Jahresbericht 2007 - FGE - RWTH Aachen University
Jahresbericht 2007 - FGE - RWTH Aachen University
Jahresbericht 2007 - FGE - RWTH Aachen University
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Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />
<strong>FGE</strong> Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e. V.<br />
J ahresbericht <strong>2007</strong><br />
Annual Report <strong>2007</strong><br />
AACHEN, JUNI <strong>2007</strong><br />
Schinkelstr. 6, D-52056 <strong>Aachen</strong><br />
Telefon +49 241 80-97652<br />
Fax +49 241 80-92197<br />
fge@iaew.rwth-aachen.de<br />
www.iaew.rwth-aachen.de
AACHENER BEITRÄGE ZUR ENERGIEVERSORGUNG<br />
Herausgeber: Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich<br />
Redaktion: Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig<br />
C. Radmacher, B.A.<br />
<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2007</strong> des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> in Verbindung mit der<br />
Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e. V.<br />
1. Auflage <strong>Aachen</strong><br />
Klinkenberg Verlag, <strong>2007</strong><br />
(<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 116)<br />
Für die Dokumentation: Optimierung des Ressourceneinsatzes – Bewertung kostenrelevanter Einflussgrößen für Übertragungsnetze<br />
– Fahrplanenergie – Freileitungs-Monitoring – Windenergieanlagen – Druckluftspeicher – Strompreismodelle<br />
– Stochastische Optimierung von Erdgasportfolios – Druckstufenübergreifende Planung von Gasverteilungsnetzen –<br />
Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
ISBN 978-3-934318-78-6<br />
© <strong>2007</strong> Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong>
Liebe Freunde des Instituts, verehrte <strong>FGE</strong>-Mitglieder, meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
Dear friends of the institute, dear <strong>FGE</strong>-members, ladies and gentlemen,<br />
der vorliegende Berichtsband bietet Ihnen einen<br />
Überblick über ausgewählte Forschungsarbeiten am<br />
Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />
(IAEW) der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>. Diese entstehen<br />
– von den DFG-geförderten Projekten abgesehen –<br />
größtenteils in enger Zusammenarbeit mit der Praxis,<br />
insbesondere mit den Mitgliedsunternehmen der<br />
Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong><br />
<strong>Aachen</strong> e.V. (<strong>FGE</strong>), aber auch mit Ministerien und<br />
Regulierungsbehörden im In- und Ausland. Gleichzeitig<br />
bietet der <strong>Jahresbericht</strong> meinen jüngeren Mitarbeitern<br />
die Gelegenheit, schon zu einem frühen Zeitpunkt erste<br />
Ergebnisse ihrer Arbeit, teilweise sogar nur erste<br />
Vorüberlegungen zu ihren Forschungsvorhaben, vorzustellen,<br />
um dazu Ihre Einschätzung und Anregungen<br />
herauszufordern. Zusätzlich enthält der Bericht Informationen<br />
über Personalbestand, Lehrveranstaltungen,<br />
Veröffentlichungen und einzelne herausragende Ereignisse<br />
an meinem Institut.<br />
Im Mai des vergangenen Jahres fand erstmals das <strong>FGE</strong>-<br />
Seminar "Neue Verfahren zur Analyse und Effizienzverbesserung<br />
elektrischer Übertragungsund<br />
Verteilungsnetze" mit fast 100 Teilnehmern aus<br />
der Praxis statt.<br />
Neueste Forschungsergebnisse meines Instituts, über<br />
die in diesem Band kurzgefasst referiert wird, vermitteln<br />
Ihnen die 6 im Berichtszeitraum Juni 2006 bis Juni<br />
<strong>2007</strong> abgeschlossenen Dissertationen von<br />
Boris Blaesig<br />
Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und<br />
Handelsplanung<br />
Thomas Hartmann<br />
Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten<br />
Strommarkt<br />
Gerd Hinüber<br />
Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an<br />
Märkten für Fahrplanenergie und Reserve<br />
Tobias Paulun<br />
Strategische Ausbauplanung für elektrische Netze<br />
unter Unsicherheit<br />
Xiaohu Tao<br />
Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen<br />
Xia Yang Zhao<br />
Stochastische Tageseinsatzoptimierung vernetzter<br />
Wasserkraftwerke mit Hilfe Genetischer Algorithmen<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />
This report offers an overview of selected research<br />
projects at the Institute of Power Systems and<br />
Power Economics (IAEW) of <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
<strong>University</strong> , which - with the exception of the projects<br />
sponsored by DFG - for the most part have been carried<br />
out in close co-operation with the member utilities of<br />
the Energy Research Institute at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong><br />
(<strong>FGE</strong>), but also with ministries and regulatory<br />
authorities in Germany and abroad. At the same time<br />
the yearly report offers an opportunity to my younger<br />
colleagues to present the initial results of their work or<br />
even preliminary considerations to their research<br />
projects at an early point in time and to invite your<br />
critique and comments. Additionally, this report<br />
includes information about the present staff, lectures,<br />
publications and outstanding events at my institute.<br />
In May of last year, a seminar of the Energy Research<br />
Institute (<strong>FGE</strong>) took place for the first time. This seminar<br />
titled "New Processes to analyse and improve the<br />
efficiency of electric transmission and distribution<br />
networks" was attended by almost 100 participants<br />
from industry sectors.<br />
The latest research results of my institute which will be<br />
presented in short form in this report have been<br />
detailed in the following PhD theses which were<br />
completed in the year under review, June 2006 until<br />
June <strong>2007</strong>, by<br />
Boris Blaesig<br />
Risk Management in Generation and Trading Planning<br />
of Electrical Energy<br />
Thomas Hartmann<br />
Valuation of Generating Assets and Contracts in<br />
Deregulated Electricity Markets<br />
Gerd Hinüber<br />
Intraday Optimisation of Power Plant Operation at<br />
Wholesale and Reserve Markets<br />
Tobias Paulun<br />
Strategic Expansion Planning for Electrical Networks<br />
Considering Uncertainties<br />
Xiaohu Tao<br />
Automatic Long-Term Planning of Medium-Voltage<br />
Systems<br />
Xia Yang Zhao<br />
Stochastic Day-Ahead Generation Optimisation of<br />
Interconnected Hydropower Plants by means of Genetic<br />
Algorithm
Besonders gern und stolz berichte ich über Ehrungen,<br />
die meine Mitarbeiter aufgrund hervorragender Studien-und<br />
Forschungsleistungen erfahren haben:<br />
Dipl.-Ing. Bernd Tersteegen<br />
Werner von Siemens Excellence Award<br />
Dipl.-Ing. Simon Krahl und Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />
Otto-Junker Preis der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> für hervorragende<br />
Studienleistungen<br />
Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />
Studienpreis der SEW Eurodrive-Stiftung<br />
Dr.-Ing. Tobias Paulun und Dr.-Ing. Hagen Schmöller<br />
Friedrich-Wilhelm-Preis für herausragende wissenschaftliche<br />
Leistungen<br />
Die Anzahl von mehr als 560 Studienanfängern in der<br />
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik,<br />
darunter 42 Master-Studenten aus dem Ausland und 80<br />
Studenten des Studienganges Technische Informatik,<br />
ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen.<br />
Sehr positiv hat sich der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen<br />
der Fachrichtung Elektrische Energietechnik<br />
weiter entwickelt. Die Zahl der Studienanfänger stieg<br />
auf 120 an.<br />
Nach wie vor stoßen die Lehrveranstaltungen des<br />
IAEW auf großes Interesse. Die Hörerzahl meiner<br />
zweisemestrigen Vorlesung "Elektrische Anlagen", die<br />
nicht zum Pflichtprogramm gehört, stieg wieder auf<br />
über 70 an, und etwa 70 Teilnehmer nehmen in jedem<br />
Semester an unserem BWL-Intensivkurs teil. Auch die<br />
semesterbegleitende "Projektarbeit" mit Themenwahl<br />
aus den Gebieten Netzbetrieb, Netzplanung und<br />
Kraftwerksbewertung war mit 27 Teilnehmern im<br />
Berichtsjahr wieder sehr erfolgreich. Qualität und<br />
Präsentation der Arbeitsergebnisse der Dreier-Teams<br />
beeindruckten erneut die Fachleute aus der Praxis, die<br />
ich zu den Abschlussveranstaltungen gebeten hatte.<br />
Unter der wissenschaflichen Leitung von Prof. Ströbele<br />
(Westfälische Wilhelms Universität Münster) und mir<br />
sowie in Kooperation mit dem Haus der Technik in<br />
Essen wird nach erfolgreicher Akkreditierung bei ASIIN<br />
der berufsbegleitende Masterstudiengang "Energiewirtschaft"<br />
im Juni <strong>2007</strong> erstmalig starten.<br />
Das von 15 weiteren Kollegen aus ganz Europa und von<br />
mir gegründete European Energy Institute ist ein<br />
virtuelles Institut mit Sitz an der Universität Leuven und<br />
dem Ziel, ein internationales Kompetenzzentrum<br />
"Energie" aufzubauen. Auch dieses bietet erstmalig ab<br />
Frühjahr <strong>2007</strong> einen zweijährigen Weiterbildungskurs<br />
"Sustainable Energy Markets" an.<br />
I am proud to share the honours my staff achieved on<br />
account of their excellent study and research work:<br />
Dipl.-Ing. Bernd Tersteegen<br />
Werner von Siemens Excellence Award<br />
Dipl.-Ing. Simon Krahl und Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />
Otto-Junker prize of <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> for<br />
outstanding study performance<br />
Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />
Prize of the SEW Eurodrive Foundation<br />
Dr.-Ing. Tobias Paulun und Dr.-Ing. Hagen Schmöller<br />
Friedrich-Wilhelm-Prize for outstanding scientific<br />
performance<br />
The number of more than 560 first year students at<br />
the Faculty of Electrical Engineering and Information<br />
Technology, among them 42 master students from<br />
abroad and 80 students enrolled in the study of Technical<br />
Informatics, has increased considerably compared<br />
to last year.<br />
The study course Industrial Engineering of the branch<br />
Power Engineering, however, has developed very<br />
positively. The number of first year students increased<br />
to 120.<br />
The lectures of the Institute continue to be in high<br />
demand. The number of students of my lecture "Power<br />
Systems", a two-semester program, which is not<br />
mandatory has again increased to more than 70<br />
students. Every semester about 70 students take part in<br />
the intensive course "Basics of Business Administration<br />
for Engineers". The lecture "Project Work" with topics<br />
taken from the field of network operation, network<br />
planning and evaluation of power plants again proved a<br />
success with 27 participants. The quality and presentation<br />
of the results found by the teams of 3 also impressed<br />
the experts in the industry whom I had invited<br />
to the final presentation.<br />
Under the scientific guidance of Prof Ströbele (Westfälische<br />
Wilhelms-<strong>University</strong> Münster) and myself, as<br />
well as in co-operation with "Haus der Technik" at<br />
Essen, the job-accompanying master study "Energiewirtschaft"<br />
will start in June <strong>2007</strong> for the first<br />
time, after the successful accreditation by the Accreditation<br />
Agency for Degree Programmes, ASIIN.<br />
The European Energy Institute, founded by 15<br />
additional colleagues coming from all over Europe and<br />
by me, is a virtual institute located at the university of<br />
Leuven. It aims to build up an international competence<br />
centre "Energy". Starting in the spring of <strong>2007</strong>, it will<br />
offer a two- year advanced training, entitled "Sustainable<br />
Energy Markets".<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Das Interesse der Studenten an Auslandspraktika ist<br />
nach wie vor sehr groß. Unsere intensive Kooperation<br />
mit der Southeast Universität in Nanjing und der<br />
Zhejiang Universität in Hangzhou ermöglichte wiederum,<br />
dass vier Studenten und damit insgesamt bisher 16<br />
Studierende am IAEW ein Fachpraktikum in China<br />
absolvierten. Darüber hinaus konnte einem Studenten<br />
ein Praktikum in England und zwei Studenten in<br />
Argentinien vermittelt werden. Diesen internationalen<br />
Kontakten diente auch die zehntägige Reise nach<br />
China, zu der das gesamte Institutsteam Ende März<br />
aufbrach.<br />
Als Ausbildungsstätte hat das IAEW zwangsläufig eine<br />
sehr dynamische Personalentwicklung. Im Berichtszeitraum<br />
verließen 3 wissenschaftliche Mitarbeiterplanmäßig<br />
nach fünf Jahren und unser technischer<br />
Mitarbeiter, Herr Wolfgang Salzer, mit Erreichen des<br />
Ruhestandalters nach 33 Jahren das Institut. Diese<br />
Lücke konnte bei unverändert hohem Qualitätsanspruch<br />
durch 8 neue Mitarbeiter geschlossen werden.<br />
Besonders freut mich die stetige Aufwärtsentwicklung<br />
der <strong>FGE</strong>, die derzeit 57 Mitgliedsunternehmen aus<br />
Deutschland, Österreich, den Niederlanden und der<br />
Schweiz umfasst.<br />
Abschließend möchte ich, auch im Namen meiner<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, all denen danken, die<br />
uns durch Informationen, Anregungen und Aufträge<br />
gefördert und gefordert, durch Rat und Tat unterstützt<br />
und durch Lob wie Kritik motiviert haben. Wir freuen<br />
uns auf weiterhin enge persönliche Kontakte und<br />
fachliche Zusammenarbeit mit Ihnen.<br />
<strong>Aachen</strong>, im Juni <strong>2007</strong><br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />
There has been an ever growing interest by the students<br />
to do their internship abroad. Our intensive cooperation<br />
with the Southeast <strong>University</strong> of Nanjing as<br />
well as the Zhejiang <strong>University</strong> in Hangzhou again<br />
enabled me to arrange a specialized internship in<br />
Chinese companies for four students. This increases<br />
the number students who were able to do their internships<br />
in China to 16. Furthermore, one student did his<br />
internship in England, as well as two students in<br />
Argentina. The ten-day trip to China by all members of<br />
the Institute at the end of March, promoted these<br />
international contacts.<br />
As an institute with training facilities, the institute of<br />
Power Systems and Power Economics inevitably has<br />
got a very dynamic staff development. During the<br />
period under review, our technical staff member, Mr<br />
Wolfgang Salzer, left the institute after 33 years, upon<br />
his retirement. Furthermore, three experienced scientific<br />
staff members have left the institute as scheduled<br />
after five years. I was able to fill this void – the high<br />
demand for quality unchanged – with eight new staff<br />
members.<br />
I am very pleased that the Energy Research Institute<br />
has enjoyed a steady upward trend with currently 57<br />
member companies coming from Germany, Austria, the<br />
Netherlands and Switzerland.<br />
Finally, my staff and I would like to express our special<br />
gratitude to all those who supported and challenged us<br />
by information, suggestions and research contracts,<br />
who gave us advice and motivated us by approval and<br />
critique. We are looking forward to continued close<br />
contact and co-operation with you.
I N H A L T<br />
T A B L E O F C O N T E N T S<br />
Institutspersonal<br />
Staff<br />
Lehrveranstaltungen<br />
Lectures<br />
Mitarbeit in Gremien<br />
Membership in Committees<br />
Forschungsgesellschaft Energie (<strong>FGE</strong>) an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e. V.<br />
Energy Research Institute of <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong><br />
Dissertationen<br />
PhD Theses<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
Risk Management in Generation and Trading Planning of Electrical<br />
Energy<br />
Dr.-Ing. T. Hartmann Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten Strommarkt<br />
Valuation of Generating Assets and Contracts in Deregulated Electricity<br />
Markets<br />
Dr.-Ing. G. Hinüber Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an Märkten für<br />
Fahrplanenergie und Reserve<br />
Intraday Optimisation of Power Plant Operation at Wholesale and<br />
Reserve Markets<br />
Dr.-Ing. T. Paulun Strategische Ausbauplanung für elektrische Netze unter Unsicherheit<br />
Strategic Expansion Planning for Electrical Networks Considering<br />
Uncertainties<br />
Dr.-Ing. X. Tao Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen<br />
Automatic Long-Term Planning of Medium-Voltage Systems<br />
Dr.-Ing. X. Zhao Stochastische Tageseinsatzoptimierung vernetzter Wasserkraftwerke<br />
mit Hilfe Genetischer Algorithmen<br />
Stochastic Day-Ahead Generation Optimization of Interconnected<br />
Hydropower Plants by means of Genetic Algorithm<br />
INHALT<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> I<br />
1<br />
8<br />
11<br />
13<br />
17<br />
23<br />
30<br />
36<br />
43<br />
50
INHALT<br />
Forschungsprojekte<br />
Research Projects<br />
Dipl.-Ing. A. Berg Optimierung des Ressourceneinsatzes für den Betrieb elektrischer Netze<br />
Resource-Optimization for the Operation of Electrical Networks<br />
Dipl.-Ing. T. Borchard Bewertung des Nutzens einer spannungsebenenübergreifenden Planung<br />
von Hoch- und Mittelspannungsnetzen<br />
Evaluating the Benefit of Voltage Comprehensive Planning of High and<br />
Medium Voltage Networks<br />
Dipl.-Ing. H. Egger Strukturmerkmale für die vergleichende Bewertung von Niederspannungsnetzen<br />
Structural Characteristics for Comparative Benchmark of Low Voltage<br />
Networks<br />
Dipl.-Ing. P. Frezzi Analyse des kurzfristigen strategischen Verhaltens an Strommärkten<br />
Analysis of the Short-term Strategic Behaviour in Power Markets<br />
Dipl.-Ing. R. Hermes Bewertung kostenrelevanter Einflussgrößen für Übertragungsnetze<br />
Estimation of Cost Drivers in Transmission Networks<br />
Dipl.-Ing. M. Hübner Druckstufenübergreifende Planung von Gasverteilungsnetzen<br />
Long-Term Planning of Natural Gas Distribution Networks<br />
Dipl.-Ing. S. Krahl Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Zuverlässigkeitskenngrößen<br />
elektrischer Verteilungsnetze<br />
Probability Distributions of Reliability Characteristics of Electrical<br />
Distribution Networks<br />
Dipl.-Ing. C. Krane Bewertung der Struktur elektrischer Übertragungsnetze<br />
Evaluating the Structure of Electrical Transmission Networks<br />
Dipl.-Ing. T. Mirbach Simulation des europäischen Marktes für elektrische Energie<br />
Simulation of the European Market for Electrical Energy<br />
Dipl.-Ing. S. Ohrem Systemtechnische Auswirkungen einer großflächigen Verkabelung von<br />
110-kV-Überlandnetzen<br />
System-Oriented Effects of Cabling Rural 110 kV Networks<br />
Dipl.-Ing. M.Sc. U. Padberg Stochastische Optimierung von Erdgasportfolios<br />
Stochastic Optimization of Natural Gas Portfolios<br />
Dipl.-Ing. T. Ringelband Netzbetrieb mit Freileitungs-Monitoring<br />
Network Operation with Overhead Line Monitoring<br />
Dipl.-Ing. P. Siemes Verbesserte Netzintegration von Windenergieanlagen mittels Druckluftspeichern<br />
Advanced Integration of Wind Power by Compressed Air Energy Storages<br />
(CAES)<br />
Dipl.-Ing. B. Tersteegen Strompreismodelle für die mittelfristige Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
Electricity Price Models for Midterm Generation and Trading Planning<br />
Dipl.-Ing. F. Wirtz Kosten der Versorgungszuverlässigkeit elektrischer Verteilungsnetze<br />
Correlations between Supply Reliability and Costs of Distribution<br />
Networks<br />
Dipl.-Ing. P. Wittenberg Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit von Gasnetzen<br />
Evaluation of the Reliability of Gas Networks<br />
II IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />
57<br />
61<br />
64<br />
67<br />
70<br />
73<br />
76<br />
79<br />
82<br />
85<br />
88<br />
91<br />
93<br />
96<br />
99<br />
102
Studienbeispiele<br />
Selected Studies<br />
Dipl.-Ing. M.Sc. Uwe Padberg;<br />
Dr.-Ing. Th. Hartmann;<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig, IAEW<br />
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn.<br />
H. Egger; Dipl.-Ing. Dr. techn. Th.<br />
Schwaninger, KELAG – Kärntner<br />
Elektrizitäts-Aktiengesellschaft,<br />
Klagenfurt<br />
Dipl.-Ing. T. Mirbach,<br />
Dr.-Ing. G. Hinüber<br />
Dr.-Ing. G. Hinüber, IAEW<br />
Dr.-Ing. Ch. Zimmer; Dr.-Ing. Chr.<br />
Maurer; Dipl.-Ing. L. Eckenroth,<br />
CONSENTEC GmbH<br />
Dr. Chr. Riechmann; Dr. U Brunner,<br />
Frontier Economics<br />
Dipl.-Ing. P. Siemes, IAEW<br />
Dr.-Ing. H. Vennegeerts, FGH<br />
Dipl.-Ing. S. Ohrem, IAEW<br />
Dipl.-Ing. Th. Borchard; Dipl.-Ing.<br />
S. Ohrem, IAEW<br />
Dr.-Ing. Ch. Zimmer; Dipl.-Ing.<br />
L. Eckenroth, CONSENTEC GmbH<br />
Kurzberichte über institutsspezifische Aktivitäten<br />
Brief Reports on Specific Activities of the Institute<br />
Dipl.-Ing T. Borchard;<br />
Dipl.-Ing. S. Krahl<br />
Methoden zur Preiskalkulation für den Stromvertrieb<br />
Methods of Price Calculation for Sales Departments of<br />
Electrical Energy Suppliers<br />
Bewertung von Ausbauoptionen hydraulischer Kraftwerksgruppen<br />
Evaluating Optional Expansion for Interconnected Hydro Power Plants<br />
Ökonomische Bewertung verschiedener Engpassmanagementmethoden<br />
Economic Assessment of Different Congestion Management Methods<br />
Bewertung des Optimierungspotenzials zur Integration des Windstroms<br />
in das Verbundnetz<br />
Potentials to Optimize the Integration of Wind Energy into the German<br />
Interconnected System<br />
Folgen der Großstörung in der Region Münsterland für Planung und<br />
Betrieb von 110-kV-Überlandnetzen<br />
Consequences of Wide-area Outages in 110 kV Overhead Line Networks<br />
on Network Planning and Operation<br />
Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Ingenieure<br />
mit Unternehmensplanspiel<br />
Dipl.-Ing. A. Berg Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen<br />
Fachrichtung Elektrische Energietechnik<br />
INHALT<br />
Dipl.-Ing. T. Mirbach Projektarbeiten für Studierende am IAEW 129<br />
Dipl.-Ing. F. Wirtz Interdisziplinäre Vorlesung „Berufsumfeld von Energietechnik-<br />
Ingenieuren und Wirtschaftsingenieuren in der Praxis“<br />
Dipl.-Ing. H. Egger; Dipl.-Ing.<br />
P. Siemes; Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B.<br />
Blaesig; Dipl.-Ing. Chr. Krane<br />
E.ON Avacon/IAEW-Seminar<br />
"Grundlagen der elektrischen Energieversorgung"<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig <strong>Aachen</strong>er Energiemanager Strom und Gas 131<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig;<br />
Dipl.-Ing. S. Ohrem<br />
Neuer internationaler Weiterbildungskurs<br />
"Sustainable Energy Markets"<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig Berufsbegleitender Masterstudiengang "Energiewirtschaft" 132<br />
Dr.-Ing. X. Tao; Dipl.-Ing. H. Egger Masterstudiengang "Electrical Power Engineering" an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> 132<br />
R. Piront Neues Layout der IAEW-Webseiten 133<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> III<br />
103<br />
108<br />
114<br />
117<br />
122<br />
127<br />
127<br />
130<br />
130<br />
132
INHALT<br />
Dipl.-Ing. P. Frezzi; Dipl.-Ing. S.<br />
Ohrem; Dipl.-Ing. M.Sc.<br />
U. Padberg<br />
Exkursionen 133<br />
Dr.-Ing. T. Paulun Studierendenentwicklung an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> und am IAEW 134<br />
Dr.-Ing. T. Paulun Preise und Auszeichnungen 135<br />
Dr.-Ing. X. Tao The 9 th International Conference on Probabilistic Methods Applied to<br />
Power Systems, Stockholm, Schweden<br />
Dipl.-Ing. B. Tersteegen Betriebsausflug nach Lammersdorf 136<br />
Dipl.-Ing. T. Mirbach Institutsreise nach China 137<br />
Veröffentlichungen im Berichtszeitraum<br />
Publications<br />
Diplom-, Master- und Studienarbeiten<br />
Diploma, Master and Short Theses<br />
Abgeschlossene Dissertationen<br />
Completed PhD Theses<br />
<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung – ABEV<br />
Publication Series – ABEV<br />
IV IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />
136<br />
141<br />
143<br />
151<br />
155
Personal<br />
PERSONAL<br />
Institutsleiter Univ.-Prof. Dr.-Ing. Hans-Jürgen Haubrich Tel.: +49 241 80-97652<br />
haubrich@iaew.rwth-aachen.de<br />
Sekretariat Anette Ringe Tel.: +49 241 80-97653<br />
Fax: +49 24180-92197<br />
ri@iaew.rwth-aachen.de<br />
Lehrbeauftragte<br />
Operation of Interconnected Prof. Dr.-Ing. Dieter Denzel vorm. RWE Net AG<br />
Power Systems Brauweiler, Direktion<br />
Electroheat Prof. Dr.-Ing. Axel von Starck vorm. AEG Elotherm<br />
Remscheid, Geschäftsführung<br />
Power Economics in Liberalised Dr.-Ing. Jochen Kreusel ABB AG<br />
Electricity Markets Marketing und Technologie Energietechnik<br />
Mannheim<br />
Natural Gas Systems Dr.-Ing. Günter Wagner LIWACOM Informationstechnik GmbH<br />
Essen, Geschäftsführung<br />
Strom- und Gasnetzregulierung Dr.-Ing. Joachim Müller-Kirchenbauer Consentec GmbH,<br />
<strong>Aachen</strong><br />
Oberingenieur Dr.-Ing. Gerd Hinüber +49 241 80-97655<br />
gh@iaew.rwth-aachen.de<br />
Fremdsprachensekretariat Christiane Radmacher, B.A. +49 241 80-97671<br />
rei@iaew.rwth-aachen.de<br />
Forschungsgesellschaft Energie Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig +49 241 80-96734<br />
fge@iaew.rwth-aachen.de<br />
Betriebsleiter Ferdinand Corsten +49 241 80-97665<br />
corsten@iaew.rwth-aachen.de<br />
Verwaltung Dagmar Gräfe +49 241 80-97665<br />
Nicole Hamacher (Auszubildende) dg@iaew.rwth-aachen.de<br />
Technischer Service +49 241 80-97660<br />
Robert Piront pi@iaew.rwth-aachen.de<br />
Manfred Kleefisch, MATA mk@iaew.rwth-aachen.de<br />
Bernd Seifert (Auszubildender) bs@iaew.rwth-aachen.de<br />
Klaus Dreher +49 241 80-97664<br />
kd@iaew.rwth-aachen.de<br />
Kristian Schmitt +49 241 80-97664<br />
kc@iaew.rwth-aachen.de<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 1
PERSONAL<br />
Wissenschaftliche Mitarbeiter<br />
Forschungsgruppe "Asset Management und Regulierung"<br />
Dr.-Ing. Tobias Paulun (Gruppenleiter) tp@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97691<br />
Dipl.-Ing. Andreas Berg ab@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96717<br />
Dipl.-Ing. Hermann Egger eg@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96718<br />
Dipl.-Ing. Roland Hermes rh@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96717<br />
Dipl.-Ing. Kerstin Meisa km@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97691<br />
Dipl.-Inf. John Piggott jp@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96718<br />
Forschungsgruppe "Strom- und Gasnetze"<br />
Dipl.-Ing. Thorsten Borchard (Gruppenleiter) tb@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97689<br />
Dipl.-Ing. Michael Hübner mh@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97691<br />
Dipl.-Ing. Simon Prousch pr@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97656<br />
M.Sc. Claudia Rahmann ar@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97691<br />
Dipl.-Ing. Tilmann Ringelband tr@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97689<br />
Dipl.-Ing. Philipp Siemes ps@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97656<br />
Dr.-Ing. M.Sc. Xiaohu Tao xt@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96713<br />
Forschungsgruppe "Stromerzeugung und -handel"<br />
Dr.-Ing. Thomas Hartmann (Gruppenleiter) th@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97658<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig bb@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96734<br />
Dipl.-Ing. Pablo Frezzi pf@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96734<br />
Qian Meng, Ph.D. qm@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97692<br />
Dipl.-Ing. Tobias Mirbach tm@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97692<br />
Dipl.-Ing. M.Sc. Uwe Padberg up@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97658<br />
Dipl.-Ing. Bernd Tersteegen bt@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97658<br />
Forschungsgruppe "Versorgungsqualität"<br />
Dipl.-Ing. Frank Wirtz (Gruppenleiter) fw@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96714<br />
Dipl.-Ing. Simon Krahl sk@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96714<br />
Dipl.-Ing. Christian Krane ck@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97654<br />
Dipl.-Ing. Simon Ohrem so@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96711<br />
Dipl.-Ing. Patrick Wittenberg pw@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97614<br />
Dr.-Ing. M.Sc. Xia Yang Zhao, xz@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96731<br />
Studentische Hilfskräfte<br />
15 studentische Mitarbeiter mit jeweils 8 Wochenstunden<br />
2 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Personal<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing.<br />
Hans-Jürgen Haubrich<br />
Sekretariat<br />
Anette Ringe<br />
Prof. Dr.-Ing. Dieter Denzel<br />
Lehrauftrag:<br />
Operation of Interconnected<br />
Power Systems<br />
Oberingenieur<br />
Dr.-Ing. Gerd Hinüber<br />
Prof. Dr.-Ing. Axel von Starck<br />
Lehrauftrag:<br />
Electroheat<br />
Dr.-Ing. Günter Wagner<br />
Lehrauftrag:<br />
Natural Gas Systems<br />
PERSONAL<br />
Fremdsprachensekretariat<br />
Christiane Radmacher, B.A.<br />
Dr.-Ing. Jochen Kreusel<br />
Lehrauftrag:<br />
Power Economics in<br />
Liberalised Electricity<br />
Markets<br />
Dr.-Ing. Joachim Müller-<br />
Kirchenbauer<br />
Lehrauftrag:<br />
Strom- und<br />
Gasnetzregulierung<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 3
PERSONAL<br />
Betriebsleiter<br />
Ferdinand Corsten<br />
Rechneradministration<br />
Robert Piront<br />
Technischer Service<br />
Klaus Dreher<br />
Auszubildender<br />
Bernd Seiffert<br />
Verwaltung<br />
Dagmar Gräfe<br />
Rechneradministration<br />
Manfred Kleefisch, MATA<br />
Technischer Service<br />
Kristian Schmitt<br />
Auszubildende<br />
Nicole Hamacher<br />
4 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Dipl.-Ing.<br />
Andreas Berg<br />
Dipl.-Ing.<br />
Hermann Egger<br />
Dipl.-Ing.<br />
Roland Hermes<br />
Dipl.-Ing.<br />
Christian Krane<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm.<br />
Boris Blaesig<br />
Dipl.-Ing.<br />
Pablo Frezzi<br />
Dipl.-Ing.<br />
Michael Hübner<br />
Dipl.-Ing.<br />
Kerstin Meisa<br />
Dipl.-Ing.<br />
Thorsten Borchard<br />
Dr.-Ing.<br />
Thomas Hartmann<br />
Dipl.-Ing.<br />
Simon Krahl<br />
Dipl.-Ing.<br />
Tobias Mirbach<br />
PERSONAL<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 5
PERSONAL<br />
Ph.D.<br />
Qian Meng<br />
Dr.-Ing.<br />
Tobias Paulun<br />
M.Sc.<br />
Claudia Rahmann<br />
Dipl.-Ing.<br />
Bernd Tersteegen<br />
Dipl.-Ing.<br />
Simon Ohrem<br />
Dipl.-Inf.<br />
John Piggott<br />
Dipl.-Ing.<br />
Tilmann Ringelband<br />
Dipl.-Ing.<br />
Frank Wirtz<br />
Dipl.-Ing.<br />
Uwe Padberg<br />
M.Sc.<br />
Simon Prousch<br />
Dipl.-Ing.<br />
Philipp Siemes<br />
Dipl.-Ing.<br />
Patrick Wittenberg<br />
Dr.-Ing. M.Sc.<br />
Xiaohu Tao<br />
Dr.-Ing. M.Sc.<br />
Xia Yang Zhao<br />
6 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
ORGANISATION<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 7
LEHRVERANSTALTUNGEN<br />
Lehrveranstaltungen<br />
Die Vorlesungen, Übungen, Praktika und Seminare des Lehrstuhls richten sich überwiegend an Studierende ab dem 5.<br />
Studiensemester. Sie sollen Grundlagen und Spezialthemen der elektrischen Energietechnik und Energiewirtschaft sowie<br />
allgemeingültige systemtheoretische Lösungsansätze und Anleitungen zum wissenschaftlichen Arbeiten vermitteln.<br />
Weitere Informationen über das Interdisziplinäre Seminar "Berufsumfeld des Ingenieurs in der Praxis", englischsprachige<br />
Vorlesungen im Rahmen des Masterstudienganges "Electrical Power Engineering", den Intensivkurs “Betriebswirtschaftliche<br />
Grundlagen für Ingenieure“, die vom Institut angebotenen Projekt-, Studien- und Diplomarbeiten sowie die diesjährigen<br />
Exkursionen finden Sie in den Kurzberichten ab Seite 127.<br />
Elektrische Anlagen I etwa 80 Hörer<br />
Elektrische Anlagen II etwa 70 Hörer<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich<br />
Die Vorlesungsreihe „Elektrische Anlagen“ behandelt<br />
das gesamte Spektrum der elektrischen Energieversorgung.<br />
Hierzu gehören die physikalischen<br />
Eigenschaften und technischen wie mathematischen<br />
Modelle der Komponenten des Stromversorgungssystems<br />
in quasistationären und transienten Zuständen<br />
sowie die darauf aufbauenden Verfahren systemtechnischer<br />
Untersuchungen und wirtschaftlicher Bewertung.<br />
Jede Vorlesung wird von Übungen zur Anwendung der<br />
Theorie begleitet, die teilweise als Kleingruppenübungen<br />
durchgeführt und von den Studierenden mit<br />
Unterstützung der Betreuer vorbereitet werden. Am<br />
Ende jeder Vorlesungsreihe wird zusätzlich ein 6stündiger<br />
Blockkurs zur Vertiefung und Prüfungsvorbereitung<br />
angeboten. Die Vorlesungsreihe wird<br />
in deutscher Sprache als Elektrische Anlagen I und II<br />
und in englischer Sprache als Power Systems I und II<br />
angeboten.<br />
Optimierung und Betrieb von Energieversorgungssystemen<br />
etwa 10 Hörer<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich<br />
Diese Basisvorlesung aus dem Bereich der Energieversorgungssysteme<br />
behandelt theoretische Grundlagen<br />
und Einsatzweise heute bereits praxisüblicher sowie<br />
auch neuerer Analyse- und Optimierungsverfahren der<br />
Energieversorgung mit den Schwerpunkten quasistationäre<br />
Netzzustandsberechnung, probabilistische Zuverlässigkeitsberechnung<br />
und Optimierung der Strombeschaffungsplanung.<br />
Elektrische Energie aus regenerativen Quellen<br />
etwa 60 Hörer<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich u. andere<br />
Die gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Elektrische<br />
Maschinen (IEM) und dem Lehrstuhl für Stromrichtertechnik<br />
und Elektrische Antriebe (ISEA) angebotene<br />
Ringvorlesung gibt einen Überblick über die physikalischen<br />
Grundlagen, die technisch-wirtschaftlichen<br />
Aspekte und das Entwicklungspotenzial der Erzeugung<br />
elektrischer Energie aus regenerativen Quellen.<br />
Technische elektromagnetische Felder in unserer<br />
Umwelt etwa 10 Hörer<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich u. andere<br />
Diese gemeinsam mit dem Forschungszentrum für<br />
Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit und dem<br />
Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik angebotene Ringvorlesung<br />
gibt einen Überblick über die Entstehung und<br />
Umweltverträglichkeit elektromagnetischer Felder der<br />
Nieder- und Hochfrequenztechnik.<br />
Operation of Interconnected Power Systems<br />
Prof. Dr.-Ing. D. Denzel etwa 25 Hörer<br />
In dieser englischsprachigen Veranstaltung werden die<br />
Aufgaben der Betriebsführung von Energieversorgungssystemen<br />
und die jeweils verwendeten<br />
(Rechner-) Verfahren sowohl für den Normalbetrieb als<br />
auch für gefährdete oder gestörte Betriebszustände<br />
behandelt.<br />
Electric Heating etwa 20 Hörer<br />
Prof. Dr.-Ing. A. von Starck<br />
Nach den physikalischen Grundlagen der Wärmeerzeugung<br />
und -übertragung wird in dieser englischsprachigen<br />
Veranstaltung die Elektrowärmenutzung in Gebäuden<br />
und industriellen Prozessen behandelt.<br />
Power Economics in Liberalised Electricity<br />
Markets etwa 20 Hörer<br />
Dr.-Ing. J. Kreusel<br />
Nach einer Einführung in die Grundlagen wirtschaftlichen<br />
Handelns in der Elektrizitätswirtschaft werden die<br />
veränderten Rahmenbedingungen auf dem Strommarkt<br />
seit der Liberalisierung untersucht. Ein erster Schwerpunkt<br />
ist dabei die Diskussion der Motive und Gestaltungsalternativen<br />
von Liberalisierungsansätzen im<br />
internationalen Vergleich. Ein zweiter Schwerpunkt ist<br />
die eingehende Betrachtung der Rollen verschiedener<br />
Akteure sowie der Preisbildungsmechanismen im<br />
liberalisierten Markt. Diese Vorlesung wird in englischer<br />
Sprache gehalten.<br />
8 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Natural Gas Systems<br />
Dr.-Ing. G. Wagner 25 Hörer<br />
Diese Vorlesung vermittelt einen Überblick über den<br />
Transport und die Verteilung von Erdgas. Sie behandelt<br />
die folgenden Schwerpunkte: Erdgaswirtschaft, Pipelinenetze,<br />
Druckregelung, Messung und Verdichtung,<br />
Systemplanung, Betrieb und Abrechnung, Gas Management<br />
Systeme, Liberalisierung des Gasmarkts. Die in<br />
englischer Sprache gehaltene Vorlesung umfasst eine<br />
Exkursion, z. B. zu einer Gasdruckregel- und Messanlage<br />
oder einer Dispatching Leitstelle.<br />
Strom- und Gasnetzregulierung<br />
Dr.-Ing. J. Müller-Kirchenbauer 10 Teilnehmer<br />
Diese Veranstaltung behandelt die Grundlagen und<br />
gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Regulierung<br />
in der Energiewirtschaft. Es werden die charakteristischen<br />
Aufgabenbereiche der Bundes- und Landesregulierungsbehörden<br />
aufgezeigt sowie wesentlich Themenschwerpunkte<br />
der Regulierungsarbeit dargestellt.<br />
Darüber hinaus vermittelt die Vorlesung Auswirkungen<br />
der Regulierung auf Energieversorgungsunternehmen<br />
und den Betrieb von Energieversorgungsnetzen. In<br />
diesem Zusammenhang bildet die Darstellung von<br />
Möglichkeiten zur Anwendung einer Anreizregulierung<br />
einen wesentlichen Fokus.<br />
Berufsumfeld von Ingenieuren in der Praxis<br />
Referenten aus der Praxis etwa 20 Hörer<br />
Die im Rahmen des Aktionsprogramms „Qualität der<br />
Lehre – Innovative Reformprojekte von überregionalem<br />
Interesse“ des Ministeriums für Wissenschaft und<br />
Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen entwickelte<br />
Vorlesungs- und Diskussionsveranstaltung ermöglicht<br />
Studierenden in der Schlussphase ihres Studiums<br />
einen vielseitigen Einblick in ihr zukünftiges Berufsumfeld<br />
und das Gespräch mit Führungskräften aus der<br />
Praxis.<br />
Intensivkurs<br />
Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Ingenieure<br />
(mit Unternehmensplanspiel)<br />
4 Kurse mit jeweils 18 Teilnehmern<br />
In diesem Intensivkurs vermitteln IAEW-Referenten<br />
wesentliche betriebswirtschaftliche Grundlagen, die in<br />
einem rechnerbasierten Praxisteil angewandt werden.<br />
Dabei wird auf die spezifische wirtschaftliche Struktur<br />
und die rechtlichen Rahmenbedingungen der Elektrizitätsversorgung<br />
eingegangen, die im Planspiel abgebildet<br />
werden.<br />
Projektarbeiten<br />
LEHRVERANSTALTUNGEN<br />
Der Weg zum langfristig optimalen Hochspannungsnetz<br />
9 Teilnehmer<br />
Am IAEW entwickelte und praxisbewährte Optimierungsverfahren<br />
ermöglichen die „Grüne Wiese”-<br />
Planung kostenoptimaler Netze. Dies lässt die Frage<br />
offen, ob und wie vom bestehenden Netz ausgehend<br />
das kostenoptimale Zielnetz möglichst wirtschaftlich<br />
erreichbar ist. Im Rahmen dieses Projektes soll anhand<br />
eines realen Hochspannungsnetzes und des zugehörigen<br />
Zielnetzes ein wirtschaftlich sinnvoller schrittweiser<br />
Übergang erarbeitet und das dadurch erzielte<br />
Einsparpotenzial quantifiziert werden. Zur Bestimmung<br />
der einzelnen Übergangszustände ist es notwendig,<br />
neben den Zu- und Abbaukosten die Altersstruktur der<br />
bestehenden Betriebsmittel in die Betrachtung einzubeziehen.<br />
Alle Zwischenzustände müssen allen technischen<br />
und Sicherheits-Kriterien genügen. Für diese<br />
Überprüfung wird ein am IAEW entwickeltes Programmpaket<br />
zur Netzzustandsanalyse eingesetzt.<br />
Einsatz von Wasserkraftwerken im Strommarkt<br />
13 Teilnehmer<br />
Wasserkraftwerke ermöglichen eine umweltschonende,<br />
emissionsfreie Umwandlung von potentieller (Wasser-)<br />
Energie in elektrische Energie. Vor allem im Vergleich<br />
zu thermischen Kraftwerken zeichnen sie sich zudem<br />
durch eine hohe Einsatzflexibilität aus, die Vorteile bei<br />
der Vermarktung der elektrischen Energie an Strombörsen<br />
bietet. Im Rahmen dieses Projektes soll für eine<br />
reale Wasserkraftwerksgruppe in Österreich der optimale<br />
Einsatz, orientiert an Marktpreisen, ermittelt<br />
werden. Dabei sind beispielsweise die sich im Zeithorizont<br />
der Planungsrechnungen ändernden Zuflüsse zu<br />
den Speicherbecken sowie die unsicheren Marktpreise<br />
für elektrische Energie geeignet durch Varianten abzubilden<br />
und zu bewerten. Zunächst sollen aus öffentlich<br />
zugänglichen Quellen ein Datenmodell der Wasserkraftwerksgruppe<br />
abgeleitet sowie Zufluss- und Marktpreisvarianten<br />
generiert werden. Die Quantifizierung<br />
des Wertes erfolgt anschließend unter Nutzung eines<br />
am IAEW entwickelten, praxisbewährten Optimierungsverfahrens.<br />
Zuverlässigkeitsbewertung eines 110/20-kV-<br />
Netzes im Ist-Zustand und bei Anschluss eines<br />
Industriekunden 5 Teilnehmer<br />
Das Projekt umfasst zwei Aspekte der Zuverlässigkeitsbewertung.<br />
Zuerst wird ein real existierendes Netz<br />
hinsichtlich der Kosten und der Versorgungszuverlässigkeit<br />
quantitativ bewertet. Dabei werden die üblichen<br />
Vorgehensweisen bei der Zuverlässigkeitsbewertung<br />
angewendet. Im zweiten Schritt ist ein Industriekunde<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 9
LEHRVERANSTALTUNGEN<br />
in das vorher betrachtete Netz zu integrieren. Die<br />
Kosten technisch möglicher Varianten sind unter<br />
Beachtung der geforderten Versorgungszuverlässigkeit<br />
zu ermitteln und gegenüber zu stellen. Die Berechnungen<br />
der Zuverlässigkeit werden händisch und unter<br />
Zuhilfenahme moderner rechnergestützter Netzanalyseverfahren<br />
durchgeführt.<br />
Grundsatzplanung elektrischer Mittelspannungsnetze<br />
12 Teilnehmer<br />
Im Rahmen dieses für Masterstudenten und -studentinnen<br />
angebotenen Projekts wird eine Grundsatzplanung<br />
für ein deutsches städtisches Mittelspannungsnetz<br />
unter Einsatz moderner Rechnerwerkzeuge durchgeführt.<br />
Verschiedene typische Netzstrukturen können<br />
dabei zur Lösung der gegebenen Planungsaufgabe<br />
eingesetzt werden. Eine Auswahl aus den so vermittelten<br />
Zielnetzen erfolgt hinsichtlich technischer und<br />
ökonomischer Kriterien. Die Ergebnisse der Grundsatzplanung<br />
präsentieren und diskutieren die Studierenden<br />
wie bei allen am IAEW abgehaltenen Projekten abschließend<br />
in Kurzvorträgen.<br />
Praktika<br />
Elektrotechn. Praktikum II etwa 280 Teilnehmer<br />
Das Elektrotechnische Praktikum II ist eine Pflichtveranstaltung<br />
für die Studierenden des dritten Semesters<br />
im Studiengang Elektrotechnik und Informationstechnik<br />
mit Versuchen zur Messtechnik in Wechsel- und<br />
Drehstromsystemen. Es wird zusammen mit dem<br />
Lehrstuhl für Elektrische Maschinen durchgeführt.<br />
Energietechn. Praktikum etwa 60 Teilnehmer<br />
In diesem zweisemestrigen Praktikum für Studierende<br />
im Hauptstudiengang werden die in den Vorlesungen<br />
abgeleiteten Grundlagen über das Komponenten- und<br />
Systemverhalten an Analog- und Rechnermodellen<br />
demonstriert. Das Praktikum wird zusammen mit den<br />
Lehrstühlen für Elektrische Maschinen, Hochspannungstechnik<br />
sowie Stromrichtertechnik und Elektrische<br />
Antriebe durchgeführt.<br />
Seminare<br />
Doktoranden-Seminar<br />
In dieser institutsinternen Seminarreihe berichtet jeder<br />
Doktorand einmal jährlich während einer 3-stündigen<br />
Veranstaltung über Ziele, Lösungsverfahren, Ergebnisfortschritt<br />
und Zeitplan seiner Arbeit.<br />
Diplomarbeits-Seminar<br />
Zum Abschluss der Diplomarbeit muss jeder Student in<br />
einem halbstündigen, frei gehaltenen Vortrag mit<br />
Diskussion über seine Arbeit berichten. Vortrag und<br />
Diskussion gehen in die Bewertung der Diplomarbeit<br />
ein.<br />
Seminar zum Praxissemester<br />
Die Studierenden der Elektrotechnik und Informationstechnik<br />
müssen über die im Praxissemester gemachten<br />
Erfahrungen im Rahmen eines Seminarvortrages<br />
berichten. Dieses Seminar wird in Zusammenarbeit der<br />
vier energietechnischen Institute der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
durchgeführt.<br />
Forschungsseminar<br />
Im Rahmen des institutsinternen Forschungsseminars<br />
wird vornehmlich über aktuelle Forschungsprojekte, die<br />
im Auftrag und in enger Zusammenarbeit mit der Praxis<br />
am Institut durchgeführt werden, berichtet.<br />
Rechnerseminar<br />
Das Rechnerseminar dient dazu, sämtliche Institutsmitarbeiter,<br />
einschließlich der studentischen Hilfskräfte,<br />
über Neuerungen im Rechnersystem des Instituts zu<br />
informieren sowie Hilfestellungen zu Anwendungsprogrammen,<br />
Programmiertechniken usw. zu geben.<br />
10 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Mitarbeit in Gremien<br />
Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften,<br />
Klasse für Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften<br />
Konvent für Technikwissenschaften der Berlin-Brandenburgischen<br />
und Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften<br />
akatech – Konvent für Technikwissenschaften der Union der<br />
deutschen Akademie der Wissenschaften e. V.<br />
Forschungsbeirat der Forschungsgemeinschaft<br />
für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e.V. (FGH)<br />
GREMIEN<br />
Prof. Haubrich<br />
Prof. Haubrich<br />
Prof. Haubrich<br />
Prof. Haubrich<br />
Forschungsbeirat der Forschungsstelle für Elektropathologie Prof. Haubrich<br />
Arbeitskreis Energie-Informationstechnologie der Forschungsgemeinschaft<br />
für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e. V. (FGH)<br />
Prof. Haubrich<br />
Auswahlkommission für DAAD-Stipendiaten bzw. Lektoren Prof. Haubrich<br />
Professor Dr. Koepchen-Studienstiftung (Stiftungsrat) Prof. Haubrich<br />
Rationelle Energieumwandlung (REU), Forschungszentrum Karlsruhe (Beirat) Prof. Haubrich<br />
CIGRÉ Deutsches Komitee der CIGRE beim VDE (Gast) Prof. Haubrich<br />
Energietechnische Gesellschaft (ETG) – FB 2 "Übertragung<br />
und Verteilung elektrischer Energie" (Mitglied)<br />
Prof. Haubrich<br />
IEEE, Power Engineering – German Section (Assessor for Power Engineering) Prof. Haubrich<br />
Fachzeitschrift „Energiewirtschaftliche Tagesfragen“<br />
(Wissenschaftlicher Beirat)<br />
Fachzeitschrift „European Transactions on Power Engineering” (ETEP)<br />
(Chairman of the Editorial Board)<br />
Journal for Scientific Research, International Advisory Editorial Board,<br />
Sultan Qaboos <strong>University</strong>, Oman<br />
Technisch-Wissenschaftlicher Beirat der GEA Holding für Energietechnik (GHE)<br />
(Mitglied)<br />
Prof. Haubrich<br />
Prof. Haubrich<br />
Prof. Haubrich<br />
Prof. Haubrich<br />
Wissenschaftlicher Arbeitskreis für Regulierungsfragen der BNetzA (Mitglied) Prof. Haubrich<br />
Wissenschaftlicher Beirat des Bundesverbandes für Windenergie e.V (Mitglied). Prof. Haubrich<br />
European Energy Institute, KU Leuven, Belgien (Gründungsmitglied) Prof. Haubrich<br />
Energiebeirat der Stadt <strong>Aachen</strong> Dr.-Ing. Hinüber<br />
VDN Projektgruppe „Störungsstatistik“ Dipl.-Ing. Krane<br />
Cigre WG C1-17 "Planning to Manage Power Interruption Events" Dr.-Ing. Paulun<br />
NETOMAC – Benutzerkreis Dipl.-Ing. Siemes<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 11
Forschungsgesellschaft <strong>FGE</strong><br />
Aufgabe der <strong>FGE</strong><br />
Aufgabe der Forschungsgesellschaft Energie e.V. (<strong>FGE</strong>)<br />
ist die Förderung der Forschung an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
auf dem Gebiet der Energieversorgung. Technische<br />
Fragestellungen sind dabei ebenso Forschungsgegenstand<br />
wie wirtschaftliche Themen. Die <strong>FGE</strong> fördert<br />
zudem den Austausch von Erfahrungen zwischen ihren<br />
Mitgliedern und unterstützt die Ausbildung des Ingenieurnachwuchses.<br />
Die wissenschaftliche Begrenzung<br />
ihrer Aufgaben verbietet die Unterordnung unter<br />
partikuläre Interessen politischer oder wirtschaftlicher<br />
Art. Die Gesellschaft verfolgt somit ausschließlich und<br />
unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Dem Kuratorium<br />
der <strong>FGE</strong> gehört neben gewählten Vertretern aus dem<br />
Mitgliederkreis der Rektor der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> an.<br />
Vorsitzender des Kuratoriums ist Dipl.-Ing. M. Fuchs,<br />
Vorsitzender der Geschäftsleitung von E.ON Netz<br />
GmbH. Mit der Geschäftsführung ist Prof. Dr.-Ing. H.-J.<br />
Haubrich, Leiter des IAEW, beauftragt.<br />
Ihren Aufgaben kommt die <strong>FGE</strong> in enger Zusammenarbeit<br />
mit dem Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />
(IAEW) nach. Zahlreiche Forschungsaktivitäten,<br />
Vortragsveranstaltungen und Publikationen wurden<br />
bereits von der <strong>FGE</strong> initiiert bzw. herausgegeben.<br />
Hierzu gehören unter anderem auch die <strong>FGE</strong>-Tagungen<br />
zu aktuellen Fragen der Energiewirtschaft sowie die<br />
jährlich etwa sechs abendlichen Fachvorträge (<strong>FGE</strong>-<br />
Kolloquien). Über aktuelle Forschungsergebnisse<br />
berichten kurzgefasste Informationsblätter sowie der<br />
vorliegende <strong>FGE</strong>-<strong>Jahresbericht</strong>.<br />
Mitgliedsunternehmen<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Start 1958: 10 Mitgliedsunternehmen<br />
Stand<strong>2007</strong>: 57 Mitgliedsunternehmen<br />
sonstige<br />
Industrie<br />
Energieversorgung<br />
<strong>FGE</strong><br />
Der <strong>FGE</strong> gehören z. Zt. fast 60 Energieversorgungs-,<br />
Industrie- und Beratungsunternehmen an (s. Seite 15).<br />
Damit hat sich die <strong>FGE</strong> im letzten Jahrzehnt sehr positiv<br />
entwickelt, obwohl in den letzten Jahren infolge von<br />
Unternehmenszusammenschlüssen und Umstrukturierungen<br />
im Bereich der Energieversorgung Mitgliedschaften<br />
zusammengefasst wurden. Erfreulich ist die<br />
Tatsache, dass auch Unternehmen aus dem benachbarten<br />
Ausland der <strong>FGE</strong> angehören. Auch spiegelt sich in<br />
den Mitgliedsunternehmen der <strong>FGE</strong> die zunehmende<br />
Liberalisierung des europäischen Elektrizitätsmarktes<br />
wider: Neben Industrie- und Energieversorgungsunternehmen<br />
bewerben sich zunehmend auch Stromhandels-<br />
und Beratungsunternehmen um die <strong>FGE</strong>-Mitgliedschaft.<br />
<strong>FGE</strong>-Tagung<br />
Die <strong>FGE</strong>-Tagung findet als zweitätige Vortragsveranstaltung<br />
im Abstand von zwei bis drei Jahren in <strong>Aachen</strong><br />
statt und richtet sich an Entscheidungsträger aus<br />
Energieversorgung, Industrie, Beratungsunternehmen,<br />
Behörden und Forschung. Die stets hohe Teilnehmerzahl<br />
bestätigt Themen- und Referentenwahl und belegt<br />
das große Interesse an diesen Veranstaltungen. So war<br />
auch die letzte <strong>FGE</strong>-Tagung mit rund 450 Teilnehmern<br />
im Herbst 2005 ein voller Erfolg.<br />
Die nächste Tagung wird zum Thema „Markt und<br />
Netze - Ordnungsrahmen, Effizienz und Qualität der<br />
Stromversorgung“ am 20. und 21. September dieses<br />
Jahres stattfinden.<br />
Fusionen von<br />
Mitgliedsunternehmen<br />
1990 1995 2000 2005<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 13<br />
<strong>2007</strong>
<strong>FGE</strong><br />
<strong>FGE</strong>-Kolloquium<br />
In jedem Semester findet an 3 Donnerstagen um<br />
18:00 Uhr das <strong>FGE</strong>-Kolloquium mit ca. einstündigem<br />
Vortrag und anschließender Diskussion im Hörsaal des<br />
IAEW statt. Fachleute aus Industrie, Energieversorgung,<br />
Hochschulen und Behörden berichten über aktuelle<br />
Entwicklungen in Energietechnik, -wirtschaft und<br />
-politik. Nachfolgend ist das Programm für den Berichtszeitraum<br />
aufgeführt:<br />
Wintersemester<br />
9. November 2006<br />
Dr. rer. nat. Kurt Fischer<br />
Vice President Strategic Marketing AREVA NP GmbH,<br />
Erlangen<br />
Perspektiven für die Kernenergie in Europa<br />
18. Januar <strong>2007</strong><br />
Prof. Dr.-Ing. Klaus Homann<br />
Vorsitzender der Geschäftsführung RWE-Transportnetz<br />
Gas und Transgas Net, Essen, Prag<br />
Erdgas – alles wie beim Strom?<br />
25. Januar <strong>2007</strong><br />
Dr.-Ing. Matthias Luther<br />
Project Director IPS/UPS Study UCTE, Brüssel<br />
Machbarkeitsstudie zum Synchronverbund von<br />
IPS/UPS mit UCTE<br />
Sommersemester<br />
10. Mai <strong>2007</strong><br />
Dr.-Ing. Klaus von Sengbusch<br />
Strategisches Marketing<br />
ABB AG, Mannheim<br />
Wide Area Monitoring Systeme - aktuelle Erfahrungen<br />
und zukünftige Anwendungsbereiche<br />
21. Juni <strong>2007</strong><br />
Dr. Konstantin Petrov / Bart Franken<br />
Principal Consultant<br />
KEMA Bonn, Deutschland / KEMA Arnhem,<br />
Niederlande<br />
Regulierung der Stromnetze in den Niederlanden<br />
12. Juli <strong>2007</strong><br />
Dipl.-Ing. Wolfgang Nolden / Dipl.-Ing. Hans-Peter May<br />
Engineering Power Cables / Fibre Optic Applications<br />
nkt cables GmbH, Köln<br />
Temperaturmonitoring und Real Time Rating<br />
(RTTR) für Hochspannungskabel und Freileitungen<br />
<strong>FGE</strong>-Seminar<br />
Am 18. Mai 2006 haben fast 100 Teilnehmer, vorzugsweise<br />
aus dem Bereich der Netzbetreiber, an dem<br />
erstmalig durchgeführten <strong>FGE</strong>-Seminar zum Thema<br />
„Neue Verfahren zur Analyse und Effizienzverbesserung<br />
elektrischer Übertragungs- und Verteilungsnetze“<br />
teilgenommen. Das Programm umfasste folgende,<br />
intensiv diskutierte Vorträge:<br />
Teil 1: Neue Netzanalyseverfahren<br />
Leitung: Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich<br />
Geschäftsführendes Kuratoriumsmitglied der <strong>FGE</strong> e.V.<br />
Probabilistische Lastflussberechnung unter<br />
Unsicherheiten<br />
Dr.-Ing. K. v. Sengbusch<br />
Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und<br />
Stromwirtschaft (FGH) e.V., Mannheim<br />
Bessere Netznutzung durch probabilistische<br />
Spannungsbewertung<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Wirtsch. Ing. Ch. Maurer<br />
Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />
Neue Entwicklungen und Schätzverfahren zur<br />
Zuverlässigkeitsbewertung von Verteilungsnetzen<br />
Dipl.-Ing. F. Wirtz<br />
Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />
Modell- und Referenznetzanalyse für Netzplanung<br />
und Anreizregulierung<br />
Dr.-Ing. W. Fritz<br />
Consentec GmbH, <strong>Aachen</strong><br />
Teil 2: Neue Netzoptimierungsverfahren<br />
Leitung: Dr.-Ing. A. Montebaur<br />
E.ON Avacon AG, Braunschweig<br />
Optimierte Zielnetzplanung für Hochspannungsnetze<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Wirtsch. Ing. Ch. Maurer<br />
Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />
Optimierte Zielnetzplanung für Mittelspannungsnetze<br />
M. Sc. X. Tao<br />
Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />
Optimale Ausbauplanung vom Istnetz zum Zielnetz<br />
Dipl.-Ing. T. Paulun<br />
Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />
14 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Mitgliedsunternehmen der <strong>FGE</strong> und deren Vertreter<br />
MITGLIEDSUNTERNEHMEN DER <strong>FGE</strong><br />
Aare-Tessin AG für Elektrizität, Olten (CH) Dipl. El.-Ing. ETH H. Niklaus, Geschäftsbereichsleiter<br />
ABB AG, Mannheim Dr.-Ing. J. Schneider, Vorstandsmitglied<br />
Aktiengesellschaft für Versorgungsunternehmen (AVU),<br />
Gevelsberg<br />
Dr.-Ing. C. Bongers, Vorstandsmitglied<br />
AREVA Energietechnik GmbH, Mönchengladbach Dr.-Ing. J. Schwarz, Prokurist<br />
Bayer Industry Services GmbH & Co. OHG, Leverkusen Dipl.-Ing. U. W. Stein, Leiter Energiedienste<br />
CONSENTEC Consulting für<br />
Energiewirtschaft und -technik GmbH, <strong>Aachen</strong><br />
Dr.-Ing. W. Fritz, Geschäftsführer<br />
Consulectra Unternehmensberatung GmbH, Hamburg Dr.-Ing. R. Rosenberger, Geschäftsführer<br />
DB Energie GmbH, Frankfurt a. M. Dipl.-Ing. T. Groh, Geschäftsführer<br />
Degussa AG, Hanau Dr. C. Bauer, Company Energy Management<br />
Deutsche Essent GmbH, Düsseldorf Ir. P.J.M. van Son, Geschäftsführer<br />
Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH,<br />
Dortmund<br />
Dr.-Ing. Ralf Karpowski, Geschäftsführer<br />
E-Bridge Consulting GmbH, Bonn Dr.-Ing. J. Büchner, Geschäftsführer<br />
EEX European Energy Exchange AG, Leipzig Dr.-Ing. A. Moser, Director Clearing & Settlement<br />
EnBW Regional AG, Stuttgart Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. T. Gößmann, Vorstandsmitglied<br />
EnBW Transportnetze AG, Stuttgart Dipl.-Ing. R. Joswig, Vorstandsmitglied<br />
Energieversorgung Offenbach AG, Offenbach a. M. Dr.-Ing. K. Hunsänger, Technisches Vorstandsmitglied<br />
envia Verteilnetz GmbH, Halle/Saale Dr.-Ing. W. Gallas, Geschäftsführer<br />
E.ON Avacon AG, Helmstedt Matthias Herzog, Mitglied des Vorstandes<br />
E.ON Netz GmbH, Bayreuth Dipl.-Ing. M. Fuchs, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
EOS Holding, Lausanne (CH) Dipl.-Ing. Hans E. Schweickardt, Generaldirektor<br />
ENSO Strom AG, Dresden Dipl.-Ing. D. Behrendt, Vorstandsmitglied<br />
Fichtner GmbH & Co. KG, Stuttgart Dipl.-Ing. Ralf Eppin, Geschäftsbereichsleiter<br />
Industrial Consulting International, Mettmann Dr. rer. pol. W. Dotzenrath<br />
KELAG – Kärntner Elektrizitäts-AG, Klagenfurt (A) Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. H. Egger, Vorstandsmitglied<br />
KEMA Consulting GmbH, Bonn Dipl.-Wirt. Ing. D. Fenske, Geschäftsführer<br />
Lahmeyer International GmbH, Frankfurt<br />
Lechwerke AG, Augsburg<br />
Linz AG für Energie, Telekommunikation, Verkehr und<br />
kommunale Dienste, Linz (A)<br />
Thomas Kraneis, Leiter des Geschäfts-bereichs Energie<br />
Dipl.-Ing. Paul Waning, Vorstandsmitglied<br />
Dipl.-Ing. Dr. J. Heizinger, Vorstandsmitglied<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 15
MITGLIEDSUNTERNEHMEN DER <strong>FGE</strong><br />
MANAGEMENT ENGINEERS GmbH + CO. KG,<br />
International Consultants, Düsseldorf<br />
Dipl.-Ing. Martin Dekker, Partner<br />
Mark-E AG, Hagen Dr.-Ing. R. Bäumer, Technisches Vorstandsmitglied<br />
MVV Energie AG, Mannheim Dr. W. Dub, Technisches Vorstandsmitglied<br />
N-ERGIE Aktiengesellschaft, Nürnberg Dr.-Ing. G. Jákli, Geschäftsführer der Netz GmbH<br />
nkt cables GmbH, Köln Dr. rer. nat. V. Waschk, Direktor<br />
Pfalzwerke AG, Ludwigshafen Dipl.-Ing. G. Richter, Abteilungsleiter<br />
Pfisterer Kontaktsysteme GmbH & Co KG, Winterbach Dipl.-Ing. M. Schuster, Geschäftsführer<br />
ProCom Systemhaus und Ingenieurunternehmen GmbH,<br />
<strong>Aachen</strong><br />
PSI Aktiengesellschaft für Produkte und Systeme der<br />
Informationstechnologie, Berlin<br />
Dr. M. Scheidt, Geschäftsführer<br />
Dipl.-Ing. M. Bauer, Geschäftsbereichsleiter Energie<br />
RheinEnergie AG, Köln Dipl.-Ing. V. Staufert, Vorstandsmitglied<br />
rhenag Rheinische Energie AG, Köln Dipl.-Ing. B. Probst, Abteilungsleiter<br />
RWE Energy AG, Dortmund Dr.-Ing. J. Schneider, Leiter Asset Management<br />
RWE Transportnetz Strom GmbH, Dortmund Dr.-Ing. K. Kleinekorte, Geschäftsführer<br />
SAG Energieversorgungslösungen GmbH, Langen Dr. K.-J. Junglas, Technischer Geschäftsführer<br />
Siemens AG, Erlangen Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. U. Niehage, Vorsitzender des<br />
Bereichsvorstandes<br />
SOPTIM AG, <strong>Aachen</strong> Dr.-Ing. H. Röllinger, Vorsitzender des Vorstandes<br />
Stadtwerke <strong>Aachen</strong> AG, <strong>Aachen</strong> Dr.-Ing. J. Nachtkamp, Leiter Netzmanagement<br />
Stadtwerke Bochum GmbH, Bochum Dipl.-Ing. D. Spohn, Geschäftsführer<br />
Städtische Werke AG, Kassel Dipl.-Ing. E. Rittmeyer, Abteilungsltr. Stromversorgung<br />
Statkraft Markets GmbH, Düsseldorf Dr.-Ing. J. Tzschoppe, Regional Director New Energy<br />
Süwag Netz GmbH, Frankfurt Dipl.-Ing. M. Laufs, Geschäftsführer<br />
swb Netze GmbH & Co. KG, Bremen Dipl.-Ing. A. Krüppel, Techn. Geschäftsführer<br />
swissgrid ag, Laufenburg (CH) Dipl.-Ing. T. Tillwicks, Bereichsleiter Netzwirtschaft<br />
TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG, A-Innsbruck Dipl.-Ing. S. Oblasser, Leiter Technologieentwicklung<br />
Trianel European Energy Trading GmbH, <strong>Aachen</strong> Dipl.-Ing. R. Goethe, Geschäftsführer<br />
TÜV Süddeutschland Holding AG, München Dr.-Ing. A. Stepken, Vorstandsmitglied<br />
Vattenfall Europe Transmission GmbH, Berlin Dipl.-Ing. W. Neldner, Geschäftsführer<br />
Verbund-Austrian Power Grid AG, Wien (A) Dipl.-Ing. W. Haimbl, Direktor<br />
Vorarlberger Illwerke AG, Schruns-Rodund (A) Dipl.-Ing. H. Wiederin, Prokurist, Leiter Energiewirtschaft<br />
16<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
Risk Management in Generation and Trading Planning of Electrical Energy<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig<br />
bb@iaew.rwth-aachen.de<br />
DISSERTATIONEN<br />
Der erhöhte Kostendruck auf Stromerzeugungs- und Handelsunternehmen, resultierend aus dem derzeitigen Einsatz der<br />
Kraftwerke am freien Markt für elektrische Energie, führt dazu, dass Unternehmen ihre Risiken mit höchster Priorität<br />
steuern müssen. Da im Zuge der Liberalisierung die Unsicherheit verschiedener Eingangsgrößen der Strombeschaffung,<br />
wie z. B. die Volatilität des Strompreises, gestiegen ist, sind die Unternehmen höheren Risiken ausgesetzt. Außerdem<br />
haben Unternehmensinsolvenzen in den vergangenen Jahren gezeigt, dass ein Risikomanagement notwendig ist, um sich<br />
gegen den Ausfall von Handelspartnern abzusichern, damit durch einen solchen keine hohen Verluste entstehen. Daraus<br />
und aus Risikomanagementvorschriften folgt ein hoher und steigender Bedarf an Risikomanagementmethoden. Ziel<br />
dieser Arbeit ist die Entwicklung geeigneter Methoden, mit denen es möglich ist, unter Steuerung des Risikos eine<br />
Stromerzeugungs- und Handelsplanung durchzuführen, die einen deckungsbeitragsmaximalen Kraftwerkseinsatz liefert.<br />
Durch ein nachgeschaltetes und ein integriertes Risikomanagement, die im Rahmen dieser Arbeit entwickelt wurden,<br />
werden die Kosten und Auswirkungen der Risikoabsicherung aufgezeigt. Untersuchungen eines hydraulischen und<br />
thermischen Modellsystem zeigen, wodurch und in welchem Maße eine Absicherung der Risiken von Stromerzeugungs-<br />
und Handelsunternehmen möglich und sinnvoll ist. Zusätzlich werden die Vorteile des integrierten Risikomanagements<br />
gegenüber dem nachgeschalteten Ansatz aufgezeigt.<br />
Due to increased cost pressure on power generation<br />
and trading companies, caused by operation under<br />
market conditions, a cost-efficient management of the<br />
risks becomes more important. As a result of the liberalization<br />
of the markets for electrical energy companies<br />
are exposed to higher uncertainties within power generation<br />
and trading planning, e.g. the volatility of the<br />
electrical energy prices and of the prices for primary<br />
energies, especially natural gas. Additionally, bankruptcies<br />
of companies in the energy sector, e.g. ENRON<br />
or TXU Europe, have shown that the loss of trading<br />
partners can cause a major disprofit if not hedged<br />
appropriately. Together with risk management regulations,<br />
the need for risk management is increasing.<br />
The objective of this work is the development of adequate<br />
methods for generation and trading planning,<br />
i.e. maximization of the contribution margin, taking the<br />
risks into account. The risk management process comprises<br />
identification and analysis of the risks and their<br />
impacts as well as the control of the occurring risks.<br />
In this work two approaches, a separate ex-post and an<br />
integrated risk management method, have been<br />
developed using appropriate algorithms. The ex-post<br />
approach keeps the schedule of the power plants from<br />
the generation planning and optimizes the trading<br />
decisions by means of risk management concepts. The<br />
integrated approach yields the optimal generation and<br />
trading decision in terms of maximal contribution<br />
margin as well as minimal risk in one step.<br />
The multicriterial optimization of the maximal contribution<br />
margin as well as the minimal risk is implemented<br />
either by risk constraints which restrict the risk to a<br />
maximum or by utility functions which map the combination<br />
of contribution margin and risk to a single<br />
criterion.<br />
The investigations of two different systems, a hydraulic<br />
and a thermal dominated system, demonstrate the<br />
results of the different risk management methods. The<br />
integrated method illustrates that redispatch of hydraulic<br />
power plants can lower the risk. This is due to the<br />
long term time-coupling constraints of the storage capabilities<br />
of hydraulic power plants. The redispatch of<br />
thermal power plants does not allow to control the<br />
risks.<br />
Investigation of the effectiveness of the risk management<br />
methods using different power markets show improvement<br />
of the risk control participating in these<br />
markets compared to the redispatch. Entering markets<br />
for weather and primary energy derivatives reduces the<br />
risk of the portfolio.<br />
The investigations show the tradeoff between contribution<br />
margin and risk. Depending on the risk aversion of<br />
the company, the risk can be reduced for the trade-off<br />
of a lower contribution margin.<br />
Comparing the results of the ex-post and the integrated<br />
risk management, it can be summarized that the<br />
integrated approach is more effective. This is due to<br />
the advantage of the integrated risk management<br />
method using both redispatch of the power plants for<br />
risk management reasons and for adaptation to<br />
changed trading decisions.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 17
DISSERTATIONEN<br />
1 Einleitung<br />
Die Entwicklungen in der Energiewirtschaft in den<br />
letzten Jahren haben dazu geführt, dass die Stromerzeugungs-<br />
und Handelsunternehmen im freien Wettbewerb<br />
stehen und dem Kostendruck des Marktes<br />
ausgesetzt sind. Durch den stark gestiegenen Stromhandel<br />
orientiert sich der Strompreis am Markt für<br />
elektrische Energie und nicht mehr an den Kosten der<br />
Einzelunternehmen, so dass erhöhte Kosten, z. B. durch<br />
eingegangene Risiken, zu Verlusten im Unternehmen<br />
führen können. Vor der Liberalisierung konnten die entstandenen<br />
Kosten durch langfristige Preisanpassungen<br />
auf den Endverbraucher abgewälzt werden. Die Entwicklung<br />
zeigt, dass sich Unternehmen jetzt gegen<br />
Risiken absichern müssen, wobei unter diesen Rahmenbedingungen<br />
der Deckungsbeitrag maximiert<br />
werden soll.<br />
Im Rahmen der Entwicklungen der letzten Jahre haben<br />
sich die stochastischen Parameter der Eingangsgrößen<br />
für Stromerzeugungs- und Handelsplanung deutlich verändert.<br />
Es sind verschiedene Märkte entstanden, wie<br />
z. B. der Spotmarkt an der European Energy Exchange<br />
(EEX) in Leipzig, an dem u. a. elektrische Energie in<br />
stündlichen Produkten gehandelt wird. Die entsprechenden<br />
Preise schwanken sehr stark und lagen im<br />
Jahr 2006 zwischen 0 und 2000 Euro/MWh [1], während<br />
vor der Liberalisierung der Stromhandel meist<br />
durch langfristige Verträge mit deutlich stabileren<br />
Preisen durchgeführt wurde. Ebenso ist der Preis für<br />
Primärenergien – vor allem Gas – seit der Liberalisierung<br />
des Gasmarktes stärkeren Schwankungen unterworfen.<br />
Weiterhin sind Fluktuationen in der Vertriebslast<br />
zu beobachten, die auf das Verhalten der einzelnen<br />
Kunden zurückzuführen sind. Durch die Möglichkeit,<br />
den Stromversorger zu wählen, hat sich die Anzahl an<br />
Kunden zu einer variablen Größe entwickelt, wodurch<br />
die Schwankungen in der Vertriebslast langfristig<br />
verstärkt wurden.<br />
Die gestiegene Unsicherheit der Eingangsgrößen zeigt,<br />
dass Unternehmen einem erhöhten Risiko ausgesetzt<br />
sind und außerdem die Verantwortung für dieses Risiko<br />
selbst übernehmen müssen. Unternehmensinsolvenzen<br />
– wie bei ENRON oder TXU Europe – haben gezeigt,<br />
dass auch große Unternehmen in der Energiewirtschaft<br />
dem Insolvenzrisiko ausgesetzt sind und dass Handelspartner<br />
ausfallen können. Daher wird ein entsprechendes<br />
Risikomanagement benötigt, um sich gegen die aus<br />
dem Ausfall entstehenden Verluste abzusichern. Aus<br />
diesem Grund wird seit 1998 im Gesetz für Kontrolle<br />
und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)<br />
gefordert, Risiken – vor allem solche, die den Fortbestand<br />
des Unternehmens gefährden – zu berücksichtigen<br />
[2].<br />
Um den veränderten Anforderungen in der Energiewirtschaft<br />
gerecht zu werden, ist es notwendig, den stetig<br />
steigenden Bedarf an Risikomanagement durch geeignete<br />
Methoden zu decken. Daher ist das Ziel dieser<br />
Arbeit, durch verschiedene Risikomanagementmethoden<br />
das Risiko der Stromerzeugungs- und Handelsunternehmen<br />
kostenminimal zu reduzieren.<br />
2 Analyse und Modellbildung<br />
2.1 Systemabgrenzung und Planungsunsicherheiten<br />
In der Stromerzeugungs- und Handelsplanung wird das<br />
Beschaffungsportfolio für elektrische Energie eines<br />
Unternehmens meist im Zeitbereich von bis zu einem<br />
Jahr optimiert. Dabei besteht, wie in Bild 1 dargestellt,<br />
die Möglichkeit, Strom an börslichen Handelsplätzen<br />
oder bilateral von anderen Unternehmen zu unsicheren<br />
Preisen zu beziehen oder die elektrische Energie in<br />
eigenen thermischen und hydraulischen Kraftwerken zu<br />
erzeugen. Hydraulische Kraftwerke sind dabei in ihrem<br />
Einsatz von der dargebotenen Menge an Wasser<br />
abhängig; der Einsatz thermischer Kraftwerke ist durch<br />
die Brennstoffe bestimmt, die bei den Primärenergien,<br />
Gas und Steinkohle, einer Preisunsicherheit ausgesetzt<br />
sind. Außerdem stehen thermische Kraftwerke zu<br />
bestimmten Zeiten plan- oder außerplanmäßig nicht zur<br />
Verfügung, und es müssen CO 2 -Zertifikate für die<br />
Verstromung der Primärenergien beschafft werden.<br />
Handelspartner, mit denen Verträge über Primärenergielieferungen<br />
oder ein Handel mit elektrischer Energie<br />
vereinbart wurden, können ausfallen, wodurch eine<br />
weitere Unsicherheit im System auftritt.<br />
Strompreise<br />
Fahrplanenergiemarkt<br />
dargebotsabh.<br />
Erzeugung<br />
∼<br />
hydr.<br />
Erzeugung<br />
Planungsunsicherheiten<br />
Ausfall von<br />
Handelspartnern<br />
Versicherungs-/<br />
Derivatemarkt<br />
abgeschl.<br />
Geschäfte<br />
Reservemarkt<br />
∼<br />
therm.<br />
Erzeugung<br />
Dargebot Zuflüsse Nachfrage<br />
Bild 1: Systemabgrenzung<br />
Primärenergiepreise<br />
Primärenergiemärkte<br />
Verträge<br />
Emissionszertifikate<br />
Kraftwerksausfälle<br />
Ausfall von<br />
Handelspartnern<br />
Handelsunternehmen, die elektrische Energie an<br />
Endkunden vertreiben, versorgen durch Handel mit<br />
elektrischer Energie ihre Kunden, deren Nachfrage nur<br />
unter Unsicherheit prognostiziert werden kann. Für<br />
Windenergieanlagenbetreiber ist der Wind, der ins<br />
18 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Netz eingespeist wird, eine Größe, die gerade im<br />
mittelfristigen Zeitbereich enormen Schwankungen<br />
unterliegt. Systemdienstleistungen, wie z. B. die<br />
Reserve, sind alternative Absatzmärkte für Kraftwerksbetreiber.<br />
Bild 1 zeigt einen Überblick über alle Systemkomponenten<br />
und die entsprechenden Unsicherheiten.<br />
Je nach Unternehmenstyp und -größe sind bestimmte<br />
Komponenten nicht Bestandteil des betrachteten<br />
Unternehmens.<br />
2.2 Risikobetrachtung<br />
Das Risikomanagement kann in verschiedene Schritte<br />
unterteilt werden, wobei am Anfang immer eine<br />
Identifikation und entsprechende Analyse der Risiken<br />
und der passenden Absicherungsinstrumente steht.<br />
Anschließend können diese Risiken je nach Risikoaversion<br />
gesteuert werden.<br />
Unter Risikosteuerung wird die aktive Beeinflussung<br />
der Risikopositionen durch entsprechende Instrumente<br />
verstanden. Dies kann auf unterschiedliche Weise<br />
geschehen und wird im Folgenden anhand eines<br />
Beispiels erläutert:<br />
Werden zwei Positionen (Wertpapiere, Produkte auf<br />
elektrische Energie, usw.) betrachtet, die verschiedene<br />
Renditen sowie unterschiedliche Risiken aufweisen,<br />
können durch Mischung dieser zwei Positionen beliebig<br />
viele Portfolios realisiert werden. Die zu erwartende<br />
Rendite des Portfolios lässt sich aus den Renditen der<br />
Einzelpositionen und der Zusammensetzung des<br />
Portfolios bestimmen. Das Risiko des Portfolios hängt<br />
von den Einzelrisiken und der Korrelation der Positionen<br />
ab. Bei vollständig korrelierten Positionen lässt sich<br />
sogar ein risikoloses Portfolio konstruieren. In Bild 2<br />
sind – durch die Verbindungslinie zwischen den zwei<br />
Positionen, dessen steigender Ast als effektiver Rand<br />
des Portfolios bezeichnet wird – für zwei korrelierende<br />
Positionen alle zu realisierenden Portfolios aufgetragen.<br />
Risiko<br />
Risikogrenze<br />
Position 2<br />
zu realisierendes Portfolio<br />
bei Risikobegrenzung Position 1<br />
Bild 2: Risikomodellierung<br />
Rendite<br />
Isonutzenfunktionen<br />
steigender<br />
Nutzen<br />
zu realisierendes Portfolio<br />
bei Nutzenmaximierung<br />
DISSERTATIONEN<br />
Wird eine Risikorestriktion eingeführt, die es verbietet,<br />
eine bestimmte Risikogrenze zu überschreiten, werden<br />
alle Portfolios, die innerhalb des grau schraffierten<br />
Bereiches liegen, aus der Menge der erlaubten Portfolios<br />
entfernt. Erfolgt anschließend eine Maximierung<br />
der Rendite des Risikos, wird das in Bild 2 gekennzeichnete<br />
Portfolio realisiert.<br />
Alternativ zur Begrenzung des Risikos kann das Risiko<br />
unter Maximierung der Rendite minimiert werden.<br />
Dafür wird jeder Risiko-Rendite-Kombination ein<br />
Nutzen zugeordnet. Wird Risikoaversion vorausgesetzt,<br />
kann ein höheres Risiko durch eine höhere Rendite<br />
entschädigt werden, wodurch Funktionen gleichen<br />
Nutzens entstehen, die im Folgenden Isonutzenfunktionen<br />
genannt werden. Alle Portfolios, die auf einer<br />
Isonutzenfunktion liegen, die durch quadratische<br />
Funktionen modelliert werden, spenden dem Anwender<br />
den gleichen Nutzen. Wie in Bild 2 gezeigt, gibt es<br />
beliebig viele dieser Isonutzenfunktionen mit unterschiedlichem<br />
Nutzen. Das Portfolio mit maximalem<br />
Nutzen befindet sich damit auf dem Schnittpunkt des<br />
effektiven Rand der Portfoliofunktion und der Isonutzenfunktion<br />
mit höchstem Nutzen. Mathematisch ist in<br />
diesem Portfolio die Steigung der zwei Funktionen<br />
gleich. Durch diese Vorgehensweise kann eine multikriterielle<br />
Optimierung durchgeführt werden, bei der die<br />
Rendite maximiert und das Risiko minimiert wird, was<br />
gleichbedeutend mit einer Nutzenmaximierung ist.<br />
p(Rendite)<br />
CVaR α<br />
Bild 3: Conditional Value at Risk (CVaR)<br />
α<br />
Rendite<br />
Um die Idee der Risikosteuerung umzusetzen, ist es<br />
notwendig, die abstrakte Größe Risiko zu quantifizieren.<br />
Dies wird mit Hilfe von Risikomaßen durchgeführt,<br />
für die es unterschiedliche Ansätze gibt. Neben bestimmten<br />
Eigenschaften [3], die das Risikomaß erfüllen<br />
sollte, ist es für den Praxiseinsatz wichtig, dass das<br />
ausgewählte Risikomaß eine für die Praxis geeignete<br />
und verständliche Größe ist. Nach eingehender Analyse<br />
verschiedener Risikokenngrößen hat sich die Klasse der<br />
Risikomaße des Conditional Value-at-Risk (CVaR) als<br />
nachvollziehbar und für die Praxis geeignet herausgestellt.<br />
Bild 3 zeigt, dass der CVaR das gewichtete Mittel<br />
der Verluste ist, die innerhalb einer bestimmten<br />
Wahrscheinlichkeit α liegen, welche Konfidenzintervall<br />
genannt wird. Der CVaR ist somit der Erwartungswert<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 19
DISSERTATIONEN<br />
des Deckungsbeitrags der α Prozent schlechtesten<br />
Szenarien.<br />
3 Methodisches Vorgehen und Verfahren<br />
Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei Module zum<br />
Risikomanagement entwickelt. Das erste Modul dient<br />
als nachgeschaltetes Risikomanagement im Anschluss<br />
an die Stromerzeugungs- und Handelsplanung (SEHP)<br />
[4]. Durch diesen zweistufigen Ansatz soll gezeigt<br />
werden, zu welchen Kosten das Risiko reduziert werden<br />
kann. Dabei stehen lediglich Steuerungsinstrumente für<br />
das Risikomanagement zur Verfügung, die die Entscheidungen<br />
des Kraftwerkseinsatzes der Stromerzeugungs-<br />
und Handelsplanung als Vorgabe übernehmen<br />
und nicht revidieren können.<br />
Das zweite Risikomanagement-Modul ist in die Stromerzeugungs-<br />
und Handelsplanung integriert, so dass die<br />
Entscheidungen der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
sowie der Risikoabsicherung in einem Schritt<br />
getroffen werden [4]. Dadurch wird es möglich, Synergien<br />
aus dieser gemeinsamen Optimierung zu nutzen,<br />
so dass die Kosten einer Risikoreduktion gesenkt<br />
werden. Außerdem ergeben sich neue Steuerungsinstrumente,<br />
die z. B. durch eine Verschiebung eines<br />
Kraftwerkseinsatzes oder durch Abschluss von Stromlieferverträgen<br />
das Risiko beeinflussen.<br />
Durch das vorgestellte methodische Vorgehen sollen<br />
die Kosten einer Risikoreduktion durch die oben<br />
gezeigten Ansätze untersucht werden. Dafür wurden in<br />
dieser Arbeit Verfahren entwickelt, welche die technischen<br />
und wirtschaftlichen Restriktionen in der Stromerzeugungs-<br />
und Handelsplanung abbilden und das<br />
Risiko sowohl in den Nebenbedingungen als auch in<br />
der Zielfunktion berücksichtigen.<br />
Das nachgeschaltete Risikomanagement muss ein<br />
quadratisches Optimierungsproblem lösen, welches<br />
durch eine Quadratische Programmierung gelöst wird.<br />
Im integrierten Risikomanagement müssen zusätzlich<br />
die technischen Eigenschaften der Kraftwerke abgebildet<br />
werden, wodurch sich ein nicht-lineares Problem<br />
mit Ganzzahligkeitsentscheidungen ergibt. Die Lösung<br />
erfolgt durch einen Zerlegungsansatz im Systembereich,<br />
so dass die systemkoppelnden Nebenbedingungen<br />
für Fahrplanenergie, Reserve und Risiko koordiniert<br />
werden müssen. Die Optimierungsprobleme der<br />
einzelnen Systemkomponenten werden jeweils separat<br />
mit den entsprechend besten Algorithmen gelöst [4].<br />
