder abholt.<br />

Die Frauen bewohnen in der Regel ein Zimmer mit ihren Kindern, die weiteren<br />

Räume werden gemeinschaftlich genutzt.<br />

Beratung: Den <strong>Frauenhaus</strong>bewohnerinnen wird eine ganzheitliche<br />

Unterstützung angeboten um ihre Krisensituation zu bewältigen. Sie werden<br />

mit den notwendigen Informationen und praktischen Hilfen versorgt, damit sie<br />

angstfrei erste Schritte eines Neuanfangs machen können. Desweiteren finden<br />

wöchentliche Beratungsgespräche statt, in welchen die Frauen die Möglichkeit<br />

haben, über die erfahrene Gewalt zu sprechen und Zukunftsperspektiven für<br />

sich und ihre Kinder zu entwickeln.<br />

Kinderbereich: Im <strong>Frauenhaus</strong> befinden sich meist mehr Kinder als Frauen.<br />

Um deren Belange kümmert sich hauptsächlich eine Diplomsozialpädagogin.<br />

Sie ist Ansprechpartnerin für die Kinder, gestaltet mit ihnen zusammen ihre<br />

Freizeit und betreut sie im Schulalltag. In Gesprächen mit den Müttern werden<br />

auch Erziehungsfragen und -probleme thematisiert und angegangen.<br />

Gegebenenfalls werden auch therapeutische Maßnahmen eingeleitet. Eine<br />

enge Zusammenarbeit mit Schulen, Kindergärten und dem Sozialen Dienst<br />

gehören zum festen Bestandteil der Arbeit im Kinderbereich. Die Frage des<br />

Umgangs- und Sorgerechts ist ein ständig präsentes Thema, daher besteht ein<br />

enger Kontakt zu RechtsanwältInnen, Gericht und zum Kinderschutzbund.<br />

Nachgehende Beratung: Auf Wunsch werden die Frauen auch nach ihrem<br />

Auszug von uns begleitet.<br />

Externe und telefonische Beratung: In unserem Büro am Postplatz in<br />

<strong>Kirchheim</strong> bieten wir Beratung an für Frauen, die in Gewaltbeziehungen leben,<br />

aber nicht oder noch nicht im <strong>Frauenhaus</strong> aufgenommen werden wollen.<br />

Ebenso können betroffene Frauen, aber auch Angehörige, FreundInnen und<br />

Bekannte telefonisch von uns beraten werden.<br />

Das nachgehende und externe Beratungsangebot wird finanziell <strong>unter</strong>stützt<br />

durch das Regierungspräsidium.<br />

6


Beratung nach Platzverweis: Seit dem 01.04.2009 beraten und begleiten wir<br />

Frauen nach einem erfolgten Platzverweis des gewalttätigen Partners durch die<br />

Polizei.<br />

4. Berichte von Bewohnerinnen<br />

Meine Tage im <strong>Frauenhaus</strong><br />

Bevor ich hier her gekommen bin, dachte ich, dass Frauenhäuser größer<br />

wären und etwa so aussehen wie ein Gefängnis, schlicht und nicht so familiär.<br />

Als ich dort ankam, war ich sehr überrascht, denn das <strong>Frauenhaus</strong> war wie ein<br />

normales Familienhaus, und doch sehr familiär, eben wie in einer WG.<br />

Die Mitarbeiterinnen sind hier sehr freundlich und kommen auf einen zu, wenn<br />

es Probleme gibt.<br />

Ich habe hier viel Hilfe bekommen, versuchte aber trotzdem, vieles so<br />

selbständig wie möglich zu erledigen, wenn es auch manchmal schwer war,<br />

meine Aufgaben zu erfüllen.<br />

Meine Erkrankung ist durch den Dauerstress in den letzten Monaten schlimmer<br />

geworden, die Psyche spielt da auch ein Stück weit mit. Doch leider wird das<br />

auch nicht besser werden, sondern so bleiben wie es ist, und auch das macht<br />

mir sehr zu schaffen.<br />

Ich bin ja Rollstuhlfahrerin. Auch wenn nicht alles 100%ig perfekt für<br />

Rollstuhlfahrerinnen ist, ist es gut, dass das <strong>Frauenhaus</strong> hier eine<br />

