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Romina Nikolić: Unterholz (Leseprobe)

Romina Nikolić erzählt in so weitschwingenden wie fein ziselierten Versen von Verwurzelung der Menschen mit einer Landschaft, vom sprichwörtlichen »Unterholz« ihrer Herkunft aus dem südlichsten Zipfel Thüringens. Die Autorin, die heute in Jena lebt und u. a. eine Reihe Projekte auf der Literaturburg Ranis koordiniert, fügt dabei scheinbar schwer Vereinbares wie den urigen Sound des Thüringer Walds mit dem von Popsongs, das Märchenhafte wie auch Entwaffnende im Blick auf den Ursprung mit der Ästhetik von Videoclips in eins. Einfühlung und Aufbegehren finden sich in dieser Kunst, gepaart mit Witz und Abgründigkeit.

Romina Nikolić erzählt in so weitschwingenden wie fein ziselierten Versen von Verwurzelung der Menschen mit einer Landschaft, vom sprichwörtlichen »Unterholz« ihrer Herkunft aus dem südlichsten Zipfel Thüringens. Die Autorin, die heute in Jena lebt und u. a. eine Reihe Projekte auf der Literaturburg Ranis koordiniert, fügt dabei scheinbar schwer Vereinbares wie den urigen Sound des Thüringer Walds mit dem von Popsongs, das Märchenhafte wie auch Entwaffnende im Blick auf den Ursprung mit der Ästhetik von Videoclips in eins. Einfühlung und Aufbegehren finden sich in dieser Kunst, gepaart mit Witz und Abgründigkeit.

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My shadow’s shedding skin<br />