Diesem iterativen Ansatz wird eine geschlossene<br />
Lösung unter Übernahme der getroffenen Ganzzahligskeitsentscheidungen<br />
nachgeschaltet, wodurch die<br />
Einhaltung der systemkoppelnden Nebenbedingungen<br />
garantiert werden kann.<br />
4 Exemplarische Untersuchungen<br />
Die entwickelten Risikomanagementmethoden werden<br />
anhand zweier Modellsysteme bewertet. System A<br />
repräsentiert ein für den alpinen Raum typisches<br />
hydraulisches Erzeugungssystem und ist an den<br />
österreichischen Kraftwerkspark angelehnt. Die<br />
Erzeugungsleistung dieses Systems entspricht etwa<br />
10 % der in Österreich in Speicher- und Pumpspeicherkraftwerken<br />
installierten Turbinen- und Pumpleistung.<br />
Das Modellsystem D ist an den deutschen Kraftwerkspark<br />
angelehnt und entspricht etwa 5 % der in<br />
Deutschland in thermischen und hydraulischen Kraftwerken<br />
installierten Leistung. Beide Erzeugungsmodelle<br />
repräsentieren damit unterschiedliche mitteleuropäische<br />
Unternehmen.<br />
Die Brennstoffe der Kraftwerke werden über den<br />
Brennstoffmarkt eingekauft, wobei für Steinkohle und<br />
Erdgas von unsicheren Preisen ausgegangen wird. Die<br />
Zuflüsse zu den Speicherbecken des hydraulischen<br />
Systems weisen ebenfalls Unsicherheiten auf.<br />
Der Handel am Markt wird in verschiedenen Stufen<br />
untersucht. In einer ersten Stufe werden die Kraftwerke<br />
gegen einen kurzfristigen Markt mit Unsicherheiten,<br />
z. B. einen Spotmarkt oder eine Hourly Price Forward<br />
Curve, vermarktet. In der zweiten Stufe werden zusätzlich<br />
Future- und Optionsmarkt genutzt, um das Risiko zu<br />
reduzieren. Die dritte Stufe erlaubt ausserdem den<br />
Handel von handelsüblichen Brennstoff- und Wetterderivaten<br />
zur Absicherung der Brennstoffpreis- und<br />
Zuflussunsicherheit.<br />
Die Unsicherheiten des Modells werden durch einen<br />
Szenarienbaum abgebildet, der durch Zusammenfassen<br />
von jeweils 1 000 multivariaten Szenarien sämtlicher<br />
Unsicherheiten auf 50 Szenarien reduziert wurde [5].<br />
Als Planungszeitraum wird das Kalenderjahr <strong>2007</strong><br />
definiert.<br />
Der jeweils effiziente Rand für das hydraulische<br />
Modellsystem A wird mit Hilfe einer Vielzahl an<br />
Einzelrechnungen abgetastet und in Bild 4 gezeigt. Für<br />
die erste Stufe des integrierten Risikomanagements<br />
ergibt sich für den risikoneutralen Anwender ein<br />
Deckungsbeitrag von 109,6 Mio. Euro und ein CVaR 10<br />
von -86,9 Mio. Euro, d. h. ein Deckungsbeitrag von 86,9<br />
Mio. Euro in den schlechtesten Szenarien.<br />
20 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
CVaR 10<br />
-85,0<br />
Mio. €<br />
-89,0<br />
-91,0<br />
-93,0<br />
-95,0<br />
-97,0<br />
-99,0<br />
-101,0<br />
-103,0<br />
3. Stufe<br />
1. Stufe<br />
2. Stufe<br />
steigende<br />
Risikoaversion<br />
-105,0<br />
108,8 109,0 109,2 109,4 Mio. € 109,8<br />
nachgeschaltetes Risikomanagement<br />
integriertes Risikomanagement<br />
Bild 4: Portfoliokurven für das System A<br />
Deckungsbeitrag<br />
Die zeitlichen Kopplungen über mehrere Monate, die<br />
sich durch die Speicherbecken ergeben, erlauben das<br />
Verschieben von Kraftwerkseinsätzen zur Reduktion des<br />
Risikos. So kann z. B. Wasser zu einem früheren<br />
Zeitpunkt turbiniert werden, um Deckungsbeiträge zu<br />
realisieren, die zwar kleiner sind als bei späterer<br />
Nutzung des Wassers, dafür jedoch aufgrund der<br />
geringeren Unsicherheit zu einem niedrigeren Risiko<br />
führen. Damit kann durch Veränderungen der Einsatzentscheidungen<br />
der hydraulischen Kraftwerke bei<br />
Risikoaversion das Risiko reduziert werden.<br />
Nach Bild 4 ist bei Nutzung aller Strommärkte (Stufe 2)<br />
eine deutliche Verbesserung des Risikomanagements<br />
erzielbar. Durch das Risikomanagement kann bei vernachlässigbarer<br />
Reduktion des erwarteten Deckungsbeitrages<br />
der CVaR 10 von -86,9 Mio. Euro auf -88,0<br />
Mio. Euro vermindert werden. Ist das Risiko hingegen<br />
bereits stark reduziert, kann es nur unter Inkaufnahme<br />
starker Deckungsbeitragseinbußen noch weiter verringert<br />
werden. Dieser Effekt ist in dem konvexen Verlauf<br />
der Portfoliofunktion zu erkennen, der sich bei allen<br />
untersuchten Portfoliofunktionen zeigt.<br />
In der dritten Stufe kann durch Verwendung von<br />
zusätzlichen Wetterderivaten, welche die Zuflüsse zu<br />
den Speicherbecken absichern, das Risiko weiter<br />
DISSERTATIONEN<br />
reduziert werden. Bei dem hier betrachteten hydraulischen<br />
System wirkt sich die Unsicherheit der Zuflüsse<br />
deutlich stärker als die Strompreisunsicherheit auf das<br />
Risiko des Unternehmens aus. Da Terminprodukte für<br />
elektrische Energie durch ihre längeren Erfüllungszeiträume<br />
den Strompreis vergleichmäßigen, sind diese nur<br />
bedingt für die Vermarktung hydraulischer Kraftwerke<br />
geeignet. Daher ist das Risikomanagement in den<br />
ersten beiden Stufen deutlich uneffektiver als in der<br />
dritten Stufe. Durch das Risikomanagement ist in der<br />
dritten Stufe eine Reduktion des CVaR um mehr als<br />
20 % möglich, bei einer Verschlechterung des erwarteten<br />
Deckungsbeitrages von weniger als 1 %.<br />
Das nachgeschaltete Risikomanagement übernimmt<br />
den Kraftwerkseinsatz aus einer vorgelagerten Stromerzeugungsplanung<br />
und schließt ein Risikomanagement<br />
mit Finanzinstrumenten ein [4]. In der ersten Stufe<br />
ist ein nachgeschaltetes Risikomanagement nicht<br />
sinnvoll, da nur ein kurzfristiger Markt für elektrische<br />
Energie genutzt werden kann. In den beiden anderen<br />
Stufen wird der nachgeschaltete Ansatz mit dem<br />
Integrierten verglichen. Es zeigt sich, dass die Ergebnisse<br />
der beiden Ansätze bei geringer Risikoaversion<br />
nahezu identisch sind. Bei steigender Risikoaversion<br />
kann das Risiko mit Hilfe des integrierten Risikomanagements<br />
kostengünstiger und stärker reduziert werden.<br />
Für das Modellsystem D ergeben sich für die drei<br />
Stufen die in Bild 5 dargestellten effizienten Ränder der<br />
Portfoliofunktionen. In der ersten Stufe des integrierten<br />
Risikomanagements wird für einen risikoneutralen Anwender<br />
ein erwarteter Deckungsbeitrag von 1 105 Mio.<br />
Euro bei einem CVaR 10 von -850 Mio. Euro realisiert.<br />
Eine höhere Risikoaversion ändert dieses Ergebnis nur<br />
unwesentlich, so dass die gesamte Portfoliofunktion<br />
auf einen Punkt schrumpft. Der Einsatz der Kraftwerke<br />
und die Handelsentscheidungen am Spotmarkt bleiben<br />
durch das Risikomanagement nahezu unverändert, so<br />
dass durch die Einsatzverschiebungen der thermischen<br />
Kraftwerke in diesem Modellsystem keine Steuerung<br />
der Risiken möglich ist.<br />
Für die zweite Stufe ergeben sich im risikoneutralen<br />
Fall Ergebnisse, die hinsichtlich Risiko und Deckungsbeitrag<br />
nur unwesentlich besser sind als die der ersten<br />
Stufe. Die geringfügige Verbesserung ist im Kauf<br />
einzelner Terminprodukte begründet, die in der zweiten<br />
Stufe eine Deckungsbeitragssteigerung erwarten<br />
lassen. Ein risikoaverser Anwender kann das Risiko in<br />
Abhängigkeit von der zu tolerierenden Deckungsbeitragsminderung<br />
steuern. Bei steigender Risikoaversion<br />
wird das Portfolio dahingehend verändert, dass das<br />
Risiko zu Lasten des erwarteten Deckungsbeitrages<br />
reduziert wird.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 21
DISSERTATIONEN<br />
CVaR 10<br />
-800<br />
Mio. €<br />
-900<br />
-950<br />
-1 000<br />
2. Stufe<br />
1. Stufe<br />
-1 050<br />
-1 100<br />
3. Stufe<br />
steigende<br />
Risikoaversion<br />
1 070 1 080 1 090 1 100 Mio. € 1 120<br />
nachgeschaltetes Risikomanagement<br />
integriertes Risikomanagement<br />
Bild 5: Portfoliokurven für das System D<br />
Deckungsbeitrag<br />
Auch für das thermische System lässt sich ein konvexer<br />
Verlauf der Portfoliofunktionen erkennen. Damit ist für<br />
eine Risikoreduktion z. B. auf -1 000 Mio. Euro nur eine<br />
verhältnismäßig geringe Deckungsbeitragseinbuße von<br />
5 Mio. Euro in Kauf zu nehmen. Höhere Reduktionen<br />
des Risikos können nur unter Inkaufnahme eines<br />
deutlich geringeren Deckungsbeitrages erzielt werden.<br />
Durch die dritte Stufe des Risikomanagements ergeben<br />
sich im Vergleich zur zweiten Stufe zusätzliche Risikosenkungspotenziale,<br />
so dass bei einer Deckungsbeitragseinbuße<br />
von weniger als 2 % der CVaR um etwa<br />
20 % verringert werden kann. Dies lässt sich dadurch<br />
erklären, dass die in der zweiten Stufe bestehende<br />
Unsicherheit der Primärenergiepreise in der dritten<br />
Stufe durch Primärenergiederivate abgesichert werden<br />
kann.<br />
Beim Vergleich der integrierten Risikomanagementmethode<br />
mit dem nachgeschalteten Ansatz zeigt sich auch<br />
beim thermischen System ein Vorteil des integrierten<br />
Ansatzes. Dieser besteht in der Anpassungsmöglichkeit<br />
der Einsatzentscheidungen der Kraftwerke an risikoär-<br />
mere Handelsaktivitäten, die beim nachgeschalteten<br />
Risikomanagement nicht mehr möglich ist.<br />
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass mit<br />
verschiedenen Methoden eine Risikosteuerung in der<br />
Stromerzeugungs- und Handelsplanung durchgeführt<br />
werden kann, um je nach Risikobereitschaft des<br />
Unternehmens die optimale Entscheidung hinsichtlich<br />
Risiko und erwartetem Deckungsbeitrag zu treffen. Das<br />
integrierte Risikomanagement bietet zusätzliche<br />
wirtschaftliche Vorteile gegenüber einem nachgeschalteten<br />
Ansatz.<br />
5 Literatur<br />
[1] Internetseite der European Energy Exchange<br />
http://www.eex.de<br />
Ergebnisse Spotmarkt 2006<br />
Stand 15.02.<strong>2007</strong><br />
[2] Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich<br />
Deutscher Bundestag, 1998, Artikel 2<br />
[3] Blaesig, B.; Haubrich, H.-J.<br />
Methods of Risk Management in the Generation<br />
and Trading Planning<br />
IEEE St. Petersburg PowerTech 2005<br />
[4] Blaesig, B.<br />
Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und<br />
Handelsplanung<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 113, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />
[5] Schmöller, H. K.<br />
Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen<br />
Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 103, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> 2005<br />
22 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
DISSERTATIONEN<br />
Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten Strommarkt<br />
Valuation of Generating Assets and Contracts in Deregulated Electricity Markets<br />
Dr.-Ing. Thomas Hartmann<br />
thomas.hartmann@iaew.rwth-aachen.de<br />
Stromerzeugungsunternehmen müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit unter derzeitigen und zukünftig zu erwartenden<br />
Randbedingungen sicherstellen. Für bestehende Kraftwerke und Strombezugsverträge muss die Einsatz- und Vermarktungsstrategie<br />
optimiert werden, langfristig ist die strategische Ausrichtung des Erzeugungsportfolios festzulegen. Im<br />
Rahmen dieser Dissertation wurde ein Verfahren zur Ermittlung des potenziellen, d. h. den auf Planungsdaten basierten<br />
Wertes von thermischen und hydraulischen Kraftwerken sowie Strombezugsverträgen unter Berücksichtigung verschiedener<br />
Vermarktungsalternativen sowie eines evtl. bereits bestehenden Kraftwerksparks entwickelt.<br />
Due to the deregulation of the energy sector, energy<br />
supply companies are exposed to structural changes. In<br />
this competitive environment, power generating<br />
companies have to make operational and strategic<br />
decisions with respect to the development of energy<br />
markets. Having regard to the age distribution of the<br />
power plants in Germany, a high replacement demand<br />
emerges. Furthermore, political decisions, e.g. the<br />
abandoning of nuclear energy or the strong subsidy of<br />
renewable energy, influence investment decisions in<br />
new capacity.<br />
In order to secure sustainable competitiveness, generating<br />
companies have to cope with the new conditions.<br />
For existing power plants, the marketing strategy has to<br />
be verified. Besides whole-sale markets for electrical<br />
energy, arising markets for ancillary services become<br />
more relevant. Moreover, the future generating portfolio<br />
has to be decided. Hence, the objective of this work<br />
is the development of a method to valuate thermal and<br />
hydraulic power plants as well as energy supply<br />
contracts. Markets for electrical energy and ancillary<br />
services as well as interactions and synergies of an<br />
existing pool of power plants have to be included in the<br />
valuation.<br />
The valuation period for new investments has to cover<br />
the entire period of expected useful life, whereas the<br />
comparison to plants to be replaced has to consider<br />
only remaining future payments that can be influenced.<br />
For existing plants, a shorter period could be of interest<br />
in order to valuate the potential of an optimized<br />
marketing and operation strategy.<br />
In order to earn revenues, generating companies have<br />
the opportunity to participate in whole-sale markets for<br />
electrical energy. Furthermore, new markets for<br />
ancillary services arise due to the legal unbundling of<br />
the business divisions transport/distribution and<br />
generation. Especially markets for reserve are a<br />
relevant alternative to whole-sale markets for electrical<br />
energy. However, the participation in reserve markets<br />
is subject to organisational and technical restrictions,<br />
such as a separated compensation for reserve capacity<br />
and energy as well as minimum quantities of supply,<br />
ramp-rates, time and energy availability.<br />
In addition to market restrictions, technical constraints<br />
for the operation of thermal and hydraulic power plants<br />
affect the in- and outpayments. Besides, planning<br />
uncertainties for prices and quantities have influence<br />
on the value of a power plant. Contracts are mostly<br />
related to real power plants regarding the payment<br />
structure and restrictions.<br />
For the quantification of the operation-related payments<br />
during a period of one year, a stochastic optimization<br />
method for generation and trading planning<br />
(GTP) is applied. In order to cover a valuation period of<br />
several years, the GTP is applied successively. Since<br />
the method for GTP is implemented by using different<br />
algorithms, shorter calculation times can be achieved<br />
by a reduction of the modelling accuracy for technical<br />
and organisational restrictions.<br />
Exemplary results demonstrate that a simplification of<br />
the modelling accuracy may lead to a false estimation<br />
of the plant value, especially for steam-turbine plants<br />
that are at the money. The potential for an optimized<br />
marketing strategy for electrical energy and reserve<br />
quantified by means of GTP may be significant but is<br />
dependent on the type of plant and the markets under<br />
consideration. Especially thermal plants that are limited<br />
in their operational flexibility have only minor advantages<br />
by participating in reserve markets. Considering a<br />
pool of power plants, it can be demonstrated that e.g. a<br />
flexible pump-storage plant in combination with a coalfired<br />
thermal plant has operational advantages for the<br />
marketing of reserve. The disposition of reserve power<br />
and reserve energy leads to operation cost and marketing<br />
advantages compared to a stand-alone operation.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 23
DISSERTATIONEN<br />
1 Einleitung<br />
Die Liberalisierung des Energiesektors auf europäischer<br />
wie nationaler Ebene hat zu einem grundlegenden<br />
Strukturwandel für alle Geschäftsbereiche der Energieversorgungsunternehmen<br />
geführt. Das politische Ziel,<br />
die früheren Versorgungsmonopole in ein Wettbewerbsumfeld<br />
zu überführen, zwingt die Stromerzeugungsunternehmen,<br />
ihre operativen sowie strategischen<br />
Entscheidungen stärker am Markt auszurichten.<br />
Aus dem hohen Alter der in Deutschland installierten<br />
Kraftwerke ergibt sich ein deutlicher Ersatzbedarf, dem<br />
die Stromerzeugungsunternehmen bereits durch<br />
zahlreiche Neubauprojekte begegnen. Zudem werden<br />
durch politische Entscheidungen, z. B. der Ausstieg aus<br />
der Kernenergienutzung sowie die forcierte Förderung<br />
von erneuerbaren Energiequellen, Impulse für die<br />
zukünftige Zusammensetzung des Erzeugungsparks<br />
gegeben, die in Investitionsentscheidungen einfließen.<br />
Die Märkte, die sich Stromerzeugungsunternehmen<br />
heutzutage für die Vermarktung ihrer Kraftwerke<br />
bieten, sind neben dem mittlerweile etablierten Handel<br />
von Fahrplanenergie neu entstandene Märkte für die<br />
Systemdienstleistungen der Übertragungsnetzbetreiber.<br />
Stromerzeugungsunternehmen müssen unter den<br />
derzeitigen sowie zukünftig zu erwartenden Rahmenbedingungen<br />
ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen.<br />
Dazu muss die Vermarktungsstrategie bestehender<br />
Kraftwerke auf zusätzliche Erlös- und Kostenvorteile hin<br />
überprüft und über die zukünftige strategische Ausrichtung<br />
des Erzeugungsportfolios entschieden werden, die<br />
Neubau und Stilllegung von Kraftwerksanlagen sowie<br />
den Abschluss von Verträgen umfasst. Um Fehleinschätzungen<br />
der Wirtschaftlichkeit insbesondere von<br />
kapitalintensiven Investitionen in neue Kraftwerksanlagen<br />
mit langjähriger Kapitalbindungsdauer zu vermeiden,<br />
sind geeignete Bewertungsverfahren notwendig.<br />
Das Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Verfahrens<br />
zur Quantifizierung des potenziellen, d. h. planungsdatenbasierten<br />
Wertes von thermischen und<br />
hydraulischen Kraftwerken sowie Strombezugsverträgen<br />
unter Berücksichtigung verschiedener Vermarktungsalternativen<br />
sowie eines evtl. bereits vorhandenen<br />
Kraftwerkspools.<br />
2 Analyse<br />
2.1 Betrachtungszeitraum<br />
Für die Fragestellung der Investition in Kraftwerke liegt<br />
entweder ein Auswahlproblem alternativer Investitionsobjekte<br />
oder das Problem der Ersatzinvestition vor.<br />
Als Alternative zu einer Investitionsentscheidung für<br />
unterschiedliche Kraftwerkstypen besteht die Möglichkeit<br />
eines Bezuges am Strommarkt oder eines Vertragsabschlusses.<br />
Bei der Investitionsrechnung sind nur diejenigen<br />
Zahlungen zu berücksichtigen, die durch die betrachtete<br />
Entscheidung ausgelöst werden. Falls Investitionsalternativen<br />
neuer Erzeugungsanlagen betrachtet werden,<br />
sind z. B. über den Zeitraum der betriebsgewöhnlichen<br />
Nutzung alle Zahlungen inkl. der Anschaffungsauszahlung<br />
einzubeziehen. Bei Ersatzinvestitionsentscheidungen<br />
hingegen wurde die Anschaffungsauszahlung eines<br />
bestehenden Kraftwerks bereits geleistet und ist somit<br />
als sog. sunk costs anzusehen. Nur die noch zu beeinflussenden<br />
Zahlungsströme sind bei einem Vergleich zu<br />
berücksichtigen [1].<br />
Für bestehende Kraftwerke oder Verträge hingegen ist<br />
analog wie bei der Frage der Ersatzinvestition existierender<br />
Anlagen nur der Zeitraum entscheidungsrelevant,<br />
für den beeinflussbare Zahlungsströme anfallen.<br />
Hierbei kann es jedoch von Interesse sein, ob durch<br />
eine optimierte Vermarktungs- oder Nutzungsstrategie<br />
höhere Einzahlungsüberschüsse innerhalb eines<br />
kürzeren Betrachtungszeitraums erzielt werden können.<br />
2.2 Vermarktungsmöglichkeiten für<br />
Kraftwerke<br />
Um Einzahlungsüberschüsse zu erzielen, stehen<br />
Kraftwerksbetreibern unterschiedliche Vermarktungsmöglichkeiten<br />
zur Verfügung: Mit der Liberalisierung<br />
wurden die Rahmenbedingungen für einen liquiden<br />
Handel von Fahrplanenergie geschaffen. Es bestehen<br />
die Möglichkeiten des direkten bilateralen Handels mit<br />
einem Handelspartner oder der indirekten Beschaffung<br />
oder Vermarktung mittels eines Brokers. Diesem sog.<br />
over-the-counter (OTC) Handel steht der Handel an<br />
Strombörsen wie bspw. an der European Energy<br />
Exchange (EEX) in Leipzig gegenüber, die einen organisierten<br />
Markt für elektrische Energie darstellen.<br />
Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) müssen einen<br />
sicheren Systembetrieb gewährleisten, wozu die<br />
Vorhaltung von Systemdienstleistungen (SDL) erforderlich<br />
ist. Für die Bereitstellung von SDL können z. T.<br />
Betriebsmittel genutzt werden, die zum Anlagenbestand<br />
der ÜNB gehören. Teilweise sind ÜNB jedoch<br />
darauf angewiesen, auf Kraftwerke zurückzugreifen.<br />
Aufgrund des Unbundling der Geschäftsbereiche<br />
Transport/Verteilung von den Bereichen Erzeugung/Handel/Vertrieb<br />
[2] haben ÜNB keinen direkten<br />
Zugriff auf Kraftwerke und müssen daher u. a. Reserve<br />
von Kraftwerksbetreibern beschaffen und entsprechend<br />
24 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
vergüten. Daraus ergeben sich für Kraftwerksbetreiber<br />
zusätzliche Absatzalternativen zur Fahrplanenergie.<br />
Bei der Bereitstellung von SDL stellt die zu Wettbewerbskonditionen<br />
beschaffte Reserve für Kraftwerksbetreiber<br />
eine wesentliche Vermarktungsalternative zur<br />
Fahrplanenergie dar. Nach technischen und organisatorischen<br />
Gesichtspunkten lassen sich eigenständige<br />
Produkte von der Fahrplanenergie abgrenzen. Seit 2001<br />
schreiben die deutschen ÜNB ihren gesamten Bedarf<br />
für die Reservequalitäten Primärregelreserve (PRR),<br />
Sekundärregelreserve (SRR) und Minutenreserve (MR)<br />
in einem Auktionsverfahren aus. Für die Teilnahme am<br />
Reservemarkt werden seitens der ÜNB Anforderungen<br />
spezifiziert, die u. a. Mindestangebotsmengen vorgeben<br />
sowie Anforderungen bzgl. Leistungsänderungsgeschwindigkeit<br />
(LÄG) und Zeit- sowie Arbeitsverfügbarkeit<br />
fordern und im Rahmen eines Präqualifikationsverfahrens<br />
überprüft werden. Die Auswahl der Angebote<br />
passiert in zwei Stufen: In der ersten Stufe erfolgt die<br />
Auswahl der Beschaffung von Reserveleistung (RL)<br />
anhand der Leistungspreis-merit-order. Abhängig von<br />
allen Angeboten der Marktteilnehmer, in denen u. a.<br />
Angebotsleistung und Leistungspreis spezifiziert sind,<br />
nominiert der ÜNB die Anbieter in aufsteigender<br />
Leistungspreisreihenfolge, um seinen Reservebedarf zu<br />
decken. Im Fall der SRR und MR erfolgt in der zweiten<br />
Stufe die Auswahl für die Lieferung der Reservearbeit<br />
(RA) auf Basis der Arbeitspreis-merit-order der zuvor<br />
ausgewählten Angebote zur Leistungsbereitstellung,<br />
die PRR wird unselektiv ohne Vergütung eines Arbeitspreises<br />
eingesetzt [3].<br />
2.3 Technische und organisatorische<br />
Restriktionen<br />
Die Erzeugung elektrischer Energie in thermischen<br />
Kraftwerken ist ein komplexer thermodynamischer<br />
Prozess, aus dem sich für den Kraftwerksbetrieb<br />
Restriktionen ergeben. Hydraulische Kraftwerke<br />
hingegen zeichnen sich durch die Disposition begrenzter<br />
Wassermengen innerhalb technischer Grenzen und<br />
gegebener topologischer Gegebenheiten aus. Weiterhin<br />
müssen bei der Erzeugung elektrischer Energie<br />
sowie bei der Bereitstellung von Reserve u. U. verschiedenenartige<br />
organisatorische Randbedingungen<br />
für den Einsatz thermischer und hydraulischer Kraftwerke<br />
eingehalten werden.<br />
In Tab. 1 sind technische und organisatorische Restriktionen<br />
beim Kraftwerksbetrieb zusammengefasst.<br />
Diese Restriktionen haben Einfluss auf die betriebsabhängigen<br />
Kosten. Außerdem können technische<br />
Restriktionen in Verbindung mit technischen oder<br />
organisatorischen Anforderungen der Märkte für<br />
DISSERTATIONEN<br />
Fahrplanenergie und Reserve die Erlöse beeinflussen.<br />
Die Einsatzmöglichkeiten von Verträgen und Kraftwerksscheiben<br />
orientieren sich zumeist an den technischen<br />
Restriktionen von realen Kraftwerken.<br />
thermische Kraftwerke hydraulische Kraftwerke<br />
Leistungsgrenzen<br />
Leistungsänderungsgeschwindigkeiten<br />
Mindestzeiten<br />
nichtlinearer Wirkungsgrad<br />
Zwangseinsätze<br />
Teil- und Vollrevisionen<br />
Energiemengenbedingungen<br />
Ausfälle<br />
Durchflussgrenzen<br />
nichtlinearer Wirkungsgrad<br />
Zwangseinsätze<br />
Beckenfüllstände<br />
begrenzte Wassermengen<br />
Teil- und Vollrevisionen<br />
topologische Vernetzung<br />
Tab. 1: Übersicht über technische und organisatorische<br />
Restriktionen für Kraftwerke<br />
2.4 Planungsunsicherheiten<br />
Bei der Ermittlung der Ein- und Auszahlungen beim<br />
Betrieb von Kraftwerken sowie beim Handel an den<br />
Märkten für Fahrplanenergie und Reserve müssen<br />
Planungsunsicherheiten berücksichtigt werden, die<br />
Auswirkungen auf die Zahlungsströme und somit auf<br />
die Bewertung von Investitionen oder von bestehenden<br />
Kraftwerken haben.<br />
Preisunsicherheiten Mengenunsicherheiten<br />
Fahrplanenergie<br />
Reserve<br />
Brennstoff<br />
Emissionszertifikate<br />
natürliche Zuflüsse<br />
Ausfälle thermischer<br />
Kraftwerke<br />
Anforderung von<br />
Reservearbeit<br />
Tab. 2: Überblick über Planungsunsicherheiten<br />
Die Unsicherheiten können in Preis- und Mengenunsicherheiten<br />
eingeteilt werden. Preisunsicherheiten<br />
existieren aufgrund des marktbasierten Handels von<br />
Fahrplanenergie und Brennstoffen, der Beschaffung von<br />
Reserve zu Wettbewerbskonditionen sowie des<br />
Reduktionsmechanismus für Treibhausgasemissionen<br />
mittels Zertifikatshandel. Mengenunsicherheiten<br />
betreffen im Wesentlichen das Dargebot natürlicher<br />
Zuflüsse für die Erzeugung elektrischer Energie in<br />
hydraulischen Kraftwerken sowie Ausfälle thermischer<br />
Kraftwerke. Für den Fall der Reservevermarktung<br />
besteht zudem eine quantitative Unsicherheit bzgl. der<br />
angeforderten Reservearbeit [4]. Einen Überblick über<br />
die relevanten Unsicherheiten gibt Tab. 2.<br />
Sonstige Unsicherheiten, wie politische Regelungen<br />
oder wetterbedingte Einflüsse, sind bzgl. des Einflusses<br />
auf Zahlungsströme nur schwierig zu quantifizieren.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 25
DISSERTATIONEN<br />
Derartige Unsicherheiten drücken sich jedoch im<br />
Allgemeinen indirekt in den Preisentwicklungen für<br />
Fahrplanenergie oder für die Brennstoffe aus.<br />
3 Methodisches Vorgehen<br />
Zur Bewertung von Investitionsentscheidungen muss<br />
eine geeignete Methode gewählt werden, die eine<br />
Aussage über die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit<br />
treffen kann. Mit Hilfe der klassischen Investitionsrechnung<br />
können quantitative Bewertungskriterien,<br />
z. B. Kapitalwert, interner Zinsfuß oder Amortisationszeit,<br />
als Maßstab für die Vorteilhaftigkeit einer Investition<br />
herangezogen werden [1]. Alternativ bieten<br />
Ansätze aus der Optionsbewertung Möglichkeiten zur<br />
Beurteilung von Sachinvestitionen. Der Realoptionsansatz<br />
hat sich aus Bewertungsmodellen für Finanzoptionen<br />
entwickelt, die auf Sachinvestitionen übertragen<br />
wurden [5]. Der Realoptionsansatz bietet als Erweiterung<br />
der klassischen dynamischen Investitionsrechnung<br />
Vorteile, indem Handlungsspielräume im Rahmen der<br />
Investition sowie Planungsunsicherheiten explizit<br />
berücksichtigt werden können. Ziel aller Methoden ist<br />
es, die monetären Konsequenzen einer Investition zu<br />
quantifizieren und zu verdichten, um daraus eine<br />
Entscheidungshilfe abzuleiten.<br />
Für alle Methoden zur Investitionsrechnung muss in<br />
einem ersten Schritt ein geeigneter Betrachtungszeitraum<br />
festgelegt werden. Zusätzlich müssen in die<br />
Betrachtung u. U. subjektive bzw. unternehmensspezifische<br />
Präferenzen der Kapitalgeber einbezogen werden,<br />
die für die Rückgewinnung des eingesetzten Kapitals<br />
Zeitvorgaben festlegen oder spezielle Renditeerwartungen<br />
fordern.<br />
Im zweiten Schritt muss ein geeignetes Verfahren zur<br />
Quantifizierung der periodenbezogenen Zahlungsströme<br />
ausgewählt werden. Wie in der Analyse gezeigt, hängt<br />
die Vorteilhaftigkeit einer Investition von den Zahlungsströmen<br />
innerhalb des Betrachtungszeitraums ab.<br />
3.1 Anwendung der stochastischen Kraftwerkseinsatz-<br />
und Handelsplanung<br />
Bei der Quantifizierung der periodenbezogenen Zahlungsströme<br />
müssen die komplexen Wirkungszusammenhänge<br />
des Kraftwerksbetriebs sowie eines Kraftwerkspools<br />
berücksichtigt werden. Wie in Kapitel 2<br />
diskutiert, werden die Zahlungsströme durch technische<br />
und organisatorische Restriktionen beim Kraftwerkseinsatz<br />
beeinflusst und unterliegen Planungsunsicherheiten.<br />
Weiterhin können sich durch eine Kraftwerksinvestition<br />
neue Freiheitsgrade ergeben, indem<br />
die Einsatzstrategie nach eigenem Ermessen flexibel<br />
erfolgen kann, im Vergleich zu Strombezugsverträgen.<br />
Ein zusätzliches Kraftwerk in einem bereits bestehenden<br />
Kraftwerkspool kann dabei u. U. einen größeren<br />
Nutzen stiften als bei isolierter Vermarktung [6]. Aus<br />
diesen Gründen sind geeignete Verfahren notwendig,<br />
um die je nach Kraftwerkstyp unterschiedlichen<br />
Zahlungsströme ausreichend genau zu ermitteln. Diese<br />
Verfahren gehen über die einfache Modellierung –<br />
bspw. einer stündlich ausübbaren Realoption – hinaus,<br />
indem sie die Restriktionen sowie die zeitlichen und<br />
systembedingten Abhängigkeiten abbilden.<br />
Zur objektspezifischen Quantifizierung der Zahlungsströme<br />
wird daher ein Verfahren zur stochastischen<br />
Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung (KEHP) herangezogen.<br />
In Anlehnung an die Praxis der Energieeinsatzplanung<br />
von Stromerzeugungsunternehmen wird<br />
ein einperiodiger, jährlicher Planungszyklus simuliert<br />
[7]. Zur Abbildung der stochastischen Eingangsgrößen<br />
von Planungsunsicherheiten in der KEHP hat sich die<br />
Modellierung mit Hilfe eines Szenarienbaums bewährt,<br />
der die stochastischen Eigenschaften unsicherer<br />
Planungsgrößen durch eine endliche Anzahl von<br />
Szenarien approximiert.<br />
Da zur Bewertung von Investitionsentscheidungen in<br />
neue bzw. bestehende Kraftwerke ein mehrperiodiger<br />
Zeitraum betrachtet werden muss, wird durch periodisch<br />
wiederholte Anwendung der KEHP und Diskontierung<br />
der periodenbezogenen Zahlungsströme der Wert<br />
einer Erzeugungseinheit bestimmt.<br />
3.2 Wertbestimmung im Kraftwerkspool<br />
Die KEHP führt eine Optimierung des gesamten Kraftwerkspools<br />
durch. Daher kann der Wert einer einzelnen<br />
Anlage aufgrund der Wechselwirkungen nicht durch<br />
einfache Bewertung der abgesetzten Fahrplanenergie<br />
und Reserve der Einzelanlage bestimmt werden.<br />
Vielmehr muss eine vergleichende Betrachtung einer<br />
KEHP für den Kraftwerkspool inklusive und exklusive<br />
des zu bewertenden Kraftwerks erfolgen (Bild 1). Die<br />
Differenz der Zahlungsströme entspricht dem Wert des<br />
Kraftwerks im bestehenden Pool von Kraftwerken und<br />
Verträgen.<br />
26 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
~<br />
jeweils Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung<br />
mit zu bewertendem<br />
Kraftwerk/<br />
zu bewertendem Vertrag<br />
~~~<br />
Wertbestimmung<br />
durch<br />
vergleichende<br />
Bewertung<br />
existierender<br />
Kraftwerkspool<br />
und Verträge<br />
ohne zu bewertendes<br />
Kraftwerk/<br />
zu bewertenden Vertrag<br />
Bild 1: Wertbestimmung im Kraftwerkspool<br />
4 Verfahren<br />
Aus der Analyse der Vermarktungsmöglichkeiten für<br />
Kraftwerke und der Diskussion der zu berücksichtigenden<br />
Wechselwirkungen bestehender Kraftwerksanlagen<br />
und Verträge muss die KEHP ein System abbilden<br />
können, wie es in Bild 2 dargestellt ist.<br />
bestehender<br />
Kraftwerkspool<br />
~~~<br />
Spot Termin<br />
Märkte für Fahrplanenergie<br />
zu bewertendes Kraftwerk<br />
oder zu bewertender Vertrag<br />
~<br />
Bild 2: Betrachtetes System<br />
PRR<br />
bestehende<br />
Verträge<br />
SRR MR<br />
Märkte für Reserve<br />
Zur Lösung des Optimierungsproblems der stochastischen<br />
KEHP stellen Dekompositionsverfahren wie die<br />
Lagrange Relaxation (LR) einen praxisgerechten<br />
Lösungsansatz dar. Hierbei wird der Ansatz verfolgt,<br />
das Gesamtproblem systematisch in dimensionsreduzierte<br />
Teilprobleme zu zerlegen, die unabhängig<br />
voneinander gelöst werden, bei übergeordneter<br />
Koordination zur Einhaltung der systemkoppelnden<br />
Nebenbedingungen. Der LR wird die Energieaufteilung<br />
nachgeschaltet, um die systemkoppelnden Nebenbedingungen<br />
exakt einzuhalten.<br />
1. Optimierungsstufe: Lagrange Relaxation<br />
Einhaltung der Systembilanzen<br />
Spotmarkt<br />
Terminmarkt<br />
Reservemarkt<br />
therm.<br />
KW<br />
hydr.<br />
KW<br />
Übernahme der Ganzzahligkeitsentscheidungen<br />
2. Optimierungsstufe: Energieaufteilung<br />
Geschlossene<br />
Formulierung des<br />
Optimierungsproblems<br />
• Lineare<br />
Programmierung<br />
• Quadratische<br />
Programmierung<br />
Bild 3: Überblick über das Verfahren zur KEHP<br />
Alternativ wird bei einer reduzierten Modellierungsgenauigkeit<br />
auf die Berücksichtigung von Ganzzahligkeiten<br />
verzichtet. Somit lässt sich das Optimierungsproblem<br />
auf ein lineares oder quadratisches Problem<br />
zurückführen, das in geschlossener Form formuliert und<br />
~~~<br />
DISSERTATIONEN<br />
mit leistungsfähigen Standardsolvern unter Verwendung<br />
der Linearen (LP) bzw. Quadratischen Programmierung<br />
(QP) mit dem Vorteil kürzerer Rechenzeiten gelöst<br />
werden kann.<br />
5 Exemplarische Bewertungen<br />
Zur Bewertung der Vorteilhaftigkeit von Kraftwerksinvestitionen<br />
und Verträgen benötigen sowohl die<br />
klassische Investitionsrechnung als auch der Realoptionsansatz<br />
die Kenntnis der Einzahlungsüberschüsse,<br />
die im gesamten Betrachtungszeitraum anfallen. Da<br />
deren Quantifizierung aufgrund der komplexen Wirkungszusammenhänge<br />
des Kraftwerkbetriebs und der<br />
konkurrierenden sowie strukturell unterschiedlichen<br />
Märkte nicht trivial ist, wird in den folgenden exemplarischen<br />
Untersuchungen das Verfahren der stochastischen<br />
Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung (KEHP)<br />
für eine Periode von einem Jahr (<strong>2007</strong>) innerhalb des<br />
Betrachtungszeitraums angewendet.<br />
Untersuchungen zur Modellierungsgenauigkeit für<br />
unterschiedliche thermische und hydraulische Kraftwerkstypen<br />
bei Anwendung der KEHP mit LR, QP und LP<br />
zeigen, dass insbesondere bei Berücksichtigung von<br />
Reservemärkten die Vernachlässigung technischer und<br />
wirtschaftlicher Restriktionen – speziell von thermischen<br />
Kraftwerken, die nicht schnellstartbar sind und<br />
ähnliche Erzeugungskosten wie das Marktpreisniveau<br />
aufweisen – zu erheblichen Fehleinschätzungen der<br />
Einzahlungsüberschüsse führen kann. Für schnellstartbare<br />
thermische Anlagen, thermische Kraftwerke mit<br />
einer hohen kontinuierlichen Auslastung sowie für<br />
hydraulische Kraftwerke ist die verfahrensbedingte<br />
Fehlbewertung wesentlich weniger kritisch.<br />
Um das Potenzial einer optimierten Vermarktung an<br />
unterschiedlichen Märkten zu quantifizieren, werden<br />
für ein Steinkohlekraftwerk die Einzahlungsüberschüsse<br />
zunächst bei alleiniger Teilnahme am Markt für Fahrplanenergie,<br />
danach bei zusätzlicher Teilnahme am<br />
Markt für MR bzw. SRR, sowie abschließend für die<br />
gemeinsame Vermarktung der Kraftwerke für FE, SRR<br />
und MR quantifiziert (siehe Bild 4).<br />
Bei diesem Kraftwerkstyp, der eine Reservebereitstellung<br />
nur im regelfähigen Betrieb unter Berücksichtigung<br />
der LÄG und einer Mindesterzeugungsleistung zulässt,<br />
beträgt das Potenzial an zusätzlichen Einzahlungsüberschüssen<br />
aus Reservevermarktung bis zu 11 %. Der<br />
größte Zuwachs ist bei einer Teilnahme am MR-Markt<br />
zu erwarten. Die SRR bietet aufgrund der Erlös- und<br />
Kostenstruktur für deren Bereitstellung nur einen<br />
geringen Mehrwert. Dabei ist zu beachten, dass die<br />
LÄG des Kraftwerks bei konkurrierenden Reservequali-<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 27
DISSERTATIONEN<br />
täten die insgesamt absetzbare Leistung und -arbeit<br />
einschränkt.<br />
Erwartungs- 350<br />
28% relative<br />
wert Mio. €<br />
24% Erhöhung<br />
Zahlungs- 250<br />
20% Einzahlungsströme<br />
200<br />
16% überschüsse<br />
150<br />
12%<br />
SRR RL neg<br />
MR RL neg<br />
100<br />
50<br />
0<br />
8%<br />
4%<br />
0%<br />
SRR RA pos -50<br />
SRR RL pos -100<br />
MR RL pos<br />
FE Verkauf<br />
-150<br />
FE FE+SRR FE+MR<br />
FE<br />
+MR+SRR<br />
Brennstoff<br />
SRR RA neg<br />
Bild 4: Zahlungsströme bei optimierter Vermarktung<br />
eines Steinkohlekraftwerks<br />
Die Teilnahme an Märkten für Reserve bietet demnach<br />
Möglichkeiten, zusätzliche Einzahlungsüberschüsse zu<br />
erwirtschaften. Aufgrund der unterschiedlichen Erzeugungskosten<br />
und der technischen Restriktionen sind die<br />
Märkte nicht für alle Kraftwerkstypen gleichermaßen<br />
geeignet. Durch Optimierung der Vermarktung mittels<br />
KEHP kann sowohl für neue als auch für bestehende<br />
Kraftwerke das wirtschaftliche Potenzial von Reserve-<br />
und Fahrplanenergiemärkten sowie deren Wechselwirkungen<br />
abgeschätzt werden.<br />
Im folgenden Untersuchungspunkt soll aufgezeigt<br />
werden, dass bei Integration eines Kraftwerks in einen<br />
Kraftwerkspool zusätzliche Einzahlungsüberschüsse<br />
durch Synergien bei einer gemeinschaftlichen Einsatzweise<br />
und Vermarktungsstrategie erschlossen werden<br />
können. Ansätze wie bspw. auf Basis von Realoptionen<br />
betrachten originär jede Option isoliert. Dadurch<br />
können etwaige Wechselwirkungen mit bereits bestehenden<br />
Erzeugungsanlagen beim Kraftwerksbetrieb<br />
oder bei Teilnahme an den einzelnen Märkten nicht<br />
berücksichtigt werden. Stattdessen soll aufgezeigt<br />
werden, dass durch Anwendung der KEHP die Synergievorteile<br />
eines Kraftwerkspools quantifiziert werden<br />
können.<br />
Im betrachteten Kraftwerkspool (Bild 5) wird zwar<br />
– absolut betrachtet – weniger SRR vermarktet,<br />
allerdings wird die Bereitstellung von Reserveleistung<br />
und -arbeit im Kraftwerkspool zwischen den Anlagen<br />
verschoben.<br />
So wird bspw. mit der Pumpe des PSKW mehr negative<br />
RL vorgehalten, während die negative RA zu einem<br />
Großteil sowohl durch die Turbine als auch durch die<br />
Pumpe des PSKW erbracht wird. Die positive RA wird<br />
im Pool fast ausschließlich durch das Steinkohlekraftwerk<br />
geliefert. Damit einher geht eine Verschiebung<br />
der Leistungsvorhaltung von positiver RL zum Steinkoh-<br />
lekraftwerk. Insgesamt bewirken die Verlagerungen von<br />
RL und RA, dass das PSKW neben dem Preishub am<br />
Markt für FE auch Preisdifferenzen zwischen den<br />
Märkten für FE und SRR nutzen kann. Durch zusätzliche<br />
Nutzung des SK kann für das PSKW ein teilweise<br />
kostenungünstiger Wälzbetrieb am Markt für FE zur<br />
energetischen Kompensation der erbrachten RA<br />
vermieden werden.<br />
Erwartungs- 350<br />
wert Mio. €<br />
Zahlungs- 250<br />
ströme 200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
-150<br />
18,6<br />
159,8<br />
184,9<br />
PSKW SK Pool PSKW+SK<br />
SRR RL neg<br />
SRR RA pos<br />
SRR RL pos<br />
Verkauf<br />
FE Einkauf<br />
Brennstoff<br />
SRR RA neg<br />
Einzahlungsüberschuss<br />
Bild 5: Bewertung eines Kraftwerkspools bestehend<br />
aus Steinkohlekraftwerk (SK) und<br />
Pumpspeicherkraftwerk (PSKW)<br />
Es zeigt sich, dass für die Bewertung von Kraftwerksanlagen<br />
ein evtl. bestehender Kraftwerkspool in Betracht<br />
gezogen werden muss. Insbesondere bei der Vermarktung<br />
von Reserveprodukten unterschiedlicher Regelrichtungen,<br />
die zum einen eine Leistungsbereitstellung,<br />
zum anderen eine Lieferung von Arbeit über einen<br />
Zeitraum von mehreren zusammenhängenden Stunden<br />
erfordern, sind unterschiedliche Kraftwerkstypen<br />
vorteilhaft. Die Kombination von einsatzflexiblen<br />
Anlagen, die hohe variable Erzeugungskosten aufweisen<br />
können, mit einsatzstarren Anlagen, die geringe<br />
variable Erzeugungskosten haben, bringt Synergiepotenziale<br />
bei einer optimierten Vermarktung von Fahrplanenergie<br />
und Reserve. Ein Verfahren zur KEHP kann<br />
somit als Entscheidungshilfe für die Identifikation eines<br />
Kraftwerktyps genutzt werden, der ein bestehendes<br />
Erzeugungsportfolio optimal ergänzt.<br />
6 Zusammenfassung der Erkenntnisse<br />
Die exemplarischen Untersuchungen für unterschiedliche<br />
Kraftwerkstypen zeigen, dass – abhängig vom<br />
betrachteten System – Verfahren mit einer geringen<br />
Modellierungsgenauigkeit zu ausreichend genauen<br />
Ergebnissen bei der Bewertung von Kraftwerksinvestitionen<br />
führen können. Im Fall von Investitionsalternativen<br />
hingegen, bei denen bspw. Wahlmöglichkeiten<br />
bzgl. der Erzeugungstechnologie bestehen, sollte die<br />
relative Vorteilhaftigkeit mit stochastischen Verfahren<br />
der KEHP möglichst detailliert ermittelt werden,<br />
insbesondere im Fall ihrer Integration in einen Kraftwerkspool.<br />
28 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
In Tab. 3 sind die im Rahmen aller exemplarischen<br />
Untersuchungen angewendeten Verfahren und deren<br />
Eignung zur Quantifizierung der Zahlungsströme für die<br />
unterschiedlichen Kraftwerkstypen und Märkte zusammengestellt.<br />
Die Verfahren der statischen Bewertung<br />
anhand jährlicher Erwartungswerte bzw. historischer<br />
Einsatzpläne mit zukünftigen Entwicklungen der<br />
Planungsunsicherheiten stellen dabei die geringste<br />
Modellierungsgenauigkeit dar. Die stochastische<br />
Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung (KEHP) mit<br />
Lagrange Relaxation hingegen bietet die höchste<br />
Detailtiefe bzgl. technischer und wirtschaftlicher<br />
Restriktionen sowie der Kosten- und Erlösstruktur.<br />
Je nach Erzeugungskostenniveau im Vergleich zu den<br />
Marktpreisen für Fahrplanenergie und Reserve sowie<br />
den technischen Restriktionen der thermischen Kraftwerke<br />
sind unterschiedliche Verfahren zu wählen. Eine<br />
statische Betrachtungsweise, z. B. anhand historischer<br />
Einsatzpläne, ist nur für den Kraftwerkstyp Braunkohledampfturbine<br />
geeignet, da Preisveränderungen sich<br />
wenig auf die generell hohe Auslastung durch Fahrplanenergie<br />
auswirken. Für hydraulische Kraftwerke<br />
empfiehlt sich das Verfahren der KEHP in Verbindung<br />
mit der LP oder sogar QP.<br />
Verfahren Kraftwerkstyp/Märkte<br />
statische Verfahren<br />
(erfahrungsbasierte<br />
Einsatzannahmen,<br />
Handelsvolumen etc.)<br />
stündlich ausübbare<br />
Realoption (keine<br />
technischen/wirtschaftlichen<br />
Restriktionen)<br />
simulativer Ansatz:<br />
stochastische KEHP mit<br />
Linearer/Quadratischer<br />
Programmierung<br />
simulativer Ansatz:<br />
stochastische KEHP mit<br />
Lagrange Relaxation<br />
Typ Braunkohle<br />
nur Markt für FE:<br />
Typ Steinkohle, Erdgasturbine<br />
Märkte für FE / FE und RE:<br />
Typ PSKW, vernetzte Gruppe,<br />
hydraulischer Kraftwerkspool<br />
nur Markt<br />
für FE:<br />
Erdgasdampfturbine<br />
Märkte für FE und RE:<br />
Typ Steinkohle,<br />
Erdgasdampfturbine,<br />
Erdgasturbine,<br />
hydrothermischer<br />
Kraftwerkspool<br />
Tab. 3: Notwendige Modellierungsgenauigkeit der<br />
Verfahren zur Quantifizierung der Zahlungsströme<br />
für verschiedene Kraftwerkstypen<br />
DISSERTATIONEN<br />
Für einen Kraftwerkspool sollte auf Verfahren zur KEHP<br />
mit der hohen Detailtiefe der LR zurückgegriffen<br />
werden, um die Interdependenzen der Einsatzweise und<br />
der Vermarktungsvorteile erfassen zu können. Einzig für<br />
einen hydraulischen Kraftwerkpool erweist sich die<br />
KEHP mit QP, fallweise auch mit LP, als ausreichend<br />
genau.<br />
7 Literatur<br />
[1] Schmidt, R. H.; Terberger, E.<br />
Grundzüge der Investitions- und Finanzierungstheorie<br />
Gabler Verlag, 4. Auflage, Wiesbaden 1997<br />
[2] Zweites Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts<br />
Bundesgesetzblatt, Jg. 2005, Teil I, Nr. 42<br />
[3] Internetplattform zur Ausschreibung von Regelleistung<br />
der deutschen ÜNB<br />
http://www.regelleistung.net, Stand: 16.2.<strong>2007</strong><br />
[4] Schmöller, H. K.<br />
Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen<br />
Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 103, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> 2005<br />
[5] St. Germain, J. P.; Humphreys, H. B.<br />
Peaking Plant Valuation: A Discounted Cashflow/Real<br />
Option Comparison<br />
In: Ronn, E. I.: Real Options and Energy Management,<br />
Risk Books, 2002<br />
[6] Hartmann, Th.<br />
Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten<br />
Strommarkt<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006, S. 90-93<br />
[7] Krasenbrink, B.<br />
Integrierte Jahresplanung von Elektrizitätserzeugung<br />
und -handel<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 81, Klinkenberg<br />
Verlag <strong>Aachen</strong>, 2002<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 29
DISSERTATIONEN<br />
Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an Märkten für Fahrplanenergie<br />
und Reserve<br />
Intraday Optimisation of Power Plant Operation at Wholesale and Reserve Markets<br />
Dr.-Ing. Gerd Hinüber<br />
gerd.hinueber@iaew.rwth-aachen.de<br />
Durch die jüngsten Strukturveränderungen in der Energiewirtschaft, z. B. die im September 2006 durch die EEX eingeführte<br />
Intradayhandelsplattform oder die vereinheitlichten Ausschreibungsbedingungen für Minutenreserve, bieten sich<br />
Kraftwerksbetreibern im untertäglichen Zeitbereich neue Möglichkeiten zur Verbesserung des betriebswirtschaftlichen<br />
Ergebnisses des Unternehmens. In der diesem Bericht zu Grunde liegenden Dissertation wurde daher ein neues Rechenverfahren<br />
entwickelt, mit dem der untertägliche Kraftwerksbetrieb unter Berücksichtigung der durch die Strukturveränderungen<br />
entstandenen neuen Absatzalternativen mit ihren jeweiligen Planungsunsicherheiten optimiert werden kann.<br />
With the liberalisation of the energy markets, which led<br />
to increasing competition, electrical power exchanges<br />
have emerged in Europe. Besides the already established<br />
spot and futures markets, there are additional<br />
intraday markets in some European countries. These<br />
markets offer the opportunity to trade electrical energy<br />
shortly before the physical fulfilment and hence, after<br />
the closing of the day-ahead market, i.e. spot market.<br />
Following the guidelines of the second „Gesetz zur<br />
Neuregelung des Energiewirtschaftsrechtes“ and the<br />
associated „Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen“,<br />
i.e. German laws, an electronic<br />
platform for intrayday trading has been launched<br />
from the European Energy Exchange (EEX) in Leipzig in<br />
September 2006. In a midterm time horizon this trading<br />
platform will offer the trading of quarter-hour deliveries<br />
up to 45 minutes before the commencement of delivery.<br />
Power generation companies therefore have a new<br />
marketing alternative besides the established energy<br />
markets.<br />
The markets for reserve, where the total required<br />
amount of reserve is put out to tender by the transmission<br />
system operators (TSO), are another marketing<br />
alternative of power plant operators. Particularly, with<br />
regard to the ongoing installation of wind turbines the<br />
demand of reserve power and reserve energy will<br />
increase in the future.<br />
After announcing the produced energy to the TSO, a<br />
power plant operator has the task to deliver this<br />
amount of energy. Furthermore, the concluded trades at<br />
the reserve markets have to be fulfilled which includes<br />
the provision of the traded reserve power and the<br />
delivery of the reserve energy requested by the TSO.<br />
Especially the growing demand of reserve leads to a<br />
more complex planning task for power plant operators.<br />
Within this work a new optimisation method has been<br />
developed that determines the optimal intraday<br />
operation strategy with regard to the described planning<br />
task. The higher optimisation potential in operation<br />
planning caused by the integration of the new<br />
marketing alternatives with their specific planning<br />
uncertainties into this method affords power plant<br />
operators an opportunity to improve the profit on<br />
ordinary activities.<br />
The method is based on approved decomposition<br />
approaches which guarantee the compliance of systemcoupling<br />
constraints, i.e. the fulfilment of trades of<br />
electrical energy, the provision of reserve power and<br />
the delivery of reserve energy. The optimisation of the<br />
subproblems are performed by means of the most<br />
appropriate algorithms.<br />
Exemplary investigations have shown the necessity of<br />
using a higher modelling accuracy in operation planning<br />
than in day-ahead planning. Concluded trades of<br />
electrical energy and reserve based on day-ahead<br />
planning can possibly not be fulfilled in real operation<br />
due to the restricting ramp rates of thermal power<br />
plants as well as the discrete working points of the<br />
pumps of hydro power plants. In many cases the<br />
planned power plant operation has to be adjusted<br />
which leads to a more uneconomic operation and<br />
furthermore to a decreasing contribution margin.<br />
The participation in an intraday market eases the<br />
fulfilment of concluded trades day-ahead because the<br />
intraday market can be used to equalise structural<br />
weaknesses of the generation pool.<br />
Outages of thermal power plants have a high impact on<br />
the contribution margin due to the high costs of reserve<br />
contracts and the prices at the intraday market. In<br />
comparison with the influence of outages, the uncertain<br />
intraday market prices as well as the unknown<br />
amount of requested reserve energy have a much lower<br />
impact on the results.<br />
30 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
1 Aktuelle Entwicklungen<br />
Im Zuge der Liberalisierung der Strommärkte, die vor<br />
allem zu verstärktem Wettbewerb zwischen Stromerzeugungsunternehmen<br />
geführt hat, haben sich in<br />
Europa börsliche Handelsplätze auch für elektrische<br />
Energie gebildet. Neben den etablierten Spot- und<br />
Terminmärkten bestehen in einigen europäischen<br />
Ländern bereits Intradaymärkte, an denen nach Abschluss<br />
der Handelsgeschäfte am Spotmarkt, der<br />
üblicherweise am Vortag der Erfüllung stattfindet,<br />
kurzfristig im Stundenbereich elektrische Energie<br />
beschafft und abgesetzt werden kann.<br />
Den Vorgaben des zweiten Gesetzes zur Neuregelung<br />
des Energiewirtschaftsrechtes [1] und der damit<br />
verbundenen Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen<br />
[2] folgend, wurde im September<br />
2006 von der European Energy Exchange (EEX) in<br />
Leipzig eine elektronische Intradayhandelsplattform<br />
eingerichtet [3]. Durch diese Handelsplattform wird<br />
mittelfristig der Stromhandel von Viertelstundenlieferungen<br />
bis 45 Minuten vor Lieferbeginn ermöglicht.<br />
Hierdurch wird den Erzeugungsgesellschaften neben<br />
den bereits etablierten Strommärkten eine weitere<br />
Vermarktungsalternative geboten.<br />
Eine Absatzalternative bietet sich den Kraftwerksbetreibern<br />
auch an den Handelsplätzen für Reserve, an<br />
denen die Übertragungsnetzbetreiber ihren gesamten<br />
Reservebedarf öffentlich ausschreiben. Insbesondere<br />
durch den in Deutschland weiterhin starken Ausbau von<br />
Windenergieanlagen ist ein steigender Bedarf an<br />
Reserveleistung und damit verbunden eine steigende<br />
Anforderung von Reservearbeit durch die Übertragungsnetzbetreiber<br />
zu erwarten.<br />
Die Aufgaben eines Kraftwerksbetreibers im untertäglichen<br />
Zeitbereich sind die Lieferung der dem Übertragungsnetzbetreiber<br />
am Vortag gemeldeten Fahrplanenergie,<br />
die Vorhaltung der vermarkteten Reserveleistung<br />
sowie die Erbringung der im Bedarfsfall vom<br />
Übertragungsnetzbetreiber angeforderten Reservearbeit.<br />
Hierbei besteht der Freiheitsgrad, die Aufteilung<br />
der Fahrplanenergie kurzfristig und ohne Einschränkungen<br />
vorzunehmen, während die Aufteilung der angeforderten<br />
Reservearbeit und der vorzuhaltenden Reserveleistung<br />
hinsichtlich der einzelnen Reservequalitäten<br />
unterschieden werden müssen [4]. Dies stellt insbesondere<br />
bei wachsendem Reservebedarf eine zunehmend<br />
komplexere Planungsaufgabe dar.<br />
Ziel der Arbeit ist daher die Entwicklung eines neuen<br />
Rechenverfahrens, mit dem der untertägliche Kraftwerksbetrieb<br />
zur Erfüllung dieser Planungsaufgabe<br />
optimiert werden kann. Dabei werden die durch die<br />
DISSERTATIONEN<br />
Strukturveränderungen entstandenen neuen Absatzalternativen<br />
mit ihren jeweiligen Planungsunsicherheiten<br />
berücksichtigt, um vorhandenes Optimierungspotenzial<br />
zu nutzen und die damit verbundenen Risiken zu<br />
bewerten.<br />
2 Analyse und Modellbildung<br />
2.1 Abgrenzung des Betrachtungsbereiches<br />
Für die Optimierung des untertäglichen Kraftwerksbetriebs<br />
kann in der Regel ein Zeithorizont von einem Tag<br />
angesetzt werden. Dies bedeutet, dass Ergebnisgrößen<br />
einer mittelfristigen Planung, z. B. Handelsempfehlungen<br />
für den Terminmarkt, als exogene Eingangsgrößen<br />
für die untertägliche Planung vorgegeben<br />
werden müssen. Da Kraftwerksbetreiber die Fahrpläne<br />
dem jeweiligen ÜNB im Viertelstundenraster melden<br />
müssen und die Minutenreserve (MR) jeweils als<br />
Fahrplanlieferung zur vollen Viertelstunde eingesetzt<br />
wird sowie innerhalb von 15 Minuten vollständig<br />
aktivierbar sein muss, wird als Zeitraster die Viertelstunde<br />
gewählt.<br />
Das für die Optimierung resultierende System ist in<br />
Bild 1 skizziert. Ein Unternehmen kann einen Erzeugungspark<br />
bestehend aus thermischen und hydraulischen<br />
Kraftwerken besitzen. Dem Unternehmen stehen<br />
weiterhin Vermarktungsmöglichkeiten an Märkten für<br />
elektrische Energie und Reserve zur Verfügung, die in<br />
Abhängigkeit des Zeitpunktes der Optimierung berücksichtigt<br />
werden müssen [4]. Die bereits getätigten<br />
Geschäfte finden sich in der Komponente „abgeschlossene<br />
Geschäfte“ wieder.<br />
Ausfälle RA<br />
thermische<br />
Kraftwerke<br />
∼∼∼<br />
hydraulische<br />
Kraftwerke<br />
Spotmarkt Markt<br />
für MR<br />
Unsicherheiten<br />
∼∼∼<br />
abgeschl.<br />
Geschäfte<br />
Intradaymarkt<br />
Preise Preise RA Preise<br />
Bild 1: Systemabgrenzung<br />
RA: Reservearbeit<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 31
DISSERTATIONEN<br />
Für den betrachteten Zeithorizont sind nicht alle<br />
Eingangsdaten deterministisch. Bild 1 zeigt neben dem<br />
betrachteten System die Unsicherheiten, die im<br />
Rahmen der Optimierung berücksichtigt werden<br />
müssen.<br />
2.2 Thermische Kraftwerke<br />
In im Praxiseinsatz befindliche Verfahren zur Kraftwerkseinsatzplanung,<br />
die zumeist ein stündliches<br />
Zeitraster verwenden, werden thermische Kraftwerke<br />
nach dem Stand der Technik, d. h. Abbildung der<br />
Mindestzeiten, quadratischer Wärmeverbrauch etc.,<br />
modelliert [5]. Bei einer untertäglichen Planung im<br />
Viertelstundenraster müssen zusätzlich zu diesen<br />
Modellierungsaspekten weitere Eigenschaften berücksichtigt<br />
werden. Darunter fällt die Berücksichtigung der<br />
maximalen Leistungsgradienten ΔP max , da nicht alle<br />
thermischen Kraftwerke ihren Leistungsbereich innerhalb<br />
von 15 Minuten durchfahren können [4]. Weiterhin<br />
muss in einem untertäglichen Planungsverfahren eine<br />
möglichst exakte Abbildung des Anfahrvorgangs<br />
modelliert werden, da die Erzeugung während der<br />
Anfahrt nicht vernachlässigt werden kann [4]. Zudem<br />
kann die Abbildung von Kraftwerksausfällen, wie in<br />
mittelfristigen Planungsverfahren üblich, nicht über<br />
eine Leistungsreduktion erfolgen, sondern muss für<br />
nicht disponible Ausfälle möglichst realistisch und<br />
somit leistungsgenau abgebildet werden [4].<br />
2.3 Hydraulische Kraftwerke<br />
Durch das im Rahmen der untertäglichen Planung<br />
verwendete Viertelstundenraster muss die Laufzeit des<br />
Wassers zwischen zwei Speicherbecken berücksichtigt<br />
werden. Während diese Laufzeit bei Speicher- und<br />
Pumpspeicherkraftwerken irrelevant ist, liegen die<br />
Laufzeiten von Laufwasserkraftwerken teilweise im<br />
Stundenbereich.<br />
Da in kurzfristigen Planungsverfahren eine leistungsgenaue<br />
Betrachtung notwendig ist, müssen bei Pumpspeicherkraftwerken<br />
diskrete Betriebszustände berücksichtigt<br />
werden, da nicht alle Anlagen einen regelfähigen<br />
Pumpbetrieb zulassen.<br />
Hydraulische Kraftwerke haben hohe Leistungsgradienten,<br />
kurze Aktivierungszeiten und eine hohe Verlässlichkeit,<br />
so dass hydraulische Kraftwerke in dem hier zu<br />
entwickelnden Planungsverfahren nach dem Stand der<br />
Technik zzgl. der Berücksichtigung von Laufzeiten bei<br />
Laufwasserkraftwerken sowie diskreten Pumpwerten<br />
modelliert werden können.<br />
2.4 Planungsunsicherheiten<br />
Während die Preisunsicherheiten am Spot-, Intraday-<br />
und Minutenreservemarkt sowie die Anforderung der<br />
Reservearbeit durch das Verfahren der Szenarienanalyse<br />
[6] abgebildet werden können, würde die Abbildung<br />
der Ausfälle thermischer Kraftwerke einen starken<br />
Anstieg der Szenarienanzahl in der Szenarienanalyse<br />
zur Folge haben, wodurch die für den operativen Einsatz<br />
notwendige kurze Rechenzeit eines Verfahrens zur<br />
untertäglichen Planung des Kraftwerksbetriebs nicht<br />
gewährleistet werden kann.<br />
Um die Rechenzeit nicht stark zu verlängern und<br />
trotzdem eine leistungsrichtige Betrachtung von<br />
Kraftwerksausfällen zu ermöglichen, ist eine nachgeschaltete<br />
Bilanzierung möglich. Hierbei wird nach<br />
Abschluss der Bilanzierung für jedes Kraftwerk entsprechend<br />
der zugehörigen Ausfallhäufigkeit und<br />
Ausdauer eine Ausfallziehung durchgeführt. In der<br />
ersten Stunde eines Ausfalls wird die fehlende Energie<br />
über einen Reservevertrag gedeckt, während für die<br />
weiteren Stunden die ausgefallene Leistung über den<br />
Intradaymarkt gedeckt wird.<br />
3 Verfahren<br />
Zur Lösung des der untertäglichen Optimierung zu<br />
Grunde liegenden Optimierungsproblems stehen<br />
prinzipiell zwei verschiedene Ansätze zur Verfügung:<br />
Eine geschlossene Lösung oder ein Zerlegungsansatz.<br />
Verschiedene Literaturaussagen sowie eigene Voruntersuchungen<br />
lassen den Zerlegungsansatz als den<br />
hinsichtlich der Rechenzeit besten Lösungsansatz<br />
erscheinen. Aus diesem Grund wurde der Zerlegungsansatz<br />
nach Lagrange zur Lösung der untertäglichen<br />
Planungsaufgabe gewählt. Bild 2 zeigt den Überblick<br />
des verwendeten Verfahrens.<br />
therm.<br />
KW<br />
Einlesen und Aufbereitung der Eingangsdaten<br />
1. Optimierungsstufe: Lagrange Relaxation<br />
hydr.<br />
KW<br />
Koordinationsstufe<br />
Spotmarkt<br />
Ganzzahligkeits- entscheidungen<br />
2. Optimierungsstufe: Energieaufteilung<br />
Bilanzierung und Ausgabe<br />
Bild 2: Verfahrensüberblick<br />
Intradaymarkt<br />
Markt<br />
für MR<br />
32 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Nach dem Einlesen und Aufbereiten der Eingangsdaten<br />
werden in der 1. Optimierungsstufe, der Lagrange<br />
Relaxation, die Ganzzahligkeiten ermittelt. Die Zerlegung<br />
erfolgt hierbei im Systembereich, wobei die<br />
Einhaltung der systemkoppelnden Nebenbedingungen,<br />
der Bilanzen für Fahrplanenergie, Reserveleistung und<br />
-arbeit, iterativ über Lagrange Multiplikatoren koordiniert<br />
wird.<br />
Zur Optimierung des Einsatzes der einzelnen Systemkomponenten<br />
können die bestgeeigneten Algorithmen<br />
verwendet werden. Hierzu zählen die Genetischen<br />
Algorithmen zur Bestimmung des Einsatzes thermischer<br />
Erzeugungsanlagen [7] sowie die Gemischt-Ganzzahlig<br />
Lineare Programmierung zur Ermittlung der Betriebsweise<br />
hydraulischer Kraftwerksgruppen.<br />
Nach Abschluss dieser Optimierungsstufe werden die<br />
getroffenen Ganzzahligkeiten in die 2. Optimierungsstufe,<br />
die Energieaufteilung, übernommen und das<br />
verbleibende kontinuierliche Gesamtproblem wird in<br />
geschlossener Form gelöst, so dass die Einhaltung der<br />
systemkoppelnden Nebenbedingungen gewährleistet<br />
ist.<br />
4 Betriebsplanung vs. Vortagesplanung<br />
4.1 Modellsystem<br />
Das den Untersuchungen zu Grunde liegende Modellsystem<br />
ist an deutsche Erzeugungsunternehmen<br />
angelehnt, um durch die realitätsnahe Abbildung<br />
praxisrelevante Aussagen zu ermöglichen. Es umfasst<br />
etwa 5 % der in Deutschland installierten Kraftwerksleistung<br />
und entspricht der deutschlandweiten Kraftwerksstruktur.<br />
Das hydrothermische Erzeugungssystem besteht aus 10<br />
thermischen Kraftwerken unterschiedlicher Erzeugungstechnologien<br />
mit jeweils typischen charakteristischen<br />
Kenngrößen sowie einem Pumpspeicherkraftwerk und<br />
einer vernetzten hydraulischen Kraftwerksgruppe.<br />
Dieses System kann am Spot- und Intradaymarkt für<br />
Fahrplanenergie sowie am Markt für Minutenreserve<br />
vermarktet werden. Die Spotmarktpreise sowie die<br />
Preise am Markt für Minutenreserve entstammen<br />
öffentlichen Quellen, während die Preise am Intradaymarkt<br />
aufgrund der hohen Korrelation zwischen Spot-<br />
und Intradaymarktpreisen [4] basierend auf den Spotmarktpreisen<br />
generiert wurden.<br />
Die Untersuchungen werden für einen exemplarischen<br />
Arbeitstag im Sommer durchgeführt.<br />
4.2 Methodik<br />
DISSERTATIONEN<br />
Um den Einfluss von Modellierungsrestriktionen und<br />
Freiheitsgraden in der Betriebsplanung bewerten zu<br />
können, wird das in Bild 3 skizzierte methodische<br />
Vorgehen verwendet. Zunächst wird der Kraftwerkspark<br />
in einer typischen Vortagesplanung am Spotmarkt und<br />
an den Märkten für Minutenreserve vermarktet. Da für<br />
diese Planung das übliche Stundenraster gewählt wird,<br />
haben die Leistungsgradienten der thermischen<br />
Kraftwerke keine einschränkende Auswirkung auf den<br />
Betrieb der Kraftwerke. Anfahrkurven thermischer<br />
Kraftwerke sowie diskrete Pumpwerte hydraulischer<br />
Kraftwerksgruppen werden nicht betrachtet.<br />
Vortagesplanung<br />
Betriebsplanung<br />
ohne Intradayhandel<br />
Vergleich der<br />
Einsatzpläne<br />
Betriebsplanung<br />
mit Intradayhandel<br />
Vergleich der<br />
Einsatzpläne<br />
Vergleich der Deckungsbeiträge<br />
Bild 3: Methodisches Vorgehen<br />
Die so ermittelten Handelsempfehlungen an den Day-<br />
Ahead Märkten stellen für die nachfolgenden Betriebsplanungen<br />
Vorgaben dar, die erfüllt werden müssen. Da<br />
die Betriebsplanungen im Viertelstundenraster durchgeführt<br />
werden, müssen hierbei die Leistungsgradienten<br />
thermischer Kraftwerke berücksichtigt werden.<br />
Weiterhin werden aufgrund der genaueren Modellierung<br />
Anfahrkurven thermischer und diskrete Pumpwerte<br />
hydraulischer Kraftwerke abgebildet.<br />
In der ersten Untersuchung zur Betriebsplanung besteht<br />
keine Handelsmöglichkeit an einem Intradaymarkt, so<br />
dass die abgeschlossenen Handelsgeschäfte allein<br />
durch die einsatzfähigen Kraftwerke erfüllt werden<br />
müssen. Der Einfluss der untertäglichen Restriktionen<br />
kann durch Vergleich der Einsatzpläne beider Planungen<br />
bewertet werden.<br />
In der zweiten Untersuchung besteht zusätzlich die<br />
Möglichkeit, freie Erzeugungskapazitäten an einem<br />
Intradaymarkt zu vermarkten sowie an diesem Markt<br />
Energie zu beschaffen. Ein Vergleich der Einsatzpläne<br />
der beiden Betriebsplanungen ermöglicht eine Aussage<br />
über die Auswirkungen des zusätzlichen Freiheitsgrades.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 33
DISSERTATIONEN<br />
Abschließend erfolgt ein Vergleich der Deckungsbeiträge<br />
aller drei Planungsstufen.<br />
Alle Beispielrechnungen werden deterministisch für<br />
den ausgewählten Tag durchgeführt. Ausfälle werden<br />
in diesen Untersuchungen nicht betrachtet.<br />
4.3 Vergleich der Fahrpläne<br />
Beim Vergleich der Fahrpläne nach Vortagesplanung<br />
sowie nach Betriebsplanung ohne Intradayhandelsmöglichkeit<br />
sind bei den thermischen Kraftwerken<br />
insbesondere zwei Effekte zu beobachten: Eine leicht<br />
angepasste Erzeugung in den Abend- und Nachtstunden<br />
sowie eine unterschiedliche Zunahme der erzeugten<br />
elektrischen Energie in den Morgenstunden.<br />
Die Fahrpläne der hydraulischen Kraftwerke nach<br />
Betriebsplanung zeigen in den Abend- und Nachtstunden<br />
eine höhere aufgenommene Pumpleistung, während<br />
durch die Kombination der Erzeugung von elektrischer<br />
Energie in Turbinen und der Aufnahme von<br />
elektrischer Energie in Pumpen in den Morgenstunden<br />
ein hoher Gradient erreicht wird.<br />
Die unterschiedliche Erzeugung in den Abend- und<br />
Nachtstunden ist auf die hydraulischen Pumpen<br />
zurückzuführen, die in der Betriebsplanung nur in<br />
diskreten Arbeitspunkten eingesetzt werden können.<br />
Daher ist der Energiebedarf der Pumpen größer. Dieser<br />
zusätzliche Bedarf wird von den thermischen Kraftwerken<br />
bereitgestellt.<br />
Der Einsatz aller Kraftwerke in den Morgenstunden<br />
richtet sich nach den einzuhaltenden Spothandelsgeschäften.<br />
Die Differenz zwischen den abgeschlossenen<br />
Handelsgeschäften vor und nach 7.00 Uhr beträgt mehr<br />
als 2000 MW, die nach Vortagesplanung überwiegend<br />
durch rechtzeitige Anfahrt mehrerer thermischer<br />
Kraftwerke gedeckt werden. In der Betriebsplanung ist<br />
dies aufgrund der begrenzenden Leistungsänderungsgeschwindigkeiten<br />
nicht möglich. Um diese Differenz<br />
dennoch bereitstellen zu können, werden einerseits der<br />
hohe Gradient der hydraulischen Kraftwerke genutzt<br />
und andererseits vor 7.00 Uhr mehr thermische Kraftwerke<br />
mit reduzierter Leistung betrieben, deren<br />
größere Zahl in Summe einen größeren Gradienten<br />
ergibt.<br />
Durch diese beiden Effekte verändert sich der Einsatz<br />
der thermischen Kraftwerksblöcke in der Betriebsplanung<br />
deutlich. Nach Betriebsplanung wird bspw. in den<br />
Nachtstunden ein thermisches Kraftwerk mehr eingesetzt,<br />
um die benötigte Pumpenergie bereitzustellen.<br />
Weiterhin werden nach Betriebsplanung vor 7.00 Uhr<br />
gezielt zwei Kraftwerke in Betrieb genommen, so dass<br />
durch die höhere Anzahl in Betrieb befindlicher thermischer<br />
Blöcke die Differenzenergie vor und nach<br />
7.00 Uhr geliefert werden kann.<br />
4.4 Vergleich der Deckungsbeiträge<br />
Der Großteil der Erlöse wird durch Verkauf der erzeugten<br />
elektrischen Energie am Spotmarkt erwirtschaftet,<br />
während der Hauptkostentreiber die Brennstoff- und<br />
CO 2 -Kosten sind. Die aus Erlösen und Kosten resultierenden<br />
Deckungsbeiträge sind in Bild 4 aufgetragen.<br />
Der Deckungsbeitrag nach Vortagesplanung beträgt<br />
2,08 Mio. EUR. Durch die veränderte Einsatzweise der<br />
Kraftwerke erhöhen sich die Kosten für Brennstoffe und<br />
CO 2 -Zertifikate um 0,04 Mio. EUR, so dass der erwirtschaftete<br />
Deckungsbeitrag nach Betriebsplanung um<br />
2 % auf 2,04 Mio. EUR sinkt.<br />
DB<br />
2,10<br />
Mio. EUR<br />
2,00<br />
1,95<br />
0,00<br />
BPmI: Betriebsplanung<br />
mit Intradayhandel<br />
BPoI: Betriebsplanung<br />
ohne Intradayhandel<br />
DB: Deckungsbeitrag<br />
VTP: Vortagesplanung<br />
2,08 0,04 2,04 0,06 0,11 2,09<br />
2 % 2 %<br />
VTP Differenz BPoI Differenz BPmI<br />
Deckungsbeitrag<br />
zus. Brennstoffkosten<br />
Einkauf Intradaymarkt<br />
Verkauf Intradaymarkt<br />
Bild 4: Deckungsbeiträge der drei Planungsstufen<br />
Neben den bereits angesprochenen Erlösquellen<br />
kommen bei der Betriebsplanung mit Intradayhandelsmöglichkeit<br />
die Erlöse aus dem Verkauf am Intradaymarkt<br />
und auf der Kostenseite Aufwendungen für den<br />
Bezug von Energie am Intradaymarkt hinzu. Einerseits<br />
werden Erzeugungskapazitäten am Intradaymarkt<br />
vermarktet, wodurch zusätzliche Brennstoffkosten und<br />
Erlöse anfallen, andererseits wird Energie vom Intradaymarkt<br />
bezogen, wodurch eigene Brennstoffkosten<br />
entfallen, aber Bezugskosten anfallen.<br />
Insgesamt verbessert die Berücksichtigung des Intradayhandels<br />
den Deckungsbeitrag. Der erhöhte Brennstoffbedarf<br />
sowie der Bezug von Energie von dem<br />
Intradaymarkt verursacht zwar Kosten in Höhe von<br />
0,06 Mio. EUR, demgegenüber stehen jedoch Erlöse in<br />
Höhe von 0,11 Mio. EUR durch die zusätzliche Vermark-<br />
34 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
tungsmöglichkeit. Dies führt zu einer Deckungsbeitragssteigerung<br />
um über 2 % auf 2,09 Mio. EUR.<br />
5 Wesentliche Erkenntnisse<br />
Die in der Vortagesplanung, die üblicherweise mit<br />
geringerer Modellierungsgenauigkeit als die untertägliche<br />
Betriebsplanung durchgeführt wird, festgelegten<br />
Handelsgeschäfte am Spotmarkt und am Markt für<br />
Minutenreserve können im realen Betrieb aufgrund der<br />
begrenzenden Leistungsänderungsgeschwindigkeiten<br />
der thermischen Kraftwerke sowie der diskreten<br />
Arbeitspunkte der hydraulischen Pumpen von Pumpspeicherkraftwerken<br />
u. U. nicht realisiert werden.<br />
Vielfach sind zumindest die Fahrpläne vieler Kraftwerke<br />
deutlich anzupassen, so dass deren unwirtschaftlichere<br />
Fahrweise zu Einbußen im Deckungsbeitrag führen<br />
kann. Um diese teilweise große Diskrepanz zwischen<br />
Vortagesplanung und realem Betrieb zu verringern, ist<br />
entweder eine genauere Modellierung oder zumindest<br />
eine vereinfachte Abbildung der relevanten Restriktionen,<br />
z. B. eine Beschränkung der Differenz von Spothandelsgeschäften<br />
direkt aufeinander folgender<br />
Stunden zur näherungsweisen Berücksichtigung von<br />
Leistungsgradienten thermischer Kraftwerke, in der<br />
Vortagesplanung zu empfehlen.<br />
Die zusätzliche Handelsmöglichkeit an einem Intradaymarkt<br />
erleichtert die Einhaltung von am Vortag abgeschlossenen<br />
Handelsgeschäften, da der Intradaymarkt<br />
strukturelle Schwächen des Kraftwerksparks ausgleichen<br />
kann. So können bspw. ein erforderlicher Leistungsgradient<br />
durch Ein- und Verkauf am Intradaymarkt<br />
ergänzt werden und die Kraftwerke in effizienteren<br />
Arbeitspunkten betrieben werden. Weiterhin bietet der<br />
Intradayhandel die Möglichkeit, kurzfristig freie Erzeugungskapazitäten<br />
zu vermarkten oder günstigere<br />
Energie zu beziehen.<br />
Zusätzliche Untersuchungen zum Einfluss von Planungsunsicherheiten<br />
haben ergeben, dass die nicht<br />
vorhersehbaren Ausfälle thermischer Kraftwerke<br />
großen Einfluss auf den Deckungsbeitrag haben, da die<br />
ausgefallene Leistung durch einen Reservevertrag und<br />
Zukauf am Intradaymarkt ersetzt werden muss. Insbesondere<br />
bei Kraftwerken mit hoher installierter Leistung<br />
und geringen spezifischen Erzeugungskosten wirkt<br />
sich ein Kraftwerksausfall deutlich negativ auf den<br />
Deckungsbeitrag aus. Damit verglichen haben die zum<br />
Planungszeitpunkt unbekannten Preise am Intradaymarkt<br />
und die unbekannte Anforderung von Reservearbeit<br />
durch den Übertragungsnetzbetreiber einen<br />
geringeren Einfluss. Nach vorheriger Vermarktung am<br />
Spotmarkt bietet der Intradaymarkt einen zusätzlichen<br />
Freiheitsgrad. Da auf eine Teilnahme am untertäglichen<br />
DISSERTATIONEN<br />
Handel auch verzichtet werden kann, ist das Risiko<br />
durch ungünstige Preise am Intradaymarkt beschränkt,<br />
während sich bietende Chancen bei günstigen Preisen<br />
genutzt werden können. Die unsichere Anforderung von<br />
Reservearbeit wirkt sich überwiegend auf die daraus zu<br />
erwartenden Erlöse aus, da die hierfür benötigten<br />
Erzeugungskapazitäten ja vorgehalten werden müssen<br />
und ihr Einsatz mit relativ hohen Arbeitspreisen lukrativ<br />
vergütet wird. Bei geringer Einschätzung der Abrufwahrscheinlichkeit<br />
von Reservearbeit bleibt das Risiko<br />
eines niedrigen Deckungsbeitrages gering, während die<br />
Chancen auf zusätzliche Gewinne steigen.<br />
6 Literatur<br />
[1] Der Deutsche Bundestag<br />
Zweites Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts<br />
Bundesgesetzblatt, Jg. 2005, Teil I, Nr. 42<br />
[2] Der Deutsche Bundestag<br />
Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen<br />
(Stromnetzzugangsverordnung –<br />
StromNZV)<br />
Bundesgesetzblatt, Jg. 2005, Teil I, Nr. 46<br />
[3] European Energy Exchange<br />
EEX: Erfolgreicher Start des Intraday-Handels<br />
http://www.eex.de [Stand 30.01.<strong>2007</strong>]<br />
[4] Hinüber, G.<br />
Untertägige Optimierung des Kraftwerksbetriebs<br />
an Märkten für elektrische Energie und Systemdienstleistungen<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2005, ABEV Bd. 104, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2005, S. 79-82<br />
[5] Neus, H.<br />
Integrierte Planung von Brennstoffbeschaffung<br />
und Energieeinsatz zur Stromerzeugung<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 95, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2003<br />
[6] Schmöller, H. K.<br />
Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen<br />
Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 103, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2005<br />
[7] Hinüber, G.<br />
Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs<br />
an Märkten für elektrische Energie und Reserve<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2006, S. 97-101<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 35
DISSERTATIONEN<br />
Strategische Ausbauplanung für elektrische Netze unter Unsicherheit<br />
Strategic Expansion Planning for Electrical Networks Considering Uncertainties<br />
Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />
tobias.paulun@iaew.rwth-aachen.de<br />
Im regulierten Elektrizitätsmarkt sind die Betreiber elektrischer Netze gezwungen, Effizienzsteigerungspotenziale zu<br />
identifizieren und zu nutzen, um hinreichende Erlöse erwirtschaften zu können. Aufgrund der hohen Kosten der in elektrischen<br />
Netzen eingesetzten Betriebsmittel liegt dabei der Fokus auf einer Verbesserung des Netzplanungsprozesses und<br />
einer bedarfsgerechten Anpassung der Netzstruktur. Hierfür ist der Einsatz rechnergestützter Optimierungsverfahren<br />
sinnvoll. Die in den letzten Jahren entwickelten Optimierungswerkzeuge sind zwar zur Ermittlung langfristig kostenoptimaler<br />
Netzstrukturen geeignet, berechnen jedoch nicht die optimale zeitliche Entwicklung bestehender Netze unter<br />
unsicheren Randbedingungen. Ziel dieser Arbeit war es daher, ein entsprechendes Optimierungsverfahren zu entwickeln,<br />
das unter Beachtung langfristig kostenoptimaler Netzstrukturen und existierender Unsicherheiten optimale Entwicklungspfade<br />
für bestehende Netze ermittelt.<br />
Due to the impending incentive regulation in the<br />
liberalized European electricity market, network<br />
operators are facing new challenges. In order to earn<br />
adequate revenues in the future, potentials for increasing<br />
the efficiency and reducing network costs need to<br />
be utilized. The increasing pressure on network operators<br />
can be met with an improved planning process. For<br />
this purpose and as a result of the more and more<br />
uncertain boundary conditions of network planning in<br />
liberalized electricity markets, using computer-based<br />
network optimization algorithms is inevitable.<br />
On the one hand, in recent years, numerous methods<br />
for long-term planning of electrical networks have been<br />
developed and successfully applied. On the other hand,<br />
the majority of existing optimization methods for<br />
network expansion planning describes the planning<br />
process without taking long-term cost-efficient network<br />
structures into account. However, especially in regulated<br />
electricity markets, existing networks should be<br />
developed towards long-term cost-efficient network<br />
structures in order to objectify planning decisions.<br />
Existing methods that meet these requirements are not<br />
capable of optimizing planning problems of practical<br />
size, due to the use of exact optimization algorithms.<br />
In this thesis, a computer-based optimization method<br />
for calculating the optimal future development for<br />
existing networks with respect to long-term costefficient<br />
network structures has been developed.<br />
Because an extensive demand for renewal is expected<br />
especially in 110 kV networks for the next years and<br />
due to the fact that efficient restructuring of this<br />
voltage level can only be done by taking medium<br />
voltage networks into account as well, this thesis is<br />
focusing on 110 kV and medium voltage networks.<br />
One of the key results of analyzing the planning process<br />
is that the optimal future development of existing<br />
networks depends on the future development of<br />
uncertain boundary conditions. The relevant uncertainties<br />
can be classified in technical, economical and<br />
political uncertainties with different impact on the<br />
optimal network development. Some of these uncertainties<br />
initiate the realization of expansion steps and<br />
have therefore direct influence on network development.<br />
Thus, calculating discrete points in time for the<br />
realization of expansion steps without regard to<br />
uncertainties as done so far during network planning<br />
does not meet practical requirements.<br />
The optimization method developed in this thesis is<br />
based on Ant Colony Optimization. For existing networks,<br />
it calculates optimal expansion strategies that<br />
allow a flexible future development of those networks<br />
depending on the development of uncertain boundary<br />
conditions. A short computing time even for planning<br />
problems of practical size is obtained by combining<br />
several heuristic optimization approaches.<br />
Exemplary studies show the functionality and capability<br />