Rollstuhlwohnung hat, ausgestattet mit Lift und verstellbarer Küche.<br />

Ich kann froh sein, dass ich noch laufen kann, aber wenn ich meine<br />

Schmerzschübe oder ähnliches habe, dann geht auch nichts mehr ohne<br />

Rollstuhl bei mir, was hier oft ein Nachteil sein kann.<br />

Seit ich hier bin, geht es mir besser, da ich den Dauerstress von zu Hause<br />

immer besser verarbeiten kann und ich mich im Haus in Sicherheit fühle. Ich<br />

habe es sogar nach fünf Wochen endlich geschafft, ohne Schlafmittel wieder<br />

schlafen zu können.<br />

Ich schlafe seit ich hier im <strong>Frauenhaus</strong> bin besser und auch viel mehr, was<br />

auch gut so ist, da ich durch den Schlaf sehr viel verarbeiten kann. Da wären<br />

sowohl die psychischen Sachen, als auch Schmerzen jeglicher Art, die ich im<br />

Schlaf einfach vergessen kann.<br />

Wenn ich über Bekannte und seinen Anwalt mitbekomme, dass mein Mann<br />

immer aggressiver wird, das macht mich zeitweise schon fertig. Ich schaffe es<br />

hier aber immerhin, schnell vom Stress wieder her<strong>unter</strong> kommen zu können,<br />

was zu Hause nie möglich gewesen wäre, sondern eher noch schlimmer.<br />

Ich bin froh, hier im <strong>Frauenhaus</strong> gelandet zu sein, es ist auf jeden Fall besser,<br />

als ich es mir in der Phantasie vorgestellt habe, und dafür möchte ich mich bei<br />

den Mitarbeitern herzlich bedanken.<br />

Lena, 26 Jahre<br />

7


Was ich über das <strong>Frauenhaus</strong> dachte<br />

Ich habe am Anfang gedacht, dass das Haus ganz abgeschottet oben am Berg<br />

liegt und die nächste Stadt 15 Kilometer entfernt ist. Dann habe ich von<br />

anderen Leuten gehört, dass man nicht rausgehen und keiner mich treffen<br />

darf. Aber so ist das nicht.<br />

Als ich das erste Mal das Haus betrat, wurde ich von allen Leuten herzlich<br />

begrüßt und die Frauen waren auch alle nett. Wenn man Schwierigkeiten mit<br />

den Ämtern hat, helfen einem die Betreuerinnen hier. Klar ist es schwierig hier<br />

zu leben, denn man ist ja anonym und man fängt ja quasi von null wieder an.<br />

Aber, Gott sei Dank, gibt es den Verein Frauen helfen Frauen, sonst würden<br />

viele Frauen auf der Straße leben.<br />

Was ich auch super finde, ist, dass man gemeinsam auch mal weggeht, so wie<br />

ich und Heike.<br />

Jenniffer, 23 Jahre<br />

Welche neuen Erfahrungen konnte ich im <strong>Frauenhaus</strong> machen?<br />

- Zuerst auf jeden Fall, dass es richtig war, ins <strong>Frauenhaus</strong> zu gehen und<br />

nicht wieder ins Hotel oder zu einem Mitglied meiner Familie.<br />

- Das Leben in der Gemeinschaft mit anderen Frauen und deren Kindern,<br />

die auch andere Lebensauffassungen haben, war eine ganz neue<br />

Situation für mich.<br />

- Lernen von anderen Frauen und Rückmeldung meiner Wirkung auf<br />

andere zu bekommen<br />

- Wieder dankbar zu sein, für mein Leben und das, was ich habe (Arbeit,<br />

Wohnung, Kollegen usw.).<br />

- Diese Erfahrung jetzt als Chance für einen Neubeginn zu sehen, wieder<br />

mehr nach mir zu schauen und spüren, was mir gut tut (wie z.B. Yoga,<br />

Gymnastik, Tanzen)<br />

- Aber auch, dass Menschen (Frauen) sehr egoistisch sein können und je<br />

mehr sie bekommen, um so mehr fordern sie.<br />

- Alles in allem, war es gut diesen Schritt zu tun. Auch wenn ich ihn<br />

bereits viel früher hätte tun sollen. Aber gut, jetzt ist es passiert und ich<br />