I’ve been picking scabs again<br />

I’m down, digging through<br />

My old muscles looking for a clue<br />

Tool, Forty Six & 2<br />

– es ist ja nicht ungewöhnlich, dass die Erinnerung hinkt.<br />

Aber von wegen hinken! Als ob sie es nötig hätte, mit irgendwem<br />

schrittzuhalten. Sie holt einen doch wieder ein, indem sie ihre<br />

Sporen weit in die Gegenwart streut.<br />

Anna Baar, Nil<br />

4


Für Opa Julius,<br />

für allwissende Katzen auf Fensterbänken,<br />

für den Heiligen Geist im Fellkleid der Fledermäuse<br />

5


Aus dem Nebel<br />

komm ich noch einmal zurück, vorbei<br />

an Tieren, die im Morgengrauen liegen,<br />

die Rücken in den Schlaf gekrümmt,<br />

feuchte Gräser zu meinen Füßen, weiche Erde,<br />

Wege, die ins Ungewisse gehen, vor Augen nur<br />

die Hand im Winterfell, an Wirbeln entlang, ein Vortasten<br />

die Hügel hinab, in Täler, Senken,<br />

den Rinnsalen nach, ein Vortasten auf freie Felder hin:<br />

Für dich wag ich mich hinaus.<br />

Für dich such ich die weißen Scherben winziger Köpfe,<br />

Arme und Beine aus Porzellan auf den Feldern,<br />

verstreute Geschöpfe, die einst aufgereiht in<br />

Wohnstuben saßen.<br />

Für dich taste ich mich vor<br />

durch Ackerfurchen, barfuß<br />

stand die Pfarrersfrau hier eines Morgens, reglos,<br />

verloren, im Nachthemd, im Schlaf war sie entkommen.<br />

Kannst du sie sehen? Steht sie dort bei mir?<br />

Ein Rehkitz zwischen kalten Schollen, ein Schuss,<br />

der durch die Dämmerung hallt,<br />

Wild, das aufspringt, Flügelschlagen,<br />

gespannte Stille.<br />

Einen Schritt dann vor den anderen, langsam,<br />

ein Vortasten in dunkle Ställe: dumpfes Hufeschlagen,<br />

Rumoren, Geruch von Frühgeburten und dampfende Leiber,<br />

das Kindspech der Kälber, in meinem Hals ein Hasenherz,<br />

noch immer. Glaubst du mir? Kannst du es fühlen?<br />

Für dich trete ich heraus auf nackten Füßen,<br />

Blut bis zu den Ellenbogen, es geht nie<br />

ohne Schmerz, ich erinnere mich,<br />

tastend an schiefrigen Hauswänden lang,<br />

8


tastend über Splitter zerschlagener Scheiben,<br />

über brüchige Schilder bei den Türen,<br />

die Namen fremd unter meinen wunden Fingern,<br />

die Ketten der Hunde Glied für Glied durch meine Hände,<br />

die Tiere winseln leis in ihren Hütten.<br />

Ich zeig dir den Mann, auf einer Schwelle sitzend,<br />

ein Gespenst, vorm Haus hat er leise geweint,<br />

habe ich ihm den schweren Kopf gehalten<br />

vor langer Zeit, Blut von seinen Schläfen geküsst,<br />

man sieht noch den Kampf, der ihm in den Knochen steckt,<br />

Wirbel für Wirbel, unendliche Strecken,<br />

Märsche, unsagbare Schrecken,<br />

die goldenen Zähne sowjetischer Mädchen<br />

in Hosentaschen, Sägespäne<br />

zum Abendbrot, sah ich den Hunger,<br />

die Rippenbögen magerer Rappen,<br />

glaubst du mir?<br />

Auf den Fleischbänken die krummen Klauen<br />

aufgebrochener Tauben,<br />

knorrige Zweige, Würger und ihre grausige<br />

Liebe, Nager, Knochen, winzige Schädel,<br />

ein Vortasten über Kerben im Holz, die winzigen Kiefer<br />

kleinster Säuger im Gewöll unter vorspringenden Dächern,<br />

Gespinste, Weberknechte und Flechten unter den Fingerspitzen,<br />

für dich fahr ich die Narben nach, such Worte und Namen<br />

für unsagbare Dinge.<br />

Ganz still und stumm, die lichtblonden Kinder, schau hin.<br />

Zerschlissenes Schuhwerk, vergessen an Haltestellen, Ikarus,<br />

morgens, Atemkristalle, Frost, der sich in den Tälern hält,<br />

ein Tasten über Raureif an Geländern<br />

zu den Brunnen, zu den Flüssen.<br />

Siehst du mich, blutend über dem Rinnstein<br />

9


eim Weg hin zum Wasser?<br />

Meinen Rock gerafft in den Fäusten,<br />

Forellen in den seichten Strömen.<br />

Siehst du die Männer mit Ruten und Masken,<br />

beschämt an mir vorübergehen?<br />

Die Scheuchen am Rand der Felder,<br />

Nebelkrähen?<br />