of the developed method. In sensitivity analyses the<br />
influence of boundary conditions on the optimal<br />
expansion strategy and total network costs is analyzed.<br />
The results prove that uncertain boundary conditions<br />
lead to increasing total costs for the network operator.<br />
Combined with existing methods for long-term planning<br />
of electrical networks this newly developed method<br />
allows solving practical planning problems completely<br />
and in an objective manner for the first time.<br />
36 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
1 Motivation<br />
Durch die bevorstehende Anreizregulierung sind die<br />
Betreiber elektrischer Netze gezwungen, Effizienzsteigerungspotenziale<br />
zu identifizieren und zu nutzen, um<br />
auch zukünftig hinreichende Erlöse erwirtschaften zu<br />
können. Bereits in der Vergangenheit hat der Liberalisierungsprozess<br />
in der Elektrizitätswirtschaft dazu<br />
geführt, dass Netzbetreiber verstärkt mittels betriebswirtschaftlicher<br />
Methoden bewertet und miteinander<br />
verglichen werden. Diese Entwicklung wird sich durch<br />
das von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene<br />
Regulierungskonzept weiter verstärken.<br />
Eine sachgerechte Reduzierung der Netzkosten, die<br />
nicht durch den Verzicht auf notwendige Investitionen<br />
zu einer Verschlechterung der Versorgungsqualität und<br />
–zuverlässigkeit führt, kann vor allem durch eine<br />
Verbesserung des Netzplanungsprozesses und eine<br />
bedarfsgerechte Anpassung der Netzstruktur erzielt<br />
werden. Gleichzeitig werden durch das erfolgte Unbundling<br />
von Stromerzeugung und –übertragung sowie<br />
durch politische Faktoren wie die Förderung dezentraler<br />
Erzeugungsanlagen die Randbedingungen der Planung<br />
elektrischer Netze zunehmend unsicherer. Der Einsatz<br />
rechnergestützter Optimierungsverfahren in der Netzplanung<br />
ist daher unverzichtbar, um so mehr, da nur mit<br />
Hilfe derartiger Verfahren eine Objektivierung von<br />
Planungsentscheidungen erreicht werden kann, die<br />
besonders im regulierten Strommarkt wichtig ist.<br />
In den letzten Jahren wurden zahlreiche rechnerbasierte<br />
Optimierungswerkzeuge zur Grundsatzplanung<br />
elektrischer Netze entwickelt. In diesem Planungsschritt<br />
werden üblicherweise unter weitgehender<br />
Vernachlässigung des existierenden Anlagenbestandes<br />
kostenoptimale Netzstrukturen, sog. Zielnetze, ermittelt.<br />
Der Vergleich dieser Netzstrukturen mit den<br />
existierenden Netzen gibt Aufschluss über die momentane<br />
Effizienz der bestehenden Netze und wird auch als<br />
Referenznetzanalyse bezeichnet. Offen bleibt dabei die<br />
Frage, ob und in welchen Zeiträumen die langfristig<br />
kostenoptimalen Netzstrukturen überhaupt erreicht<br />
werden können [1].<br />
Derartige Fragestellungen müssen in einer der<br />
Grundsatzplanung nachgelagerten Ausbauplanung<br />
analysiert werden. Anders als in der Grundsatzplanung,<br />
in der die langfristig durchschnittlichen Kosten unterschiedlicher<br />
Netzentwürfe betrachtet werden, ist das<br />
Ziel der Ausbauplanung die Minimierung der Gesamtkosten<br />
innerhalb eines gegebenen Zeitraums. Für<br />
diesen Planungsschritt, in dem die optimale zeitliche<br />
Entwicklung bestehender Netze ermittelt wird, existieren<br />
jedoch nur wenige Verfahren, welche die Ergebnisse<br />
der vorangegangenen Grundsatzplanung als Zielvor-<br />
DISSERTATIONEN<br />
gabe für die Netzentwicklung berücksichtigen können.<br />
Existierende Verfahren, die diesen Anforderungen<br />
genügen, sind dagegen aufgrund hoher Rechenzeiten<br />
nicht zur Optimierung praxisüblicher Planungsaufgaben<br />
geeignet [2].<br />
Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines<br />
rechnergestützten Optimierungsverfahren, das die<br />
optimale zeitliche Entwicklung bestehender Netze in<br />
Richtung der zuvor bestimmten langfristig kostenoptimalen<br />
Zielnetze ermittelt. Dabei müssen die existierenden<br />
Planungsunsicherheiten besonders beachtet und<br />
derart modelliert werden, dass auch die Berücksichtigung<br />
einer praxisüblich großen Zahl relevanter Unsicherheiten<br />
nicht zu unzulässig hohen Rechenzeiten<br />
führt.<br />
2 Analyse<br />
Zu Beginn der Ausbauplanung werden die Ergebnisse<br />
der vorangegangenen Grundsatzplanung analysiert. Aus<br />
den Ergebnissen dieser Analyse werden anschließend<br />
Randbedingungen abgeleitet, die den in der Ausbauplanung<br />
zu durchsuchenden Lösungsraum sinnvoll<br />
einschränken. Hierfür wird das bestehende Netz, das<br />
als Basisnetz bezeichnet wird, mit den in der<br />
Grundsatzplanung ermittelten langfristig kostenoptimalen<br />
Netzstrukturen verglichen. Durch die Unterschiede<br />
zwischen diesen Netzstrukturen sind Planungsprojekte<br />
definiert, die durchgeführt werden können, um das<br />
bestehende Netz in Richtung der langfristig optimalen<br />
Zielnetze zu entwickeln (vgl. Bild 1).<br />
Basisnetz Zielnetz Planungsprojekte<br />
Abbau Zubau<br />
Bild 1: Mögliche Planungsprojekte<br />
Aufgabe der Ausbauplanung ist es anschließend, die<br />
optimale Kombination von Planungsprojekten, die<br />
innerhalb eines gegebenen Zeitraums durchgeführt<br />
werden sollten, zu finden und diese Projekte optimal<br />
zeitlich zu reihen. Kombinationen von Planungsprojekten,<br />
die nicht gemeinsam in einem Zielnetz enthalten<br />
sind, sind nicht zulässig, da nach Durchführung dieser<br />
Projekte keines der Zielnetze mehr erreicht werden<br />
kann.<br />
Jeder Netzzustand, der bei Befolgen der Ausbaustrategie<br />
erreicht werden kann, muss alle technischen<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 37
DISSERTATIONEN<br />
Randbedingungen einhalten, die durch die maximal<br />
zulässigen Betriebsmittelbelastungen, zulässige<br />
Kurzschlussströme und die einzuhaltenden Spannungsgrenzen<br />
gegeben sind.<br />
Zielfunktion der Ausbauplanung ist die Minimierung<br />
des Barwertes sämtlicher Investitions-, Instandhaltungs-<br />
und Verlustkosten innerhalb des gegebenen<br />
Zeitraums. Wird dieser Betrachtungszeitraum jedoch<br />
auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt, werden die<br />
Folgen von Planungsprojekten, die kurz vor Ende dieses<br />
Zeitraums durchgeführt werden, nicht mehr vollständig<br />
berücksichtigt. Gleichzeitig ist es jedoch schwierig, die<br />
Entwicklung von Randbedingungen der Planungsaufgabe<br />
für einen langen Zeitraum bis zu einem fern liegenden<br />
Prognosehorizont zu prognostizieren. Eine beliebige<br />
Verlängerung des Betrachtungszeitraums ist daher<br />
ebenfalls nicht sinnvoll.<br />
Um dieses Problem zu lösen, wird in dieser Arbeit<br />
neben dem Betrachtungszeitraum ein zusätzlicher<br />
Optimierungszeitraum definiert. Der Betrachtungszeitraum<br />
muss dabei mindestens den Optimierungszeitraum<br />
umfassen und kann auch einen unendlich langen<br />
Zeitraum darstellen (vgl. Bild 2). Es wird davon ausgegangen,<br />
dass sich Randbedingungen der Planungsaufgabe<br />
in dem über den Optimierungszeitraum hinausgehenden<br />
Zeitraum nicht mehr ändern. Gleichzeitig wird<br />
der letzte im Optimierungszeitraum erreichte Netzzustand<br />
für den verbleibenden Betrachtungszeitraum<br />
beibehalten, so dass auch die Folgen der zuletzt<br />
umgesetzten Planungsprojekte bei der Bewertung der<br />
Gesamtkosten berücksichtigt werden.<br />
Ausgangspunkt<br />
der Planung<br />
(Basisnetz)<br />
Optimierungszeitraum<br />
Betrachtungszeitraum<br />
Zeithorizont<br />
der Grundsatzplanung<br />
Bild 2: Optimierungs- und Betrachtungszeitraum<br />
2.1 Planungsunsicherheiten<br />
Die unsicheren Randbedingungen der Ausbauplanung<br />
resultieren aus technischen, wirtschaftlichen und<br />
politischen bzw. juristischen Unsicherheiten.<br />
• Technische Unsicherheiten entstehen durch die<br />
unsichere Entwicklung der Netznutzung sowie die<br />
unsichere Nutzungsdauer der eingesetzten Betriebsmittel.<br />
Die Entwicklung der Netznutzung wird<br />
in dieser Arbeit durch eine allgemeine und eine<br />
kundenbezogene Entwicklung von Einspeisungen<br />
und Lasten beschrieben. Die allgemeine Entwicklung<br />
kann durch einfache Prognose der – ggf. unsicheren<br />
– durchschnittlichen Laststeigerungsrate in<br />
Prozent pro Jahr angegeben werden, während die<br />
kundenbezogene Entwicklung individuelle Entwicklungen<br />
inkl. dem Anschluss oder Wegfall von Erzeugungseinheiten<br />
oder Lasten beschreibt. Da die<br />
kundenbezogene Entwicklung den optimalen Netzzustand<br />
direkt beeinflusst – beispielsweise durch<br />
Ausbaumaßnahmen, die zum Anschluss eines Kunden<br />
notwendig sind – ist nicht nur der mögliche<br />
Zeitpunkt des Kundenanschlusses relevant, sondern<br />
auch der sog. Kenntniszeitpunkt, an dem der Netzbetreiber<br />
sicher erfährt, ob ein Kunde angeschlossen<br />
wird oder nicht. Liegt dieser Zeitpunkt ausreichend<br />
vor dem Zeitpunkt des Anschlusses, kann<br />
das Netz u. U. weiter in Richtung des später optimalen<br />
Netzzustandes entwickelt werden.<br />
• Wirtschaftliche Unsicherheiten ergeben sich aus<br />
der unsicheren Entwicklung des Zinssatzes, betriebsmittelbezogener<br />
Investitions- und Instandhaltungskosten<br />
sowie der spezifischen Verlustkosten.<br />
Im Gegensatz zu technischen Unsicherheiten beeinflussen<br />
sie die optimale Netzentwicklung jedoch<br />
nur indirekt, da Um- oder Ausbaumaßnahmen wirtschaftlich<br />
sinnvoll, aber nicht technisch notwendig<br />
sein können. Bei steigenden spezifischen Verlustkosten<br />
kann beispielsweise die Investition in zusätzliche<br />
Leitungen zur Verringerung der Übertragungsverluste<br />
sinnvoll sein, während mit dem Betriebsmittelalter<br />
steigende Instandhaltungskosten<br />
die Erneuerung von Betriebsmitteln wirtschaftlich<br />
werden lassen können.<br />
• Politische Unsicherheiten haben andere Ursachen<br />
als technische Unsicherheiten, können in ihrer Wirkung<br />
auf das Netz jedoch wie technische Unsicherheiten<br />
modelliert werden. Die Förderung dezentraler<br />
Erzeugungsanlagen beeinflusst beispielsweise<br />
die allgemeine und die kundenbezogene Entwicklung<br />
von Einspeisungen und Lasten, während die<br />
politische Einflussnahme auf Kraftwerksbetreiber<br />
zur Änderung der Erzeugungsstruktur die kundenbezogene<br />
Entwicklung beeinflusst. Zusätzlich zu politischen<br />
sind jedoch auch juristische Unsicherheiten<br />
relevant, da sich durch derartige Unsicherheiten die<br />
Realisierung von Planungsprojekten verzögern<br />
kann. Insbesondere in der Hoch- und Höchstspannungsebene<br />
stellt die Dauer des Genehmigungsverfahrens<br />
für neue Freileitungstrassen eine relevante<br />
Unsicherheit dar und muss daher in der Ausbauplanung<br />
berücksichtigt werden.<br />
38 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Die Analyse der Planungsaufgabe zeigt, dass Unsicherheiten<br />
mit direktem Einfluss auf das Netz die Realisierung<br />
von Planungsprojekten bedingen und damit<br />
auslösende Ereignisse für Planungsprojekte darstellen.<br />
Es ist daher sinnvoll, die optimale Ausbaustrategie<br />
durch Wenn/Dann-Beziehungen zwischen auslösenden<br />
Ereignissen und Planungsprojekten zu beschreiben.<br />
Eine derartige Modellierung ist praxisgerechter als der<br />
bisher verfolgte Ansatz, diskrete Zeitpunkte für die<br />
Realisierung von Planungsprojekten zu ermitteln, und<br />
erhöht dadurch den Nutzen bei Anwendung rechnergestützter<br />
Verfahren in der Ausbauplanung.<br />
2.2 Bewertung von Ausbaustrategien<br />
Wichtigstes Kriterium bei der Bewertung potenzieller<br />
Ausbaustrategien sind die Gesamtkosten, die bei<br />
Befolgen dieser Strategie innerhalb des Betrachtungszeitraums<br />
entstehen. Aufgrund der bestehenden<br />
Unsicherheiten und der Abhängigkeit der Ausbaustrategien<br />
von der Entwicklung dieser Unsicherheiten sind<br />
die Gesamtkosten im Betrachtungszeitraum ebenfalls<br />
unsicher. Da die Wahrscheinlichkeitsverteilung des<br />
Barwertes der Gesamtkosten in einer Bewertungsfunktion<br />
bestimmt werden kann, können neben dem<br />
Erwartungswert auch die Standardabweichung und<br />
weitere Kriterien der Entscheidungstheorie wie Value<br />
At Risk oder Conditional Value At Risk für den Vergleich<br />
unterschiedlicher Ausbaustrategien verwendet werden.<br />
Zusätzlich zu diesen monetären Bewertungsgrößen sind<br />
weitere Kenngrößen für den Netzbetreiber relevant. So<br />
ist beispielsweise der Entscheidungsspielraum, der<br />
dem Netzbetreiber am Ende des Optimierungszeitraums<br />
verbleibt oder die Verteilung der Investitionen auf die<br />
einzelnen Jahre des Betrachtungszeitraums, von<br />
Interesse [3]. In dieser Arbeit werden daher weitere<br />
Bewertungskriterien definiert.<br />
• Die Elastizität einer Ausbaustrategie ist definiert<br />
als die Anzahl der Zielnetze, die am Ende des Optimierungszeitraums<br />
noch erreicht werden können,<br />
bezogen auf die Anzahl aller Zielnetze. Die Elastizität<br />
ist damit ein Maß für den verbleibenden Entscheidungsspielraum<br />
des Netzbetreibers nach Befolgen<br />
der entsprechenden Ausbaustrategie.<br />
• Die Flexibilität beschreibt die Wahrscheinlichkeit,<br />
mit der zukünftig von der ermittelten Ausbaustrategie<br />
nicht abgewichen werden muss. Dieses Bewertungskriterium<br />
ist insbesondere dann sinnvoll,<br />
wenn durch das frühzeitige Sicherstellen der technischen<br />
Zulässigkeit auch für sehr unwahrscheinliche<br />
Szenarien unsicherer Randbedingungen hohe<br />
Kosten entstehen. Eine geringere Flexibilität führt<br />
in diesem Fall zu niedrigeren Kosten, birgt jedoch<br />
DISSERTATIONEN<br />
das Risiko, bei Eintritt ungünstiger Szenarien zukünftig<br />
langfristig optimale Entscheidungen nicht<br />
durchführen zu können.<br />
• Die Verteilung der Investitionen über die einzelnen<br />
Jahre wird durch die Akzeptanz einer Ausbaustrategie<br />
beschrieben. Hierfür kann der Netzbetreiber<br />
maximale und minimale Investitionsbudgets für die<br />
einzelnen Jahre vorgeben, die nach Möglichkeit<br />
eingehalten werden sollen. Wichtig ist, dass diese<br />
Grenzen bis zum Erreichen einer absoluten Grenze<br />
verletzt werden dürfen, da durch Über- bzw. Unterschreiten<br />
der vorgeschlagenen Budgets gleichzeitig<br />
ein höherer Nutzen erzielt werden kann.<br />
In dem entwickelten Verfahren sind alle vorgestellten<br />
Bewertungskriterien optional, so dass sowohl die<br />
Berücksichtigung unternehmensspezifischer Ziele als<br />
auch eine einfach zu parametrierende Minimierung des<br />
Erwartungswertes möglich ist.<br />
3 Verfahren<br />
3.1 Ameisenalgorithmus<br />
Das in dieser Arbeit entwickelte Verfahren basiert auf<br />
dem Optimierungsansatz des Ameisenalgorithmus [4].<br />
Dieser ist angelehnt an die Futtersuche von Ameisen in<br />
der Natur und wird auch als wissensbasierter Optimierungsalgorithmus<br />
bezeichnet, da Ameisen den von<br />
ihnen zurückgelegten Weg mit einem Duftstoff, dem<br />
sog. Pheromon, markieren und somit Wissen über gute,<br />
d. h. kurze Wege speichern. Bild 3 zeigt das Vorgehen<br />
der Ameisen bei der Futtersuche.<br />
Futtersuche<br />
Nest Futter<br />
Rückkehr zum Ausgangspunkt<br />
Nest Futter<br />
Bild 3: Futtersuche einer Ameise<br />
Zu Beginn der Futtersuche bewegen sich die Ameisen<br />
beinahe zufällig, da die Umgebung noch keinerlei<br />
Pheromonmarkierungen enthält. Aufgrund der Größe<br />
der Ameisenkolonie findet jedoch üblicherweise nach<br />
kurzer Zeit zumindest eine Ameise eine Futterquelle in<br />
der Nähe des Nestes. Bei der Rückkehr zum Nest steigt<br />
die Wahrscheinlichkeit, mit der diese Ameise dem<br />
zuvor von ihr markierten Weg folgt, da die Wahrschein-<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 39
DISSERTATIONEN<br />
lichkeit für die Wahl eines Weges proportional zu<br />
dessen Pheromonkonzentration ist.<br />
In der Natur bewegen sich alle Ameisen einer Kolonie<br />
mit annähernd gleicher Geschwindigkeit. In gleicher<br />
Zeit werden dadurch kurze Wege häufiger durchlaufen<br />
als lange Wege, wodurch die Pheromonkonzentration<br />
auf kurzen Wegen schneller ansteigt. Dies erhöht<br />
wiederum die Wahrscheinlichkeit, mit der diese Wege<br />
gewählt werden. Nach kurzer Zeit bildet sich dadurch<br />
ein stabiles Optimum heraus, das üblicherweise in der<br />
Nähe der optimalen Lösung liegt.<br />
Um die Konvergenz in lokale Optima zu vermeiden,<br />
nähert sich die Wahrscheinlichkeit für die Wahl eines<br />
Weges auch bei hohen Pheromonkonzentrationen nur<br />
asymptotisch 100 %. Zudem führt die Verwitterung der<br />
Pheromonmarkierungen durch Umwelteinflüsse dazu,<br />
dass auch nach dem Erreichen eines Optimums noch<br />
alternative Lösungen betrachtet werden.<br />
3.2 Entwickeltes Optimierungsverfahren<br />
Bild 4 gibt einen Überblick über das entwickelte<br />
Optimierungsverfahren.<br />
Nein<br />
Nein<br />
Initialisierung<br />
Stochastische Generierung<br />
einer potenziellen Lösung<br />
Lokale Suche<br />
Technisch-wirtschaftliche<br />
Bewertung der Lösung<br />
Alle<br />
Randbedingungen<br />
erfüllt?<br />
Ja<br />
Iteration beendet?<br />
Ja<br />
Update der Wissensbasis<br />
Abbruchkriterium<br />
erfüllt?<br />
Nein<br />
Ja<br />
Reparatur verletzter<br />
Randbedingungen<br />
Ergebnisausgabe<br />
Bild 4: Entwickeltes Optimierungsverfahren<br />
Nach der Initialisierungsphase, in der u. a. die Ergebnisse<br />
der Grundsatzplanung analysiert werden, generiert<br />
das Verfahren eine potenzielle Ausbaustrategie. In<br />
diesem Schritt werden die technischen Randbedingungen<br />
der Planungsaufgabe vernachlässigt, so dass die<br />
erzeugte Lösung nach diesem Schritt nicht notwendigerweise<br />
technisch zulässig ist.<br />
Anschließend wird die generierte Lösung durch eine<br />
lokalen Suche heuristisch modifiziert. In diesem Schritt<br />
werden einfach zu identifizierende Verbesserungen<br />
durchgeführt, um die Konvergenz des Verfahrens zu<br />
beschleunigen.<br />
Erst danach wird die bis hierhin ausschließlich stochastisch<br />
und heuristisch erzeugte Lösung vollständig<br />
technisch und wirtschaftlich bewertet. Dabei werden<br />
sowohl die Gesamtkosten im Betrachtungszeitraum<br />
ermittelt als auch alle technischen Randbedingungen<br />
überprüft. Werden hierbei Verletzungen von Randbedingungen<br />
festgestellt, wird die Ausbaustrategie<br />
modifiziert, bis alle Randbedingungen eingehalten<br />
werden. Da sich hierdurch die Gesamtkosten im<br />
Betrachtungszeitraum geändert haben können, ist<br />
anschließend eine erneute technisch-wirtschaftliche<br />
Bewertung notwendig.<br />
Die Generierung neuer Lösungen und die Auswahl der<br />
Reparaturmaßnahmen erfolgt unter Beachtung der<br />
Wissensbasis, in der die Ergebnisse vorangegangener<br />
Bewertungen gespeichert werden. Die Wissensbasis<br />
enthält dabei für jede Kombination aus auslösendem<br />
Ereignis und möglichem Planungsprojekt einen Wert,<br />
der proportional zur Anzahl der Ausbaustrategien hoher<br />
Güte, in der diese Kombination aus Planungsprojekt<br />
und auslösendem Ereignis vorgesehen war, ist. Die<br />
Einträge in der Wissensbasis entsprechen damit den<br />
Pheromonwerten des Ameisenalgorithmus.<br />
Für lokale Suchalgorithmen steht mit der Wissensbasis<br />
eine erheblich größere Basis als bei ausschließlicher<br />
Betrachtung der Umgebung der aktuellen Lösung zur<br />
Verfügung, was die Effizienz des Algorithmus erhöht<br />
und damit die Rechenzeit des Verfahrens reduziert. Ein<br />
Update der Wissensbasis erfolgt jedoch erst, wenn<br />
eine vorgegebene Anzahl neuer Lösungen generiert und<br />
bewertet wurde, d. h. nach Abschluss einer Iteration.<br />
Der Grund hierfür ist, dass erst durch den Vergleich<br />
mehrerer alternativer Lösungen die Güte der einzelnen<br />
Lösungen bewertet werden kann. In dem entwickelten<br />
Verfahren ist der Einfluss einzelner Lösungen auf die<br />
Wissensbasis proportional zur Güte der Lösungen,<br />
wodurch die Effizienz des Verfahrens weiter gesteigert<br />
werden kann.<br />
4 Exemplarische Ergebnisse<br />
Im Folgenden wird die Ausbauplanung für ein realitätsnahes<br />
Versorgungsgebiet, bestehend aus einem 110kV-<br />
und zwei 20-kV-Netzen, durchgeführt. Die bestehenden<br />
Netze in diesem Versorgungsgebiet zeigt Bild 5.<br />
40 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Es wird ein Optimierungszeitraum von 25 Jahren<br />
betrachtet, der Betrachtungszeitraum ist in dieser<br />
Untersuchung nicht beschränkt. Innerhalb dieses<br />
Zeitraums kann die Last im Versorgungsgebiet um<br />
maximal 1 %/a steigen oder stagnieren, so dass sich<br />
am Ende des Optimierungszeitraums eine Last zwischen<br />
100 % und 125 % der derzeitigen Last ergibt.<br />
380/110-kV-Station<br />
110/20-kV-Station<br />
20-kV-Station<br />
110-kV-Stromkreis<br />
20-kV-Stromkreis<br />
Bild 5: Bestehende 110-kV- und 20-kV-Netze<br />
Die Entwicklung der spezifischen Verlustkosten innerhalb<br />
des Optimierungszeitraums ist ebenfalls unsicher.<br />
Es wird erwartet, dass der Erwartungswert der spezifischen<br />
Verlustkosten von derzeit 40 EUR/MWh über 25<br />
Jahre auf 55 EUR/MWh ansteigt. Um die mit dem<br />
Prognosehorizont steigende Unsicherheit dieser<br />
Annahme abzubilden, steigt die Standardabweichung<br />
der zu Beginn des Optimierungszeitraums sicheren<br />
spezifischen Verlustkosten ebenfalls linear auf<br />
5 EUR/MWh.<br />
100%<br />
Last<br />
125%<br />
Last<br />
Spezifische Verlustkosten<br />
40 EUR/MWh 70 EUR/MWh<br />
ZN 1 ZN 2<br />
ZN 3 ZN 4<br />
380/110-kV-Station 110-kV-Stromkreis<br />
110/20-kV-Station<br />
20-kV-Station<br />
20-kV-Stromkreis<br />
Bild 6: Langfristig optimale Zielnetze<br />
Zunächst werden in der Grundsatzplanung langfristig<br />
kostenoptimale Netzstrukturen für die Extremszenarien<br />
DISSERTATIONEN<br />
unsicherer Randbedingungen ermittelt. Diese sind in<br />
Bild 6 dargestellt.<br />
Ziel der anschließenden Ausbauplanung ist in dieser<br />
Untersuchung ausschließlich die Minimierung des<br />
Erwartungswertes der Gesamtkosten. Um den Nutzen<br />
durch Anwendung des Verfahrens quantifizieren zu<br />
können, wird dieser Erwartungswert mit dem Barwert<br />
der Gesamtkosten verglichen, die sich bei zyklischer<br />
Erneuerung des Basisnetzes ergeben. Die zyklische<br />
Erneuerung setzt dabei voraus, dass Betriebsmittel, die<br />
altersbedingt erneuert werden müssen, durch identische<br />
Betriebsmittel gleichen Typs ersetzt werden.<br />
In Bild 7 ist neben dem Erwartungswert der Gesamtkosten<br />
bei Befolgen der optimalen Ausbaustrategie und<br />
bei zyklischer Erneuerung des Basisnetzes auch die<br />
Wahrscheinlichkeitsverteilung dieser Kosten dargestellt.<br />
Die Kosten der optimalen Ausbaustrategie sind<br />
rund 12 % geringer als die Kosten der zyklischen<br />
Erneuerung und dominieren die Verteilungsfunktion<br />
dieser Kosten zudem deutlich.<br />
Erwartungswert der Gesamtkosten<br />
150<br />
Mio. EUR<br />
100<br />
124,6<br />
109,9<br />
Verlustkosten<br />
Instandhaltungskosten<br />
50<br />
Investitionskosten<br />
0<br />
Zyklische Optimale<br />
Erneuerung Ausbaustrategie<br />
Wahrscheinlichkeit<br />
1<br />
Optimale<br />
Ausbaustrategie<br />
0,5<br />
0<br />
Zyklische Erneuerung<br />
des Basisnetzes<br />
Mio. EUR<br />
110 115 120 125<br />
Bild 7: Erwartungswert und Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
der Gesamtkosten im Betrachtungszeitraum<br />
Neben den Gesamtkosten im Betrachtungszeitraum ist<br />
interessant, inwieweit die zuvor ermittelten Zielnetze<br />
erreicht werden können. Hierfür werden die langfristig<br />
durchschnittlichen (annuitätischen) Kosten des Netzzustandes,<br />
der am Ende des Optimierungszeitraums<br />
erreicht wird (Bild 8), miteinander verglichen (Bild 9).<br />
Der Vergleich von Struktur und Kosten der Zielnetze mit<br />
dem erreichbaren Netzzustand zeigt, dass nicht das<br />
vollständige Kostenreduktionspotenzial, das sich bei<br />
ausschließlicher Betrachtung der Zielnetze ergeben<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 41
DISSERTATIONEN<br />
würde, realisiert werden kann. Die Vorgabe von<br />
Effizienzsteigerungsvorschriften allein auf Basis des<br />
Ergebnisses der Grundsatzplanung ohne Beachtung der<br />
Übergangskosten auf dem Weg zu effizienteren<br />
Netzstrukturen ist somit nicht zulässig. Gleichzeitig<br />
wird bei ausschließlicher Betrachtung der Zielnetze das<br />
minimal realisierbare, langfristig wirksame Kostenreduktionspotenzial<br />
unterschätzt, da das Zielnetz mit den<br />
höchsten annuitätischen Kosten für ein Extremszenario<br />
unsicherer Randbedingungen mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
ermittelt wurde.<br />
380/110-kV-Station<br />
110/20-kV-Station<br />
20-kV-Station<br />
110-kV-Stromkreis<br />
20-kV-Stromkreis<br />
Bild 8: Netzzustand am Ende des Optimierungszeitraums<br />
30<br />
Mio.<br />
EUR/a<br />
Annuitätische Netzkosten<br />
10<br />
-17,5%<br />
-16%<br />
0<br />
Basisnetz ZN 1 ZN 2<br />
Verluste<br />
110-kV-Leitungen<br />
110-kV-Schaltanlagen<br />
-10,8%<br />
-9,6%<br />
-10,2%<br />
ZN 3 ZN 4 Erreichter<br />
Netzzustand<br />
110/20-kV-Transformatoren<br />
20-kV-Betriebsmittel<br />
Bild 9: Annuitätische Kosten der unterschiedlichen<br />
Netzzustände<br />
5 Zusammenfassung<br />
Der im regulierten Elektrizitätsmarkt steigende Druck<br />
auf die Netzbetreiber, Effizienzsteigerungspotenziale zu<br />
identifizieren und zu nutzen, führt zu einer Überprüfung<br />
der bisherigen Netzplanungspraxis. Zusammen mit den<br />
durch die Liberalisierung gestiegenen Unsicherheiten<br />
der Netzplanung erhöht sich die Notwendigkeit,<br />
rechnergestützte Optimierungswerkzeuge bei der<br />
Planung elektrischer Netze einzusetzen. Mit den<br />
existierenden Verfahren zur Grundsatzplanung elektri-<br />
scher Netze kann nicht der optimale Entwicklungspfad<br />
für bestehende Netze ermittelt werden. Die Anwendung<br />
derartiger Verfahren – beispielsweise in einer<br />
Referenznetzanalyse – erlaubt daher auch keine<br />
Aussagen über das tatsächlich realisierbare Kostenreduktionspotenzial<br />
der Netzbetreiber. Existierende<br />
Verfahren für diese Fragestellung sind aufgrund hoher<br />
Rechenzeiten nicht für praxisübliche Planungsaufgaben<br />
geeignet. Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung<br />
eines Verfahrens zur Ausbauplanung elektrischer Netze<br />
mit handhabbarer Rechenzeit.<br />
Das in dieser Arbeit entwickelte Verfahren ermittelt<br />
Wenn/Dann-Beziehungen zwischen unsicheren Ereignissen<br />
und Planungsprojekten. Diskrete Zeitpunkte, an<br />
denen Planungsprojekte durchgeführt werden sollten,<br />
müssen somit nicht mehr ermittelt werden, was einen<br />
praxisgerechten Einsatz des Verfahrens ermöglicht.<br />
Durch die Kombination des Ameisenalgorithmus mit<br />
anderen heuristischen Optimierungsverfahren wird ein<br />
effizienter, iterativer Algorithmus entwickelt, der in<br />
wenigen Iterationen Lösungen in der Nähe des absoluten<br />
Optimums findet. Exemplarische Untersuchungen<br />
belegen die Funktionsfähigkeit des Verfahrens. Zusätzliche,<br />
in dieser Arbeit durchgeführte Sensitivitätsanalysen<br />
zeigen seine Leistungsfähigkeit. Zusammen mit<br />
existierenden Verfahren zur Grundsatzplanung elektrischer<br />
Netze wird mit dem neu entwickelten Verfahren<br />
die vollständige, objektive Lösung praxisüblicher<br />
Planungsaufgaben erstmalig möglich.<br />
6 Literatur<br />
[1] Maurer, Ch.; Fritz, W.<br />
Modell- und Vergleichsnetzanalyse – Anwendungsbeispiele<br />
für Strom- und Gasnetze<br />
e/m/w – Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb<br />
1, 2006, S. 22-25<br />
[2] Sengbusch, K. v.<br />
Einfluss von Planungsunsicherheiten auf die Ausbaustrategie<br />
von 110-kV-Netzen<br />
Dissertation, <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Bd. 88,<br />
Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2002<br />
[3] Hanuscheck, R.<br />
Investitionsplanung auf der Grundlage vager Daten<br />
Dissertation, Johann Wolfgang Goethe-<br />
Universität Frankfurt<br />
Schulz-Kirchner Verlag, 1986, Frankfurt<br />
[4] Stützle, Th.; Dorigo, M.<br />
ACO Algorithms for the Quadratic Assignment<br />
Problem<br />
New Ideas in Optimization, McGrawHill, 1999<br />
42 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen<br />
Automatic Long-Term Planning of Medium-Voltage Systems<br />
Dr.-Ing. Xiaohu Tao<br />
xiaohu.tao@iaew.rwth-aachen.de<br />
DISSERTATIONEN<br />
Mit Arbeitsaufnahme der Bundesnetzagentur und Einführung einer anreizbasierten Entgeltregulierung erhöht sich der<br />
Kostendruck auf die Verteilungsnetzbetreiber. Bei der Erschließung von Kosteneinsparpotenzialen können mit rechnerbasierten<br />
Optimierungsverfahren generierte Netze wichtige Erkenntnisse liefern. Sie können nicht nur als langfristig<br />
anzustrebende Netzstrukturen und somit als Zielvorgabe für die nachgelagerte Ausbauplanung, sondern auch als objektiver<br />
Bewertungsmaßstab für einen unternehmensinternen und unternehmensübergreifenden Effizienzvergleich eingesetzt<br />
werden. Angesichts der großen Bedeutung der 20(10)-kV-Netze für Netzkosten und Versorgungsqualität ist die Ermittlung<br />
von Referenznetzen für die 20(10)-kV-Ebene notwendig. Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines Verfahrens für<br />
die Grundsatzplanung von 20(10)-kV-Netzen, das alle relevanten Randbedingungen und Freiheitsgrade betrachtet und<br />
kostengünstige Zielnetze auch unter Beachtung von Zuverlässigkeitsnebenbedingungen ermitteln kann. Exemplarische<br />
Anwendungen auf reale Versorgungsaufgaben zeigen die Leistungsfähigkeit und Funktionalität dieses Verfahrens.<br />
In the liberalised European electricity markets the<br />
network operators are still monopoly companies due to<br />
the natural monopoly of electric networks. To increase<br />
the competition between network operators and to<br />
check the usage of system fees, the German Federal<br />
Network Agency was set up in 2005. It is expected that<br />
the cost pressure on network companies will increase<br />
further. It is necessary for the network companies to<br />
reduce the costs through some measures, such as<br />
check of the efficiency and restructure of existing networks.<br />
“Green Field” based long-term network planning<br />
can provide not only a reference network for the<br />
efficiency analysis, but also a target network for the<br />
restructure measures. Computer-aided network planning<br />
tools are needed.<br />
Since years there has been many research work on the<br />
long-term planning of High-Voltage networks [3]. Only a<br />
few work has been done for the optimal long-term<br />
planning of Medium-Voltage-(MV-)networks. Considering<br />
the incentive regulation of distribution networks<br />
and new requirements of MV-networks, nowadays it<br />
becomes very important to develop methods for the<br />
long-term planning of MV-networks. The main reasons<br />
are:<br />
• MV-networks cause a big part of total costs of the<br />
electric networks.<br />
• MV-networks show a dominant effect on the reliability<br />
of power supply for the Low-Voltage customers.<br />
Around 80% of the non-availability of a Low-<br />
Voltage customer is caused by a fault or an interruption<br />
in MV-networks.<br />
• Due to political rules on renewable energy the<br />
number and the installed capacity of renewable<br />
energy equipments have increased rapidly in the<br />
last years. Such distributed generation (DG) is<br />
mainly integrated in the MV-networks.<br />
• MV-networks have been generally built according<br />
to local requirements, i.e. without consideration of<br />
long-term optimality. Thus, existing networks show<br />
very complicated network structures which are<br />
over-dimensioned for the present supply task.<br />
Therefore, a fundamental and long-term optimality<br />
based restructure of existing network structures is<br />
meaningful and important.<br />
In this work a new two-stage heuristic method for the<br />
long-term planning of 20(10)-kV-networks which considers<br />
all planning relevant constraints and degrees of<br />
freedom and plans optimal target networks for largescale<br />
problems with the consideration of constraints for<br />
the reliability of power supply within some minutes.<br />
Exemplary applications of the newly developed method<br />
to real distribution systems show its capabilities.<br />
As an important planning tool the method can be used<br />
for various investigations, such as planning of longterm<br />
target networks, efficiency analysis of existing<br />
networks and quantifying of special effects, such as<br />
integration of DG into existing networks or reliability of<br />
power supply. Applications of this method for reference<br />
network analysis in the incentive regulation enable an<br />
objective evaluation of the cost situation of different<br />
supply tasks. The developed method will be used by the<br />
Federal Network Agency for the regulation of distribution<br />
business in Germany.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 43
DISSERTATIONEN<br />
1 Einleitung<br />
Die Netzbetreiber sind Monopolunternehmen aufgrund<br />
des natürlichen Monopols von elektrischen Netzen. Um<br />
dennoch eine wettbewerbsähnliche Situation zu erreichen,<br />
wurde 2005 in Deutschland die Bundesnetzagentur<br />
(BNetzA) etabliert [1]. Der BNetzA obliegt die Überwachung<br />
der Angemessenheit der Netznutzungsentgelte.<br />
Dabei ist zu erwarten, dass sich mit der Umsetzung<br />
des aktuell diskutierten Konzepts einer Anreizregulierung<br />
der Kostendruck auf die Netzbetreiber deutlich<br />
verstärken wird.<br />
Die Netzbetreiber sehen sich somit der Notwendigkeit<br />
ausgesetzt, ihre Kosten zu reduzieren. Hierzu stehen<br />
ihnen einerseits kurzfristige, d. h. betrieblich, und<br />
anderseits mittel- bis langfristige Maßnahmen zur<br />
Verfügung. Kurzfristige Maßnahmen, wie die Reduzierung<br />
des Aufwands für Netzbetrieb und Instandhaltung,<br />
ermöglichen schnelle Kostenabsenkungen. Langfristig<br />
bergen sie jedoch das Risiko einer Verkürzung der<br />
Nutzungsdauer und Verringerung der Zuverlässigkeit<br />
der Betriebsmittel und damit eines Absinkens der<br />
gebotenen Versorgungsqualität.<br />
Nur mittel- bis langfristig wirkende Maßnahmen, wie<br />
z. B. die Überprüfung der Effizienz der bestehenden<br />
Netzstrukturen und ggf. ihre Anpassung sowie die<br />
Überarbeitung der Planungsgrundsätze, können weitere<br />
Einsparpotenziale erschließen. Die Umsetzung erfordert<br />
jedoch Verbesserungen der Methoden zur Netzplanung.<br />
Deren hohe Systemkomplexität macht zu ihrer optimalen<br />
Durchführung den Einsatz rechnerbasierter Optimierungsverfahren<br />
notwendig. Im Mittelpunkt des Interesses<br />
stehen dabei als erster notwendiger Schritt Verfahren,<br />
die langfristig kostengünstige Netzstrukturen, so<br />
genannte Zielnetze, ermitteln.<br />
Während die Zielnetzplanung von Hochspannungs-(HS)-<br />
Netzen seit langem Gegenstand der wissenschaftlichen<br />
Forschung ist [3], betrachten bisher nur wenige Arbeiten<br />
die optimale Auslegung von Mittelspannungs-(MS)-<br />
Netzen. Vor dem Hintergrund der Anreizregulierung und<br />
sich damit ergebender neuer Anforderungen an MS-<br />
Netze erscheint eine Zielnetzplanung auch für diese<br />
Spannungsebene notwendig. Dies ist unter anderem<br />
durch folgende Aspekte begründet:<br />
• MS-Netze verursachen einen großen Anteil der<br />
gesamten Kosten der elektrischen Versorgungsnetze<br />
und sind daher entscheidend für deren Wirtschaftlichkeit.<br />
• MS-Netze haben einen dominierenden Einfluss auf<br />
die Versorgungszuverlässigkeit der Endkunden. So<br />
werden etwa 80% der Nichtverfügbarkeit eines<br />
Niederspannungskunden durch Fehler oder Ausfälle<br />
in MS-Netzen verursacht [2]. Um ein deutliches Absinken<br />
der Versorgungszuverlässigkeit nach Einführung<br />
der Anreizregulierung zu verhindern, wird das<br />
Konzept der Anreizregulierung auch eine Qualitätsregulierung<br />
beinhalten [1]. Diese Qualitätsregulierung<br />
wird insbesondere das MS-Netz betreffen.<br />
• Die politisch motivierte Förderung regenerativer<br />
Energiequellen führt zu einem starken Zuwachs von<br />
dezentralen Erzeugungsanlagen (DEA), die auch an<br />
MS-Netze angeschlossen werden. Damit sind die<br />
Planungsunsicherheiten in dieser Spannungsebene<br />
bereits in der Vergangenheit stark angestiegen. Ein<br />
weiterer Anstieg ist zu erwarten. Bei der Integration<br />
von DEA in bestehende MS-Netze müssen unterschiedliche<br />
technische Effekte beachtet werden.<br />
• MS-Netze wurden in der Vergangenheit in der<br />
Regel bedarfsgetrieben und schrittweise, d. h. ohne<br />
langfristige Zielorientierung, geplant. Daher zeigen<br />
diese Netze häufig eine für die aktuelle Versorgungsaufgabe<br />
überdimensionierte und komplizierte<br />
Netzstruktur. Angesichts der stabilen Lastentwicklung<br />
und des hohen durchschnittlichen Betriebsmittelalters<br />
in den bestehenden MS-Netzen erscheint<br />
deshalb heute eine grundlegende, auch langfristig<br />
auf Optimalität ausgerichtete Überarbeitung der<br />
Netzstrukturen sinnvoll und durchführbar.<br />
• In der MS-Ebene kommt eine Vielzahl von Netzformen<br />
zum Einsatz. Diese treten auch innerhalb eines<br />
Unternehmens häufig nebeneinander auf. Für eine<br />
nur manuell durchgeführte und ohne Zielorientierung<br />
betriebene Netzplanung ist deshalb die Entscheidung<br />
über die langfristig optimale Netzform<br />
quasi unmöglich.<br />
Viele bestehende rechnergestützte Verfahren zur<br />
Planung von MS-Netzen konzentrieren sich auf die<br />
Planungsstufe der Ausbauplanung [4], betrachten aber<br />
nicht die für eine langfristige Optimalität unbedingt<br />
notwendige Zielorientierung, die nur eine Grundsatzplanung<br />
liefern kann.<br />
Vor diesem Hintergrund erscheint die Entwicklung<br />
eines Verfahrens zur Bestimmung langfristig kostenoptimaler<br />
Netzstrukturen von MS-Netzen, entsprechend<br />
der Vorgehensweise einer Grundsatzplanung, für die<br />
optimale Durchführung der anstehenden Planungsaufgaben<br />
sinnvoll und notwendig. Ein solches Verfahren<br />
kann über den Anwendungsbereich der Netzplanung<br />
hinaus auch im regulatorischen Kontext eingesetzt<br />
werden, wo mit Hilfe der Referenznetzanalyse die<br />
Effizienz bestehender Netze durch Vergleich mit<br />
44 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
echnerbasiert ermittelten optimalen Netzen ermittelt<br />
werden soll [1].<br />
Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines<br />
Verfahrens zur Ermittlung langfristig kostenoptimaler<br />
MS-Netze unter Berücksichtigung aller planungsrelevanten,<br />
insbesondere technischen Randbedingungen<br />
und aller praxisüblichen Freiheitsgrade. Insbesondere<br />
ist die Berücksichtigung der Integration von DEA<br />
vorzusehen.<br />
2 Analyse der Grundsatzplanung von<br />
20(10)-kV-Netzen<br />
2.1 Systemabgrenzung<br />
Die MS-Ebene ist in einzelne, zur Kurzschlussstrombegrenzung<br />
galvanisch getrennte Netzbereiche unterteilt,<br />
die in der Regel mit der Nennspannung 10 kV oder<br />
20 kV betrieben werden. Die Lage und Dimensionierung<br />
der 110-kV-Stationen sind eng mit den 20(10)-kV-<br />
Netzen verbunden und beeinflussen grundsätzlich<br />
deren Struktur. In einigen Versorgungsgebieten besteht<br />
eine explizite Wechselwirkung zwischen den 110-kV-<br />
und den 20(10)-kV-Netzen durch Reservestellung für<br />
110-kV-Netze über 20(10)-kV-Transportleitungen. In<br />
ländlichen Gebieten ist eine solche Reservestellung<br />
aufgrund des großen 110-kV-Stationsabstands nicht<br />
von Vorteil [3]. In städtischen Gebieten kann prinzipiell<br />
eine gemeinsame Planung des 110-kV-Netzes und der<br />
20(10)-kV-Netze unter Berücksichtigung der 20(10)-kV-<br />
Transportleitungen Vorteile, jedoch bei gleichzeitigem<br />
Verlust der Flexibilität für die weitere Netzentwicklung,<br />
bringen. Eine derartige gemeinsame Planung ist wegen<br />
der erweiterten Problemgröße in der Praxis unüblich. In<br />
dieser Arbeit liegt der Fokus daher auf der Planung der<br />
20(10)-kV-Netze. Das überlagerte 110-kV-Netz wird als<br />
feste Vorgabe betrachtet. Dementsprechend bleiben<br />
die 0,4-kV-Netze bei der Planung der 20(10)-kV-Netze<br />
unberücksichtigt.<br />
2.2 Bewertungskriterien<br />
2.2.1 Wirtschaftliche Bewertung<br />
Für die ökonomische Bewertung sind alle durch die<br />
Planungsentscheidung für 20(10)-kV-Netze verursachten<br />
Ausgaben zu berücksichtigen. Diese umfassen<br />
Investitionskosten und jährliche Betriebskosten.<br />
2.2.2 Technische Bewertung<br />
Netze werden als (n-1)-redundant angesehen, wenn sie<br />
für jede beliebige, technisch mögliche und betrieblich<br />
sinnvolle Ausgangssituation den Ausfall eines beliebi-<br />
DISSERTATIONEN<br />
gen Betriebsmittels ohne unzulässige Einschränkungen<br />
ihrer Funktionsfähigkeit aufrechterhalten [5]. Das heißt,<br />
Ausfälle führen nicht zu einer Verletzung der technischen<br />
Anforderungen, wobei in der 20(10)-kV-Netzplanung<br />
üblicherweise die maximale Belastbarkeit der<br />
Betriebsmittel, die erforderliche Spannungsqualität<br />
und die Kurzschlussstromgrenzen festgelegt sind. In der<br />
20(10)-kV-Ebene wird das (n-1)-Kriterium auch dann als<br />
erfüllt angesehen, wenn zwar nach einem Betriebsmittelausfall<br />
eine Versorgungsunterbrechung auftritt,<br />
diese jedoch durch Umschaltungen oder Einsatz von<br />
Notstromaggregaten nach kurzer Zeit behoben werden<br />
kann [5].<br />
2.2.3 Spezifische Anforderungen<br />
Zusätzlich zu den zuvor erläuterten, von elektrischen<br />
Kenngrößen abhängigen technischen Kriterien werden<br />
einige weitere Kriterien vorgestellt. Diese sind bei<br />
Netzbetreibern häufig angewandte Entscheidungsregeln,<br />
um Netzbetriebsführung und Störungsbeseitigung<br />
zu vereinfachen. Sie sind insofern planungsrelevant und<br />
auch im zu entwickelnden Verfahren zu berücksichtigen.<br />
Sie umfassen:<br />
• Maximale Abgangslänge und maximale Anzahl der<br />
Stationen in einem Abgang<br />
• und maximale Stationsanzahl im Stichanschluss<br />
und deren Gesamtlast.<br />
2.3 Freiheitsgrade der Grundsatzplanung<br />
von 20(10)-kV-Netzen<br />
Spannungsebene<br />
10 kV und 20 kV werden als Standardspannungsebenen<br />
für MS-Verteilungsnetze angesehen. Historisch bedingt<br />
existieren noch einige MS-Netze mit Spannungen von<br />
6 kV und 15 kV. Eine langfristige Umstellung dieser<br />
Netze auf 10 kV oder 20 kV wird von den Netzbetreibern<br />
jedoch zumeist angestrebt. In dem zu entwickelnden<br />
Grundsatzplanungsverfahren kann die Spannungsebene<br />
daher als durch den Netzplaner vorgegeben<br />
angesehen werden.<br />
Netzformen der 20(10)-kV-Netze<br />
Neben der Spannungsebene ist die Wahl der Netzstruktur<br />
von großer Bedeutung, da sie sowohl die Netzkosten<br />
als auch die Versorgungsqualität beeinflusst. Aus<br />
historischen Gründen finden sich in der Praxis in 20(10)kV-Netzen<br />
unterschiedliche Netzformen, z. B. das<br />
Strahlennetz, das Maschennetz, das Ring-/Strangnetz<br />
evtl. mit Stichanschlüssen und das Netz mit Stützpunktstationen<br />
wieder.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 45
DISSERTATIONEN<br />
Im Strahlennetz sind keine Umschaltmöglichkeiten<br />
vorhanden, wodurch das Strahlennetz eine hohe Unterbrechungsdauer<br />
und somit eine niedrige Versorgungszuverlässigkeit<br />
aufweist. Das Strahlennetz weist<br />
üblicherweise die geringsten Investitionskosten aufgrund<br />
geringster Anzahl an Betriebsmitteln auf. Angesichts<br />
der niedrigen Versorgungszuverlässigkeit wird<br />
eine derartige Netzform in Industrieländern jedoch<br />
kaum angewendet. Mit einem Strahlennetz kann eine<br />
Untergrenze für die Kosten von 20(10)-kV-Netzen<br />
abgeleitet werden. Daher wird diese Bewertungsmethode<br />
in Ländern wie Schweden durch die Regulierungsbehörde<br />
für eine Effizienzanalyse der Verteilungsnetze<br />
eingesetzt. Aus diesem Grund wird auch in dieser<br />
Arbeit diese Netzform berücksichtigt.<br />
Im Gegensatz zum Strahlennetz verliert das Maschennetz<br />
im hohen Maß an Übersichtlichkeit. Daher wird<br />
das Maschennetz von den Netzbetreibern in der Grundsatzplanung<br />
für die 20(10)-kV-Netze nicht angestrebt<br />
und bleibt daher in dieser Arbeit außer Betrachtung.<br />
Beim Ring-/Strangnetz werden die 20(10)-kV-Stationen<br />
in der Regel ausgehend von den 110-kV-Stationen<br />
ringförmig verbunden. Zur Begrenzung der Ausfallfolgen<br />
eines Leitungs- oder 20(10)-kV-Stationsfehlers<br />
werden die Ringe im Normalbetrieb strahlenförmig<br />
betrieben.<br />
Vorliegende Untersuchungen zeigen, dass die Ring- und<br />
Strangnetzform sowohl eine angemessen hohe Versorgungszuverlässigkeit<br />
als auch eine gute Wirtschaftlichkeit<br />
aufweisen und daher von Netzbetreibern für die<br />
20(10)-kV-Netze als Standardnetzform für die Grundsatzplanung<br />
präferiert werden. Ring- und Strangnetze<br />
bilden entsprechend den Schwerpunkt dieser Arbeit.<br />
Beim Ring-/Strangnetz mit Stützpunktstationen sind im<br />
Versorgungsgebiet verteilte Stützpunktstationen über<br />
20(10)-kV-Transportleitungen mehrfach redundant an<br />
eine oder mehrere 110-kV-Stationen angeschlossen.<br />
Das Ring-/Strangnetz mit Stützpunktstationen ist<br />
grundsätzlich eine Kombination aus Ring-/Strangnetz<br />
und vermaschtem 20(10)-kV-Transportnetz. Daher wird<br />
das Ring-/Strangnetz mit Stützpunktstationen in dieser<br />
Arbeit nicht explizit betrachtet.<br />
Betriebsmittelwahl<br />
Bei Neubau- und Erneuerungsmaßnahmen werden<br />
aufgrund der Vorteile bei Einkauf, Lagerhaltung u. a.<br />
nur wenige Standardbetriebsmitteltypen eingesetzt [3].<br />
3 Modelle und Verfahren<br />
3.1 Technisches Systemmodell<br />
3.1.1 Entwickeltes heuristisches Verfahren<br />
Das entwickelte heuristische Verfahren für die Grundsatzplanung<br />
von 20(10)-kV-Netzen ist ein zweistufiges<br />
Optimierungsverfahren [6]. In der ersten Stufe wird<br />
durch das Eröffnungsverfahren eine zulässige Lösung<br />
generiert, die in der zweiten Stufe iterativ verbessert<br />
wird. Die Anzahl der Abgänge beeinflusst den Rechenaufwand<br />
erheblich. Daher wird während des Optimierungsprozesses<br />
ein spezieller Algorithmus angewandt,<br />
um deren Anzahl möglichst frühzeitig zu reduzieren.<br />
Wird das Abbruchkriterium erfüllt, bricht die Optimierung<br />
ab und gibt die bis dahin ermittelten kostengünstigsten<br />
und technisch zulässigen Lösungen aus. Bild 1<br />
zeigt einen Überblick über den Ablauf des Verfahrens.<br />
Versorgungsaufgabe, Freiheitsgrade, Randbedingungen<br />
Optimierungsverfahren<br />
Generierung einer zulässigen Startlösung<br />
Iterative Lösungsverbesserung<br />
Verbesserung durch Gesteuerte Lokale Suche<br />
Verbesserung durch Large Neighborhood Search<br />
Optimierung der Anzahl der Abgänge<br />
Ergebnis: Kostengünstige, technisch zulässige Zielnetze<br />
Bild 1: Überblick über das entwickelte Verfahren<br />
Überprüfung der Randbedingungen<br />
Sowohl in dem Eröffnungs- als auch in dem Verbesserungsverfahren<br />
werden die Randbedingungen in jeder<br />
Iteration überprüft. Zunächst werden die unternehmensspezifischen<br />
Randbedingungen, z. B. die zulässige<br />
Abgangslänge und die maximale Anzahl der Stationen<br />
in einem Abgang, überprüft, was in der Regel nur<br />
geringen Rechenaufwand erfordert. Falls eine dieser<br />
Randbedingungen nicht erfüllt ist, bricht der Überprüfungsprozess<br />
ab. Dadurch kann viel Rechenzeit für die<br />
folgende aufwändige Überprüfung der technischen<br />
Randbedingungen eingespart werden.<br />
Die zu überprüfenden technischen Randbedingungen<br />
hängen teilweise von der Lage der Trennstelle ab. Zur<br />
Verringerung der Rechenzeit werden die technischen<br />
Randbedingungen, die von der Lage der Trennstelle<br />
abhängig sind und daher einen hohen Rechenaufwand<br />
erfordern, im letzten Schritt überprüft.<br />
46 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
4 Exemplarische Untersuchungen<br />
4.1 Beispielnetz<br />
Das betrachtete Versorgungsgebiet weist in einigen<br />
Gebieten ländliche, im überwiegenden Teil jedoch<br />
städtische Charakteristika auf. Die Gesamtfläche des<br />
Versorgungsgebietes beträgt ca. 100 km 2<br />
. An das<br />
bestehende 10-kV-Netz, im Folgenden Ist-Netz genannt,<br />
sind 265 10-kV-Netzstationen und -Kunden, davon 32<br />
Stützpunktstationen, angeschlossen. An das Ist-Netz<br />
sind keine Direkteinspeisungen angeschlossen. Aufgrund<br />
der überwiegend städtischen Prägung des<br />
Versorgungsgebietes werden ausschließlich Kabel<br />
eingesetzt. Die gesamte Leitungslänge im Ist-Netz<br />
beträgt ca. 220 km, die gleichzeitige Höchstlast<br />
ca. 45 MW. Das Ist-Netz wird über zwei 110-kV-<br />
Stationen mit jeweils zwei 31,5 MVA Transformatoren<br />
gespeist. Bild 2 zeigt das Ist-Netz.<br />
1 km<br />
Fluss<br />
Brücke<br />
110/10-kV-Umspannstation<br />
10-kV-Stützpunktstation<br />
10-kV-Station und -Kunde<br />
Bild 2: Bestehendes 10-kV-Netz<br />
Die annuitätischen Netzkosten des Ist-Netzes belaufen<br />
sich bei einem Zinssatz von 8%/a auf rund 3 Mio. EUR.<br />
Die Unterbrechungshäufigkeit liegt zwischen 0,05 1/a<br />
und 0,36 1/a bei einem Mittelwert von 0,18 1/a. Die<br />
Bandbreite der Erwartungswerte der Unterbrechungsdauer<br />
reicht von 25 Minuten bis zu 230 Minuten bei<br />
einem Mittelwert von 50 Minuten.<br />
4.2 Ermittlung kostenoptimaler Netze<br />
Angesichts der relativ hohen Lastdichte im Versorgungsgebiet<br />
werden in der Zielnetzplanung ausschließlich<br />
Kabel vom Typ Al 185 mm 2 , der Standardkabeltyp<br />
bei vielen Netzbetreibern, eingesetzt. In den zu entwickelnden<br />
Zielnetzen soll auf aufwändige Stützpunktstationen<br />
verzichtet werden.<br />
Als Randbedingungen werden betrachtet:<br />
DISSERTATIONEN<br />
• Das (n-1)-Kriterium nach Umschaltung wird im<br />
offen betriebenen Ring-/Strangnetz automatisch<br />
erfüllt. Da im Fall einzelner Stichanschlüsse das<br />
(n-1)-Kriterium strukturell nicht erfüllt wird, wird in<br />
diesen Netzen der Einsatz von Notstromaggregaten<br />
im Störungsfall vorgesehen.<br />
• Eine Belastung von 120% für Leitungen ist im<br />
gestörten Betrieb zulässig. Für 110/10-kV-Transformatoren<br />
wird im Störungsfall eine Belastung von<br />
110% erlaubt.<br />
• Der maximale zulässige Spannungsfall beträgt 5%<br />
im Normalbetrieb und 12% im gestörten Betrieb.<br />
Zunächst wird mit dem entwickelten Verfahren für die<br />
oben beschriebene Versorgungsaufgabe Zielnetz mit<br />
Ringnetzstruktur ohne Betrachtung bestehender Anlagen<br />
ermittelt. Bild 3 zeigt das Zielnetz.<br />
Bild 3: Zielnetz „Ring“<br />
Das Zielnetz weist gegenüber dem Ist-Netz eine deutlich<br />
übersichtlichere Netzstruktur auf. Im Zielnetz ist die<br />
Leitungslänge um knapp 60 km kürzer als im Ist-Netz.<br />
Weiterhin werden 50 Leistungsschalter eingespart.<br />
In Bild 6 ist zu erkennen, dass das Ist-Netz deutlich<br />
höhere annuitätische Netzkosten gegenüber dem<br />
Zielnetz aufweist. Im Zielnetz liegen die Erwartungswerte<br />
der Unterbrechungshäufigkeit zwischen 0,13 1/a<br />
und 0,33 1/a bei einem Mittelwert über alle Stationen<br />
von 0,22 1/a. Aufgrund längerer Abgänge und einer<br />
höheren Anzahl von Stationen pro Abgang sind diese<br />
Werte höher als im Ist-Netz. Das Zielnetz weist aber<br />
weiterhin ein angemessenes, praxisübliches Zuverlässigkeitsniveau<br />
auf.<br />
Die Rechenzeit des Verfahrens zur Ermittlung des<br />
Zielnetzes beträgt auf einem üblichen Bürorechner<br />
ca. 10 Minuten (CPU 1,8 GHz).<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 47
DISSERTATIONEN<br />
Strahlennetz<br />
Im Folgenden wird das minimale Strahlennetz für die<br />
vorgegebene Versorgungsaufgabe mit dem entwickelten<br />
Verfahren ermittelt. Das Zielnetz ist in Bild 4<br />
dargestellt. Es weist insgesamt 142 km Leitungen auf<br />
und damit rund 21 km weniger als das Zielnetz „Ring“.<br />
Gleichzeitig werden 10 Leistungsschalter weniger als<br />
im Zielnetz „Ring“ benötigt. Insgesamt weist das<br />
Strahlennetz rund 8% geringere Kosten als das Zielnetz<br />
„Ring“ auf (siehe Bild 6).<br />
Bild 4: Zielnetz „Strahlen“<br />
Aufgrund der fehlenden Umschaltmöglichkeiten weist<br />
das Strahlennetz eine erheblich höhere Unterbrechungsdauer<br />
als das vorher ermittelte Zielnetz auf.<br />
Angesichts der schlechten Versorgungszuverlässigkeit<br />
sind Strahlennetze daher in Deutschland nicht üblich.<br />
Ringnetz mit DEA<br />
Aufgrund des EEG [7] hat die Anzahl und die installierte<br />
Leistung der an 20(10)-kV-Netze angeschlossenen DEA<br />
stark zugenommen. Die Verteilungsnetzbetreiber beklagen,<br />
dass die Integration von DEA in bestehende<br />
20(10)-kV-Netze aufgrund der durch den Anschluss von<br />
DEA verursachten Auswirkungen Mehrkosten bewirken<br />
kann. Diese Mehrkosten können anhand eines Zielnetzvergleiches<br />
objektiv quantifiziert werden. Im Folgenden<br />
wird eine exemplarische Untersuchung zur Bewertung<br />
der Auswirkungen des Anschlusses von DEA auf<br />
Netzkosten und -struktur durchgeführt. Dazu wird für<br />
die betrachtete Versorgungsaufgabe ein modellhaftes<br />
Last/Einspeiseszenario mit DEA-Einspeisung in 16<br />
Stationen untersucht. Die gesamte installierte Leistung<br />
der DEA beträgt 18 MW.<br />
Der Anschluss von DEA bewirkt eine eventuell unzulässige<br />
Spannungserhöhung an den Anschlusspunkten.<br />
Neben der quasistationären Spannungshaltung ist<br />
dabei die VDEW-Anschlussrichtlinie für den Anschluss<br />
von DEA an 20(10)-kV-Netze zu betrachten [8]. Entsprechend<br />
dieser Anschlussrichtlinie darf die Spannung am<br />
Anschlusspunkt mit und ohne DEA-Betrieb um maximal<br />
2% schwanken. Das unter Einhaltung dieser Randbedingung<br />
bei „Grüne-Wiese“-Planung ermittelte Ringnetz<br />
ist in Bild 5 dargestellt. Es weist eine deutlich<br />
unterschiedliche Netzstruktur zum Zielnetz „Ring“ ohne<br />
Anschluss von DEA (Bild 3) auf. Gegenüber dem Ist-<br />
Netz weist das Zielnetz ein Kostensenkungspotenzial<br />
von 22% auf (siehe Bild 6).<br />
Bild 5: Zielnetz „Ring WEA“<br />
Annuitätische Netzkosten<br />
4<br />
Mio.€/a<br />
2<br />
0<br />
3,0<br />
Ist<br />
-24%<br />
Ring<br />
-30%<br />
-22%<br />
Strahlen Ring WEA<br />
WEA<br />
Verluste<br />
10-kV-Stützpunktstation<br />
10-kV-Station<br />
10-kV-LS-Felder<br />
10-kV-Kabel<br />
Bild 6: Vergleich der annuitätischen Kosten<br />
5 Zusammenfassung<br />
Mit Arbeitsaufnahme der Bundesnetzagentur und<br />
Einführung einer anreizbasierten Entgeltregulierung<br />
erhöht sich der Kostendruck auf die Verteilungsnetzbetreiber.<br />
Bei der Erschließung von Kosteneinsparpotenzialen<br />
können mit rechnerbasierten Optimierungsverfahren<br />
generierte Netze wichtige Erkenntnisse<br />
liefern. Sie können nicht nur als langfristig anzustrebende<br />
Netzstrukturen und somit als Zielvorgabe für die<br />
nachgelagerte Ausbauplanung, sondern auch als<br />
objektiver Bewertungsmaßstab für einen unternehmensinternen<br />
und unternehmensübergreifenden Effizienzvergleich<br />
eingesetzt werden. Eine derartige<br />
Anwendung strebt auch die Bundesnetzagentur mit<br />
48 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
dem Verfahren der Referenznetzanalyse im regulatorischen<br />
Kontext an.<br />
20(10)-kV-Netze wurden in der Vergangenheit bedarfsnah<br />
ohne langfristige Orientierung aufgebaut und<br />
weisen daher heute häufig eine überdimensionierte,<br />
unnötig komplexe Netzstruktur mit entsprechend hohen<br />
Netzkosten auf. Angesichts der hohen Bedeutung der<br />
20(10)-kV-Ebene für Netzkosten und Versorgungsqualität<br />
gewinnt die kosten- und zuverlässigkeitsorientierte<br />
Grundsatzplanung von Netzen dieser Spannungsebene<br />
unter Beachtung aller planungsrelevanten Randbedingungen<br />
und praxisüblichen Freiheitsgrade zunehmend<br />
an Bedeutung. Die Forschung zu rechnerbasierten<br />
Optimierungsverfahren im 20(10)-kV-Bereich konzentrierte<br />
sich bisher auf die Planungsstufe der Ausbauplanung,<br />
betrachtet aber nicht die für eine langfristige<br />
Optimalität unbedingt notwendige Zielorientierung, die<br />
nur eine Grundsatzplanung liefern kann.<br />
In dieser Arbeit wurde ein Verfahren für die Grundsatzplanung<br />
von 20(10)-kV-Netzen entwickelt. Es ermöglicht<br />
erstmals eine Grundsatzplanung von 20(10)-kV-Netzen<br />
unter Berücksichtigung aller planungsrelevanten Randbedingungen<br />
und praxisüblichen Freiheitsgrade. Es<br />
kann als wichtiges und praxistaugliches Werkzeug zur<br />
Beantwortung vielfältiger Fragestellungen, z. B. zur<br />
Ermittlung langfristig kostenoptimaler Zielnetze, zur<br />
Effizienzbestimmung elektrischer Netze und zur Quantifizierung<br />
von besonderen Einflüssen wie der Integration<br />
dezentraler Erzeugungsanlagen oder der Vorgabe von<br />
Zuverlässigkeitskennwerten eingesetzt werden. Eine<br />
Anwendung des Verfahrens zur Referenznetzanalyse im<br />
Rahmen der Anreizregulierung ermöglicht zudem eine<br />
sachgerechte Beurteilung der Kostensituation bei<br />
unterschiedlichen Versorgungsaufgaben.<br />
6 Literatur<br />
DISSERTATIONEN<br />
[1] Bundesnetzagentur<br />
Entwurf des Berichtes der Bundesnetzagentur<br />
nach §112a EnWG zur Einführung der Anreizregulierung<br />
nach §21a EnWG, 02.05.2006<br />
[2] VDN<br />
Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik, Berichtsjahr<br />
2004, VDN e.V. beim VDEW, Berlin,<br />
1. Ausgabe, November 2005<br />
[3] Maurer, C.<br />
Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung für<br />
Hochspannungsnetze, Dissertation, <strong>Aachen</strong>er<br />
Beiträge zur Energieversorgung, Band 101, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> 2004<br />
[4] Klein, L.; Koglin, H.-J.<br />
Odin – Die dynamische Optimierung, Elektrizitätswirtschaft,<br />
Jg. 88 (1989), Heft 3, S. 128 – 132<br />
[5] Hosemann, G. (Hrsg.)<br />
Elektrische Energietechnik, Band 3 (Netze), Springer-Verlag,<br />
Berlin 2001<br />
[6] Tao, X.; Haubrich, H.-J.<br />
A Hybrid Metaheuristic Method for the Planning<br />
of Medium-Voltage Systems, 15th Power Systems<br />
Computation Conference 2005, Liège, Belgium,<br />
August 22-26, 2005<br />
[7] Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren<br />
Energien im Strombereich, Bundesgesetzblatt<br />
Jahrgang 2004, Bonn 2004<br />
[8] VWEW<br />
Eigenerzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz,<br />
VWEW-Verlag, Frankfurt am Main, 2. Ausgabe,<br />
1998<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 49
DISSERTATIONEN<br />
Stochastische Tageseinsatzoptimierung vernetzter Wasserkraftwerke mit Hilfe<br />
Genetischer Algorithmen<br />
Stochastic Day-Ahead Generation Optimization of Interconnected Hydropower<br />
Plants by means of Genetic Algorithm<br />
M.Sc. Xiayang Zhao<br />
xiayang.zhao@iaew.rwth-aachen.de<br />
Aufgrund des steigenden Bedarfs an hydraulischer Energie und der erhöhten Planungsunsicherheit im liberalisierten<br />
Strommarkt kommt der hydraulischen Energie eine hohe Bedeutung zu. Ziel dieser Arbeit ist deshalb die Entwicklung<br />
eines leistungsfähigen Verfahrens für die stochastische Tageseinsatzoptimierung vernetzter Wasserkraftwerke. Hierbei<br />
werden einerseits die komplexe Problemstruktur der vernetzten Wasserkraftwerke und andererseits die stochastischen<br />
Eingangdaten berücksichtigt, wobei die technischen Rahmenbedingungen geeignet modelliert werden. Die Praxistauglichkeit<br />
des entwickelten Verfahrens wurde durch Anwendung auf einen Modellsystem nachgewiesen. Die Ergebnisse<br />
zeigen, dass das Verfahren ähnlich gute Lösungen wie exakte Verfahren bei niedrigeren Rechenzeiten liefert.<br />
With the implementation of the Erneuerbare-Energien-<br />
Gesetze (EEG) in 2004 and the Kyoto-Protokoll in 2005,<br />
the hydro energy has played a great role in the generation<br />
section of the electricity industry. At the same<br />
time, the amount of installed capacity of the wind<br />
energy leads to an arising demand of reserve energy.<br />
Due to its high availability and high ramp rates the<br />
hydro energy is an appropriate supplier for the reserve<br />
energy. Hence the hydro energy becomes more important.<br />
After the liberalisation of the electricity market, the<br />
power exchange has been remarkably increasing with<br />
volatile power prices. It leads to a large uncertainty of<br />
the generation schedule of power plants. Moreover, the<br />
change of the power industry structure leads to a tight<br />
connection between generation schedule and power<br />
exchange, so that the function of the generation<br />
schedule has sustainable changed.<br />
The main problem of the generation optimization for<br />
interconnected hydro power plants comes from the<br />
extremely tight coupling among the variables, which<br />
lies in both the time and the topology sides. The<br />
consideration of the electricity market leads to a new<br />
uncertainty in generation optimization on the one hand,<br />
and to a new degree of freedom on the other hand. Due<br />
to the uncertainty and the various couplings, the<br />
problem complexity is critical. For this reason, it is<br />
required to develop a special efficient method with low<br />
computational effort and time.<br />
Genetic algorithms perform a parallel searching and are<br />
capable to deal with problems with complicated<br />
constraints, thus they are specially suitable for stochastic<br />
optimization of interconnected hydro power plants.<br />
They have already been applied by some researchers in<br />
this field. However, most of them have not integrally<br />
considered interconnected topology of hydro power<br />
plants and the uncertainties.<br />
In this work, a method based on genetic algorithms has<br />
been developed which is supplemented by a localsearching-method<br />
and a repair-approach. These two<br />
approaches, which are based on the experience of<br />
generation optimization of interconnected hydropower<br />
plants, lead to better convergence and results.<br />
A classic mathematic method, which has been developed<br />
in IAEW, is used as a reference to evaluate the<br />
optimization results. The exemplary investigation,<br />
which is based on a practical model, shows that the<br />
developed method provides similar optimal results. The<br />
stochastic investigation of the optimization problem<br />
shows that it can deliver a better expected value of<br />
profit than the deterministic case.<br />
1 Einleitung<br />
Die grundlegenden Umwälzungen in der europäischen<br />
Elektrizitätswirtschaft im vergangenen Jahrzehnt haben<br />
die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Kraftwerken<br />
allgemein, insbesondere aber auch für den von<br />
Wasserkraftwerken, deutlich verändert. In der Vergangenheit<br />
wurden insbesondere Pumpspeicherkraftwerke<br />
mit relativ geringer Speicherkapazität, sogenannte<br />
Tagesspeichern, hauptsächlich zur Optimierung des<br />
Einsatzes der thermischen Kraftwerke eines Energieversorgungsunternehmens<br />
eingesetzt. Die Leistungsaufnahme<br />
der Pumpspeicherkraftwerke in den Nachtstunden<br />
ermöglichte eine nicht gedrosselte und somit<br />
wirkungsgradoptimale Einspeisung der Grundlastkraftwerke<br />
auch in den lastschwachen Nachtstunden.<br />
Alternativ machte sie das kostenintensive und die<br />
Anlagen stark belastende Abfahren von Mittellast-<br />
50 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
kraftwerken für einige Stunden überflüssig. Die dabei<br />
im Oberbecken gespeicherte potentielle Energie wurde<br />
in den Tagstunden wieder turbiniert und senkte die<br />
Lastspitze, während andernfalls der Einsatz teurer<br />
Spitzenlastkraftwerke notwendig gewesen wäre.<br />
Heute wird diese nur auf den Kraftwerkspool eines<br />
Energieversorgungsunternehmens ausgerichtete<br />
Einsatzweise den Anforderungen der in den vergangenen<br />
Jahren entstandenen Energie- und Kapazitätsmärkte<br />
nicht mehr gerecht. Hierfür sind verschiedene<br />
Entwicklungen maßgebend:<br />
• Die Entwicklung von liquiden und transparenten<br />
Großhandelsmärkten für Fahrplanenergie wie den<br />
europäischen Spot- und Terminmärkten hat dazu<br />
geführt, dass Wasserkraftwerke nicht mehr nur von<br />
einem Unternehmen zur Pooloptimierung eingesetzt<br />
werden, sondern ihre Dienstleistung flexibel zu<br />
Marktpreisen anbieten. Die starken Schwankungen<br />
der Strompreise führten zu einer Zunahme der Unsicherheit<br />
in der Kraftwerkseinsatzoptimierung.<br />
Daher ist zu erwarten, dass sich durch eine explizit<br />
stochastische Berücksichtigung der Strompreisunsicherheiten<br />
wirtschaftliche Vorteile erzielen lassen.<br />
• Die Anstrengungen der Europäischen Union und<br />
insbesondere auch Deutschlands, aus Gründen des<br />
Klimaschutzes die CO 2 -Emissionen zu begrenzen,<br />
haben in den vergangenen Jahren zu einer hohen<br />
staatlichen Förderung der Energieerzeugung auf<br />
Basis erneuerbarer Energiequellen geführt. In<br />
Deutschland wurde insbesondere die Erzeugungskapazität<br />
von Windenergieanlagen stark ausgebaut.<br />
Die Windgeschwindigkeiten und damit auch<br />
die von Windenergieanlagen eingespeiste Energie<br />
sind jedoch nicht exakt prognostizierbar. Wegen<br />
ihrer sehr hohen Verfügbarkeiten und Leistungsänderungsgeschwindigkeiten<br />
und den sehr flexiblen<br />
Einsatzmöglichkeiten sind Speicherkraftwerke zur<br />
Reservevorhaltung besonders geeignet. Sie werden<br />
deswegen heute vielfach an mehreren Märkten,<br />
nämlich den oben erwähnten Märkten für Fahrplanenergie<br />
wie den neu entstandenen Märkten für<br />
Reserveleistung, vermarktet.<br />
Durch die beschriebenen erheblichen strukturellen<br />
Veränderungen hat sich die Aufgabenstruktur der<br />
Kraftwerkseinsatzoptimierung von Wasserkraftwerken<br />
nachhaltig geändert, was die Entwicklung spezieller<br />
Optimierungsmodelle und leistungsfähiger Algorithmen<br />
unabdingbar macht. Die einen Tag umfassende eigentliche<br />
Kraftwerkseinsatzplanung weist wegen ihrer<br />
zeitlichen Nähe zum Kraftwerksbetrieb eine hohe<br />
Komplexität auf. Diese erfordert nämlich einerseits<br />
DISSERTATIONEN<br />
eine hochgenaue Modellierung aller Randbedingungen,<br />
andererseits ist wegen der üblicherweise kurzen<br />
Zeiträume zur Lösung der Planungsaufgabe die Rechenzeit<br />
hierfür eingesetzter Optimierungsverfahren ein<br />
kritischer, häufig begrenzend wirkender Faktor.<br />
In der Vergangenheit vorgelegte Arbeiten zu diesem<br />
Themenbereich haben sich vielfach auf einzelne<br />
Optimierungsansätze konzentriert, die häufig zu<br />
Abstrichen bei der Modellierungsgenauigkeit oder zu<br />
vergleichsweise langen Rechenzeiten führen. Weiterhin<br />
weisen Arbeiten aus der Vergangenheit häufig den<br />
Nachteil auf, dass die aufgrund der Entwicklungen der<br />
vergangenen Jahre stark angestiegenen Unsicherheiten<br />
oder spezielle technische Aspekte, wie die gerade im<br />
alpinen Raum relevante Vernetzung einzelner Kraftwerke<br />
zu ganzen Kraftwerkssystemen, nicht angemessen<br />
berücksichtigt werden.<br />
In dieser Arbeit soll deshalb grundsätzlich analysiert<br />
werden, welche Optimierungsansätze für eine marktgerechte<br />
Kraftwerkseinsatzplanung von vernetzten<br />
Wasserkraftwerken geeignet erscheinen. Darauf<br />
aufbauend soll ein entsprechendes Verfahren, das dem<br />
oben beschriebenen veränderten Anforderungsprofil<br />
genügt, entwickelt werden.<br />
2 Analyse und Modellierung<br />
2.1 Systemabgrenzung<br />
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Kraftwerkseinsatzplanung<br />
vernetzter hydraulischer Erzeugungssysteme<br />
unter Berücksichtigung von Planungsunsicherheiten.<br />
Solche Systeme werden, insbesondere im<br />
alpinen Raum, in der Regel von Handels- und Erzeugungsgesellschaften<br />
betrieben, die über keine oder<br />
eine vernachlässigbar geringe thermische Erzeugung<br />
verfügen. Thermische Kraftwerke werden daher in<br />
dieser Arbeit nicht betrachtet. Die Erweiterung des in<br />
dieser Arbeit vorgestellten Verfahrens um die zusätzliche<br />
Abbildung thermischer Kraftwerke ist jedoch<br />
prinzipiell möglich. Im betrachteten System besteht für<br />
Kraftwerksbetreiber die Möglichkeit – unter Berücksichtigung<br />
bereits zuvor abgeschlossener Handelsgeschäfte,<br />
beispielsweise am Terminmarkt, sowie<br />
bestehender Reserveverträge – am Spotmarkt Fahrplanenergie<br />
zu handeln. Das hydraulische System<br />
besteht aus einem Netz von Speicherkraftwerken<br />
(SKW), Pumpspeicherkraftwerken (PSKW) und Laufwasserkraftwerken<br />
(LWKW). Der Zeithorizont umfasst<br />
einen Tag bis hin zu einer Woche; als Zeitraster wird<br />
eine Stunde gewählt, da dieses die kleinste zu handelnde<br />
Zeiteinheit am Spotmarkt darstellt.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 51
DISSERTATIONEN<br />
2.2 Speicherfähigkeit<br />
Die Speicherung von potenzieller Energie in Form von<br />
Wassermengen dient dazu, die Zeitpunkte des Zuflusses<br />
und der Erzeugung der elektrischen Energie zu<br />
entkoppeln, um so der Dargebotsabhängigkeit eines<br />
Wasserkraftwerks entgegenzuwirken und die Energie<br />
bedarfsgerecht erzeugen zu können. Als Maß für die<br />
Speicherfähigkeit gilt die Regelkapazität eines Speicherbeckens,<br />
die sich aus dem Verhältnis zwischen<br />
dem Beckenvolumen und dem Zufluss ergibt. Da in der<br />
Kraftwerkseinsatzoptimierung nicht die gesamte<br />
hydraulisch gespeicherte Energie eines Speicherbeckens<br />
innerhalb des Betrachtungszeitraums genutzt<br />
werden soll, werden Mengen- oder Preisvorgaben<br />
implementiert.<br />
2.3 Vernetzte Wasserkraftwerke<br />
Bei vernetzten Wasserkraftwerken hängt die Leistungsabgabe<br />
eines Wasserkraftwerkes nicht linear von<br />
Durchfluss und Fallhöhe ab und die Füllstandsveränderung<br />
der Speicherbecken wird nicht linear durch die<br />
Fallhöhe beeinflusst. Besonders in vernetzten hydraulischen<br />
Gruppen wird die Erzeugungsleistung eines<br />
Wasserkraftwerkes nicht nur vom eigenen Durchfluss,<br />
sondern auch durch die Zuflüsse verknüpfter Becken<br />
bestimmt. Wegen dieser topologischen und zeitlichen<br />
Kopplungen vernetzter Wasserkraftwerke, ist eine<br />
geeignete Betrachtung der recht komplexen Problemstrukturen<br />
erforderlich.<br />
2.4 Berücksichtigung der Unsicherheiten des<br />
Strompreises<br />
Das Grundprinzip der stochastischen Optimierung<br />
besteht darin, dass Entscheidungen optimal bezüglich<br />
aller möglichen Entwicklungen der unsicheren Planungsgrößen<br />
getroffen werden. Daher wird aus<br />
historischen Daten mit Hilfe statistischer Modelle eine<br />
Vielzahl von Szenarien generiert, die jeweils mögliche<br />
Realisierungen des stochastischen Datenprozesses in<br />
der Zukunft widerspiegeln. Ein Szenarienbaum wird<br />
erstellt, wobei von einer Standardabweichung des<br />
Preisniveaus von 15% ausgegangen wird.<br />
2.5 Modellierung des Optimierungsproblems<br />
Die Aufgabe der Tageseinsatzoptimierung ist die<br />
Maximierung des erwirtschafteten Deckungsbeitrags,<br />
also der Differenz aus Erlösen und variablen Kosten.<br />
Erlöse entstehen durch den Verkauf von Energie am<br />
Strommarkt, während die variablen Kosten durch den<br />
Betrieb der Kraftwerke und den Einkauf von Energie am<br />
Strommarkt verursacht werden. Bei Wasserkraftwerken<br />
sind die variablen Kosten vernachlässigbar.<br />
Neben den komponentenspezifischen Nebenbedingungen<br />
existieren systemweite Nebenbedingungen, wie<br />
z. B. die Einhaltung der Leistungs- und Reservebilanz zu<br />
jedem Zeitpunkt. Außerdem sind in jedem Zeitintervall<br />
die Betriebsbereiche der Erzeugungsanlagen und die<br />
Grenzen der Handelsvolumina, sowie die Einhaltung der<br />
maximalen Bezugsleistungen zu berücksichtigen.<br />
Für die vorliegende Optimierungsaufgabe besteht eine<br />
Kopplung im System- und Zeitbereich. Die Leistungs-<br />
und Reservebilanz-Nebenbedingungen verknüpfen in<br />
jedem Zeitintervall die Systemkomponenten: hydraulische<br />
Erzeugung, Spothandel und abgeschlossene<br />
Handelsgeschäfte. Somit wirken sie systemweit<br />
koppelnd. Mit Ausnahme der Leistungs- und Reservebilanz<br />
wirken sich die Nebenbedingungen nur auf eine<br />
Systemkomponente, wie z. B. die Einhaltung eines<br />
minimalen Wasservolumens eines Speicherbeckens<br />
oder die im Spothandel für den Erfüllungszeitraum<br />
kontrahierte Leistung, aus. Bei vernetzten Wasserkraftwerken<br />
gilt die Kontinuitätsgleichung sowohl für<br />
mehrere Erzeugungskomponenten als auch für mehrere<br />
Zeitintervalle.<br />
3 Entwickeltes Verfahren<br />
3.1 Genetische Algorithmen<br />
Genetische Algorithmen sind heutzutage die in Forschung<br />
und Anwendung zahlenmäßig dominierende<br />
Variante der evolutionären Algorithmen. Sie basieren<br />
auf der Idee, zunächst zufällig eine Menge von Lösungskandidaten<br />
(Individuen) zu generieren, um<br />
anschließend diejenigen zu identifizieren, die einem<br />
bestimmten Gütekriterium (Fitness) am besten entsprechen.<br />
Daraufhin werden die Eigenschaften (Gene)<br />
dieser besten Individuen leicht modifiziert, um im<br />
nächsten Schritt neue Individuen zu bilden, indem die<br />
Gene dieser besten Individuen untereinander kombiniert<br />
werden (Crossover und Mutation). Die neuen<br />
Individuen bilden eine neue Generation. Die Robustheit<br />
dieses Verfahrens folgt aus der Tatsache, dass einerseits<br />
keine Annahmen für das gestellte Problem<br />
getroffen werden müssen und ferner stets nur zulässige<br />
Lösungen (Population) betrachtet werden. Dabei testet<br />
der Genetische Algorithmus parallel mehrere Wege<br />
zum Optimum und tauscht die Informationen über diese<br />
Wege miteinander aus. So werden die Informationen<br />
über das vorhandene Optimierungsproblem auf alle<br />
Individuen der Population verteilt, um dadurch einer<br />
frühzeitigen Konvergenz entgegenzuwirken.<br />
3.2 Überblick über das Verfahren<br />
Bild 1 zeigt eine Übersicht über das entwickelte, auf<br />
Genetischen Algorithmen basierende Optimierungsver-<br />
52 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
fahren zur Tageseinsatzoptimierung vernetzter Wasserkraftwerke.<br />
Lokale<br />
Suche<br />
nein<br />
Eingangsdaten<br />
Parametrierung und<br />
Initialisierung<br />
Technische<br />
Anforderung?<br />
ja<br />
Verbesserung der<br />
Einsatzoptimierung<br />
möglich?<br />
ja<br />
Berechnung des<br />
Deckungsbeitrags<br />
Abbruch<br />
nein<br />
Selektion,<br />
Crossover,<br />
Mutation<br />
Ausgangsdaten<br />
Bild 1: Verfahrensübersicht<br />
nein<br />
nein<br />
ja<br />
Reparaturmethode<br />
Zu Beginn der Optimierung wird das Optimierungsverfahren<br />
unter Berücksichtigung der Eingangsdaten<br />
parametriert, die Variablen des Optimierungsproblems<br />
im Genetischen Algorithmus abgebildet und die<br />
Startpopulation generiert.<br />
Eine Iteration beginnt mit der technischen Überprüfung<br />
aller Individuen der aktuellen Population. Bei Verletzung<br />
von Nebenbedingungen wird durch Anwendung<br />
der Reparaturmethode (siehe Abschnitt 3.3) versucht,<br />
die Nebenbedingungsverletzungen aufzuheben.<br />
Die Optimierung ist um eine auf den Erfahrungen der<br />
Einsatzoptimierung basierende Lokale Suche ergänzt,<br />
um nach der Überprüfung der technischen Nebenbedingungen<br />
jedes Individuum hinsichtlich einer möglichen<br />
Verbesserung zu überprüfen (siehe Abschnitt 3.4).<br />
Nach der Berechnung des Deckungsbeitrags aller<br />
Individuen wird geprüft, ob eines der Abbruchkriterien<br />
erfüllt ist. Sofern ein Abbruchkriterium erfüllt wird,<br />
werden die bisher fittesten Individuen als Ergebnis<br />
ausgeben. Wird kein Abbruchkriterium erfüllt, werden<br />
die Genetischen Operatoren auf die Individuen angewandt<br />
und eine neue Population erzeugt.<br />
3.3 Reparaturansatz<br />
DISSERTATIONEN<br />
Die Reparaturmethode versucht bei Verletzung von<br />
Nebenbedingungen – statt der einfachen Bestrafung –<br />
die ungültige Lösung in den gültigen Lösungsraum zu<br />
überführen [1]. Beim stochastischen Optimierungsproblem<br />
vernetzter Wasserkraftwerke ist der Suchraum viel<br />
größer als der Lösungsraum, so dass der Lösungsraum<br />
nur mit erheblichem Rechenaufwand zu erreichen ist.<br />
Die Reparaturmethode ist hierbei notwendig, um ein<br />
effizienteres Verfahren zu entwickeln. Die Reparaturstrategien<br />
orientierten sich an der Praxis der Einsatzoptimierung<br />
vernetzter Wasserkraftwerke und werden<br />
jeweils für z. B. Leistungsbilanz, Wasserbilanz und<br />
Begrenzung der Speichervolumina durchgeführt.<br />
3.4 Lokale Suche<br />
Die Lokale Suche geht von einer gegebenen zulässigen<br />
Lösung aus und sucht alle Lösungen in ihrer „Nachbarschaft“,<br />
um danach aus diesen die beste Lösung<br />
auszuwählen [2]. Da der Rechenzeitaufwand zur<br />
Überprüfung der Randbedingungen in dieser Arbeit<br />
relativ hoch ist, können nicht alle Nachbarschaftslösungen<br />
auf ihre Zulässigkeit und Kosten hin überprüft<br />
werden. Deswegen werden bei der Lokalen Suche in<br />
dieser Arbeit nur solche Lösungen berücksichtigt, die<br />
den gesamten Wasserverbrauch während des Planungszeitraums<br />
nicht verändern bzw. die durch Verschiebung<br />
der Durchflüsse in allen Zeitintervallen der<br />
betrachteten Kraftwerkseinsatzplanung erzeugt wurden.<br />
4 Exemplarische Untersuchung<br />
4.1 Modellsystem<br />
Das betrachtete Modellsystem besteht aus einer<br />
hydraulisch vernetzten Gruppe, die 7 (Pump-) Speicherbecken,<br />
6 Turbinen und 4 Pumpen beinhaltet. Die<br />
Becken bilden jeweils Zweier- oder Dreierkaskaden und<br />
sind stark miteinander vernetzt. Die summierte maximale<br />
Erzeugungsleistung der Turbinen beträgt<br />
135,5 MW und die der Pumpen 70,9 MW.<br />
Bild 2 zeigt die den Untersuchungen zugrunde gelegte<br />
Prohibitivpreisganglinie, deren Verlauf eine typische<br />
Charakteristik aufweist und mit der Stromnachfrage<br />
korreliert. Der Erwartungswert des Prohibitivpreises<br />
schwankt im Tagesverlauf zwischen 20 und 80 Euro/MWh.<br />
Die kumulierte eingekaufte bzw. verkaufte<br />
Leistung kann täglich bis zu 100 MW betragen.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 53
DISSERTATIONEN<br />
80<br />
€/MWh<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0<br />
Bild 2: Spotpreis<br />
5 10 15 15 Std.<br />
Std.<br />
4.2 Untersuchungsergebnisse<br />