blicke nach vorn, versuche aus meinen Erfahrungen zu lernen, um in<br />

Zukunft nicht dieselben Fehler wieder zu begehen. Ich will an mir<br />

arbeiten, auch mit Hilfe der Frauengruppe, die am Mittwoch beginnt und<br />

mich wieder an den schönen Dingen erfreuen. Auch möchte ich an alte<br />

Freundschaften wieder anknüpfen.<br />

Heidrun, 41 Jahre<br />

8


Tanz auf dem Eis<br />

Ein Tränenmehr von mir geschaffen,<br />

doch hinter Mauern fest verschlossen,<br />

entstanden durch meine Traurigkeit.<br />

In Strömen sind Sie aus mir geflossen.<br />

In ihnen steckte mein tiefer Kummer.<br />

Die Angst, Verzweiflung, Einsamkeit.<br />

Mein Stolz hielt Sie in mir gefangen,<br />

die Schmerzen der Vergangenheit.<br />

Sie drückten, doch ich gab nicht nach,<br />

bis letztendlich all meine Träume erfroren.<br />

Mein Herz wurde kalt, ich spürte nichts mehr.<br />

Gefühle im eisigen Tränenmeer verloren.<br />

Jetzt hatte ich einen zugefrorenen See.<br />

Tanzte auf ihm, mit der Maske im Gesicht.<br />

Übermütig, ausgelassen, im Wahnsinnstaumel,<br />

bis plötzlich <strong>unter</strong> mir die Eisfläche bricht.<br />

Und ich tauchte ein,<br />

schwamm in meinen Tränen.<br />

In meinen Gefühlen und all den Schmerzen,<br />

da spürte ich endlich mein eigenes Leben.<br />

Die Kraft und das Klopfen in meinem Herzen.<br />

Jana, 42 Jahre<br />

9


5. Unsere Praktikantin berichtet<br />

Mein Praktikum im <strong>Frauenhaus</strong> <strong>Kirchheim</strong><br />

Im Rahmen meines Studiums der Sozialen Arbeit habe ich mein praktisches<br />

Studiensemester im <strong>Frauenhaus</strong> <strong>Kirchheim</strong> geleistet. Nun ist mein Praktikum<br />

im <strong>Frauenhaus</strong> beendet und bald beginnt der Alltag an der Hochschule wieder.<br />

Wenn ich die Monate im Haus Revue passieren lasse, denke ich an eine für<br />

mich schöne und erfahrungsreiche Zeit zurück. Von Beginn an wurde ich vom<br />

Team und den dort lebenden Frauen herzlich aufgenommen und akzeptiert.<br />

Während meines Praktikums konnte ich einen guten Einblick über die<br />

Angebote des <strong>Frauenhaus</strong>es und in die Arbeitsweisen der Mitarbeiterinnen<br />

gewinnen. In der Zeit konnte ich sowohl einige Einzüge und Auszüge von<br />

Frauen und ihren Kindern miterleben und in der psychosozialen Beratung und<br />

Begleitung viele Erfahrungen sammeln und aktiv mitarbeiten. Da die Beratung<br />

und Begleitung ein individuelles Angebot ist, ergaben sich für mich<br />

verschiedene Möglichkeiten, die Frauen und das Team hierbei zu <strong>unter</strong>stützen.<br />

So habe ich versucht, je nach Wunsch die Frauen zu Behördengängen zu<br />

begleiten, sie bei der Wohnungssuche zu <strong>unter</strong>stützen oder auch beim<br />

Verfassen von Bewerbungsschreiben behilflich zu sein. Besonders viel Freude<br />

haben mir die regelmäßigen Unternehmungen im Freizeitbereich mit den<br />

Bewohnerinnen und ihren Kindern bereitet. Während meines Praktikums<br />

haben wir gemeinsam mehrere Ausflüge und Spaziergänge <strong>unter</strong>nommen.<br />

Wann immer sich die Gelegenheit bot, habe ich versucht ein gemeinsames<br />

Frühstück zu organisieren. Ein weiterer Bestandteil meines Praktikums war das<br />

Kennenlernen der verschiedenen Netzwerkpartner. So konnte ich die<br />

Mitarbeiterinnen mehrmals zu Netzwerktreffen begleiten. Dadurch, dass meine<br />