Siehst du die traurigen Hunde?<br />

Finken zwischen ihren Lefzen?<br />

Singvögel in dreckigen Näpfen,<br />

Ahnungen, Omen, die Federkränze<br />

in den Kissen, fiebrige Kinder,<br />

sie alle, sie alle<br />

mussten schließlich dran glauben,<br />

ich erinner mich wie heut.<br />

Still liegt mein Dorf.<br />

Und ist es das noch?<br />

Ist jemals etwas wirklich mein?<br />

Wenn der Nebel es einmal eingehüllt hat?<br />

Jeder Weg im Ungewissen liegt?<br />

Erinnere ich mich wirklich?<br />

Eine feuchte Wiese?<br />

Ein weiches Stück Erde?<br />

Kopflose Kälber?<br />

Die offenen Fenster leerer Häuser,<br />

die Laken, in denen der Tod sich verfängt<br />

und neben mir schläft, die Nachthemden an Leinen,<br />

Warnungen im Wind?<br />

Mit dir komm ich noch einmal zurück,<br />

Mottenstaub und morsche Zäune, Nebelbänke<br />

und flüchtende Tiere, ein Vortasten hin zur einzigen Lehre:<br />

Dass man berühren, aber niemals etwas halten kann.<br />

10


Mit dir wag ich den Aufstieg<br />

zurück bis zum Tannicht,<br />

zum Waldrand, den Wolken,<br />

die mit uns aus den Wipfeln wehen.<br />

***<br />

Aus dem <strong>Unterholz</strong> ein Knacken, Augenpaare<br />

im Astwerk und Großvater nahm mich bei der Hand.<br />

Kaspar stürzte aus einer Buchenkrone,<br />

das letzte, rot leuchtende Laub, die Katze<br />

biss ein Junges tot, ein Schattenband<br />

zog über die Hänge, eine Saite<br />

wurde überspannt, riss, peitschte<br />

unkontrolliert ins Fleisch,<br />

Großvater nahm mich bei der Hand,<br />

geah nänn haa.<br />

Die Mütterchen sprachen vom Töten,<br />

von der Schuld, die wir auf uns laden,<br />

von den Gespenstern,<br />

die über uns kommen im Schlaf.<br />

Aus ihren Apfelfluren wollte ich endlich<br />

in den Winter treten, immer auf der Hut bleiben,<br />

die letzten guten Worte am Wegrand verstreuen,<br />

der Wildnis entgegengehen,<br />

ins Weiß, aus dem die schwarzen<br />

Stämme ragten.<br />

Die Mütterchen sangen vom Verlorengehen.<br />

11


Großvater reichte mir einen warmen Handschuh,<br />

in seiner Hosentasche das Kätzchen<br />

in ein Tuch geschlagen, mühselig<br />

hackte er ein Loch in den kalten Boden.<br />

Die Mütterchen sprachen von frostigen Blättern,<br />

die sich auffächern an den Scheiben,<br />

Lektionen von Zartheit, Verlust,<br />

von Gänsefett, von Federkränzen in den Kissen,<br />

Vorahnungen und Omen.<br />

Kaspar malte mir Blumen ans Fenster,<br />

Versprechen für den Frühling,<br />

drei Haselnüsse ließ er mir da.<br />

Ich träumte von klirrenden Tagen,<br />

allein, von scheuen Tieren,<br />

die ums Futterhaus schlichen,<br />

von Flößern, die an eisigen Ufern fluchten,<br />

von klaren Nächten und<br />

dem stechenden Funkeln der Wintersterne,<br />

ich träumte vom Verschwinden im Weiß,<br />

erwachte im Dunkeln.<br />

Es war noch Winter, jeder Tag<br />

ein unbeschriebenes Blatt<br />

zu meinen Füßen, Schnee,<br />

am Weg zur Schule<br />

dünnes Eis,<br />

ein Horttag und ich<br />

in der Ecke, wieder<br />

das Gesicht zur Wand, im Wald,<br />

den Spuren nach,<br />

hatten sie mich schließlich entdeckt,<br />

nun musste ich stehen,<br />

und Kaspar trat neben mich.<br />

12


Stehen.<br />

Das Spiel war aus, also:<br />

Stehen, stehen!<br />

Die Topographie der Tapete längst vertraut:<br />

Die Stockfleckseen der Schande,<br />

Zweckenkrater zynischen Tadels,<br />

getünchte Raufaserhügel willkürlicher Rache.<br />

Der Schnee aus dem Profil der Stiefel schmolz,<br />

die Lachen verliefen ineinander,<br />

nebeneinander waren wir<br />

eingeschworen,<br />

Kaspar, und ich<br />

musste schreiben:<br />

Ich darf nicht allein in den Wald,<br />

ich darf nicht allein in den Wald, ich darf nicht −<br />

Die Mütterchen sangen das Lied vom Ende des Spiels,<br />

von Rauch, der aus den Schloten in dünnen<br />

Schwaden in den Himmel zog.<br />

Die Spuren verwischen, flüsterte Kaspar.<br />