25<br />
25<br />
Aufgrund der Preisganglinie des Strommarktes und dem<br />
hohen Preisniveau zur Mittagszeit stellen sich als<br />
Ergebnis der Optimierung die in Bild 3 gezeigten<br />
Handelsaktivitäten am Spotmarkt ein. Die Leistungen<br />
der einzelnen Kraftwerke werden dabei für jede Stunde<br />
summiert.<br />
120<br />
MW<br />
40<br />
0<br />
-40<br />
-80<br />
Max. 100 MW<br />
4 8 12 16 Std. 24<br />
Min. -71 MW<br />
Bild 3: Exemplarische tägliche Einsatzplanung<br />
Erwartungsgemäß erfolgt der Pumpenbetrieb zu Zeiten<br />
niedriger Spotmarktpreise und der Turbinenbetrieb zu<br />
Hochpreiszeiten. Zu Beginn des Optimierungszeitraums<br />
werden die Pumpen angefahren und erreichen in der<br />
vierten Stunde die maximal mögliche Pumpleistung<br />
(71 MW). Drei Stunden später setzt der Turbinenbetrieb<br />
ein. Die maximale mögliche Turbinenleistung von<br />
100 MW wird zur Hochpreiszeit am Mittag erreicht,<br />
wohingegen nachts wieder die Pumpen betrieben<br />
werden. Zudem zeigt das Ergebnis, dass Zuflüsse in<br />
Niedrigpreiszeiten gesammelt werden, um die volle<br />
Speicherfähigkeit der Becken in Zeiten höherer Spotmarktpreise<br />
durch Verkauf von teurer Energie ausnutzen<br />
zu können.<br />
Zur Bewertung werden diese Ergebnisse mit einem am<br />
IAEW entwickelten exakten Optimierungsverfahren<br />
verglichen, das auf einer Lagrange Relaxation kombi-<br />
niert mit Sukzessiv Linearer Programmierung, Network-<br />
Flow und Benders-Zerlegung basiert. Für das hier<br />
betrachtete Modellsystem liefern beide Verfahren<br />
nahezu identische Deckungsbeiträge, das Ergebnis des<br />
heuristischen Optimierungsverfahrens ist dabei im<br />
Rahmen der üblichen Streuung heuristischer Verfahren<br />
um etwa 0,1 % schlechter als das Ergebnis der exakten<br />
Optimierung. Gleichzeitig liegt die Rechenzeit des<br />
heuristischen Verfahrens jedoch deutlich unter der des<br />
exakten Optimierungsansatzes.<br />
%<br />
Häufigkeit<br />
20<br />
100 Erwartungswert der<br />
deterministischen<br />
Optimierung<br />
10<br />
0<br />
21 22 23 24 Tsd. € 25<br />
Deckungsbeitrag<br />
Bild 4: Untersuchungsergebnisse<br />
Erwartungswert der<br />
stochastischen<br />
Optimierung<br />
Stochastische<br />
Optimierung<br />
Bild 4 zeigt die statistische Verteilung des Deckungsbeitrags<br />
aller Szenarien bei einer stochastischen<br />
Optimierung und die Erwartungswerte des Deckungsbeitrags<br />
bei einer stochastischen Optimierung und<br />
einer deterministischen Optimierung. Dabei ist zu<br />
erkennen, dass der stochastisch optimierte Einsatzplan<br />
für eine Vielzahl möglicher Szenarien einen besseren<br />
Wert liefert. Dies belegt auch der Erwartungswert der<br />
stochastischen Optimierung, der um 2% höher als der<br />
Deckungsbeitrag bei deterministischer Optimierung ist.<br />
Für eine vollständige Bewertung eines Einsatzplans<br />
inklusive des mit dem Kraftwerkseinsatz verbundenen<br />
Risikos muss jedoch zusätzlich die Verteilungsfunktion<br />
der Kosten berücksichtigt werden.<br />
5 Zusammenfassung<br />
Aufgrund des steigenden Interesses an hydraulischer<br />
Energie und der erhöhten Planungsunsicherheit im<br />
liberalisierten Strommarkt kommt der stochastischen<br />
Einsatzoptimierung von Wasserkraftwerken eine hohe<br />
Bedeutung zu. Die strukturellen Umbrüche in der<br />
Energiewirtschaft haben die Anforderungen an die<br />
Kraftwerkseinsatzoptimierung hydraulischer Kraftwerke<br />
grundlegend geändert, was die Entwicklung spezieller<br />
Optimierungsmodelle und leistungsfähiger Algorithmen<br />
unabdingbar macht.<br />
54 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines<br />
speziellen leistungsfähigen Verfahrens für die Einsatzoptimierung<br />
vernetzter Wasserkraftwerke. Das Verfahren<br />
basiert auf einen Genetischen Algorithmus kombiniert<br />
mit einer Reparaturmethode und einem Algorithmus<br />
der Lokalen Suche.<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass das entwickelte Verfahren<br />
im Vergleich zu einem exakten Verfahren ähnlich gute<br />
Lösungen bei niedrigeren Rechenzeiten liefert. Schließlich<br />
wurden die Auswirkungen der Unsicherheit des<br />
Spotpreises auf die Ergebnisse der Einsatzoptimierung<br />
analysiert. Der Vergleich einer deterministischen und<br />
einer stochastischen Optimierung ergab, dass der<br />
stochastisch optimierte Einsatzplan wirtschaftlich<br />
vorteilhafter und aus betrieblicher und technischer<br />
Sicht flexibler ist.<br />
6 Literatur<br />
DISSERTATIONEN<br />
[1] Gottlieb, J.<br />
Evolutionary Algorithms for constrained optimization<br />
Problems<br />
shaker Verlag , <strong>Aachen</strong>, 2000<br />
[2] B. Funke<br />
Effiziente Lokale Suche für Vehicle Routing und<br />
Scheduling Probleme mit Resourcenbeschränkungen<br />
Dissertation von Institut der Mathematik und<br />
Physik, <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, 2003<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 55
Optimierung des Ressourceneinsatzes für den Betrieb elektrischer Netze<br />
Resource-Optimization for the Operation of Electrical Networks<br />
Dipl.-Ing. Andreas Berg<br />
andreas.berg@iaew.rwth-aachen.de<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Die Kosten für den Betrieb elektrischer Netze resultieren im Wesentlichen aus der Ressourcenbereitstellung (Eigen- und<br />
Fremdpersonal, Material und Werkzeuge) zur Durchführung von Maßnahmen zur Instandhaltung, Störungsbeseitigung<br />
sowie zur Erneuerung und Inbetriebnahme von Anlagen. Die Ressourceneinsatzstrategie der Netzbetreiber, d. h. die<br />
Zusammenstellung der Ressourcen zum Netzbetrieb oder die Planung bekannter Betriebsprozesse, beeinflusst diese<br />
Kosten maßgeblich. In dieser Arbeit wird daher ein Verfahren zur Bewertung und Optimierung des Ressourceneinsatzes<br />
für den Betrieb elektrischer Netze entwickelt. Sämtliche Größen mit Auswirkungen auf den Ressourceneinsatz, z. B. das<br />
Auftreten von Störungen oder unsichere Dauern der Betriebsprozesse, werden dabei berücksichtigt, um den Netzbetreibern<br />
ein praxistaugliches Werkzeug zur Optimierung des Ressourceneinsatzes für den Netzbetrieb zur Verfügung zu<br />
stellen.<br />
Operation expenditures for electrical networks are mainly caused by costs of resources, e. g. field service personnel,<br />
agency staff, material and tools. These resources are required for the execution of processes for maintenance, fault<br />
clearance as well as for system renewal and initiation. The network operator’s resource allocation strategy for operating<br />
the network depends on the available resources and the long-term planning of predictable processes. In this<br />
research project, a method for evaluating and optimizing resources for the operation of electrical networks is developed.<br />
For this, all relevant influencing factors on resource-allocation, e. g. uncertain fault-occurrences or the stochastic<br />
behaviour of process-times, have to be considered. As a result, with this newly developed method, minimal costs for<br />
operating the network may be quantified for network system operators.<br />
1 Einleitung<br />
Ziel des von der Bundesnetzagentur vorgeschlagenen<br />
Anreizregulierungskonzepts ist es, die Erlöse der<br />
Netzbetreiber angemessen zu begrenzen und gleichzeitig<br />
Anreize für mehr Effizienz und frühzeitige Kostensenkungen<br />
zu erreichen [1]. Um ihre Erlöse zu sichern,<br />
müssen die Netzbetreiber daher Kostensenkungspotenziale<br />
identifizieren.<br />
Durch die bedarfsgerechte Anpassung der Netzstruktur<br />
an die zu erfüllende Versorgungsaufgabe können<br />
üblicherweise nur langfristig Kosten eingespart werden.<br />
Dies ist durch die langen Nutzungsdauern der in<br />
elektrischen Netzen eingesetzten Betriebsmittel und<br />
die damit verbundene langfristige Kapitalbindung<br />
begründet. Dagegen bietet die Optimierung des<br />
Betriebsaufwands die Möglichkeit, auch kurzfristig<br />
Einsparpotenziale zu realisieren.<br />
Die Kosten für den Betrieb elektrischer Netze resultieren<br />
im Wesentlichen aus dem Aufwand für die Instandhaltung<br />
und Störungsbeseitigung sowie die Erneuerung<br />
und Inbetriebnahmen von Anlagen. Sie sind direkt<br />
durch die hierfür vom Netzbetreiber eingesetzten<br />
Ressourcen (Personal, Material, Werkzeuge) bedingt.<br />
Wesentlicher Freiheitsgrad für die Minimierung dieser<br />
Kosten ist die Betriebsstrategie des Netzbetreibers,<br />
welche die Verfügbarkeit der Ressourcen bestimmt.<br />
Diese wird zusätzlich von Unsicherheiten beim Netzbetrieb,<br />
wie z. B. dem unerwarteten Auftreten von<br />
Störungen, beeinflusst. In bisherigen Methoden zur<br />
Bewertung der Kosten für den Netzbetrieb werden<br />
derartige Unsicherheiten nur eingeschränkt berücksichtigt<br />
[2].<br />
In dieser Forschungsarbeit wird ein Verfahren entwickelt,<br />
das zur Minimierung der Kosten für den Betrieb<br />
elektrischer Netze den zugehörigen Ressourceneinsatz<br />
optimiert. Insbesondere die bei einer langfristigen<br />
Planung des Ressourceneinsatzes auftretenden Unsicherheiten<br />
werden dabei berücksichtigt. Einerseits wird<br />
damit eine Kostenbewertung und -optimierung für den<br />
Netzbetrieb möglich, andererseits können Strategien<br />
zur Verbesserung des Ressourceneinsatzes abgeleitet<br />
werden.<br />
2 Analyse<br />
Zum Betrieb elektrischer Netze sind Maßnahmen zur<br />
Instandhaltung des Netzes sowie zur Störungsbeseitigung,<br />
Erneuerung und Inbetriebnahme der Anlagen<br />
durchzuführen. Diese Maßnahmen werden als Betriebsprozesse<br />
und die zu deren Durchführung notwendigen<br />
Einsatzmittel als Ressourcen bezeichnet.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 57
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
2.1 Betrachtungsbereich<br />
Der technische Betrachtungsbereich für die Optimierung<br />
des Netzbetriebs ergibt sich üblicherweise<br />
netzbetreiberspezifisch durch vorgegebene geographische<br />
Bereiche und technische Organisationseinheiten<br />
(z. B. differenziert nach Spannungsebenen), für deren<br />
Betreuung Ressourcen eingeteilt sind. Der technische<br />
Betrachtungsbereich definiert zusammen mit der<br />
Netzbetriebsstrategie des Netzbetreibers die Art und<br />
Anzahl der Betriebsprozesse, die bei einer Planung des<br />
Ressourceneinsatzes zu berücksichtigen sind.<br />
Der zeitliche Betrachtungsbereich bestimmt den<br />
Zeitraum, für den der Netzbetrieb und damit der<br />
zugehörige Ressourceneinsatz geplant wird. Er ist<br />
fragestellungsabhängig zu wählen. Für die notwendige<br />
Diskretisierung des Betrachtungszeitraums ist ein<br />
Zeitraster von einer Stunde sinnvoll. Prozessanalysen<br />
haben gezeigt, dass einzelne Prozessdauern zwar<br />
kleiner als eine Stunde sein können, dann aber eine<br />
Zusammenfassung gleicher Prozesse möglich ist.<br />
2.2 Randbedingungen, Freiheitsgrade, Unsicherheiten<br />
Wie in [3] gezeigt wurde, sind die wesentlichen<br />
Randbedingungen für die Optimierung des Ressourceneinsatzes<br />
die in dem Betrachtungszeitraum durchzuführenden<br />
Betriebsprozesse. Dabei kann zwischen planbaren<br />
Betriebsprozessen, die zum Planungszeitpunkt<br />
bekannt sind und deren Durchführungszeitpunkte<br />
langfristig planbar sind, und nicht planbaren Betriebsprozessen,<br />
deren Auftreten von unsicheren Randbedingungen<br />
abhängt, unterschieden werden. Die Menge<br />
und Art der planbaren Betriebsprozesse ist Vorgabe des<br />
Netzbetreibers und resultiert z. B. aus dessen Instandhaltungs-<br />
und Erneuerungsstrategie.<br />
Der Einsatz der dem Netzbetreiber zur Verfügung<br />
stehenden Ressourcen zur Durchführung der Betriebsprozesse<br />
sowie die Zusammenstellung der Ressourcen<br />
sind für eine derartige Optimierung die wesentlichen<br />
Freiheitsgrade.<br />
Für gegebene Ressourcen hat der Netzbetreiber die<br />
Möglichkeit, die Durchführungszeitpunkte für die<br />
Betriebsprozesse langfristig zu planen und prozessspezifisch<br />
zu entscheiden, welche Ressourcen zur Durchführung<br />
eingesetzt werden sollen.<br />
Die Ressourcen können aufgeteilt werden in:<br />
• Eigenpersonal unterschiedlicher Qualifikation,<br />
• Fremdpersonal,<br />
• Material sowie<br />
• Spezialfahrzeuge und –werkzeuge.<br />
Die Planung des Ressourceneinsatzes unterliegt einer<br />
Vielzahl von Unsicherheiten, die bei einer Optimierung<br />
geeignet berücksichtigt werden müssen. Dabei kann<br />
zwischen betriebsprozessbezogenen und ressourcenbezogenen<br />
Unsicherheiten unterschieden werden.<br />
Die zu berücksichtigenden betriebsprozessbezogenen<br />
Unsicherheiten sind:<br />
• Unsichere Dauer der Betriebsprozesse,<br />
• Auftreten nicht planbarer Betriebsprozesse (Störungen<br />
und unerwartete Defekte),<br />
• Eingeschränkte Durchführbarkeit geplanter Prozesse<br />
wegen fehlendem Material, Fremdpersonal oder<br />
nicht erteilter Freischaltgenehmigung durch die<br />
Netzführung.<br />
Die ressourcenbezogenen Unsicherheiten beeinflussen<br />
im Wesentlichen die Verfügbarkeit der eigenen Mitarbeiter.<br />
Dabei muss berücksichtigt werden, dass Personal<br />
kurzfristig ausfallen kann (z. B. wegen Krankheit)<br />
und somit zuvor geplante Betriebsprozesse nicht<br />
durchgeführt werden können.<br />
Es ist zu erwarten, dass die Unsicherheiten den Ressourceneinsatz<br />
maßgeblich beeinflussen. Ein Verfahren<br />
zur Ressourceneinsatzoptimierung muss demnach<br />
sämtliche Unsicherheiten beim Netzbetrieb berücksichtigen,<br />
damit einerseits praxisgerechte Ressourceneinsatzpläne<br />
resultieren und andererseits der Einfluss<br />
der Unsicherheiten auf die Kosten für den Ressourceneinsatz<br />
quantifiziert werden kann.<br />
3 Verfahren<br />
3.1 Überblick<br />
Bild 1 gibt einen Überblick über das Verfahren zur<br />
Ressourceneinsatzplanung.<br />
Für vorgegebene Ressourcen werden in der Ressourceneinsatzplanung<br />
die Ausführungszeitpunkte für die<br />
langfristig bekannten, planbaren Prozesse bestimmt.<br />
Weiterhin wird für jeden Prozess die Entscheidung über<br />
Eigen- und Fremdpersonal getroffen.<br />
Die Unsicherheiten beim Netzbetrieb werden bei der<br />
Planung des Ressourceneinsatzes durch die integrierte<br />
Simulation des Netzbetriebs berücksichtigt.<br />
58 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Unsicherheiten<br />
Planbare<br />
Betriebsprozesse<br />
Nicht<br />
planbare<br />
Betriebsprozesse<br />
Ressourceneinsatzplanung<br />
�� Planung der Durchführungszeitpunkte<br />
�� Eigen-/Fremdpersonalentscheidung<br />
Bewertung der Ressourcen<br />
Unsichere Kosten für<br />
�� Fremdpersonal<br />
�� Nicht durchführbare Prozesse<br />
�� Umplanungen von Prozessen<br />
Ressourcen<br />
Simulation des Netzbetriebs<br />
Bild 1: Verfahrensüberblick<br />
Das Ergebnis der Simulation ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
der Gesamtkosten im betrachteten<br />
Zeitraum. Dabei werden Kosten für Fremdpersonal,<br />
nicht durchgeführte Betriebsprozesse und Umplanungen<br />
von Betriebsprozessen monetär bewertet. Diese<br />
Wahrscheinlichkeitsverteilung kann mit den aus dem<br />
Risikomanagement bekannten Methoden analysiert und<br />
für die Bewertung des ermittelten Ressourceneinsatzplanes<br />
herangezogen werden.<br />
Die optimale Planung des Ressourceneinsatzes ermöglicht<br />
eine objektive Bewertung der Auslastung der<br />
vorgegebenen Ressourcen unter Berücksichtigung der<br />
Unsicherheiten beim Netzbetrieb. Auf dieser Basis kann<br />
eine Minimierung der Ressourcen erfolgen. Beispielsweise<br />
können schwach ausgelastete Ressourcen<br />
eingespart werden, um die Kosten für den Netzbetrieb<br />
zu reduzieren.<br />
3.2 Optimierungsansatz zur Ressourceneinsatzplanung<br />
Die Optimierung der Ausführungszeitpunkte der<br />
Betriebsprozesse bei vorgegebenen Ressourcen und<br />
gleichzeitiger prozessspezifischer Eigen-/Fremdpersonalentscheidung<br />
ist ein kombinatorisches Optimierungsproblem.<br />
Derartige Probleme lassen sich durch<br />
mathematisch exakte (z. B. Branch and Bound) oder<br />
heuristische Verfahren (z. B. Evolutionäre Algorithmen)<br />
lösen [4].<br />
Während exakte Verfahren die Optimalität der Lösung<br />
garantieren, lassen heuristische Ansätze keine Aussage<br />
über die Qualität einer gefundenen Lösung zu.<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Ein wesentlicher Nachteil exakter Verfahren ist jedoch<br />
der häufig exponentielle Anstieg der Rechenzeit mit der<br />
Problemgröße, wohingegen heuristische Ansätze eher<br />
logarithmische bis quadratische Abhängigkeiten<br />
zwischen Problemgröße und Rechenzeit aufweisen.<br />
Optimierungsvariablen sind der Ausführungszeitpunkt<br />
und die Entscheidung zwischen Eigen- und Fremdpersonal<br />
für jeden planbaren Betriebsprozess. Aufgrund<br />
der Vielzahl der so für übliche Ressourceneinsatzplanungen<br />
zu bestimmenden Variablen und der damit<br />
einhergehenden Problemgröße wird in dieser Arbeit ein<br />
heuristischer Ansatz zur Ermittlung optimaler Ressourceneinsatzpläne<br />
gewählt, der auf Genetischen Algorithmen<br />
[5] basiert. Diese Algorithmen arbeiten in<br />
Anlehnung an die Evolution in der Natur. Dabei wird<br />
eine Menge von Ressourceneinsatzplänen stochastisch<br />
erzeugt und bewertet. In Analogie zu den Begriffen aus<br />
der Evolutionstheorie stellt jeder Ressourceneinsatzplan<br />
ein Individuum und die Gesamtheit der erzeugten<br />
Ressourceneinsatzpläne eine Population dar. Die<br />
besten Ressourceneinsatzpläne der Population werden<br />
neu kombiniert, wobei kostengünstige Ressourceneinsatzpläne<br />
beibehalten werden. Dieses Vorgehen<br />
wird oftmals wiederholt, wobei die neue Population<br />
jeweils aus der Vorgängerpopulation erzeugt wird. Da<br />
dies auf Basis der besten Individuen geschieht, werden<br />
die positiven Eigenschaften der Vorgängerpopulation<br />
weitergegeben. So wird iterativ eine Konvergenz in<br />
Richtung eines optimalen Ressourceneinsatzplanes<br />
erzielt.<br />
Die Bewertung der Ressourceneinsatzpläne beruht auf<br />
einer Kostenbewertung für deren Durchführung. Dabei<br />
werden die Unsicherheiten beim Netzbetrieb berücksichtigt,<br />
indem die Simulation des Ressourceneinsatzes<br />
in den Optimierungsalgorithmus integriert wird.<br />
3.3 Simulation des Netzbetriebs zur Berücksichtigung<br />
von Unsicherheiten<br />
Bild 2 gibt einen Überblick über die bei der Bewertung<br />
gewählte Vorgehensweise. Die zeitsequentielle<br />
Durchführung des Ressourceneinsatzplanes wird über<br />
den Betrachtungszeitraum simuliert und bewertet.<br />
Dabei sind die einzusetzenden Ressourcen und die<br />
Unsicherheiten Vorgaben für die Simulation. Die<br />
unsicheren Größen werden über Verteilungsfunktionen<br />
abgebildet.<br />
Durch mehrfache Simulation können so die Auswirkungen<br />
unterschiedlicher Auftrittsszenarien für die Unsicherheiten<br />
auf einen Ressourceneinsatzplan betrachtet<br />
werden.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 59
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Ressourceneinsatzplan für<br />
vorgegebene Ressourcen<br />
Unsicherheiten beim<br />
Netzbetrieb<br />
Zeitsequentielle Simulation des<br />
Ressourceneinsatzes<br />
Reaktion auf:<br />
- unerwartete Prozessüberschneidungen<br />
- nicht durchführbare Prozesse<br />
- Störungen<br />
- kurzfristig auftretende unerwartete Defekte<br />
Ausnutzung verfügbarer Ressourcen durch:<br />
- Einplanen zuvor nicht durchführbarer Prozesse<br />
Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kosten zur<br />
Durchführung des Ressourceneinsatzplanes<br />
Bild 2: Simulation des Netzbetriebs<br />
Im Verlauf der Simulation muss als Reaktion auf das<br />
Auftreten stochastischer Effekte (wie z. B. Prozessüberschneidungen<br />
wegen unerwartet langer Prozessdauern)<br />
durch kurzfristiges Umplanen der Betriebsprozesse<br />
reagiert werden. Damit diese sequentielle Änderung<br />
des Ressourceneinsatzplanes möglichst praxisnah<br />
erfolgt, werden hierzu reale Entscheidungen der<br />
Netzbetriebsplaner durch heuristische Regeln nachgebildet.<br />
Um die zur Verfügung stehenden Ressourcen im<br />
Betrachtungszeitraum möglichst optimal auszulasten,<br />
wird mittels geeigneter Heuristiken kontinuierlich<br />
geprüft, ob nicht durchführbare Prozesse im Simulationsverlauf<br />
noch eingeplant werden können.<br />
Die Simulation liefert eine realistische Bewertung<br />
gegebener Ressourcenpläne, da der Einfluss sämtlicher<br />
unsicherer Größen berücksichtigt wird. Bei einer<br />
ausreichenden Anzahl an Simulationen ist nach Abschluss<br />
der Konvergenz die Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
der Kosten zur Durchführung des Ressourceneinsatzplanes<br />
bekannt.<br />
4 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Um die Kosten für den Netzbetrieb zu minimieren,<br />
haben Netzbetreiber einerseits die Möglichkeit, die<br />
Netzbetriebsstrategie, d. h. Instandhaltungs- und<br />
Erneuerungsmaßnahmen, anzupassen. Andererseits<br />
kann der Ressourceneinsatz zum Betrieb der Netze<br />
optimiert werden.<br />
In dieser Forschungsarbeit wird ein Optimierungsverfahren<br />
entwickelt, das in einem ersten Schritt kostengünstige<br />
Einsatzpläne für vorgegebene Ressourcen<br />
ermittelt. Auf der Basis dieser Pläne soll in einem<br />
zweiten Schritt eine Anpassung der Ressourcen<br />
erfolgen, um die kostengünstigsten Ressourcenkombinationen<br />
für den Netzbetrieb zu bestimmen.<br />
Die Ergebnisse dieser Optimierung können einerseits<br />
für eine objektive Bewertung des Netzbetriebsaufwands<br />
zu Grunde gelegt werden und so eine Rechtfertigung<br />
der für den Netzbetrieb minimal notwendigen<br />
unsicheren Kosten ermöglichen. Andererseits können<br />
Strategien zur Verbesserung des Ressourceneinsatzes<br />
abgeleitet werden.<br />
5 Literatur<br />
[1] Bundesnetzagentur<br />
Bericht der Bundesnetzagentur nach § 112a<br />
EnWG zur Einführung der Anreizregulierung nach<br />
§ 21a EnWG<br />
Bundesnetzagentur Bonn, 2006, S. 13ff<br />
[2] Obergünner, M.<br />
Bewertung und Optimierung des Instandhaltungsaufwands<br />
elektrischer Verteilungsnetze<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 102, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> 2005<br />
[3] Berg, A.<br />
Ressourcenplanung für den Betrieb elektrischer<br />
Hoch- und Höchstspannungsnetze<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006<br />
[4] Neumann, K.; Morlock, M.<br />
Operations Research<br />
Carl Hanser Verlag München Wien, 1993,<br />
S. 380ff<br />
[5] Heistermann, J.<br />
Genetische Algorithmen<br />
B. G. Teubner Verlagsgesellschaft Stuttgart Leipzig,<br />
1994<br />
60 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
1 Einleitung<br />
Dem Stand der Technik in der Netzplanung entsprechend<br />
werden die elektrischen Netze der einzelnen<br />
Spannungsebenen manuell oder rechnergestützt von<br />
den über- und unterlagerten Spannungsebenen getrennt<br />
geplant und Wechselwirkungen zwischen diesen<br />
vernachlässigt. Dies ist auf die Komplexität der Planung<br />
und auf die bisher langen Rechenzeiten bestehender<br />
Verfahren bei größeren Optimierungsproblemen<br />
zurückzuführen. Neue Verfahrenansätze zeigen jedoch,<br />
dass auch größere Probleme in handhabbarer Rechenzeit<br />
lösbar sind, so dass erstmalig die Frage des<br />
Nutzens einer spannungsebenenübergreifenden<br />
Planung objektiv beantwortet werden kann.<br />
2 Analyse<br />
2.1 Netzkonzepte bei getrennter und spannungsebenenübergreifender<br />
Planung<br />
Der Fokus der Arbeit liegt in der spannungsebenenübergreifenden<br />
Planung von HS- und MS-Netzen. Bei<br />
der Planung beider Spannungsebenen werden drei<br />
unterschiedliche Netzkonzepte angewandt.<br />
Bei der getrennten Planung wird folgendes Netzkonzept<br />
verfolgt:<br />
1. Aufgrund der getrennten Planung ist eine eigensichere<br />
Auslegung des HS-Netzes notwendig. Das<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Bewertung des Nutzens einer spannungsebenenübergreifenden Planung von<br />
Hoch- und Mittelspannungsnetzen<br />
Evaluating the Benefit of Voltage Comprehensive Planning of High and Medium<br />
Voltage Networks<br />
Dipl.-Ing. Thorsten Borchard<br />
thorsten.borchard@iaew.rwth-aachen.de<br />
Bei der Planung elektrischer Verteilungsnetze werden zur Verbesserung und Objektivierung der Planung vermehrt<br />
computergestützte Optimierungsverfahren eingesetzt. Derzeitige Verfahren sind aufgrund der Rechenleistung und dem<br />
Stand der Technik in der Netzplanung so ausgelegt, dass sie nur eine Spannungsebene bei Vernachlässigung von<br />
Wechselwirkungen mit über- und unterlagerten Spannungsebenen berücksichtigen. Mit den bestehenden Verfahren<br />
lassen sich für jede Spannungsebene getrennt kostenminimale Netzstrukturen ermitteln, doch bleibt die Frage offen, ob<br />
bei einer spannungsebenenübergreifenden Planung ein zusätzliches Kosteneinsparpotenzial erreichbar ist. Die gestiegene<br />
Rechenleistung und neue Verfahrensansätze lassen diese Frage erstmalig objektiv beantworten.<br />
Planning of distribution networks has been more and more improved and objectified by computer based tools. Due to<br />
the computing power and the state of the art in the network planning these tools have been developed to optimize only<br />
one voltage level while neglecting the neighboured ones. Cost-efficient distribution networks for a single voltage level<br />
can be determined by using these tools, but the benefit of a voltage comprehensive planning of high and medium<br />
voltage networks has not been estimated so far. This research project evaluates this benefit.<br />
MS-Netz wird als reines Verteilungsnetz geplant.<br />
(siehe Bild 1a).<br />
Bei der spannungsebenenübergreifenden Planung sind<br />
folgende zwei Netzkonzepte denkbar:<br />
2. Nicht notwendigerweise eigensicheres HS-Netz<br />
und MS-Transport- und Verteilungsnetz (siehe<br />
Bild 1b) und<br />
3. nicht notwendigerweise eigensicheres HS-Netz mit<br />
MS-Strangnetz (siehe Bild 1c).<br />
Bei den spannungsebenenübergreifenden Netzkonzepten<br />
ist eine eigensichere Auslegung des HS-Netzes<br />
gegenüber der getrennten Planung nicht zwingend<br />
erforderlich, da die Redundanz zur Erfüllung von<br />
Planungskriterien, wie z. B. das (n-1)-Kriterium, auch<br />
über das MS-Netz erfüllt werden kann. Bei Netzkonzept<br />
2 kann die Reservestellung – statt wie in Netzkonzept<br />
1 mit eigensicherer Umspannung in und<br />
eigensicherem HS-Anschluss der Umspannstationen –<br />
über das MS-Transportnetz erfolgen. Die in der MS-<br />
Ebene befindlichen Ortsnetz- und Kundenstationen<br />
werden ausgehend von den HS/MS-Umspann- oder<br />
MS-Schwerpunktstationen über reine Verteilungsnetze<br />
mit Ringstruktur versorgt.<br />
Netzkonzept 3 weist in der MS-Ebene ein Strangnetz<br />
auf, das i. d. R. wie ein MS-Ringnetz als reines Verteilungsnetz<br />
realisiert ist. Bei entsprechender Auslegung<br />
bzw. geringerer Vorbelastung des MS-Strangnetzes<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 61
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
kann dieses auch Transportfunktion übernehmen, so<br />
dass wie bei Netzkonzept 2 mit MS-Transport- und<br />
Ringnetz die Reservestellung durch das MS-Strangnetz<br />
möglich ist.<br />
a) b)<br />
c)<br />
HS-Leitung,<br />
HS-Schaltanlage<br />
MS-Leitung,<br />
MS-Schaltanlage<br />
HS/MS-Transformator<br />
Ortsnetzstation<br />
Bild 1: HS/MS-Netzkonzepte bei getrennter und<br />
spannungsebenenübergreifender Planung<br />
2.2 Potenzial bei spannungsebenenübergreifender<br />
Planung<br />
Analysen zur Abschätzung zusätzlicher Kosteneinsparpotenziale<br />
bei spannungsebenenübergreifender<br />
Planung zeigen, dass sich aufgrund der erhöhten<br />
Leitungskapazität bei einer Betriebsspannung von 20 kV<br />
im MS-Netz höhere Kostenreduzierungspotenziale als<br />
bei 10 kV erzielen lassen. Des Weiteren zeigt sich, dass<br />
ein Vorteil der spannungsebenenübergreifenden<br />
Planung nur bei höheren Lastdichten existiert. Untersuchungen<br />
an homogenen Versorgungsgebieten zeigen,<br />
dass dieser Vorteil ab ca. 1 MVA/km² vorliegt und mit<br />
steigender Lastdichte anwächst. Bei spannungsebenenübergreifend<br />
geplanten, homogenen Versorgungsgebieten<br />
mit einer Lastdichte von 5 MVA/km² und<br />
Netzkonzept MS-Transport- und Verteilungsnetz stellt<br />
sich ein zusätzliches Kostenreduzierungspotenzial von<br />
8% ein. Bei Wahl des Netzkonzeptes mit MS-<br />
Strangnetz und gleichzeitiger Reservestellung zeigt sich<br />
nur eine Kostenreduzierung von 5%. Bei Änderung<br />
letzteren Netzkonzeptes in eine Kombination aus MS-<br />
Strang- und Ringnetz ergibt sich gegenüber Netzkonzept<br />
2 ein leicht höheres Kostenreduzierungspotenzial<br />
von 8,5%. Dieses Netzkonzept weist jedoch technische<br />
Nachteile durch eine aufwändigere Realisierung auf, da<br />
zusätzliche Randbedingungen zur Gewährleistung eines<br />
sicheren Betriebs erfüllt werden müssen.<br />
3 Verfahren<br />
Die Bewertung des Nutzens einer spannungsebenenübergreifenden<br />
Planung von HS- und MS-Netz erfolgt<br />
durch den bewertenden Vergleich von getrennt mit<br />
spannungsebenenübergreifend geplanten Netzen, die<br />
im Rahmen einer Grundsatzplanung ermittelt werden.<br />
Die Bewertung der Netze erfolgt anhand ihrer annuitätischen<br />
Kosten und Versorgungszuverlässigkeit.<br />
Zur Ermittlung getrennt geplanter Zielnetze kann auf<br />
bestehende Verfahren zurückgegriffen werden [1, 2]. Da<br />
derzeit kein Verfahren zur spannungsebenenübergreifenden<br />
Planung vorliegt, wird im Rahmen dieser Arbeit<br />
ein derartiges Verfahren entwickelt.<br />
Das neu entwickelte Verfahren ist in mehrere Stufen<br />
unterteilt (siehe Bild 2). In einer dem Optimierungsverfahren<br />
vorgeschalteten Verfahrensvorstufe wird für die<br />
spannungsebenenübergreifenden Netzkonzepte ein<br />
MS-Transport- bzw. Strangnetzbereich identifiziert, der<br />
zusammen mit dem HS-Netzbereich in das Optimierungsverfahren<br />
überführt wird. Der ebenfalls ausgewiesene<br />
Verteilungsnetzbereich wird separat mit dem<br />
bestehenden Verfahren [2] geplant.<br />
Getrennte Planung<br />
Planung der<br />
MS-Ebene mit [2]<br />
Planung der<br />
HS-Ebene mit [1]<br />
Ergebnis<br />
Ergebnis<br />
Kostenminimales<br />
MS-Netz<br />
Kostenminimales<br />
HS-Netz<br />
Spannungsebenenübergreifende<br />
Planung<br />
Planung der HS-Ebene<br />
und MS-Transport-<br />
/Strangnetzebene mit<br />
neuentwickeltem<br />
Verfahren<br />
Ergebnis<br />
Kostenminimales<br />
HS-MS-Netz<br />
Bewertender Vergleich<br />
Verfahrensvorstufe<br />
Planung der MS-<br />
Verteilungsebene<br />
mit [2]<br />
Kosten und Versorgungszuverlässigkeit<br />
Bild 2: Verfahrensübersicht zur getrennten und<br />
spannungsebenenübergreifenden Planung<br />
62 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
4 Erste Ergebnisse<br />
Im Folgenden werden für eine reale Versorgungsaufgabe<br />
erste Ergebnisse dargestellt. Die Versorgungsaufgabe<br />
beinhaltet ein städtisches Versorgungsgebiet mit<br />
einer Fläche von 170 km² und Höchstlast von 420 MVA.<br />
Das Versorgungsgebiet wird von zwei HöS/HS-<br />
Umspannstationen gespeist.<br />
Die Planung beinhaltet die getrennte und spannungsebenenübergreifende<br />
Planung mit Netzkonzept 2 für die<br />
HS- und MS-Ebene. In Bild 3a ist zur besseren Übersicht<br />
nur das HS-Netz dargstellt. Das HS-Netz weist<br />
eine einfache Netzstruktur in Form eines Stranges und<br />
zwei Stiche auf. Die HS/MS-Umspannstationen sind<br />
eigensicher ausgelegt. Bei der spannungsebenenübergreifenden<br />
Planung wurden Variantenrechnungen mit<br />
Netzkonzept 2 bei unterschiedlicher Anzahl von MS-<br />
Schwerpunktstationen im MS-Transportnetz durchgeführt.<br />
Bild 3b zeigt die Variante mit im Schnitt einer<br />
angrenzenden MS-Schwerpunktstation pro HS/MS-<br />
Umspannstation. Es zeigt sich, dass die Umspannung<br />
und der HS-Anschluss einiger HS/MS-Umspannstationen<br />
bei der spannungsebenenübergreifenden<br />
Planung nicht mehr eigensicher ausgelegt sind. Die<br />
Redundanz erfolgt über das MS-Transportnetz und<br />
benachbarte HS/MS-Umspannstationen. Einige<br />
HS/MS-Umspannstationen weisen keine Umspannung<br />
mehr auf; sie stellen MS-Schwerpunkstationen dar. Der<br />
Kostenvergleich zeigt, dass sich bei der Variantenrechnung<br />
ein zusätzliches Kostenreduzierungspotenzial von<br />
bis zu 8% ergeben kann. Die Variantenrechnung belegt,<br />
dass bei Wahl weniger MS-Schwerpunktstationen die<br />
Kosteneinsparungen vor allem in der HS-Ebene sowie<br />
in der HS/MS-Umspannung liegen, die höher als die<br />
zusätzlich anfallenden Kosten für ein MS-Transportnetz<br />
ausfallen. Bei Wahl einer höheren Anzahl von MS-<br />
Schwerpunktstationen im MS-Transportnetz erhöhen<br />
sich die Mehrkosten derart, dass diese durch Kostenreduzierung,<br />
die sich nun auch im MS-Verteilungsnetz<br />
aufgrund geringerer Gesamtstromkreislänge ergeben,<br />
nicht kompensiert werden können. Der Vergleich der<br />
Versorgungszuverlässigkeit zeigt, dass es bei spannungsebenenübergreifender<br />
Planung und nicht eigensicherer<br />
Auslegung der einzelnen Spannungsebenen zu<br />
keinen Zuverlässigkeitseinbußen kommt.<br />
5 Zusammenfassung<br />
Die derzeitige Planung elektrischer Netze umfasst<br />
meist nur eine Spannungsebene. Diese Vorgehensweise<br />
kann zu unnötiger struktureller Redundanz in den<br />
einzelnen Spannungsebenen und somit zu höheren<br />
Netzkosten führen. Das Ziel dieser Arbeit ist daher die<br />
Bewertung des Nutzens einer spannungsebenenübergreifenden<br />
Planung mit Fokus auf HS- und MS-Netzen.<br />
Erste Ergebnisse zeigen, dass sich gegenüber der<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
getrennten Planung bei spannungsebenenübergreifender<br />
Planung eine zusätzliche Kostenersparnis von 8%<br />
ergeben kann.<br />
b)<br />
a)<br />
2<br />
3<br />
2<br />
1<br />
2<br />
2<br />
3<br />
4x 3x<br />
2<br />
3<br />
1<br />
3x<br />
2<br />
2<br />
2<br />
0<br />
1 Anzahl HS/MS-Transformatoren pro Umspannstation<br />
MS-Transportleitung (3x: Anzahl paralleler Leitungen)<br />
HS-Leitung<br />
HöS/HS- Umspannstation<br />
HS/MS- Umspannstation<br />
MS- Schwerpunktstation<br />
Bild 3: Getrennt und spannungsebenenübergreifend<br />
geplante Netze (Ausschnitt: HS-Netz<br />
und MS-Transportnetz)<br />
6 Literatur<br />
[1] Maurer, Ch.<br />
Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung für<br />
Hochspannungsnetze<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, <strong>Aachen</strong>er Beiträge<br />
zur Energieversorgung, Bd. 101, Klinkenberg Verlag,<br />
<strong>Aachen</strong> 2004[2]<br />
[2] Tao, X.<br />
Automatisierte Grundsatzplanung für Mittelspannungsnetze<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, <strong>Aachen</strong>er Beiträge<br />
zur Energieversorgung, Bd. 112, Tao, X<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 63<br />
2<br />
2<br />
1<br />
2<br />
2<br />
2<br />
2<br />
2
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Strukturmerkmale für die vergleichende Bewertung von Niederspannungsnetzen<br />
Structural Characteristics for Comparative Benchmark of Low Voltage Networks<br />
Dipl.-Ing. Hermann Egger<br />
hermann.egger@iaew.rwth-aachen.de<br />
Durch die Liberalisierung des Strommarktes wird Stromkunden die Möglichkeit geboten, unter Anbietern für elektrische<br />
Energie frei zu wählen. Zu diesem Zweck müssen die Netzbetreiber ihre Netze diskriminierungsfrei zur Verfügung<br />
stellen und erhalten für diese Dienstleistung ein Entgelt. Bisher war die Beurteilung der Angemessenheit der Netznutzungsentgelte<br />
lediglich durch Vergleiche unterschiedlicher Netzbetreiber möglich, da nicht alle relevanten Versorgungsgegebenheiten<br />
erfasst werden konnten. Ziel dieser Arbeit ist es daher, für die direkte Beurteilung unterschiedlicher<br />
Versorgungsaufgaben geeignete kostenrelevante Strukturmerkmale abzuleiten.<br />
Due to the liberalisation of the market for electrical energy, the costumers can choose between different providers for<br />
electrical energy. Because of that, network operators have to provide their distribution networks without discrimination<br />
and receive reward for this service. So far, the evaluation of the adequacy of the received rewards was just possible by<br />
comparison of different network operators because it was not possible to acquire all important effects and conditions of<br />
the supply areas. Within the scope of this work, adequate structural characteristics for direct evaluation of different<br />
supply areas should be elaborated.<br />
1 Einleitung und Ziel der Arbeit<br />
Mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes<br />
2005 (EnWG) wurde in Deutschland durch den Gesetzgeber<br />
ein Konzept zur anreizorientierten Regulierung im<br />
Bereich der Elektrizitätsversorgung vorgegeben. Ziel<br />
dieser Regulierungsart ist es, aufbauend auf dem<br />
ersten Energiewirtschaftsgesetz von 1998, den diskriminierungsfreien<br />
Zugang elektrischer Netze zur Nutzung<br />
Dritter weiter zu stärken und so den Wettbewerb<br />
innerhalb des Marktes für elektrische Energie weiter zu<br />
forcieren. Die Angemessenheit der von den Netzbetreibern<br />
erhobenen Netznutzungsentgelte soll dabei einer<br />
genauen Prüfung unterzogen werden. Für die Bewertung<br />
der Angemessenheit von Netznutzungsentgelte<br />
sieht das EnWG das Vergleichsmarktprinzip vor,<br />
welches durch einen Effizienzvergleich strukturell<br />
ähnlicher Netzbetreiber beschrieben wird. Die Identifikation<br />
vergleichbarer Netzbetreiber setzt geeignete,<br />
kostenrelevante Strukturmerkmale voraus.<br />
Da die Niederspannungsebene einen wesentlichen<br />
Anteil der Netznutzungsentgelte verursacht, ist insbesondere<br />
in dieser Spannungsebene eine genaue<br />
Betrachtung und Bewertung der Angemessenheit der<br />
Netznutzungsentgelte notwendig. Bisher in Betracht<br />
gezogene mögliche Strukturmerkmale [1] der Niederspannungsebene<br />
sind nicht das Ergebnis genauer<br />
Untersuchungen, sondern stellen vielmehr eine Vorsortierung<br />
dar, um Hinweise auf mögliche Strukturklassen<br />
zu erhalten [2, 3]. Bereits unternommene Versuche,<br />
mittels statistischer Untersuchungen Korrelationen<br />
zwischen Netznutzungsentgelten und unterschiedlichen<br />
Strukturmerkmalen zu ermitteln, erbrachten nicht die<br />
erwarteten Aussagen hinsichtlich der Identifikation<br />
kostenrelevanter Strukturmerkmale [4]. Ein wichtiger<br />
Grund hierfür sind die in den Netznutzungsentgelten<br />
enthaltenen Kosten, die nicht durch Strukturmerkmale<br />
des Versorgungsgebietes beeinflusst werden. Daher<br />
wird im Rahmen dieser Arbeit der Untersuchungsansatz<br />
der Referenznetzanalyse gewählt, welcher die Ermittlung<br />
kostenoptimaler Netze für realitätsnahe Versorgungsaufgaben<br />
ermöglicht. Auf diese Weise können<br />
Korrelationen zwischen möglichen Strukturmerkmalen<br />
der Versorgungsaufgabe und dem minimalen Aufwand<br />
für die Errichtung eines NS-Verteilungsnetzes ermittelt<br />
werden.<br />
Ziel dieser Arbeit ist es, anhand unterschiedlicher<br />
Versorgungsaufgaben kostenrelevante Strukturmerkmale<br />
für NS-Verteilungsnetze abzuleiten.<br />
2 Analyse<br />
2.1 Kosten der Niederspannungsebene<br />
In Bild 1 ist die Zusammensetzung in der Niederspannungsebene<br />
entstehender Netzkosten dargestellt,<br />
wobei in dieser Arbeit Kosten überlagerter Spannungsebenen<br />
sowie Kosten für Verwaltung nicht berücksichtigt<br />
werden. Auf dieser Basis kann ein objektiver<br />
Vergleich der Netzkosten zwischen unterschiedlichen<br />
NS-Verteilungsnetzen durchgeführt werden. Die<br />
Netzkosten in der Niederspannungsebene setzen sich<br />
aus einem vom Netzbetreiber beeinflussbaren und<br />
einem nicht beeinflussbaren Anteil zusammen.<br />
64 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Vom Netzbetreiber nicht<br />
beeinflussbare Kosten<br />
Versorgungsaufgabe<br />
Technische<br />
Mindestanforderungen<br />
Vom Netzbetreiber<br />
beeinflussbare Kosten<br />
Planungskriterien<br />
Individuelle Anforderungen<br />
an die Versorgungsqualität<br />
Minimal notwendige<br />
Kosten<br />
Zusatzkosten<br />
Netzkosten<br />
Bild 1: Kosten der Niederspannungsebene<br />
Im Rahmen dieser Arbeit sollen ausschließlich die vom<br />
Netzbetreiber nicht beeinflussbaren Kosten untersucht<br />
werden. Diese werden durch die zu erfüllende Versorgungsaufgabe<br />
sowie die einzuhaltenden technischen<br />
Randbedingungen bestimmt. Technische Randbedingungen<br />
stellen eine wichtige Einflussgröße auf die vom<br />
Netzbetreiber nicht beeinflussbaren Kosten dar und<br />
sind bei der Planung von NS-Verteilungsnetzen als<br />
feste Randbedingung zu erfüllen. Der eventuell verbleibende<br />
Kostenanteil der vom Netzbetreiber beeinflussbaren<br />
Kosten beruht auf ineffizienten Unternehmensprozessen<br />
des Netzbetreibers, welche sich in Planungskriterien<br />
sowie individuellen Anforderungen des<br />
Netzbetreibers an die Versorgungsqualität widerspiegeln.<br />
Da Einflüsse der historischen Entwicklung bestehender<br />
NS-Verteilungsnetze auf ihre Kosten weder den<br />
vom Netzbetreiber beeinflussbaren noch den vom Netzbetreiber<br />
nicht beeinflussbaren Kosten eindeutig zugeordnet<br />
werden können, werden diese im Rahmen dieser<br />
Arbeit nicht betrachtet.<br />
2.2 Betrachteter Systembereich<br />
In bereits durchgeführten Untersuchungen [5] wurde<br />
der Einfluss möglicher Strukturmerkmale auf die NS-<br />
Verteilnetzkosten erörtert und mögliche kostenrelevante<br />
Strukturmerkmale abgeleitet. Diese Untersuchungen<br />
wurden jedoch nur für ideal homogene (städtische) Versorgungsaufgaben<br />
durchgeführt. Da die hinreichend<br />
genaue Modellierung realitätsnaher, inhomogener Versorgungsaufgaben<br />
nicht in Betracht gezogen wurde,<br />
liegt der Fokus dieser Arbeit auf der Untersuchung inhomogener,<br />
kleinstädtisch bzw. ländlicher Versorgungsaufgaben.<br />
Bei Netzbetreibern mit ausgedehnten Versorgungsgebieten<br />
mit einer großen Anzahl von NS-Verteilungsnetzen<br />
kommt es zu einer großen Durchmischung<br />
unterschiedlicher Versorgungsaufgaben. Um dennoch<br />
eindeutige Strukturmerkmale ableiten zu können, wird<br />
der betrachtete Systembereich in dieser Arbeit auf den<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Versorgungsbereich einer Ortsnetzstation unter Einhaltung<br />
der technischen Randbedingungen [2] eingegrenzt.<br />
3 Methodisches Vorgehen<br />
Bild 2 zeigt einen Überblick über den gewählten<br />
Untersuchungsansatz. Um die Auswirkung unterschiedlicher<br />
möglicher Strukturmerkmale auf die Netzkosten<br />
zu quantifizieren, wird die im Folgenden beschriebene<br />
Vorgehensweise eingesetzt.<br />
Bild 2: Methodik<br />
M NS- Mögliche Verteilungsnetze Strukturmerkmale<br />
zum Erkenntnisgewinn<br />
Generierung synthetischer<br />
Versorgungsaufgaben<br />
Generierung von synthetischen<br />
Versorgungsaufgaben<br />
Planung kostenminimaler<br />
Referenznetze<br />
Generierung von Referenznetzen<br />
Auswertung<br />
Kostenrelevante Strukturmerkmale Strukturmerkmale<br />
Unter Einhaltung vorgegebener, möglicher Strukturmerkmale<br />
wird eine synthetische Versorgungsaufgabe<br />
generiert. Darauf aufbauend wird diese Versorgungsaufgabe<br />
einem rechnerbasierten Optimierungsverfahren<br />
zugeführt, welches unter Beachtung technischer<br />
Randbedingungen einen NS-Verteilungsnetzentwurf mit<br />
minimalen Netzkosten ermittelt [2]. Um den Einfluss<br />
möglicher Strukturmerkmale auf die Netzkosten beurteilen<br />
zu können, müssen Variantenrechnungen mit<br />
derselben Parametrierung möglicher Strukturmerkmale<br />
unter Variation eines möglichen Strukturmerkmals<br />
durchgeführt werden. Hierfür wird eine Vielzahl synthetischer<br />
Versorgungsaufgaben entworfen. Der Grad<br />
der Beeinflussung der Netzkosten durch Variation möglicher<br />
Strukturmerkmale ist ein Maß für die Relevanz<br />
des betrachteten möglichen Strukturmerkmals. Im Verlauf<br />
der Untersuchungen muss jedoch ein ständiger Abgleich<br />
der durch Variationsrechnungen gewonnenen<br />
Erkenntnisse hinsichtlich weiterer, noch nicht in<br />
Betracht gezogener möglicher Strukturmerkmale durchgeführt<br />
werden.<br />
4 Erste Ergebnisse<br />
Im Folgenden soll die oben beschriebene Methodik angewandt<br />
werden. Ausgangspunkt der Untersuchungen<br />
ist eine reale Versorgungsaufgabe. In einer ersten Untersuchung<br />
werden alle betrachteten möglichen<br />
Strukturmerkmale konstant gehalten, lediglich Parame-<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 65
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
ter, welche die Initialisierung von Zufallsprozessen bei<br />
der synthetischen Generierung von Versorgungsaufgaben<br />
darstellen, werden verändert.<br />
Diese Untersuchung wird für zwei unterschiedliche<br />
Siedlungsstrukturen durchgeführt [2]. Diese Siedlungsstrukturen<br />
unterscheiden sich in der räumlichen<br />
Aufteilung ihrer Kunden. Zum einen werden diese<br />
Kunden in konzentrierter Form um das Zentrum der<br />
Versorgungsaufgabe verteilt (Konzentrierte Siedlungsstruktur),<br />
zum anderen erfolgt die Verteilung der<br />
Kunden im betrachteten Versorgungsgebiet in Siedlungsgruppen<br />
(Verteilte Siedlungsstruktur).<br />
Da dieses Vorgehen eine Wissensbasis hinsichtlich der<br />
realitätsnahen Parametrierung möglicher Strukturmerkmale<br />
bei der Generierung synthetischer Versorgungsaufgaben<br />
erfordert, wurde im Vorfeld eine<br />
umfangreiche Analyse realer Versorgungsaufgaben<br />
durchgeführt.<br />
In weiterer Folge werden für eine einheitliche Konfiguration<br />
möglicher Strukturmerkmale je Siedlungsstruktur<br />
10 Versorgungsaufgaben mit unterschiedlichen Initialisierungen<br />
verfahrensinterner Zufallsprozesse generiert<br />
und für diese Versorgungsaufgaben kostenminimale,<br />
vollständig verkabelte NS-Verteilungsnetze geplant.<br />
Netzkosten<br />
Konzentrierte<br />
Siedlungsstruktur<br />
10<br />
Tsd.<br />
€<br />
a<br />
6<br />
4<br />
2<br />
Verluste<br />
Leitungen<br />
Unterschiedliche Zufallszahlen<br />
Trassen<br />
Transformator<br />
Verteilte<br />
Siedlungsstruktur<br />
0,7<br />
0,5<br />
0,3<br />
0,1<br />
Homogenität der<br />
Lage der Kunden<br />
Homogenität<br />
Bild 3: Einfluss von Zufallsprozessen auf die<br />
Netzkosten unterschiedlicher Siedlungsstrukturen<br />
Die in Bild 3 dargestellten Ergebnisse zeigen, dass sich<br />
innerhalb der betrachteten Siedlungsstrukturen eine<br />
Streuung der Netzkosten ergibt. Diese Streuung lässt<br />
sich durch die Auswirkung der bereits beschriebenen,<br />
unterschiedlich initialisierten verfahrensinternen<br />
Zufallsprozesse auf die Homogenität der Lage der<br />
Kundenanschlüsse des NS-Verteilungsnetzentwurfes<br />
begründen. Der Vergleich der Netzkosten zwischen den<br />
Siedlungsstrukturen zeigt eine durchschnittliche<br />
Kostendifferenz von ca. 30 %. Diese Kostendifferenz<br />
kann wiederum durch die Homogenität der Lage der<br />
Kundenanschlüsse der ermittelten NS-Verteilungsnetz-<br />
entwürfe spezifiziert werden. Aufgrund der Tatsache,<br />
dass es bei der Bildung von Siedlungsgruppen (Verteilte<br />
Siedlungsstruktur) zu einer lokalen Konzentration der<br />
Kunden und somit im Vergleich zu einer weiträumigen<br />
Verteilung der Kunden (Konzentrierte Siedlungsstruktur)<br />
zu deutlich geringeren Trassen- und Leitungslängen<br />
kommt, ist diese Differenz der Netzkosten nachvollziehbar.<br />
5 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Ziel dieser Arbeit ist es, kostenrelevante Strukturmerkmale<br />
für den Quervergleich von NS-Verteilungsnetzbetreibern<br />
zu bestimmen. Aus ersten Ergebnissen lässt<br />
sich ableiten, dass die zu betrachtende Siedlungsstruktur<br />
einen signifikanten Einfluss auf die Kosten der NS-<br />
Verteilungsnetze hat und somit bereits ein mögliches<br />
kostenrelevantes Strukturmerkmal darstellt. Die<br />
Ursache der sich einstellenden Kostenunterschiede<br />
liegt in der unterschiedlichen Homogenität der Lage der<br />
Kundenanschlüsse der betrachteten NS-Verteilungsnetzentwürfe.<br />
In einem weiteren Schritt soll nun die Auswirkung der<br />
Variation unterschiedlicher möglicher Strukturmerkmale<br />
auf die Netzkosten untersucht werden. Dieser Einfluss<br />
soll durch Einsatz von Signifikanztests verifiziert<br />
werden. Abschließend können dann kostenrelevante<br />
Strukturmerkmale für die vergleichende Bewertung von<br />
Niederspannungsnetzen abgeleitet werden.<br />
6 Literatur<br />
[1] VDN<br />
http://www.vdn-berlin.de<br />
[Stand Februar <strong>2007</strong>]<br />
[2] Egger, H.<br />
Strukturmerkmale von Niederspannungsnetzen<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006<br />
[3] Löppen, S.<br />
Ermittlung kostenbestimmender Strukturmerkmale<br />
für Mittel- und Niederspannungsnetze<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2004, ABEV Bd. 98, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> 2004<br />
[4] Mahn, U.<br />
Zusammenhänge zwischen Netzkosten und Strukturmerkmalen<br />
bei Verteilungsnetzbetreibern<br />
Elektrizitätswirtschaft, Jg. 100 (2001), Heft 12,<br />
S. 28-31<br />
[5] Katzfey, J.; Nissen, J.; Vetter, F. et al<br />
Modellnetzverfahren zur Bestimmung kostentreibender<br />
Strukturmerkmale<br />
Elektrizitätswirtschaft, Jg. 103 (2004), Heft 6,<br />
S. 14-22<br />
66 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Analyse des kurzfristigen strategischen Verhaltens an Strommärkten<br />
Analysis of the Short-term Strategical Behaviour in Power Markets<br />
Dipl.-Ing. Pablo Frezzi<br />
Pablo.Frezzi@iaew.rwth-aachen.de<br />
1 Einleitung<br />
In den heutigen Elektrizitätsmärkten können oligopolistische<br />
Strukturen beobachtet werden. Im Gegensatz zu<br />
Märkten mit vollkommener Konkurrenz befinden sich<br />
die Marktteilnehmer nicht mehr in einer passiven<br />
Umgebung als Preisnehmer, sondern sowohl der Preis<br />
als auch die Dynamik des Marktes sind von den<br />
Strategien der Teilnehmer abhängig. Dies macht die<br />
Elektrizitätsmärkte besonders anfällig, unter Marktmacht<br />
zu leiden. Unter Marktmacht versteht man die<br />
Fähigkeit eines einzelnen Marktteilnehmers bzw. einer<br />
kleinen Gruppe von Marktteilnehmern, den Marktpreis<br />
zu ihren Gunsten zu beeinflussen, um die Gewinne zu<br />
erhöhen [1]. Eine Möglichkeit, Marktmacht auszuüben,<br />
ist durch die Koordination von Strategien zwischen den<br />
Marktteilnehmern. Diese Koordination muss nicht<br />
unbedingt ausdrücklich kollusiv und folglich strafbar<br />
sein. Märkte mit erhöhter Konzentration, sich wiederholenden<br />
Interaktionen, Marktzutrittsbarrieren und<br />
Koordination zwischen den Teilnehmern, die von sich<br />
wiederholenden Versteigerungsprozessen abgeleitet<br />
werden, sind besonders anfällig für Kollusion. Die<br />
heutigen Strommärkte erfüllen diese Bedingungen und<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Im letzten Jahrzehnt wurden die Elektrizitätsmärkte in vielen Ländern restrukturiert, um die Elektrizitätspreise durch<br />
steigenden Wettbewerb zu reduzieren. Durch diese Liberalisierung, die besonders im Erzeugungssektor stattfand,<br />
wurde der bislang monopolistisch strukturierte Elektrizitätsmarkt von einem Wettbewerbsmarkt abgelöst. Trotz des<br />
ursprünglichen Ziels der Liberalisierung, den Wettbewerb des Marktes zu erhöhen, haben viele Fusionen und Übernahmen<br />
zwischen Stromerzeugungsunternehmen stattgefunden, welche die Konzentration des Marktes erhöht haben.<br />
Diese steigende Konzentration zusammen mit einigen Eigenschaften des Stromhandels ermöglichen die Ausübung von<br />
Marktmacht bzw. Kollusion. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wird ein Simulationsmodell entwickelt, das den<br />
Elektrizitätsmarkt als ein Oligopol betrachtet. Mittels der Spieltheorie wird die Konkurrenz zwischen den Marktteilnehmern<br />
als ein wiederholtes Spiel mit unvollständiger Information modelliert. Durch künstliche Intelligenz und Multi-<br />
Agenten-Systeme wird die Anpassungsfähigkeit und die Entwicklung des Verhaltens der Marktteilnehmer im Laufe der<br />
Zeit berücksichtigt. Der Anwendungsbereich des Simulationsmodells liegt besonders bei Kartell-, aber auch bei Regulierungsbehörden.<br />
In the last decade, power markets of many countries were restructured in order to reduce the electricity prices by<br />
means of growing competition. Through this liberalisation, which took place especially in the generation sector, the<br />
monopolistic power market was replaced by a competitive structure. In spite of the original aim of the liberalisation,<br />
which was the increase of the competition, many mergers and acquisitions were carried out, which have intensified the<br />
concentration of the market. This growing concentration combined with characteristics of the market may cause the<br />
exercise of market power and collusion respectively. In the context of this research project, a simulation model is<br />
developed considering the power market as an oligopoly. Applying game theory, the competition amongst market<br />
participants is modelled as a repeated game with incomplete information. By means of artificial intelligence and multiagent<br />
systems, the adaptability and the evolution of the behaviour of the market participants in the course of the time<br />
are considered. The scope of application of the simulation model aims especially at regulatory authorities and antitrust<br />
agencies.<br />
können deswegen Kollusion erleiden. Die Marktmacht<br />
bzw. Kollusion verursacht einen Wohlfahrtsverlust<br />
durch die Erhöhung der Strompreise und die Übertragung<br />
von Gewinnen. Außerdem können die langfristigen<br />
Verzerrungen der Preise unwirtschaftliche Investitionen<br />
hervorrufen. Nach der Liberalisierung ist die<br />
Ausübung von Marktmacht ein weltweites Problem<br />
geworden, das in verschiedenen Ländern zu beobachten<br />
ist. Angesichts der Folgen besteht ein starker<br />
Bedarf an Modellen, die die Marktmacht sowohl ex<br />
ante als auch ex post erkennen und bewerten. Die<br />
Anwendung dieser Modelle ist nicht nur auf die<br />
Strategieentwicklung für Marktteilnehmer beschränkt.<br />
Regulierungsbehörden benötigen neue Werkzeuge, um<br />
sowohl Marktmacht und kollusives Verhalten zu<br />
identifizieren, als auch um ihre Folgen einzuschätzen. In<br />
diesem Kontext weisen die European Transmission<br />
System Operators (ETSO) sowohl auf die Ausübung von<br />
Marktmacht als auch auf die Wichtigkeit der Entwicklung<br />
von neuen Modellen zur Marktanalyse hin [2].<br />
Das Ziel des Forschungsprojekts ist die kurzfristige<br />
Analyse von Marktmachtausübung unter Beachtung der<br />
Konzentration des Marktes, der technischen Restriktio-<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 67
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
nen der Kraftwerksblöcke und des Übertragungsnetzes<br />
sowie die Verfügbarkeit der Kraftwerksblöcke und die<br />
stochastischen Fluktuationen der Nachfrage. Besonders<br />
relevant für die Forschung ist auch die Erkennung von<br />
kollusivem Verhalten und seinen wichtigsten Ursachen.<br />
Der Anwendungsbereich liegt bei Regulierungsbehörden<br />
sowie Kartellämtern, die die Verantwortung tragen,<br />
gerechten Wettbewerb am Markt zu sichern.<br />
2 Übersicht des Simulationsmodells<br />
Das Modell, das im Rahmen des Forschungsprojekts<br />
entwickelt wird, ist auf die Analyse der kurzfristigen<br />
Preisstrategien der Stromerzeugungsunternehmen<br />
(SEU) fokussiert, die sich aus nichtkooperativem<br />
Verhalten ableiten. Die Spieltheorie wird angewendet,<br />
um den Strommarkt als ein wiederholtes Spiel mit<br />
unvollständiger Information zu modellieren. Der<br />
Wettbewerb zwischen den SEU wird als ein wiederholter<br />
Bertrand Wettbewerb simuliert. Das anpassungsfähige<br />
Verhalten der SEU wird als begrenzt rational<br />
mittels Reinforcement-Learning dargestellt. Das<br />
Reinforcement-Learning ist ein iterativer Algorithmus,<br />
der auf einer Versuchs-und-Irrtums-Methode beruht.<br />
Ein Multi-Agenten-System wird entwickelt, in dem die<br />
SEU Energie als unabhängige Entitäten in einer computergestützten<br />
Simulation vermarkten. Die Multi-<br />
Agenten-Systeme sind bottom-up-Modelle, die sich auf<br />
die Modellierung von individuellen Entitäten konzentrieren,<br />
im Vergleich zu den top-down-Modellen, welche<br />
die Systeme als eine Aggregation von Entitäten<br />
betrachten [3]. So werden die SEU individuell modelliert,<br />
wobei das Verhalten und die Strategien, die sich<br />
in realen Märkten beobachten lassen, abgebildet<br />
werden. Damit ist es möglich, das Verhalten zu erkennen,<br />
das sich von den Interaktionen zwischen ihnen<br />
ableitet. Das Modell beruht auf einem iterativen<br />
zweistufigen Optimierungsverfahren. Im Bild 1 wird<br />
eine Verfahrensübersicht des Modells dargestellt. In<br />
der ersten Stufe wählt jedes SEU unter Berücksichtigung<br />
seiner Erfahrung und eigenen Kostenstruktur, die<br />
von seinem eigenen Portfolio an Kraftwerken abhängt,<br />
seine Preisstrategien sowohl für den Spotmarkt als<br />
120<br />
[€/MWh]<br />
Preis<br />
80<br />
60<br />
40<br />
Januar<br />
auch für den Intraday-Markt aus, mit dem Ziel, den<br />
eigenen Deckungsbeitrag zu maximieren. In der zweiten<br />
Optimierungsstufe werden die Strompreise und die<br />
Energiebilanzen des Spot- und des Intraday-Marktes<br />
unter Minimierung der Erzeugungskosten bestimmt. In<br />
dieser Stufe werden die Nebenbedingungen des<br />
Übertragungsnetzes berücksichtigt. Die Verfügbarkeit<br />
der Kraftwerke und das Verhalten der Nachfrage<br />
werden durch entsprechende stochastische Verfahren<br />
modelliert. Nach der zweiten Optimierungsstufe<br />
werden die Preisstrategien gemäß den Ergebnissen<br />
dieser Stufe bewertet und aktualisiert. Nach einer<br />
bestimmten Anzahl an Iterationen wird ein Gleichgewicht<br />
erreicht, in dem bei einem gegebenen Verhalten<br />
der Konkurrenten kein SEU durch abweichendes<br />
Verhalten einen höheren Deckungsbeitrag erwirtschaften<br />
kann (Nash-Gleichgewicht). Da der Zeitraum auf<br />
weniger als ein Jahr beschränkt wird, unterstellt man<br />
eine konstante Kostenstruktur sowie installierte<br />
Erzeugungskapazität.<br />
1. Optimierungsstufe: Auswahl von Strategien<br />
2. Optimierungsstufe<br />
Energiebilanz und Marktpreisberechnung<br />
Intraday-<br />
Spotmarkt<br />
Markt<br />
SEU<br />
Nachfrage<br />
Übertragungsnetz Kraftwerke Szenarien<br />
Bewertung und Aktualisierung der Strategien<br />
Gleichgewichtszustand und optimale Strategien<br />
Bild 1: Verfahrensübersicht<br />
3 Simulationsergebnisse<br />
Im Folgenden werden exemplarische Ergebnisse<br />
anhand eines Modellsystems dargestellt. Das Modellsystem<br />
umfasst sechs thermische Erzeugungstechnologien<br />
und 100 Kraftwerke. Der Erzeugungsmix ist<br />
angelehnt an den deutschen Erzeugungspark und die<br />
Erzeugungskapazität beträgt 44.420 MW.<br />
20<br />
Werktag Samstag Sonntag<br />
20<br />
Werktag Samstag Sonntag<br />
0<br />
1 7 13 19 1 7 13<br />
vollkommener<br />
Konkurrenzmarkt<br />
19 1 7 [h] 19<br />
100 SEU<br />
0<br />
1 7<br />
10 SEU<br />
13 19 1 7 13 19 1<br />
5 SEU<br />
7 [h] 19<br />
Bild 2: Simulierte Strompreise<br />
120<br />
[€/MWh]<br />
68 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />
Preis<br />
80<br />
60<br />
40<br />
Juli
1600<br />
[Mio. €]<br />
800<br />
400<br />
+ 1,78%<br />
Januar<br />
+ 42,45%<br />
+ 73,61%<br />
0 0<br />
vollkommener<br />
Konkurrenzmarkt 100 SEU 10 SEU 5 SEU<br />
80<br />
[%]<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
1600<br />
[Mio. €]<br />
800<br />
400<br />
+ 2,69%<br />
Juli<br />
+ 42,98%<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
+ 69,18%<br />
0 0<br />
vollkommener<br />
Konkurrenzmarkt 100 SEU 10 SEU 5 SEU<br />
Erzeugungskosten Produzentenrente prozentuale Variation der Erlöse<br />
Bild 3: Erzeugungskosten, Produzentenrente und prozentuale Variation der Erlöse<br />
Bild 2 stellt die Entwicklung des Strompreises eines<br />
typischen Werktages sowie für einen Samstag und<br />
Sonntag anhand vier verschiedener Marktstrukturen<br />
dar. Die resultierenden Strompreise für zwei Nachfrageszenarien<br />
- Januar und Juli - werden gezeigt. Diese<br />
Nachfrageszenarien wurden mittels statistischer Daten<br />
der vier größten Übertragungsnetzbetreiber erstellt. Die<br />
berücksichtigten Marktstrukturen entsprechen einem<br />
vollkommenen Konkurrenzmarkt ohne Marktmachtausübung<br />
und drei Strukturen mit 100 beziehungsweise 10<br />
und 5 SEU. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass<br />
je weniger Marktteilnehmer der Markt hat und somit je<br />
konzentrierter der Markt ist, desto höher sind die<br />
Strompreise. Im Bild 3 werden die Erzeugungskosten,<br />
die Produzentenrente und die prozentuale Variation der<br />
Erlöse der simulierten Marktstrukturen im Vergleich<br />
zum vollkommenen Konkurrenzmarkt dargestellt. Da der<br />
Einsatz der Kraftwerke ähnlich ist, sind die Erzeugungskosten<br />
für die vier Marktszenarien auf gleichem<br />
Niveau. Im Gegensatz dazu sind die Produzentenrenten<br />
unterschiedlich wegen der Ausübung von Marktmacht<br />
(Kollusion). Diese Ergebnisse zeigen deutlich die<br />
Existenz von Anreizen zur Marktmachtausübung und<br />
den Zusammenhang zwischen Marktmacht und Konzentration<br />
des Marktes. Zusätzliche Simulationen<br />
werden derzeit durchgeführt, um den Einfluss auf die<br />
Preisstrategien bestimmter Unsicherheiten, z. B.<br />
Kraftwerksausfälle, Variationen der Nachfrage usw., zu<br />
bewerten. Erste Ergebnisse zeigen, dass je größer die<br />
Unsicherheiten sind, desto geringer sind die Möglichkeiten,<br />
Kollusion ausüben zu können.<br />
4 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Die heutigen Elektrizitätsmärkte sind aufgrund ihrer<br />
oligopolistischen Struktur besonders anfällig, unter<br />
Marktmacht zu leiden. Nach der Liberalisierung ist die<br />
Ausübung von Marktmacht ein weltweites Problem<br />
geworden, das sich in verschiedenen Ländern beobachten<br />
lässt. Eine Möglichkeit, Marktmacht auszuüben, die<br />
häufig an Strommärkten zu beobachten ist, ist die<br />
80<br />
[%]<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Koordination von Strategien zwischen den Marktteilnehmern.<br />
Da eine derartige Marktmacht nicht unbedingt<br />
ausdrücklich ausgeübt wird, ist sie relativ schwierig<br />
zu erkennen und zu quantifizieren. Infolgedessen<br />
und unter Berücksichtigung der Folgen besteht ein<br />
steigender Bedarf an Modellen zur Marktmachtanalyse.<br />
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wird der<br />
Elektrizitätsmarkt als ein Multi-Agenten-System<br />
modelliert, in dem sich die Marktteilnehmer wie<br />
individuelle Entitäten des Simulationsmodells verhalten.<br />
Zur Modellierung des Entscheidungsfindungsprozesses<br />
wird Reinforcement-Learning verwendet. In<br />
diesem Artikel wird die Entwicklung des Strompreises<br />
für vier verschiedene Marktstrukturen dargestellt, die<br />
unterschiedlichen Konzentrationsgraden entsprechen.<br />
Die dargestellten Ergebnisse beweisen den engen<br />
Zusammenhang zwischen Marktmacht bzw. Kollusion<br />
und dem Konzentrationsgrad des Marktes. Je konzentrierter<br />
der Markt ist, desto höher sind die Anreize,<br />
Kollusion auszuüben. Zusätzliche Simulationen werden<br />
derzeit durchgeführt, um den Einfluss auf die Preisstrategien<br />
bestimmter Unsicherheiten zu bewerten.<br />
Erweiterungen zur Berücksichtigung des Übertragungsnetzes<br />
sind derzeit in Entwicklung. Insbesondere ist zu<br />
untersuchen, wie das Übertragungsnetz bzw. deren<br />
Bedingungen das Verhalten der Marktteilnehmer sowie<br />
die Dynamik des Marktes beeinflussen.<br />
5 Literatur<br />
[1] Stoft, S.<br />
Power Systems Economics, IEEE/Wiley,<br />
ISBN 0-471-15040-1, 2002, S. 316.<br />
[2] European Transmission System Operators (ETSO).<br />
Towards a sustainable European market design.<br />
Position paper, www.etso-net.org, 2005.<br />
[3] Weiß, G.<br />
Multi-agent Systems, MIT Press,<br />
ISBN 0-262-23203-0, 2000<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 69
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Bewertung kostenrelevanter Einflussgrößen für Übertragungsnetze<br />
Estimation of Cost Drivers in Transmission Networks<br />
Dipl.-Ing. Roland Hermes<br />
Roland.Hermes@iaew.rwth-aachen.de<br />
Die Bundesnetzagentur hat als Regulierungsbehörde in Deutschland das Ziel, den Wettbewerb im Bereich der Elektrizitätsversorgung<br />
weiter zu verstärken. Dies setzt einen diskriminierungsfreien Netzzugang und angemessene Netznutzungsentgelte<br />
für alle Netzkunden voraus. Bisherige Untersuchungen haben sich dabei auf die Verteilungsnetzebenen<br />
konzentriert, da diese den Großteil der gesamten Netzkosten ausmachen. Eine Regulierung dieser Netzebenen kann<br />
jedoch nur dann effektiv umgesetzt werden, wenn alle Spannungsebenen bezüglich ihrer Kosten bewertet und somit<br />
eine Verlagerung von Kosten in die Übertragungsebene ausgeschlossen werden kann. Ziel dieser Arbeit ist es daher, in<br />
einem ersten Schritt ein Referenznetzanalyseverfahren für Übertragungsnetze zu entwickeln, mit dem in einem zweiten<br />
Schritt kostentreibende Einflussgrößen für Übertragungsnetze bestimmt werden können.<br />
The regulation of the electrical energy market intends to establish competition in this sector. Therefore it is necessary<br />
to ensure a free network access and adequate transmission fees for all customers. In previous analyses the main focus<br />
has been set on distribution networks. Nevertheless, an effective regulation requires a benchmarking model for all<br />
voltage levels to prohibit the shifting of costs in non-controlled network parts. Therefore within the scope of this thesis,<br />
a method to generate reference networks will be developed. Afterwards it will be possible to identify cost driving<br />
parameters for transmission networks.<br />
1 Einleitung<br />
Mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes<br />
(EnWG) im Jahr 2005 wurde die Bundesnetzagentur mit<br />
der Regulierung der Elektrizitätsversorgung beauftragt.<br />
Das Ziel dieser Regulierung liegt in der Schaffung eines<br />
wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs innerhalb<br />
des Elektrizitätsmarktes. Die Netznutzungsentgelte der<br />
einzelnen Netzbetreiber stehen besonders im Fokus, da<br />
eine diskriminierungsfreie und preisgünstige Durchleitung<br />
von Strom notwendige Voraussetzung für einen<br />
freien Wettbewerb ist.<br />
Für die Bewertung der Netznutzungsentgelte sieht das<br />
EnWG das Vergleichsmarktprinzip vor. Dieses entspricht<br />
einer Gegenüberstellung mehrerer strukturell<br />
vergleichbarer Netze [1]. Für die Verteilungsnetzebenen<br />
ist diese Vorgehensweise bereits umfassend diskutiert<br />
und durch die Entwicklung praxisgerechter Verfahren<br />
als sinnvoll belegt worden. Allerdings wurde bisher die<br />
Übertragungsnetzebene noch nicht näher betrachtet.<br />
Eine umfassende Regulierung ist jedoch nur bei<br />
Betrachtung aller Spannungsebenen möglich, da sonst<br />
die Gefahr besteht, dass Kosten in nicht bewertete<br />
Netzbereiche verschoben werden.<br />
Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass ein<br />
fairer Vergleich von Netzbetreibern nur unter Berücksichtigung<br />
von exogenen Kostentreibern möglich ist.<br />
Daher bedarf es der Ableitung übertragungsnetzspezifischer<br />
Strukturmerkmale. Eine Übernahme bestehender<br />
Ergebnisse aus dem Bereich der Verteilungsnetze ist<br />
dabei aufgrund der unterschiedlichen Planungsanforderungen<br />
nicht möglich.<br />
Ziel dieser Arbeit ist daher die Identifizierung und<br />
Bewertung von exogenen Einflussgrößen auf die<br />
Kosten von Übertragungsnetzen (ÜN).<br />
2 Analyse und Modellbildung<br />
Die Netznutzungsentgelte der Höchstspannungsebene<br />
setzen sich nach der Stromnetzentgeltverordnung im<br />
Gegensatz zu den unterlagerten Netzebenen aus zwei<br />
Komponenten zusammen [2]<br />
• Höchstspannungsnetzkosten (Leitungs-, Gestänge-,<br />
Schaltanlagenkosten etc.) und<br />
• Kosten für Systemdienstleistungen (Regelenergie,<br />
Systemführung).<br />
Da die Kosten der Systemdienstleistungen nur vergleichend<br />
bewertet werden können, liegt der Fokus dieser<br />
Arbeit auf den Höchstspannungsnetzkosten, die durch<br />
die installierten Betriebsmittel verursacht werden.<br />
Neben den zugehörigen Investitions- und Instandhaltungskosten<br />
sind die Netzverlustkosten zu betrachten.<br />
In dieser Arbeit werden zunächst reale Netze bezüglich<br />
ihrer Netzkosten verglichen. Danach können dann<br />
Anforderungen an das zu entwickelnde Verfahren für<br />
allgemeine Aussagen abgeleitet werden. Vergleich der<br />
70 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Netzkosten repräsentativer europäischer Übertragungsnetze<br />
Da es in Deutschland nur vier Übertragungsnetzbetreiber<br />
(ÜNB) gibt, ist es für einen qualitativen Vergleich<br />
von Netzkosten nicht ausreichend, sich auf die nationalen<br />
Netzbereiche zu konzentrieren. Im Rahmen der<br />
UCTE sind allerdings aus Gründen der Versorgungssicherheit<br />
viele ÜN zu einem synchronen Verbundnetz<br />
zusammengeschlossen, die miteinander verglichen<br />
werden können.<br />
Unter Annahme von durchschnittlichen Betriebsmittelkosten<br />
lassen sich somit Kostenabschätzungen für<br />
europäische ÜN durchführen. Für eine Auswahl von<br />
UCTE-Ländern ist eine solche Kostenabschätzung<br />
bezogen auf die Versorgungsfläche in Bild 1 dargestellt.<br />
Netzkosten pro Fläche<br />
Mittelwert<br />
DE AT BE CH ES FR IT NL<br />
Bild 1: Flächenbezogene Übertragungsnetzkosten<br />
europäischer ÜN<br />
Die unterschiedlichen Netzkosten lassen sich zum Teil<br />
durch einfache Betrachtung der ÜN erklären. So<br />
entstehen die hohen flächenbezogenen Netzkosten in<br />
der Schweiz vornehmlich aus einem hohen 220-kV-<br />
Leitungsanteil, weshalb für die benötigten Leistungstransporte<br />
eine relativ hohe Leitungsdichte erforderlich<br />
ist. Diese Netzkosten sind durch historische Planungsentscheidungen<br />
zugunsten der 220-kV-Netzebene<br />
begründet.<br />
Neben den schweizerischen Netzkosten weichen die<br />
Netzkosten in Frankreich und Spanien nennenswert<br />
vom Mittelwert ab. Diese Länder besitzen eine vergleichbare<br />
Versorgungsfläche, allerdings ist sowohl der<br />
jährliche Stromverbrauch als auch die jährliche Stromerzeugung<br />
in Frankreich etwa doppelt so hoch wie in<br />
Spanien. Zusätzlich wird der Kosteneinfluss durch die<br />
Positionierung der Kraftwerke deutlich, die in Spanien<br />
verbrauchsnah angesiedelt sind, in Frankreich hingegen<br />
vornehmlich im Westen und Südwesten und damit in<br />
großer Entfernung von den Lastzentren stehen.<br />
Diese qualitativen Aussagen verdeutlichen, dass zum<br />
einen planerische Entscheidungen, zum anderen<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
exogene Größen die Netzkosten beeinflussen. Für eine<br />
objektive Überprüfung ist es daher notwendig, ein<br />
Verfahren zu entwickeln, das die Möglichkeit besitzt,<br />
die exogenen Größen abzubilden, um so planerische<br />
Entscheidungen bewerten zu können.<br />
2.1 Ansätze zur Quantifizierung möglicher<br />
Strukturparameter<br />
Für die Bewertung der Kosteneffizienz von Energienetzen<br />
haben sich analytische Verfahren bewährt, die für<br />
gegebene Randbedingungen kostenoptimale Netze<br />
ermitteln. Derartige Verfahren werden unter der<br />
Bezeichnung Analytische Kostenmodelle zusammengefasst,<br />
wobei vor allem die Modellnetzanalyse (MNA)<br />
und die Referenznetzanalyse (RNA) im regulatorischen<br />
Umfeld gebräuchlich sind [3].<br />
Aufgrund der im Vergleich zu Verteilungsnetzen<br />
geringen Anzahl von Betriebsmitteln und der deutlichen<br />
Unterschiede zwischen den Netzgebieten kann die<br />
stark abstrahierende MNA für Übertragungsnetze nicht<br />
angewendet werden. Daher wird in dieser Arbeit ein<br />
Referenznetzanalyseverfahren entwickelt, welches den<br />
planerischen Anforderungen der Übertragungsnetzebene<br />
gerecht wird.<br />
Durch Sensitivitätsrechnungen kann ausschließlich mit<br />
Hilfe der RNA auch der Einfluss einzelner Strukturgrößen<br />
auf die Übertragungsnetzkosten bewertet werden<br />
[4].<br />
2.2 Modellierung und Systemabgrenzung<br />
Im Gegensatz zur Referenznetzanalyse für Verteilungsnetze<br />
reicht es bei Übertragungsnetzen nicht aus, die<br />
Versorgungsaufgabe als einzige Eingangsgröße zu<br />
wählen, die die Positionen und eingespeiste bzw.<br />
entnommene Leistung der Netzkunden sowie technische<br />
Anforderungen umfasst [3]. Aufgrund des weiträumigen<br />
Verbundnetzes und der steigenden Leistungstransporte<br />
muss zusätzlich eine Transportaufgabe<br />
definiert werden. Diese Transportaufgabe umfasst<br />
Leistungstransporte, die durch die angrenzenden<br />
Netzbereiche verursacht werden. Daher wird die<br />
Systemabgrenzung, wie in Bild 2 dargestellt, gewählt.<br />
Um die direkten Einflüsse der benachbarten Netze<br />
abzubilden, wird ein Fremdnetz in zwei Bereiche<br />
unterteilt. Die erste Masche, die an das zu optimierende<br />
Netzgebiet angrenzt, wird exakt modelliert, da diese<br />
wesentlich die Aufteilung von Leistungsflüssen auf den<br />
betrachteten Netzbereich bestimmt. Das übrige Fremdnetz<br />
wird durch ein Netzäquivalent abgebildet.<br />
Das verwendete Netzäquivalent besteht aus Ersatzeinspeisungen<br />
(Bild 2: Nr. 2) und –querzweigen (Bild 2: Nr.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 71
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
4), welche zur Nachbildung verschiedener Transportszenarien<br />
verwendet werden können, und aus Ersatzlängszweigen<br />
(Bild 2: Nr. 3), welche die Transporteigenschaften<br />
des reduzierten Netzbereiches modellieren.<br />
Technische Systemgrenze<br />
~ Kompensationselemente<br />
380kV / 220kV<br />
1<br />
110kV<br />
Bild 2: Betrachteter Systembereich<br />
3 Methodisches Vorgehen<br />
Fremdnetz<br />
2<br />
4<br />
3<br />
1 Last<br />
2 Ersatzeinspeisung<br />
3 Ersatzlängszweig<br />
4 Ersatzquerzweig<br />
Die Bewertung möglicher kostenrelevanter Einflussgrößen<br />
erfolgt durch Parametervariation bei realitätsnahen<br />
Übertragungsnetzbereichen. Es werden einzelne<br />
Eingangsgrößen innerhalb des in Abschnitt 2.3 gezeigten<br />
Systemmodells variiert und die entsprechenden<br />
Kosteneinflüsse mit Hilfe der Referenznetzanalyse<br />
bewertet (s. Bild 3).<br />
Parametervariation<br />
Bild 3: Verfahrensablauf<br />
Versorgungs- & Transportaufgabe<br />
Referenznetzanalyse<br />
Wirtschaftliche Bewertung<br />
Kostenrelevante Strukturparameter<br />
Für die Ermittlung von HöS-Referenznetzen sind<br />
verschiedene Optimierungsansätze möglich. Für eine<br />
geeignete Berücksichtigung der technischen Randbedingungen<br />
bei Übertragungsnetzen und zur Minimierung<br />
der Rechenzeit wird in dieser Arbeit ein heuristischer<br />
Optimierungsansatz gewählt, der bereits in<br />
verschiedenen Netzplanungsverfahren am IAEW<br />
erprobt wurde [4]. Aufgrund der in Abschnitt 2.3<br />
beschriebenen Modellanforderungen ist es jedoch<br />
notwendig, die vorhandenen Modelle zu erweitern.<br />
Weiterhin müssen die spezifischen technischen<br />
Anforderungen der Übertragungsnetzebene ausreichend<br />
abgebildet werden, so dass die technischen<br />
Sicherheitsanforderungen von den erzeugten Referenznetzen<br />
eingehalten werden.<br />
Abschließend kann die Parametervariation zur Identifikation<br />
von Kosteneinflüssen sowohl für Eingangsgrößen<br />
der Versorgungsaufgabe, wie z. B. Lastdichte,<br />
Abstände zwischen Einspeisungen und Lasten, als auch<br />
für Eingangsgrößen der Transportaufgabe, d. h. unterschiedliche<br />
Transportszenarien, durchgeführt werden.<br />
Dieses Vorgehen ermöglicht es, die verschiedenen<br />
möglichen Kosteneinflüsse objektiv zu bewerten und<br />
die kostenrelevanten Strukturparameter zu identifizieren.<br />
4 Zusammenfassung<br />
Ziel dieser Arbeit ist die Bewertung von kostenrelevanten<br />
Einflussgrößen für Übertragungsnetze. Eine objektive<br />
Analyse bedarf daher einer Modellierung der<br />
übertragungsnetzspezifischen Aufgaben. Für eine<br />
Referenznetzanalyse ist es daher notwendig, neben<br />
einer Versorgungsaufgabe zusätzlich eine Transportaufgabe<br />
zu definieren.<br />
Durch eine gezielte Variation der Eingangsgrößen ist es<br />
somit möglich, sowohl Kosteneinflüsse der Versorgungsaufgabe<br />
als auch die Abhängigkeit der Netzkosten<br />
von Leistungstransporten zu quantifizieren.<br />
5 Literatur<br />
[1] Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)<br />
§21 Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang<br />
[2] Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV)<br />
§13 Kostenstellen<br />
[3] Entwurf des Berichtes der Bundesnetzagentur<br />
nach §112a EnWG zur Einführung der Anreizregulierung<br />
§ 21a EnWG<br />
http://www.bundesnetzagentur.de<br />
[Stand Januar <strong>2007</strong>]<br />
[4] <strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2006 Druckstufenübergreifende<br />
Planung von Gasverteilungsnetzen<br />
72 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Druckstufenübergreifende Planung von Gasverteilungsnetzen<br />
Long-Term Planning of Natural Gas Distribution Networks<br />
Dipl.-Ing. Michael Hübner<br />
michael.huebner@iaew.rwth-aachen.de<br />
1 Einleitung<br />
Durch die Regulierung der deutschen Gas- und Strommärkte<br />
hat sich der Kostendruck auf die Netzbetreiber<br />
erhöht. Insbesondere sind die Gasnetzbetreiber gezwungen,<br />
die Effizienz ihrer Netze zu erhöhen, um bei<br />
sinkenden Netzentgelten im Quervergleich zu konkurrierenden<br />
Netzbetreibern bestehen zu können. Das größte<br />
Kostensenkungspotenzial weist der Verteilungsbereich<br />
auf, da sich hier einerseits im Gegensatz zum Fernleitungsnetz<br />
größere Freiheitsgrade bei der Netzplanung<br />
bieten und dieser Netzbereich andererseits den größten<br />
Anteil der Gesamtkosten ausmacht [1].<br />
Daher liegt der Fokus dieser Arbeit auf der Entwicklung<br />
eines Grundsatzplanungsverfahrens, das sowohl eine<br />
Strukturoptimierung als auch eine optimale Dimensionierung<br />
der Betriebsmittel von Gasverteilungsnetzen<br />
ermöglicht. Erste Analysen haben zudem gezeigt, dass<br />
zwischen aufeinander aufbauenden Druckebenen eines<br />
Gasnetzes starke Wechselwirkungen bestehen, die<br />
unter Umständen großen Einfluss auf den Netzpla-<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Die Einführung einer Regulierungsbehörde für Strom- und Gasnetze in Deutschland hat zu einem erhöhten Kostendruck<br />
auf die Netzbetreiber geführt. Daher müssen insbesondere Gasnetzbetreiber, deren Fokus bislang insbesondere auf der<br />
Einhaltung der vom Deutschen Verband für Gas und Wasser (DVGW) geforderten technischen Sicherheit gelegen hat,<br />
Kostensenkungspotenziale im Bereich der Netzstruktur aufdecken. Die Reduzierung kurzfristig beeinflussbarer Kosten –<br />
beispielsweise durch Verringerung des Instandhaltungsaufwands oder den Verzicht auf notwendige Investitionen –<br />
bietet nur ein begrenztes Kostensenkungspotenzial, falls das hohe Zuverlässigkeits- und Sicherheitsniveau existierender<br />
Netze auch zukünftig gewährleistet werden soll. Sinnvoller ist der Ansatz, durch Verbesserung des Netzplanungsprozesses<br />
effiziente Netze zu ermitteln, die im Vergleich mit existierenden Netzen bei geringeren Kosten eine zumindest<br />
gleichwertige Versorgungsqualität und -sicherheit bieten. Daher ist der Einsatz eines rechnergestützten Netzplanungswerkzeugs<br />
zur objektiven Ermittlung langfristig kosteneffizienter Netzstrukturen notwendig. Bislang existieren<br />
keine Werkzeuge zur geschlossenen Planung von Gasverteilungsnetzen unterschiedlicher Druckstufen. Vorrangiges Ziel<br />
dieser Arbeit ist daher die Entwicklung eines rechnergestützten Verfahrens zur druckstufenübergreifenden Grundsatzplanung<br />
von Gasverteilungsnetzen.<br />
The cost pressure on distribution companies has increased as a result of the upcoming regulatory framework in the<br />
German power and gas markets. Therefore in particular gas network operators, who focused mainly on the compliance<br />
of the technical safety proposed by the German Technical and Scientific Association for Gas and Water, need to reveal<br />
potentials for a cut down in the field of network planning. The reduction of directly controllable costs in the short-term<br />
– e.g. a decline in maintenance work or an abandonment of investments – provides a limited lowering of costs if the<br />
high reliability and safety standards of existing networks should be maintained. A refinement of the network planning<br />
process seems a sensible approach in order to determine efficient networks which provide for an equivalent level of<br />
reliability and technical safety as the existing network and at the same time lower costs,. Therefore the application of a<br />
computer-based network planning instrument for the objective determination of long-term cost-efficient networks is<br />
necessary. So far, no instrument exists for the integrated planning of gas distribution networks with different pressure<br />
stages. Hence, this work aims on the development of a computer-based technique for the integrated planning of gas<br />
distribution networks with variable pressure stages.<br />
nungsprozess haben können. Desweiteren stellt die<br />
Netzstruktur, z. B. Ring-, Strang-, Strahlen- und Maschennetzstruktur,<br />
einen Freiheitsgrad bei der Planung<br />
von Gasverteilungsnetzen dar. Die Zuordnung von<br />
Netzstruktur zu den gewählten Druckstufen muss in<br />
Abhängigkeit von der Versorgungsaufgabe, den unternehmensinternen<br />
Vorgaben hinsichtlich der minimal<br />
einzuhaltenden Versorgungszuverlässigkeit und den<br />
Mehrkosten bei Erhöhung des Vermaschungsgrades<br />
erfolgen.<br />
1.1 Systemabgrenzung<br />
Der Gastransport von den Explorationsfeldern bis zu<br />
den Endkunden kann grob in zwei Netzebenen – das<br />
Fernleitungs- und das Verteilungsnetz – eingeteilt<br />
werden. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf den Druckebenen<br />
Nieder-, Mittel- und Hochdruck bis zu einem<br />
Druckniveau von ca. 25 bar (siehe Bild 1).<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 73
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Druckregler<br />
Systemgrenze<br />
Fernleitungsnetz<br />
Bild 1: Betrachteter Systembereich<br />
Speicher<br />
Regionale<br />
Verteilung<br />
Städtische<br />
Verteilung<br />
2 Grundsatzplanung von Gasverteilungsnetzen<br />
Grundlage für die Ermittlung kosteneffizienter Netzstrukturen,<br />
so genannter Zielnetze, ist eine vollständige<br />
Beschreibung der Randbedingungen und Freiheitsgrade<br />
der Netzplanung. Die einzelnen Eingangsdaten werden<br />
im Folgenden kurz diskutiert.<br />
2.1 Technische Randbedingungen<br />
Die Versorgungsaufgabe ist charakterisiert durch die<br />
geographische Lage und Abnahmemenge der zu<br />
versorgenden Kunden sowie mögliche Einspeisepunkte<br />
und das an diesen Punkten beziehbare Gasvolumen.<br />
Technische Mindestanforderungen beschreiben die<br />
minimal und maximal zulässigen Drücke, die für jeden<br />
Knoten getrennt definiert werden können, sowie<br />
zulässige Volumenströme und Strömungsgeschwindigkeiten<br />
in Rohrleitungen und innerhalb von Druckreglern<br />
in Abhängigkeit von den verwendeten Betriebsmitteltypen.<br />
Unternehmensspezifische Planungsgrundsätze sind<br />
Restriktionen, die über die technischen Mindestanforderungen<br />
hinausgehen. Über die Vorgabe des maximal<br />
zulässigen Druckverlustes im Netz kann beispielsweise<br />
der Vermaschungsgrad der zu ermittelnden Zielnetze<br />
und damit die Versorgungszuverlässigkeit beeinflusst<br />
werden. Die Versorgungssicherheit wird allein durch<br />
die technischen Mindestanforderungen beschrieben.<br />
Werden unternehmensspezifische Planungsgrundsätze<br />
bei der Zielnetzoptimierung berücksichtigt, muss daher<br />
vorab oder in Variantenrechnungen sorgfältig geprüft<br />
werden, welche zusätzlichen Kosten durch diese<br />
Vorgaben entstehen.<br />
2.2 Freiheitsgrade<br />
Für die Ermittlung der Zielnetze, welche die gegebene<br />
Versorgungsaufgabe unter den zu beachtenden Randbedingungen<br />
mit minimalen Kosten erfüllen, müssen<br />
die nutzbaren Trassen und mögliche Standorte für<br />
Reglerstationen im Versorgungsgebiet bekannt sein.<br />
Die zur Verfügung stehenden Betriebsmitteltypen sind<br />
dabei ebenfalls Eingangsdatum der Netzoptimierung.<br />
Aufgabe der Netzoptimierung ist dann die Auswahl der<br />
zu realisierenden Trassen und Standorte bei gleichzeitig<br />
optimaler Dimensionierung der Betriebsmittel.<br />
In Gasverteilungsnetzen existieren erhebliche Freiheitsgrade<br />
bei der Dimensionierung der Betriebsmittel.<br />
Dies führt zu starken Wechselwirkungen zwischen<br />
einzelnen Netzebenen, da Transportaufgaben überlagerter<br />
Ebenen durch stärkere Dimensionierung der<br />
Rohre in unterlagerte Ebenen verlagert werden können<br />
und umgekehrt. Da die Investitionskosten für den Bau<br />
einer Rohrleitung nicht proportional mit dem Querschnitt<br />
des Rohres steigen, lässt sich vor Beginn der<br />
Optimierung häufig nicht eindeutig festlegen, welche<br />
funktionalen Netzebenen in dem betrachteten Netzgebiet<br />
realisiert werden sollten. Zudem ist die Auswahl<br />
der optimalen Nenndrücke weitestgehend unabhängig<br />
von den verwendeten Rohrleitungsquerschnitten, so<br />
dass auch diese Planungsentscheidungen ein Ergebnis<br />
der Optimierung darstellen.<br />
Dem Netzoptimierungsverfahren wird daher nur die<br />
maximal zulässige Anzahl funktionaler Netzebenen<br />
ohne Angabe von Nenndrücken vorgegeben. Die in den<br />
einzelnen Ebenen verwendeten Nenndrücke ergeben<br />
sich durch die Dimensionierung der Druckregler, die<br />
über ihren Ausspeisedruck den Druck im Netz beeinflussen.<br />
Dadurch ist es grundsätzlich möglich, dass<br />
Regler mit unterschiedlichen Ausspeisedrücken in eine<br />
gemeinsame Netzebene einspeisen, was beispielsweise<br />
zur Versorgung einer lokal erhöhten Lastdichte<br />
sinnvoll sein kann. Ergebnis der Optimierung kann<br />
jedoch insbesondere auch ein vollständiger Verzicht auf<br />
einzelne Netzebenen sein, falls die Realisierung dieser<br />
Netzebenen zu zusätzlichen Kosten führt.<br />
2.3 Verwendeter Optimierungsalgorithmus<br />
In der Literatur lassen sich verschiedene Verfahren zur<br />
Grundsatzplanung von Gasverteilungsnetzen finden, die<br />
zur Lösung eingeschränkter Fragestellungen eingesetzt<br />
werden können [2]. Der Großteil der Arbeiten basiert<br />
auf so genannten heuristischen Verfahren, die iterativ<br />
mehrere ähnlich kostengünstige Lösungen für die<br />
gestellte Planungsaufgabe in kurzer Rechenzeit ermitteln.<br />
Der limitierende Faktor dieser Arbeiten lässt sich<br />
bei der Ausgestaltung der Systemgrenze und des<br />
Optimierungsalgorithmus finden, da die bisherigen<br />
Arbeiten weder in der Lage sind, unterschiedliche an<br />
die Versorgungsaufgabe angepasste Netzstrukturen zu<br />
entwerfen, noch eine integrierte Optimierung der<br />
Druckebenenwahl zu gewährleisten. Um die beiden<br />
letztgenannten Punkte aufzunehmen, wurde in dieser<br />
74 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Arbeit ein mehrstufiger, iterativer Ansatz zur Optimierung<br />
von Gasverteilungsnetzen gewählt (siehe Bild 2)<br />
Vorabanalyse der Versorgungsaufgabe<br />
Geeignete Codierung der Freiheitsgrade<br />
Initialisierung zufälliger Druckstufen- und Netzstrukturwahl<br />
Netzaufbau<br />
Druckstufe<br />
Netzaufbau<br />
x<br />
Strukturoptimierung, Technische Überprüfung<br />
Druckstufenübergreifende Optimierung<br />
Variation der Druckstufen und Netzstrukturen, bis Lösungsgüte erreicht<br />
Kostenoptimales Gasverteilungsnetz<br />
Bild 2: Ablauf des Optimierungsverfahrens<br />
Vor der Optimierungsphase wird die Versorgungsaufgabe<br />
anhand von Netzkenngrößen analysiert, um die<br />
Freiheitsgrade und somit den Lösungsraum geeignet<br />
einschränken zu können.<br />
In der Initialisierungsphase des Verfahrens werden<br />
zunächst mehrere Lösungen stochastisch generiert, die<br />
als Ausgangspunkt der iterativen Optimierung dienen.<br />
Hierzu werden die einzelnen Planungsvariablen –<br />
beispielsweise die Entscheidung über die Realisierung<br />
einer Druckebene oder die Wahl der Netzstruktur – mit<br />
zufälligen Werten belegt. Eine hohe Variabilität der<br />
generierten Lösungen stellt sicher, dass während der<br />
Optimierung ein großer Teil des Lösungsraums analysiert<br />
wird.<br />
Die in dieser Arbeit zugrunde gelegten Algorithmen für<br />
die anschließende Strukturoptimierung jeder einzelnen<br />
Druckebene basieren auf Genetischen Algorithmen, der<br />
Gesteuerten Lokalen Suche und der Large Neighbourhood<br />
Search, die in den vergangenen Jahren<br />
vielfach erfolgreich zur Planung von Versorgungsnetzen<br />
eingesetzt wurden [3,4].<br />
Eine einzelne Iteration der Strukturoptimierung der<br />
ausgewählten Druckebene und Netzstruktur gliedert<br />
sich in mehrere Schritte. Zunächst werden die einzuhaltenden<br />
technischen Randbedingungen für alle Netzentwürfe<br />
überprüft. Netzentwürfe, die eine oder<br />
mehrere dieser Randbedingungen verletzen, werden<br />
mittels sog. Reparaturalgorithmen in den zulässigen<br />
Lösungsraum überführt. So kann ein unzulässig hohes<br />
Druckgefälle im Netz beispielsweise durch zusätzliche<br />
Realisierung von Rohrleitungen reduziert werden. Bei<br />
der Auswahl der optimalen Reparaturmaßnahmen<br />
werden sowohl die technischen Auswirkungen als auch<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
die zusätzlich entstehenden Kosten der einzelnen<br />
Maßnahmen berücksichtigt.<br />
Wird über mehrere Iterationen keine Lösungsverbesserung<br />
mehr erzielt, werden die kostengünstigsten<br />
Druckebenen und zugeordneten Netzstrukturen, die alle<br />
technischen Randbedingungen erfüllen, ausgegeben.<br />
Aufgrund der üblicherweise großen Strukturunterschiede<br />
zwischen den ermittelten Netzen lassen sich anhand<br />
des Ergebnisses die Auswirkungen von lokalen Änderungen<br />
der Netzstruktur auf die Kosten des Netzes<br />
unmittelbar bewerten.<br />
3 Zusammenfassung<br />
Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Verfahrens<br />
zur druckstufenübergreifenden Planung von Gasverteilungsnetzen.<br />
Erste Untersuchungen haben die Anwendbarkeit<br />
von heuristischen Verfahren aus dem Bereich<br />
der Planung von Stromnetzen unterschiedlicher Spannungsebenen<br />
gezeigt. Zusätzlich zur Strukturoptimierung<br />
jeder einzelnen Druckebene ist aufgrund der<br />
starken Wechselwirkungen zwischen den Druckebenen<br />
eine ganzheitliche Betrachtung des gesamten Netzgebietes<br />
notwendig. Dazu werden zum einen druckstufenübergreifende<br />
Strukturoptimierungen und zum<br />
anderen ein auf Genetischen Algorithmen basierendes<br />
Verfahren zur Druckebenen- und Netzstrukturwahl<br />
angewendet.<br />
4 Literatur<br />
[1] Bundesverband der deutschen Gas- und<br />
Wasserwirtschaft e.V.<br />
Gasstatistik der Bundesrepublik Deutschland,<br />
123. Statistik 2001<br />
[2] Duarte, H.; Goldbarg, E.; Goldbarg, M.<br />
A Tabu Search Algorithm for Optimization of Gas<br />
Distribution Networks<br />
EvoCOP 2006, LNCS 3906, pp. 37-48;<br />
Springer-Verlag Berlin Heidelberg<br />
[3] Maurer, Ch.<br />
Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung<br />
für Hochspannungsnetze<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 101,<br />
Klingenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> 2004<br />
[4] Tao, X.<br />
Automatisierte Grundsatzplanung für<br />
Mittelspannungsnetze<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109,<br />
Klingenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 75
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Zuverlässigkeitskenngrößen elektrischer<br />
Verteilungsnetze<br />
Probability Distributions of Reliability Characteristics for Electrical Distribution<br />
Networks<br />
Dipl.-Ing. Simon Krahl<br />
simon.krahl@iaew.rwth-aachen.de<br />
Mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz ist in Deutschland die Einführung einer Qualitätsregulierung vorgesehen.<br />
Sinnvollerweise wird diese durch Bewertung von Qualitätskenngrößen und darauf aufbauend durch eine monetäre<br />
Belohnung oder Bestrafung von Netzbetreibern realisiert. Um das damit verbundene finanzielle Risiko der Netzbetreiber<br />
bewerten zu können, ist die Betrachtung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Zuverlässigkeitskenngrößen erforderlich.<br />
Ziel dieser Arbeit ist daher die Entwicklung von Verfahren zur Bestimmung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
der Zuverlässigkeitskenngrößen von Mittelspannungsnetzen. Zuverlässigkeitsberechnungen basieren auf Eingangsdaten,<br />
die üblicherweise nicht exakt bekannt sind. Um eine angemessene Aussagefähigkeit der errechneten Zuverlässigkeitskenngrößen<br />
zu gewährleisten, müssen die sich daraus ergebenden Unsicherheiten bewertet werden. Insgesamt<br />
ergibt sich mit diesem Forschungsvorhaben die Möglichkeit, verschiedene Mechanismen zur Qualitätsregulierung<br />
einander gegenüber zu stellen und deren Auswirkungen auf die Netzbetreiber zu bewerten.<br />
It is intended that the German regulatory authority establishes a quality regulation for electricity distribution networks.<br />
Therefore, reliability characteristics are evaluated and, based on this, a monetary punishment of network operators is<br />
realised. In order to estimate the financial risk induced by this, the probability distributions of the reliability characteristics<br />
are necessary. Within this research project a method shall be developed with the objective to estimate the probability<br />
distribution of reliability characteristics of medium voltage networks. Reliability calculations are based on data<br />
which is usually not exactly known. The outcome of this are uncertainties in the reliability characteristics. In order to<br />
guarantee an adequate significance of the calculated results this uncertainties should be assessable in the developed<br />
method. In consequence of this research project, it is possible to compare different alternatives of quality regulation<br />
approaches and to estimate their effects on the network operators.<br />
1 Einleitung<br />
Im neuen Energiewirtschaftsgesetz der Bundesrepublik<br />
Deutschland [1] ist mit der Einführung einer Anreizregulierung<br />
für elektrische Energieversorgungssysteme auch<br />
eine Qualitätsregulierung vorgesehen. Sinnvollerweise<br />
wird diese durch Bewertung von Qualitätskenngrößen<br />
und darauf aufbauend durch eine monetäre Belohnung<br />
oder Bestrafung von Netzbetreibern realisiert.<br />
In [2] werden verschiedene Instrumente zur Realisierung<br />
einer Qualitätsregulierung vorgeschlagen. Unter<br />
anderem werden garantierte Standards genannt, bei<br />
denen für bestimmte Qualitätskenngrößen Grenzwerte<br />
vorgegeben werden. Eine Grenzwertüberschreitung hat<br />
Strafzahlungen für den Netzbetreiber zur Folge. In<br />
Bild 1 ist beispielhaft ein garantierter Standard für die<br />
Unterbrechungsdauer T U eines Kunden und die entsprechende<br />
Verteilungsdichte dieser Zuverlässigkeitskenngröße<br />
dargestellt. Die schraffierte Fläche stellt die<br />
Wahrscheinlichkeit einer Grenzwertüberschreitung dar.<br />
Es ist ersichtlich, dass zur Bewertung der Risiken von<br />
Strafzahlungen die Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
der entsprechenden Zuverlässigkeitskenngrößen uner-<br />
lässlich sind. Diese Schlussfolgerung gilt genauso für<br />
andere mögliche Formen der Qualitätsregulierung.<br />
Verteilungsdichte<br />
Garantierter Standard<br />
Wahrscheinlichkeit einer<br />
Grenzwertüberschreitung<br />
Unterbrechungsdauer T U<br />
Bild 1: Beispiel für einen garantierten Standard zur<br />
Unterbrechungsdauer T U<br />
2 Ziel der Arbeit<br />
In der Vergangenheit beschränken sich Betrachtungen<br />
zur Versorgungszuverlässigkeit elektrischer Energieversorgungssysteme<br />
üblicherweise auf die Erwartungswerte<br />
der Zuverlässigkeitskenngrößen. Wie das<br />
Beispiel in Abschnitt 1 zeigt, beschreiben diese das<br />
Systemverhalten allerdings nur unvollständig. Für eine<br />
detaillierte Beantwortung von Fragestellungen, die sich<br />
im Kontext einer Qualitätsregulierung ergeben, sind die<br />
Wahrscheinlichkeitsverteilungen erforderlich. Das Ziel<br />
dieses Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung<br />
76 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
eines Verfahrens, mit dem die Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
von Zuverlässigkeitskenngrößen ermittelt<br />
werden können. Mit einem solchen Verfahren lassen<br />
sich unterschiedliche Ansätze zur Qualitätsregulierung<br />
einander gegenüberstellen und die sich daraus ergebenen<br />
finanziellen Risiken für Netzbetreiber quantifizieren.<br />
3 Analyse<br />
3.1 Zuverlässigkeitskenngrößen<br />
Die Zuverlässigkeitsberechnung prognostiziert ausgehend<br />
von dem Verhalten einzelner Komponenten des<br />
betrachteten Systems und dem Zusammenwirken der<br />
Systemkomponenten das zukünftige Verhalten des<br />
Gesamtsystems, indem Zuverlässigkeitskenngrößen<br />
errechnet werden. Es haben sich die folgenden Zuverlässigkeitskenngrößen<br />
etabliert [3], die in dieser Arbeit<br />
als Zufallsvariablen mit entsprechenden Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
aufgefasst werden.<br />
• Unterbrechungshäufigkeit H U : Diese Kenngröße<br />
gibt die Anzahl der Versorgungsunterbrechungen<br />
bezogen auf den Betrachtungszeitraum an.<br />
• Unterbrechungsdauer T U : Diese Kenngröße gibt<br />
die Dauer einer Versorgungsunterbrechung an.<br />
• Nichtverfügbarkeit Q U : Diese Kenngröße gibt<br />
die Dauer bezogen auf den Betrachtungszeitraum<br />
an, während der ein Kunde nicht versorgt ist.<br />
3.2 Abgrenzung des Betrachtungsbereichs<br />
Bild 2 zeigt eine Auswertung von Versorgungsunterbrechungen<br />
von NS-Kunden aufgeschlüsselt nach verursachender<br />
Spannungsebene [3]. Demnach wird die<br />
Versorgungszuverlässigkeit eines in der NS-Ebene<br />
angeschlossenen Netzkunden zu etwa 80 % durch die<br />
MS-Ebene bestimmt. Aufgrund dieses dominierenden<br />
Einflusses ist eine Fokussierung dieses Forschungsvorhabens<br />
auf die MS-Ebene gerechtfertigt.<br />
3.3 Einflussgrößen<br />
Sollen nicht wie bisher üblich nur die Erwartungswerte<br />
der Zuverlässigkeitskenngrößen ermittelt werden<br />
sondern auch deren Wahrscheinlichkeitsverteilungen,<br />
so wird eine genauere Modellierung der zugrunde<br />
liegenden Einflussgrößen und Prozesse erforderlich.<br />
Die VDN-Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik [3] stellt<br />
für einen Teil der erforderlichen Daten eine gute<br />
Datenbasis dar. So können die Ausfallhäufigkeiten der<br />
Betriebsmittel und die Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
der Reparaturdauern bestimmt werden.<br />
Unterbrechungshäufigkeit H U in 1/a<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.2<br />
0.1<br />
0<br />
H U<br />
aus<br />
HS<br />
aus<br />
MS<br />
aus<br />
NS<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Q U<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Nichtverfügbarkeit Q U in min/a<br />
Bild 2: Mittlere Verfügbarkeit von NS-Kunden<br />
aufgeschlüsselt nach verursachender Spannungsebene<br />
(Erwartungswerte 2005) [3]<br />
Ein wesentlicher Bestandteil jeder Zuverlässigkeitsberechnung<br />
ist die Simulation der Störungsabläufe, mit<br />
dem Ziel, die von Komponentenausfällen betroffenen<br />
Netzkunden und die Dauern der Versorgungsunterbrechungen<br />
zu ermitteln. Somit können Aussagen über die<br />
Wahrscheinlichkeit von Unterbrechungen von individuellen<br />
Netzkunden gemacht werden. Die MS-Ebene ist<br />
üblicherweise nicht vollständig mit Fernmelde- und<br />
Fernwirktechnik ausgestattet und erfordert in den<br />
meisten Fällen eine manuelle Störungsbeseitigung<br />
durch Entstörpersonal. Der Ablauf der Störungsbeseitigung<br />
wird durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt<br />
[4], die teils einen stochastischen Charakter haben und<br />
die zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
der Zuverlässigkeitskenngrößen durch entsprechende<br />
Wahrscheinlichkeitsverteilungen modelliert<br />
werden müssen. Als Beispiel sei hier die Fahrzeit eines<br />
Entstörtrupps von einer Ortsnetzstation zu einer<br />
anderen genannt.<br />
3.4 Unsicherheiten<br />
Alle Ingenieurberechnungen basieren auf Modellen, die<br />
die Realität nicht exakt abbilden können. Darüber<br />
hinaus sind die verwendeten Eingangsdaten mit<br />
Unsicherheiten behaftet. Diese Unsicherheiten lassen<br />
sich folgendermaßen unterscheiden [5]:<br />
• Zufällige Variation von Einflussgrößen (aleatorische<br />
Unsicherheit)<br />
• Ungenaue Kenntnis (epistemische Unsicherheit)<br />
Aleatorische Unsicherheiten sind eine Folge der<br />
stochastischen Natur der entsprechenden Einflussgrößen.<br />
Zweck der Zuverlässigkeitsbewertung ist eben den<br />
Einfluss dieser Unsicherheiten auf das Systemverhalten<br />
zu beschreiben.<br />
Epistemische Unsicherheiten sind die Folge ungenauer<br />
Kenntnis von Einflussgrößen. Viele Einflussgrößen zur<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 77
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Zuverlässigkeitsberechnung lassen sich mit vertretbarem<br />
Aufwand nicht exakt bestimmen, weil z. B. keine<br />
ausreichende Datenbasis zur Verfügung steht oder aber<br />
nur eine Expertenbeurteilung möglich ist. Bei der Zuverlässigkeitsberechnung<br />
muss sichergestellt sein, dass<br />
die epistemischen Unsicherheiten die Ergebnisse nicht<br />
in einem Maß beeinflussen, dass die gesuchten Aussagen<br />
über die aleatorischen Unsicherheiten unmöglich<br />
werden.<br />
4 Verfahren und Modellbildung<br />
Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die Entwicklung<br />
von Verfahren, welche unter Berücksichtigung aller<br />
relevanten Eingangsgrößen die Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
der Zuverlässigkeitskenngrößen von MS-<br />
Netzen ermitteln. Zur Bestimmung der Erwartungswerte<br />
der Zuverlässigkeitskenngrößen existieren bereits<br />
Ansätze, welche im Rahmen dieses Forschungsvorhabens<br />
entsprechend weiterentwickelt werden sollen. So<br />
ist in [4] ein Verfahren beschrieben, welches die<br />
Störungsbeseitigung in MS-Abgängen nachbildet und<br />
dabei die Störungsbeseitigungsstrategie als Optimierungsaufgabe<br />
auffasst. Darauf aufbauend soll ein<br />
Verfahren entwickelt werden, welches auf wahrscheinlichkeitsverteilten<br />
Eingangs- und Zielgrößen basiert.<br />
Die in diesem Ansatz gewählte Modellierung ist sehr<br />
detailliert, was in der Praxis bei Zuverlässigkeitsberechnungen<br />
zu Problemen führt, da entsprechend viele<br />
Eingangsdaten erforderlich sind. Diese stehen in praxisnahen<br />
Anwendungen aber oft nicht zur Verfügung oder<br />
sind zumindest mit großen Unsicherheiten behaftet<br />
(siehe Abschnitt 3.4). Unter Beachtung dieser Unsicherheiten<br />
ist daher zu untersuchen, ob ein derartig detailliertes<br />
Vorgehen für eine Zuverlässigkeitsuntersuchung<br />
überhaupt sinnvoll und notwendig ist.<br />
Ein Verfahren, welches auf einer vereinfachten Modellierung<br />
des Störungsgeschehens beruht und entsprechend<br />
geringere Anforderungen an Eingangsdaten und<br />
Rechenzeit stellt, kann ein sinnvollerer Ansatz zur<br />
Zuverlässigkeitsberechnung von MS-Netzen sein, da<br />
aufgrund von Unsicherheiten in den Eingangsdaten<br />
ähnliche Ergebnisgenauigkeiten erzielt werden können<br />
wie mit einem detaillierten Ansatz. Parallel zu dem<br />
oben genannten soll daher ein Verfahren entwickelt<br />
werden, welches auf einer einfachen Modellierung des<br />
Störungsgeschehens beruht und die Störungsbeseitigung<br />
mittels heuristischer Regeln nachbildet. Die<br />
Ergebnisse dieser heuristischen Betrachtung lassen<br />
sich dann mit denen der oben genannten optimalen<br />
Vorgehensweise verifizieren.<br />
In beiden Ansätzen sollen die Unsicherheiten in den<br />
Eingangsdaten und in den verwendeten Modellen geeignet<br />
nachgebildet und deren Einfluss auf die Zuverlässigkeitskenngrößen<br />
bestimmt werden. Bei einer<br />
Auswertung der Zuverlässigkeitskenngrößen müssen<br />
die darin enthaltenen Unsicherheiten berücksichtigt<br />
werden.<br />
5 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Durch die Einführung einer Qualitätsregulierung ergeben<br />
sich finanzielle Risiken für Netzbetreiber, die von<br />
der bereitgestellten Versorgungszuverlässigkeit abhängen.<br />
Sollen diese Risiken bewertet werden, so ist<br />
die Betrachtung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
der Zuverlässigkeitskenngrößen erforderlich.<br />
Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die Entwicklung<br />
von Verfahren, welche die Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />
von Zuverlässigkeitskenngrößen ermitteln. Die<br />
dazu notwendigen Eingangsdaten sind mit Unsicherheiten<br />
behaftet. Die sich daraus ergebenden Unsicherheiten<br />
in den Ergebnissen sollen mit den zu entwickelnden<br />
Verfahren bewertet werden können.<br />
Solche Verfahren bieten prinzipiell die Möglichkeit, den<br />
Einfluss verschiedener Ansätze zur Qualitätsregulierung<br />
zu bewerten und die sich daraus ergebenden finanziellen<br />
Risiken für die Netzbetreiber zu quantifizieren.<br />
Schlussendlich ergibt sich damit für Netzbetreiber die<br />
Möglichkeit, Investitionen zur Verbesserung der Versorgungszuverlässigkeit<br />
den sich daraus ergebenden<br />
Verringerungen von finanziellen Risiken gegenüberzustellen.<br />
6 Literatur<br />
[1] Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)<br />
§ 21a Regulierungsvorgaben für Anreize für eine<br />
effiziente Leistungserbringung<br />
[2] Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und<br />
Kommunikationsdienste – WIK<br />
Indikatoren zur Messung von Qualität und Zuverlässigkeit<br />
in Strom- und Gasversorgungsnetzen<br />
April 2006<br />
[3] Verband der Netzbetreiber - VDN – e.V. beim<br />
VDEW<br />
VDN-Verfügbarkeitsstatistik – Berichtsjahr 2005<br />
[4] Rolauffs, S.<br />
Aufwand- und Nutzen-Bewertung einer rechnergeführten<br />
Störungsbeseitigung in Mittelspannungsnetzen<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong>-<strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 94, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2003<br />
[5] Knetsch, T.<br />
Unsicherheiten in Ingenieurberechnungen<br />
Dissertation Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,<br />
2004<br />
78 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Bewertung der Struktur elektrischer Übertragungsnetze<br />
Evaluating the Structure of Electrical Transmission Networks<br />
Dipl.-Ing. Christian Krane<br />
christian.krane@iaew.rwth-aachen.de<br />
1 Einleitung<br />
1.1 Motivation<br />
Der Anteil dargebotsabhängiger Erzeugungsanlagen ist<br />
infolge der im Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) [1]<br />
festgelegten Anschlusspflicht für derartige Erzeugungsanlagen<br />
und der garantierten Vergütung für die in<br />
diesen Anlagen erzeugte Leistung in den letzten Jahren<br />
stark gestiegen. Maßgeblichen Anteil an dieser<br />
Entwicklung hat die Windenergie (Bild 1), deren Anteil<br />
aufgrund der geplanten Offshore-Windparks zukünftig<br />
deutlich steigen wird. Daraus resultieren sowohl<br />
mittelfristige Unsicherheiten hinsichtlich der installierten<br />
Leistung in Windenergieanlagen (WEA) als auch<br />
kurzfristige Unsicherheiten durch deren Dargebotsabhängigkeit.<br />
Die Berücksichtigung der genannten Unsicherheiten<br />
würde unter Beibehaltung bislang üblicher Planungsgrundsätze<br />
(d. h. Netzauslegung anhand deterministischer<br />
worst-case-Szenarien [2]) einen deutlichen<br />
Anstieg der Netzkosten aufgrund zusätzlich notwendiger<br />
Ausbaumaßnahmen bewirken.<br />
Daher gewinnt die Frage nach der notwendigen, an die<br />
Anforderungen der Netznutzer angepassten Qualität<br />
der Netze zunehmend an Bedeutung. Sowohl eine zu<br />
hohe Netzqualität (z. B. durch die Festlegung maximaler<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Erhöhte Unsicherheiten bei der Netznutzung der in den letzten Jahren stark zunehmenden dargebotsabhängigen<br />
Erzeugungsanlagen bewirken eine Zunahme möglicher Netznutzungsszenarien mit der Konsequenz, dass bisher übliche<br />
Verfahren zur Planung von Übertragungsnetzen aufgrund der (n-1)-sicheren Auslegung für alle denkbaren Netznutzungszustände<br />
zu wirtschaftlich nicht optimalen Ausbauentscheidungen führen können. Daher stellt sich für die Übertragungsnetzbetreiber<br />
gerade im Hinblick auf die beginnende Regulierung und dem damit verbundenen erhöhten Kostendruck<br />
die Frage, inwiefern die bestehenden Netze derzeit und in Zukunft die an sie gestellten Anforderungen erfüllen<br />
und wie diese Erfüllung anhand von Bewertungskenngrößen beschrieben werden kann. In dieser Forschungsarbeit<br />
sollen objektive Kenngrößen zur Bewertung der Struktur elektrischer Übertragungsnetze ermittelt werden, die den<br />
Vergleich unterschiedlicher Netzausbauvarianten sowie den Quervergleich unterschiedlicher Netze erlauben.<br />
Increased uncertainties in terms of the utilization of the power grid by wind turbines lead to a huge variety of scenerios<br />
regarding the utilization of the power grid. The consequence is that the common planning process for transmission<br />
networks using the (n-1)-criteria for all scenarios of utilization of the power grid may yield unreasonable decisions<br />
regarding the upgrading of the power grid. These decisions in the planning process increase the capital costs of the<br />
power grid. Since expected regulation of the German electricity market is increasing cost pressure on the grid operators,<br />
the grid operators want to know whether the existing grids meet the requirements and how the fulfilment of these<br />
requirements can be described by key figures. In this study objective key figures will be identified to evaluate the<br />
quality of the network structure of transmission networks.<br />
Netznutzungsentgelte) als auch eine zu geringe Netzqualität<br />
(z. B. durch Pönalen) kann Kosten für den<br />
Netzbetreiber bedeuten.<br />
4<br />
Installierte WEA-Leistung<br />
Zubau<br />
GW<br />
kummuliert<br />
2<br />
1<br />
0<br />
1996 1998 2000 2002 2004 2006 0<br />
0<br />
1996 1998 2000 2002 2004 2006 0<br />
Jahr<br />
24<br />
GW<br />
12<br />
Bild 1: Entwicklung der installierten WEA-Leistung<br />
in Deutschland<br />
1.2 Qualität<br />
Grundsätzlich kann die Qualität einer Einheit als der<br />
Erfüllungsgrad der Anforderungen verstanden werden.<br />
Während der Erfüllungsgrad der Anforderungen der an<br />
die Verteilungsnetze angeschlossenen Netznutzer<br />
mittels probabilistischer Zuverlässigkeitsanalysen<br />
bestimmt werden kann, ist dies auf der Übertragungs-<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 79<br />
6
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
ebene aufgrund der vielseitigeren Anforderungen an<br />
die Übertragungsnetze unzureichend [3].<br />
Zur Objektivierung der Qualität von Übertragungsnetzen<br />
wird eine weitgehend separate Bewertung des Komponentenzustandes<br />
und der Netzstruktur durchgeführt.<br />
Die Bewertung des Komponentenzustandes umfasst<br />
dabei alle Faktoren, die Einfluss auf die Erfüllung der<br />
Anforderungen der betrachteten Komponente haben.<br />
Hier gibt es bereits vielfältige Bewertungsmethoden<br />
(z. B. [4]). Die Bewertung der Netzstruktur beantwortet<br />
die Frage, wie gut das System als Ganzes (d. h. das<br />
Zusammenwirken aller Netzkomponenten) die Anforderungen<br />
erfüllt. Für diese Fragestellung existiert bislang<br />
kein systematischer Ansatz.<br />
1.3 Ziel der Arbeit<br />
In dieser Forschungsarbeit sollen objektive Kenngrößen<br />
zur Bewertung der Struktur elektrischer Übertragungsnetze<br />
ermittelt werden, die den Vergleich unterschiedlicher<br />
Netzausbauvarianten sowie den Quervergleich<br />
unterschiedlicher Netze unter Berücksichtigung der<br />
erwähnten Unsicherheiten erlauben.<br />
2 Analyse<br />
2.1 Betrachteter Systembereich<br />
Elektrische Übertragungsnetze dienen dem weiträumigen<br />
Transport von elektrischer Energie. Diese Funktion<br />
übernehmen im UCTE-Verbund stark vermascht und<br />
redundant ausgelegte Höchstspannungsnetze mit<br />
Nennspannungen von 380 kV bzw. 220 kV. Die Transportfunktion<br />
unterlagerter Hochspannungsnetze mit<br />
Nennspannungen von z. B. in Deutschland 110 kV ist<br />
regional stark begrenzt. Sie werden daher in dieser<br />
Arbeit nicht betrachtet (Bild 2).<br />
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Bewertung der<br />
Netzstruktur. Unterdimensionierungen von Netzanschlüssen,<br />
die häufig nicht im Verantwortungsbereich<br />
der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) liegen, sollen<br />
nicht bewertet werden. Daher wird die Umspannebene<br />
zwischen Höchstspannung und Hochspannung nicht<br />
berücksichtigt. Der Betrachtungsbereich endet an der<br />
letzten Übergabestation, die redundant, d. h. über<br />
mindestens zwei Trassen, in das Übertragungsnetz<br />
eingebunden ist.<br />
Nachbarnetz<br />
Verteilungsnetz<br />
Systemgrenze<br />
Übertragungsnetz<br />
(220/380 kV)<br />
Bild 2: Abgrenzung des Systembereichs<br />
2.2 Systemsicherheit<br />
Einspeisung<br />
~<br />
Industrienetz<br />
Die ÜNB unterscheiden nach planungsrelevanten und<br />
nicht planungsrelevanten Ausfällen [2]. Planungsrelevante<br />
Ausfälle sind der Einfachausfall einer Leitung,<br />
eines Transformators oder eines Kraftwerksblocks.<br />
Nicht planungsrelevante Ausfälle sind der Common-<br />
Mode-Ausfall (Ausfall mehrer Stromkreise eines<br />
Freileitungsgestänges aufgrund einer gemeinsamen<br />
Ursache), der Sammelschienenausfall und der stochastische<br />
Mehrfachausfall.<br />
Die Systemsicherheit ist gewährleistet, solange<br />
Grenzwertverletzungen (GWV) infolge planungsrelevanter<br />
Ausfälle vermieden werden. Vorübergehende GWV<br />
infolge nicht planungsrelevanter Ausfälle werden<br />
akzeptiert, da bei derart schwerwiegenden Ausfällen<br />
die großräumige Netzübertragungsfunktion oft nur<br />
durch Nutzung der Redundanzen benachbarter Übertragungsnetze<br />
aufrechterhalten werden kann.<br />
Relevante GWV aus Sicht der ÜNB sind die Verletzung<br />
der Spannungsgrenzen, der statischen oder transienten<br />
Stabilität, der Kurzschlussnebenbedingungen und die<br />
Verletzung der Strombelastungsgrenzen der Betriebsmittel,<br />
da es infolge dieser GWV zu Folgeauslösungen<br />
und zum Teil großflächigen Versorgungsunterbrechungen<br />
bis hin zum Zusammenbruch des Netzes kommen<br />
kann.<br />
2.3 Mögliche Bewertungskenngrößen<br />
Der Betriebszustand eines Übertragungsnetzes kann<br />
anhand eines Betriebsdiagramms dargestellt werden.<br />
Wesentliches Kriterium zur Unterscheidung der Betriebszustände<br />
ist dabei die Beurteilung der Systemsicherheit<br />
[5].<br />
Die Gewährleistung der Systemsicherheit ist die<br />
wichtigste Aufgabe der ÜNB zur Erfüllung der Anforderungen<br />
der an die Übertragungsnetze angeschlossenen<br />
Netznutzer und das zentrale Kriterium zur Bewertung<br />
der Netzstruktur. In Analogie zum Betriebsdiagramm<br />
elektrischer Übertragungsnetze wird daher auch für die<br />
80 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Bewertung der Netzstruktur elektrischer Übertragungsnetze<br />
ein Zustandsmodell verwendet, das die Systemzustände<br />
anhand des Kriteriums Systemsicherheit<br />
unterscheidet (Bild 3).<br />
Normal<br />
Systemsicherheit gewährleistet<br />
Änderung des<br />
Gegenmaßnahmen<br />
Systemzustands des ÜNB ausreichend<br />
Gefährdet<br />
Verlust der Systemsicherheit erwartet<br />
Gegenmaßnahmen<br />
des ÜNB unzureichend<br />
Kritisch<br />
Systemsicherheit nicht gewährleistet, aber keine GWV<br />
Kritischer<br />
Ausfall<br />
Ausfall<br />
Systemsicherheit nicht gewährleistet, GWV vorhanden<br />
Bild 3: Relevante Betriebszustände und Zustandsübergänge<br />
Ausgangszustand des Systems ist der Normalzustand.<br />
Ändert sich der Systemzustand, kann das System in den<br />
gefährdeten Zustand übergehen. Der Zustandsübergang<br />
erfolgt, sobald der ÜNB die Erkenntnis gewinnt, dass<br />
ohne Gegenmaßnahmen der Verlust der Systemsicherheit<br />
droht. Da nicht zu erwarten ist, dass der ÜNB von<br />
sich aus einen derartigen Zustandsübergang initiiert,<br />
kann dieser Zustandsübergang nur durch Veränderung<br />
der vom ÜNB nicht steuerbare Einflussgrößen auf den<br />
Systemzustand erfolgen. Dazu zählen die Betriebsmittelbelastbarkeit<br />
beispielsweise durch Veränderung der<br />
Umgebungstemperatur und das Netznutzerverhalten.<br />
Beides kann im Bereich von wenigen Stunden hinreichend<br />
genau prognostiziert werden, sodass dem ÜNB<br />
ausreichend Zeit zur Verfügung steht, durch geeignete<br />
Gegenmaßnahmen den Übergang in den kritischen<br />
Zustand zu vermeiden. Gelingt dies nicht, kann das<br />
System durch einen kritischen Ausfall in den Zustand<br />
„Ausfall“ übergehen. Alle Ausfälle, die zu GWV führen,<br />
werden als kritische Ausfälle bezeichnet.<br />
Als mögliche Bewertungskenngrößen bieten sich die<br />
Häufigkeit von Zustandsübergängen und die Wahrscheinlichkeiten<br />
von Betriebszuständen an. Dabei kann<br />
zwischen Netz- und Netznutzersicht unterschieden<br />
werden. Bei der Ermittlung der Kenngrößen aus<br />
Netzsicht werden alle GWV im betrachteten Netzbereich<br />
berücksichtigt. Für die Kenngrößen aus Netznutzersicht<br />
werden nur die GWV berücksichtigt, die eine<br />
direkte Auswirkung auf die Übergabestation des<br />
betrachteten Netznutzers haben.<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
3 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Erhöhte Unsicherheiten in der Netzplanung führen bei<br />
Anwendung derzeitig praxisüblicher Planungsverfahren<br />
zu nicht optimalen Ausbauentscheidungen. Mittelfristig<br />
hat dies bei Beibehaltung derzeitiger Planungspraxis<br />
steigende Netzkosten zur Folge. Neue Bewertungsmethoden<br />
zur Ergänzung bislang üblicher Planungsverfahren<br />
sind daher notwendig.<br />
In dieser Arbeit wird ein Verfahren zur Berechung<br />
objektiver Kennzahlen zur Bewertung der Struktur<br />
elektrischer Übertragungsnetze entwickelt. Die ermittelten<br />
Kennzahlen sollen quantitative Vergleiche<br />
unterschiedlicher Netze sowie verschiedener Ausbauvarianten<br />
unter Berücksichtigung der beschriebenen<br />
Unsicherheiten erlauben.<br />
Nach Abschluss der Verfahrensentwicklung soll anhand<br />
realer Übertragungsnetze die Funktionalität des<br />
Verfahrens gezeigt und die ermittelten Ergebniskenngrößen<br />
hinsichtlich ihrer Eignung zur Beurteilung der<br />
Qualität der Netzstruktur von Übertragungsnetze<br />
geprüft werden.<br />
4 Literatur<br />
[1] Der Deutsche Bundestag<br />
Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien<br />
Bundesgesetzblatt, Jg. 2004, Teil I, Nr. 40<br />
[2] Verband der Netzbetreiber VDN e.V. beim VDEW<br />
TransmissionCode 2003 – Netz- und Systemregeln<br />
der deutschen Übertragungsnetzbetreiber<br />
VDN, Berlin, August 2003<br />
[3] Katzfey, J.<br />
Probabilistische Bewertung der Netzbetriebsplanung<br />
im liberalisierten Strommarkt<br />
ABEV Band 79, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2002<br />
[4] Drescher, D.; Balzer, G.; Neumann, C.; Meister, R.<br />
Beurteilung des Alterungsverhaltens von Hochspannungsleistungsschaltern<br />
Elektrizitätswirtschaft, Bd. 104 (2005), Heft 3;<br />
S. 58-63<br />
[5] Denzel, D.<br />
Operation of Interconnected Power Systems<br />
Skriptum zur gleichnamigen Vorlesung<br />
IAEW, <strong>RWTH</strong>, <strong>Aachen</strong>, 2006<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 81
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Simulation des europäischen Marktes für elektrische Energie<br />
Simulation of the European Market for Electrical Energy<br />
Dipl.-Ing. Tobias Mirbach<br />
tobias.mirbach@iaew.rwth-aachen.de<br />
Die Etablierung eines effizienten grenzüberschreitenden Marktes für elektrische Energie ist eines der Hauptziele der<br />
EU-weiten Liberalisierung der Elektrizitätsmärkte. Hierzu wurden grundsätzliche Rahmenbedingungen für das Engpassmanagement<br />
festgelegt sowie neue Engpassmanagementmethoden eingeführt. Zudem haben in den kommenden<br />
Jahrzehnten der enorme altersbedingte Erneuerungsbedarf der Kraftwerke in Europa und energiepolitische Maßnahmen,<br />
wie der in Deutschland geplante Ausstieg aus der Kernenergienutzung sowie die Einführung von CO 2 -Zertifikaten,<br />
Rückwirkungen auf den zukünftigen Kraftwerkspark und somit auf die Kostenstruktur der elektrischen Energieerzeugung.<br />
Zudem ist ein starker Konzentrationsprozess zu beobachten, was eventuelle Handelsstrategien von Unternehmen<br />
und deren Einfluss auf die Preisbildung am Strommarkt begünstigt. Im Rahmen dieser Arbeit soll ein Fundamentalmodell<br />
des europäischen Strommarktes unter Berücksichtigung der technischen Restriktionen bei der Energieerzeugung<br />
und -übertragung sowie der Einflussnahme von Handelsstrategien auf die Preisbildung entwickelt werden. Dabei sollen<br />
die Auswirkungen der strukturellen Veränderungen im europäischen Energiesektor speziell auf die zukünftige Strompreisentwicklung<br />
untersucht und bewertet werden.<br />
The establishment of an efficient cross-border market for electrical energy is one of the main objectives of the pan-<br />
European liberalisation of the power market. Therefore basic conditions for the congestion management have been<br />
determined and new methods for cross-border trading have been introduced. Additionally, the substitution of the<br />
installed capacity of power plants due to obsolescence in the following decades as well as political decisions that has<br />
an impact on the power market, e. g. the phase out of the nuclear power in Germany and the implementation of emission<br />
certificates, will influence the generation costs. Furthermore, there is an increasing concentration in the European<br />
Power Market which encourages trading strategies of companies that affect the market price. Within the scope of this<br />
work, a method to simulate the European Market for electrical energy will be developed by means of adequate models<br />
to take into account the technical constraints of power generation and transmission as well as the impact of trading<br />
strategies on the pricing. Thereby, the influence of the structural changes in the power market on the development of<br />
the market price will be investigated.<br />
1 Hintergrund<br />
In Folge der europaweiten Liberalisierung des Energiesektors<br />
stehen Stromerzeugungsunternehmen (SEU) in<br />
nationalem sowie internationalem Wettbewerb. Darüber<br />
hinaus sehen sie sich veränderten Rahmenbedingungen<br />
gegenüber, die maßgeblich die zukünftige<br />
Strompreisentwicklung und somit die Wirtschaftlichkeit<br />
des eigenen Kraftwerksparks beeinflussen. So wurden,<br />
um einen volkswirtschaftlich effizienten europäischen<br />
Strommarkt zu etablieren, grundsätzliche Rahmenbedingungen<br />
für die Durchführung des Engpassmanagements<br />
festgelegt [1]. Außerdem wurden 2004<br />
die Exportkosten für den grenzüberschreitenden Handel<br />
abgeschafft [2]. Diese Maßnahmen führten in den<br />
vergangenen Jahren zu einem zunehmenden, grenzüberschreitenden<br />
Handel von elektrischer Energie.<br />
Auch in Zukunft ist durch die Einführung neuer Engpassmanagementmethoden<br />
ein intensivierter intereuropäischer<br />
Stromhandel zu erwarten. Speziell implizite<br />
Auktionen, d. h. eine Kombination der Reservierung von<br />
Übertragungskapazitäten sowie der Abwicklung von<br />
Stromhandelsgeschäften, ermöglichen eine optimierte<br />
Nutzung der Übertragungskapazitäten. Eine Folge des<br />
zunehmenden, grenzüberschreitenden Handels auf die<br />
Strompreisentwicklung ist der zu beobachtende Anstieg<br />
der Korrelation der Marktpreise zwischen den zentraleuropäischen<br />
Strombörsen in den vergangenen Jahren<br />
(Bild 1). Dies führt dazu, dass eine isolierte Sichtweise<br />
nationaler Strommärkte nicht ausreicht und der europäische<br />
Strommarkt gesamthaft betrachtet werden muss.<br />
Korrelationskoeffizient<br />
1<br />
0.9<br />
0.8<br />
0.7<br />
0.6<br />
EEX (D) /<br />
APX (NL)<br />
EEX (D) /<br />
EXAA (A)<br />
EEX (D) /<br />
Powernext (F)<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
Bild 1: Korrelation der logarithmierten Strompreise<br />
zwischen zentraleuropäischen Börsen [3]<br />
Darüber hinaus weist der europäische Erzeugungspark<br />
altersbedingt einen großen Erneuerungsbedarf in den<br />
82 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
kommenden Jahren auf. Zudem haben weitere energiepolitische<br />
Maßnahmen, wie bspw. die Einführung<br />
des CO 2 -Zertifikatehandels, die politisch angestrebten<br />
Förderziele der regenerativen Elektrizitätserzeugung,<br />
der geplante Ausstieg aus der Kernenergienutzung in<br />
Deutschland u. a., Rückwirkungen auf das gesamteuropäische<br />
System der elektrischen Energieversorgung, so<br />
dass Veränderungen in der europäischen Erzeugungsstruktur<br />
und somit der Kostenstruktur zur Erzeugung<br />
elektrischer Energie zu erwarten sind.<br />
Zudem ist speziell in Deutschland im Zuge der Liberalisierung<br />
ein starker Konzentrationsprozess auf dem<br />
Energiesektor resultierend aus Unternehmenszukäufen<br />
und Fusionen zu verzeichnen. Dies begünstigt eventuelle<br />
Handelsstrategien der SEU und deren Einfluss auf<br />
die Preisbildung am Strommarkt. Überdies sind internationale<br />
Kapitalverflechtungen von SEU zu beobachten.<br />
Die beschriebenen strukturellen Veränderungen in der<br />
europäischen Energiewirtschaft und deren Einfluss auf<br />
die zukünftige Preisbildung am Strommarkt motivieren<br />
die Untersuchung der zukünftigen Strompreisentwicklung.<br />
Mögliche Modelle sind hierbei Fundamentalmodelle,<br />
die den Markt für elektrische Energie simulieren.<br />
Neben der grenzkostenbasierten fundamentalen Strompreiskomponente<br />
kann zusätzlich eine nichtfundamentale<br />
Preiskomponente resultierend aus den Handelsstrategien<br />
der SEU abgebildet werden. Vorteil<br />
dieser Modelle ist die Abbildung der strukturellen<br />
Veränderungen, wie dem intensivierten grenzüberschreitenden<br />
Handel, die zu erwartende veränderte<br />
Erzeugungskostenstruktur des europäischen Kraftwerksparks<br />
sowie die Auswirkungen der veränderten<br />
Anbieterstruktur. Ziel dieser Arbeit ist somit die<br />
Untersuchung der zukünftigen Strompreisentwicklung<br />
unter Anwendung eines Fundamentalmodells zur<br />
Simulation des europäischen Strommarktes, das die<br />
technischen Restriktionen der Energieerzeugung und -<br />
übertragung sowie die Einflussnahme von Handelsstrategien<br />
auf die Preisbildung berücksichtigt.<br />
2 Analyse und Modellbildung<br />
2.1 Abgrenzung des Betrachtungsbereiches<br />
Fokus der Untersuchungen ist ein mittelfristiger Zeithorizont<br />
von einem bis hin zu wenigen Jahren in die<br />
Zukunft. Die betrachteten Länder umfassen Deutschland<br />
sowie seine Anrainerstaaten und zusätzlich Italien,<br />
das maßgeblich die Engpasssituation in Zentraleuropa<br />
beeinflusst (Bild 2). Der Stromsektor jedes Landes<br />
gliedert sich in eine Angebots- sowie eine Nachfrageseite.<br />
Die Angebotsseite repräsentieren die jeweiligen<br />
SEU eines Landes, die ihr Angebot an elektrischer<br />
Energie schwerpunktmäßig aus thermischen sowie<br />
hydraulischen Kraftwerken generieren. Demgegenüber<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
steht eine Nachfrage an Fahrplanenergie- und Reservebedarf.<br />
Darüber hinaus sind Einflussfaktoren auf die<br />
Angebots- und Nachfrageseite, wie die Einspeisung<br />
aus Windenergieanlagen (WEA) u. a., zu berücksichtigen.<br />
Ein grenzüberschreitender Handel ist zwischen<br />
allen Ländern entsprechend der jeweiligen Übertragungskapazität<br />
möglich, die wahlweise über Net<br />
Transfer Capacities (NTC) oder den linearen Lastfluss<br />
abgebildet werden kann.<br />
SEU<br />
Angebot<br />
therm. hydr.<br />
KW KW<br />
∼∼ ∼<br />
∼∼ ∼<br />
SEU<br />
� WEA-Einspeisung<br />
� Primärenergiepreise<br />
� Engpasssituation<br />
� ...<br />
Bild 2: Betrachtungsbereich<br />
Nachfrage<br />
Fahrplan<br />
Reserve<br />
2.2 Einflussfaktoren auf den Strompreis<br />
Die Einflussfaktoren auf den Strompreis lassen sich<br />
prinzipiell in eine fundamentale und nichtfundamentale<br />
Komponente differenzieren. Einflussfaktoren werden<br />
als fundamental bezeichnet, wenn sie das Angebot<br />
bzw. die Nachfrage nach elektrischer Energie direkt<br />
beeinflussen. Im Gegensatz dazu sind nichtfundamentale<br />
Komponenten marktbedingt, d. h. je nach<br />
Anbieterstruktur kann das Bieterverhalten der Marktteilnehmer,<br />
bspw. um Investitionskosten für Kraftwerke<br />
zu kompensieren, den Marktpreis beeinflussen. Bild 3<br />
zeigt die wesentlichen Einflussfaktoren auf den Strompreis,<br />
differenziert nach fundamentaler und nichtfundamentaler<br />
Komponente. Hinsichtlich des zu entwickelnden<br />
Fundamentalmodells zzgl. der Abbildung von<br />
Handelsstrategien sind diese Einflussfaktoren für die<br />
Länder des betrachteten Systems zu analysieren.<br />
KW-Verfügbarkeit<br />
Bieterverhalten<br />
Strompreis<br />
Saison/<br />
Wetter<br />
Im-/Export<br />
(Engpasssituation)<br />
CO 2 -Preise<br />
ErzeugungsstrukturPrimärenergiepreise<br />
fundamental<br />
nichtfundamental<br />
Bild 3: Einflussfaktoren auf den Strompreis<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 83
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Mittels einer Benchmark-Analyse, bei der ex-post historische<br />
Erzeugungskosten eines Kraftwerksparks, die<br />
fundamentale Preiskomponente, über eine Kraftwerkseinsatzoptimierung<br />
generiert und mit den historischen<br />
Marktpreisen verglichen werden, können die beiden<br />
Preiskomponenten analysiert werden. Erste Untersuchungsergebnisse<br />
einer Benchmark-Analyse für den<br />
deutschen Erzeugungspark haben gezeigt, dass für die<br />
Abschätzung des Strompreises die nichtfundamentale<br />
Komponente speziell zu Peak-Zeiten einen gewissen<br />
Anteil am Strommarktpreis ausmacht und daher<br />
abgebildet werden muss.<br />
3 Methodisches Vorgehen<br />
Der methodische Ansatz gliedert sich in drei Stufen, die<br />
iterativ durchlaufen werden (Bild 4):<br />
Stromerzeugungsplanung (SE-Planung), Strategieplanung<br />
und grenzüberschreitendes Matching.<br />
SE-Planung<br />
SE-Planung<br />
SE-Planung<br />
SE-Planung<br />
SEU und<br />
Länder<br />
Strategieplanung<br />
Angebotskurven<br />
(stdl.)<br />
Matching<br />
national grenzüberschreitend<br />
Land i Land j ... Land n<br />
Preis<br />
Preis Menge<br />
SE-Kostenkurven<br />
(stdl.)<br />
SEU und<br />
Länder<br />
Bild 4: Methodischer Ansatz<br />
Marktpreise (stdl.)<br />
Energiemengen (stdl.)<br />
In der SE-Planung wird der Einsatz des Erzeugungsparks<br />
jedes SEU optimiert, so dass für diese Planungsstufe<br />
Informationen, wie technische Daten zum Kraftwerkspark,<br />
Primärenergiepreise, Zuflüsse der hydraulischen<br />
Kraftwerke u. a., erforderlich sind. Das Ergebnis der SE-<br />
Planung ist eine stündliche SE-Kostenkurve je SEU. In<br />
der nachfolgenden Strategieplanung wird ausgehend<br />
von der SE-Kostenkurve der angebotene Preis bzw. die<br />
angebotene Menge des jeweiligen SEU strategisch<br />
variiert. Das nachfolgende grenzüberschreitende<br />
Matching aggregiert diese optimierten Angebotskurven<br />
über alle SEU eines Landes zu einer Angebotskurve je<br />
Land und bestimmt zusammen mit der Nachfragekurve<br />
des entsprechenden Landes einen Marktpreis. Hierbei<br />
wird unter der Einhaltung der entsprechenden Übertragungskapazitäten<br />
der grenzüberschreitende Energieaustausch<br />
unter Maximierung von Konsumenten- und<br />
Produzentenrente volkswirtschaftlich optimiert. Der<br />
stündliche Marktpreis für jedes Land sowie eine<br />
stündliche Erzeugungsmenge je SEU sind wiederum<br />
Eingangsdaten für eine erneute SE-Planung. Dieser<br />
Vorgang des Durchlaufens der drei Planungsstufen<br />
kann anschließend iterativ wiederholt werden. Neben<br />
den Marktpreisen und Erzeugungsmengen sind die<br />
einzelnen Deckungsbeiträge je SEU sowie der grenzüberschreitende<br />
Energietransfer weitere Ergebnisse der<br />
Optimierung.<br />
4 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Die veränderten Rahmenbedingungen in der europäischen<br />
Energiewirtschaft, wie neue Engpassmanagementmethoden,<br />
CO 2 -Zertifikatehandel, Kernenergieausstieg<br />
u. a., führen zu einem intensivierten grenzüberschreitenden<br />
Handel sowie zu einer Veränderung<br />
der Erzeugungskostenstruktur des europäischen<br />
Kraftwerksparks. Zusätzlich begünstigt die veränderte<br />
Anbieterstruktur die potenzielle Einflussnahme großer<br />
SEU auf die Preisbildung am Strommarkt. Insbesondere<br />
für SEU hinsichtlich der wirtschaftlichen Bewertung<br />
bestehender Anlagen bzw. Investitionsentscheidungen<br />
in eventuelle Aus- und Neubauprojekte sowie auch<br />
bspw. für mittel- bis langfristige Handelsgeschäfte ist<br />
die Untersuchung der zukünftigen Strompreisentwicklung,<br />
die veränderten Rahmenbedingungen ausgesetzt<br />
ist, von Interesse. Fundamentalmodelle ermöglichen die<br />
Abbildung zukünftiger Preisbildungsprozesse unter<br />
Berücksichtigung dieser strukturellen Veränderungen<br />
auf dem Stromsektor. Zum Aufbau eines möglichst<br />
realitätsnahen Modellsystems für den europäischen<br />
Strommarkt wurden die relevanten Einflussfaktoren auf<br />
die zukünftige Strompreisentwicklung, differenziert<br />
nach fundamentaler und nichtfundamentaler Komponente,<br />
identifiziert und analysiert. Im Folgenden wird<br />
das Verfahren zur Simulation des europäischen Strommarktes<br />
unter Verwendung geeigneter Modelle entwickelt.<br />
In den Untersuchungen soll die Auswirkung der<br />
veränderten Rahmenbedingungen, wie dem intensivierten<br />
grenzüberschreitenden Handel, die zu erwartende<br />
veränderte Erzeugungskostenstruktur des europäischen<br />
Kraftwerksparks sowie die Auswirkungen der veränderten<br />
Anbieterstruktur, speziell auf die zukünftige Strompreisentwicklung<br />
untersucht und bewertet werden.<br />
5 Literatur<br />
[1] Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates über die Netzzugangsbedingungen<br />
für den grenzüberschreitenden<br />
Stromhandel, 26. Juni 2003<br />
[2] Europäische Kommission<br />
10th Electricity Regulatory Forum of Florence<br />
http://ec.europa.eu (Stand 01.02.<strong>2007</strong>)<br />
[3] Internetseite E-Control<br />
Marktbericht 2006<br />
http://www.e-control.at (Stand 01.02.<strong>2007</strong>)<br />
84 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Systemtechnische Auswirkungen einer großflächigen Verkabelung von<br />
110-kV-Überlandnetzen<br />
System-Oriented Effects of Cabling Rural 110 kV Networks<br />
Dipl.-Ing. Simon Ohrem<br />
simon.ohrem@iaew.rwth-aachen.de<br />
1 Motivation<br />
Kabel mit einer Isolierung aus vernetztem Polyäthylen<br />
(VPE-Kabel) haben sich in den letzten Jahrzehnten als<br />
zuverlässige und wartungsarme Betriebsmittel bewährt.<br />
In städtischen 110-kV-Netzen werden aus<br />
Mangel an Freileitungstrassen fast ausschließlich<br />
Kabel zur Versorgung genutzt, da der Platzbedarf einer<br />
Kabeltrasse geringer ist. In ländlichen 110-kV-Netzen<br />
hingegen werden bisher überwiegend Freileitungen<br />
verwendet.<br />
Die Freileitungstechnik ist zwar einfach, robust, günstig<br />
und bewährt, verändert das Landschaftsbild jedoch<br />
nachhaltig. Kabel sind durch die unauffällige unterirdische<br />
Verlegung nicht so präsent, gesellschaftlich eher<br />
akzeptiert und aus Sicht der Bevölkerung die bevorzugte<br />
Übertragungstechnik. Vermiedene Verzögerungen<br />
beim Netzausbau, die durch langwierige Genehmigungsverfahren<br />
neuer Freileitungstrassen entstehen<br />
und die Resistenz von Kabeln gegen atmosphärische<br />
Störungen sind weitere Vorteile, die eventuelle Mehrkosten<br />
einer Kabellösung rechtfertigen können. Im Zuge<br />
des anstehenden Erneuerungsbedarfs in der 110-kV-<br />
Ebene stellen VPE-Kabel möglicherweise auch in<br />
ländlichen Netzen eine Alternative zur Freileitung dar.<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Bisher werden 110-kV-Netze in ländlichen Gebieten mit geringer Lastdichte nahezu ausschließlich in Freileitungstechnik<br />
geplant und errichtet. Langwierige Genehmigungsverfahren für neue Freileitungstrassen verzögern zunehmend den<br />
Netzausbau und -umbau. Moderne VPE-isolierte Kabel bieten neben Vorteilen bei der Erschließung neuer Trassen eine<br />
zuverlässige wartungsarme unterirdische Übertragungstechnik, die gegenüber Freileitungen gesellschaftlich eher<br />
akzeptiert ist. Im Zuge des anstehenden Erneuerungsbedarfs in der 110-kV-Ebene stellen VPE-Kabel möglicherweise<br />
auch in ländlichen Netzen eine Alternative zur Freileitung dar. In dieser Arbeit werden auf Grundlage von synthetischen<br />
und realen Versorgungsaufgaben Freileitungs- und Kabelnetze vergleichend geplant und die systemtechnischen Auswirkungen<br />
einer Verkabelung untersucht. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein großflächiger Einsatz von VPE-<br />
Kabeln in ländlichen 110-kV-Netzen technisch und wirtschaftlich sinnvoll sein kann, wird in einem anschließenden<br />
technisch-wirtschaftlichen Vergleich von Kabel- und Freileitungsnetzen ermittelt.<br />
So far 110 kV networks are planned and established exclusively in overhead line technology in areas with small load<br />
density. Long approval procedures for new overhead lines delay the development of the networks. Apart from advantages<br />
finding new routes, nowadays modern XLPE-insulated cables offer a reliable maintenance-poor underground<br />
transmission technique which is socially rather accepted opposite to overhead lines. In order to renew the 110 kV<br />
networks, XLPE-insulated cables possibly represent an alternative to overhead lines in rural networks. In this study<br />
overhead line and cable grids are planned on basis of synthetic and real tasks of supply and the system-oriented effects<br />
of the cabling are stated. This study will determine whether and under which conditions the use of XLPE-insulated<br />
cables in rural 110 kV networks is technical and economical reasonable.<br />
2 Kunststoffisolierte Hochspannungskabel<br />
in der Energieversorgung<br />
Getrieben durch den Fortschritt im Bereich der Kunststoffisolierungen<br />
wurden Mitte der 60er Jahre die<br />
ersten Polyäthylen (PE) isolierten Hochspannungskabel<br />
hergestellt. Ein Jahrzehnt später werden Kabel mit<br />
einer Isolierung aus vernetztem Polyäthylen entwickelt.<br />
Weil VPE-Kabel einen festen Isolierstoff nutzen,<br />
wartungsfrei sind, günstige und schlanke Garnituren<br />
aus Silikon verwendet werden können, geringere<br />
Verluste aufweisen, größere Übertragungsleistungen<br />
zulassen und eine höhere Dauertemperaturbeständigkeit<br />
gewährleisten, haben sie in der Hochspannungsebene<br />
bei den Neuinstallationen die papierisolierten<br />
Kabel fast vollständig verdrängt.<br />
Trotz der deutlichen Verbesserungen der Kabeltechnik<br />
ist der Kabelanteil in der 110-kV-Ebene in den letzten<br />
Jahren nahezu unverändert auf niedrigem Niveau<br />
verblieben. Bild 1 zeigt den prozentualen Kabelanteil an<br />
der gesamten Stromkreislänge in der 110-kV-Ebene in<br />
Deutschland. Ersichtlich ist ein Kabelanteil von sechs<br />
Prozent, der bisher nur zu einem geringen Teil aus VPE-<br />
Kabeln besteht.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 85
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Stromkreislänge<br />
Freileitung<br />
6%<br />
ges. Stromkreislänge: 74.700 km<br />
Stromkreislänge Kabel<br />
13% VPE<br />
18% PE<br />
20%<br />
22%<br />
26%<br />
Sonstige<br />
Öl isoliert<br />
Gas isoliert<br />
Bild 1: 110-kV-Stromkreislänge in Deutschland [1]<br />
Die durchgeführte Analyse der Stromkreislängen der 71<br />
deutschen Hochspannungsnetzbetreiber zeigt, dass die<br />
großen Netzbetreiber, die weitläufige Gebiete versorgen,<br />
kaum Kabel einsetzen (vgl. Bild 2). Der größere<br />
Teil der Kabel ist bei den kleineren Netzbetreibern mit<br />
weniger als 500 km Stromkreislänge im Einsatz, deren<br />
Netzbereiche überwiegend Ballungszentren und<br />
städtische Gebiete abdecken. In ländlichen Gebieten, in<br />
denen längere Strecken zu überbrücken sind, kommen<br />
bisher kaum Kabel zum Einsatz.<br />
22<br />
10<br />
10³<br />
km<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Stromkreislänge Freileitungen<br />
Stromkreislänge Kabel<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10111213141516171819-71<br />
Hochspannungsnetzbetreiber<br />
Bild 2: Stromkreislängen der 71 deutschen Hochspannungsnetzbetreiber<br />
[eigene Erhebung<br />
auf Grundlage veröffentlichter Daten nach<br />
§27 StromNEV]<br />
3 Ziel der Arbeit<br />
Durch die vorangegangenen Überlegungen stellt sich<br />
die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein<br />
großflächiger Einsatz von VPE-Kabeln in ländlichen 110kV-Netzen<br />
technisch und wirtschaftlich eine sinnvolle<br />
Alternative zur bisher üblichen Freileitungstechnik<br />
darstellt. Ziel der Arbeit ist es, die systemtechnischen<br />
und wirtschaftlichen Auswirkungen einer vollständigen<br />
Verkabelung der 110-kV-Netzebene in ländlichen Gebieten<br />
zu untersuchen.<br />
4 Methodisches Vorgehen<br />
Grundlage der durchzuführenden Untersuchungen sind<br />
kostenoptimale Netzentwürfe, die für synthetische und<br />
reale ländliche Versorgungsaufgaben mithilfe eines<br />
praxiserprobten, am IAEW entwickelten Netzplanungs-<br />
verfahren ermittelt werden [2]. Im ersten Schritt<br />
werden für jede Versorgungsaufgabe zwei Grundsatzplanungen,<br />
die einem „Grüne-Wiese“-Ansatz entsprechen,<br />
durchgeführt (siehe Bild 3). Das Ergebnis ist die<br />
kostenoptimale Netzstruktur eines reinen 110-kV-<br />
Kabelnetzes und eines reinen 110-kV-Freileitungsnetzes<br />
für die jeweilige Versorgungsaufgabe. Die Netzentwürfe<br />
sind frei von subjektiven Größen und nur durch die<br />
unterschiedlichen Leitungstechnologien beeinflusst, so<br />
dass sie in einer Gegenüberstellung einen objektiven<br />
technisch-wirtschaftlichen Vergleich ermöglichen, in<br />
dem die Freileitungsnetze als Referenz dienen.<br />
Analyse aktueller<br />
110-kV-Kabeltechnik<br />
ländliche Versorgungsaufgaben<br />
synthetisch<br />
real<br />
Grundsatzplanung 110-kV-Netze<br />
reine Kabelnetze<br />
reine Freileitungsnetze<br />
systemtechnische Auswirkungen ländlicher 110-kV-Kabelnetze<br />
technisch-wirtschaftlicher Vergleich<br />
Kabelnetze<br />
Freileitungsnetze<br />
Bild 3: Methodisches Vorgehen<br />
VPE-Kabel weisen gegenüber Freileitungen andere<br />
charakteristische elektrische Eigenschaften auf, was<br />
über das Betriebsmittel hinaus andere technische<br />
Anforderungen an das gesamte System des 110-kV-<br />
Netzes zur Folge hat. Die systemtechnischen Auswirkungen<br />
reiner Kabelnetze sind zunächst zu prüfen und<br />
ggf. zusätzliche Randbedingungen zu identifizieren, die<br />
bei der Grundsatzplanung zusätzlich zu den bisherigen<br />
berücksichtigt werden müssen.<br />
4.1 Systemtechnische Auswirkungen<br />
Die bisher erkannten und zu betrachtenden Auswirkungen<br />
reiner ländlicher Kabelnetze sind in der folgenden<br />
Auflistung näher beschrieben:<br />
• Blindleistungsbedarf<br />
Die hohe Permittivitätszahl des VPE-Isolators und<br />
der geringe Abstand zwischen Leiter und Erde sind<br />
ursächlich für den um ein vielfaches höheren Kapazitätsbelag<br />
von Kabeln im Vergleich zu Freileitungen.<br />
Kabel können innerhalb der thermisch zulässigen<br />
Grenzen nur unterhalb ihrer natürlichen Leistung<br />
betrieben werden und stellen daher Blindleistungserzeuger<br />
im Netz dar. In weit ausgedehnten<br />
Kabelnetzen ist daher eine geeignete Blindleistungskompensation<br />
– gerade im Schwachlastfall –<br />
erforderlich.<br />
86 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
• Kurzschlussströme<br />
Kabel weisen geringere Impedanzen als Freileitungen<br />
auf. In reinen Kabelnetzen sind aus diesem<br />
Grund höhere Kurzschlussströme als in Freileitungsnetzen<br />
zu erwarten. Ob ein üblicher maximal<br />
erlaubter Kurzschlussstrom von I k ’’= 31,5 kA ausreicht<br />
oder gegebenenfalls andere Maßnahmen zur<br />
Beherrschung der Kurzschlussströme zu ergreifen<br />
sind – wie z. B. der Einsatz von Kurzschlussstrombegrenzern<br />
– ist zu untersuchen.<br />
• Netzplanungskonzepte<br />
Für ländliche reine 110-kV-Kabelnetze bestehen<br />
derzeit noch keine allgemein anerkannten Planungskriterien<br />
wie sie für 110-kV-Freileitungsnetze<br />
existieren. Durch die Verkabelung sind möglicherweise<br />
andere Netzplanungskonzepte für ländliche<br />
110-kV-Netze wirtschaftlich sinnvoll oder technisch<br />
sogar notwendig.<br />
• Versorgungszuverlässigkeit<br />
Allgemein ist die Ausfallhäufigkeit von Kabeln gegenüber<br />
Freileitungen geringer, da Kabel gegen<br />
atmosphärische Störungen geschützt sind. Kommt<br />
es jedoch zu einer Störung mit Schaden an einem<br />
Kabel, ist die Unterbrechungsdauer aufgrund von<br />
nötigen Erdarbeiten länger als die von Freileitungen.<br />
Die in Bild 2 aus der VDN-Statistik [1] aufgeführte<br />
Schadenshäufigkeit von Kabeln ist ein<br />
Durchschnittswert, der alle Kabeltechnologien einschließt.<br />
Es ist zu erwarten, dass durch den großflächigen<br />
Einsatz von VPE-Kabeln in der 110-kV-<br />
Ebene die Nichtverfügbarkeit gesenkt werden kann<br />
und die Versorgung von atmosphärischen Einflüssen<br />
unabhängig wird. Mögliche Auswirkungen und<br />
deren Wechselwirkung mit den Netzplanungskonzepten<br />
werden in dieser Forschungsarbeit mittels<br />
probabilistischer Zuverlässigkeitsanalyse [3] bewertet.<br />
3<br />
1/100 km<br />
1<br />
0<br />
ohne Schaden<br />
mit Schaden<br />
Kabel Freileitung<br />
Bild 2: Häufigkeit von Störungen mit und ohne<br />
Schaden [1]<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
• Sternpunktbehandlung<br />
In Deutschland wird der überwiegende Teil der<br />
110-kV-Netze mit kompensiertem Sternpunkt betrieben<br />
um die Auswirkungen einpoliger Fehlerströme,<br />
die z. B. durch atmosphärische Einwirkung<br />
entstehen können, zu minimieren. Erdschlüsse in<br />
Kabelnetzen führen zur Zerstörung der Isolation und<br />
müssen deshalb frühzeitig durch den Schutz detektiert<br />
und unverzüglich abgeschaltet werden. Um<br />
dies bei reinen Kabelnetzen sicherzustellen, ist eine<br />
starre bzw. niederohmige Sternpunkterdung in diesen<br />
Netzen notwendig.<br />
• Wirtschaftliche Aspekte<br />
Die Aufwendungen für ein 110-kV-VPE-Kabel und<br />
seine Verlegung übersteigen die Kosten für die Errichtung<br />
einer Freileitung. Die in der Literatur angegebenen<br />
Mehrkostenfaktoren weisen eine hohe<br />
Bandbreite auf und sind sehr fallspezifisch. In dieser<br />
Arbeit sind für die Kabellegung Kostensätze<br />
speziell für ländliche Gebiete anzunehmen. Neben<br />
den Aufwendungen für die Trasse unterscheiden<br />
sich Instandhaltungskosten und Verluste der reinen<br />
Kabelnetze ebenfalls von denen, die sich für Freileitungsnetze<br />
ergeben. Um einen Vergleich unter wirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten durchzuführen, sind<br />
neben den erwähnten auch die Aufwendungen einzubeziehen,<br />
die aufgrund systemtechnischer Einflüsse<br />
der jeweiligen Übertragungstechnik entstehen.<br />
5 Literatur<br />
[1] Verband der Netzbetreiber (VDN) e.V. beim<br />
VDEW<br />
VDN-Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik<br />
Berichtsjahr 2004, 1. Ausgabe November 2005<br />
[2] Maurer, C.<br />
Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung für<br />
Hochspannungsnetze, Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
ABEV Bd. 101, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2004<br />
[3] Cheng, S.; Sengbusch, K. v.; Vennegerts, H.<br />
Rechnergestützte probabilistische Zuverlässigkeitsanalyse<br />
– Weiterentwicklung von RAMSES<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2003, ABEV Bd. 92<br />
Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2003<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 87
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Stochastische Optimierung von Erdgasportfolios<br />
Stochastic Optimization of Natural Gas Portfolios<br />
Dipl.-Ing. M.Sc. Uwe Padberg<br />
uwe.padberg@iaew.rwth-aachen.de<br />
In den kommenden Jahren wird aufgrund der steigenden Attraktivität der Stromerzeugung in Erdgaskraftwerken durch<br />
verhältnismäßig geringe Treibhausgasemissionen und einer zunehmenden Verbreitung des Erdgasverbrauchs in Haushalten<br />
mit einem deutlichen Anstieg des Erdgasverbrauchs gerechnet. Zusätzlich entstehen durch die Liberalisierung<br />
des Erdgasmarktes für Handelsunternehmen im Erdgassektor Chancen, neue Kunden zu gewinnen und Risiken, Kunden<br />
an die Konkurrenz zu verlieren. Somit wird ein steigender Kostendruck aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs im<br />
Erdgassektor erwartet. Unter diesen Umständen wird die Optimierung von Erdgasportfolios für Handelsunternehmen<br />
zunehmend wichtiger. Diese Optimierung muss unter Berücksichtigung von Unsicherheiten erfolgen. So hängt beispielsweise<br />
der Bedarf an Erdgas sehr stark von der Außentemperatur ab. Des Weiteren kann der Gaspreis politisch<br />
beeinflusst werden oder bedingt durch zunehmend schwierigere technische Produktionsbedingungen ansteigen. Daher<br />
ist das Ziel dieser Arbeit die Entwicklung eines Verfahrens, das das profitmaximale Erdgasportfolio unter Berücksichtigung<br />
von Unsicherheiten und technischen Rahmenbedingungen bestimmt.<br />
Within the next years a significant increase for the demand of natural gas is expected due to the increasing attraction<br />
of electricity generation in gas fired plants with comparatively low greenhouse gas emissions and an ascending<br />
diffusion in household consumption. Additionally, for commercial enterprises of the natural gas sector, chances to<br />
acquire new customers and risks to lose own customers to competitors emerge from the liberalization of the natural gas<br />
market. Thus, a rising cost pressure in the natural gas sector caused by the intensifying competition is expected. Under<br />
these circumstances, the optimization of natural gas portfolios of commercial enterprises becomes more important.<br />
Under consideration of the uncertainties, this optimization has to be carried out. For example, the demand on natural<br />
gas strongly depends on the outdoor temperature. The gas price might be influenced by policy or may rise due to<br />
aggravating production conditions. Therefore, the objective of this work is the development of an optimization method<br />
to calculate a profit-maximising natural gas portfolio under consideration of planning uncertainties and technical frame<br />
conditions.<br />
1 Einleitung<br />
Durch die Liberalisierung des Erdgasmarktes haben<br />
Endverbraucher die freie Wahl ihres Versorgers,<br />
wodurch sich derzeit ein Preiswettbewerb zwischen<br />
den Erdgashandelsunternehmen entwickelt. Diese<br />
haben dadurch einerseits die Chance, neue Kunden zu<br />
gewinnen, andererseits entsteht die Gefahr, Kunden an<br />
die Konkurrenz zu verlieren [1].<br />
Im HuK-Sektor (Haushalte und Kleinverbraucher) wird<br />
Erdgas verstärkt zur Wärmeerzeugung eingesetzt. Die<br />
Verwendung von Erdgas wird zudem durch den Handel<br />
mit Emissionszertifikaten begünstigt, da Erdgas die<br />
niedrigsten spezifischen CO 2 -Emissionen aller fossilen<br />
Energieträger aufweist.<br />
Der voraussichtliche Anstieg des Erdgasverbrauchs und<br />
der einsetzende Wettbewerb auf dem Gasmarkt<br />
zwingen die Handelsunternehmen der Gaswirtschaft,<br />
die benötigten Erdgasmengen möglichst kostengünstig<br />
zu beschaffen. Dabei sind Unsicherheiten in der<br />
Beschaffungsplanung zu berücksichtigen. Diese<br />
Unsicherheiten betreffen einerseits die Nachfrage, die<br />
sehr stark von der Außentemperatur abhängig ist und<br />
andererseits die Preise für Erdgas, die durch zunehmend<br />
steigende Erschließungskosten für neue Felder,<br />
aber auch durch politische Einflussnahme variieren<br />
können.<br />
Daher ist das Ziel der hier vorgestellten Arbeit die<br />
Entwicklung eines Verfahrens zur Bestimmung von<br />
optimalen Erdgasportfolios für Erdgashandelsunternehmen<br />
unter Berücksichtigung von technischen<br />
Rahmenbedingungen und Unsicherheiten.<br />
2 Analyse und Modellbildung<br />
In diesem Abschnitt werden die Komponenten eines<br />
Erdgasversorgungssystems analysiert (Bild 1).<br />
2.1 Erdgaslagerstätten<br />
Erdgas ist ein Naturprodukt, das aus unterirdischen Lagerstätten<br />
durch Ausförderung gewonnen (produziert)<br />
wird. Der größte Anteil des deutschen Erdgases wird<br />
importiert, ein geringer Anteil stammt aus innerdeutscher<br />
Produktion.<br />
88 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Betreiber von weit entfernten Produktionsstätten sind<br />
aufgrund der hohen Erschließungskosten von Gaslagerstätten<br />
lediglich an langfristigen Lieferverträgen mit<br />
einer möglichst konstanten Produktion interessiert. Erdgasquellen,<br />
die verbrauchsnäher liegen, können<br />
dagegen dem aktuellen Gasbedarf angepasst produzieren. <br />
Erdgaslagerstätten<br />
LNG-<br />
Transport<br />
Erdgasbörsen<br />
Saisonale<br />
Speicher<br />
Handelsunternehmen Verbraucher<br />
Transportnetze<br />
Gasfluss<br />
Handel<br />
Netz- und Speicherzugang<br />
Temperatur Unsicherheiten<br />
Preise<br />
Ausfälle<br />
Bild 1: Betrachtetes System<br />
2.2 Erdgasspeicher<br />
Bezugsverträge<br />
Tagesspeicher<br />
Verteilnetze<br />
Temperatur<br />
Zur Sicherung der Versorgung werden in Deutschland<br />
saisonale Erdgasspeicher sowie Wochen- und Tagesspeicher<br />
verwendet. Man unterscheidet zwischen<br />
Kavernen-, Poren- und Röhrenspeichern.<br />
Bei Kavernenspeichern handelt es sich um Hohlräume<br />
im Fels (Felskavernenspeicher) oder künstlich angelegte<br />
Hohlräume in Salzstöcken (Salzkavernenspeicher).<br />
Kavernenspeicher haben in der Regel verhältnismäßig<br />
hohe Ein- und Ausspeiseleistungen, so dass sie zur<br />
Deckung von hohen Bezugsspitzen und zum Einsatz als<br />
Handelsgasspeicher geeignet sind.<br />
Bei Porenspeichern handelt es sich um ehemalige oder<br />
noch in Betrieb befindliche Erdgaslagerstätten sowie<br />
um so genannte Aquiferspeicher. Das Erdgas wird in<br />
beiden Fällen in porösen Gesteinsschichten gespeichert,<br />
wobei im Falle von Aquiferspeichern das bisher<br />
dort vorhandene Grundwasser durch das Gas verdrängt<br />
wird. Porenspeicher weisen in der Regel ein größeres<br />
Volumen und eine geringere Ein- und Ausspeiseleistung<br />
als Kavernenspeicher auf. Sowohl bei Kavernen- als<br />
auch bei Porenspeichern sind die Ein- und Ausspeiseleistungen<br />
in der Regel vom jeweiligen Speicherfüllstand<br />
abhängig.<br />
Zum Ausgleich täglicher Lastschwankungen dienen<br />
Tagesspeicher, wie z. B. Röhrenspeicher. Aufgrund des<br />
geringen Volumens wird dieser Speicher täglich zu<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Zeiten geringen Erdgasbedarfs befüllt und zu Hochlastzeiten<br />
entleert.<br />
Alle Erdgasspeichertypen und verbrauchsnahe Lagerstätten<br />
können trotz ihrer unterschiedlichen Charakteristiken<br />
durch ein einheitliches Modell abgebildet<br />
werden.<br />
2.3 Transport- und Verteilnetze<br />
Der Erdgastransport zum Verbraucher erfolgt entweder<br />
in gasförmigem Zustand in Pipelines oder verflüssigt<br />
per Schiff. Vorteile des Pipelinetransports sind die bei<br />
verhältnismäßig kurzen Distanzen geringeren Investitionskosten<br />
in die Infrastruktur. Vorteile für Liquefied<br />
Natural Gas (LNG) ergeben sich für große Distanzen<br />
zwischen Erdgaslagerstätte und Verbraucher, da die<br />
eigentlichen Transportkosten sehr gering sind. Da der<br />
Erdgastransport nicht im Aufgabenbereich des Handelsunternehmens<br />
liegt, werden die technischen<br />
Einschränkungen des Erdgastransports nur soweit<br />
betrachtet, wie sie das Handelsunternehmen betreffen.<br />
2.4 Netz- und Speicherzugang<br />
Der Netzzugang zum Transportnetz erfolgt in Deutschland<br />
nach einem Entry-Exit-System. Das Transportnetz<br />
ist in Deutschland derzeit in 19 Marktgebiete unterteilt,<br />
diese Zahl wird sich jedoch in Zukunft durch Zusammenlegungen<br />
voraussichtlich deutlich verringern [1]. In<br />
jedem Marktgebiet ist aus Sicht eines Handelsunternehmens<br />
der Abschluss eines Entry- und eines Exit-<br />
Vertrages sowie eines Bilanzkreisvertrages, der die<br />
gleichzeitige Ein- und Ausspeisung regelt, notwendig,<br />
um Erdgas zu transportieren. Für das Handelsunternehmen<br />
erfolgt damit bei Abschluss dieser Verträge der<br />
Erdgastransport, der im Verantwortungsbereich des<br />
Netzbetreibers liegt. Die Einhaltung von technischen<br />
Randbedingungen wie beispielsweise die Nichtüberschreitung<br />
der maximalen Entry- und Exitkapazität<br />
eines Zugangspunktes ist bei Abschluss der Verträge zu<br />
berücksichtigen. Die Preisberechnung ergibt sich aus<br />
der Dauer und dem Zeitpunkt der Buchung.<br />
Die Entgelte zur Speichernutzung sind nicht reguliert,<br />
so dass sich eine Vielzahl an Berechnungsmodellen<br />
entwickelt hat. Verbreitet ist das Angebot der Buchung<br />
von so genannten Speicherpaketen, die als eine feste<br />
Kombination von Arbeitsgasvolumen, Ein- und Ausspeiseleistung<br />
definiert sind. Im Verfahren sind die Entgelte<br />
zur Nutzung der Erdgasspeicher und -netze zu berücksichtigen.<br />
2.5 Erdgasbezugsverträge<br />
Die derzeit wichtigste Form des Erdgasbezugs in<br />
Deutschland stellen langfristige, teilweise über mehre-<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 89
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
re Jahrzehnte laufende Bezugsverträge mit ausländischen<br />
Produzenten dar. Im innerdeutschen Handel sind<br />
langfristige Verträge verboten.<br />
Im Wesentlichen sind zwei Vertragstypen zu unterscheiden,<br />
die beide im Verfahren betrachtet werden<br />
müssen: Profil- und Vollversorgungsverträge. In Profilverträgen<br />
wird in jedem Zeitintervall die Lieferung einer<br />
festgelegten Gasmenge vereinbart, die unabhängig<br />
vom Erdgasbedarf ist. In Versorgungsverträgen wird<br />
demgegenüber eine bedarfsabhängige Gaslieferung<br />
vereinbart. Zusätzliche Einschränkungen, z. B. ein<br />
Maximalbezug, der auch bei höherem Bedarf nicht<br />
überschritten werden darf, sind möglich. In der Regel<br />
weisen diese verbrauchsabhängigen Erdgasbezugsverträge<br />
Arbeits- und Leistungspreiskomponenten auf: Mit<br />
dem Arbeitspreis wird die bezogene Erdgasmenge<br />
vergütet. Der Leistungspreis stellt eine weitere Preiskomponente<br />
dar, mit dem die höchste in einer Messperiode<br />
aufgetretene Bezugsspitze vergütet wird.<br />
2.6 Erdgasbörsen<br />
Erdgas kann in Europa an Börsen oder Handelplätzen in<br />
Großbritannien, in Belgien und in den Niederlanden<br />
gehandelt werden. Dabei ist sowohl der Handel von<br />
kurzfristigen Produkten im Tages- bis Wochenbereich<br />
als auch von langfristigen Produkten im Monats- bis<br />
Jahresbereich möglich. Der Handel erfolgt an einem so<br />
genannten virtuellen Handelspunkt. In Deutschland<br />
existiert derzeit keine Erdgasbörse. Die EEX wird im<br />
Gaswirtschaftsjahr <strong>2007</strong>/2008 den börslichen Erdgashandel<br />
auch in Deutschland einführen [2]. Die teilweise<br />
sehr eingeschränkte Liquidität von Erdgasbörsen muss<br />
im Verfahren berücksichtigt werden.<br />
2.7 Unsicherheiten<br />
Verschiedene Unsicherheiten sind bei der Planung<br />
eines Gaswirtschaftsjahres für ein Handelsunternehmen<br />
zu berücksichtigen. Die Außentemperatur hat<br />
einen großen Einfluss auf den Erdgasverbrauch, da der<br />
weitaus größte Teil des Erdgases zur Wärmeerzeugung<br />
verwendet wird. Auch preisliche Unsicherheiten sind zu<br />
berücksichtigen. Bei der Versorgungszuverlässigkeit hat<br />
der Ausfall eines Erdgasspeichers die schwerwiegendsten<br />
Auswirkungen. Die Zuverlässigkeit von Transportnetzen<br />
ist sehr groß. Die Unsicherheiten werden durch<br />
die Szenarienanalyse modelliert, die den Vorteil bietet,<br />
dass sich für die nahe Zukunft eindeutige Handelsentscheidungen<br />
unter Berücksichtigung der Unsicherheiten<br />
ergeben.<br />
3 Verfahren<br />
Die Zielfunktion des Verfahrens ist die Maximierung<br />
des Deckungsbeitrags, der sich als Differenz der Erlöse<br />
und der variablen Kosten eines Erdgashandelsunternehmens<br />
darstellt. Auf der Erlösseite stehen dabei die<br />
Zahlungen der Endverbraucher an das Handelsunternehmen<br />
sowie Einkünfte aus Gasverkäufen an andere<br />
Unternehmen oder Erdgasbörsen. Die variablen Kosten<br />
setzen sich zusammen aus den eigenen Beschaffungskosten<br />
für das Erdgas aus Bezugverträgen und Einkäufen<br />
an Börsen. Zusätzlich sind Nutzungsentgelte für<br />
Erdgasspeicher und -netze zu entrichten, die je nach<br />
Buchungsdauer und -zeitraum in unterschiedlicher Höhe<br />
festgesetzt sind. Für das Optimierungsproblem sind<br />
technische und organisatorische Randbedingungen zu<br />
beachten. In Erdgasbezugsverträgen können maximale<br />
oder minimale Abnahmemengen den Erdgasbezug<br />
einschränken sowie eine definierte Gesamtabnahmemenge<br />
im Jahresverlauf festgelegt sein. Bei Börsen ist<br />
zu beachten, dass nur standardisierte, zeitübergreifende<br />
Produkte gehandelt werden können.<br />
Technische Randbedingungen sind für Erdgasspeicher<br />
und -netze zu beachten. So sind bei Erdgasspeichern<br />
z. B. die füllstandsabhängige Änderung der Ein- und<br />
Ausspeiseleistung zu berücksichtigen sowie technisch<br />
bedingte Ober- und Untergrenzen für den Speicherfüllstand<br />
und die Ein- und Ausspeiseleistungen. In Erdgasnetzen<br />
stellt die maximal buchbare Entry- und Exitkapazität<br />
eine Begrenzung für die transportierbare Gasmenge<br />
dar.<br />
4 Ausblick<br />
Die Ergebnisse der Modellierung zeigen, dass bei der<br />
Optimierung eines Erdgasportfolios ein quadratisches<br />
Optimierungsproblem mit linearen Nebenbedingungen<br />
und einigen Ganzzahligkeitsentscheidungen vorliegt. Im<br />
Folgenden soll ein Verfahren implementiert werden,<br />
das zur Lösung dieses Problem auf die Verwendung von<br />
Standardsolvern zurückgreift.<br />
5 Literatur<br />
[1] N. N.<br />
RWE will wie E.ON bundesweit Gas anbieten<br />
Faz, 05.02.<strong>2007</strong><br />
[2] Lindgens, P.; Menzel, H.-B.<br />
„Erdgas ist sehr wichtig und könnte das zweite<br />
Standbein der EEX werden“<br />
e/m/w, Heft 5/2006, S. 60 – 61<br />
90 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Netzbetrieb mit Freileitungs-Monitoring<br />
Network Operation with Overhead Line Monitoring<br />
Dipl.-Ing. Tilman Ringelband<br />
tilman.ringelband@iaew.rwth-aachen.de<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Durch die wachsende Einspeisung von Windenergie steigt die Belastung des elektrischen Übertragungsnetzes. Bisher<br />
wird darauf zum einen mit Erzeugungsmanagement für Windparks und zum anderen mit Netzausbau reagiert. Alternativ<br />
können jedoch Reserven des bestehenden Netzes genutzt werden. Durch Messung der Wetterbedingungen entlang<br />
einer Freileitung im Rahmen eines Freileitungs-Monitoring oder durch direkte Temperaturmessung der Leiterseile kann<br />
die zulässige Strombelastbarkeit der Leitung, statt wie bisher konstant festgelegt, dynamisch angepasst werden. In<br />
dieser Arbeit wird daher der Zusammenhang von maximaler Strombelastbarkeit und Wetterbedingungen analysiert und<br />
modelliert. Simulationen des Netzbetriebs mit Freileitungs-Monitoring sollen zeigen, inwiefern dieses die Übertragungskapazität<br />
und eventuell die Netzsicherheit erhöhen kann.<br />
Due to the growing feed-in of wind energy the system load of electrical transmission networks increases. Up to now<br />
transmission system operators rise to this challenge by generation management of wind farms or expanding their<br />
transmission networks. Alternatively, reserves of the existing transmission network can be exploited by dynamic<br />
thermal ratings utilising overhead line monitoring. Until now constantly determined values of the maximum ampacity of<br />
overhead lines have been used. However, the maximum ampacity of a line can be calculated dynamically by measuring<br />
the weather conditions along the overhead line. This research work will analyse and model the correlation between<br />
maximum ampacity and the weather conditions. Simulating the network operation quantifies the enhancement of<br />
transport capacity and the improvement of the secure power supply that can be achieved by overhead line monitoring.<br />
1 Einleitung<br />
1.1 Motivation<br />
Für die kommenden Jahre wird bedingt durch die<br />
wachsende Einspeisung von Windenergie und durch<br />
den zunehmenden grenzüberschreitenden Stromhandel<br />
eine stark ansteigende Belastung des elektrischen<br />
Übertragungsnetzes erwartet. Diese zunehmende<br />
Belastung wird nennenswerte Netzausbauten erfordern<br />
[1]. Da der Ausbau des Übertragungsnetzes, insbesondere<br />
bedingt durch lange Genehmigungsverfahren, nur<br />
begrenzt mit der schnell anwachsenden installierten<br />
Leistung von Windenergieanlagen Schritt halten kann,<br />
hat der Gesetzgeber den Übertragungsnetzbetreibern<br />
zugestanden, Strom aus erneuerbaren Energien nicht<br />
abzunehmen, wenn deren Netz bereits durch Strom aus<br />
anderen, früher angeschlossenen Anlagen zur Erzeugung<br />
von Strom aus erneuerbaren Energien ausgelastet<br />
ist [2]. Dieses als Erzeugungsmanagement bezeichnete<br />
Vorgehen stellt jedoch nur eine Übergangslösung dar,<br />
da andererseits unverzüglich das Netz ausgebaut<br />
werden muss, um neue Anlagen zur Erzeugung von<br />
Strom aus erneuerbaren Energien anzuschließen.<br />
Vor dem Hintergrund der hohen Kapitalkosten für den<br />
Ausbau des Übertragungsnetzes und des Kostendrucks<br />
durch die Regulierung der Netznutzungsentgelte<br />
besteht bei den Betreibern von Übertragungsnetzen ein<br />
Bedarf nach Maßnahmen, die eine kostengünstige<br />
Alternative bzw. Ergänzung zum Netzausbau darstellen.<br />
Ein geeigneter Ansatz für eine solche Maßnahme<br />
besteht in der Ausnutzung von Reserven des bestehenden<br />
Netzes. Bisher wird der thermische Grenzstrom von<br />
Freileitungen in der Regel unter konservativen Annahmen<br />
festgelegt [3]. Wenn die Freileitungen im Rahmen<br />
eines Freileitungs-Monitoring (FM) mit echtzeitfähigen<br />
Telemetrie-Systemen ausgestattet werden, ist es<br />
jedoch möglich, den thermischen Grenzstrom während<br />
des Netzbetriebes dynamisch zu berechen. Durch den<br />
damit potentiell höheren Grenzstrom kann die Übertragungskapazität<br />
bestehender Leitungen erhöht werden.<br />
Erfolgreiche Feldversuche im Ausland [4, 5] zeigen eine<br />
Erhöhung der Übertragungskapazität von 5 - 15% [6].<br />
Vor diesem Hintergrund ist auch in Deutschland ein<br />
Feldversuch angelaufen [7].<br />
Dennoch muss konstatiert werden, dass die dynamische<br />
Bemessung von Freileitungen auf Basis eines<br />
Monitoring bislang nur punktuell eingesetzt wird,<br />
obwohl Monitoring- und Datenübertragungssysteme<br />
wie auch Algorithmen zur dynamischen Bemessung von<br />
Leitungen kommerziell verfügbar sind [8]. Als Grund<br />
werden vor allem Schwierigkeiten bei der Integration in<br />
die Netzbetriebsführung angeführt [6, 7].<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 91
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
1.2 Ziel der Arbeit 3 Weiteres Vorgehen<br />
Wegen der genannten Schwierigkeiten bei der Implementierung<br />
des FM sollen geeignete Verfahren zur<br />
Integration verschiedener Konzepte desselben in die<br />
Netzbetriebsführung analysiert werden. Um die Möglichkeiten<br />
und Grenzen der verschiedenen Konzepte und<br />
Verfahren beurteilen zu können, soll anschließend der<br />
Betrieb des Netzes unter Einsatz von FM simuliert<br />
werden. Auf dieser Basis soll insbesondere untersucht<br />
werden, inwieweit<br />
• die Drosselung von Windenergieanlagen im<br />
Rahmen des Erzeugungsmanagements vermieden<br />
werden kann,<br />
• Netzausbau und –verstärkungsmaßnahmen<br />
wirtschaftlich sinnvoll ersetzt oder ergänzt werden<br />
können und<br />
• die Netzsicherheit bei vermiedenem Netzausbau<br />
gewährleistet bleibt.<br />
2 Analyse<br />
2.1 Abgrenzung des Betrachtungsbereichs<br />
Wegen der stark wachsenden installierten Leistung von<br />
Onshore- und Offshore-Windparks in last- und strukturschwachen<br />
Gebieten und des damit verbundenen<br />
Transports einer hohen Leistung über weite Strecken<br />
ist die Anwendung des FM vor allem im Hoch- und<br />
Höchstspannungsnetz sinnvoll. Die Untersuchungen<br />
konzentrieren sich daher auf diese Spannungsebenen.<br />
Im Hoch- und besonders im Höchstspannungsnetz sind<br />
Freileitungen weit häufiger anzutreffen als Kabel. Da<br />
außerdem Kabel von Wetterbedingungen weitgehend<br />
unbeeinflusst sind, soll das prinzipiell durchführbare<br />
Monitoring von Kabeln in dieser Arbeit nicht betrachtet<br />
werden.<br />
2.2 Konzepte zum Freileitungs-Monitoring<br />
Die verschiedenen Konzepte zum FM unterscheiden<br />
sich v. a. durch die telemetrisch erfassten physikalischen<br />
Größen. Die einfachsten Methoden basieren auf<br />
der Messung der Umgebungstemperatur [6]. Genauere<br />
Ergebnisse lassen sich durch die zusätzliche Berücksichtigung<br />
von Windgeschwindigkeit und Richtung<br />
erzielen. Auch der Leiterstrom stellt eine wichtige<br />
Einflussgröße dar, die in der Regel ohnehin gemessen<br />
wird. Ein grundsätzlich anderer Ansatz besteht darin,<br />
die Zugspannung des Leiterseils zu messen, um daraus<br />
dessen Durchhang zu berechnen. Auf dieser Basis ist<br />
ebenfalls eine dynamische Berechnung der Stromtragfähigkeit<br />
möglich [5].<br />
In einem ersten Schritt werden die verschiedenen<br />
Konzepte des FM näher analysiert. Nach der Identifikation<br />
sinnvoller Konzepte werden diese modelliert und in<br />
Verfahren zur Simulation des Netzbetriebs integriert.<br />
Unter Verwendung einer zu erstellenden Wetterdatenbasis<br />
werden Untersuchungen zu einem möglichen<br />
Vorteil von FM hinsichtlich der Substitution von Netzausbaumaßnahmen,<br />
der Vermeidung von Erzeugungsmanagement<br />
und der Wahrung der Netzsicherheit<br />
durchgeführt.<br />
4 Literatur<br />
[1] Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration<br />
von Windenergie in Deutschland an Land<br />
und Offshore bis zum Jahre 2020<br />
(dena-Netzstudie), S. 106 - 125<br />
Deutsche Energie-Agentur, Berlin 2005<br />
[2] Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien<br />
(Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG) vom<br />
21.07.2004, §4<br />
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 40<br />
[3] DIN EN 50128:2001 Leiter für Freileitungen –<br />
Leiter aus konzentrisch verseilten runden Drähten,<br />
S.24<br />
Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin 2001<br />
[4] Engelhardt, J.S.; Basu, S.P.<br />
Design, Installation, and Field Experience with an<br />
Overhead Transmission Dynamic Line Rating System<br />
IEEE Transmission and Distribution Conference<br />
1996. Proceedings, S. 366 - 370<br />
IEEE 1996<br />
[5] Dynamic Circuit Thermal Line Rating<br />
California Energy Commission<br />
Los Angeles 1999<br />
[6] Adapa, R.; Douglass D. A.<br />
Dynamic Thermal Ratings: Monitors and Calculation<br />
Methods<br />
PES 2005 Conference and Exposition in Africa.<br />
Proceedings of the Inaugural IEEE, S. 163 - 167<br />
Durban 2005<br />
[7] Iken, J.<br />
Mehr Windstrom ins Netz<br />
Sonne Wind & Wärme 11, 2006, S. 108 - 110<br />
[8] Distributed Temperature Monitoring of Energy<br />
Transmission Systems<br />
Lios Technology, Köln 2006<br />
http://www.lios-tech.com/<br />
92 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
1 Einleitung<br />
Der fluktuierende und stochastische Charakter der<br />
Einspeisung aus Windenergieanlagen (WEA) in Verbindung<br />
mit der prognostizierten Anlagenkonzentration<br />
führt zu absehbar großen Herausforderungen bei der<br />
Integration von WEA in das System der elektrischen<br />
Energieversorgung. Zum einen muss ein hohes Maß an<br />
kurzfristiger Reserve bereit gehalten werden, zum anderen<br />
kann die Ballung von WEA in last- und strukturschwachen<br />
Netzbereichen in Starkwindzeiten zu evtl.<br />
unzulässig hohen Belastungen der Übertragungsnetze<br />
führen. Mögliche Abhilfemaßnahmen sehen heute zum<br />
einen Netzverstärkungen, zum anderen Erzeugungsmanagement,<br />
d. h. Abschaltung der WEA bei unzulässiger<br />
Netzbelastung, vor. Alternativ könnte zukünftig der<br />
energiewirtschaftliche Nutzen und die Systemintegration<br />
von Windenergieanlagen durch Speichertechnologien<br />
gefördert werden. Diese ermöglichen es, die fluktuierende<br />
WEA-Einspeisung von der Netzeinspeisung<br />
zeitlich zu entkoppeln und ihr so den Charakter eines<br />
kontinuierlich und geplant einsetzbaren Kraftwerks zu<br />
geben.<br />
Zu diesem Zweck erscheinen Druckluftspeicher, auch<br />
Compressed Air Energy Storages (CAES) genannt,<br />
besonders geeignet. Ihre Investitionskosten bewegen<br />
sich im gleichen Bereich wie die von Pumpspeicherkraftwerken.<br />
Im Gegensatz zu diesen benötigen sie zur<br />
Speicherung Kavernen oder Aquifere, die in Europa an<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Verbesserte Netzintegration von Windenergieanlagen mittels Druckluftspeichern<br />
Advanced Integration of Wind Power by Compressed Air Energy Storages (CAES)<br />
Dipl.-Ing. Philipp Siemes<br />
philipp.siemes@iaew.rwth-aachen.de<br />
Europa und insbesondere Deutschland sind weltweit führend bei der installierten Leistung von Windenergieanlagen<br />
(WEA). Die hohe Zahl an WEA verursacht aber bereits heute Probleme bei der Integration in das bestehende Stromversorgungssystem,<br />
die sich mittelbar auf deren mangelnde Steuerbarkeit zurückführen lassen. Druckluftspeicher, auch<br />
Compressed Air Energy Storages (CAES) genannt, können durch die Entkopplung der WEA-Einspeisung vom restlichen<br />
Energieversorgungssystem zur Lösung bzw. Minderung dieser Probleme beitragen. Nach Analyse möglicher Einsatzstrategien<br />
von CAES und deren Wirkungsweisen werden Verfahren zur Auslegung und systemtechnischen Bewertung der<br />
aktuell verfügbaren und zukünftigen CAES-Technologie vorgestellt. Diese umfassen die Positionierung, Dimensionierung<br />
und abschließende wirtschaftliche Bewertung von CAES.<br />
Wind energy is increasing globally at a fast pace. A considerable fraction of today’s installed capacity is situated in<br />
Europe and particularly in Germany. At this stage, the large number of wind turbines has already been causing troubles<br />
with their integration into the existing power system. All these matters originate indirectly from the lack of wind<br />
turbines’ controllability. Therefore the use of Compressed Air Energy Storages (CAES) might help to reduce these<br />
matters through decoupling of wind turbines’ feed-in from the remaining power system. After the analysis of different<br />
CAES control strategies and their actions, the procedures for design and evaluation of both available and future CAES<br />
Technology are presented. These procedures comprehend the positioning, dimensioning and the concluding economical<br />
evaluation of CAES.<br />
allen windstarken Standorten in ausreichender Zahl<br />
vorhanden sind. Im Weiteren werden im Anschluss an<br />
die Analyse die Verfahren zur Auslegung und systemtechnischen<br />
Bewertung der aktuell verfügbaren und<br />
zukünftigen CAES-Technologie zur Integration von<br />
WEA-Einspeisung in das System der Energieversorgung<br />
vorgestellt.<br />
2 Analyse<br />
2.1 CAES-Varianten<br />
Die Energiespeicherung mittels Drucklufttechnik ist<br />
eine in Deutschland seit 1978 eingesetzte Technologie.<br />
Die im Kraftwerk Huntorf der E.ON Kraftwerke AG<br />
eingesetzte Technologie nutzt die mittels elektrischer<br />
Energie komprimierte Luft in einem Gasturbinenprozess.<br />
Energetisch ergibt sich für diese Variante ein Wirkungsgrad<br />
von 42%. Ein weiteres CAES-Kraftwerk wird<br />
in McIntosh, Alabama, USA, seit den 90er Jahren<br />
betrieben, bei dem über Wärmerückgewinnung bereits<br />
ein Wirkungsgrad von 54% erreicht wird. Technisch<br />
fortentwickelte Varianten, wie sie derzeit auch im<br />
Rahmen des im 5. Rahmenprogramm von der EU<br />
geförderten Projektes „Advanced adiabatic compressed<br />
air energy storage (AA-CAES)“ [1] von technischer Seite<br />
untersucht werden, erreichen durch einen speziellen<br />
Wärmespeicher Wirkungsgrade von bis zu 70% bei<br />
vollständiger Emissionsfreiheit. Da selbst ein Prototyp<br />
dieses AA-CAES nicht vor 2010 zu erwarten ist, wird<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 93
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
sowohl der Einsatz derzeit verfügbarer CAES-<br />
Technologie, als auch der zukünftige Einsatz von AA-<br />
CAES untersucht.<br />
2.2 Wirkungsweisen<br />
Wie bereits einleitend beschrieben, könnte durch CAES<br />
die Integration von Windenergieanlagen unterstützt<br />
werden, indem der Speicher direkt an den Märkten für<br />
Fahrplanenergie und Minutenreserve vermarktet wird<br />
und so mittelbar den Wert der WEA-Einspeisung steigert.<br />
Alternativ kann ein Speicher in direkter Kombination<br />
mit einem Kollektiv von WEA zur Veredelung der<br />
WEA-Einspeisung eingesetzt werden. Zuletzt ist auch<br />
denkbar, dass die Zwischenspeicherung zur Vermeidung<br />
von Netzüberlastungen eingesetzt wird, indem<br />
ähnlich heutiger Redispatch-Maßnahmen gezielt Leitungen<br />
oder Regionen entlastet werden.<br />
3 Verfahren<br />
Der erste Schritt bei der Auslegung von CAES zur Integration<br />
von WEA-Einspeisung besteht in der Ermittlung<br />
geeigneter Standorte. Zum einen kommen nur Standorte<br />
mit den nötigen geologischen Strukturen, also Salzstöcke<br />
oder Aquifere, in Frage. Zum anderen werden<br />
bei einem Speichereinsatz zur gezielten Entlastung<br />
einzelner Übertragungsleitungen auch Anforderungen<br />
aus elektrotechnischer Sicht an die geographische<br />
Speicherpositionierung gestellt. Diese Anforderungen<br />
werden in Kapitel 3.1 genauer erläutert. Nach der Positionierung<br />
des CAES erfolgt im zweiten Schritt die<br />
geeignete Dimensionierung, die wesentlich von der<br />
antizipierten Wirkungsweise abhängt. Das Verfahren<br />
der Dimensionierung wird in Kapitel 3.2 behandelt,<br />
bevor in Kapitel 3.3 die wirtschaftliche Bewertung<br />
erfolgt.<br />
3.1 Positionierung<br />
In eng vermaschten Höchstspannungsnetzen sind die<br />
Übertragungsverluste relativ gering, benachbarte Netzknoten<br />
elektrisch eng gekoppelt und das Spannungsniveau<br />
an allen Netzknoten nahezu gleichmäßig. Unter<br />
diesen Voraussetzungen ist der Zusammenhang zwischen<br />
der Wirkflussänderung auf einem Zweig und der<br />
Veränderung der Einspeisung an einem Knoten bei<br />
gegebener Netztopologie nahezu linear [2]. Die Übertragungsfähigkeit<br />
im UCTE-Verbundnetz ist zumeist<br />
durch die thermische Belastbarkeit der Leitungen und<br />
Transformatoren und damit durch die Ströme begrenzt.<br />
Unter der Voraussetzung geringer Blindleistungstransporte<br />
kann eine äquivalente Wirklastflussgrenze F max<br />
abgeleitet werden. Diese Netzrestriktionen können<br />
durch folgendes lineares Ungleichungssystem beschrieben<br />
und als Nebenbedingungen der Optimierungsaufgabe<br />
modelliert werden.<br />
Zweig 1<br />
.<br />
m<br />
Knoten 1 … n<br />
Knoten<br />
M 0<br />
...<br />
Zweig 1<br />
. M<br />
m-1 1<br />
Sensitivit Sensitivitäts-<br />
Sensitivit Sensitivitätsmatrix<br />
•<br />
ΔP ΔP ΔP ΔP<br />
≤<br />
Kompressorleistung<br />
Zweige<br />
F<br />
max<br />
F max<br />
F max<br />
F max<br />
F max<br />
max. Zweigbelastung<br />
Einzuhaltende Nebenbedingungen des Gleichungssystems<br />
sind entsprechend des (n-1)-Kriteriums die maximalen<br />
Zweigbelastungen. Die Zielfunktion der linearen<br />
Optimierung entspricht im einfachsten Fall der Minimierung<br />
der zu errichtenden CAES-Kompressorleistung.<br />
Eine Minimierung der Einspeicherleistung muss jedoch<br />
kein Gesamtkostenminimum darstellen, da die Kosten<br />
beim Kavernenbau nicht proportional zum benötigten<br />
Speichervolumen sind. Weiterhin ist die Errichtung von<br />
Kavernen an Standorten, die bereits über eine bestehende<br />
Infrastruktur verfügen, z. B. zur Speicherung von<br />
Erdgas, deutlich kostengünstiger als an neuen Standorten.<br />
Da die Soleentsorgung einen großen Kostenfaktor<br />
bei der Kavernenerrichtung darstellt, sind zudem<br />
küstennahe Standorte zu bevorzugen. Diese unterschiedlichen<br />
Kostenfaktoren können durch eine entsprechende<br />
Anpassung der Koeffizienten des Gleichungssystems<br />
berücksichtigt werden. Die Optimierung<br />
des Gleichungssystems liefert dann anstelle der<br />
minimalen Kompressorleistung das Gesamtkostenminimum.<br />
3.2 Dimensionierung<br />
Der modulare Aufbau eines CAES in Kompressormaschinensatz<br />
zur Verdichtung von Luft, Entspannungsmaschinensatz<br />
zur Erzeugung von elektrischer Energie und<br />
Kavernen zur Speicherung von Druckluft bietet die<br />
Möglichkeit, einen CAES individuell und in Abhängigkeit<br />
von seiner jeweiligen Anwendung zu dimensionieren.<br />
Zwischenspeicherung<br />
Reduktion / Angebot von Reserve<br />
zur Netzentlastung Vermarktung von Fahrplanenergie<br />
Netzentlastung bestimmt<br />
Kompressorleistung<br />
Simulation von Lastdaten<br />
und Windeinspeisung<br />
Kompressorleistung ist<br />
Freiheitsgrad<br />
Zeitreihe d.WEA- Zeitreihe d.WEA-<br />
Prognosefehlers Einspeisung<br />
Simulation des<br />
Speichereinsatzes<br />
Reserveleistung, -energie<br />
Fahrplanenergie<br />
Optimale Dimensionierung von<br />
Speicher und Turbine<br />
Bild 1: Dimensionierung von CAES<br />
94 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Die Verfahrensübersicht bei der Dimensionierung von<br />
CAES je nach angestrebter Wirkungsweise ist in Bild 1<br />
dargestellt. Wird der Speicher zur Netzentlastung eingesetzt,<br />
dann ist die benötigte Kompressorleistung<br />
Ergebnis des linearen Gleichungssystems zur Positionierung<br />
(siehe Kapitel 3.1) und damit Eingangsdatum<br />
der Dimensionierung. Als erstes wird mittels einer<br />
Lastflusssimulation des Übertragungsnetzes eine Zeitreihe<br />
der Leistungsflüsse auf den zu entlastenden<br />
Leitungen berechnet. Diese Zeitreihe bestimmt den<br />
Speichereinsatz und ist somit Eingangsdatum für die<br />
darauf folgende Simulation des Speichereinsatzes. Bei<br />
der Simulation des Speichereinsatzes wird durch<br />
iterative Anpassung der beiden Freiheitsgrade Speichervolumen<br />
und Turbinenleistung das optimale<br />
Verhältnis zwischen den drei Größen Kompressorleistung,<br />
Turbinenleistung und Speichervolumen für den<br />
gegebenen Einsatzzweck ermittelt.<br />
Soll der Speicher zur Vermarktung von Fahrplanenergie<br />
und Minutenreserve oder zur Veredelung der WEA-Einspeisung<br />
eingesetzt werden, so sind alle drei Größen<br />
Kompressorleistung, Turbinenleistung und Speichervolumen<br />
als Freiheitsgrade anzusetzen. Eingangsdatum<br />
für die Simulation des Speichereinsatzes ist in diesem<br />
Fall die Zeitreihe des WEA-Prognosefehlers bzw. die<br />
Zeitreihe der WEA-Einspeisung. Wie beim Speichereinsatz<br />
zur Netzentlastung wird bei dieser Simulation<br />
des Speichereinsatzes durch iterative Anpassung der<br />
drei Freiheitsgrade das optimale Verhältnis dieser<br />
ermittelt. Nachdem dieses optimale Verhältnis zwischen<br />
Kompressorleistung, Turbinenleistung und Speichervolumen<br />
ermittelt ist, wird durch dieselbe Simulation<br />
die Zeitreihe des Speichereinsatzes ermittelt.<br />
3.3 Wirtschaftliche Bewertung<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Mit der Zeitreihe des Speichereinsatzes können die zu<br />
erwartenden Einnahmen direkt den zu erwartenden<br />
Annuitäten der Errichtungs- und Betriebskosten gegenübergestellt<br />
werden. Je nach Ergebnis der wirtschaftlichen<br />
Bewertung kann eine Neudimensionierung mit<br />
einer anderen Speichereinsatzstrategie oder auch einer<br />
Kombination verschiedener Einsatzstrategien erfolgen.<br />
4 Zusammenfassung<br />
Das dargestellte Forschungsvorhaben hat das Ziel, den<br />
möglichen Beitrag von Druckluftspeichern bei der<br />
Integration von WEA in das bestehende Energieversorgungssystem<br />
zu untersuchen und gleichzeitig Druckluftspeicher<br />
technisch-wirtschaftlich zu bewerten. In<br />
Kapitel 2 wird die CAES-Technologie mit ihren Anwendungsmöglichkeit<br />
analysiert. In Kapitel 3 wird das<br />
Verfahren zur geografischen Positionierung, zur Dimensionierung<br />
und zur wirtschaftlichen Bewertung von<br />
CAES dargestellt.<br />
5 Literatur<br />
[1] The European Commission Community Research<br />
Advanced adiabatic compressed air energy storage<br />
(AA-CAES)<br />
http://cordis.europa.eu/data/PROJ_EESD/ACTIO<br />
NeqDndSESIONeq3155200595ndDOCeq5ndTB<br />
LeqEN_PROJ.htm<br />
[2] Schlecht, D.<br />
Lastflussbasierte Vergabe von Übertragungsrechten<br />
im UCTE-Verbund<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 100, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> 2004<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 95
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Strompreismodelle für die mittelfristige Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
Electricity Price Models for Midterm Generation and Trading Planning<br />
Dipl.-Ing. Bernd Tersteegen<br />
bernd.tersteegen@iaew.rwth-aachen.de<br />
Die Etablierung liquider Märkte für elektrische Energie hat dazu geführt, dass der Strompreis zur bestimmenden Größe<br />
für operative und strategische Fragen in den Bereichen der Stromerzeugung und dessen Handel sowie Vertriebs geworden<br />
ist. Diese Größe ist insbesondere aufgrund der Nichtspeicherbarkeit der Ware elektrische Energie mit großer<br />
Unsicherheit behaftet. Daher ist eine möglichst genaue Kenntnis der zukünftigen Strompreisentwicklung für eine<br />
Vielzahl von Fragestellungen in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung von hoher Bedeutung. Ausgehend von einer<br />
Analyse der deterministischen und stochastischen Eigenschaften der Strompreise sowie der sie beeinflussenden<br />
exogenen Größen werden in dem hier vorgestellten Forschungsvorhaben Strompreismodelle für die mittelfristige<br />
Stromerzeugungs- und Handelsplanung entwickelt.<br />
Since liquid markets for electrical energy are established, the price for electrical energy has become the decisive factor<br />
for operational and strategic questions in the field of power generation, trading and sale. Due to the non-storability of<br />
the commodity electrical energy its price is associated with uncertainties. Good knowledge of the future development<br />
of electricity prices is highly significant for a variety of questions in the area of generation and trading planning. Based<br />
on an analysis of the deterministic and stochastic characteristics of electricity prices as well as of exogenous factors<br />
influencing the electricity price, electricity price models for midterm generation and trading planning are developed in<br />
the presented research project.<br />
1 Einleitung<br />
Seit der Liberalisierung der europäischen Märkte für<br />
elektrische Energie und getrieben durch die Vorschriften<br />
der Europäischen Kommission zur Entflechtung der<br />
ehemals vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen<br />
haben sich börsliche wie bilaterale Handelsmöglichkeiten<br />
für elektrische Energie entwickelt.<br />
Sowohl börslicher als auch bilateraler Handel haben<br />
inzwischen eine hinreichende Liquidität erreicht, so<br />
dass für die Ware elektrische Energie ein belastbarer<br />
Marktpreis existiert, der durch den Börsenhandel<br />
transparent wird. Dies hat dazu geführt, dass in der<br />
betrieblichen Praxis die Erzeugung elektrischer Energie<br />
nicht mehr an der Vertriebslast sondern an den Marktpreisen<br />
ausgerichtet wird. Der Strompreis ist damit zur<br />
bestimmenden Größe für operative wie strategische<br />
Entscheidungen in nahezu der gesamten Wertschöpfungskette<br />
der Ware elektrische Energie geworden.<br />
Dies betrifft insbesondere Fragestellungen im mittelfristigen<br />
Zeitbereich, der ähnlich der Energieeinsatzplanung<br />
den Zeithorizont mehrerer Monate bis zu wenigen<br />
Jahren umfasst.<br />
Die Nichtspeicherbarkeit des betrachteten Wirtschaftsguts<br />
und die kurzfristig hohe Inelastizität der Nachfrage<br />
führen zu hochvolatilen Marktpreisen. Stromerzeugungs-,<br />
Handels- wie auch Vertriebsunternehmen<br />
sehen sich aufgrund dieser Volatilität einer wesentlichen<br />
Preisunsicherheit ausgesetzt. Eine genaue<br />
Kenntnis über die zukünftige Entwicklung der Strom-<br />
preise ist für die Qualität der operativen und strategischen<br />
Entscheidungen von großer Bedeutung.<br />
Ziel des hier vorgestellten Forschungsvorhabens ist die<br />
Entwicklung von Strompreismodellen, die eine möglichst<br />
exakte Abschätzung des zukünftigen Verlaufs der<br />
Strompreise als Eingangsgröße für die mittelfristige<br />
Stromerzeugungs- und Handelsplanung erlauben.<br />
2 Analyse<br />
2.1 Eigenschaften der Strompreise<br />
Zur Formulierung geeigneter Strompreismodelle ist eine<br />
genaue Kenntnis der Eigenschaften von Strompreisen<br />
wichtig. Eine übliche Herangehensweise ist die Verwendung<br />
von Methoden der deskriptiven und explorativen<br />
Zeitreihenanalyse, deren erster Schritt eine visuelle<br />
Auswertung der vorliegenden historischen Preiszeitreihe<br />
ist. Die daraus abgeleiteten Hypothesen werden mit<br />
statistischen Verfahren verifiziert.<br />
Erste Ergebnisse einer solchen visuellen Untersuchung<br />
sowie das Heranziehen in der Literatur diskutierter<br />
Analysen [1,2], führen zur grundsätzlichen Unterscheidung<br />
zwischen deterministischen und stochastischen<br />
Eigenschaften.<br />
Die deterministischen Eigenschaften fassen sämtliche<br />
systematischen, also durch äußere Effekte erklärbaren,<br />
Anteile zusammen. Bei Strompreisen ist insbesondere<br />
96 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
ein periodisches Verhalten festzustellen, welches auf<br />
die von der Jahreszeit und der Geschäftstätigkeit<br />
abhängige Nachfrageseite des Preisbildungsprozesses<br />
zurückzuführen ist. Es sind sowohl eine Jahressaison<br />
als auch charakteristische Tagesfiguren zu beobachten.<br />
Zudem lässt die visuelle Auswertung das Vorliegen<br />
eines langfristigen Trends vermuten.<br />
Zu den stochastischen, d. h. zufallsbedingten, Eigenschaften<br />
der Strompreise zählen die Mean-Reversion<br />
Eigenschaft, die hohe Volatilität sowie das Auftreten<br />
extremer Preisspitzen. Als Mean-Reversion bezeichnet<br />
man die Eigenschaft der Strompreise, um ein längerfristiges<br />
Preisniveau mit kurzfristigen Ausschlägen zu<br />
schwanken. Dies erscheint plausibel, da der Angebotsseite<br />
des Preisbildungsprozesses die Erzeugungsgrenzkosten<br />
zugrunde liegen. Diese haben einen Einfluss auf<br />
das längerfristige Preisniveau der Strompreise, Abweichungen<br />
davon sind auf kurzfristige Schwankungen der<br />
Angebots- bzw. Nachfrageseite zurückzuführen. Die<br />
hohe Volatilität resultiert ebenfalls aus diesen Schwankungen<br />
und weist eine zeitliche Varianz auf. Aufgrund<br />
der Nichtlinearität der Grenzkostenkurve, die im<br />
Schwachlastbereich flacher als im Starklastbereich<br />
verläuft, führen Nachfrageschwankungen in Schwachlastzeiten<br />
bei gleicher Grenzkostenkurve zu geringeren<br />
Preisschwankungen als in Starklastzeiten. Durch<br />
Kraftwerksausfälle, extreme klimatische Gegebenheiten<br />
oder auch irrationales Bieterverhalten kann es<br />
kurzfristig zu extremen Preisspitzen kommen. Im Jahr<br />
2006 ist es an der deutschen Strombörse European<br />
Energy Exchange bspw. in einzelnen Stunden zu Preisen<br />
von bis zu rund 2500 EUR/MWh gekommen [3].<br />
Neben den deterministischen und stochastischen<br />
Eigenschaften, lässt sich feststellen, dass die Strompreise<br />
auch von exogenen Größen, wie bspw. den<br />
Brennstoffkosten oder den Preisen für Emissionszertifikate,<br />
beeinflusst werden. Mit den Mitteln der Regressionsanalyse<br />
lassen sich derartige Abhängigkeiten<br />
belegen. Unter Umständen lassen sich solche Korrelationen<br />
allerdings nicht eindeutig feststellen, da in der<br />
Regel eine Vielzahl von Größen miteinander in Wechselwirkungen<br />
stehen. Im Falle der Strompreise ist<br />
davon auszugehen, dass die Erwartung des Marktes<br />
über die in den Preisbildungsprozessen implizierten<br />
Wechselwirkungen sowie die Entwicklung der die<br />
Strompreise beeinflussenden Größen in den Terminmarktpreisen<br />
widergespiegelt sind. Diese könnten<br />
daher zur aggregierten Abbildung des Einflusses der<br />
exogenen Größen anstelle der exogenen Größen selbst<br />
herangezogen werden.<br />
Aufgrund von Unsicherheiten in der Entwicklung der die<br />
Strompreise beeinflussenden Größen, besteht für die<br />
Strompreise ebenfalls eine Unsicherheit hinsichtlich<br />
ihrer längerfristigen Entwicklung. Neben einer die<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
kurzfristigen stochastischen Effekte abbildenden<br />
Berücksichtigung kurzfristiger Zeitabhängigkeiten sind<br />
daher auch längerfristige Zeitabhängigkeiten der<br />
Strompreise zu berücksichtigen.<br />
2.2 Strompreismodelle<br />
Zur Modellierung der Strompreise sind in der Literatur<br />
zwei wesentliche Klassen von Modellen bekannt, deren<br />
grundlegende Ideen im Folgenden erläutert werden.<br />
2.2.1 Fundamentalmodelle<br />
Der den Fundamentalmodellen zugrunde liegende<br />
Ansatz geht davon aus, dass sich die Strompreise<br />
vollständig durch Abbildung wesentlicher physikalischer<br />
und wirtschaftlicher Zusammenhänge beschreiben<br />
lassen. Ausgehend von einer grenzkostenbasierten<br />
Preisbildung werden Fundamentalmodelle häufig um<br />
spieltheoretische Modelle zur Abbildung strategischen<br />
Bieterverhaltens ergänzt, das mit einer oligopolistischen<br />
Marktstruktur begründet wird.<br />
Für die Modellierung der Angebots- wie der Nachfrageseite<br />
entsteht ein hoher Datenaufwand. Hinsichtlich<br />
der Angebotsseite ist bspw. eine detaillierte Kenntnis<br />
des Kraftwerksparks und der Brennstoffpreise notwendig.<br />
Die Entwicklung beider Größen muss ebenfalls<br />
möglichst exakt abgebildet werden. Die notwendige<br />
Detaillierung einzelner Elemente des Fundamentalmodells<br />
orientiert sich dabei an den untersuchten Fragestellungen<br />
und dem betrachteten Zeitbereich. Fundamentalmodelle<br />
finden meist im mittel- bis langfristigen<br />
Zeitbereich Anwendung.<br />
2.2.2 Stochastische Modelle<br />
Die Grundidee stochastischer Modelle basiert auf der<br />
Annahme, dass sich sämtliche Marktinformationen, die<br />
zur Abschätzung der zukünftigen Entwicklung der<br />
betrachteten Größe relevant sind, in den historischen<br />
Ausprägungen dieser Größe widerspiegeln. In dieser<br />
Grundform entsprechen stochastische Modelle im<br />
Wesentlichen einer Fortschreibung der aus den historischen<br />
Daten abgeleiteten deterministischen und<br />
stochastischen Eigenschaften in die Zukunft. Voraussetzung<br />
für die Anwendbarkeit solcher Modelle ist die<br />
Zulässigkeit der Annahme, dass die historischen<br />
Eigenschaften der Preise auch für die Zukunft Geltung<br />
haben. Längerfristige Entwicklungen, wie bspw. eine<br />
Veränderung des Kraftwerksparks, können dazu führen,<br />
dass diese Annahme nicht mehr oder nur noch teilweise<br />
gültig ist. Daher finden stochastische Modelle in der<br />
Regel im kurz- bis mittelfristigen Zeitbereich Anwendung.<br />
Zusätzlich besteht die Möglichkeit stochastische<br />
Modelle durch die Betrachtung exogener Größen zu<br />
ergänzen, um auf diese Weise die Genauigkeit des<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 97
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Strompreismodells insbesondere hinsichtlich der<br />
Berücksichtigung sich vollziehender Strukturumbrüche<br />
zu verbessern.<br />
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Anwendung<br />
stochastischer Modelle zur Strompreismodellierung, da<br />
sie für die betrachteten Fragestellungen am viel<br />
versprechendsten erscheinen.<br />
3 Ausblick<br />
In dieser Arbeit sollen ausgehend von einer Analyse der<br />
Eigenschaften von Spot- und Terminmarktpreisen sowie<br />
deren gegenseitigen Abhängigkeiten Strompreismodelle<br />
für den mittelfristigen Zeitbereich entwickelt werden.<br />
Ebenfalls wird untersucht, welche exogenen<br />
Größen den Strompreis beeinflussen. Zur gemeinsamen<br />
Modellierung der deterministischen und stochastischen<br />
Eigenschaften der Strompreise sowie der exogenen<br />
Einflüsse scheint die Wahl eines Mehrkomponentenmodells,<br />
wie Bild 1 dargestellt, sinnvoll.<br />
Deterministische Komponente<br />
Strompreismodell<br />
Stochastische Komponente<br />
Exogene Komponente<br />
Bild 1: Mehrkomponentenmodell für Strompreise<br />
Der wesentliche Forschungsbedarf besteht in der<br />
Ausgestaltung der stochastischen wie der exogenen<br />
Komponente. Für erstere werden geeignete stochastische<br />
Prozesse ausgewählt, die es erlauben, alle<br />
relevanten stochastischen Eigenschaften abzubilden.<br />
Für die Ausgestaltung der exogenen Komponente wird<br />
untersucht, ob der Einfluss exogener Größen auf den<br />
Strompreis im Modell unmittelbar durch Regressoren<br />
abgebildet werden kann. Alternativ wird analysiert, ob<br />
die Markteinschätzung, wie sie sich bspw. im Terminmarktpreis<br />
widerspiegelt, zur Abbildung der Wechselwirkungen<br />
zwischen exogenen Größen und dem<br />
Strompreis besser geeignet ist.<br />
4 Literatur<br />
[1] Schmöller, H. K.<br />
Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen<br />
Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, <strong>Aachen</strong>er Beiträge<br />
zur Energieversorgung, Bd. 103, Klinkenberg Verlag,<br />
<strong>Aachen</strong> 2005<br />
[3] Borgmann, E.<br />
Preisrisikomanagement im liberalisierten deutschen<br />
Strommarkt<br />
Dissertation TU Bergakademie Freiberg<br />
Freiberger Dissertationen Online, Nr. 244, 2004<br />
www.fridolin.tu-freiberg.de<br />
Stand 23.2.<strong>2007</strong><br />
[3] Webseite der European Energy Exchange (EEX)<br />
www.eex.de<br />
Stand 23.2.<strong>2007</strong><br />
98 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
1 Einleitung<br />
1.1 Motivation der Arbeit<br />
Mit Inkrafttreten des novellierten Energiewirtschaftsgesetzes<br />
ist erstmals die Einführung einer Anreizregulierung<br />
für die Betreiber elektrischer Energieverteilungsnetze<br />
in Deutschland vorgesehen. Auf diese<br />
Weise soll die Bewirtschaftung der natürlichen Netzmonopole<br />
zukünftig einen wirksamen und unverfälschten<br />
Wettbewerb erfahren. In diesem Zusammenhang<br />
ist für die notwendige Effizienzbestimmung einzelner<br />
Netzbetreiber sowie zur individuellen Festlegung<br />
angemessener Netzzugangsentgelte und Erlöse die<br />
Anwendung analytischer Kostenmodelle vorgesehen.<br />
Eine ausschließliche Bewertung von Kosten und<br />
Erlösen ohne Berücksichtigung der Versorgungsqualität<br />
kann in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll sein, da<br />
ein auf diese Weise stimuliertes Effizienzstreben der<br />
Netzbetreiber langfristig zu Kostenreduktionen führt,<br />
die gleichzeitig zu Lasten der Versorgungsqualität<br />
gehen [1]. Aus diesem Grund sieht das EnWG ausdrücklich<br />
die Erweiterung der Anreizregulierung um einzelne<br />
Aspekte einer Qualitätsregulierung vor (vgl. §21a<br />
Absatz 5, EnWG).<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Kosten der Versorgungszuverlässigkeit elektrischer Verteilungsnetze<br />
Correlations between Supply Reliability and Costs of Distribution Networks<br />
Dipl.-Ing. Frank Wirtz<br />
Frank.Wirtz@iaew.rwth-aachen.de<br />
Der Aufbau einer Regulierungsbehörde für Strom und Gas in Deutschland und die fortschreitende Einführung von<br />
Regulierungsstandards nach europäischem Vorbild führt bei vielen deutschen Netzbetreibern zu einer kritischen Bewertung<br />
der Kosten und Qualität ihrer Netze. Die unterschiedlichen Einflüsse auf die Versorgungszuverlässigkeit als<br />
wichtiges Qualitätsmerkmal von Verteilungsnetzen und deren spezifische Kosten sind jedoch bisher nur unzureichend<br />
bekannt. Aus diesem Grund sollen in dieser Forschungsarbeit die Auswirkungen relevanter Einflussgrößen auf die<br />
spezifischen Kosten der Versorgungszuverlässigkeit analysiert und quantifiziert werden. Dazu sind sowohl die charakteristischen<br />
Strukturmerkmale der Versorgungszuverlässigkeit abzuleiten als auch die signifikanten Einflussmöglichkeiten<br />
der Netzbetreiber auf den Zusammenhang von Kosten und Zuverlässigkeit zu quantifizieren. Mit den Ergebnissen dieser<br />
Arbeit wird es möglich sein, Zuverlässigkeit und Kosten von Verteilungsnetzen in Planungs- und Bewertungsprozessen<br />
besser aufeinander abzustimmen.<br />
Due to the establishment of a regulation authority, German system operators will have to face similar regulation<br />
methods and standards concerning costs and reliability, as they are already established in several European countries.<br />
Hence, they have to ensure reasonable use-of-system charges while providing an appropriate level of reliability of<br />
supply. However, correlations between reliability and costs are still insufficient established. For this reason the research<br />
objective of this study comprises the analysis and quantification of correlations and dependencies among the<br />
reliability of supply, network costs and significant influencing parameters. Therefore, the effect of significant influencing<br />
parameters, concerning the area to be supplied and the planning strategies of the system operator, on correlations<br />
between reliability and costs have to be quantified. Furthermore, structural features affecting the reliability of supply<br />
have to be identified. With results of this study system operators as well as regulation authorities can achieve a more<br />
efficient adjustment of supply reliability and network costs concerning individual distribution networks.<br />
Die zukünftige Anwendung analytischer Kostenmodelle<br />
führt bei vielen Netzbetreibern zu der Frage nach den<br />
minimalen Netzzugangsentgelten oder Netzkosten, die<br />
eine angemessene Versorgungsqualität und gleichzeitig<br />
eine nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Netze unter den<br />
individuellen Randbedingungen ermöglichen.<br />
Der Zusammenhang zwischen der Versorgungszuverlässigkeit<br />
als wichtigem Qualitätskriterium elektrischer<br />
Verteilungsnetze und den Netzkosten sowie die<br />
Auswirkungen unterschiedlicher Randbedingungen und<br />
Freiheitsgrade der Netzplanung auf dieses Wirkungsgefüge<br />
sind bis heute jedoch nur unzureichend untersucht.<br />
Die Einführung diskriminierungsfreier und effizienter<br />
Kosten- und Qualitätsregulierungsstandards aber auch<br />
die Bestimmung von Verteilungsnetzstrukturen mit<br />
angemessenem Kosten- und Qualitätsniveau würde<br />
durch eine Quantifizierung dieser Zusammenhänge<br />
erleichtert.<br />
1.2 Ziel der Arbeit<br />
Ziel dieser Forschungsarbeit ist die quantitative<br />
Bewertung des Einflusses unterschiedlicher Randbedingungen<br />
und Freiheitsgrade der Netzplanung auf das<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 99
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Wirkungsgefüge von Versorgungszuverlässigkeit und<br />
Netzkosten von Mittelspannungsnetzen. Zu den<br />
betrachtungsrelevanten Einflussgrößen zählen dabei<br />
sowohl charakteristische Strukturmerkmale der Versorgungsaufgabe<br />
als auch individuelle Vorgaben der<br />
Netzplanung.<br />
2 Analyse<br />
2.1 Systembereich<br />
Auswertungen der VDN-Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik<br />
[2] sowie internationale Studien des Council of<br />
European Energy Regulators (CEER) [3] belegen, dass<br />
der wesentliche Anteil störungsbedingter Versorgungsunterbrechungen<br />
von NS-Kunden durch die Verteilungsnetze<br />
der Mittelspannungsebene verursacht wird.<br />
Im Hinblick auf das Ziel dieser Forschungsarbeit liegt<br />
der Fokus der geplanten Untersuchungen somit auf der<br />
Analyse von Mittelspannungsnetzen.<br />
2.2 Relevante Einflussgrößen<br />
Die wesentlichen Einflussgrößen auf Versorgungszuverlässigkeit<br />
und Kosten von Mittelspannungsnetzen<br />
lassen sich nach Bild 1 grundsätzlich in zwei Kategorien<br />
einteilen.<br />
Versorgungszuverlässigkeit<br />
Einflussgrößen (Planungsvorgaben)<br />
Strukturmerkmale der<br />
Versorgungsaufgabe<br />
Charakteristische Kenngrößen<br />
des Versorgungsgebiets und<br />
der Netzkunden<br />
nicht<br />
beeinflussbar<br />
Technische Randbedingungen<br />
Bild 1: Relevante Einflussgrößen<br />
Netzkosten<br />
netzplanerische<br />
Freiheitsgrade<br />
Freiheitsgrade bei Netzstruktur,<br />
Netzausstattung und<br />
Netzbetrieb<br />
beeinflussbar<br />
Strukturmerkmale der Versorgungsaufgabe beschreiben<br />
das Versorgungsgebiet und die dort ansässige Netzkundenstruktur.<br />
Sie umfassen die unveränderlichen<br />
Randbedingungen der Versorgungsaufgabe, die durch<br />
den Netzbetreiber nicht beeinflusst werden können. Zu<br />
diesen Einflussgrößen zählen beispielsweise Last- und<br />
Anschlussdichte, die Inhomogenität der Lastverteilung,<br />
die Siedlungsstruktur sowie topographische Besonderheiten<br />
des Versorgungsgebiets. Die zweite Kategorie<br />
von Einflussgrößen umfasst netzplanerische Freiheitsgrade,<br />
die der individuellen Strategie des Netzbetreibers<br />
unterliegen. Zu diesen Einflussgrößen zählen u. a.<br />
Freiheitsgrade hinsichtlich Struktur, Ausstattung und<br />
Betrieb elektrischer Netze.<br />
Zusätzlichen Einfluss auf Kosten und Zuverlässigkeit<br />
haben die beim Netzplanungsprozess einzuhaltenden<br />
technischen Randbedingungen. Dazu zählen Vorgaben<br />
zur Netzsicherheit sowie Grenzwerte für Spannungshaltung<br />
und Kurzschlussströme. Normen, Standards oder<br />
Betriebsmittelspezifikationen erlauben jedoch oftmals<br />
nur sehr eingeschränkte Variationsmöglichkeiten,<br />
wodurch für die Untersuchungen dieser Forschungsarbeit<br />
praxisübliche Grenzwerte als feste Randbedingung<br />
angenommen werden.<br />
2.3 Kosten der Versorgungszuverlässigkeit<br />
Werden beim Netzplanungsprozess Grenzwerte der<br />
Versorgungszuverlässigkeit berücksichtigt, so kann für<br />
eine individuelle Versorgungsaufgabe unter Berücksichtigung<br />
aller relevanten Planungsvorgaben die kostengünstigste<br />
Netzstruktur bestimmt werden, die zusätzlich<br />
ein vordefiniertes Zuverlässigkeitsniveau erfüllt.<br />
Die Zuverlässigkeit wird dabei anhand geeigneter<br />
probabilistischer Kenngrößen, z. B. der kundenbezogenen<br />
Unterbrechungshäufigkeit oder Unterbrechungsdauer,<br />
bestimmt. Die betrachtungsrelevanten Netzkosten<br />
umfassen ausschließlich unmittelbar netzbedingte<br />
Kosten, wie Investitions-, Betriebs- und Verlustkosten.<br />
Eine Variation der Versorgungszuverlässigkeitsgrenzwerte<br />
bei sonst unveränderten Planungsvorgaben führt<br />
zu unterschiedlichen kostenminimalen Verteilungsnetzstrukturen.<br />
Auf diese Weise kann ein direkter Zusammenhang<br />
zwischen den minimal erreichbaren Netzkosten<br />
und den Grenzwerten der Versorgungszuverlässigkeit<br />
hergestellt werden. Dieser Zusammenhang wird<br />
ganz wesentlich von den Strukturmerkmalen der<br />
Versorgungsaufgabe sowie der Parametrierung netzplanerischer<br />
Freiheitsgrade beeinflusst.<br />
3 Geplante Vorgehensweise<br />
3.1 Verfahrensauswahl<br />
Die Untersuchungen dieser Forschungsarbeit sollen<br />
durch Modellierung und Analyse synthetischer Versorgungsszenarien<br />
erfolgen. Im Vergleich zu einer statistischen<br />
Auswertung realer Versorgungsszenarien liefert<br />
der synthetische Ansatz eindeutige funktionale Zusammenhänge<br />
zwischen den Einflussgrößen (Strukturmerkmale<br />
der Versorgungsaufgabe, netzplanerische<br />
Freiheitsgrade), der Versorgungszuverlässigkeit und den<br />
spezifischen Netzkosten.<br />
3.2 Allgemeiner Untersuchungsansatz<br />
Die geplanten Untersuchungen dieser Forschungsarbeit<br />
basieren auf einem mehrstufigen Ansatz (siehe Bild 2).<br />
100 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Als Grundlage für jedes Untersuchungsszenario wird<br />
zunächst mithilfe einer rechnerbasierten Modellierung<br />
eine charakteristische Versorgungsaufgabe generiert,<br />
die unter Berücksichtigung der individuell vordefinierten<br />
Strukturmerkmale ein charakteristisches Versorgungsgebiet<br />
mit einer entsprechenden Netzkundenstruktur<br />
umfasst. Das resultierende synthetische<br />
Netzgebiet berücksichtigt alle wesentlichen Zusammenhänge<br />
einer realen Versorgungsaufgabe und<br />
spiegelt somit hinreichend realitätsnah die vordefinierten<br />
Strukturmerkmale wider.<br />
Für jede Versorgungsaufgabe muss eine Netzstruktur<br />
generiert werden, die alle spezifischen Planungsvorgaben<br />
und technischen Randbedingungen berücksichtigt<br />
und gleichzeitig unter Einhaltung der vorgegebenen<br />
Zuverlässigkeitsgrenzwerte kostenminimal ist. Diese<br />
Planungsaufgabe wird unter Anwendung eines praxiserprobten,<br />
rechnerbasierten Optimierungsverfahrens [4]<br />
gelöst, das die geschlossene Optimierung auch großer<br />
Mittelspannungsnetze unter Berücksichtigung aller<br />
planungsrelevanten Randbedingungen und Freiheitsgrade<br />
ermöglicht.<br />
Durch Variation der Zuverlässigkeitsrandbedingungen<br />
und Auswertung der resultierenden Untersuchungsszenarien<br />
kann der Zusammenhang zwischen den minimalen<br />
Netzkosten und Grenzwerten der Versorgungszuverlässigkeit<br />
für eine konkrete Versorgungsaufgabe und<br />
unter Berücksichtigung spezifischer Planungsvorgaben<br />
bestimmt werden.<br />
Mit dem beschriebenen Verfahren soll zunächst der<br />
Einfluss der Versorgungsaufgabe auf die Versorgungszuverlässigkeit<br />
untersucht werden. Dazu werden<br />
wesentliche Strukturmerkmale innerhalb praxisüblicher<br />
Bandbreiten variiert, so dass eine Vielzahl von Versorgungsszenarien<br />
entstehen, die sich jeweils in einem<br />
Strukturmerkmal unterscheiden. Für jedes Untersuchungsszenario<br />
können im Rahmen der Grenzkostenanalyse<br />
die minimalen Netzkosten für ein vorgegebenes<br />
Zuverlässigkeitsniveau ermittelt werden. Durch die<br />
vergleichende Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit<br />
von Netzstrukturen, die unterschiedliche Versorgungsaufgaben<br />
mit äquivalenten Netzkosten erfüllen,<br />
können die Einflüsse individueller Strukturmerkmale auf<br />
die Versorgungszuverlässigkeit quantifiziert und so<br />
Strukturmerkmale mit signifikantem Einfluss auf die<br />
Versorgungszuverlässigkeit abgeleitet werden. Darüber<br />
hinaus sollen die Einflussmöglichkeiten der Netzbetreiber<br />
auf das Wirkungsgefüge von Netzkosten und<br />
Versorgungszuverlässigkeit bewertet werden. Diese<br />
Untersuchungen basieren auf einer begrenzten Anzahl<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
konkreter Versorgungsaufgaben. Für einzelne Versorgu8ngsaufgaben<br />
werden individuelle Planungsvorgaben<br />
in praxisüblichen Bandbreiten variiert, um so Auswirkungen<br />
auf Zuverlässigkeit und Kosten quantifizieren zu<br />
können.<br />
Untersuchungsszenario<br />
Definition der<br />
Versorgungsaufgabe<br />
individuelle Parametrierung<br />
von Strukturmerkmalen<br />
Rechnerbasierte Grundsatzplanung<br />
Generierung kostenminimaler<br />
Netzstrukturen<br />
Einhaltung von Grenzwerten<br />
der Versorgungszuverlässigkeit<br />
Bewertung von Zuverlässigkeit<br />
und Kosten<br />
Netzplanerische<br />
Freiheitsgrade<br />
spezifische Vorgaben für<br />
Netzplanung und -betrieb<br />
Quantifizierung von Einflussgrößen auf die Kosten der<br />
Versorgungszuverlässigkeit<br />
Strukturmerkmale der Versorgungszuverlässigkeit<br />
Zuverlässigkeitsgrenzwerte<br />
Technische<br />
Randbedingungen<br />
Betriebsmittelkenngrößen<br />
- Kosten<br />
- Zuverlässigkeit<br />
Grenzkosten der Versorgungszuverlässigkeit<br />
Bild 2: Methodisches Vorgehen<br />
4 Literatur<br />
[1] Wagner, R.; Cohnen, B.<br />
Sicherung der Versorgungsqualität unter Anreizregulierung<br />
– Ansätze aus UK und Niederlande<br />
e/m/w Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb,<br />
Heft 2/2005<br />
[2] VDN e.V. beim VDEW<br />
VDEW/VDN - Störungsstatistik<br />
VWEW-Verlag, Frankfurt a. M., 1994-2001<br />
[3] Electricity Working Group on Quality of Supply<br />
Second Benchmarking Report on Quality of Electricity<br />
Supply 2003<br />
Council of European Energy Regulators (CEER),<br />
Brüssel, 2003<br />
[4] Tao, X.; Haubrich, H.-J.; Maurer, C.<br />
Automatisierte Grundsatzplanung für Mittelspannungsnetze<br />
et, 56.Jg. (2006), Heft 3, S. 8-11<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 101
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit von Gasnetzen<br />
Evaluation of the Reliability of Gas Networks<br />
Dipl.-Ing. Patrick Wittenberg<br />
pw@iaew.rwth-aachen.de<br />
Aufgrund der steigenden Bedeutung von Erdgas als Energieträger wird eine sichere Erdgasversorgung der Kunden<br />
immer wichtiger. Dabei wird im Gasfach zwischen der Sicherheit und der Sicherstellung der Versorgung unterschieden.<br />
Ein wesentlicher Bestandteil der Sicherstellung der Versorgung ist die Versorgungszuverlässigkeit der Gasnetze. Um<br />
diese bei der Planung oder Bewertung von Netzen zu berücksichtigen, muss sie bestimmt werden können. In dieser<br />
Arbeit sollen daher Kenngrößen ermittelt werden, die eine Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit von Gasnetzen<br />
ermöglichen. Störungsstatistiken der Netze können als Grundlage dienen.<br />
As a result of the growing relevance of natural gas as an energy source, a save natural gas supply of the customers<br />
becomes more and more important. The gas community differentiates between the security and the securing of the gas<br />
supply. A main component of the securing of the supply is the reliability of the gas networks. The reliability could make<br />
a useful contribution to extension planning and evaluation of gas networks. In this thesis, key figures evaluating the<br />
reliability of gas networks shall be identified. Existing disturbance statistics can serve as a basis.<br />
1 Motivation<br />
Die wachsende Bedeutung von Erdgas als Energieträger<br />
[1] forciert den Ausbau von Gasnetzen. Gasnetzbetreiber<br />
(GNB) sind daran interessiert, eine sichere<br />
Versorgung zu möglichst geringen Kosten zu gewährleisten.<br />
Dabei wird zwischen der Sicherheit (für Personen<br />
und Betriebsmittel) und der Sicherstellung der<br />
Versorgung unterschieden. Ein wesentlicher Faktor der<br />
Sicherstellung der Versorgung ist die Versorgungszuverlässigkeit<br />
der Gasnetze. Auf diese kann der GNB mit<br />
gezielter Ausbauplanung seines Netzes Einfluss<br />
nehmen. Mit der Möglichkeit der Bewertung der<br />
Versorgungszuverlässigkeit können die Netze den<br />
Bedürfnissen der Kunden und denen der GNB angepasst<br />
werden.<br />
Die Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit von<br />
Gasnetzen gewinnt ebenfalls durch die bevorstehende<br />
Anreizregulierung an Bedeutung. Eine ausschließlich<br />
auf Effizienzsteigerung ausgelegte Anreizregulierung<br />
könnte zu Einsparungen zu Lasten der Versorgungszuverlässigkeit<br />
führen. Um dies zu verhindern, kann die<br />
Versorgungszuverlässigkeit als Gegenpol zu den<br />
Netzkosten in die Bewertung der Netze einbezogen<br />
werden [2].<br />
Laut dem Zweiten Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts<br />
sind GNB dazu verpflichtet, der<br />
Bundesnetzagentur (BNetzA) einen Bericht über<br />
aufgetretene Versorgungsunterbrechungen vorzulegen<br />
[3]. Die Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches<br />
e.V. (DVGW) sammelt ebenfalls Störungsdaten der<br />
GNB. Diese Statistiken können eine Grundlage zur<br />
Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit von Gasnetzen<br />
darstellen.<br />
Ziel der Arbeit ist es, Kenngrößen, die eine Bewertung<br />
der Versorgungszuverlässigkeit von Gasnetzen ermöglichen,<br />
zu identifizieren. GNB wären somit in der Lage<br />
mittels Prognosen die Versorgungszuverlässigkeit ihrer<br />
Gasnetze zu optimieren. Die BNetzA könnte die Kenngrößen<br />
als Qualitätsmaß für die vergleichende Bewertung<br />
von Gasnetzen nutzen.<br />
2 Geplantes Vorgehen<br />
Zunächst werden die unterschiedlichen Störungen und<br />
die Abläufe zur Störungsbeseitigung von GNB eruiert,<br />
um eine realitätsnahe Wissensbasis zu erhalten.<br />
Aufgrund der Erkenntnisse dieser Analyse und mit Hilfe<br />
der Störungsstatistiken werden dann mögliche Kenngrößen<br />
zur Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit<br />
von Gasnetzen abgeleitet. Hierbei gilt es, Analogien zur<br />
Bestimmung der Versorgungszuverlässigkeit im Stromsektor<br />
auszunutzen.<br />
3 Literatur<br />
[1] Piller-Kornherr, C.; Baldia, P.<br />
Energieträger Gas weltweit stark im Kommen<br />
DVGW Jahresrevue – Sonderausgabe für das<br />
deutsche Gas- und Wasserfach 2006/<strong>2007</strong>, 2006,<br />
S.50-53<br />
[2] Müller-Kirchenbauer, J. Dr.-Ing.<br />
Strom und Gasnetzregulierung - Anreizregulierung<br />
Vorlesung WS 2006/<strong>2007</strong>, S. 23-24,<br />
<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
[3] Der Deutsche Bundestag<br />
Zweites Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts<br />
Bundesgesetzblatt, Jg. 2005, Teil I, Nr. 42, § 52<br />
102 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 103
Methoden zur Preiskalkulation für den Stromvertrieb<br />
Methods of Price Calculation for Sales Departments of<br />
Electrical Energy Suppliers<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
Dipl.-Ing. M.Sc. Uwe Padberg; Dr.-Ing. Thomas Hartmann; Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig<br />
uwe.padberg@iaew.rwth-aachen.de<br />
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Hermann Egger; Dipl.-Ing. Dr. techn. Thomas Schwaninger, KELAG – Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft,<br />
Klagenfurt<br />
Aufgrund der Liberalisierung des Stromsektors profitieren Endkunden von einem Preiswettbewerb, der den Vertrieb von<br />
Energieversorgungsunternehmen vor neue Herausforderungen stellt: Einerseits können neue Kunden akquiriert werden,<br />
andererseits besteht die Gefahr des Verlusts von Bestandskunden an die Konkurrenz. Der Vertrieb muss daher Kunden<br />
einen konkurrenzfähigen Strompreis anbieten. Zur Berechnung dieses Preises ist die Kenntnis der eigenen Beschaffungskosten<br />
sowie der weiteren Kosten infolge risikobehafteter Planungsgrößen essentiell, um die eigene Rentabilität<br />
zu gewährleisten. Insbesondere für Großkunden, die individuell ein stark unterschiedliches Lastverhalten aufweisen<br />
können, stellt die Ermittlung der Beschaffungskosten eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Aus dieser Motivation erfolgte<br />
die Entwicklung eines Verfahrens, das die Preiskalkulation unter Berücksichtigung der Strommarktpreise sowie der<br />
Struktur und Prognosegüte des Kundenprofils ermöglicht. Die Kosten zur Versorgung eines Kunden werden unter<br />
Einbeziehung risikobehafteter Planungsgrößen bei unterschiedlichen Handelsstrategien am Strommarkt quantifiziert.<br />
Due to the liberalisation of the electricity sector, end consumers benefit from a price competition which leads to a new<br />
challenge for the sales department of energy supply companies. On the one hand, the chance of acquiring new customers<br />
arises. On the other hand, the risk of losing customers to competitors emerges. Hence, the sales department has to<br />
offer a competitive electricity price to customers. For the calculation of prices for a profitable offer, it is essential to<br />
know the procurement costs as well as the costs originating from planning risks in order to remain profitable. Particularly<br />
for bulk customers, with their individual and varying load characteristics, the quantification of the costs is a<br />
challenging task. This is the motivation for the development of a method to support the price calculation under consideration<br />
of uncertainties of market prices as well as the structure and forecast quality of the customer demand. The<br />
costs for the supply of customers are determined on the basis of planning risks and different trading strategies at the<br />
energy markets.<br />
1 Einleitung<br />
Durch die Liberalisierung des Stromsektors hat sich ein<br />
Preiswettbewerb entwickelt, der es Endverbrauchern<br />
ermöglicht, ihren Versorger frei zu wählen. Energieversorgungsunternehmen<br />
wird dadurch einerseits die<br />
Chance eröffnet, Kunden außerhalb des ursprünglichen<br />
Versorgungsgebietes zu akquirieren, andererseits besteht<br />
die Gefahr des Versorgerwechsels von Bestandskunden<br />
zu einem konkurrierenden Stromversorger.<br />
Auf diese veränderten Rahmenbedingungen muss der<br />
Vertrieb von Energieversorgungsunternehmen reagieren,<br />
indem er einen konkurrenzfähig kalkulierten<br />
Strompreis anbietet. Um die eigene Profitabilität zu<br />
gewährleisten, ist es notwendig, die anfallenden<br />
Kosten zur Kundenversorgung zu kennen. Für Kleinkunden<br />
können die Kosten des untereinander vergleichbaren<br />
Lastverhaltens aufgrund von Mittelungseffekten<br />
und der großen Anzahl der Kunden im Portfolio hinreichend<br />
genau ermittelt werden. Großkunden hingegen<br />
weisen sehr individuelle Lastverläufe auf, die im Ver-<br />
gleich zu Kleinkunden deutliche Abweichungen des tatsächlichen<br />
Verbrauchs vom geplanten Lastverhalten<br />
aufweisen können, was die Kosten der Versorgung beeinflusst.<br />
Zudem ist eine vollständige Energiebeschaffung<br />
zu sicheren Preisen am Strommarkt nicht möglich.<br />
Durch diese Unsicherheiten wird die Ermittlung eines<br />
fairen, d. h. sowohl konkurrenzfähigen als auch kostendeckenden<br />
Preisangebots erschwert. In dieser Studie<br />
wurde in Zusammenarbeit mit KELAG ein Verfahren zur<br />
Strompreiskalkulation von Endkunden entwickelt, in<br />
dem die Beschaffungskosten unter Berücksichtigung<br />
der Unsicherheiten des Lastverhaltens sowie der Preisrisiken<br />
am Strommarkt quantifiziert werden können.<br />
2 Methodisches Vorgehen<br />
2.1 Vorgehen bei der Kundenakquisition<br />
Um als Versorger einen Großkunden gewinnen oder<br />
halten zu können, ist es notwendig, ein konkurrenzfähiges<br />
Angebot zu unterbreiten, wobei aufgrund des<br />
homogenen Gutes "elektrische Energie" die Preisvor-<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 103
STUDIENBEISPIELE<br />
stellung des Kunden das entscheidende Differenzierungskriterium<br />
ist. Diese Preisvorstellungen ergeben<br />
sich aus Angeboten konkurrierender Stromversorger<br />
und den Kosten, die sich aus der Versorgung des<br />
Kunden ergeben.<br />
Die Preisgestaltung muss sich daher an den tatsächlichen<br />
Beschaffungskosten zur Versorgung des Kunden<br />
orientieren. Bei der Preiskalkulation lassen sich dabei<br />
drei Preiskomponenten identifizieren:<br />
• Basispreis<br />
• Strukturierungszuschlag<br />
• Risikozuschlag<br />
Der Basispreis ergibt sich durch die Kosten von Standardprodukten<br />
im Monats- bis Jahresbereich, wie z. B.<br />
an der European Energy Exchange (EEX). Dabei werden<br />
die Standardprodukte unverzüglich nach Auftragserteilung<br />
(back-to-back-Beschaffung) zu bekannten Preisen<br />
in der Menge gehandelt, die dem prognostizierten<br />
Lastverlauf des Kunden weitestgehend entspricht.<br />
Dabei ist die minimale Lieferrate von 1 MW zu beachten.<br />
Bei dieser Beschaffung existiert keine Preisunsicherheit,<br />
so dass sich als Basispreis lediglich die<br />
Kosten der Börsenprodukte am Terminmarkt ergeben.<br />
Eine exakte Deckung des prognostizierten Lastbedarfs<br />
des Kunden ist jedoch allein durch den Handel von<br />
Terminprodukten nicht möglich, was bei der Verwendung<br />
eines stündlichen oder viertelstündlichen Zeitrasters<br />
deutlich wird. Je nach der Strukturierung der<br />
prognostizierten Last können z. B. Schwankungen im<br />
Stundenbereich nicht durch Beschaffung am Terminmarkt<br />
ausgeglichen werden. Ebenso ist die Beschaffung<br />
von Energiemengen von weniger als 1 MW am<br />
Terminmarkt nicht möglich. Diese stündlichen Lastschwankungen<br />
müssen am Spotmarkt ausgeglichen<br />
werden. Viertelstündliche Schwankungen des prognostizierten<br />
Lastverlaufs werden ex-post am Markt für<br />
Ausgleichsenergie glattgestellt und verrechnet. Als<br />
Berechnungsgrundlage wird der Erwartungswert der<br />
Kosten am Spot- und Ausgleichsenergiemarkt verwendet.<br />
Somit ergibt sich zusätzlich zum Basispreis ein<br />
Strukturierungszuschlag in Abhängigkeit des Lastprofils.<br />
Die Preiskalkulation der Kunden kann aus zwei Gründen<br />
nicht risikolos erfolgen. Einerseits sind die Preise für<br />
den Spot- und Ausgleichsenergiemarkt zum Zeitpunkt<br />
der Angebotserstellung für den Kunden nicht bekannt,<br />
was zu einem Preisrisiko führt. Andererseits stellt das<br />
Lastprofil des Kunden lediglich eine Prognose dar.<br />
Daher kann der tatsächliche Lastverlauf des Kunden<br />
Abweichungen von der Prognose aufweisen. Diese<br />
Abweichungen sind, da sie erst im Nachhinein bekannt<br />
sind, durch Ausgleichsenergie glattzustellen und<br />
werden somit ex-post verrechnet. Da diese Preise<br />
risikobehaftet sind, kann von den Kunden beispielsweise<br />
ein Risikozuschlag erhoben werden, dessen Höhe<br />
von der Genauigkeit seiner Prognose abhängig ist. So<br />
kann der Kunde z. B. eine Bandbreite wählen, innerhalb<br />
derer Abweichungen des tatsächlichen Lastverlaufs<br />
vom prognostizierten Lastverlaufs ohne Sanktionen<br />
zugelassen sind. Werden diese Toleranzen überschritten,<br />
muss der Kunde für die entstehenden Mehrkosten<br />
vollständig aufkommen. Je geringer die Bandbreite der<br />
Lastabweichung ist, auf die sich der Kunde eingrenzen<br />
lässt, desto geringer kann dieser Risikozuschlag<br />
ausfallen.<br />
Somit können mit dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses<br />
bekannten Basispreis der Terminmarktprodukte,<br />
dem durch die Strukturierung der Last bedingten<br />
Strukturierungszuschlag und dem Risikozuschlag, der<br />
aufgrund der Ungenauigkeit der Last- und Preisprognosen<br />
abhängig von der Prognosegüte zu beachten ist, die<br />
Beschaffungskosten quantifiziert werden.<br />
2.2 Verwendete Methodik<br />
Das Verfahren zur Ermittlung der Beschaffungskosten<br />
basiert auf Markt- sowie Kundendaten. Die Abbildung<br />
der unsicheren Spot- und Ausgleichsenergiemarktpreise<br />
erfolgt durch eine Analyse der statistischen Eigenschaften<br />
von historischen Spot- und Ausgleichsenergiemarktdaten,<br />
so dass Preismodelle abgeleitet werden<br />
können. Damit werden eine Vielzahl von Preisszenarien<br />
generiert, die als Eingangsdaten für die nachfolgenden<br />
Verfahrensschritte dienen. Die Terminmarktpreise<br />
werden als sichere Planungsgröße betrachtet, da sie<br />
zum Zeitpunkt der Kostenermittlung bekannt sind.<br />
Zusätzlich sind Prognosen für die jeweiligen Lastprofile<br />
der zu versorgenden Kunden erforderlich. Diese Prognosen<br />
können sowohl auf synthetischen als auch auf<br />
historischen Lastprofilen basieren. Die strukturelle<br />
Charakteristik der Last und die Prognoseunsicherheit<br />
wird über eine Vielzahl von Lastszenarien abgebildet<br />
[1].<br />
3 Verfahren zum Vertriebsportfolio<br />
management<br />
Das Verfahrensprinzip zum stochastischen Vertriebsportfoliomanagement<br />
ist in Bild 1 dargestellt.<br />
Die Eingangsdaten des Verfahrens sind Preise und<br />
Lastszenarien für den Betrachtungszeitraum. Die zum<br />
Zeitpunkt der Angebotserstellung risikobehafteten<br />
104 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Daten, d. h. Kundenlast, Spot- und Ausgleichsenergiemarktpreise,<br />
sind über eine Vielzahl von Szenarien<br />
abgebildet. Einzig die Terminmarktpreise sind ein<br />
sicheres Planungsdatum. Mit dieser stochastischen<br />
Betrachtungsweise ist es möglich, die Struktur des<br />
Lastprofils, die Prognosegüte der Kundenlast sowie die<br />
Preisunsicherheiten in die Kostenermittlung mit<br />
einzubeziehen.<br />
Szenarien<br />
Last<br />
Bildung<br />
EW-Szenario<br />
Terminmarkt<br />
Spotmarkt<br />
Bildung<br />
EW-Szenario<br />
Ermittlung der<br />
Terminmarktentscheidungen<br />
Simulation der Szenarien<br />
Bilanzierung und<br />
Ergebnisauswertung<br />
AE-Markt<br />
Preise<br />
Bild 1: Verfahren zum Vertriebsportfoliomanagement<br />
Die Handelsentscheidungen am Terminmarkt werden<br />
im ersten Verfahrensschritt in Bild 1 ermittelt. Die<br />
einzelnen Szenarien, die mögliche Realisationen der<br />
unsicheren Größen abbilden, werden zur Bildung der<br />
Handelsentscheidungen am Terminmarkt als Erwartungswert<br />
der Preisszenarien nicht herangezogen. Das<br />
Planungsszenario spiegelt die Erwartung der unsicheren<br />
Größen wider. Standardmäßig wird zu diesem<br />
Zweck ein Erwartungswertszenario aus allen Last- und<br />
Spotmarktpreisszenarien generiert. Alternativ zu einem<br />
Erwartungswertszenario kann das Planungsszenario<br />
auch nach anderen Kriterien definiert werden. Das<br />
Planungsszenario dient als Entscheidungsgrundlage für<br />
den Handel am Terminmarkt. Die Handelsentscheidungen<br />
können nach zwei unterschiedlichen Strategien<br />
getroffen werden, der Mengen- und der Kostenminimierung<br />
(Bild 2). Die Preise am Ausgleichsenergiemarkt<br />
gehen nicht mit in die Handelsentscheidungen am<br />
Terminmarkt ein, da der Ausgleichsenergiemarkt<br />
lediglich zum Ausgleich von Prognoseabweichungen<br />
bzw. Abweichungen viertelstündlicher Lastwerte von<br />
der stündlichen Handelsmenge genutzt wird.<br />
Die Strategie der Mengenminimierung stellt eine<br />
risikoaverse Vorgehensweise dar [2]. Das Lastprofil des<br />
Kunden wird mit einem minimalen Handelsvolumen am<br />
Spot- und Ausgleichsenergiemarkt am risikolosen<br />
Terminmarkt beschafft. Die verbleibende Menge wird<br />
am Spotmarkt gehandelt und am Ausgleichsenergiemarkt<br />
glattgestellt. Bei dieser Strategie müssen keine<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
Marktpreise berücksichtigt werden, so dass keine<br />
kostenoptimale Beschaffung erfolgt.<br />
Die Strategie der Kostenminimierung versucht, eine<br />
möglichst kostenoptimale Beschaffung zu erzielen. Das<br />
Entscheidungskriterium sind hier die Termin- und die<br />
Spotmarktpreise. Der Ausgleichsenergiemarkt wird<br />
nicht zur Kostenminimierung herangezogen, sondern<br />
nach wie vor lediglich zum Ausgleich von Lastabweichungen<br />
genutzt. Je nach Terminmarktpreis und den<br />
Erwartungswerten der Spotmarktpreise kann sich eine<br />
Konstellation ergeben, für die in einem Zeitraum die<br />
Energie am Spotmarkt günstiger als am risikolosen<br />
Terminmarkt beschafft werden kann. In diesem Fall<br />
wird die elektrische Energie am risikobehafteten<br />
Spotmarkt beschafft. Um das Risiko des Portfolios zu<br />
steuern, wird als Steuergröße eine so genannte<br />
"Zwangsmenge" vorgegeben, die ein prozentuales<br />
minimales Volumen für den Handel am Terminmarkt<br />
vorgibt, falls der Spotmarkt ein günstigeres Preisniveau<br />
als der Terminmarkt aufweist. Diese Vorgabe führt zu<br />
einer Abweichung von der kostenoptimalen Lösung. Um<br />
das Verhältnis von Risiko zu Kosten zu quantifizieren,<br />
wird die Kostenminimierung bei Variation der Zwangsmenge<br />
mehrmals durchlaufen. Ergebnis sowohl der<br />
Mengen- als auch Kostenminimierung sind die Handelsentscheidungen<br />
am Terminmarkt.<br />
Terminmarkt<br />
(Preise nicht<br />
relevant)<br />
Ermittlung der<br />
Terminmarktentscheidungen<br />
Mengenminimierung<br />
Last<br />
EW-Szenario<br />
Spotmarkt<br />
EW-Szenario<br />
Terminmarkt<br />
(Preise relevant)<br />
Zwangshandel Terminmarkt<br />
Gefahr des vollständigen Spothandels<br />
Risikobegrenzung durch Zwangsmenge<br />
Kostenminimierung<br />
Terminmarktentscheidungen<br />
Bild 2: Strategien der Handelsentscheidungen<br />
Der zweite Verfahrensschritt in Bild 1 übernimmt die<br />
Terminmarktentscheidungen als Eingangsdatum. Für<br />
jede Kombination aus Spotmarktpreis- und Lastszenario<br />
wird eine Simulation durchgeführt, für die die Beschaffungskosten<br />
ermittelt werden. Zur Verrechnung der<br />
viertelstündlichen Ausgleichsmengen werden die<br />
Szenarien der Ausgleichsenergiemarktpreise herangezogen.<br />
Für jede Kombination werden die Kosten<br />
bilanziert und das Beschaffungsportfolio ermittelt.<br />
Aus der Gesamtheit der simulierten Szenarien kann<br />
eine Verteilungsfunktion der Beschaffungskosten<br />
bestimmt werden. Für die Kostenminimierung wird<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 105
STUDIENBEISPIELE<br />
zusätzlich eine Portfoliofunktion [3], d. h. Beschaffungskosten<br />
und Risiko in Abhängigkeit der Zwangsmenge<br />
am Terminmarkt, ermittelt, die damit die Eigenschaften<br />
der zu realisierenden Portfolios darstellt.<br />
Aus der Kostenverteilungsfunktion können Kenngrößen<br />
wie most-likely-case (am wahrscheinlichsten zu<br />
erwartende Beschaffungskosten), worst-case (Kosten<br />
im 10 %-Quantil der ungünstigsten Fälle) und best-case<br />
(Kosten im 10 %-Quantil der günstigsten Fälle) extrahiert<br />
werden. Aus der Streuung der Verteilungsfunktion<br />
bzw. der Differenz most-likely-case zu worst-case kann<br />
das Risiko für einen Kunden quantifiziert werden,<br />
woraus der Risikoaufschlag für die Angebotserstellung<br />
abgeleitet werden kann.<br />
4 Exemplarische Ergebnisse<br />
Zur Veranschaulichung werden für einen exemplarischen<br />
Kunden die Beschaffungskosten für einen<br />
Planungszeitraum von einem Jahr mit dem zuvor<br />
beschriebenen Verfahren bestimmt.<br />
Als Eingangsdaten dienen die Preise der Terminprodukte<br />
an der EEX. Die Unsicherheit der Kundenlast wird<br />
anhand von sieben historischen Realisationen abgebildet.<br />
Die Kostenbestimmung wird mittels der Strategie<br />
Kostenminimierung durchgeführt. Dabei wird die<br />
Zwangsmenge von 0 % bis 100 % in 10 %-Schritten<br />
variiert. Zum Vergleich wird eine Mengenminimierung<br />
durchgeführt.<br />
In Bild 3 ist die Portfoliofunktion der Beschaffungskosten<br />
dargestellt, d. h. die Kosten im worst-case über den<br />
zu erwartenden Kosten (most-likely-case). Das Risiko<br />
bei der Beschaffung kann durch eine Erhöhung der<br />
Zwangsmenge, d. h. Vorgabe eines prozentualen<br />
Handelsvolumens am Terminmarkt reduziert werden, da<br />
so die Kosten im worst-case sinken. Dafür steigt der<br />
Erwartungswert (most-likely-case) der Beschaffungskosten<br />
an. Aus diesem Zusammenhang kann das zu<br />
erwartende Risiko und die zu erwartenden Beschaffungskosten<br />
einer risikobehafteten Beschaffung<br />
eingegrenzt werden.<br />
Bild 4 zeigt die jeweiligen Beschaffungskosten bei Vorgabe<br />
unterschiedlicher Zwangsmengen für den Terminmarkthandel.<br />
Hier sind die Kosten für den best-, worst-<br />
und most-likely-case dargestellt. Es ist zu erkennen,<br />
dass für eine hohe Zwangsmenge die Kosten im worstcase<br />
geringer werden (Risiko wird minimiert), gleichzeitig<br />
jedoch die Beschaffungskosten im best-case und im<br />
most-likely-case ansteigen (Chance wird verringert).<br />
Kosten<br />
worstcase<br />
Zwangsmenge 0 %<br />
Mengenminimierung<br />
Zwangsmenge 100 %<br />
Kosten most-likely-case<br />
Bild 3: Portfoliofunktion der Beschaffungskosten<br />
Somit kann mit dem Verfahren die Bandbreite der zu<br />
erwartenden Beschaffungskosten bei den jeweils<br />
vorgegebenen Zwangsmengen ermittelt werden.<br />
Spezifische<br />
most-likely-case<br />
Kosten<br />
worst-case<br />
best-case<br />
0 20 40 60 % 100<br />
Zwangsmenge<br />
Bild 4: Entwicklung der Beschaffungskosten als<br />
Funktion der risikobehafteten Beschaffungsmengen<br />
Das Verfahren bietet zudem die Möglichkeit, Aussagen<br />
über die Verteilung der Beschaffungskosten in den einzelnen<br />
Szenarien zu treffen. Dabei werden sämtliche<br />
Beschaffungskosten für jede mögliche Szenarienkombination<br />
und für jede vorgegebene Zwangsmenge ermittelt.<br />
Die Ergebnisse sind in Bild 5 als Verteilungsdichtefunktion<br />
exemplarisch für den zwangsweisen Einkauf<br />
von 0 %, 50 % und 100 % der gesamten Energiemenge<br />
am Terminmarkt dargestellt. Bei niedrigen<br />
Zwangsmengen ergibt sich eine breite Verteilungsdichtefunktion<br />
der Beschaffungskosten. Bei großen<br />
Zwangsmengen ist das Maximum sehr deutlich ausgeprägt.<br />
Die Streuung der Beschaffungskosten ist geringer,<br />
jedoch tritt das Maximum der Verteilungsdichtefunktion<br />
bei höheren Kosten auf als bei niedrigen<br />
Zwangsmengen. Durch Erhöhung der Zwangsmenge<br />
werden Kosten in ungünstigen Szenarien reduziert<br />
(siehe Markierung in Bild 5).<br />
Aus dieser Darstellung ist zudem erkennbar, dass auch<br />
bei einer Zwangsmenge von 100 % das Risiko nicht<br />
vollständig vermieden, sondern lediglich minimiert wird<br />
und ein Restrisiko grundsätzlich immer verbleibt.<br />
Dieses Restrisiko ergibt sich aufgrund unsicherer Spot-<br />
106 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
und Ausgleichsenergiemarktpreise und der Lastcharakteristik.<br />
Die einzelnen Preiskomponenten Basispreis, Strukturierungs-<br />
und Risikozuschlag (siehe 2.1) sind in Bild 6<br />
aufgeschlüsselt. Dabei errechnet sich der Strukturierungszuschlag<br />
als Differenz des vom Verfahren ermittelten<br />
Erwartungswerts der Beschaffungskosten und<br />
des Basispreises, der durch die Beschaffung am<br />
Terminmarkt bestimmt wird. Der Erwartungswert der<br />
Beschaffungskosten spiegelt somit die Summe der<br />
Handelsmengen am Termin-, Spot- und Ausgleichsmarkt<br />
ohne Betrachtung von Risiken wider.<br />
Verteilungs- Zwangsmenge 50 %<br />
dichte<br />
Zwangsmenge 0 %<br />
Zwangsmenge 100 %<br />
schlechteste Szenarien<br />
Kosten<br />
Bild 5: Verteilungsdichtefunktion der Beschaffungskosten<br />
für unterschiedliche Zwangsmengen<br />
Das Risiko ergibt sich zum einen aus der Abweichung<br />
der tatsächlichen Kundenlast vom prognostizierten<br />
Lastprofil und zum anderen durch Preisrisiken, die durch<br />
einen Risikozuschlag erfasst werden. Durch die Simulation<br />
einer Vielzahl an Last- und Preisszenarien kann mit<br />
Hilfe des entwickelten Verfahrens der Risikozuschlag<br />
bestimmt werden.<br />
Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass neben<br />
einer Bestimmung der Beschaffungskosten eine<br />
Quantifizierung des Risikos bzw. der Chance bei<br />
stochastischer Betrachtung von Last und Preisen<br />
möglich ist.<br />
Spezifische<br />
Kosten<br />
worst-case<br />
most-likely<br />
case<br />
best-case<br />
Risikozuschlag<br />
Strukturierungszuschlag<br />
Basispreis<br />
Bild 6: Quantifizierung von Strukturierungs- und<br />
Risikozuschlag<br />
5 Zusammenfassung und Ausblick<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
Im liberalisierten Strommarkt erfordert eine faire<br />
Angebotserstellung für Großkunden eine individuelle<br />
Ermittlung der Beschaffungskosten. Dabei ist der<br />
Basispreis zuzüglich von Strukturierungs- und Risikozuschlägen<br />
zu Grunde zu legen.<br />
Am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />
wurde deshalb in Zusammenarbeit mit KELAG<br />
ein Verfahren entwickelt, das eine stochastische<br />
Preiskalkulation für Stromkunden ermöglicht und<br />
Handelsentscheidungen an den Märkten für elektrische<br />
Energie durch Verwendung unterschiedlicher Strategien<br />
ermittelt. Durch Berücksichtigung einer Vielzahl an<br />
Last- und Preisszenarien ist eine Quantifizierung der<br />
Beschaffungskosten unter Risikogesichtspunkten<br />
möglich.<br />
Eine mögliche Anwendung des Verfahrens ist die<br />
Untersuchung von Portfolioeffekten durch die Nutzung<br />
von Synergien bei einer Strombeschaffung für die<br />
Gesamtheit von unterschiedlich strukturierten Kundenprofilen<br />
[2].<br />
6 Literatur<br />
[1] Hartmann, T.; Blaesig, B.; Padberg, U.; Egger, H.;<br />
Schwaninger, T.<br />
Vertriebsportfoliomanagment<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />
Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006<br />
[2] Schwaninger, T.<br />
Zur Berücksichtigung des Portfolioeffektes bei der<br />
Preisgestaltung für Großkunden in der Elektrizitätswirtschaft<br />
Dissertation TU Graz 2006<br />
[3] Blaesig, B.<br />
Methoden des Risikomanagements in der Stromerzeugungs-<br />
und Handelsplanung<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 107
STUDIENBEISPIELE<br />
Bewertung von Ausbauoptionen hydraulischer Kraftwerksgruppen<br />
Evaluating Optional Expansion for Interconnected Hydro Power Plants<br />
Dipl.-Ing. Tobias Mirbach; Dr.-Ing. Gerd Hinüber<br />
tobias.mirbach@iaew.rwth-aachen.de, gerd.hinueber@iaew.rwth-aachen.de<br />
Im Zuge der europaweiten Liberalisierung des Energiesektors stehen Stromerzeugungsunternehmen in nationalem wie<br />
internationalem Wettbewerb. Zudem ergeben sich veränderte Rahmenbedingungen in Folge von Angebots- und Nachfragestrukturentwicklungen,<br />
und es bieten sich neue Absatzalternativen, wie bspw. an den Märkten für Reserve. Diese<br />
Entwicklungen erfordern bei den Unternehmen Überlegungen zur Anpassung der Struktur des eigenen Erzeugungsparks<br />
und somit eine Evaluierung eventueller Aus- und Neubauprojekte. Da Investitionen speziell in hydraulische Kraftwerksgruppen<br />
kapitalintensiv sowie irreversibel sind und sich durch lange Projektierungs- und Abschreibungszeiten kennzeichnen,<br />
ist eine fundierte Bewertung dieser Projekte hinsichtlich ihrer Rentabilität, die im Wesentlichen von der<br />
Marktpreisentwicklung abhängt, notwendig. Die zukünftigen Marktpreise wurden im Rahmen dieser Studie über<br />
Entwicklungsszenarien relevanter Einflussgrößen generiert, auf Basis derer der zukünftige Wert von Ausbauoptionen<br />
abgeschätzt wurde. Anhand eines Vergleichs von zu erwartendem Erlöspotenzial und entsprechenden Investitionskosten<br />
kann die Rentabilität verschiedener Ausbauoptionen bestimmt und Entscheidungen über einen eventuellen Kraftwerksausbau<br />
getätigt werden.<br />
Due to the liberalisation of the European electricity market, power generation companies are exposed to national and<br />
international competition. In addition, there are new conditions because of the changing situation of supply and<br />
demand as well as new marketing opportunities, e.g. reserve markets. For this reason, it is essential to the power<br />
generation companies to reconsider the portfolio of generating assets, and the question of evaluating potential projects<br />
of expansion is gaining in importance. Especially expansion for interconnected hydro power plants are characterized by<br />
long project planning and amortization periods, hence, it is essential to investigate their economic profitability which<br />
primarily depends on the market price. In the scope of this study, the market prices for the future period under consideration<br />
are based on scenarios of possible realisations of the relevant influencing factors. On the basis of these market<br />
prices, the potential projects have been evaluated. The economic profitability of different projects for expansion can be<br />
determined by comparing the revenues with the investment costs, and conclusions can be made concerning the decision-making.<br />
1 Hintergrund<br />
Im liberalisierten europäischen Markt für elektrische<br />
Energie bieten sich Erzeugungsunternehmen derzeit<br />
attraktive Vermarktungsmöglichkeiten sowohl an<br />
Märkten für elektrische Fahrplanenergie als auch an<br />
den in jüngerer Vergangenheit preislich sehr interessanten<br />
Märkten für Reserve.<br />
Darüber hinaus sieht sich die Energiewirtschaft einer<br />
Reihe von weiteren einschneidenden Veränderungen<br />
gegenüber. Neben der geografischen Ausweitung des<br />
Marktes und damit der Veränderung sowohl der<br />
Angebots- als auch der Nachfragestruktur durch die<br />
bereits zum 01.05.2004 begonnene Osterweiterung der<br />
EU sind hier der Handel mit Emissionszertifikaten<br />
beginnend mit dem 01.01.2005 [1] sowie die Wasserrahmenrichtlinie<br />
des Europäischen Rates und des<br />
Parlaments [2] als europaweit wirkende Veränderungen<br />
zu nennen. Daneben stehen eine Vielzahl nationaler<br />
energiepolitischer Entscheidungen, wie bspw. politisch<br />
angestrebte Förderziele der regenerativen Elektrizitätserzeugung<br />
oder das Gesetz zur geordneten Beendigung<br />
der Kernenergienutzung zur gewerblichen Stromerzeugung<br />
in Deutschland [3], die ebenfalls Rückwirkungen<br />
auf das gesamteuropäische System der elektrischen<br />
Energieversorgung haben werden.<br />
Vor diesem Hintergrund stellt sich für Stromerzeugungsunternehmen<br />
die Frage, ob ihr Erzeugungsportfolio<br />
den geänderten Rahmenbedingungen entsprechend<br />
zusammengesetzt ist oder eine Anpassung oder<br />
Erweiterung des eigenen Erzeugungsparks ökonomisch<br />
sinnvoll erscheint. Allgemein stehen Erzeugungsunternehmen<br />
bei derartigen Fragestellungen vor der Aufgabe,<br />
die Rentabilität der meist sehr kapitalintensiven<br />
und durch lange Abschreibungszeiten gekennzeichneten<br />
Projekte nachhaltig abzuschätzen. Die Rentabilität<br />
einer derartigen Investition wird über die Relation<br />
zwischen wohlbekannten Investitionsaufwendungen<br />
und demgegenüber nur unsicher einschätzbaren Erlösen<br />
während der Betriebsphase bestimmt.<br />
Ziel der Studie ist die Analyse und strukturierte Bewertung<br />
der die langfristige Marktpreisentwicklung<br />
108 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
nachhaltig beeinflussenden Größen und eine Abschätzung<br />
einerseits der Sensitivität dieser Größen auf die<br />
Marktpreise, andererseits deren wahrscheinliche Entwicklung<br />
basierend auf der Analyse und Konsolidierung<br />
einer Vielzahl von Prognosestudien. Daraus werden<br />
eine Einschätzung des Wertes von Ausbauoptionen<br />
hydraulischer Kraftwerksgruppen sowie das Investitionsrisiko<br />
bei unterschiedlichen Marktentwicklungen<br />
abgeleitet.<br />
2 Methodisches Vorgehen<br />
Die Bewertung der möglichen Ausbauoptionen erfolgt<br />
basierend auf dem Ansatz einer Vermarktung am<br />
zukünftigen Strommarkt, wozu jedoch die Verwendung<br />
zukünftiger Marktpreise erforderlich ist. Diese Preise<br />
sind nicht bekannt und müssen für die Zukunft prognostiziert<br />
werden. Hierbei kann jedoch keine Extrapolation<br />
der historischen Marktpreise durchgeführt werden, da<br />
bei dieser Vorgehensweise veränderte Randbedingungen<br />
in der Zukunft nicht berücksichtigt werden.<br />
Stattdessen wird das im Folgenden beschriebene<br />
methodische Vorgehen verwendet, das auf der Überlegung<br />
der Zusammensetzung der Marktpreise aus<br />
fundamentaler sowie nichtfundamentaler Komponente<br />
aufbaut. Die fundamentale Preiskomponente stellt<br />
hierbei eine erklärbare Komponente dar, die auf den<br />
Grenzkosten des Erzeugungssystems basiert. Die<br />
nichtfundamental getriebene Komponente repräsentiert<br />
einen nicht erklärbaren Aufschlag, der den unvollkommenen<br />
Markt sowie das strategische Bieterverhalten<br />
der Marktteilnehmer abbildet. Einen Überblick über das<br />
methodische Vorgehen gibt Bild 1.<br />
Festlegung von<br />
zukünftigen<br />
Entwicklungsszenarien<br />
Marktsimulation zur<br />
Ermittlung der<br />
zukünftigen Grenzkosten<br />
Analyse des historischen<br />
Verhältnisses von<br />
Grenzkosten zu<br />
Marktpreisen<br />
Ableitung<br />
mathematischer<br />
Modelle und<br />
zukünftiger Szenarien<br />
Synthese zu Szenarien zukünftiger Marktpreise<br />
Simulation Simulation der der Vermarktung Vermarktung von von Ausbauoptionen<br />
Ausbauoptionen<br />
Simulation Simulation der der der<br />
Vermarktung Vermarktung von von von<br />
Ausbauoptionen<br />
Ausbauoptionen<br />
Simulation der der Vermarktung von von Ausbauoptionen<br />
Bild 1: Methodisches Vorgehen<br />
Zur Ermittlung der zukünftigen Grenzkosten, d. h. der<br />
fundamentalen Preiskomponente, müssen zunächst die<br />
möglichen Entwicklungsszenarien für den Betrach-<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
tungsbereich festgelegt werden. Auf dieser Basis<br />
werden Marktsimulationen durchgeführt, aus denen die<br />
zukünftigen Grenzkosten bestimmt werden können.<br />
Um die zukünftige nichtfundamental getriebene<br />
Preiskomponente abzuschätzen, wird zunächst der<br />
historische Aufschlag aus Differenzbildung zwischen<br />
den historischen Marktpreisen und historischen<br />
Grenzkosten, die durch Marktsimulationen für vergangene<br />
Jahre bestimmt werden können, ermittelt. Diese<br />
Zeitreihe der historischen Aufschläge wird im Anschluss<br />
analysiert und die charakteristischen mathematischen<br />
Eigenschaften abgeleitet. Abschließend werden<br />
die historischen Aufschläge unter Beibehaltung der<br />
mathematischen Eigenschaften in die Zukunft fortgeschrieben,<br />
was aufgrund der stochastischen Anteile zur<br />
Abbildung verschiedener möglicher Szenarien, d. h.<br />
möglicher zukünftiger Realisationen, führt. In der<br />
Synthese erfolgt die Addition der zwei im Vorfeld<br />
beschriebenen Komponenten. Unter Verwendung dieser<br />
generierten Marktpreise können die Ausbauoptionen<br />
durch Simulation der Vermarktung am Strommarkt<br />
bewertet werden.<br />
2.1 Ermittlung der fundamentalen Preiskomponente<br />
Die Ermittlung der fundamentalen Preiskomponente<br />
erfolgt durch Marktsimulationen. Hierfür wird zunächst<br />
der Betrachtungsbereich abgegrenzt, bevor die relevanten<br />
Einflussgrößen auf die Erlössituation von Kraftwerksausbauten<br />
analysiert und quantifiziert werden.<br />
2.1.1 Abgrenzung des Betrachtungsbereiches<br />
Die geografische Abgrenzung des zu untersuchenden<br />
Systems orientiert sich an der Situation des UCTE-<br />
Verbundnetzes. Betrachtet wird das zentraleuropäische<br />
System, bestehend aus Deutschland, Österreich,<br />
Italien, Schweiz, Frankreich sowie Belgien/Niederlande.<br />
Die neuen EU-Mitgliedsländer Polen,<br />
Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien werden<br />
in aggregierter Form (EU Ost) berücksichtigt. Die<br />
Nordel-Länder bleiben ebenso wie Großbritannien<br />
wegen ihrer eng begrenzten Kuppelkapazitäten außer<br />
Betracht.<br />
Da das Untersuchungsziel die Ableitung der Wirtschaftlichkeit<br />
von Kraftwerksausbauten darstellt, ist eine<br />
dementsprechend sinnvolle zeitliche Abgrenzung<br />
vorzunehmen. Als Analysezeitraum für die nachfolgenden<br />
Untersuchungen werden daher die Jahre 2010 bis<br />
2030 angesetzt. Aufgrund der Komplexität der Optimierungsrechnungen<br />
beschränken sich die Untersuchungen<br />
auf ausgewählte Jahre.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 109
STUDIENBEISPIELE<br />
2.1.2 Einflussgrößen<br />
Angebotsseite<br />
Die Erlöse aus zugebauter Kraftwerksleistung werden<br />
stark beeinflusst durch den Kraftwerkspark, in den die<br />
neue Erzeugungsleistung eingebracht wird. Dabei sind<br />
die Erzeugungsstruktur, d. h. die Zusammensetzung des<br />
Kraftwerksparks nach Technologie und Primärenergie<br />
sowie die Höhe der freien Leistung relevant. Unter der<br />
freien Leistung ist die Differenz der verfügbaren<br />
Erzeugungsleistung und der Nachfrage zu verstehen.<br />
Der Kraftwerkspark erfährt in seinem zeitlichen Verlauf<br />
verschiedene Zu- und Rückbauten und verändert sich in<br />
seiner Struktur sowie bzgl. der freien Leistung. So<br />
werden im Betrachtungszeitraum in erheblichem Umfang<br />
alte Anlagen durch moderne Kraftwerke ersetzt.<br />
Weiterhin tritt mit den neuen EU-Ländern zusätzliche<br />
freie Leistung in Konkurrenz zu der installierten Kapazität<br />
im westeuropäischen System. Die erwartete zeitliche<br />
Entwicklung des aggregierten Kraftwerksparks im<br />
betrachteten System zeigt Bild 2 für exemplarische<br />
Jahre [4-10].<br />
600<br />
GW<br />
installierte<br />
Leistung 400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
2010 2016 2020 2030<br />
LWKW<br />
PSKW<br />
SKW<br />
Öl/Sonstige<br />
Gas<br />
Bild 2: Entwicklung des Kraftwerksparks<br />
(D + A + I + CH + F + B/NL + EU-Ost)<br />
Steinkohle<br />
Braunkohle<br />
Kernenergie<br />
Der Ausbau von Windenergieanlagen (WEA) wird<br />
insbesondere in Deutschland stark politisch gefördert.<br />
Prognosestudien machen hinsichtlich der Entwicklung<br />
der ausgebauten WEA-Leistung stark unterschiedliche<br />
Aussagen. Bild 3 zeigt für die betrachteten Länder<br />
Prognosen bzgl. des minimal sowie maximal zu erwartenden<br />
Ausbaus, der in späteren Jahren durch off-shore<br />
WEA dominiert ist [10, 11].<br />
Weiterhin ist die Einspeisecharakteristik von WEA zu<br />
berücksichtigen, die in ihrer Erzeugung stark dargebotsabhängig<br />
und saisonal wie täglich unterschiedlich hoch<br />
ist. Aus dieser fluktuierenden Einspeisung ergibt sich<br />
ein erhöhter Bedarf an Reserve, insbesondere Minuten-<br />
bis Stundenreserve, was Rückwirkungen auf den<br />
thermischen und hydraulischen Kraftwerkseinsatz hat.<br />
120<br />
GW<br />
installierte<br />
Leistung 80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
min. WEA-Ausbau<br />
max. WEA-Ausbau<br />
2010 2016 2020 2030<br />
Bild 3: Ausbau der installierten WEA-Leistung<br />
EU-Ost<br />
I<br />
CH<br />
B/NL<br />
Nachfrageseite<br />
Auf der Nachfrageseite wird die in den einzelnen<br />
Ländern im betrachteten Zeitraum zu erwartende<br />
Entwicklung des Bedarfs an Fahrplanenergie sowie an<br />
Reserveleistung abgebildet.<br />
Die Nachfrage nach Fahrplanenergie hat, je nach<br />
Region und Zeitpunkt, einen charakteristischen Verlauf.<br />
Bei z. B. stündlich aufgelöster Lastkurve kann ein<br />
typischer Tages- sowie Wochenverlauf erkannt werden.<br />
Weiterhin sind saisonale Charakteristika erkennbar; die<br />
nachgefragte Energie ist im Winter bspw. größer als im<br />
Sommer. Unter der Annahme, dass sich die Nachfragecharakteristik<br />
nicht grundlegend ändert, kann daraus<br />
sowie aus dem prognostizierten Lastanstieg die in den<br />
einzelnen Ländern zu erwartende Last im betrachteten<br />
Zeitraum abgebildet werden.<br />
Der Bedarf an Reserveleistung kann, je nach Reserveart,<br />
anhand des Last- und Windprognosefehlers sowie<br />
der Leistung der größten Erzeugungsblöcke dimensioniert<br />
werden. Da sich die Nachfrage nach Fahrplanenergie<br />
und die maximale Blockgröße im System kaum<br />
ändern, ist die im Betrachtungszeitraum in einigen<br />
Ländern stark zunehmende installierte WEA-Leistung<br />
Hauptursache für eine steigende Reservenachfrage. Bei<br />
einem großflächigen und starken WEA-Ausbau, bei<br />
dem die installierte WEA-Leistung betragsmäßig 20 %<br />
bis 40 % der Höchstlast erreichen könnte, erhöht sich<br />
primär der Minutenreservebedarf. In guter Näherung<br />
kann ein linearer Anstieg für Länder mit starkem WEA-<br />
Ausbau, bspw. Deutschland, um etwa 500 MW zusätzlicher<br />
Minutenreserve pro 1000 MW zusätzlich installierter<br />
WEA-Leistung unterstellt werden, wobei für<br />
schwachen WEA-Ausbau der zusätzliche Reservebedarf<br />
vergleichsweise gering ist [12].<br />
Wirtschaftliche und politische Entwicklungen<br />
Als wirtschaftliche Einflussgröße auf die Erlössituation<br />
von Kraftwerksausbauten sind die Primärenergiepreise<br />
zu nennen. Die Erzeugungskosten und damit der Einsatz<br />
110 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />
A<br />
F<br />
D
der thermischen Kraftwerke wird maßgeblich durch die<br />
Primärenergiepreise bestimmt. Die Entwicklung der<br />
Primärenergiepreise für den untersuchten Betrachtungszeitraum<br />
wird aus der Konsolidierung und Analyse<br />
einer Vielzahl von Prognosestudien bestimmt. Zudem<br />
ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der unterschiedlichen<br />
Standorte der Kraftwerke unterschiedlich hohe<br />
Transportkosten anfallen, was in dieser Studie durch<br />
länderspezifische Primärenergiepreise abgebildet wird.<br />
Als politische Einflussgrößen werden die Auswirkungen<br />
der Einführung von Emissionsrechten für Kohlendioxid<br />
(CO 2 ), sog. Zertifikaten, sowie die Auswirkungen durch<br />
die EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRR) berücksichtigt.<br />
Durch die Einführung von CO 2 -Zertifikaten haben<br />
sich für Betreiber fossil gefeuerter Kraftwerke seit dem<br />
01.01.2005 neue Rahmenbedingungen ergeben. So<br />
werden seitdem entsprechend der angestrebten<br />
Gesamtmenge an zulässigem CO 2 -Ausstoss auf Basis<br />
einer nationalen Bemessungsgrundlage jedem Emittenten<br />
Emissionszertifikate zugeteilt (Nationaler Allokationsplan),<br />
die unter den Emittenten, aber auch anderen<br />
Marktteilnehmern, gehandelt werden können. Bei der<br />
Erzeugung elektrischer Energie fallen je nach Kraftwerk<br />
und Primärenergie unterschiedlich hohe spezifische<br />
CO 2 -Emissionen an, die mit dem Preis eines Emissionszertifikats<br />
monetär bewertet werden können [13].<br />
Die EU-WRR sieht die Festlegung von Pflicht- und<br />
Restwassermengen für Fliessgewässer und maximale<br />
Schwallbewegungen bei Speicherkraftwerken vor. Das<br />
kann zu einer deutlichen Einschränkung der erzeugbaren<br />
Energiemenge bei Wasserkraftwerken bzw. der<br />
flexibel einsetzbaren Leistung bei Speicherkraftwerken<br />
führen.<br />
Marktgrenzen<br />
Relevant für die Erlössituation von Kraftwerksausbauten<br />
ist die Abgrenzung der Absatzmärkte. So sind<br />
neben den nationalen Märkten für Fahrplanenergie<br />
auch ausländische Märkte zugänglich, um Kraftwerkskapazitäten<br />
zu vermarkten. Ein Handel ist zwischen<br />
allen betrachteten Ländern möglich. Zusätzlich zur<br />
grenzüberschreitenden Lieferung von Fahrplanenergie<br />
wird die Vorhaltung und der Abruf von Minutenreserve<br />
international abgebildet. Einschränkendes Kriterium für<br />
den grenzüberschreitenden Handel stellen die Übertragungskapazitäten<br />
an Landesgrenzen im betrachteten<br />
System dar.<br />
2.1.3 Ableitung von Szenarien<br />
Ausgehend von einem sog. Erwartungswertszenario<br />
(EW-Szenario) der zukünftigen Marktpreisentwicklung,<br />
das eine „wahrscheinliche“ Entwicklung der wesentli-<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
chen Einflussgrößen beinhaltet, werden für Einflussgrößen,<br />
die im Betrachtungszeitraum mit großen<br />
Unsicherheiten behaftet sind, mit Hilfe zusätzlicher<br />
Szenarien Variationen vorgenommen, um die Bandbreite<br />
der möglichen Realisationen in der Zukunft nachzubilden.<br />
Im EW-Szenario ist die Entwicklung des Kraftwerksparks<br />
in den einzelnen Ländern (inkl. der EU-Ost<br />
Länder) mit Berücksichtigung des Kernenergieausstiegs<br />
in Deutschland, eine Entwicklung der national differenzierten<br />
Primärenergiepreise gemäß der Prognosen, ein<br />
mittlerer WEA-Ausbau sowie ein internationaler<br />
Minutenreservehandel angenommen. Auf Basis der<br />
Ergebnisse von Szenarien der zukünftigen Marktpreise,<br />
in denen die Entwicklung der Einflussgrößen singulär<br />
verändert wird, werden weitere Szenarien generiert, in<br />
denen mehrere Einflussgrößen auf die Erlössituation<br />
der Ausbauoptionen kombiniert modifiziert werden.<br />
2.1.4 Marktsimulation<br />
Zur Ermittlung der fundamentalen Preiskomponente<br />
wird das Verfahren der Marktsimulation angewandt.<br />
Dabei wird die Nachfrage in Form einer zeitvariablen<br />
Last durch die in den jeweiligen Jahren des Untersuchungszeitraums<br />
zur Verfügung stehenden Kraftwerke<br />
unter Einhaltung technischer Nebenbedingungen sowie<br />
der Vorhaltung von Reserve gedeckt. Dazu wird ein<br />
Optimierungsproblem mit der Zielfunktion formuliert,<br />
mit minimalen variablen Erzeugungskosten der thermischen<br />
Kraftwerke sowie optimalem Einsatz der Wassermengen<br />
hydraulischer Kraftwerke die Nachfrage zu<br />
jedem Optimierungszeitpunkt zu decken. Somit wird<br />
das betrachtete System volkswirtschaftlich optimiert.<br />
Als Nebenbedingungen müssen bspw. Restriktionen für<br />
den Kraftwerksbetrieb sowie begrenzte Kapazitäten<br />
des Übertragungsnetzes an den jeweiligen Landesgrenzen<br />
berücksichtigt werden, da diese Rückwirkungen auf<br />
den Kraftwerkseinsatz und somit auf die Kostenstruktur<br />
haben. Dabei werden die zuvor genannten Einflussgrößen<br />
und ihre Szenarien als Eingangsdaten genutzt.<br />
Wesentliches Ergebnis sind die stündlichen Grenzkosten<br />
für Deutschland, die fundamentale Komponente des<br />
Marktpreises.<br />
2.2 Ermittlung der nichtfundamentalen Preiskomponente<br />
Zur Ermittlung der historischen nichtfundamentalen<br />
Preiskomponente werden zunächst Marktsimulationen<br />
für vergangene Jahre durchgeführt. Die Differenz<br />
zwischen den realisierten Spotmarktpreisen an der EEX<br />
und den ermittelten, historischen Grenzkosten stellt die<br />
nichtfundamentale Preiskomponente für den zu Grunde<br />
gelegten Zeitraum dar.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 111
STUDIENBEISPIELE<br />
Durch die Ableitung mathematischer Modelle wird in<br />
einem nächsten Schritt die historische nichtfundamentale<br />
Komponente des Marktpreises in die Zukunft für<br />
die ausgewählten Jahre des Betrachtungszeitraums<br />
fortgeschrieben. Dabei wird die nichtfundamentale<br />
Preiskomponente mit Hilfe eines Szenarienbaums<br />
modelliert, wobei die Erstellung des Szenarienbaums<br />
mit einem am IAEW entwickelten Verfahren erfolgt<br />
[14].<br />
2.3 Vermarktung der Ausbauoptionen<br />
Zur Bewertung der Vermarktung der Ausbauoptionen<br />
am Spotmarkt wird auf ein praxisbewährtes Optimierungsverfahren<br />
zur Kraftwerkseinsatzoptimierung zurückgegriffen<br />
[15]. Die Zielfunktion des Gesamtproblems<br />
kann dabei als Maximierung des am Markt<br />
erwirtschafteten Deckungsbeitrages formuliert werden.<br />
Das Gesamtverfahren liefert als Ergebnis der Optimierung<br />
neben dem erwirtschafteten Deckungsbeitrag die<br />
Erzeugung und den Bewirtschaftungsfahrplan der<br />
hydraulischen Kraftwerke sowie Handelsempfehlungen<br />
für den Spotmarkt.<br />
3 Ergebnisse<br />
Auf Basis der verschiedenen Entwicklungsszenarien der<br />
zukünftigen Marktpreise für die ausgewählten Jahre<br />
des Betrachtungszeitraums wird die Vermarktung der zu<br />
bewertenden Ausbauoptionen simuliert. Als Ergebnisgröße<br />
wird in den Untersuchungen der erwirtschaftete<br />
Deckungsbeitrag, der sich aus der Differenz von Erlösen<br />
und variablen Kosten ergibt, herangezogen.<br />
Aufbauend auf diesen Ergebnissen wird eine vergleichende<br />
Bewertung aller Untersuchungen durchgeführt.<br />
Hierzu wird eine vergleichende Grafik (Bild 4) generiert,<br />
deren prinzipieller Aufbau im Folgenden exemplarisch<br />
anhand einer Ausbauoption für ein exemplarisches Jahr<br />
erläutert wird. Zunächst werden die im jeweiligen Jahr<br />
erwirtschafteten Deckungsbeiträge für das EW-Szenario<br />
sowie für alle Szenarienrechnungen aufgetragen.<br />
Daraus lassen sich, ausgehend vom EW-Szenario, die<br />
minimal sowie maximal zu erwartenden Erlöse im<br />
rechten Bildteil ableiten. Somit kann für jede Ausbauoption<br />
und jedes Jahr ein Bereich des zu erwirtschaftenden<br />
Deckungsbeitrages von Minimal- bis Maximalszenario<br />
über alle Untersuchungen quantifiziert und als<br />
Konzentrat abgebildet werden.<br />
Auf Basis der erläuterten Darstellung zeigt Bild 5 die<br />
konzentrierten Ergebnisse zu den Deckungsbeiträgen<br />
aller Untersuchungen exemplarisch für zwei Ausbauoptionen<br />
A und B über die betrachteten Jahre. Die Ergebnisse<br />
verdeutlichen, dass in beiden Optionen der<br />
Deckungsbeitrag kontinuierlich ansteigt, was in dem<br />
generell zu erwartenden Anstieg der Grenzkosten und<br />
somit auch der Marktpreise im Betrachtungszeitraum<br />
begründet ist.<br />
Deckungsbeitrag<br />
[ ]<br />
Mio. EUR<br />
a<br />
...<br />
EW-Szenario Szenarien<br />
Bild 4: Ergebnisdarstellung<br />
Maximalszenario<br />
EW-Szenario<br />
Minimalszenario<br />
Ursache für den Anstieg der Grenzkosten sind im<br />
Wesentlichen der erwartete Anstieg der Primärenergiekosten<br />
sowie der Zubau von WEA-Leistung in<br />
Europa und der damit einhergehende Mehrbedarf an<br />
Reserveleistung. Überdies wird deutlich, dass die<br />
Bandbreite im Deckungsbeitrag über alle Untersuchungen<br />
langfristig über den Betrachtungszeitraum anwächst.<br />
Dies ist in der mit wachsendem Zeithorizont<br />
zunehmenden Prognoseunsicherheit bzgl. der relevanten<br />
Einflussgrößen auf die Erlössituation der Ausbauoptionen<br />
begründet.<br />
Deckungsbeitrag<br />
[ ]<br />
Mio. EUR<br />
a<br />
Zeit<br />
Option<br />
A B<br />
Bild 5: Gesamtdarstellung der Erlösentwicklung<br />
Auf Basis dieser Ergebnisse kann die Rentabilität von<br />
Investitionen für verschiedene Ausbauoptionen in<br />
einem weiteren Schritt über die Relation zwischen der<br />
generierten Bandbreite des Erlöspotenzials und den<br />
entsprechenden Investitionsaufwendungen abgeschätzt<br />
werden. Darüber hinaus können die relevanten Einflussgrößen<br />
auf die Erlössituation identifiziert werden.<br />
112 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
4 Zusammenfassung<br />
Als Entscheidungshilfe für eventuelle Investitionen<br />
werden in der vorliegenden Studie verschiedene<br />
Kraftwerksausbauoptionen durch Simulation der<br />
Vermarktung am zukünftigen Strommarkt bewertet. Da<br />
Marktpreise aus fundamentaler sowie nichtfundamentaler<br />
Preiskomponente bestehen, wird zunächst die<br />
fundamentale Komponente durch Marktsimulationen<br />
für den betrachteten Zeitraum bestimmt. Um die<br />
unsicheren Entwicklungen der europäischen Energiewirtschaft<br />
abzubilden, werden die wesentlichen<br />
Einflussgrößen auf das Erlöspotenzial identifiziert und<br />
anschließend auf Basis einer Vielzahl an Prognosestudien<br />
quantifiziert. Aufbauend auf den Analysen dieser<br />
Einflussgrößen werden Szenarien definiert, die konkrete<br />
Realisationen der Einflussgrößen beinhalten und<br />
somit den Entwicklungsraum über die Zeit erfassen.<br />
Auf Basis der fundamentalen Preiskomponente und der<br />
historischen Marktpreise des zugehörigen Zeitraums<br />
wird ex post die nichtfundamentale Preiskomponente<br />
ermittelt und mittels einer mathematischen Analyse für<br />
den Betrachtungszeitraum fortgeschrieben. Die Synthese<br />
dieser beiden Komponenten ergibt die zukünftigen<br />
Strommarktpreise, mit denen die Vermarktung verschiedener<br />
Kraftwerksausbauoptionen simuliert wird.<br />
Die kumulierte Betrachtung aller Szenarienrechnungen<br />
gibt Aufschluss über das Investitionsrisiko. Die Ergebnisse<br />
zeigen, dass unter Berücksichtigung der Entwicklungen<br />
der relevanten Einflussgrößen auf die Erlössituation,<br />
wie bspw. des zu erwartenden Anstiegs der<br />
Primärenergiepreise sowie des weiterhin anhaltenden<br />
WEA-Ausbaus, für die verschiedenen Ausbauoptionen<br />
– ohne Betrachtung der Investitionskosten – eine<br />
nachhaltige Erlössituation zu erwarten ist.<br />
Auf Basis der Ergebnisse kann die Rentabilität verschiedener<br />
Ausbauoptionen anhand eines Vergleichs<br />
von zu erwartendem Erlöspotenzial und den entsprechenden<br />
Investitionskosten bestimmt und somit<br />
Entscheidungen über einen eventuellen Kraftwerksausbau<br />
getätigt werden.<br />
5 Literatur<br />
[1] Gesetz über den Handel mit Berechtigungen zur<br />
Emission von Treibhausgasen<br />
34 BimSchV, 2003<br />
[2] Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments<br />
und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur<br />
Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen<br />
der Gemeinschaft im Bereich Wasserpolitik<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
[3] Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung<br />
zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität<br />
BGBI I 2002 Nr. 26 vom 26.04.2002<br />
[4] E-Control GmbH<br />
http://www.e-control.at [Stand 20.10.2006]<br />
[5] Bundesamt für Energie (BFE)<br />
Schweizerische Elektrizitätsstatistik 2005<br />
http://www.energie-schweiz.ch [Stand<br />
20.10.2006]<br />
[6] Verband der Netzbetreiber VDN e. V. beim VDEW<br />
Leistungsbilanz der allgemeinen Stromversorgung<br />
in Deutschland<br />
2002<br />
[7] Gestionnaire du Réseau de Transport d’Electricité<br />
http://www.rte-france.com [Stand 20.10.2006]<br />
[8] ENEL<br />
http://www.enel.it [Stand 20.10.2006]<br />
[9] Gestore della Rete di Trasmissione Nazionale<br />
http://www.grtn.it [Stand 12.05.2004]<br />
[10] Union of the Electricity Industry (eurelectric)<br />
Statistics and prospects for the European electricity<br />
sector (1980-1990, 2000-2020) (EURPROG)<br />
2004<br />
[11] The European Wind Energy Association (EWEA)<br />
Wind Power Targets for Europe: 75,000 MW by<br />
2010<br />
2003<br />
[12] Dany, G.<br />
Kraftwerksreserve in elektrischen Verbundsystemen<br />
mit hohem Windanteil<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> 2000<br />
[13] Neus, H.<br />
Integrierte Planung von Brennstoffbeschaffung<br />
und Energieeinsatz zur Stromerzeugung<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> 2003<br />
[14] Schmöller, H. K.<br />
Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen<br />
Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> 2005<br />
[15] Hartmann, T.; Blaesig, B.; Hinüber, G.;<br />
Haubrich, H.-J.<br />
Stochastic Optimization in Generation and Trading<br />
Planning<br />
In: Operations Research Proceedings 2006, Selected<br />
Papers of the Annual International Conference<br />
of the German Operations Research Society<br />
(GOR)<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 113
STUDIENBEISPIELE<br />
Ökonomische Bewertung verschiedener Engpassmanagementmethoden<br />
Economic Assessment of Different Congestion Management Methods<br />
Dr.-Ing. Gerd Hinüber, IAEW<br />
Dr.-Ing. Christian Zimmer; Dr.-Ing. Christoph Maurer; Dipl.-Ing. Lutz Eckenroth, Consentec GmbH<br />
Dr. Christoph Riechmann; Dr. Uli Brunner, Frontier Economics<br />
gerd.hinueber@iaew.rwth-aachen.de<br />
Zur effizienteren Nutzung der marktgebietsüberschreitenden Übertragungskapazitäten wird in Deutschland das Verfahren<br />
des Open Market Coupling (OMC) diskutiert. Dieses Verfahren vereint explizite und implizite Kapazitätsauktionen,<br />
weshalb auch von einem Hybridmodell gesprochen wird. Die Bundesnetzagentur hat in diesem Zusammenhang ein<br />
Gutachten beauftragt, in dem ökonomische Aspekte einer Einführung von OMC untersucht werden sollten. Hierbei<br />
sollte der mögliche Effizienzgewinn abgeschätzt werden, der durch OMC relativ zu einem Regime mit expliziten Auktionen<br />
erzielt werden kann. Weiterhin war zu untersuchen, ob OMC kompatibel mit den derzeitigen Marktregeln und den<br />
Anforderungen aus der EU-Verordnung 1228/2003 ist und welche Ausgestaltungsmöglichkeiten sich für eine Implementierung<br />
bieten.<br />
For a more efficient use of the cross-border transmission capacities, the method of Open Market Coupling (OMC) is<br />
discussed in Germany. This method is based on hybrid auctioning, i.e. a combination of explicit and implicit auctioning.<br />
The German regulator, the Federal Network Agency, has ordered a report, in which the economic aspects of an introduction<br />
of OMC should be analysed. In particular, the possible benefit in efficiency compared to a regime with explicit<br />
auctions had to be estimated. Additionally, the compatibility of OMC with current market arrangements as well as with<br />
the requirements of Regulation 1228/2003/EC had to be checked. Finally, the study investigated which design option<br />
can be chosen for an implementation of OMC.<br />
1 Hintergrund und Projektauftrag<br />
Die EU-Verordnung 1228 aus dem Jahr 2003 [1]<br />
schreibt für die Vergabe grenzüberschreitender Übertragungskapazitäten<br />
marktbasierte Verfahren vor. In der<br />
Folge wurde von den Marktteilnehmern in Europa eine<br />
Reihe verschiedener Methoden zum Engpassmanagement<br />
(EPM) diskutiert und – neben den bereits praktizierten<br />
Auktionen – an weiteren Grenzen eingeführt.<br />
Im Ergebnis wiesen die praktizierten Verfahren mit separaten<br />
Auktionen für explizite Kapazitätsrechte und für<br />
Energie Ineffizienzen auf. Diese manifestierten sich in<br />
ungenutzter Kapazität zwischen zwei Ländern trotz<br />
Preisdifferenzen zwischen den Energiemärkten. Mitunter<br />
kam es auch zu Kapazitätsnutzung in der „falschen<br />
Richtung“, also in Richtung einer Niedrigpreiszone.<br />
Analytische Überlegungen legten nahe, dass durch eine<br />
Kopplung von Kapazitätsauktionen und Stromhandelsgeschäften<br />
derartige Ineffizienzen vermieden werden<br />
können. Bei solchen Auktionen dient die Nutzung von<br />
Kapazitätsrechten dem verbesserten grenzüberschreitenden<br />
Clearing zwischen Handelsplätzen (z. B. Strombörsen).<br />
Teilnehmer am Energiemarkt partizipieren über<br />
die Strombörsen implizit an der Nutzung der Kuppelkapazität<br />
an den Grenzen. Daher spricht man hier auch<br />
von impliziten Kapazitätsauktionen.<br />
In diesem Zusammenhang wird in Deutschland das<br />
Verfahren des Open Market Coupling (OMC) diskutiert.<br />
Bei diesem Verfahren werden explizite und implizite<br />
Auktionen kombiniert, weshalb auch von einem „Hybridmodell“<br />
gesprochen wird.<br />
Während durch die Synchronisation von Energie- und<br />
Kapazitätsmärkten eine effizientere Nutzung der<br />
grenzüberschreitenden Leitungen erzielt werden kann,<br />
ist die Etablierung einer impliziten Auktion kosten- und<br />
zeitaufwändiger als eine explizite Auktion. Dies liegt<br />
u. a. daran, dass die Schaffung einer Abwicklungsstelle<br />
(eines Auction Office) notwendig wird.<br />
Die Bundesnetzagentur hat vor diesem Hintergrund das<br />
Konsortium von Frontier Economics (London/Köln),<br />
Consentec (<strong>Aachen</strong>) und IAEW damit beauftragt, den<br />
möglichen Effizienzgewinn abzuschätzen, der durch<br />
OMC relativ zu einem Regime mit expliziten Auktionen<br />
erzielt werden kann. Dabei sollte in Abweichung vom<br />
Status Quo vorausgesetzt werden, dass in jedem Fall<br />
ein grenzüberschreitender Intraday-Handel existiert.<br />
Weiterhin war zu untersuchen, ob OMC kompatibel mit<br />
den derzeitigen Marktregeln und den Anforderungen<br />
aus der Verordnung EC 1228/2003 ist, und welche<br />
Ausgestaltungsmöglichkeiten sich für eine Implementierung<br />
bieten.<br />
114 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
2 Ergebnisse der quantitativen Untersuchung<br />
Die Ergebnisse der quantitativen Abschätzung des<br />
Nutzenzuwachses deuten darauf hin, dass die Einführung<br />
von OMC tatsächlich Wohlfahrtsgewinne erlaubt.<br />
Insbesondere lässt sich folgern, dass<br />
• durch die geplante Einführung von grenzüberschreitendem<br />
Intraday-Handel bereits Effizienzpotenziale<br />
bei der Vergabe von Kapazitätsrechten ausgeschöpft<br />
werden können (d. h. einige der beobachteten<br />
Ineffizienzen expliziter Auktionen abgebaut<br />
werden).<br />
• durch die Einführung von OMC (allein an den<br />
Grenzen Richtung Frankreich und den Niederlanden<br />
sowie auf Basis von Daten für 2005) zusätzliches<br />
Optimierungspotenzial in der Größenordnung von<br />
8-12 Mio. EUR/Jahr realisiert werden können. Dieses<br />
zusätzliche Potenzial entsteht, da nicht alle<br />
Kraftwerkskapazitäten so flexibel eingesetzt werden<br />
können, dass sie kurzfristig („intraday“) zu einer<br />
Optimierung beitragen können. Diese Kapazitäten<br />
können am effizientesten im Rahmen einer synchronisierten<br />
Energie- und Kapazitätsauktion dayahead<br />
eingeplant werden.<br />
• die Einführung eines Kapazitätsmodells unter<br />
Beachtung zu erwartender Lastflüsse (so genanntes<br />
Power Transfer Distribution Factor (PTDF) Modell)<br />
die Realisierung weiterer Effizienzgewinne, sowohl<br />
im Fall expliziter Auktionen als auch bei OMC, ermöglicht.<br />
Die Vorteile des PTDF-Modells werden im<br />
Fall eines perfekten Intraday-Marktes weitestgehend<br />
auf Intraday-Basis und nicht über das OMC<br />
realisiert. Ist der Intraday-Markt hingegen nicht perfekt,<br />
können die Vorteile des PTDF-Modells über<br />
das OMC-Verfahren ausgeschöpft werden.<br />
• die Zusatzkosten der Schaffung eines Auction<br />
Office bei Einführung von OMC bei weniger als<br />
1 Mio. EUR/Jahr liegen.<br />
• damit die Einführung eines OMC-Mechanismus<br />
z. B. an den Grenzen zu den Niederlanden und<br />
Frankreich Nettowohlfahrtsgewinne in Höhe von 7-<br />
11 Mio. EUR/Jahr nach sich ziehen würde.<br />
• die grundsätzlichen Effizienzvorteile von OMC<br />
gegenüber expliziten Auktionen unabhängig davon<br />
bestehen, ob systematische Preisdifferenzen zwischen<br />
Ländern bestehen, solange kurzfristige Preisschwankungen<br />
zwischen den jeweiligen Ländern<br />
auftreten.<br />
Die quantitative Abschätzung der Effizienzgewinne<br />
basierte auf einer Schätzung der zusätzlichen Handelsgewinne<br />
unter OMC relativ zu einem Referenzszenario<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
mit expliziten Auktionen. Diese Schätzung erfolgte<br />
dabei unter sehr konservativen Annahmen (d. h. die<br />
Vorteile des OMC wurden tendenziell unterschätzt). Im<br />
Referenzszenario (und auch im Szenario mit OMC)<br />
wurde z. B. die Existenz eines perfekten grenzüberschreitenden<br />
Intraday-Marktes unterstellt, über den<br />
bereits umfangreiche Optimierungspotenziale ausgeschöpft<br />
werden könnten. In einem solchen perfekten<br />
Intraday-Markt müssten Kapazitäten über implizite<br />
Auktionen vergeben werden, oder sie müssten in Form<br />
von Kapazitätspflichten in einem liquiden Markt<br />
gehandelt werden, in dem alle neuen Transaktionen<br />
laufend in das System eingepflegt werden, um die<br />
jeweils verfügbaren Übertragungskapazitäten in<br />
Echtzeit fortlaufend neu zu ermitteln. Wird kein Intraday-Markt<br />
eingeführt oder ist er nicht entsprechend<br />
perfekt, würden die durch OMC realisierbaren Optimierungspotenziale<br />
höher ausfallen als im Rahmen des<br />
Gutachtens geschätzt.<br />
Eine Abschätzung, wie sich die Vorteile des OMC auf<br />
verschiedene Stakeholder verteilen, war nicht Gegenstand<br />
des Gutachtens.<br />
3 Compliance<br />
Dem in diesem Beitrag vorgestellten ökonomischen<br />
Gutachten [2] gingen ein juristisches [3] und ein<br />
technisches , ebenfalls vom IAEW erstelltes [4] Gutachten<br />
voraus. Während insbesondere im juristischen<br />
Gutachten ein Großteil der rechtlichen Aspekte des<br />
OMC erörtert wurde, wird in dieser Studie ergänzend<br />
die Kompatibilität alternativer Engpassmanagementregimes<br />
mit den Anforderungen aus dem Regulierungsumfeld<br />
geprüft. Hierbei zeigt sich, dass<br />
• sowohl explizite Kapazitätsauktionen als auch das<br />
Open Market Coupling (OMC) kompatibel mit der<br />
Verordnung EC 1228/2003, die marktorientierte Zuteilungsverfahren<br />
an engpassbehafteten Grenzen<br />
vorsieht, sind. Diese Einschätzung gilt sowohl im<br />
Hinblick auf die allgemeinen Grundsätze für das<br />
Engpassmanagement (Art. 6 der Verordnung) als<br />
auch hinsichtlich der Anforderungen an die Transparenz<br />
des Verfahrens.<br />
• OMC kompatibel mit Vorrangregeln für bestimmte<br />
Erzeugungsarten, z. B. für Windenergie in Deutschland,<br />
ist.<br />
• OMC einen Beitrag zur Unterminierung strategischen<br />
Anbieterverhaltens (wo dies vorliegt) leisten<br />
kann. Insbesondere wird durch die Synchronisation<br />
von Kapazitäts- und Energiemarkt das Potenzial für<br />
strategische Verhaltensweisen reduziert.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 115
STUDIENBEISPIELE<br />
4 Ausgestaltungsmöglichkeiten 5 Schlussfolgerung<br />
Für die Implementierung des OMC bestehen zahlreiche<br />
Ausgestaltungsoptionen:<br />
1. Geographische Reichweite<br />
• Die zunächst nächstliegende Ausgestaltungsoption<br />
dürfte jene des OMC an den<br />
Grenzen zu Frankreich, den Niederlanden und<br />
ggf. Dänemark bzw. Nordpool sein. Nicht nur<br />
existieren in allen genannten Ländern liquide<br />
Stromgroßhandelsmärkte und Engpässe für den<br />
grenzüberschreitenden Stromaustausch, sondern<br />
es ist auch geplant, an anderen Außengrenzen<br />
dieser Länder implizite Auktionen für<br />
grenzüberschreitende Übertragungskapazitäten<br />
einzuführen (z. B. Market Coupling zwischen<br />
Norwegen und den Niederlanden über das geplante<br />
NorNed Kabel) bzw. es existieren bereits<br />
Mechanismen für den grenzüberschreitenden<br />
Stromhandel mittels impliziter Auktionen (z. B.<br />
Schweden-Deutschland über das Kontek-Kabel<br />
und trilaterales Market Coupling zwischen Belgien,<br />
Frankreich und den Niederlanden).<br />
• Eine Ausdehnung von OMC auf weitere Länder<br />
wird derzeit noch durch fehlende liquide Großhandelsmärkte<br />
bzw. Handelsplattformen in der<br />
Schweiz, Tschechien und Polen erschwert. Allerdings<br />
ist zu bedenken, dass sich eine entsprechende<br />
Liquidität durch die Einführung eines<br />
OMC mit diesen Ländern entwickeln könnte.<br />
Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die<br />
Einführung von OMC auch bei konservativer Schätzung<br />
Nettowohlfahrtsgewinne von min. 7-11 Mio. EUR/Jahr<br />
erwarten lässt, wenn man alleine die Grenzen nach<br />
Frankreich und den Niederlanden betrachtet. Die<br />
Ausweitung auf weitere Grenzen würde tendenziell<br />
einen höheren Nutzenzuwachs erwarten lassen,<br />
während die Zusatzkosten nahezu unverändert blieben.<br />
Das Verfahren ist kompatibel mit den regulatorischen<br />
Rahmenbedingungen sowohl auf europäischer Ebene<br />
(insbesondere Verordnung 1228/2003) als auch auf<br />
nationaler Ebene (z. B. Einspeisevorrang für erneuerbare<br />
Energien).<br />
6 Literatur<br />
• Zwischen Deutschland und Österreich liegen<br />
derzeit keine Kapazitätsengpässe vor, so dass<br />
sich an dieser Grenze auch nicht die Frage nach<br />
einer Engpassbewirtschaftung stellt. [4] IAEW<br />
• Auch innerhalb Deutschlands wäre die Anwendung<br />
eines OMC-Ansatzes denkbar, sollten in<br />
Zukunft systematische Engpässe innerhalb<br />
Deutschlands auftreten. Mit impliziten Auktionsverfahren<br />
innerhalb eines Landes liegen<br />
z. B. bereits Erfahrungen aus Norwegen und<br />
aus Italien vor.<br />
2. Die Aufteilung der Engpassrenten, die beim OMC<br />
anfallen, könnte einerseits anhand ökonomischer<br />
Indikatoren über die Wertigkeit der Engpässe und<br />
andererseits lastflussbasiert erfolgen. Darüber<br />
hinaus sind mittels Gewichtungen und Kombinationen<br />
von Methoden diverse Untervarianten denkbar.<br />
Letztlich ist es eine Frage der Gewichtung der<br />
jeweiligen Vor- und Nachteile sowie Anreizwirkungen,<br />
welche Methode – oder Methodenkombination<br />
– aus regulatorischer Sicht zu favorisieren<br />
wäre.<br />
[1] Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des europäischen<br />
Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über<br />
die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden<br />
Stromhandel<br />
Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L176/1,<br />
15.07.2003<br />
[2] Frontier Economics, Consentec, IAEW<br />
Ökonomische Bewertung verschiedener Engpassmanagementmethoden<br />
www.bundesnetzagentur.de [Stand 22.01.<strong>2007</strong>]<br />
[3] Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft der<br />
Universität Karlsruhe<br />
Rechtsgutachten über die Etablierung eines Auction<br />
Office im Rahmen des Open Market Coupling<br />
www.bundesnetzagentur.de [Stand 22.01.<strong>2007</strong>]<br />
Technische Fragen beim Open Market Coupling –<br />
OMC<br />
www.bundesnetzagentur.de [Stand 22.01.<strong>2007</strong>]<br />
116 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
STUDIENBEISPIELE<br />
Bewertung des Optimierungspotenzials zur Integration des Windstroms in das<br />
Verbundsystem<br />
Potentials to Optimize the Integration of Wind Energy into the German Interconnected<br />
System<br />
Dipl.-Ing. Philipp Siemes, IAEW; Dr.-Ing. Hendrik Vennegeerts, FGH; Dipl.-Ing. Simon Ohrem, IAEW<br />
philipp.siemes@iaew.rwth-aachen.de, hendrik.vennegeerts@fgh-ma.de, simon.ohrem@iaew.rwth-aachen.de<br />
Die große Anzahl der in Deutschland installierten Windenergieanlagen (WEA) erfordert bereits heute hohe Anstrengungen<br />
zur Integration in das bestehende Energieversorgungssystem. Aufbauend auf den Erkenntnissen der dena-<br />
Netzstudie soll die vorgestellte Studie neue Lösungsansätze für die Integration von WEA untersuchen und mögliche<br />
Lösungsansätze und weiteren Forschungsbedarf aufzeigen. Die vom IAEW bearbeiteten und im Folgenden genauer<br />
dargestellten Themenschwerpunkte umfassen die Untersuchung verschiedener Strategien eines Einspeisemanagements,<br />
Einrichtung eines Intraday-Handels, Nutzung von Lastmanagement, Ansätze zur Reduktion des mit dem Lastprognosefehler<br />
verbundenen Reservebedarfs, Potenziale von kurz- bis mittelfristig verfügbaren Speichertechnologien<br />
und Möglichkeiten zur Verringerung der Auswirkungen auf angrenzende ausländische Netze.<br />
At this stage, the large number of wind turbines in Germany is already causing troubles with their integration into the<br />
existing power system. Therefore the scope of this study is the investigation of new approaches for integration of wind<br />
turbines on the basis of the dena Grid Study’s outcomes. This study is intended to provide a new basis for continuative<br />
projects. The parts handled by IAEW, which are presented in the following, comprehend the investigation of various<br />
strategies for generation management of wind turbines, establishment of an intraday trade, use of load management,<br />
approaches for reduction of reserve demand due to load forecast error, potentials of short- and medium-termed available<br />
storage technologies and options to reduce the wind turbines’ impacts on bordering foreign interconnected<br />
systems.<br />
1 Hintergrund<br />
Das Ziel nationaler und europäischer Energiepolitik ist,<br />
den Energiebedarf zunehmend durch regenerative<br />
Quellen und vor allem durch Windenergieanlagen<br />
(WEA) zu decken. Der fluktuierende Charakter der<br />
Einspeisung aus WEA führt aber bereits heute in<br />
Verbindung mit ihrer ungenauen Prognose dazu, dass<br />
kurzfristige Reserveleistung in erheblichem Umfang<br />
bereitgehalten werden muss. Zudem kann die Ballung<br />
von WEA in last- und strukturschwachen Netzbereichen<br />
in Starkwindzeiten zu evtl. unzulässig hohen Belastungen<br />
der Übertragungsnetze führen. Das Ziel der vorgestellten<br />
Studie ist, aufbauend auf den Erkenntnissen<br />
der im Jahr 2003 abgeschlossenen dena-Netzstudie [1],<br />
neue Lösungsansätze für die Integration von WEA zu<br />
untersuchen und weiteren Forschungsbedarf aufzuzeigen.<br />
Dazu hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz<br />
und Reaktorsicherheit (BMU) ein Konsortium<br />
bestehend aus IAEW und FGH mit der vorgestellten<br />
Studie beauftragt. Die im Weiteren aufgelisteten, vom<br />
IAEW untersuchten, Themenschwerpunkte werden in<br />
den folgenden Kapiteln detailliert dargestellt.<br />
• Potenziale eines Einspeisemanagements in Hinblick<br />
auf die Optimierung des Regel- und Reserveenergiebedarfs<br />
• Potenziale zur verbesserten Integration der Windenergie<br />
durch die Schaffung eines Intraday-Handels<br />
• Potenziale eines kurz- bis mittelfristig realisierbaren<br />
Lastmanagements speziell in Bezug auf die Anforderungen<br />
der verbesserten Integration der Windenergie<br />
• Bewertung des Lastprognosefehlers sowie des<br />
damit im Zusammenhang stehenden Regel- und<br />
Reserveenergiebedarfs<br />
• Potenziale kurz- und mittelfristig verfügbarer<br />
Speichertechnologien<br />
Die von der FGH untersuchten Themenschwerpunkte<br />
werden im Weiteren nicht genauer ausgeführt. Es handelt<br />
sich um die Module<br />
• Darstellung der Anlageneigenschaften für Systemdienstleistungen<br />
und Bewertung der Möglichkeiten<br />
zur Weiterentwicklung von Anschlussbedingungen<br />
für WEA<br />
• Darstellung netz- und anlagenseitiger Lösungsmöglichkeiten<br />
der Spannungstrichterproblematik<br />
• Potenziale eines Leitungstemperaturmonitorings<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 117
STUDIENBEISPIELE<br />
• Abschätzungen zur Wirtschaftlichkeit von Erdkabeln<br />
als Alternative zu Freileitungen<br />
• Möglichkeiten zur Verringerung der Auswirkungen<br />
auf angrenzende ausländische Netze<br />
2 Potenziale eines Einspeisemanagements<br />
Aufgrund ihrer begrenzten Prognostizierbarkeit verursacht<br />
die Einspeisung aus WEA bereits heute einen<br />
deutlichen Mehrbedarf an der für einen sicheren Netzbetrieb<br />
vorzuhaltenden Kraftwerksreserve. Für den in<br />
der Zukunft erwarteten Ausbau der Windenergie in<br />
Deutschland würde der Windprognosefehler zum dominierenden<br />
Faktor für die Bemessung der vorzuhaltenden<br />
Kraftwerksreserve. Durch ein Einspeisemanagement<br />
(ESM) kann zumindest teilweise eine Steuerbarkeit der<br />
WEA-Einspeisung erreicht und hierdurch der windbedingte<br />
Mehrbedarf an Kraftwerksreserve reduziert<br />
werden.<br />
Grundsätzlich sind zwei Arten der Drosselung von WEA<br />
denkbar. Bei der ersten Variante wird eine ständige<br />
Drosselung zur Bereitstellung von positiver und negativer<br />
Minutenreserve durchgeführt. Die technische Realisierbarkeit<br />
dieser Variante ist aufgrund der derzeit<br />
geltenden Fassung der strengen Präqualifikationsrichtlinien<br />
für Anbieter von Reserveleistung jedoch fraglich.<br />
Zudem ist sie auch wirtschaftlich ungünstig, da bei<br />
ständiger Androsselung von WEA ein großer Teil der<br />
potenziellen Einspeisung ungenutzt bleibt. Bei der<br />
zweiten Variante werden WEA nur zeitweise bei<br />
Auftreten von sehr großen WEA-Prognosefehlern gedrosselt,<br />
um negative Minutenreserve einzusparen.<br />
Diese Variante hat gegenüber der ersten den Vorteil,<br />
dass sie technisch einfach realisierbar ist. Zudem ist<br />
sie auch wirtschaftlich sinnvoll, da bereits bei sehr<br />
seltener Androsselung ein nicht vernachlässigbarer Teil<br />
an negativer Minutenreserveleistung eingespart werden<br />
kann. Eine mögliche Vorgehensweise beim Einsatz<br />
des ESM ist auf den folgenden beiden Bildern beispielhaft<br />
dargestellt.<br />
MW<br />
WEA-Einspeisung<br />
WEA-Prognose<br />
0 h 24 h<br />
Bild 1: WEA-Einspeisung und –Prognose<br />
Um den windbedingten negativen Minutenreservebedarf<br />
zu senken, wird die WEA-Einspeisung soweit gedrosselt,<br />
dass der maximale positive Prognosefehler<br />
nach oben begrenzt wird. Die Grenze, ab der die<br />
Drosselung einsetzt, ist gestrichelt eingetragen (Bild 2).<br />
Die dann aufgrund ESM nicht eingespeiste Windenergie<br />
entspricht den in Bild 1 ausgefüllten Flächen.<br />
MW<br />
Grenze ESM<br />
WEA-Prognosefehler<br />
0 h 24 h<br />
Bild 2: WEA-Prognosefehler bei Einsatz von ESM<br />
Im Folgenden werden die Auswirkungen eines ESM<br />
quantitativ abgeschätzt. Die installierte WEA-Leistung<br />
für das Jahr 2020 wird in Anlehnung an die dena-<br />
Netzstudie [1] und in Absprache mit dem Auftraggeber<br />
zwischen 30 GW und 48,2 GW angesetzt. Um den Einfluss<br />
des ESM auf den Minutenreservebedarf als auch<br />
auf die WEA-Einspeisung zu verdeutlichen, sind die<br />
Bandbreiten des windbedingten Mehrbedarfs an<br />
negativer Minutenreserve und der aufgrund von ESM<br />
nicht eingespeisten Energie aus WEA im gleichen<br />
Diagramm (Bild 3) dargestellt. Die oberen Schranken<br />
der Bänder entsprechen 48,2 GW, die unteren einer<br />
installierten WEA-Leistung von 30 GW.<br />
6<br />
ΔP [GW]<br />
ΔW [TWh/a]<br />
4<br />
0<br />
0 5 10 15 % 25 30<br />
WEA-Prognosefehler / P inst,WEA<br />
118 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />
10<br />
8<br />
2<br />
Bild 3: Mehrbedarf an Minutenreserveleistung vs.<br />
nicht eingespeiste Energie über max. WEA-<br />
Prognosefehler<br />
Die rechten Enden der Kurven kennzeichnen den Fall<br />
ohne ESM. Die Schnittpunkte mit der Ordinate kennzeichnen<br />
vollständiges ESM, also der Einsatz des ESM<br />
schon bei der geringsten positiven Abweichung von der<br />
Prognose. Würde das ESM oberhalb einem WEA-<br />
Prognosefehler von ca. 14% angewendet (entspricht<br />
einem Einsatz von ca. 100 Stunden pro Jahr), dann<br />
könnte der windbedingte Mehrbedarf an negativer<br />
Minutenreserveleistung auf ungefähr 5,2 GW (bei<br />
48,2 GW installierter WEA-Leistung), also um ca. 45%<br />
gesenkt werden. Dabei würden 200 GWh/a an WEA-<br />
Einspeisung, das entspricht 0,2% der erwarteten jährlichen<br />
Gesamteinspeisung, nicht genutzt werden. Bewertet<br />
man die nicht eingespeiste Windenergie mit der
Einspeisevergütung und die eingesparte Minutenreserve<br />
mit heutigen Marktpreisen, zeigt sich, dass die<br />
Anwendung von ESM in größerem Umfang wirtschaftlich<br />
sein kann. Eine volkswirtschaftliche Betrachtung<br />
unter Berücksichtigung des Klimaschutzes würde eine<br />
genauere Untersuchung erfordern.<br />
3 Potenziale eines Intraday-Handels<br />
Die Einspeisung großer WEA-Kollektive weist aufgrund<br />
von Ausgleichseffekten nur relativ geringe Gradienten<br />
auf. Basierend auf Kurzzeitprognosen wenige Stunden<br />
vor dem Betrieb, die im Vergleich zu den für die Fahrplananmeldung<br />
eingesetzten Vortagesprognosen deutlich<br />
höhere Prognosegüten aufweisen, könnte der<br />
Windprognosefehler zu einem bedeutenden Anteil<br />
durch eine zusätzliche, längerfristig aktivierbare Stundenreserve<br />
abgedeckt werden. Geringere Anforderungen<br />
an die Aktivierungszeit aufgrund längerer Vorlaufzeiten<br />
als bei der innerhalb von 15 Minuten aktivierbaren<br />
Minutenreserve lassen für eine solche Reserve<br />
geringere spezifische Kosten erwarten. Die Beschaffung<br />
dieser längerfristigen Reserve könnte neben einer<br />
öffentlichen Ausschreibung, wie bei anderen Reservearten,<br />
über einen ausreichend liquiden Intraday-Handel<br />
erfolgen.<br />
Für eine beispielhafte Regelzone und eine in Deutschland<br />
angenommene installierte WEA-Leistung von<br />
30 GW sind in Bild 4 die Kosten der Reservevorhaltung<br />
bei heutigen Marktpreisen dargestellt. Für das heute<br />
nicht erhältliche Produkt der Stundenreserve wird<br />
gemäß einer Analyse der europäischen Intraday-Märkte<br />
angenommen, dass es im Gegensatz zur Minutenreserve<br />
keinen Leistungspreis hat. Der Arbeitspreis der<br />
Stundenreserve entspricht dem mittleren Spotmarktpreis.<br />
Wie Bild 4 zeigt, kann durch den Einsatz von<br />
Stundenreserve trotz der geringeren spezifischen<br />
Kosten der Beschaffung am Intradaymarkt kein wesentlicher<br />
wirtschaftlicher Vorteil gegenüber der heute<br />
ausschließlichen Vorhaltung von Minutenreserve erzielt<br />
werden. Dies ist auf den in Summe steigenden Beschaffungsbedarf<br />
zurückzuführen.<br />
4 Potenziale eines Lastmanagements<br />
Eine jederzeit ausgeglichene Leistungsbilanz im Elektrizitätsverbund<br />
wird derzeit durch die Bereitstellung von<br />
Regel- und Reserveleistung – also durch eine Anpassung<br />
der Einspeisung – gewährleistet. Die prinzipiell<br />
ebenso mögliche Anpassung des Bedarfs durch ein<br />
nachfrageseitiges Lastmanagement wird bisher hingegen<br />
nur in geringem Umfang genutzt.<br />
Vor dem Hintergrund einer sich verändernden Erzeugungsstruktur,<br />
die durch die verstärkte Einbindung der<br />
dargebotsabhängigen Windenergie zukünftig noch weit<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
größeren Unsicherheiten unterliegt, könnte es sinnvoll<br />
sein, die Steuerung der Last stärker als bisher zum<br />
Leistungsbilanzausgleich einzusetzen.<br />
Mio. €/a<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 119<br />
600<br />
300<br />
150<br />
0<br />
Beschaffung Intraday-Markt<br />
Negative Minutenreserve<br />
Positive Minutenreserve<br />
Day-Ahead 4h 2h<br />
Bild 4: Kosten der Reservebeschaffung für eine<br />
beispielhafte Regelzone<br />
Industriekunden nehmen z. T. bereits heute mit ihren<br />
disponiblen Prozessen (z. B. Chlorelektrolyse) unter<br />
Beachtung der Präqualifikationsrichtlinien am Minutenreservemarkt<br />
teil. Der Anreiz für Unternehmen, diese<br />
zusätzliche Vermarktungsmöglichkeit zu nutzen, ergibt<br />
sich aus den erzielbaren Preisen. Somit ist hier das<br />
zukünftige Preisniveau für Minutenreserve entscheidend.<br />
Weiterhin ist grundsätzlich auch eine Lastabschaltung<br />
bei privaten Haushalten denkbar. Hier kommt jedoch<br />
nur die verschiebbare Nutzung elektrische Geräte, wie<br />
der Waschmaschine, Spülmaschine, dem Trockner oder<br />
des Kühlschranks in Betracht. Durchgeführte Feldstudien<br />
[2] zeigen, dass Kunden häufig Vorbehalte gegen<br />
die extern veranlasste Abschaltung der Geräte haben,<br />
da ihnen die persönliche Kontrolle über das Gerät fehlt<br />
und zudem versicherungstechnische Bedingungen der<br />
u. U. fehlenden Beaufsichtigung fraglich sind. Des Weiteren<br />
stehen dem, bei einer flächendeckenden Anwendung,<br />
großen Potenzial die nicht unerheblichen Anschaffungskosten<br />
je Haushalt für elektronischen<br />
Drehstromzähler, Anzeigegerät, Stromwertschalter und<br />
Signalübertragungsgerät gegenüber.<br />
5 Bewertung des Lastprognosefehlers<br />
Mit dem durch die Liberalisierung bedingten Unbundling<br />
hat sich die Informationsbasis für den Übertragungsnetzbetreiber<br />
und damit dessen Durchführung der<br />
Prognose zukünftiger Netzsituationen stark verändert.<br />
Dies hat insbesondere auch Auswirkungen auf die<br />
Lastprognose, die einen wesentlichen Einfluss auf den<br />
Regel- und Reserveenergiebedarf besitzt. In diesem<br />
Abschnitt wird einerseits die Entwicklung des Lastprognosefehlers<br />
eingeschätzt und andererseits Ansätze<br />
zur Erhöhung der Prognosegüte hinsichtlich ihrer<br />
Potenziale bewertet. Die Ansätze zur Erhöhung der Prognosegüte<br />
hinterfragen auch die derzeitige Aufteilung<br />
Deutschlands in vier Regelzonen mit jeweils getrennter
STUDIENBEISPIELE<br />
Lastprognose und Ausregelung von Bilanzabweichungen.<br />
Die Optimierungspotenziale werden wie in Kapitel 2 für<br />
eine beispielhafte Regelzone bei einer in Deutschland<br />
installierten WEA-Leistung zwischen 30 GW und<br />
48,2 GW ermittelt. Im Folgenden werden für diese<br />
Regelzone die Optimierungspotenziale des Reservebedarfs<br />
bei einer gemeinsamen Ausregelung („Poolung“)<br />
von wind- und lastbedingter Reserve und bei gemeinsamer<br />
Reservevorhaltung in Deutschland bestimmt.<br />
Bei der Poolung von wind- und lastbedingter Reserve<br />
wird analog zum unverzüglichen Horizontalausgleich<br />
der Windenergie auch der Lastprognosefehler entsprechend<br />
dem jährlichen Energieabsatz auf die vier<br />
Regelzonen aufgeteilt. Dies hat den Vorteil, dass der<br />
heute prinzipiell mögliche gegensätzliche Reserveeinsatz<br />
zur Ausregelung der Lastprognosefehler in den<br />
einzelnen Regelzonen vermieden wird.<br />
Bei einer gemeinsamen Reservevorhaltung für Deutschland<br />
werden alle Einflussfaktoren auf den Reservebedarf<br />
gemeinsam ausgeregelt. Dies sind im Einzelnen<br />
Kraftwerksausfälle, Lastschwankungen, Lastprognosefehler<br />
und der WEA-Prognosefehler. Der vorzuhaltende<br />
Reservebedarf wird analog zum unverzüglichen Horizontalausgleich<br />
der Windenergie entsprechend dem<br />
jeweiligen jährlichen Energieabsatz auf die vier Übertragungsnetzbetreiber<br />
aufgeteilt.<br />
Sowohl die Poolung von wind- und lastbedingter Reserve<br />
als auch die gemeinsame Reservevorhaltung weisen<br />
im besten Fall Einsparpotenziale von etwa 20% an<br />
Minutenreserveleistung und -energie auf. Aufgrund der<br />
nicht vollständigen Korrelation der heutigen Lastprognosefehler<br />
können diese Werte in der Praxis jedoch<br />
nicht erreicht werden. Stattdessen wird das realisierbare<br />
Einsparpotenzial deutlich niedriger sein.<br />
Weiterhin verursachen beide Ansätze durch die entstehenden<br />
Ausgleichsflüsse eine zusätzliche Netzbelastung.<br />
Bei der Poolung von wind- und lastbedingter<br />
Reserve entstehen im Fall entgegen gesetzter Vorzeichen<br />
der Lastprognosefehler zweier Regelzonen Ausgleichsflüsse<br />
zwischen diesen Regelzonen. Aufgrund<br />
der genannten Korrelation der einzelnen Lastprognosefehler<br />
wird der Betrag dieser Ausgleichflüsse jedoch<br />
relativ gering sein. Dagegen kann im Fall der gemeinsamen<br />
Reservevorhaltung bei einem Kraftwerksausfall<br />
durch die Aushilfe aus benachbarten Regelzonen eine<br />
deutliche zusätzliche Belastung der betroffenen Kuppelleitungen<br />
hervorgerufen werden.<br />
Ein weiterer Vorteil der Poolung von wind- und lastbedingter<br />
Reserve ist, dass in diesem Fall auch weiterhin<br />
Aushilfsmöglichkeiten zwischen den vier heutigen Re-<br />
gelzonen bestehen. Im Fall der gemeinsamen Reservevorhaltung<br />
wäre dagegen zur Aufrechterhaltung der<br />
heutigen Systemsicherheit eine geringere Defizit-<br />
/Überschusswahrscheinlichkeit als die heutigen 10<br />
Stunden pro Jahr und Regelzone erforderlich, was die<br />
erzielbaren Einsparpotenziale einschränken würde.<br />
6 Potenziale kurz- und mittelfristig verfügbarer<br />
Speichertechnologien<br />
Als Alternative und Ergänzung zu Netzausbau und der<br />
verstärkten Bereitstellung von Kraftwerksreserve könnten<br />
zukünftig zur Systemintegration von WEA auch moderne<br />
Speichertechnologien genutzt werden. Diese<br />
ermöglichen es, die fluktuierende Erzeugung elektrischer<br />
Energie aus Windenergie von der Netzeinspeisung<br />
zeitlich zu entkoppeln und ihr so den Charakter<br />
eines kontinuierlich und geplant einsetzbaren Kraftwerks<br />
zu geben. Hierfür sind Speichertechnologien<br />
erforderlich, die sowohl hinsichtlich der installierten<br />
Leistung, des Energieinhalts und der geografischen<br />
Lage den Kapazitäten und Standorten der WEA anpassbar<br />
sind. Diese Anforderungen erfüllt insbesondere die<br />
Technologie der Druckluftspeicher, auch Compressed<br />
Air Energy Storage (CAES) genannt, da sie folgende<br />
Vorteile gegenüber anderen Speichertechnologien zu<br />
bieten hat:<br />
Sie ist langjährig erprobt und kommerziell verfügbar,<br />
sie ist großtechnisch im erforderlichen Kapazitätsrahmen<br />
verfügbar, ihr Potenzial in Deutschland ist nicht,<br />
wie bspw. bei Pumpspeicherkraftwerken, bereits ausgeschöpft<br />
und die geologisch bedingten, potenziellen<br />
Standorte befinden sich in der Küstenregion, wodurch<br />
eine wirksame Beeinflussung der Leistungsflüsse zur<br />
Vermeidung von Engpässen ermöglicht werden könnte.<br />
Die technisch-wirtschaftliche Bewertung auf Basis von<br />
historischen Daten des Strommarktes ergibt, dass der<br />
Neubau eines CAES bei einer ausschließlichen Vermarktung<br />
von Fahrplanenergie aus heutiger Sicht nicht<br />
wirtschaftlich ist. Nur durch die zusätzliche Vermarktung<br />
von Minutenreserve bzw. die Vermeidung von<br />
Minutenreservebedarf kann auf Basis von historischen<br />
Daten ein betriebswirtschaftlicher Gewinn erreicht<br />
werden. Aufgrund der sehr unsicheren Entwicklung der<br />
Reservemärkte sind die damit verbundenen Erträge<br />
nicht belastbar genug abschätzbar, um eine Investition<br />
der Energiewirtschaft in CAES zum Einsatz als Reservekraftwerk<br />
zu rechtfertigen.<br />
Eine Errichtung von CAES zum vorrangigen Einsatz der<br />
Netzentlastung ist aufgrund der deutlich höheren Investitionskosten<br />
keine Alternative zum heute notwendigen<br />
Netzausbau. Jedoch kann bei geeigneter geographischer<br />
Positionierung des CAES ein zeitweiliger<br />
Einsatz zur Netzentlastung und damit i. d. R. eine Ver-<br />
120 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
meidung von Erzeugungsmanagement erfolgen. Weiterhin<br />
werden durch Reduzierung der Preisdifferenzen<br />
auf den Strommärkten, durch Erhöhung der gesicherten<br />
Leistung von WEA und durch Verringerung der Auswirkungen<br />
des WEA-Prognosefehlers weitere systemtechnische<br />
Nutzeffekte erzielt, die derzeit nicht betriebswirtschaftlich<br />
ergebniswirksam werden. Die<br />
Untersuchungen zeigen, dass die Abschätzung der zukünftigen<br />
Wirtschaftlichkeit von CAES im Vergleich zur<br />
Abschätzung der zukünftigen Wirtschaftlichkeit von<br />
konventionellen Kraftwerken aufgrund der zahlreichen<br />
Anwendungsmöglichkeiten und der damit zusammenhängenden<br />
komplexen Einsatzstrategie mit größeren<br />
Unsicherheiten verbunden ist.<br />
7 Literatur<br />
[1] Deutsche Energie Agentur, Berlin<br />
http://www.offshore-wind.de/media<br />
/article004593/dena-Netzstudie,<br />
Haupttext, 20r.pdf<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
[2] Energiestiftung Schleswig-Holstein<br />
Entwicklung und Test eines lastabhängigen Echtzeit-Tarifs<br />
in Eckernförde<br />
Oktober 1997<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 121
STUDIENBEISPIELE<br />
Folgen der Großstörung in der Region Münsterland für Planung und Betrieb<br />
von 110-kV-Überlandnetzen<br />
Consequences of Wide-area Outages in 110 kV Overhead Line Networks on<br />
Network Planning and Operation<br />
Dipl.-Ing. Thorsten Borchard; Dipl.-Ing. Simon Ohrem, IAEW<br />
Dr.-Ing. Christian Zimmer; Dipl.-Ing. Lutz Eckenroth, Consentec GmbH<br />
thorsten.borchard@iaew.rwth-aachen.de, simon.ohrem@iaew.rwth-aachen.de<br />
Infolge der überraschend vielen Großstörungen der elektrischen Energieversorgung in den vergangenen Jahren wird<br />
derzeit die Angemessenheit von Netzauslegung und vorbeugenden Maßnahmen kritisch hinterfragt. Nach der – zumindest<br />
für einzelne Kundengruppen – mehrtägigen Versorgungsunterbrechung im Versorgungsgebiet der RWE Westfalen-<br />
Weser-Ems AG (RWE) im Münsterland aufgrund widriger Witterungsverhältnisse im November 2005 gilt dies insbesondere<br />
für die nahezu ausschließlich in Freileitungstechnik errichteten 110-kV-Überlandnetze. Verschiedene Gutachten<br />
haben RWE mittlerweile eine den geltenden Standards entsprechende Auslegung ihrer Freileitungen bescheinigt. In der<br />
öffentlichen und vor allem politischen Diskussion ergibt sich nun jedoch die Frage nach den Standards selbst, d. h. ob<br />
Störfälle wie der im Münsterland überhaupt zu vermeiden sind und welche Maßnahmen dafür notwendig wären.<br />
Mögliche Ansatzpunkte für eine Veränderung der geübten Praxis bieten sich z. B. in der flächendeckenden Verkabelung<br />
von 110-kV-Netzen, erhöhten technischen Standards zur Anlagenauslegung, verschärften Instandhaltungsvorschriften<br />
oder erweiterten Netzsicherheitskriterien.<br />
Due to several wide-area power outages in electrical networks in the last few years the suitability of network planning<br />
criteria and emergency measures are presently under discussion. After the wide-area outage caused by bad weather<br />
conditions in the supply area of RWE Westfalen-Weser-Ems AG (RWE) in the Münsterland region in November 2005,<br />
this particularly applies to 110 kV overhead line networks. Meanwhile different appraisals certified RWE the standard<br />
appropriate design of their overhead lines. In the public and political discussion now ,however, the standards themselves<br />
are questioned. For instance, increasing the degree of meshing, installation of reserve cables or complete<br />
cabling of 110 kV could serve to avoid or mitigate wide-area outages.<br />
1 Zielsetzung<br />
Das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und<br />
Energie des Landes Nordrhein-Westfalen hat über den<br />
Projektträger Energie, Technologie, Nachhaltigkeit<br />
(ETN) am Forschungszentrum Jülich das Konsortium<br />
bestehend aus dem Institut für Elektrische Anlagen und<br />
Energiewirtschaft (IAEW) der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, der<br />
CONSENTEC Consulting für Energiewirtschaft und -<br />
technik GmbH, <strong>Aachen</strong>, und dem Institut für Hochspannungstechnik<br />
der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> mit einer wissenschaftlichen<br />
Untersuchung beauftragt. Ziel der Untersuchung<br />
war es, Planungs- und Betriebsstandards von<br />
110-kV-Überlandnetzen im Hinblick auf die Abmilderung<br />
der Folgen künftiger witterungsbedingter Großstörungen<br />
zu bewerten.<br />
Auch wenn die o. g. Ereignisse im Münsterland den<br />
Anlass für die Untersuchung bilden, wurde die Fragestellung<br />
soweit wie möglich verallgemeinernd behandelt,<br />
um vom Einzelfall losgelöste Erkenntnisse zu<br />
erhalten. Speziell für die netzplanerischen Maßnahmen<br />
diente das Münsterland jedoch als Fallbeispiel, so dass<br />
insbesondere die hierzu vorgelegten quantitativen<br />
Ergebnisse nicht verallgemeinert werden dürfen.<br />
Die Untersuchungen und deren Ergebnisse die vom<br />
IAEW und der CONSENTEC GmbH durchgeführt<br />
wurden, sind in den folgenden drei Abschnitten zusammengefasst.<br />
2 Quervergleich von Auslegungsstandards<br />
und Auslegungspraxis<br />
Die Analysen haben ergeben, dass von den deutschen<br />
Netzbetreibern wie auch in den betrachteten Nachbarländern<br />
Österreich und Niederlande die 110-kV-<br />
Überlandnetze nach sehr ähnlichen Kriterien ausgelegt<br />
werden. An erster Stelle ist hier das (n-1)-Kriterium zu<br />
nennen, das als allgemein anerkanntes und bewährtes<br />
Kriterium verwendet wird. Das (n-1)-Kriterium schreibt<br />
vor, dass der Ausfall eines Betriebsmittels zu keiner<br />
Versorgungsunterbrechung führen darf [1]. Hierbei<br />
werden üblicherweise Einzelausfälle von Leitungen und<br />
Transformatoren berücksichtigt, nicht jedoch Sammelschienenausfälle<br />
und Common-Mode-Ausfälle von<br />
Mehrfachleitungen.<br />
122 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Einige Netzbetreiber verwenden über das (n-1)-<br />
Kriterium hinausgehende Kriterien:<br />
• Die (n-1)-Sicherheit wird teilweise auch bei Außerbetriebnahme<br />
eines Betriebsmittels zu Wartungszwecken<br />
gefordert. Hierbei wird allerdings ein reduziertes<br />
Lastszenario und nicht – wie beim (n-1)-<br />
Kriterium – der Höchstlastfall betrachtet.<br />
• Die probabilistische Zuverlässigkeitsanalyse wird<br />
verstärkt als Ergänzung zum deterministischen (n-<br />
1)-Kriterium eingesetzt. Sie ermöglicht eine Prognose<br />
der Zuverlässigkeit von Netzvarianten auf<br />
Grundlage statistischer Beschreibungen des Ausfallverhaltens<br />
von Betriebsmitteln. Dabei können<br />
insbesondere auch über das (n-1)-Kriterium hinausgehende,<br />
seltenere Fehlerarten (Sammelschienenausfälle,<br />
Common-Mode-Fehler) berücksichtigt<br />
werden. So können gleichermaßen (n-1)-sichere<br />
Netzvarianten anhand ihres Zuverlässigkeitsniveaus<br />
unterschieden werden.<br />
Aus den deutschlandweit weitgehend einheitlichen<br />
Planungskriterien haben sich in der zweiten Hälfte des<br />
letzten Jahrhunderts im Grundsatz einander ähnliche<br />
Überlandnetze entwickelt:<br />
• Die Netze sind praktisch vollständig in Freileitungstechnik<br />
ausgeführt, da sich damit die o. g. Kriterien<br />
am wirtschaftlichsten erfüllen lassen. Kabel kommen<br />
in der 110-kV-Ebene nur in städtischen Gebieten<br />
zum Einsatz.<br />
• Die Netzstruktur besteht aus Maschen bildenden<br />
Stammstrecken zwischen den Einspeisestationen<br />
aus der Höchstspannungsebene mit Abzweigungen<br />
zum Anschluss der Hoch-/ Mittelspannungsstationen<br />
an jeweils eine Stammstrecke. Bezüglich der<br />
konkreten Ausgestaltung (z. B. Länge der<br />
Stammstrecke, Anzahl der 110-kV-Stationen je<br />
Stammstrecke, Länge der Abzweige) bestehen keine<br />
allgemeingültigen Vorgaben.<br />
Generell ist festzustellen, dass sich die Planungskriterien<br />
zur Netzauslegung auf die Robustheit der Netze<br />
gegenüber empirisch erfassbaren Ereignissen konzentrieren,<br />
die so häufig sind, dass sie sich durch statistische<br />
Kenngrößen beschreiben lassen (Bild 1). Auf die<br />
Robustheit gegenüber singulären Großstörungen haben<br />
diese Kriterien jedoch nur einen vergleichsweise<br />
geringen Einfluss: Art und Anzahl der Ausfälle z. B. bei<br />
der Großstörung im Münsterland gingen weit über alle<br />
Planungskriterien hinaus. Daher müssen solche Szenarien<br />
separat analysiert werden. Dabei sind einerseits<br />
betriebliche Maßnahmen zu betrachten, mit denen die<br />
Dauer der Versorgungsunterbrechung verringert werden<br />
kann, und andererseits Änderungen der Netzstruktur<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
mit dem Ziel, die Auswirkungen auch seltener, extremer<br />
Wetterlagen zu begrenzen, und schließlich die<br />
Wahl von Betriebsmitteln, insbesondere von Leitungen,<br />
speziell gegen derartige Wetterlagen unempfindlicherer<br />
Dimensionierung und Typisierung.<br />
Ereignis<br />
Häufigkeit<br />