Anleiterin Frau Dopatka für die Beratung nach einem Platzverweis zuständig<br />

ist, konnte ich auch an einigen Kooperationstreffen über den Platzverweis<br />

teilnehmen und mir wurde bewusst, wie wichtig und sinnvoll der Austausch<br />

<strong>unter</strong> den beteiligten Partnern ist. Im <strong>Frauenhaus</strong> ist kein Tag wie der andere<br />

und somit muss das Team ein hohes Maß an Flexibilität an den Tag legen.<br />

Diese Erfahrung musste auch ich machen, was wichtig für mich war, da ich<br />

gelernt habe spontaner und flexibler mit den Gegebenheiten umzugehen. Mein<br />

praktisches Studiensemester im <strong>Frauenhaus</strong> <strong>Kirchheim</strong> hat mir auch dazu<br />

verholfen, offener zu werden und mich mit meiner eigenen Rolle als Frau<br />

auseinander zu setzen. Leider ist das Praktikum vorbei und somit möchte ich<br />

mich auf diesem Weg bei den Bewohnerinnen bedanken, dass ich sie eine Zeit<br />

lang begleiten und <strong>unter</strong>stützen durfte. Ein großes Dankeschön geht auch an<br />

das Team, das auch für mich immer ein offenes Ohr hatte und mir so viel<br />

Vertrauen entgegen gebracht hat.<br />

G. L.<br />

10


6. Beratung nach Platzverweis<br />

Im Rahmen der 2008 gegründeten Kreisarbeitsgemeinschaft "Hilfen gegen<br />

häusliche Gewalt" im Landkreis Esslingen haben die Vereine Frauen helfen<br />

Frauen ab dem 1. April 2009 die Opferberatung der Frauen nach Platzverweis<br />

übernommen. Dabei sind wir in <strong>Kirchheim</strong> zuständig für das Einzugsgebiet der<br />

Polizeireviere <strong>Kirchheim</strong> und Nürtingen und arbeiten mit 31 Ordnungsämtern<br />

zusammen.<br />

Zwei Mal jährlich gibt es einen Runden Tisch für Erfahrungsaustausch und<br />

Koordinierung des gemeinsamen Vorgehens, bei dem Polizei, Ordnungsämter,<br />

Landkreisverwaltung, Mitarbeiter der Sozialen Dienste von Stadt und<br />

Landkreis, von Frauen helfen Frauen, Männerinterventionsstelle und<br />

Psychologischer Beratungsstelle teilnehmen.<br />

Die Zahlen haben sich in den letzten Jahren kaum verändert. Immer noch wird<br />

Gewalt gegen Frauen überwiegend durch Partner oder Expartner im häuslichen<br />

Umfeld verübt. Dabei erfährt jede 4. Frau in Deutschland mindestens einmal<br />

Gewalt in den eigenen vier Wänden. Für viele Frauen ist dies keine einmalige<br />

Erfahrung, sie erleben oft über Jahre hinweg stetig wiederkehrende physische<br />

und psychische Attacken durch den Partner.<br />

Viele dieser Frauen brauchen lange Zeit, bis sie ihre Scham überwinden und<br />

in einer Gewaltsituation die Polizei rufen.<br />

Kommt es nach Anruf des Opfers, über Nachbarn oder andere Personen zu<br />

einem Polizeieinsatz und besteht der Verdacht, dass die gewalttätigen<br />

Handlungen weitergehen, können die Polizisten einen Platzverweis<br />

aussprechen. Der Täter muss seinen Wohnungsschlüssel abgeben und für<br />

mehrere Tage die Wohnung verlassen. Ihm ist <strong>unter</strong>sagt, in dieser Zeit<br />

Kontakt zu der Frau aufzunehmen oder sich ihr zu nähern. Er erhält<br />

Informationen über die Interventionsstelle in Esslingen mit<br />

Beratungsmöglichkeit für gewalttätige Männer. Ziele der Beratung sind<br />

Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt, Verantwortung für das eigene<br />

Verhalten zu übernehmen und Verhaltensänderung im Konfliktfall zu<br />

erreichen.<br />

Die betroffene Frau kann entweder beim Polizeieinsatz oder am folgenden Tag<br />

beim Ordnungsamt eine Einverständniserklärung für die Datenweitergabe an<br />

die Opferberatung <strong>unter</strong>schreiben. Unser Ansatz ist pro-aktiv, d. h. um den<br />

Zugang zur Beratung zu erleichtern, wird nach Eingang der<br />

Einverständniserklärung zeitnah durch uns Kontakt mit der Frau aufgenommen<br />

und bei Bedarf eine Beratung auch bei ihr zu Hause angeboten. Der parteiliche<br />

Beratungsansatz stellt die Sichtweise, Wünsche und Interessen der Frauen in<br />

den Mittelpunkt. Die Hilfe ist individuell und bezieht sich je nach Bedarf auf<br />

