Moulagen - Ethik und Geschichte der Medizin
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<strong>Moulagen</strong> in <strong>der</strong> <strong>Medizin</strong><br />
Wenn die Haut erkrankt, wird Leid für alle<br />
sichtbar. Manch einer erschrickt vor dem<br />
nüchternen Abbild von Krankheit, das Wachsfertiger,<br />
„Mouleure“, im 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
anfertigten. Ihr Ziel war es, Form, Farbe <strong>und</strong><br />
Beschaffenheit eines erkrankten Körperteils so<br />
naturgetreu wie möglich wie<strong>der</strong>zugeben.<br />
Ihre <strong>Moulagen</strong> – abgeleitet vom französischen<br />
„mouler“: abformen – sind detailgetreue<br />
Wachsabformungen krankhaft verän<strong>der</strong>ter<br />
Körperregionen <strong>und</strong> Hautpartien.<br />
Klinische Fächer wie die Chirurgie sowie<br />
insbeson<strong>der</strong>e die Dermatologie <strong>und</strong> Venero-<br />
logie nutzten die Vorteile <strong>der</strong> Wachsabbildungen.<br />
<strong>Moulagen</strong> konnten die Krankheitsbef<strong>und</strong>e<br />
plastisch dokumentieren <strong>und</strong> so zu Lehr-,<br />
Demonstrations- <strong>und</strong> Sammlungszwecken dienen.<br />
Erst in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
verdrängte die Fotografie die <strong>Moulagen</strong> aus <strong>der</strong><br />
Lehre.<br />
Heute haben <strong>Moulagen</strong> eine beträchtliche<br />
medizin- <strong>und</strong> kulturgeschichtliche Bedeutung.<br />
Sie stellen einzigartige Objekte zur Verbildlichung<br />
von Krankheit sowie zur Vergegenständlichung<br />
des Krankheitsgeschehens am Patienten<br />
dar.<br />
Detailgetreu modelliert <strong>und</strong> realistisch eingefärbt,<br />
vermitteln die dreidimensionalen Nachbildungen<br />
einen unvergleichlichen Eindruck von<br />
historischen wie auch aktuellen Krankheitsbil<strong>der</strong>n.<br />
Die Göttinger <strong>Moulagen</strong>sammlung geht auf den<br />
Göttinger Ordinarius <strong>und</strong> Leiter <strong>der</strong> 1917<br />
gegründeten Hautklinik, Erhard Riecke, zurück.<br />
Viele <strong>Moulagen</strong> stammen von international bekannten<br />
Mouleuren (Lotte Volger, Zürich;<br />
Alfons Kröner, Breslau; Fritz Kolbow,<br />
R. Henning, Wien). 1993 wurde die Sammlung<br />
<strong>der</strong> Abt. <strong>Ethik</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Medizin</strong> <strong>der</strong><br />
Universitätsmedizin Göttingen übergeben.<br />
2007 wurden die Göttinger <strong>Moulagen</strong> in<br />
<strong>der</strong> Ausstellung „Wachs Bild Körper“ im<br />
Städtischen Museum Göttingen präsentiert.<br />
Die Ausstellung, ein Kooperationsprojekt <strong>der</strong><br />
Abteilung <strong>Ethik</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Medizin</strong>,<br />
<strong>der</strong> Abteilung Dermatologie, Venerologie<br />
<strong>und</strong> Allergologie <strong>und</strong> des Städtischen<br />
Museums Göttingen fand ein b<strong>und</strong>esweites<br />
Interesse <strong>der</strong> Fachwelt. Seit 2011 sind die<br />
<strong>Moulagen</strong> in einer neu konzipierten Dauer-<br />
ausstellung in <strong>der</strong> Abteilung <strong>Ethik</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Medizin</strong> zu sehen.<br />
Die Ausstellung lenkt die Aufmerksamkeit des<br />
Besuchers auf den historischen Patienten hinter<br />
den Wachsabbildungen <strong>und</strong> seine Behandlung<br />
innerhalb eines orts- <strong>und</strong> zeitspezifisch<br />
geprägten medikalen Umfeldes. Zusätzliche<br />
Exponate <strong>und</strong> Texte thematisieren die Haut als<br />
Hülle des Menschen. Sie zeigen ihre<br />
Bedeutung für die Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung.