Heilung – Wunsch oder Wirklichkeit? - Grüner Kreis
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| grünerkreiserfolg in der suchttherapie<br />
heilung von der sucht:<br />
<strong>Wunsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Wirklichkeit</strong>?<br />
Was bedeutet erfolg in der suchttherapie?<br />
Diese hier zu diskutierenden Fragenkomplexe<br />
sind ein deutlicher Hinweis auf die nach wie<br />
vor erheblichen Kontroversen über sinnvolle<br />
und erreichbare Therapieziele bei Abhängigkeitserkrankungen.<br />
Für die Tatsache, dass auf<br />
diesem Gebiet trotz zahlreicher Fortschritte<br />
in Forschung und Therapiegestaltung immer<br />
noch Uneinigkeit besteht, sind einige hier anzusprechende<br />
Missverständnisse und Defizite<br />
in der Bewertung der Suchtarbeit verantwortlich,<br />
nämlich:<br />
<strong>–</strong> Die Unterschiedlichkeit einzelner Abhängigkeitsverläufe<br />
mit ganz differenzierten<br />
Möglichkeiten und Optionen für gute therapeutische<br />
Resultate<br />
<strong>–</strong> Der beträchtliche Mangel an kontrollierten<br />
Langzeitstudien bzw. auch Metaanalysen<br />
von Therapiestudien bei den einzelnen<br />
Abhängigkeitstypen<br />
<strong>–</strong> Der weitgehend nach wie vor bestehende<br />
Denkfehler, Therapieergebnisse über die<br />
gesamte Lebensdauer der Behandelten einschätzen<br />
zu wollen<br />
<strong>–</strong> Eine auf dem suchttherapeutischen Bereich<br />
scheinbar unausrottbare, grundsätzlich<br />
skeptische bzw. nihilistische Einstellung,<br />
die ihrerseits auch zu den vorangegangenen<br />
Aspekten nach wie vor erheblich beiträgt<br />
<strong>–</strong> Ein weiterer Grund für die Unschärfe der<br />
vorhandenen Befunde liegt in der nach wie<br />
vor gegebenen kategorialen Sichtweise, die<br />
8 sommer 2010<br />
nicht berücksichtigt, dass unter den Kategorien<br />
z.B. Alkoholismus <strong>oder</strong> Drogenabhängigkeit<br />
ganz verschiedene individuelle<br />
Verlaufsaspekte, somit auch oft unvergleichbare<br />
Therapieziele vorhanden sind.<br />
<strong>–</strong> Dies gilt im ganz besonderen Ausmaß auch<br />
für die häufig gegebenen Komorbiditäten<br />
von Abhängigkeitsprozessen untereinander<br />
bzw. ihrer Koinzidenz mit affektiven Störungen<br />
und anderen psychischen Erkrankungen,<br />
die naturgemäß ebenfalls großen<br />
Einfluss auf die jeweils anzustrebenden<br />
therapeutischen Zielbereiche haben.<br />
Aus all diesen Gründen wird anstelle der Bewertung<br />
vorliegender Therapiestudien der<br />
Fokus kritisch auf die derzeit in Diskussion<br />
stehenden Therapieziele ausgerichtet:<br />
Trotz gelegentlich heftiger Kritik steht für die<br />
Therapie von substanzgebundenen Abhängigkeiten<br />
nach wie vor das Ziel der Suchtmittelabstinenz<br />
an erster Stelle der Diskussionen. Eine<br />
Untermauerung der Abstinenzziele findet sich<br />
einerseits in den aktuellen neurobiologischen<br />
Erkenntnissen, nach denen ein bereits süchtig<br />
umprogrammiertes Belohnungssystem ganz<br />
offensichtlich bei nachfolgendem Suchtmittelkonsum<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
den/die Betroffene/n wieder in den <strong>Kreis</strong>lauf<br />
süchtigen Verhaltens zurückbringt. Analog<br />
dazu stehen die therapeutischen Erfahrungen<br />
mit Rückfallsepisoden Substanzabhängiger<br />
sowie die überwiegend negativen Ergebnisse<br />
von Therapiekonzepten, die speziell beim Alkoholismus<br />
einen „kontrollierten Umgang“ mit<br />
dem Suchtmittel anstreben. Bei einer Gruppe<br />
von Substanzabhängigen mit massivsten Abhängigkeitsprozessen<br />
und ungünstigen Umgebungsfaktoren<br />
erscheint aus langjähriger<br />
therapeutischer Erfahrung eine Substanzmittelabstinenz<br />
als unrealistisches Ziel.<br />
Weitere Einschränkungen könnten sich bei<br />
Niedrigdosisabhängigkeit, aber auch bei noch<br />
nicht komplett gebildeten Abhängigkeitsprozessen,<br />
z.B. bei jugendlichen exzessiven<br />
KonsumentInnen, ergeben. Hier muss betont<br />
werden, dass bei unterschiedlichen Kollektiven<br />
von Abhängigen auch unterschiedliche<br />
Abhängigkeitskriterien berücksichtigt<br />
werden müssen.<br />
Ein ganz wesentliches Kriterium für die<br />
Zielsetzung eines abstinenzorientierten<br />
Therapieprogramms besteht zweifellos in<br />
der Bereitstellung ausreichender therapeutischer<br />
Ressourcen. Wenn man, wie in vielen<br />
Ländern, Substanzabhängigen lediglich<br />
ein kosmetisches Entzugsprogramm ohne<br />
weitere Nachbetreuung anbietet, ist die Erwartung<br />
einer Abstinenz tatsächlich unrealistisch.<br />
Hier liegt aber der Fehler nicht bei<br />
den Abhängigen selbst, sondern vielmehr an<br />
forTsETZunG auf sEiTE 9<br />
sonderkrankenhaus<br />
De La Tour der<br />
Diakonie Kärnten<br />
foto: © m. Zore