Krisenintervention, psychosoziale Beratung, Informationsvermittlung zu<br />

Platzverweis, Gewaltschutzgesetz, Strafverfahren bis zu Begleitung zu<br />

ÄrztInnen, Ämtern usw.<br />

11


Sind Kinder betroffen, erfolgt eine Information ans Jugendamt. Dies ist bei<br />

etwa 70% der Fälle häuslicher Gewalt gegeben. Von dort aus erfolgt eine<br />

Abklärung und Einschätzung des Hilfebedarfs sowie die Vermittlung und<br />

Einleitung dieser Hilfen für die betroffenen Kinder.<br />

Durch eine gute Vernetzung der verschiedenen beteiligten Fachstellen können<br />

die Hilfsangebote koordiniert und optimiert werden.<br />

Im Folgenden ein Beispiel, wie Beratung und Unterstützung für die Frau von<br />

unserer Seite aussehen kann, erläutert von Martina Zuber:<br />

Nach der Meldung des Platzverweises durch das Ordnungsamt nimmt die<br />

zuständige Mitarbeiterin Kontakt zu der betroffenen Frau auf und bietet ein<br />

Beratungstermin an.<br />

Frau A. kommt zu diesem Erstgespräch mit dem jüngsten ihrer drei Kinder, die<br />

alle noch im Vorschulalter sind. Die kleine Tochter wirkt verschüchtert, ebenso<br />

wie ihre Mutter, die einen sehr erschöpften Eindruck macht. Es geht zuerst<br />

einmal darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Frau A. und ihre Tochter<br />

sich geschützt fühlen. Wichtig ist dabei unsere Schweigepflicht zu betonen, um<br />

diesen sicheren Rahmen zu <strong>unter</strong>streichen.<br />

Während des Erstgesprächs erzählt Frau A. von den gewalttätigen Übergriffen<br />

ihres Mannes, die seit mehreren Jahren stattfinden. In Anwesenheit der<br />

kleinen Tochter eine höchst sensible Situation, in der es auch darum geht,<br />

dass durch diese Erzählung keine Retraumatisierung von Mutter und Tochter<br />

geschieht. Da dies für Frau A. eine unglaubliche Überwindung ihrer eigenen<br />

Scham bedeutet, erzählt sie nur in groben Zügen von den Vorkommnissen und<br />

schützt aber dadurch sich und ihre kleine Tochter. Frau A. besitzt zwar die<br />

deutsche Staatsbürgerschaft, kommt jedoch aus einem Kulturkreis, in dem<br />

eine Trennung der Frau vom Mann kategorisch ablehnt wird.<br />

Schnell wird klar, dass hier vermutlich enormer Druck von Familie und<br />

eigenem kulturellem Umfeld auf sie ausgeübt werden wird. Im Verlauf der<br />

weiteren Beratungstermine wird dies immer wieder Thema sein und lastet<br />

ungeheuer schwer auf Frau A. Im Erstgespräch zeigt sich, dass dringend eine<br />

ärztliche Untersuchung und eine Behandlung ansteht, da Frau A. über starke<br />

Schmerzen klagt und es wird direkt ein Arzttermin vereinbart.<br />

Beim Blick auf die kommenden Tage und der Frage, was braucht Frau A., um<br />

diese möglichst sicher und geschützt mit ihren Kindern durchstehen zu<br />

können, wird ein existenzieller finanzieller Engpass deutlich. Aufgrund der<br />

Wettsucht des Mannes haben sich enorme Schulden aufgehäuft und es ist<br />

absolut kein Geld mehr für Nahrungsmittel vorhanden. Ein Anruf bei der Arge<br />

und der direkte Weg mit Frau A. dorthin im Anschluss an das<br />

Beratungsgespräch erfolgt, um Unterstützung in Form von Gutscheinen für<br />

den Einkauf von Lebensmitteln abzuholen. Ein weiterer Termin wird vereinbart<br />

zur Abgabe des ALG II Antrages. Der Antrag wird beim nächsten PV-<br />

Beratungstermin mit Frau A. ausgefüllt.<br />

Nach Informationen über das Gewaltschutzgesetz wird auf Wunsch von Frau A.<br />

noch telefonisch ein Termin mit einer Rechtsanwältin im Verlauf der Woche<br />

vereinbart.<br />

12


Beim zweiten Beratungstermin erscheint Frau A. sehr aufgewühlt. Am Abend<br />

zuvor hat ihr Mann sie vor dem Haus bedrängt und sich Zutritt zur Wohnung<br />

verschafft und hält sich dort mit dem jüngsten Kind auf. Gelegenheit, die<br />

Polizei zu verständigen hatte sie nicht. Daraufhin verständigen wir aus der<br />