Großvater nahm mich bei der Hand,<br />

auf dem Heimweg durchs Dorf,<br />

sanft grollender Unmut<br />

hinter Spitzenvorhängen,<br />

die Katzen sahen alles.<br />

Ich lernte still zu stehen, den Schnee<br />

um mich fallen zu lassen, die Spuren<br />

verschwanden im Gestöber, leicht<br />

würde ich es ihnen nie mehr machen,<br />

nichts unversucht lassen.<br />

13


Kaspar flüsterte,<br />

dass wir fliegen könnten,<br />

uns verwandeln müssten,<br />

dass uns so niemand finden würde,<br />

dass wir nur hoch genug klettern sollten,<br />

höher, winzig und leicht wie Zeisige,<br />

höher, bis in die dünnsten Zweige.<br />

Die Mütterchen sprachen von Katzenträumen,<br />

von wirren Verrenkungen und Wahn,<br />

von Tagen, an denen nichts mehr hilft,<br />

von offenen Wunden, Urteilssprüchen.<br />

Es war noch Winter.<br />

Kaspar kniete neben mir<br />

im kahlen Knallerbsenstrauch, die Erde unter uns<br />

war gefroren, wir waren knapp entkommen,<br />

versuchten, den Atem<br />

flach zu halten, bereit,<br />

die Schneedecke über unsere Köpfe zu ziehen,<br />

bereit für etliche Wochen Schlaf.<br />

*<br />

In der Erinnerung war der Blick<br />

ins Blau von Zweigen verstellt,<br />

an der Borke kroch eine Ameise empor,<br />

ein Kind mit Kernen im Bauch<br />

war hier begraben worden.<br />

Kaspar saß in der Buchenkrone<br />

und spuckte Steine ins Gras,<br />

im Zeitraffer sprossen die Keime,<br />

durchstießen die Wurzeln das Erdreich,<br />

14


verzweigten sich, verwuchsen mit anderen, wuchsen,<br />

sprachen – geah nänn haa.<br />

Großvater nahm mich bei der Hand.<br />

Als ich ein Kind war<br />

fiel mir ein Rehkitz aus der Tasche, einmal<br />

brach ein Mädchen durch den Deckel einer Jauchegrube<br />

(die Mütterchen riefen vergeblich in das Loch hinunter),<br />

einmal ging einer ganz verloren, war einfach verschwunden,<br />

verschluckt, und als ich endlich vergessen wurde im Wald<br />

war der Frühling gerade vorbei, die kalten Wiesen schon weich,<br />

und die Sekretärin stand auf vom Mittagstisch,<br />

ein Riss in ihren beigefarbenen Strümpfen,<br />

Großmutter fiel aus allen Wolken.<br />

Aus den nassen Wäldern stieg Dunst, die Utopie<br />

vom Wandern durch eine leere Welt,<br />

vom Gehen mit nichts als Gehen im Sinn.<br />

Die Mütterchen sprachen von Regen,<br />

von Blut, das in die Flüsse rinnt,<br />

von nachlässigen Lehrern, Kreidestaub,<br />

den das Wasser aus den Asphaltadern spült,<br />

kapillare Spuren, Himmel und Hölle,<br />

beschworen die Lehrer in Zungen:<br />

Umi Mimi Ma!<br />

Ein Schuss durch den Nebel,<br />

Wild sprang auf, Flucht und Flattern,<br />

und aus der angespannten Stille danach stiegen Gesichter,<br />

Erklärungen: Hier liegt die Lunge,<br />

hier liegt das Herz,<br />

die Leber, die Galle, die Milz,<br />

ein Rehkitz, warm in der Hosentasche.<br />

15


Es war Sommer, und wir zogen<br />

einen Schlitten über den Asphalt,<br />

die Funken sprühten,<br />

Kaspar wog so gut wie nichts.<br />

Als ich noch klein war, dachte ich,<br />

die Dinge bekämen Namen und alles wäre gesagt.<br />

Ich sagte: Das ist der Schnettersberg, das ist ein Baum,<br />

und wusste nichts von Bergen und Bäumen,<br />

außer dass sie da waren,<br />

die Sicht versperrten, ein zackiger Horizont,<br />

hinter dem andere Berge, Bäume, vielleicht −<br />

Ich dachte, die Namen<br />

gäben den Dingen ihr Gewicht.<br />

Dass also ein Kiebitz weniger als ein Buchenblatt wiegt,<br />

eine Ulla eher durch einen Jauchedeckel bricht,<br />

Marie sich zum Schlaf in einen Blütenkelch rollt,<br />

dass die Ehe schwerer lastet als ein Sprung,<br />

dass sich die Liebe auf einen legen kann<br />

wie eine Decke aus Moos<br />

und dass der Hass einen aufspringen lässt<br />

wie ein Wespenstich, der Funke leicht<br />

wie ein Eichkätzchen entwischt.<br />

Kaspar saß in der Buchenkrone<br />