Beratung heraus die Polizei, die sich zur Wohnung aufmacht. Das Kind kann<br />

die Tür nicht öffnen, so dass Frau A. und die Beraterin sich zur Wohnung<br />

aufmachen. Der Mann konnte allerdings bis dahin unbemerkt aus der<br />

Wohnung fliehen. Im Verlauf des Tages gelingt es der Polizei, den Mann bei<br />

einem weiteren Versuch in die Wohnung zu gelangen, abzupassen und in<br />

Gewahrsam zu nehmen.<br />

Im Falle von Frau A. erfolgte eine intensive Beratung und auch Begleitung im<br />

Verlauf der folgenden vier Wochen bis zum Gerichtstermin über ihren<br />

Gewaltschutzantrag.<br />

In dieser Zeit erfolgten viele Termine, oft in Begleitung der Beraterin - Arge,<br />

Rechtsanwältin, Ordnungsamt, ASD, LRA, Diakonie - um ein Netz an<br />

Unterstützung aufzubauen und ganz existenziell eine finanzielle<br />

Grundsicherung zu ermöglichen und langfristig eine Schuldenregulierung<br />

anzugehen - ein wichtiger Bereich um ein eigenständiges Leben aufzubauen.<br />

Die Traumatisierung und die damit verbundene Erschöpfung von Frau A., ein<br />

fehlendes persönliches soziales Netz, der enorme Kraftaufwand, all dies mit<br />

drei kleinen Kindern, die in dieser Zeit abwechselnd krank wurden, zu<br />

bewältigen, machten in diesem Fall diese intensive Beratung notwendig, um<br />

Unterstützung und Entlastung anzubieten. Der kulturelle Druck, das Gefühl,<br />

eine "schlechte" Frau zu sein, wenn sie eine Trennung vom Mann durchsetzt,<br />

sind immer wieder Thema in den Beratungsgesprächen.<br />

Dass Frauen Schritt für Schritt die neue Lebenssituation bewältigen, (wieder)<br />

eigene Entscheidungen treffen, dabei eigene Stärke erleben, ebenso ein Netz<br />

an Unterstützerinnen erfahren, ist Ziel unserer Beratung bei Platzverweis,<br />

sollte eine Frau den Schritt aus einer gewalttätigen Beziehung wagen.<br />

Die beteiligten Institutionen äußerten sich sehr positiv darüber, dass für den<br />

Aufbau eines Unterstützungsnetzes die PV-Beraterin als zentrale<br />

Ansprechperson in dieser Anfangszeit zur Verfügung stand und dies solange,<br />

bis dieses Netz unabhängig von der PV-Beratung funktionieren konnte und<br />

auch von Frau A. angenommen wurde.<br />

Bei all diesen Stellen die persönliche Notlage ,öffentlich' zu machen, bedeutete<br />

für sie und für viele andere Frauen oft eine große Hürde.<br />

Dieses Fallbeispiel dokumentiert eine Beratungssituation mit sehr intensivem<br />

Beratungsbedarf bis hin zu einer umfassenden Begleitung in der Anfangszeit.<br />

Im vergangenen Jahr zeigten zwei von 1o Fällen die Notwendigkeit einer solch<br />

intensiven Unterstützung. In den allermeisten Fällen ist der Bedarf an<br />

Beratung deutlich begrenzter.<br />

13


7. Statistik 2009<br />

7.1. Belegung des <strong>Frauenhaus</strong>es<br />

Aufgenommene Frauen<br />

Anzahl<br />

Aufgenommene Kinder<br />

Anzahl<br />

Herkunft der Frauen %<br />

Stadt <strong>Kirchheim</strong> 1 3,0<br />

Kreis Esslingen 10 30,3<br />

Baden-Württemberg 17 51,5<br />

andere Bundesländer 5 15,2<br />

Belegtage Gesamt: 3.068 70 %<br />

Frauen 1.512<br />

Kinder 1.556<br />

7.2. Präventive Beratung<br />

Präventive Beratung Anzahl: 208<br />

telefonische Anfragen bzgl. Aufnahme 96<br />

telefonische Beratungsgespräche 90<br />

persönliche Beratungsgespräche 22<br />

Herkunft der Frauen, die die Beratung in Anspruch nahmen:<br />

Süssen, Stuttgart, Dettingen/Erms, Nabern, Schorndorf, Owen, Nürtingen, Gelsenkirchen,<br />

Reichenbach, Dettingen/<strong>Teck</strong>, Holzgerlingen, Esslingen, <strong>Kirchheim</strong>, Beuren, Ötlingen, Hanau,<br />

Bissingen, Plochingen, Bremen, Gutenberg, Köngen, Wolfschlugen, Hochdorf, Lenningen,<br />

Wendlingen, Aichtal, Göppingen, Ludwigsburg, Bietigheim, Notzingen, Salach, Unterensingen,<br />

Neckartenzlingen, Weilheim, Schlierbach, Tübingen, Berlin, Neckarsulm, Ostfildern, Leinfelden-<br />

Echterdingen, Ellwangen<br />

7.3. Ablehnungen<br />

Herkunft der Frauen Abgelehnte Frauen<br />

Anzahl 41<br />

%<br />

Stadt <strong>Kirchheim</strong> 2 4,9<br />

Landkreis Esslingen 14 34,2<br />

Baden Württemberg 16 39,0<br />

andere Bundesländer 8 19,5<br />

unbekannt 1 2,4<br />

Gründe für Ablehnung<br />

der Frauen<br />

Frauen: 41<br />

%<br />

voll belegt 25 61,0<br />

Voraussetzungen nicht<br />

gegeben<br />

6 14,6<br />

Sicherheit nicht gewährleistet 3 7,3<br />

Andere Gründe 7 17,1<br />

14<br />

33<br />

42


7.4. Angaben zu den Frauen im <strong>Frauenhaus</strong><br />

Alter Anzahl 33 %<br />

21 - 30 17 51,5<br />

31 - 40 10 30,3<br />

41 - 50 5 15,2<br />

51 - 70 1 3,0<br />

Ausgeübter Beruf während des<br />

FH Aufenthaltes<br />

Anzahl 33 %<br />

Hausfrau/Erziehungsurlaub 20 60,6<br />

Angestellte/Arbeiterin 7 21,2<br />

arbeitslos 3 9,1<br />

Rentnerin 3 9,1<br />

Frauen mit Kindern im FH Anzahl 33 %<br />

kein Kind 10 30,3<br />

ein Kind 11 33,3<br />

zwei Kinder 7 21,2<br />

drei Kinder 4 12,2<br />

fünf Kinder 1 3,0<br />

Nationalität Anzahl 33 %<br />

Deutschland 16 48,5<br />

Kosovo 4 12,1<br />

Italien 2 6,2<br />

Türkei 2 6,2<br />

Russland 1 3,0<br />

Spanien 1 3,0<br />

Tschechien 1 3,0<br />

Kolumbien 1 3,0<br />

England 1 3,0<br />

Sri Lanka 1 3,0<br />

Iran 1 3,0<br />

Bosnien 1 3,0<br />

Serbien 1 3,0<br />

Verständigung auf deutsch Migrantinnen 17 %<br />

möglich 12 70,6<br />

zum Teil möglich 3 17,6<br />

mit Dolmetscherin 2 11,8<br />

Beziehung zum Misshandler Anzahl 33 %<br />

Ehemann 25 75,8<br />

Partner 7 21,2<br />

Ex-Ehemann 1 3,0<br />

Gewaltformen(Mehrfachnennung) Anzahl %<br />

psychische Gewalt 30 90,9<br />

körperliche Gewalt 27 81,8<br />

andere (soziale, ökonomische....) 18 54,5<br />

sexuelle Gewalt 7 21,2<br />

15


Vermittlung ins <strong>Frauenhaus</strong> durch Anzahl 33 %<br />

andere Beratungsstellen<br />

oder soziale Einrichtungen<br />

8 24,3<br />

Ämter/Behörden 7 21,2<br />

Eigeninitiative 5 15,2<br />

Freunde oder Angehörige 4 12,1<br />

Polizei 4 12,1<br />

unbekannt 4 12,1<br />

Arzt 1 3,0<br />

Dauer des Aufenthaltes Anzahl 33 %<br />

bis zu 14 Tagen 14 42,4<br />

bis zu 6 Wochen 6 18,2<br />

bis zu 3 Monaten 2 6,1<br />

bis zu 6 Monaten 4 12,1<br />

6 bis 9 Monate 2 6,1<br />

noch im Haus 5 15,1<br />

Wiederholter Aufenthalt im <strong>Frauenhaus</strong> Anzahl<br />

zum zweiten Mal 8<br />

zum dritten Mal 1<br />

Finanzielle Situation vor Aufenthalt<br />

im <strong>Frauenhaus</strong>(Mehrfachnennungen)<br />

Anzahl %<br />