und spuckte Wörter ins Gras:<br />

Milz, Kitz, Tau.<br />

Er hatte sie durchgekaut,<br />

bis der Sinn verlorengegangen war,<br />

nur ein Kern blieb<br />

liegen im Grün, keimte,<br />

durchstieß die Erde, verzweigte sich,<br />

wuchs und wuchs.<br />

16


Bevor ich lernte, was es zu wissen gab<br />

von den Deckschichten der Gebirge,<br />

von den Drusen und Geoden,<br />

von der Tektonik der Schädelplatten winziger Säuger,<br />

von den Faltungen des Schiefers und vom Muttergestein,<br />

das mir den Rücken aufschlitzte beim Sturz aus den Ästen,<br />

lernte ich von schweißnassen Kissen,<br />

und was es zu wissen gab<br />

von Fiebermustern und wirren Träumen,<br />

Umi Mimi Ma!<br />

Am Fuße der Hügel tat sich ein<br />

Sonnenfenster auf überm Gras,<br />

die Tiere wurden unruhig,<br />

Großvater saß auf der Schwelle, rauchte,<br />

geah nänn haa, mei mädla, geah nänn haa.<br />

Die Mütterchen sangen<br />

vom Nebel der Erinnerung,<br />

von brechenden Ästen und Kernen,<br />

die man den Toten in die Münder legt.<br />

Ich lernte schreiben, und alle Wörter<br />

wurden Blütenstaub im Wind.<br />

*<br />

17


mei groaßvatta saß uff senna schwelln,<br />

an jedn dooch, vo früh bis ze oawed<br />

håt ar ned viel g’red,<br />

obwohl ar viel ze dezealn g’håbt hätt.<br />

a dübischa steeboock,<br />

håt die alt imma g’socht,<br />

sitzt nänn doar, söcht kee wurt<br />

un brummelt nänn vür sich hie.<br />

amend is ar g’sturm,<br />

owner g’markt håt ses erscht<br />

a poar dooch speata,<br />

wei’s bier ned o’gnumma håt<br />

in da kammer.<br />

Mein Großvater saß auf seiner Türschwelle,<br />

jeden Tag, von morgens bis abends<br />

hat er nicht viel geredet,<br />

obwohl er viel zu erzählen gehabt hätte.<br />

Ein typischer Steinbock,<br />

hat Oma immer gesagt,<br />

sitzt nur da, sagt kein Wort<br />

und brummelt nur vor sich hin.<br />

Irgendwann ist er gestorben.<br />

Aber gemerkt hat sie es erst<br />

ein paar Tage später,<br />

weil das Bier in der Speisekammer<br />

nicht abgenommen hat.<br />

*<br />

Dass wir alle sterben müssen,<br />

auf dem Schulweg in aller Frühe,<br />

in der Kälte an den Haltestellen,<br />

die Mütterchen im Taggewand,<br />

jede ein, zwei Kinder bei der Hand,<br />

Rotz auf den Anoraks,<br />

die Morgenlieder, Dampf vor den<br />

schmallippigen Mündern,<br />

Tod, Gefahr an jeder Ecke.<br />

Großvater und ich, und<br />

Kaspar stand neben mir, allein,<br />

mit Bildern, Plänen,<br />

wilden Geschichten, die nur für mich<br />

bestimmt waren,<br />

wie das Märchen von einem,<br />

der Tiere in seinen Hosentaschen trug,<br />

bis sie wieder lebendig wurden,<br />

der wusste, auf welchen Blättern man kauen musste,<br />

18


67


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in<br />

der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten<br />

sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.<br />

Die Arbeit an „<strong>Unterholz</strong>“ wurde 2013 durch ein Arbeitsstipendium<br />

des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur gefördert,<br />

wofür sich die Autorin bedankt. Ihr Herzensdank gilt außerdem allen, die<br />

die Entstehung des Bandes mit Rat, Geduld und Liebe begleitet haben.<br />

© 2023 by Wartburg Verlag GmbH, Weimar<br />

Printed in Germany<br />

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.<br />

Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne<br />

Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für<br />

Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung<br />

und Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />

Das Buch wurde auf alterungsbeständigem Papier gedruckt.<br />

Gesamtgestaltung: Felix Wilhelm, Dresden<br />

Druck und Binden: BELTZ Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza<br />

ISBN 978-3-86160-588-1<br />

www.wartburgverlag.net

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