Familieneinkommen 11 33,3<br />

eigenes Einkommen 10 30,3<br />

Arbeitslosengeld II 7 21,2<br />

Elterngeld 3 9,1<br />

EU-Rente 2 6,1<br />

unbekannt 2 6,1<br />

Kriegsopferfürsorge 1 3,0<br />

Rente 1 3,0<br />

Finanzielle Situation während des<br />

Aufenthaltes im <strong>Frauenhaus</strong><br />

(Mehrfachnennungen)<br />

Anzahl %<br />

Arbeitslosengeld II 16 48,5<br />

eigenes Einkommen 10 30,3<br />

Familieneinkommen 4 12,1<br />

Elterngeld 3 9,1<br />

EU-Rente 2 6,1<br />

Rente 1 3,0<br />

Kriegsopferfürsorge 1 3,0<br />

unbekannt 1 3,0<br />

Aufenthalt nach <strong>Frauenhaus</strong> Anzahl 33 %<br />

eigene Wohnung 7 21,2<br />

eheliche Wohnung ohne Partner 4 12,1<br />

zum Ehemann/Partner zurück 8 24,2<br />

andere Einrichtung/<strong>Frauenhaus</strong> 4 12,1<br />

Freunde/Bekannte/Familien 5 15,2<br />

noch im <strong>Frauenhaus</strong> 5 15,2<br />

16


7.5. Angaben zu den Kindern im <strong>Frauenhaus</strong><br />

Alter Anzahl 42 %<br />

0 – 1 Jahr 8 19,0<br />

2 – 3 Jahre 11 26,2<br />

4 – 6 Jahre 7 16,7<br />

7 – 10 Jahre 10 23,8<br />

11 Jahre und älter 6 14,3<br />

Nationalitäten Anzahl 42 %<br />

Deutschland 30 71,4<br />

Kosovo 9 21,4<br />

Mazedonien 2 4,8<br />

Kolumbien 1 2,4<br />

Geschlecht Anzahl 42 %<br />

weiblich 25 59,5<br />

männlich 17 40,5<br />

Haben die Kinder die Misshandlungen Anzahl 42<br />

der Mutter miterlebt?<br />

%<br />

ja 37 88,1<br />

nein/unbekannt 5 11,9<br />

Sind die Kinder selbst körperlich<br />

misshandelt worden?<br />

Anzahl 42 %<br />

ja 21 50,0<br />

nein/unbekannt 21 50,0<br />

7.6. Nachgehende Beratung<br />

Kontakte Anzahl<br />

telefonisch 42<br />

persönlich 33<br />

mail 2<br />

17


8. Unterstützung – Jede Hilfe zählt!<br />

Wir leben in einer Zeit, in der sich die soziale und familiäre Not vergrößert und<br />

die Gelder für entsprechende Leistungen ständig gekürzt werden. So ist auch<br />

die Finanzierung des <strong>Frauenhaus</strong>es umstrukturiert worden.<br />

Mit Ihrer Spende helfen Sie, das Bestehen des <strong>Frauenhaus</strong>es zu sichern und<br />

den betroffenen Frauen und ihren Kindern einen vorübergehend sicheren Platz<br />

zu gewährleisten.<br />

Spendenkonten:<br />

Kreissparkasse <strong>Kirchheim</strong>, Kto. 103 022 86, BLZ 611 500 20<br />

Volksbank <strong>Kirchheim</strong>, Kto. 458 000 06, BLZ 612 901 20<br />

DANKESCHÖN........<br />

an die Spenderinnen und Spender, die uns im Jahr 2009 <strong>unter</strong>stützt haben.<br />

Besonderer Dank für Ihre grüßzugige Spende geht an den Inner-Wheel-Club<br />

Hilfe Verein Neckar-Fils, an die Firma Leki, <strong>Kirchheim</strong>, an die Firma Birk,<br />

Nürtingen und an den Katholischen Frauenbund Wendlingen.<br />

Finde die Momente in deinem Leben,<br />

wo du atmen kannst.<br />

Nimm dir die Zeit für dich,<br />

sieh dich um!<br />

Das Leben atmet mit dir.<br />

Und es ist schön so!<br />

A.G. Adiarte<br />

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