Umfang des<br />
Ereignisses<br />
Analysetechnik<br />
Einfachfehler<br />
(Leitung,<br />
Transformator)<br />
Transformator)<br />
Mehrfachfehler,<br />
Common-<br />
Mode<br />
Deterministische<br />
Überprüfung<br />
Probabilistische<br />
Zuverlässigkeitsberechnung<br />
Häufige Einzelereignisse<br />
� Gegenstand von<br />
Planungskriterien<br />
Großstörungen<br />
Singuläre<br />
Großereignisse<br />
� Gegenstand<br />
des Krisenmanagements<br />
Bild 1: Planungskriterien für 110-kV-Überlandnetze<br />
decken witterungsbedingte oder sonstige<br />
Großstörungen nicht ab<br />
3 Betriebliche Maßnahmen und<br />
Kommunikation<br />
Unsere stichprobenartige Befragung deutscher und<br />
ausländischer Verteilungsnetzbetreiber hat ergeben,<br />
dass umfangreiche organisatorische Vorkehrungen für<br />
den Großstörungsfall getroffen werden. So existieren<br />
Organisationsstrukturen, die weitgehend dem VDN-<br />
Leitfaden zur Beherrschung von Großstörungen [2]<br />
entsprechen, Krisenräume und Krisenstäbe sind<br />
vorbereitet, regelmäßige Übungen des Ernstfalls finden<br />
statt.<br />
Die für den Großstörungsfall vorgesehenen betrieblichen<br />
Maßnahmen umfassen neben der Nutzung<br />
netzseitiger Reserven das Vorhalten von Provisorien<br />
(Leiterseile, Masten, Notstromaggregate etc.) und die<br />
wechselseitige Aushilfe der Netzbetreiber mit Personal<br />
und Material. Für die Kommunikation zwischen Leitstelle<br />
und Entstörpersonal setzen die Netzbetreiber<br />
unterschiedliche, teilweise redundante Techniken<br />
(Betriebstelefon und Betriebsfunk, öffentliches Telefon,<br />
Mobilfunk) ein.<br />
Die Erfahrung bei der Großstörung im Münsterland hat<br />
gezeigt, dass die hierfür vorbereiteten organisatorischen<br />
Strukturen gut gegriffen haben [3]. So wurde<br />
beispielsweise die Unterstützung durch benachbarte<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 123
STUDIENBEISPIELE<br />
Netzbetreiber gelobt, die Anlagenprovisorien und<br />
Notstromaggregate in großer Zahl zur Verfügung<br />
stellten. Allerdings war die Kommunikation insbesondere<br />
über öffentliche Netze teilweise eingeschränkt.<br />
Vor allem die je nach Mobilfunkbetreiber fehlende oder<br />
recht kurze Pufferung der Stromversorgung der Telekommunikationsstationen<br />
wirkte sich negativ aus, da<br />
sie den lokalen Ausfall oder eine durch Teilausfall und<br />
den krisenbedingt hohen Kommunikationsbedarf der<br />
Bevölkerung bedingte Überlastung des Mobilfunknetzes<br />
nach sich zog.<br />
Eine Verbesserung für künftige Störungsfälle bestünde<br />
somit darin, eine (längere) Notstrompufferung der<br />
Mobilfunkstationen vorzusehen oder eine autarke<br />
Infrastruktur wie den Betriebsfunk aufzubauen bzw. zu<br />
erhalten.<br />
Zudem hat die Erfahrung gezeigt, dass zwar die Bereitschaft<br />
zur gegenseitigen Aushilfe hoch, die Ermittlung<br />
der verfügbaren Ressourcen aber aufwendig war und<br />
so zu Verzögerungen bei der Wiederversorgung beitrug.<br />
Die Einrichtung des im o. g. VDN-Leitfaden vorgeschlagenen<br />
netzbetreiberübergreifenden Registers derartiger<br />
Ressourcen könnte einen wertvollen Beitrag dazu<br />
leisten, dass Provisorien künftig schneller angefordert<br />
und eingesetzt werden können.<br />
3.1.1 Netzplanerische/systemtechnische<br />
Maßnahmen<br />
3.2 Untersuchungsgegenstand<br />
Betriebliche Maßnahmen können, wie oben diskutiert,<br />
im Falle von Großstörungen die Dauer der Versorgungsunterbrechungen<br />
reduzieren. Zusätzlich stellt sich<br />
die Frage, ob bzw. wie sich die Netze selbst so gestalten<br />
lassen, dass witterungsbedingte Großstörungen<br />
wie die im Münsterland gar nicht erst eintreten oder<br />
zumindest in ihrem Ausmaß deutlich begrenzt werden.<br />
Kennzeichnend für eine solche Störung ist, dass infolge<br />
einer regional konzentrierten extremen Wetterlage die<br />
– auf statistisch relevante Störungsereignisse ausgelegte<br />
– Redundanz der heute typischen Netze nicht<br />
mehr ausreicht. Im Rahmen dieser Grundsatzuntersuchung<br />
wurden typische 110-kV-Freileitungsnetzstrukturen<br />
betrachtet und als Störungsereignis angenommen,<br />
dass alle Tragmasten einer Stammstrecke<br />
aufgrund hoher Schnee- und Eislast sowie starkem<br />
Wind brechen.<br />
Die betrachteten Maßnahmen lassen sich in zwei<br />
Kategorien unterteilen:<br />
• Einsatz andersartiger Betriebsmittel, die weniger<br />
witterungsempfindlich sind<br />
• Erhöhung der Netzredundanz, so dass selbst bei<br />
Ausfall einer Stammstrecke keine großräumige Versorgungsunterbrechung<br />
auftritt<br />
Neben einer qualitativen Analyse der Wirksamkeit und<br />
Realisierbarkeit dieser Maßnahmen wurde anhand<br />
fiktiver Netzbeispiele auch deren Kosten grob abgeschätzt.<br />
Hierbei wurden langfristige annuitätische<br />
Kosten neu zu errichtender Netze („Grüne-Wiese-<br />
Ansatz“) zugrunde gelegt.<br />
Bei der nachfolgenden Beschreibung der Maßnahmen<br />
wird zunächst auf deren Wirksamkeit und Realisierbarkeit<br />
eingegangen und anschließend eine übergreifende<br />
Beurteilung unter Berücksichtigung der Kostenwirkung<br />
vorgenommen.<br />
3.3 Betriebsmittelwahl<br />
3.3.1 Zweierbündel statt Einfachbeseilung<br />
Die im Münsterland aufgetretene rotationssymmetrische<br />
Vereisung der Leiterseile wird u. a. auf die<br />
Torsionsmöglichkeit der Einfachseile zurückgeführt, die<br />
bei Bündelleitern so nicht gegeben sein soll.<br />
Allerdings lässt die im Münsterland aufgetretene<br />
erhebliche Überschreitung der mechanischen Belastungsgrenzwerte<br />
vermuten, dass auch bei Bündelleitern<br />
noch eine Überlastung hätte auftreten können. Zudem<br />
weisen Bündelleiter einen höheren Windwiderstand als<br />
Einfachseile auf. In der Vergangenheit wurden bei<br />
Bündelleitern Eisanhaftungen in Flügelform beobachtet,<br />
die zu starken Schwingungen – so genanntem Seiltanzen<br />
– geführt haben. Ein Übergang auf Zweierbündel<br />
(mit dementsprechender Mastverstärkung oder sogar<br />
Mastersatz) erscheint daher beim heutigen Wissensstand<br />
zur Vermeidung witterungsbedingter Großstörungen<br />
nicht hilfreich.<br />
3.3.2 Einsatz stärkerer Masten<br />
Aus Kostengründen sind Freileitungsmasten überwiegend<br />
als Tragmasten und nur zu einem Teil (durchschnittlich<br />
etwa einem Viertel) als Abspannmasten<br />
ausgeführt. Tragmasten können keine horizontalen<br />
Zugkräfte aufnehmen und sind damit besonders anfällig<br />
für kaskadenartige Mastumbrüche. Bei ausschließlicher<br />
Verwendung von Abspannmasten kann aufgrund deren<br />
höherer Stabilität erwartet werden, dass solche<br />
Kaskadeneffekte nicht auftreten. Aufgrund der größeren<br />
Gründungsfläche von Abspannmasten wäre die<br />
Maßnahme selbst in bestehender Trasse nicht ohne<br />
124 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Genehmigungsverfahren und nur unter Einsatz von<br />
Provisorien und vorübergehender Netzschwächung zu<br />
realisieren. Dabei sind jedoch weniger Verzögerungen<br />
zu erwarten als bei Maßnahmen, die neue Leitungstrassen<br />
erfordern (s. u.).<br />
3.3.3 Vollständige Verkabelung<br />
Kabelnetze sind klimatischen Störeinflüssen nicht<br />
ausgesetzt. Daher könnten bei vollständiger Verkabelung<br />
witterungsbedingte Großstörungen völlig vermieden<br />
werden. Eine Umstellung von Freileitung auf Kabel<br />
könnte allerdings nur sehr langfristig geschehen und<br />
würde – da überhaupt nur wirtschaftlich bei altersbedingtem<br />
Ersatz der Freileitungen – sich über Jahrzehnte<br />
erstrecken. Der Umstellungsprozess wäre zudem<br />
problematisch, da sich die Topologien kostenoptimaler<br />
Kabel- und Freileitungsnetze deutlich unterscheiden.<br />
3.4 Erhöhung der Netzredundanz<br />
3.4.1 Stärkere Vermaschung<br />
Durch Zubau von Querverbindungen könnten die am<br />
Ende von Abzweigungen gelegenen 110-kV-Stationen<br />
jeweils an eine zweite Stammstrecke angeschlossen<br />
werden. Da ein gleichzeitiger Komplettausfall mehrerer<br />
Stammstrecken (der eine Wiederversorgung mit Netzprovisorien<br />
nicht erlaubt) äußerst unwahrscheinlich ist,<br />
könnten witterungsbedingte Großstörungen hierdurch<br />
sehr stark reduziert werden. Die zusätzlichen Leitungen<br />
könnten als Freileitung (kostengünstiger) oder Kabel<br />
(leichter realisierbar) ausgeführt werden.<br />
3.4.2 Reservestellung über die Mittelspannungsebene<br />
Ziel dieser Maßnahme ist es, den Ausfall der 110-kV-<br />
Stammstrecke durch Mittelspannungs-Reservekabel<br />
zwischen Einspeisestation und 110-kV-Stationen<br />
zumindest teilweise abzufangen. Diese Maßnahme<br />
wäre ohne Genehmigungsverfahren relativ leicht<br />
realisierbar. Eine vollständige Reservestellung, bei der<br />
die Reservekabel auch Redundanz für Wartungsabschaltungen<br />
oder (n-1)-Fehler im 110-kV-Netz stellen,<br />
ist aufgrund der großen Stationsabstände in ländlichen<br />
Regionen allerdings nicht möglich. Insbesondere in<br />
Gebieten mit 10-kV-Mittelspannung – hierzu zählt auch<br />
das Münsterland – begrenzt der zulässige Spannungsfall<br />
die überbrückbare Distanz erheblich. Selbst in<br />
Regionen mit 20-kV-Mittelspannung könnte durchschnittlich<br />
nur etwa die Hälfte der 110-kV-Stationen<br />
erreicht werden.<br />
Alternativ könnten die Mittelspannungs-Reservekabel<br />
als reine Notversorgung vorgesehen werden. Dann<br />
STUDIENBEISPIELE<br />
könnte – allerdings nur in 20-kV-Mittelspannungsgebieten<br />
– im Großstörungsfall eine eingeschränkte Versorgung<br />
(unter Inkaufnahme tageszeitlich rollierender<br />
Lastabschaltungen und/oder eines zeitweise reduzierten<br />
Spannungsniveaus) aller 110-kV-Stationen aufrechterhalten<br />
werden.<br />
3.4.3 Reservestellung über 110 kV-Kabel<br />
Die bei der Mittelspannungsreserve erwähnten Einschränkungen<br />
würden bei Einsatz von 110-kV-Reservekabeln<br />
vermieden, allerdings unter Inkaufnahme einer<br />
schwierigeren Realisierbarkeit und wesentlich höherer<br />
Kosten.<br />
3.4.4 Einschleifung statt Doppelstich<br />
Zur Verbesserung der Versorgungssicherheit wird auch<br />
diskutiert, statt Anschluss im Doppelstich die Abzweigleitungen<br />
in einen der beiden Stromkreise ihrer<br />
Stammstrecke einzuschleifen. Diese Maßnahme sichert<br />
jedoch nur den einseitigen Common-Mode-Ausfall der<br />
Stammstrecke ab. Wenn wie im erlebten Großstörungsfall<br />
die Stammstrecke beiderseits der Verzweigungspunkte<br />
unterbrochen ist, bleibt diese Maßnahme<br />
wirkungslos.<br />
3.5 Vergleich und Kostenbewertung<br />
In Tabelle 1 sind die Ergebnisse hinsichtlich der<br />
Wirksamkeit und Realisierbarkeit der untersuchten<br />
Maßnahmen schematisch zusammengefasst. In der<br />
letzten Spalte sind zudem die grob abgeschätzten<br />
Mehrkosten gegenüber heute üblichen 110-kV-<br />
Überlandnetzen angegeben.<br />
Unter den zur Vermeidung witterungsbedingter Großstörung<br />
geeigneten Maßnahmen sind der Ersatz von<br />
Tragmasten durch Abspannmasten, die Reservestellung<br />
über Mittelspannungskabel in 20-kV-Netzen sowie –<br />
eingeschränkt – der begrenzte Einsatz von 110-kV-<br />
Kabeln (Vermaschung oder Reservekabel) am ehesten<br />
realisierbar.<br />
Es zeigt sich, dass alle wirksamen Maßnahmen mit<br />
erheblichen Mehrkosten verbunden sind. Diese betragen<br />
unter den hier getroffenen Annahmen zwischen<br />
40% und über 90% der derzeitigen 110-kV-Netzkosten<br />
auf Basis von Wiederbeschaffungswerten..<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 125
STUDIENBEISPIELE<br />
Maßnahme<br />
Wirksamkeit Realisierbarkeit<br />
Mehrkosten des<br />
110-kV-Netzes<br />
Zweierbündel statt<br />
Einfachbeseilung<br />
-<br />
keine Bewertung, da Wirkung fraglich<br />
Einsatz stärkerer<br />
Masten<br />
+ + ~ 40%<br />
Stärkere<br />
Freileitung<br />
+ - ~ 40%<br />
Vermaschung Kabel<br />
+ o ~ 80%<br />
Mittelspannungs-<br />
Reservekabel<br />
10 kV<br />
20 kV<br />
einige Stationen<br />
alle Stationen<br />
-<br />
o<br />
o<br />
keine Bewertung, da nicht wirksam<br />
+ > 10%<br />
+ > 40%<br />
110-kV-<br />
Reservekabel<br />
+ o > 90%<br />
Einschleifung statt<br />
Doppelstiche<br />
-<br />
keine Bewertung, da nicht wirksam<br />
Tab. 1: Gegenüberstellung der netzplanerischen/systemtechnischen Maßnahmen<br />
Kostengünstiger sind allein die 20-kV-Reservekabel,<br />
jedoch nur dann, wenn sie sich auf die Absicherung der<br />
den Einspeisestationen nächstgelegenen 110-kV-<br />
Stationen beschränken und somit im Großstörungsfall<br />
nur eine Teilversorgung gewährleisten. In ländlichen<br />
Regionen mit 10-kV-Mittelspannungsnetzen (wie im<br />
Münsterland) ist die Mittelspannungsreserve nicht<br />
einsetzbar. Der Einsatz von zusätzlichen 110-kV-Kabeln<br />
kann je nach Variante einen Kostenanstieg bis zur<br />
annähernden Verdopplung der 110-kV-Kosten bewirken.<br />
(Eine vollständige Kabelnetzalternative würde zwar bei<br />
Grüne-Wiese-Betrachtung theoretisch geringere<br />
Mehrkosten von 60% gegenüber der Freileitungsvariante<br />
aufweisen, wäre jedoch nur in einem jahrzehntelangen<br />
Umstellungsprozess und deshalb auch nicht in<br />
dieser optimalen Form erreichbar, so dass diese<br />
grundsätzlich wirksamste Maßnahme ausscheidet.)<br />
Es sei angemerkt, dass eine Beurteilung der Angemessenheit<br />
von Maßnahmen im Sinne einer Kosten-<br />
Nutzen-Abwägung nicht Gegenstand dieser Studie war.<br />
Die hier gewonnenen Erkenntnisse können jedoch als<br />
Basis für weitergehende Erörterungen und Empfehlungen<br />
dienen.<br />
4 Literatur<br />
[1] H.-P. Gerach, J. Nissen, P. Schildge,<br />
Planungsgrundsätze im Hochspannungsnetz,<br />
Energiewirtschaftliche Tagesfragen,<br />
46. Jg. Heft 12, 1996<br />
[2] Verband der Netzbetreiber VDN e.V. beim VDEW,<br />
Leitfaden zur Beherrschung von Großstörungen,<br />
Projektgruppe „Vorsorgemaßnahmen zur Beherrschung<br />
der Auswirkungen von Großstörungen“,<br />
Ausgabe 1.0, April 2006<br />
[3] Witterungsbedingte Stromausfälle in<br />
Nordrhein-Westfalen,<br />
Ausschussprotokoll der 6. Sitzung,<br />
APr 14/89, 09.12.2005<br />
126 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Kurzberichte über institutsspezifische Aktivitäten<br />
Betriebswirtschaftliche Grundlagen für<br />
Ingenieure mit Unternehmensplanspiel<br />
Dipl.-Ing Thorsten Borchard; Dipl.-Ing Simon Krahl<br />
Die Integration betriebswirtschaftlicher und technischer<br />
Fragestellungen in Industrieunternehmen und die damit<br />
verbundene Fokussierung auf monetäre Aspekte in der<br />
gesamten Wertschöpfungskette dieser Unternehmen<br />
verlangt von den Ingenieuren die Kenntnis grundlegender<br />
betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge und<br />
Konzepte. Der insbesondere für Studierende im Hauptstudium<br />
angebotene Intensivkurs „Betriebswirtschaftliche<br />
Grundlagen für Ingenieure mit Unternehmensplanspiel“<br />
soll dem Erwerb dieser Kenntnisse dienen. Dabei<br />
wird der Schwerpunkt nicht nur auf den Erwerb theoretischen<br />
Wissens gelegt, sondern ebenso auf die<br />
Vertiefung dieses Wissens durch praktische Anwendung.<br />
Diese Ziele werden durch die Verbindung einer<br />
einführenden Vorlesung mit ergänzender Übung und<br />
einem computerbasierten Unternehmensplanspiel<br />
verfolgt. Die in dieser Form an der <strong>RWTH</strong> einzigartige<br />
Veranstaltung trifft bei den Studierenden auf hohe<br />
Resonanz. Immer wieder wird die Notwendigkeit,<br />
Kenntnisse betriebswirtschaftlicher Grundlagen als<br />
Zusatzqualifikation für den Berufseinstieg vorweisen zu<br />
können, als Motivation genannt, dieses Wahlfach zu<br />
belegen. Dabei ist die Zuhörerzahl von ca. 75 Studierenden<br />
pro Jahr so groß, dass die Veranstaltung<br />
zweimal jedes Semester angeboten werden muss, um<br />
eine für gute Lernerfolge ausreichend geringe Kursgröße<br />
zu erreichen.<br />
Im Rahmen der Vorlesung werden den Studierenden<br />
grundlegende Themen der Betriebswirtschaftslehre<br />
näher gebracht. So lernen die Studierenden Grundlagen<br />
der Bilanzierung und Bilanzanalyse sowie der Investitions-<br />
und Kostenrechnung, die sie später im Unternehmensplanspiel<br />
bei Führung ihres Unternehmens<br />
anwenden müssen. Die Bereiche Rechtsformen,<br />
Organisation, Unternehmensbewertung, Stromhandel<br />
und Unternehmensberatung runden die theoretische<br />
Einführung ab.<br />
In dem computerbasierten Unternehmensplanspiel<br />
müssen jeweils drei Studierende ein virtuelles Unternehmen<br />
der Energieversorgungsbranche leiten. Dieses<br />
Unternehmen steht mit fünf anderen Unternehmen über<br />
einen simulierten Zeitraum von zehn Jahren im Wettbewerb.<br />
Neben dem Ziel, ihr Unternehmen auf einen<br />
der ersten Plätze zu führen, gibt es für die Teilnehmer<br />
auch Preise zu gewinnen. Für die jeweils drei bestplat-<br />
KURZBERICHTE<br />
zierten Teams wurden in diesem Jahr zwei Exkursionen<br />
durchgeführt.<br />
Die erste Exkursion führte zur Trianel European Energy<br />
Trading GmbH, <strong>Aachen</strong>, wo die Studierenden durch<br />
Herrn Dipl.-Volksw. Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung<br />
der Trianel, eine Einführung in die<br />
Tätigkeiten des Unternehmens bekamen. Im Anschluss<br />
wurde jedem Student der drei bestplatzierten Gruppen<br />
im Rahmen einer Siegerehrung einen Büchergutschein<br />
als Anerkennung seiner Leistung von Herrn Becker<br />
überreicht.<br />
Die zweite Exkursion führte zur Stadtwerke <strong>Aachen</strong> AG.<br />
Nach dem Besuch der Umspannstation Verlautenheide<br />
wurde das Wasserwerk Eichler Stollen mit einer<br />
Führung durch den Wassermeister besichtigt. Nach<br />
einem stärkenden Mittagessen in den Carolus Thermen<br />
besuchten die Studenten die Zentralwarte. Den Abschluss<br />
der Exkursion bildete die Siegerehrung der drei<br />
bestplatzierten Gruppen durch Herrn Dipl.-Ing. Roß,<br />
Geschäftsführer der STAWAG Netz GmbH, der als Preis<br />
Büchergutscheine überreichte.<br />
Exkursion zur Stadtwerke <strong>Aachen</strong> AG<br />
Die Auszeichnung der erfolgreichsten Teams durch die<br />
Unternehmen steigert die Motivation der Studierenden<br />
zum Erwerb praktisch anwendbarer Kenntnisse der<br />
Betriebswirtschaftslehre und zeigt die Bedeutung der<br />
erlernten Inhalte für das spätere Berufsleben.<br />
Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen<br />
Fachrichtung Elektrische Energietechnik<br />
Dipl.-Ing. Andreas Berg<br />
Mit dem Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen<br />
Elektrische Energietechnik wird den Studierenden der<br />
<strong>RWTH</strong> seit dem Wintersemester 2003/04 die Möglich-<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 127
KURZBERICHTE<br />
keit gegeben, ein Studium an der Schnittstelle zwischen<br />
Technik und Wirtschaft zu absolvieren. Die in<br />
Zusammenarbeit zwischen dem IAEW und der Fakultät<br />
für Wirtschaftswissenschaften neu konzipierte Fachrichtung<br />
vermittelt den Studierenden sowohl fundierte<br />
ingenieurwissenschaftliche Kenntnisse im Bereich der<br />
Elektrischen Energietechnik als auch das erforderliche<br />
ökonomische Wissen, um den von der Praxis geforderten<br />
Ansprüchen gerecht zu werden.<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
WS 03/04 WS 04/05 WS 05/06 WS 06/07<br />
Neueinschreibungen seit dem Wintersemester 2003/2004<br />
Das Interesse an dem Studiengang steigt in den letzten<br />
Jahren stetig und die Zahl der Neueinschreibungen<br />
liegt im WS 06/07 bei 121. Damit sind ein Viertel der<br />
Erstsemester des Fachbereiches Elektrotechnik und<br />
Informationstechnik bereits als Studierende des<br />
Wirtschaftsingenieurwesens eingeschrieben.<br />
Bisher endet der Studiengang mit dem Abschluss<br />
Diplom-Wirtschaftsingenieur. Ab dem kommenden<br />
Wintersemester wird die Umstellung des Diplom-<br />
Studienganges auf einen konsekutiven Bachelor/Master-Studiengang<br />
durchgeführt, so dass die<br />
Studierenden zukünftig mit dem Titel Bachelor- bzw.<br />
Master of Science (B.Sc./M.Sc.) abschließen werden.<br />
Diplom<br />
Vordiplom<br />
Hauptstudium<br />
Grundstudium<br />
Master<br />
Bachelor<br />
Masterstudium<br />
Bachelorstudium<br />
Bisher Ab WS 07/08<br />
Verlaufsvergleich zwischen Diplom- und Masterstudium<br />
10. Sem.<br />
6. Sem.<br />
4. Sem.<br />
Studienbeginn<br />
Der Bachelor-Studiengang dauert drei Jahre (sechs<br />
Semester) und vermittelt den Studierenden die zur<br />
Erfüllung der Anforderungen der Berufswelt erforderlichen<br />
Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie<br />
zu wissenschaftlichem Arbeiten, dem kritischen<br />
Einordnen neuer Erkenntnisse und verantwortlichem<br />
Handeln befähigen. Der Bachelor-Studiengang entspricht<br />
zwar einer berufsbefähigenden Ausbildung, soll<br />
allerdings im Wesentlichen auf den anschließenden<br />
Master-Studiengang vorbereiten, in dem die im Bachelor-Studium<br />
erworbenen Kenntnisse vertieft werden. Es<br />
ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Studierenden das<br />
Bachelor-Studium als Grundlage nutzen, um sich<br />
akademisch bis zum Master of Science weiterzubilden.<br />
Erst das Ausbildungsniveau des Master-Abschlusses<br />
entspricht dem des früheren Diploms.<br />
Im Bachelor-Studiengang werden in verschiedenen<br />
Lehrformen wie Vorlesungen, Übungen und Praktika die<br />
Grundlagen für mathematisch-naturwissenschaftlichtechnisches<br />
sowie wirtschaftliches Verständnis gelegt<br />
und in weiterführenden Veranstaltungen vertieft. Das<br />
Studium gliedert sich in einen Pflichtbereich, der fest<br />
vorgegeben ist, einen Wahlpflichtbereich und einen<br />
Integrationsbereich. Der Wahlpflichtbereich bietet den<br />
Studierenden die Möglichkeit, ihre ingenieurwissenschaftlichen<br />
Kenntnisse durch energietechnische<br />
Fachvorlesungen zu erweitern. Im Integrationsbereich<br />
werden fachübergreifende Inhalte aus dem Bereich der<br />
Wirtschaftsinformatik und –statistik vermittelt. In<br />
einem 12-wöchigen Industriepraktikum sollen die<br />
Studierenden erste praktische Erfahrungen in der<br />
Wirtschaft sammeln. Abgeschlossen wird der Bachelor-<br />
Studiengang mit der Bachelorarbeit. In dieser ersten<br />
wissenschaftlichen Arbeit sollen die Studierenden<br />
nachweisen, dass sie in der Lage sind, ein Problem aus<br />
dem Bereich des Wirtschaftsingenieurwesens in einer<br />
vorgegebenen Frist selbständig in wissenschaftlichem<br />
Arbeitsstil zu bearbeiten.<br />
Bereits im Bachelor-Studiengang stehen die Studierenden<br />
frühzeitig in engem Kontakt zum IAEW. Dies ist<br />
einerseits durch die am IAEW ansässige Fachstudienberatung<br />
für Studierende des Wirtschaftsingenieurwesens<br />
Elektrische Energietechnik bedingt. Andererseits<br />
bietet die fachliche Ausrichtung des IAEW den Studierenden<br />
die Möglichkeit, bereits während ihres Studiums<br />
die erworbenen Kenntnisse zur Beantwortung<br />
praxisorientierter Fragestellungen anzuwenden, z. B. im<br />
Rahmen einer hilfswissenschaftlichen Tätigkeit. So<br />
bekommen die Studierenden weitere Einblicke in<br />
mögliche Aufgabenfelder, die bei der späteren konkreten<br />
Berufsentscheidung eine wichtige Hilfestellung<br />
sind.<br />
128 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Ein Rückblick auf die noch kurze Geschichte des neuen<br />
Studienganges Wirtschaftsingenieurwesen Elektrische<br />
Energietechnik an der <strong>RWTH</strong> zeigt, dass dieser anspruchsvolle,<br />
interdisziplinäre Studiengang sowohl den<br />
neuen Anforderungen des Arbeitsmarktes als auch den<br />
Erwartungen der Studierenden gerecht wird.<br />
Projektarbeiten für Studierende am IAEW<br />
Dipl.-Ing. Tobias Mirbach<br />
Für den Studiengang Elektrotechnik/Informationstechnik<br />
bietet das IAEW Studierenden semesterbegleitende<br />
Projektthemen an. Ziel dieser Projekte ist es, den<br />
Studierenden über praxisnahe Fragestellungen einen<br />
Einblick in energiewirtschaftliche Themenbereiche zu<br />
geben. Dazu müssen sich die Studierenden in das<br />
jeweilige Projektthema einarbeiten und gegebene<br />
Fragestellungen im Team selbstständig bearbeiten. Die<br />
Untersuchungen erfolgen unter Nutzung von rechnergestützten<br />
und praxisbewährten (Optimierungs-)Verfahren<br />
der Bereiche Zuverlässigkeitsbewertung, Netz- sowie<br />
Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung, die am IAEW<br />
entwickelt wurden. Die erzielten Ergebnisse werden im<br />
Anschluss in Form eines Vortrages aufbereitet und den<br />
Mitarbeitern des IAEW sowie Gästen aus der Energiewirtschaft<br />
im Rahmen einer Vortragsveranstaltung mit<br />
anschließender Diskussionsrunde präsentiert.<br />
Im Sommersemester 2006 nahmen 19 Studierende,<br />
aufgeteilt in sechs Gruppen, im Wintersemester<br />
2006 / <strong>2007</strong> acht Studenten, aufgeteilt in drei Gruppen,<br />
an dem Studentenprojekt teil. Dabei wurden die<br />
folgenden Projektthemen angeboten und bearbeitet:<br />
• Zuverlässigkeitsbewertung eines 110/20-kV-Netzes<br />
im Ist-Zustand und bei Anschluss eines Industriekunden<br />
• Der Weg zum langfristig optimalen Hochspannungsnetz<br />
• Einsatz von Wasserkraftwerken im Strommarkt<br />
Aufgabe des Projektes „Zuverlässigkeitsbewertung<br />
eines 110/20-kV-Netzes im Ist-Zustand und bei Anschluss<br />
eines Industriekunden“ ist es, zunächst ein real<br />
existierendes Netz hinsichtlich Kosten und Versorgungszuverlässigkeit<br />
quantitativ zu bewerten. Dabei<br />
werden die üblichen Verfahren der Zuverlässigkeitsbewertung<br />
angewendet. Darauf aufbauend soll der<br />
Anschluss eines Industriekunden an das zuvor betrachtete<br />
Netz untersucht werden. Hierzu werden die Kosten<br />
verschiedener Anschlussvarianten unter Berücksichtigung<br />
aller technischen Kriterien wie (n-1)-Sicherheit<br />
und vorgegebene Zuverlässigkeitskenngrößen bestimmt<br />
und vergleichend bewertet. Die Berechnungen der<br />
KURZBERICHTE<br />
Zuverlässigkeit werden händisch und unter Zuhilfenahme<br />
moderner rechnergestützter Netzanalyseverfahren<br />
durchgeführt.<br />
Die Projektgruppe „Der Weg zum langfristig optimalen Hochspannungsnetz“<br />
bei der Ergebnispräsentation<br />
Das Projekt „Der Weg zum langfristig optimalen<br />
Hochspannungsnetz“ hat die Ermittlung eines wirtschaftlich<br />
sinnvollen Ausbauplanes für ein bestehendes<br />
reales 110-kV-Netz hin zu einem kostenoptimalen 110kV-Netz<br />
sowie die Quantifizierung des dadurch entstehenden<br />
Einsparpotenzials zum Ziel. Zur Bestimmung der<br />
einzelnen Übergangszustände ist es notwendig, neben<br />
den Zu- und Abbaukosten die Altersstruktur der bestehenden<br />
Betriebsmittel in die Betrachtung mit einzubeziehen.<br />
Alle Zwischenzustände müssen den technischen<br />
Sicherheitskriterien genügen. Für diese Überprüfung<br />
wird ein am IAEW entwickeltes Programmpaket<br />
zur Netzzustandsanalyse eingesetzt.<br />
Im Rahmen des Projektes „Einsatz von Wasserkraftwerken<br />
im Strommarkt“ soll für eine reale Wasserkraftwerksgruppe<br />
im Alpenraum der optimale Einsatz –<br />
orientiert an Marktpreisen – ermittelt werden. Dabei<br />
sind bspw. die sich im Zeithorizont der Planungsrechnungen<br />
ändernden Zuflüsse zu den Speicherbecken<br />
sowie die unsicheren Marktpreise für elektrische<br />
Energie durch Varianten abzubilden und zu bewerten.<br />
Zusätzlich können eventuelle Ausbauvarianten der<br />
bestehenden Kraftwerksgruppe mit in die Untersuchung<br />
einbezogen und ihre Auswirkung auf den zu erzielenden<br />
Deckungsbeitrag analysiert sowie Aussagen über die<br />
Rentabilität der Investition getroffen werden. Für diese<br />
Analyse wird zunächst aus öffentlich zugänglichen<br />
Quellen ein Datenmodell der Wasserkraftwerksgruppe<br />
abgeleitet sowie Zufluss- und Marktpreisvarianten<br />
generiert. Die Quantifizierung des Wertes erfolgt<br />
anschließend unter Nutzung eines am IAEW entwickelten,<br />
praxisbewährten Optimierungsverfahrens.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 129
KURZBERICHTE<br />
Interdisziplinäre Vorlesung „Berufsumfeld von<br />
Energietechnik-Ingenieuren und Wirtschaftsingenieuren<br />
in der Praxis“<br />
Dipl.-Ing. Frank Wirtz<br />
Durch die positiven Erfahrungen der letzten Jahre<br />
sowie die unverändert positive Resonanz der Studenten<br />
wurde die interdisziplinäre Vorlesung „Berufsumfeld<br />
von Ingenieuren und Wirtschaftsingenieuren in der<br />
Praxis“ auch im Wintersemester 2006/<strong>2007</strong> wieder in<br />
das Lehrangebot des Instituts aufgenommen.<br />
Im Rahmen des Aktionsprogramms „Qualität der Lehre<br />
– Innovative Reformprojekte von überregionalem<br />
Interesse“ des Ministeriums für Wissenschaft und<br />
Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen wurde<br />
diese Vorlesung vom Institut für Elektrische Anlagen<br />
und Energiewirtschaft konzipiert und in diesem Wintersemester<br />
nunmehr zum zehnten Mal angeboten.<br />
Die Vorlesung richtet sich insbesondere an Studenten<br />
der Ingenieurwissenschaften im Hauptstudium. Neben<br />
Studenten der Kernfächer Elektrotechnik und Maschinenbau<br />
haben in diesem Jahr erstmals Studenten aus<br />
dem Hauptstudium des neuen Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen<br />
für elektrische Energietechnik<br />
der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> an dieser Veranstaltung teilgenommen.<br />
Grundsätzlich steht die Vorlesung allen Fachrichtungen<br />
offen. Ziel der Veranstaltung ist es, Studenten<br />
einen Einblick in Themenbereiche zu vermitteln, mit<br />
denen sie im späteren Beruf oder bei der Suche nach<br />
dem richtigen Arbeitsumfeld konfrontiert werden, die<br />
jedoch nicht Inhalt von fachbezogenen Vorlesungen<br />
sein können.<br />
Auch in diesem Jahr haben zahlreiche Studenten an der<br />
Vorlesung teilgenommen, wobei insbesondere die rege<br />
Teilnahme von Studenten des neuen Studiengangs<br />
Wirtschaftsingenieurwesen erfreulich war. Die gute<br />
Resonanz auf dieses Vorlesungsangebot zeigt, dass das<br />
Interesse an interdisziplinären Veranstaltungen von<br />
studentischer Seite weiterhin hoch ist.<br />
Der Erfolg der Veranstaltung basiert jedoch ganz<br />
wesentlich auf dem Engagement der zahlreichen<br />
Referenten aus der Praxis, die auch in diesem Jahr<br />
wieder zu ganz unterschiedlichen Themenfeldern<br />
gewonnen werden konnten. Es gelang ihnen den<br />
Studenten eine interessante Mischung aus themenspezifischem<br />
Fachwissen und praxisnahen Beispielen zu<br />
vermitteln und so immer wieder das Interesse der<br />
Studenten zu wecken. Auf diese Weise entstanden<br />
angeregte Diskussionen mit und unter den Studenten.<br />
In interaktiven Übungen erhielten die Studenten zu<br />
einigen Themenbereichen die Möglichkeit, die erlernten<br />
theoretischen Ansätze in die Praxis umzusetzen.<br />
Referenten und ihre Beiträge im WS 2006/<strong>2007</strong>:<br />
Dr. B. Flechner<br />
Project Manager Common SA Platform, ABB Automation<br />
Technologies AB, Schweden<br />
Dr.-Hut, alles gut? – Promotion oder Direkteinstieg<br />
Dr. H. Neus<br />
McKinsey & Company Inc., Düsseldorf<br />
Grundlagen des Projektmanagements<br />
C. Schramm<br />
Betriebsratsvorsitzender der ASEAG, <strong>Aachen</strong><br />
Innerbetriebliche Mitbestimmung<br />
Dr. K. Engels<br />
Consultant CC Utilities, Roland Berger Strategy<br />
Consultants, Düsseldorf<br />
Ingenieure in der Beratung – Ausdruck der Technik-<br />
Renaissance?<br />
M. Naumann<br />
HR Marketing & Development Systeme,<br />
ABB AG, Mannheim<br />
Assessment-Center – Was steckt dahinter?<br />
Dr. A. Moser<br />
European Energy Exchange (EEX) AG, Leipzig<br />
Stromhandel an Börsen<br />
Dr. M. Ritzau<br />
BET Büro für Energiewirtschaft und Technische Planung<br />
GmbH, <strong>Aachen</strong><br />
Der Weg in die Selbständigkeit<br />
A. Jordan<br />
Siemens AG, Power Transmission and Distribution,<br />
Human Resources<br />
Personalentwicklung und –förderung<br />
E.ON Avacon/IAEW-Seminar „Grundlagen der<br />
elektrischen Energieversorgung“<br />
Dipl.-Ing. Hermann Egger; Dipl.-Ing. Philipp Siemes; Dr.-Ing. Dipl.-<br />
Kfm. Boris Blaesig; Dipl.-Ing. Christian Krane<br />
Im August 2006 wurde erstmals von Mitarbeitern des<br />
IAEW in enger Zusammenarbeit mit E.ON Avacon das<br />
Seminar „Grundlagen der Energieversorgung“ gehalten.<br />
Ziel dieses Seminars ist es, Mitarbeitern von E.ON<br />
Avacon, die nicht dem technischen Fachbereich zuzuordnen<br />
sind, auf verständlichem Niveau einen breiten<br />
Überblick über die elektrische Energieversorgung –<br />
130 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
welche die Kernkompetenz ihres Unternehmens<br />
darstellt – zu vermitteln.<br />
Der im Rahmen dieser Veranstaltung behandelte<br />
Themenbereich erstreckt sich, ausgehend von den<br />
physikalischen Grundlagen der Elektrotechnik über die<br />
Erzeugung und Übertragung elektrischer Energie bis hin<br />
zum rechtlichen und wirtschaftlichen Basiswissen der<br />
Energieversorgung. Das Seminar wird nicht in Form<br />
einer Frontalveranstaltung, sondern als interaktive<br />
Diskussion zwischen Referenten und Teilnehmern<br />
durchgeführt. Darüber hinaus werden im Anschluss an<br />
die Vorträge und in den Pausen häufig offene Fragestellungen<br />
und aktuelle Ereignisse der Energiewirtschaft in<br />
der Runde diskutiert.<br />
Besichtigung der E.ON AVACON Umspannstation Oschersleben<br />
Das sehr erfolgreiche Seminar wurde bereits vier Mal<br />
mit jeweils über 20 Teilnehmern in Krottdorf bei<br />
Helmstedt und in Laatzen bei Hannover durchgeführt.<br />
Die positive Resonanz bei den Seminarteilnehmern und<br />
die große Nachfrage unter den Mitarbeitern von E.ON<br />
Avacon haben dazu geführt, dass das Seminar zu einem<br />
festen Bestandteil im Rahmen der betriebsinternen<br />
Weiterbildung geworden ist. Dies ist letztendlich auch<br />
auf die ausgezeichnete Organisation der Veranstaltung<br />
seitens E.ON Avacon zurückzuführen.<br />
<strong>Aachen</strong>er Energiemanager Strom und Gas<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig<br />
Gemeinsam mit der <strong>Aachen</strong>er Trianel European Energy<br />
Trading GmbH und der <strong>RWTH</strong> International Academy,<br />
der Weiterbildungsakademie der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, hat<br />
das Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />
ein vierwöchiges Weiterbildungsangebot zum<br />
Thema Energiemanagement entwickelt und bereits zum<br />
fünften Mal durchgeführt. Ziel dieses vierwöchigen<br />
Kurses ist die Vermittlung von technischen, wirtschaftlichen<br />
und juristischen Aspekten der kompletten<br />
Wertschöpfungskette der Energiewirtschaft. Besonde-<br />
KURZBERICHTE<br />
rer Wert wird dabei auf die Einordnung der Einzelaspekte<br />
in den Gesamtzusammenhang und die zu beachtenden<br />
Wechselwirkungen gelegt.<br />
Der Kurs richtet sich insbesondere an Fach- und<br />
Führungskräfte aus den Bereichen Energievertrieb,<br />
-Beschaffung, -Handel und Controlling kommunaler und<br />
regionaler Energieversorgungsunternehmen sowie<br />
energieintensiven Industrieunternehmen.<br />
Durch eine ausgewogene Mischung von Referaten aus<br />
wissenschaftlicher Theorie und Praxis wird den Teilnehmern<br />
neben soliden Grundlagen auch die Anwendung<br />
des Erlernten nahe gebracht. Neben Beiträgen der<br />
initiierenden Partner Trianel und IAEW haben sich<br />
zudem eine Reihe weiterer namhafter Unternehmen,<br />
v. a. auch aus dem Kreis der <strong>FGE</strong> Mitgliedsunternehmen,<br />
in die inhaltliche Ausgestaltung eingebracht.<br />
Ebenfalls in den Kurs, der mit einer Zertifikatsprüfung<br />
der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> abgeschlossen wird, integriert sind<br />
die optionalen Spot- und Terminmarktschulungen und<br />
-prüfungen der EEX. Die neue Programmstruktur, die im<br />
Sommersemester dieses Jahres zum ersten Mal<br />
angeboten wird, entzerrt die einzelnen Wochenblocke,<br />
so dass die Teilnehmer Weiterbildung und Beruf besser<br />
vereinbaren können. Die Durchführungen des Kurses<br />
sind jeweils für Frühjahr und Herbst geplant, wobei die<br />
Partner mit z. T. variierten Kursinhalten beständig den<br />
aktuellen Entwicklungen Rechnung tragen. Zudem<br />
wurde dieses Jahr ein Follow-up-Vertiefungsseminar<br />
angeboten, bei dem die ehemaligen Teilnehmer die<br />
Möglichkeit hatten, das Netzwerk der Energiemanager-<br />
Alumni zu erweitern sowie ihr im Kurs erworbenes<br />
Wissen zu vertiefen.<br />
Nähere Informationen sind unter:<br />
http://www.aachener-energiemanager.de abrufbar.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 131
KURZBERICHTE<br />
Neuer internationaler Weiterbildungskurs<br />
"Sustainable Energy Markets"<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig;<br />
Dipl.-Ing. Simon Ohrem<br />
Das European Energy Institute (EEI) – ein virtuelles<br />
Institut, dem, neben Prof. Haubrich, 15 weitere Professoren<br />
aus ganz Europa angehören – hat sich zur<br />
Aufgabe gemacht, in Kooperation Energiefragestellungen<br />
wissenschaftlich zu beantworten, politische Entscheidungsträger<br />
zu beraten und ein Kompetenzzentrum<br />
„Energie“ aufzubauen. In dem Institut sind sowohl<br />
Ingenieure, Ökonomen als auch Juristen vertreten, so<br />
dass alle Fragestellungen von technischer, wirtschaftlicher<br />
und rechtlicher Seite betrachtet werden können.<br />
Als eine seiner Aufgaben sieht das EEI die Entwicklung<br />
und Durchführung von Weiterbildungsprogrammen.<br />
Im Februar dieses Jahres startete erstmalig der zweijährige<br />
Weiterbildungskurs mit dem Namen „Sustainable<br />
Energy Markets – An Advanced, Multidisciplinary<br />
Training Program“, der von den Mitgliedern des EEI<br />
wissenschaftlich betreut wird. Der Kurs besteht aus elf<br />
zweiwöchigen Modulen, die jeweils in einer europäischen<br />
Stadt abgehalten werden und von denen mindestens<br />
acht belegt werden müssen, um den Kurs erfolgreich<br />
abzuschließen. Neben den betreuenden Professoren<br />
gestalten den Kurs Entscheidungsträger aus Politik<br />
und Industrie mit. Dadurch bietet der Kurs den Teilnehmern<br />
zum einen die Möglichkeit, ihr Wissen im<br />
Bereich der Energiemärkte zu vertiefen, zum anderen<br />
ein Netzwerk zu knüpfen, das für die weitere berufliche<br />
Laufbahn entscheidende Vorteile bieten kann.<br />
Weitere Informationen zum EEI und dem Weiterbildungsprogramm<br />
sind unter http://www.eeinstitute.org/<br />
zu erhalten.<br />
Berufsbegleitender Masterstudiengang<br />
"Energiewirtschaft"<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig<br />
In Kooperation mit der Universität Münster und dem<br />
Haus der Technik in Essen, einem Außeninstitut der<br />
<strong>RWTH</strong>, wird ein neuer Masterstudiengang der Fachrichtung<br />
„Energiewirtschaft“ entstehen. Dieser Studiengang<br />
richtet sich primär an Ingenieure und Naturwissenschaftler<br />
mit mehrjähriger Berufserfahrung, die in<br />
einem berufsbegleitenden Studium ihr Wissen in Bezug<br />
auf Ökonomie und Technik in der Energiewirtschaft<br />
aufbauen und vertiefen können.<br />
Den Studierenden werden in zwei Jahren neben<br />
ausgewählten Grundlagen vor allem praxisnahe Inhalte<br />
vermittelt. Berufsbegleitend wird das Wissen in<br />
Blöcken von jeweils einer Woche sowie an Freitag-<br />
Samstags-Blöcken in Präsenzveranstaltungen vermittelt<br />
und durch einen großen Teil Selbststudium ergänzt. Die<br />
Veranstaltungen werden von Professoren der beteiligten<br />
Universitäten sowie ausgewählten Dozenten aus<br />
der Praxis durchgeführt, um die Verzahnung zwischen<br />
Praxis und Theorie herzustellen. Eine Masterarbeit soll<br />
das Studium durch die selbständige Bearbeitung einer<br />
wissenschaftlichen Aufgabenstellung abschließen. Den<br />
Absolventen wird nach erfolgreicher Teilnahme der<br />
Titel „Master of Science“ von der Universität Münster<br />
und der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> verliehen. Der Studiengang wird<br />
pro Jahrgang auf 24 Teilnehmer beschränkt.<br />
Nach erfolgreicher Akkreditierung bei der ASIIN wird<br />
der Studiengang im Juni <strong>2007</strong> erstmalig starten. Die<br />
wissenschaftliche Leitung übernehmen Prof. Dr.<br />
Ströbele von der Universität Münster und Prof. Dr.<br />
Haubrich von der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>. Träger des Studiengangs<br />
ist das Haus der Technik, das auch die Anmeldungen<br />
entgegen nehmen wird. Nähere Informationen<br />
sind unter http://www.iaew.rwth-aachen.de abrufbar.<br />
Masterstudiengang „Electrical Power<br />
Engineering“ an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
Dr.-Ing. Xiaohu Tao; Dipl.-Ing. Hermann Egger<br />
Der Masterstudiengang "Electrical Power Engineering"<br />
stellt ein Angebot für hoch qualifizierte ausländische<br />
Kandidaten dar, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in der<br />
Energietechnik und -wirtschaft an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> zu<br />
erweitern und zu vertiefen. Das Programm richtet sich<br />
an Kandidaten, die bereits einen Bachelor-Grad an<br />
einer international anerkannten ausländischen Hochschule<br />
erworben haben. Ihnen soll für ihre akademische<br />
Weiterbildung eine attraktive Alternative zum Studium<br />
an den bisher bevorzugten amerikanischen Hochschulen<br />
geboten werden.<br />
Die Studienanfänger können zwischen einem englisch-<br />
und einem deutschsprachigen Studiengang wählen. Bei<br />
beiden beinhalten die ersten drei Semester Vorlesungen,<br />
Übungen, Praktika sowie die Teilnahme an<br />
technischen Exkursionen. Das vierte Semester besteht<br />
aus einem 8-wöchigen Industriepraktikum und einer<br />
Masterarbeit, die innerhalb von vier Monaten erstellt<br />
werden muss. Nach erfolgreichem Bestehen der<br />
Prüfungen wird den Absolventen der akademische Grad<br />
eines „Master of Science“ verliehen. Dieser Titel<br />
berechtigt zur Promotion.<br />
Der seit 1998 in der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> eingeführte Studiengang<br />
entwickelt sich mit großem Erfolg. Im Wintersemester<br />
2006/07 haben 26 Studienanfänger aus 8<br />
Nationen das Studium in diesem Studiengang aufge-<br />
132 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
nommen. Damit sind seit Beginn des Programms<br />
insgesamt 175 Studierende aus 32 unterschiedlichen<br />
Nationen eingeschrieben. Bisher haben über 70<br />
Studierende ihr Studium sehr erfolgreich abgeschlossen,<br />
was zum einen auf die herausragende Qualität der<br />
Studenten, zum anderen auf die sehr gute Betreuung<br />
durch das IAEW zurückzuführen ist.<br />
Um den Studenten den Einstieg in das Studium sowie<br />
in die fremde Kultur zu erleichtern, können sie an<br />
vielfältigen, für sie eigens organisierten Veranstaltungen<br />
teilnehmen. So findet z. B. zu Beginn jedes Semesters<br />
eine Informationsveranstaltung statt, in der die<br />
Studienschwerpunkte dieses Semesters erläutert<br />
werden und die Studierenden ihre Fragen mit den<br />
Betreuern des Programms diskutieren können. Kurz vor<br />
Weihnachten wird ein Besuch des <strong>Aachen</strong>er Weihnachtsmarktes<br />
organisiert. Dabei haben die Studierenden<br />
die Gelegenheit, ihre Erfahrungen bei Glühwein mit<br />
den Betreuern und untereinander auszutauschen.<br />
Besichtigung der Stadt Monschau<br />
Zusätzlich wurde im November 2006 eine Besichtigung<br />
der Stadt Monschau organisiert. Im Rahmen dieser<br />
Besichtigung folgten die Studenten auch gerne der<br />
Einladung von Professor Haubrich zum gemeinsamen<br />
Abendessen, um mit ihm in fachlicher sowie persönlicher<br />
Hinsicht ins Gespräch zu kommen.<br />
Neues Layout der IAEW-Webseiten<br />
Robert Piront<br />
Nach Einführung der IAEW-Webseiten vor etwa<br />
15 Jahren und zunehmenden Problemen bei deren<br />
Pflege wurde das Layout der IAEW-Webseiten Ende<br />
2006 auf Basis eines Content-Management-Systems<br />
(CMS) überarbeitet.<br />
Die Vorteile eines CMS sind vielseitig. So bietet sich<br />
den Rechnerbetreuern u. a. die Möglichkeit einer<br />
dezentralen Wartung des Systems, d. h. die Pflege des<br />
KURZBERICHTE<br />
Webservers kann plattformunabhängig von jedem<br />
Rechner aus erfolgen.<br />
Screenshot des Content-Management-Systems<br />
Da die alten Webseiten auf Basis von HTML-Befehlen<br />
erstellt wurden, die jeder Mitarbeiter nach eigenem<br />
Kenntnisstand umgesetzt hat, war ein einheitliches<br />
Layout von thematisch gleichen Seiten, wie bspw. den<br />
persönlichen Seiten, nicht sichergestellt. Durch das<br />
neue System können die Mitarbeiter nun unabhängig<br />
von einer bestimmten Programmiersprache die Seiten<br />
an Hand von Formatvorlagen erstellen, was eine<br />
vereinfachte Überarbeitung der Webseiten möglicht.<br />
Durch die Trennung der Inhalte vom Design der Webseiten<br />
wird zudem ein konsistentes Design gewährleistet.<br />
Weiterhin kann durch Zuweisung von Berechtigungen<br />
für bestimmte Nutzergruppen erreicht werden, dass<br />
anders als bei den alten Webseiten mehrere Mitarbeiter<br />
für den Inhalt einer speziellen Seite verantwortlich<br />
sein können. Unautorisierte Veränderungen von<br />
Inhalten können über diese Berechtigungen ebenfalls<br />
verhindert werden. Mit Verwendung des CMS sind die<br />
Webseiten des IAEW nun technisch auf dem neuesten<br />
und optisch ansprechendem Stand.<br />
Exkursionen<br />
Dipl.-Ing. Pablo Frezzi; Dipl.-Ing. M.Sc. Uwe Padberg; Dipl.-Ing. Simon<br />
Ohren<br />
Auch in den beiden letzten Semestern veranstaltete<br />
das IAEW aufgrund des großen Zuspruchs in den<br />
vergangenen Jahren zahlreiche Exkursionen für die<br />
Studenten. Begleitend zur Vorlesung „Elektrische<br />
Anlagen“ fanden dabei insgesamt 4 Exkursionen statt:<br />
Das Braunkohlekraftwerk in Niederaußem, das Pumpspeicherkraftwerk<br />
in Vianden, die Firma Driescher<br />
GmbH in Wegberg und die Firma STAWAG in <strong>Aachen</strong><br />
wurden besucht.<br />
Die Exkursionen dienen der Vermittlung von Einblicken<br />
in die Praxis, um theoretische Grundlagen aus den<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 133
KURZBERICHTE<br />
Vorlesungen zur Energietechnik zu vertiefen und stellen<br />
somit einen wichtigen Bestandteil der Ingenieurausbildung<br />
dar.<br />
Am 5.12.2006 wurde eine Exkursion zum Braunkohlekraftwerk<br />
mit optimierter Anlagentechnik (BoA) der<br />
RWE Power in Niederaußem durchgeführt. Beim<br />
Besuch des 2003 in Betrieb gegangenen Kraftwerksblocks<br />
wurde den Teilnehmern zunächst in einem<br />
Vortrag die technischen Besonderheiten der neuen<br />
Technologie erklärt. Anschließend erfolgte die Besichtigung<br />
der Leitwarte, des Kesselhauses und der<br />
gesamten Kraftwerksanlage. Beim gemeinsamen<br />
Mittagessen bestand die Möglichkeit zu einer intensiven<br />
Diskussion.<br />
Die Leitwarte im Braunkohlekraftwerk Niederaußem<br />
Ebenfalls am 5.12.2006 wurde eine Exkursion zum<br />
Pumpspeicherkraftwerk nach Vianden in Luxemburg<br />
durchgeführt. Die günstige topographische Lage und<br />
geologischen Begebenheiten des Ourtals prädestinieren<br />
es als Standort eines Pumpspeicherkraftwerkes. So<br />
entstand Anfang der sechziger Jahre das Pumpspeicherkraftwerk<br />
Vianden. Anhand eines einführenden<br />
Kurzfilms wurde die Historie sowie der prinzipielle<br />
Aufbau des Kraftwerkes mit Ober- und Unterbecken<br />
aufgezeigt, die über zwei Druckrohrleitungen und<br />
Unterwasserstollen miteinander verbunden sind. In<br />
einer Präsentation wurden weitere Informationen über<br />
den Personalaufwand, die erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen<br />
sowie die Anbindung des Kraftwerks<br />
an das Höchstspannungsnetz von RWE vermittelt. In<br />
einer anschließenden Führung durch die unterirdische<br />
Kaverne wurden anhand der einzelnen Komponenten<br />
der Maschinensätze die jeweiligen Prozessschritte bei<br />
der Energieerzeugung erläutert. Abschließend fand die<br />
Besichtigung des Unterbeckens - bestehend aus einem<br />
natürlichen Stau und einer Talsperre - sowie des<br />
Oberbeckens statt.<br />
Eine dritte Exkursion am 5.12.2006 führte die Teilnehmer<br />
zur Firma Driescher GmbH in Wegberg. Nach<br />
einem einführenden Vortrag, in dem der Geschäftsführer<br />
die Geschichte, die Produkte und die Märkte der<br />
Firma vorstellte, wurde die Fabrikanlage besichtigt. Die<br />
Sektoren, in denen die Trennschalter und SF 6 -isolierte<br />
Schaltanlagen hergestellt werden, riefen das besonderes<br />
Interesse der Studenten hervor, die Fragen über die<br />
unterschiedlichen angewendeten Technologien stellten.<br />
Bei einem abschließenden Mittagessen ergab sich<br />
die Möglichkeit zur Diskussion.<br />
Teilnehmer der Exkursion zur Firma Driescher GmbH<br />
Am 16.1.<strong>2007</strong> folgte eine weitere Exkursion zur<br />
STAWAG in <strong>Aachen</strong>. Hier wurden zunächst ein HS/MS-<br />
Umspannwerk der STAWAG und anschließend die<br />
Leitwarte der STAWAG besichtigt, in der nicht nur die<br />
Strom-, sondern auch die Erdgas- und Wasserversorgung<br />
sowie die Beleuchtung der Stadt zentral geführt<br />
werden.<br />
Studierendenentwicklung an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
und am IAEW<br />
Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />
Trotz der guten Berufschancen und interessanten<br />
Karriereperspektiven für Elektroingenieure ist die Zahl<br />
der Studienanfänger in der Elektro- und Informationstechnik<br />
im Wintersemester 2006/07 an den Universitäten<br />
und Fachhochschulen erneut rückläufig. Begannen<br />
letztes Jahr noch rund 17.700 Studenten das Studium<br />
der Elektrotechnik an einer deutschen Hochschule<br />
(8.210 Studenten an einer Universität und 9.468<br />
Studenten an einer Fachhochschule), so sind es im<br />
Wintersemester 2006/07 nur noch 16.954 (7.868<br />
Immatrikulationen an Universitäten und 9.086 an<br />
Fachhochschulen). Nach Schätzungen des VDE werden<br />
im Jahr <strong>2007</strong> rund 9.600 Absolventen die Hochschulen<br />
verlassen, welche den Bedarf nach Experten in Wirtschaft<br />
und Forschung nicht decken können [1].<br />
134 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Dieser allgemeine Trend in Deutschland ist auch an der<br />
<strong>RWTH</strong> zu beobachten. Nach einem deutlichen Zuwachs<br />
der Studienanfänger in der Elektro- und Informationstechnik<br />
in den letzten Jahren haben sich zum Wintersemester<br />
2006/<strong>2007</strong> knapp 300 Studenten im<br />
1. Semester eingeschrieben, womit die Zahl der<br />
Studienanfänger deutlich gesunken ist. Dies ist auch<br />
auf die zu diesem Semester an der <strong>RWTH</strong> erstmalig<br />
erhobenen Studiengebühren für Studienanfänger<br />
zurückzuführen. Auch in den Masterstudiengängen ist<br />
die Zahl der Neuanfänger im Vergleich zum Vorjahr<br />
etwas gesunken. Im Wintersemester 2006/<strong>2007</strong> haben<br />
25 Masterstudierende ihr Studium begonnen, zur Zeit<br />
sind rund 80 Studierende im Masterstudiengang<br />
Electrical Power Engineering an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
immatrikuliert.<br />
Im letzten Jahr haben 16 Studierende ihr Studium an<br />
der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> erfolgreich mit einer Diplom- oder<br />
Masterarbeit am IAEW beendet. Darüber hinaus<br />
wurden 6 Studienarbeiten am IAEW angefertigt, sodass<br />
die Zahl der am IAEW betreuten Studenten zwar im<br />
Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken ist, der Anteil<br />
der vom IAEW betreuten Absolventen der Fakultät für<br />
Elektro- und Informationstechnik jedoch insgesamt auf<br />
dem Niveau der vergangenen Jahre blieb.<br />
Holger Hartel (links) und Georg Honnen-Louven (rechts) bei einer<br />
Bootsfahrt mit chinesischen Kollegen<br />
Die Zahl der studentischen Hilfskräfte am Institut, die<br />
mit einem wöchentlichen Arbeitspensum von 8 Stunden<br />
pro Woche in Forschungs- und Industrieprojekten<br />
eingebunden sind, liegt bei durchschnittlich 15. Auch<br />
an diesen Zahlen zeigt sich das weiterhin große<br />
Interesse der Studierenden an der Kombination aus<br />
technischen und wirtschaftlichen Fragestellungen.<br />
Aufgrund der intensiven Kontakte zu ausländischen<br />
Universitäten und Unternehmen war es auch in diesem<br />
Jahr möglich, mehreren Studierenden Praktika oder<br />
Diplomarbeiten im Ausland zu vermitteln. So konnte<br />
Paul Baltes ein Praktikum in England absolvieren. Georg<br />
KURZBERICHTE<br />
Honnen-Louven und Martin Scheufen konnte ein<br />
Praktikum in Argentinien vermittelt werden. Gleich vier<br />
Studenten – Harald Bremke, Benjamin Preidecker,<br />
Holger Hartel und ebenfalls Georg Honnen-Louven –<br />
wurde die Möglichkeit gegeben, ein Praktikum bzw.<br />
eine Diplomarbeit in China durchzuführen.<br />
[1] VDE: 4 Prozent weniger Studienanfänger in der<br />
Elektro- und Informationstechnik<br />
twv – Mitteilungen Technisch Wissenschaftlicher<br />
Vereine <strong>Aachen</strong>, Nr. 3/4,<br />
Februar/März <strong>2007</strong>, 35. Jahrgang, VDI-Verlag<br />
Preise und Auszeichnungen<br />
Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />
Im vergangenen Jahr vergab die Otto-Junker-Stiftung<br />
zum vierzehnten Mal Preise für hervorragende Studienleistungen<br />
in der Fakultät für Georessourcen und<br />
Materialtechnik und in der Fakultät für Elektrotechnik<br />
und Informationstechnik der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>. In Anwesenheit<br />
von Prof. Winfried Dahl, dem Vorsitzenden des<br />
Beirats der Otto-Junker-Stiftung, Rechtsanwalt Werner<br />
Stegemann, dem Vorsitzenden des Kuratoriums der<br />
Otto-Junker-Stiftung und dem Rektor der <strong>RWTH</strong><br />
<strong>Aachen</strong>, Prof. Burkhard Rauhut, nahmen die diesjährigen<br />
Preisträger, unter ihnen Dipl.-Ing. Simon Krahl und<br />
Dipl.-Ing. Tobias Paulun vom IAEW, ihre Ehrungen<br />
entgegen.<br />
Von links: Dr.-Ing. Tobias Paulun, (IAEW), Rektor Burkhard Rauhut,<br />
Dipl.-Ing. Simon Krahl, (IAEW), Professor Winfried Dahl, Dipl.-Ing.<br />
Jenny Rudnizki, Rechtsanwalt Werner Stegemann, Dipl.-Ing. Andreas<br />
Lützerath<br />
Die Otto-Junker-Stiftung wurde 1970 von Dr.-Ing. e. h.<br />
Otto Junker, dem Gründer der Otto Junker GmbH in<br />
Lammersdorf, ins Leben gerufen. Er fühlte sich stets<br />
eng mit der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> verbunden und schätzte den<br />
Austausch mit der Wissenschaft. In den vergangenen<br />
Jahren hat die Stiftung die Hochschule in zahlreichen<br />
Einzelprojekten unterstützt, sie zählt zu den größten<br />
Einzelförderern der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 135
KURZBERICHTE<br />
Ebenfalls wurden im vergangenen Jahr die Friedrich-<br />
Wilhelm-Preise für herausragende wissenschaftliche<br />
Leistungen vergeben. Der Friedrich-Wilhelm-Preis geht<br />
auf den preußischen Kronprinzen Friedrich-Wilhelm<br />
zurück, den späteren 99-Tage-Kaiser Friedrich III. Als<br />
dieser 1858 nach seiner Vermählung mit Prinzessin<br />
Victoria in London auf dem Grenzbahnhof in Herbesthal<br />
wieder preußischen Boden betrat, überreichten ihm<br />
<strong>Aachen</strong>er Bürger eine Spende in Höhe von 5.000 Talern<br />
zur Gründung einer Polytechnischen Schule. Das Geld<br />
bildete später den Grundstock der Friedrich-Wilhelm-<br />
Stiftung, mit der die Wissenschaft und die Studierenden<br />
der <strong>Aachen</strong>er Hochschule seit Jahrzehnten gefördert<br />
werden. Unter den Preisträgern für herausragende<br />
Dissertationen befand sich Dr.-Ing. Hagen Schmöller,<br />
ehemaliger Mitarbeiter des IAEW, einen Preis für eine<br />
hervorragende Diplomarbeit erhielt unter anderem<br />
Dipl.-Ing. Tobias Paulun.<br />
Von links: Frau Beckmann, Frau M.Sc. Manolescu, Dipl.-Ing. Bernd<br />
Tersteegen (IAEW), Dipl.-Ing. Voges, (Siemens AG, Bereichsvorstand<br />
Power Generation)<br />
Mit dem Werner von Siemens Excellence Award, der<br />
jährlich an ausgesuchten deutschen Hochschulen<br />
vergeben wird, wurde in diesem Jahr Dipl.-Ing. Bernd<br />
Tersteegen für seine Diplomarbeit „Market Coupling –<br />
Ermittlung des bestmöglichen Marktgleichgewichtes“<br />
ausgezeichnet. Mit diesem Preis werden Abschlussarbeiten<br />
honoriert, die innovative Lösungen zu ausgewählten<br />
Fragestellungen erarbeiten. Neben der wissenschaftlichen<br />
Leistung werden vor allem der Innovationsgrad<br />
und die praktische Umsetzbarkeit der Arbeit<br />
von einer Jury bewertet.<br />
Im vergangenen Jahr wurde zudem der Studienpreis<br />
der SEW Eurodrive Stiftung vergeben. Mit diesem Preis<br />
wurden im vergangenen Jahr bundesweit sechs<br />
Absolventen elektrotechnischer Fakultäten, fünf<br />
Absolventen im Fachbereich Maschinenbau und<br />
ebenfalls fünf Absolventen wirtschaftswissenschaftlicher<br />
Studiengänge ausgezeichnet. Den Diplomandenpreis,<br />
der für hohe Leistungen und eine kurze Studiendauer<br />
vergeben wird, erhielt unter anderem Dipl.-Ing.<br />
Tobias Paulun vom IAEW.<br />
The 9 th<br />
International Conference on Probabilistic<br />
Methods Applied to Power Systems, Stockholm,<br />
Schweden<br />
Dr.-Ing. Xiaohu Tao<br />
Die "9th International Conference on Probabilistic Methods<br />
Applied to Power Systems" fand vom 11. bis 15.<br />
Juni 2006 in Stockholm/Schweden statt. Zu dieser von<br />
der Power Engineering Society des IEEE und der<br />
Universität Royal Institute of Technology (KTH) geförderten<br />
Konferenz nahm das IAEW mit dem Beitrag<br />
„A Two-Stage Heuristic Method for the Planning of<br />
Medium Voltage Distribution Networks with Large-<br />
Scale Distributed Generation“ teil.<br />
Feier in der Stockholmer Stadthalle<br />
Insgesamt wurden ca. 200 Vorträge aus 35 Ländern<br />
über den Stand der Technik der Energieversorgung,<br />
insbesondere der Anwendung probabilistischer Verfahren<br />
für die Energieversorgung. Die wesentlichen<br />
Themen waren:<br />
• Stochastische Optimierung,<br />
• Monte Carlo Verfahren und Markov Modelle,<br />
• Zuverlässigkeitsanalyse,<br />
• Risiko Analyse,<br />
• und dezentrale Erzeugung<br />
Neben den technischen Vorträgen wurden ebenfalls<br />
zahlreiche kulturelle Veranstaltungen organisiert. Die<br />
Tagung endete mit einer gemeinsamen Feier in der<br />
Stadthalle, in der auch in jedem Jahr der Nobelpreis<br />
verliehen wird.<br />
Betriebsausflug nach Lammersdorf<br />
Dipl.-Ing. Bernd Tersteegen<br />
Nach einem verregneten August wurde Anfang September<br />
die Gunst einer viel versprechenden Wetter-<br />
136 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
prognose genutzt, und das Institut brach am 6. September<br />
2006 zur alljährlichen Fahrradtour nach Lammersdorf<br />
auf. Wie immer nahmen fast alle Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter wie auch die Studierenden des IAEW<br />
daran teil.<br />
Als Aufwärmetappe wurde die Strecke vom Institut zum<br />
Relais Königsberg am Fuße der „Himmelsleiter“<br />
ausgewählt. Auf dem Weg dorthin kam es zum ersten<br />
Höhepunkt der Fahrt. Professor Haubrich weihte unter<br />
dem tosenden Applaus aller Institutsangehörigen sein<br />
restauriertes Moped ein und wies auf der weiteren<br />
Strecke Richtung Lammersdorf den Fahrradfahrern den<br />
Weg.<br />
Prof. Haubrich weist den Teilnehmern des Betriebsausflugs mit<br />
seinem frisch restaurierten Moped den Weg<br />
Mittagessen und Krafttanken im Garten von Prof. Haubrich<br />
Zur Mittagsstunde empfing die teils, mehr teils weniger<br />
von den harten Anstiegen der Nordeifel gezeichneten<br />
Teilnehmer des Betriebsausflugs im Garten von Professor<br />
Haubrich ein ausgezeichnetes Mittagessen. Nach<br />
ausreichender Stärkung in flüssiger und fester Form<br />
setzte sich der Tross am frühen Nachmittag wieder<br />
Richtung <strong>Aachen</strong> in Bewegung. Wohlbehalten dort<br />
eingetroffen, ließen zahlreiche Institutsangehörige den<br />
herrlichen Spätsommertag mit einem gemeinsamen<br />
Getränk auf dem <strong>Aachen</strong>er Marktplatz ausklingen.<br />
Institutsreise nach China<br />
Dipl.-Ing. Tobias Mirbach<br />
KURZBERICHTE<br />
Am 22. März <strong>2007</strong> brach das gesamte Institutsteam zu<br />
einer zwölftägigen China-Reise auf, um sich einen<br />
direkten Eindruck von der rasanten technischwirtschaftlichen<br />
Entwicklung dieses fernen Landes und<br />
seiner fremden Kultur zu verschaffen. Erstes Ziel war<br />
Shanghai, von wo aus wir eine zehntägige Rundreise<br />
durch die Provinzen Shanghai, Zhejiang, An’hui und<br />
Jiangsu bei zumeist sonnigem Wetter und frühsommerlichen<br />
Temperaturen starteten.<br />
Geburtstagsfeier von Philipp Siemes "hoch über den Wolken"<br />
Shanghai<br />
Nach Ankunft am Flughafen Pudong und Transfer per<br />
Transrapid mit kurzzeitig 431km/h gelangten wir in das<br />
Zentrum der Hafenstadt Shanghai, mit geschätzten 14<br />
Mio. Einwohnern die größte Metropole Chinas. In den<br />
folgenden beiden Tagen wurden sowohl das Stadtzentrum<br />
(Bund, Huangpu-Fluss, Nanjing Road, Jin Mao<br />
Tower) sowie die Altstadt besichtigt.<br />
Blick vom Bund auf die Skyline von Shanghai<br />
Hangzhou<br />
Die Hauptstadt der Provinz Zhejiang war die zweite<br />
Station der Chinareise.<br />
Neben einer Bootsfahrt auf dem Westsee und dem<br />
Besuch einer Seidenfabrik, eines Tee-Museums sowie<br />
des berühmten Ling Yin Tempels wurde eine Produkti-<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 137
KURZBERICHTE<br />
onsstätte der Firma Siemens für Hochspannungsleistungsschalter<br />
besichtigt.<br />
Primäres Ziel unseres Hangzhou-Besuches war ein<br />
Treffen mit Professoren und Studierenden der renommierten<br />
Zhejiang Universität. Vor Prof. Han, Leiter der<br />
elektrotechnischen Fakultät, und Kollegen sowie etwa<br />
30 chinesischen Studenten referierten Dr. Tao über das<br />
Master-Programm Electrical Power Engineering an der<br />
<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> sowie Herr Siemes zum Thema Netzintegration<br />
von Windenergieanlagen.<br />
Produktionsstätte von Siemens für Hochspannungsleistungsschalter<br />
(während der Mittagspause)<br />
Anstrengender Aufstieg in den Gelben Bergen<br />
Tunxi und Umgebung<br />
Das nächste Ziel war die Kleinstadt Tunxi, gelegen in<br />
der An‘hui Provinz. Von hier aus wurde eine Tagestour<br />
nach Huang Shan, den „Gelben Bergen“, durchgeführt,<br />
einem UNESCO Weltnatur- und Kulturerbe. Bei strahlendem<br />
Sonnenschein machten wir eine mehrstündige<br />
Wanderung in der bis zu 1900 m hohen, schroffen<br />
Berglandschaft unternommen. Am Folgetag stand ein<br />
Besuch von Hongchun – einem für die An‘hui Provinz<br />
typischen historischen Dorf – auf dem Programm.<br />
Huang Shan („Gelbe Berge“)<br />
Suzhou<br />
In der Provinz Jiangsu besuchten wir Tongli, berühmt<br />
für seine zahlreichen Wasserstraßen und seit 2000<br />
UNESCO Weltkulturerbe. Nach einer Bootsfahrt durch<br />
die Kanäle der Stadt wurden historische Bauten und<br />
Gärten aus der Ming- und Qing-Dynastie besichtigt. In<br />
Suzhou standen das Wahrzeichen der Stadt, die<br />
Tigerhügel-Pagode, sowie eine der berühmten chinesischen<br />
Gartenanlagen und zum Abschluss der Besuch<br />
einer chinesischen Oper auf dem Programm.<br />
Shanghai<br />
Zurück in Shanghai, fand – sonntags! – ein Treffen mit<br />
wichtigen Vertretern von Shanghai Municipal Electric<br />
Power Company statt. Nach einer Vorstellung des<br />
Unternehmens durch Vizepräsident Ruan, referierte<br />
Herr Tersteegen über die Stromausfälle in Europa.<br />
Nach intensiver Diskussion wurde dann das Dispatching-Center<br />
von Shanghai-Power besichtigt.<br />
138 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Vortrag von Herrn Ruan, Vizepräsident Shanghai Power<br />
Unsere Chinareise schloss mit einem Festessen, zu dem<br />
Herr Cai, Vorstand von Yencheng Power, Herr Dr. Li<br />
Naihu, ehemaliger Doktorand des IAEW, Prof. Tang aus<br />
Nanjing und Vertreter von Jiangsu Power zum Teil weit<br />
angereist waren. Dabei wurde auch die Trinkfestigkeit<br />
beider Seiten bis an die Grenze getestet.<br />
KURZBERICHTE<br />
Abendessen in Shanghai mit Prof. Tang, Southeast <strong>University</strong>,<br />
Nanjing<br />
Die zahlreichen, faszinierenden Eindrücke dieser Reise<br />
werden allen Teilnehmern noch lange positiv in Erinnerung<br />
bleiben und das Zusammenhörigkeitsgefühl des<br />
Institutsteams stärken.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 139
Veröffentlichungen im Berichtszeitraum<br />
VERÖFFENTLICHUNGEN<br />
Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2006 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> in Verbindung<br />
mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 109, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006<br />
Tao, X.; Haubrich, H.-J.<br />
A Two-Stage Heuristic Method for the Planning of Medium Voltage Distribution Networks with Large-Scale<br />
Distributed Generation<br />
9th International Conference on Probabilistic Methods Applied on Power Systems, Stockholm, 11.06.2006 - 15.06.2006<br />
Maurer, C.; Paulun, T.; Haubrich, H.-J.<br />
Planning of High Voltage Networks under Special Consideration of Uncertainties of Load and Generation<br />
Proceedings of CIGRE 2006<br />
Maurer, C.; Hinüber, G.; Haubrich H.-J.; Zimmer, C.<br />
Aktuelle Entwicklungen im grenzüberschreitenden Engpassmanagement<br />
VDE Kongress 2006 - Innovations for Europe, VDE-Verlag Berlin Offenbach, Vol. 2, S. 159-164, 2006<br />
Siemes, P.; Haubrich H.-J.; Vennegeerts, H.; Ohrem, S.<br />
Potentials to Optimize the Integration of Wind Energy into the German Interconnected System<br />
6th International Workshop on Large-Scale Integration of Wind Power and Transmission Networks for Offshore Wind<br />
Farms, Delft, 26.10.2006 - 28.10.2006<br />
Tao, X.; Haubrich, H.-J.<br />
Optimal Planning of Distribution systems with Distributed Generation<br />
CRIS Workshop 2006 - Influence of Distributed and Renewable Generation on Power System Security,<br />
Magdeburg, 06.12.2006 - 08.12.2006,<br />
Proceedings of the CRIS WORKSHOP 2006, S. 185-189<br />
Paulun, T.<br />
Strategic Expansion Planning for Electrical Networks Considering Uncertainties<br />
European Transactions on Electrical Power, 16. Jg. (2006), Heft 6, S. 661-671<br />
Paulun, T.<br />
Strategic Expansion Planning for Electrical Networks Considering Uncertainties<br />
Seminar for Young Researchers in Power Systems, <strong>University</strong> of Manchester<br />
Manchester 2006<br />
Hartmann, Thomas; Blaesig, Boris; Hinüber, Gerd; Haubrich H.-J..<br />
Stochastic Optimization in Generation and Trading Planning<br />
Operations Research Proceedings 2006<br />
Karl H. Waldmann (Herausgeber), Ulrike M. Stocker (Herausgeber)<br />
Springer Verlag GmbH; Auflage: 1 (April <strong>2007</strong>)<br />
ISBN-10: 3540699945<br />
Frezzi, P.; Garcés, F.; Haubrich, H.-J.<br />
Analysis of Short-term Strategic Behaviour in Power Markets<br />
Décimo Segundo Encuentro Regional Ibero-americano del CIGRÉ<br />
Foz de Iguazú, Brasilien, 20.05.<strong>2007</strong> - 24.05.<strong>2007</strong><br />
Padberg, U.; Haubrich H.-J.<br />
Stochastic Optimization of Natural Gas Portfolios<br />
2nd Workshop on Energy Economics and Technology Market Development, Market Power and Market Regulation<br />
Dresden, 13.04.<strong>2007</strong><br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 141
VERÖFFENTLICHUNGEN<br />
Mirbach, T.; Haubrich H.-J.<br />
Simulation of the Central European Market for Electrical Energy<br />
2nd Workshop on Energy Economics and Technology Market Development, Market Power and Market Regulation<br />
Dresden, 13.04.<strong>2007</strong><br />
Paulun, T.; Hübner, M.; Maurer, Ch.; Haubrich, H.-J.<br />
Rechnergestützte Ermittlung langfristig kostenoptimaler Netzstrukturen für Gasverteilungsnetze<br />
GWF - Gas/Erdgas, 148. Jg. (<strong>2007</strong>), Heft 3, S. 151-154<br />
Blaesig, B.; Haubrich H.-J.<br />
Integriertes Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 57. Jahrgang (<strong>2007</strong>), Heft 1/2; S. 44 - 47<br />
Czauderna, C.; Vennegeerts, H.; Slupinski, A.; Wirtz, F.<br />
Serving Power Quality Needs - Operational Optimization and Customer Orientation in Industrial Distribution<br />
Networks<br />
CIRED, 19th International Conference on Electricity Distribution, Vienna, May <strong>2007</strong><br />
Tersteegen, B.; Hinüber, G.; Mirbach, T.; Haubrich, H.-J.<br />
Untersuchung zur Praxistauglichkeit eines Open Market Coupling-Verfahrens<br />
Energiewirtschaftliche Tagesfragen, Band 57 (<strong>2007</strong>), Heft 4, S. 37-39<br />
Adsoongnoen, C.; Ongsakul, W.; Maurer, C.; Haubrich, H.-J.<br />
A new transmission pricing approach for the electricity cross-border trade in the ASEAN Power Grid<br />
European Transactions on Electrical Power, Band 17 (<strong>2007</strong>), Heft 2, S. 135-149<br />
Löppen, S.<br />
Strukturmerkmale zur vergleichenden Bewertung von Mittelspannungsnetzen<br />
<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 110, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />
Hinüber, G.<br />
Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an Märkten für Fahrplanenergie und Reserve<br />
<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 111, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />
Tao, X.<br />
Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen<br />
<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 112, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />
Blaesig, B.<br />
Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 113, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />
Hartmann, T.<br />
Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten Strommarkt<br />
<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 114, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />
Paulun, T.<br />
Strategische Ausbauplanung für elektrische Netze unter Unsicherheit<br />
<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 115, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />
Tersteegen, B.; Hinüber, G.; Haubrich, H.-J.<br />
Open Market Coupling – A Step towards the Internal Electricity Market in Europe?<br />
4th International Conference "The European Electricity Market. EEM-07", Cracow, May 23-25, <strong>2007</strong><br />
142 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Diplom- und Masterarbeiten<br />
DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />
Die Diplomarbeit mit einer Bearbeitungszeit von 6 Monaten bildet in der Regel den Abschluss des Elektrotechnikstudiums<br />
mit 5 Jahren Regelstudienzeit. Demgegenüber dauert die Masterarbeit des Studiengangs "Electrical Power Engineering"<br />
4 Monate bei einer Regelstudienzeit von 2 Jahren. Hierbei wird von Seiten der Betreuer streng auf selbstständiges<br />
Arbeiten und Einhaltung von Zeitrahmen und Thema geachtet. Der Abschlussvortrag in freier Rede mit anschließender<br />
Diskussion geht in die Bewertung der Arbeit ein. Nachfolgend sind die im Berichtszeitraum abgeschlossenen Diplomarbeiten<br />
und Masterarbeiten aufgelistet.<br />
Harald Bremke<br />
Generierung charakteristischer Versorgungsaufgaben<br />
für Mittel- und Niederspannungsnetze<br />
Die Kosten für Netze der MS-<br />
und NS-Ebene werden von der zu<br />
erfüllenden Versorgungsaufgabe<br />
beeinflusst. Um Untersuchungen<br />
zu kostentreibenden Merkmalen<br />
von Versorgungsaufgaben durchführen<br />
zu können, müssen synthetische<br />
Versorgungsaufgaben<br />
mit vordefinierten Merkmalen<br />
generiert werden. In dieser Arbeit soll ein bestehendes<br />
Verfahren zur Erstellung synthetischer Versorgungsaufgaben<br />
unter Berücksichtigung aller für MS- und NS-<br />
Netze relevanten Einflussgrößen weiterentwickelt<br />
werden.<br />
Daoxiong Zhang<br />
Strategien zur Optimierung der Zuverlässigkeitsanalyse<br />
in ausgedehnten Verteilungsnetzen<br />
In dieser Arbeit sollen die<br />
Arbeitsabläufe der Zuverlässigkeitsberechnungen<br />
mit<br />
PSS/SINCAL und dem integriertenZuverlässigkeitsberechnungsmodul<br />
ZUBER der<br />
Forschungsgemeinschaft für<br />
Elektrische Anlagen und<br />
Stromwirtschaft e.V. (FGH) für<br />
die Untersuchungen in Mittelspannungsnetzen vereinfacht<br />
werden. Insbesondere umfasst dies Maßnahmen<br />
zur Vereinfachung der Datenerfassung und Netzmodellierung<br />
für Standardnetzkonfigurationen.<br />
Sebastian Klabes<br />
Spannungsebenenübergreifende Planung elektrischer<br />
Verteilungsnetze unter Berücksichtigung<br />
dezentraler Einspeisung<br />
Derzeitige Verfahren zur<br />
Planung elektrischer Netze<br />
beschränken sich auf die<br />
Optimierung einer Spannungsebene.<br />
Der Nutzen einer<br />
gemeinsamen Planung mehrerer<br />
Spannungsebenen stellt weiterhin<br />
eine offene Fragestellung<br />
dar. Die derzeitig beobachtete<br />
zunehmende Integration dezentraler Eigenerzeugungsanlagen<br />
(DEA) in die Verteilungsnetze muss zukünftig<br />
auch im Planungsprozess Berücksichtigung finden. Ziel<br />
dieser Arbeit ist deshalb die Erweiterung eines Verfahrens<br />
zur Grundsatzplanung von HS- und MS-Netzen<br />
unter besonderer Berücksichtigung der DEA.<br />
Luis Alberto Garcia Palomino<br />
Erstellung und Ergebnisverifikation eines elektrischen<br />
Netzmodells in den Netzberechnungsprogrammen<br />
NEPLAN und SIMPOW<br />
In dieser Arbeit werden die<br />
IEEE-Reglermodelle der<br />
Programme NEPLAN und<br />
SIMPOW hinsichtlich<br />
dynamischer Simulationen im<br />
Zeitbereich und dem<br />
Kleinsignalverhalten verglichen.<br />
Hierzu wird ein<br />
Industrienetzmodell in beiden<br />
Programmen aufgenommen und anhand dieses Netzes<br />
werden Berechnungen und Simulationen durchgeführt.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 143
DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />
Sebastian Hoppenrath<br />
Entwicklung von Planungskriterien für die<br />
rechnergestützte Ermittlung von wirtschaftlich<br />
optimalen Netzstrukturen<br />
Mit der Einführung einer<br />
Regulierungsbehörde für den<br />
Strom- und Gasbereich ist der<br />
Kostendruck auf Gasverteilungsnetzbetreiber<br />
gestiegen.<br />
Damit sind sie gezwungen,<br />
Einsparpotenziale in ihren<br />
Netzen zu erschließen, um eine<br />
Effizienzsteigerung zu erreichen.<br />
Im Rahmen dieser Arbeit sollen alternative<br />
Netzstrukturen anhand von homogenen Versorgungsaufgaben<br />
bezüglich ihrer Wirtschaftlichkeit, Sicherheit<br />
und Zuverlässigkeit untersucht werden. Dabei sind die<br />
vorhandenen Kopplungen zwischen den Netzebenen<br />
geeignet zu berücksichtigen. Mithilfe der gewonnenen<br />
Erkenntnisse sollen anschließend Planungskriterien für<br />
die Ermittlung kostenoptimaler Netze für eine gegebene<br />
Versorgungsaufgabe formuliert werden.<br />
Caroline Nansubuga<br />
Beeinflussung kritischer Spannungseinbrüche<br />
durch Netzstruktur und Gerätebestand<br />
Die Spannungskonstanz am<br />
Anschlusspunkt der Kunden<br />
ist ein wichtiges Merkmal der<br />
Versorgungsqualität. Spannungseinbrüche,<br />
die vor<br />
allem durch elektrische<br />
Fehler im Netz hervorgerufen<br />
werden, können bei sensitiven<br />
industriellen Kundenanlagen<br />
teure Produktionsausfälle verursachen. In dieser<br />
Arbeit werden unterschiedliche Möglichkeiten bewertet,<br />
die Netzspannungsqualität bezüglich Spannungseinbrüche<br />
zu verbessern. Dabei werden die Auswirkung<br />
von unterschiedlichen Netzstrukturen, Sternpunktbehandlung<br />
des Netzes sowie die im Netz eingebauten<br />
Schutzeinrichtungen auf die Ausfallhäufigkeit am<br />
Kundenanschluss untersucht.<br />
Nils Habedank<br />
Vergleichende Untersuchungen verschiedener<br />
Risikomanagementmethoden in der Stromerzeugungs-<br />
und Handelsplanung<br />
Mit der Liberalisierung des<br />
Marktes für elektrische Energie<br />
und der daraus resultierenden<br />
Intensivierung des Stromhandels<br />
sind die Risiken, denen<br />
Energieversorgungsunternehmen<br />
ausgesetzt sind, deutlich<br />
gestiegen. Dies wird verstärkt<br />
durch die jetzt fehlende Möglichkeit,<br />
durch entsprechende Preisanpassungen Kosten<br />
auf die Endverbraucher abzuwälzen. Daher ist die<br />
Bedeutung des Risikomanagements gewachsen. Sind<br />
die Risiken identifiziert und analysiert, besteht die<br />
Aufgabe des Risikomanagements darin, die Steuerung<br />
des Risikos mit verschiedenen Instrumenten vorzunehmen.<br />
Dabei gibt es die Möglichkeit, Risiken zu akzeptieren,<br />
zu vermeiden, zu mindern oder zu übertragen. Ziel<br />
dieser Arbeit ist es, verschiedene Risiken durch ausgewählte<br />
Instrumente in der Stromerzeugungs- und<br />
Handelsplanung in einem integrierten oder alternativ<br />
einem nachgeschalteten Optimierungsschritt zu<br />
reduzieren.<br />
Xiaohan Wu<br />
Untersuchung von Einflussgrößen auf die Berechnung<br />
der harmonischen Netzimpedanz von<br />
Wechselspannungsnetzen in der Umgebung von<br />
HGÜ-Umrichterstationen<br />
Zur Berechnung der harmonischen<br />
Netzimpedanz wird das<br />
umliegende Wechselspannungsnetz<br />
einschließlich sämtlicher<br />
Netzelemente in einem Modell<br />
nachgebildet. In dieser Arbeit<br />
soll der Einfluss der Modellierung<br />
dieser Netzelemente auf die<br />
harmonische Netzimpedanz<br />
untersucht werden. Besondere Beachtung soll dabei die<br />
Modellierung von Generatoren, Leitungen und Lasten in<br />
der Umgebung von HGÜ-Umrichterstationen zukommen.<br />
144 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Kerstin Meisa<br />
Entwicklung eines rechnergestützten Verfahrens<br />
zur Ermittlung von HöS-Referenznetzen<br />
Durch die Einführung der Regulierungsbehörde<br />
in Deutschland<br />
soll ein angemessener Wettbewerb<br />
im Bereich der<br />
Elektrizitätsversorgung gewährleistet<br />
werden. Zur Identifikation<br />
der kostentreibenden Einflüsse<br />
hat sich als Analysewerkzeug das<br />
Referenznetzverfahren als<br />
geeignet herausgestellt. Als Eingangsgröße für dieses<br />
Verfahren dient in der Verteilnetzebene die entsprechende<br />
Versorgungsaufgabe des zu analysierenden<br />
Gebietes. Diese ist allerdings für die HöS-Ebene nicht<br />
ausreichend, da zusätzlich die Kosteneinflüsse der<br />
Transportaufgabe berücksichtigt werden müssen.<br />
Hierbei sind z. B. Einflüsse angrenzender HöS-Netze<br />
oder der Erzeugungs- und Lastverteilung in einem<br />
Netzgebiet zu untersuchen. Ziel dieser Arbeit ist<br />
zunächst die Analyse von HöS-Netzen, um Unterschiede<br />
zu Verteilungsnetzen zu identifizieren. Auf dieser<br />
Basis soll eine geeignete Abbildung dieser Parameter<br />
gefunden werden, um dann ein Verfahren zur Erzeugung<br />
von HöS-Referenznetzen zu entwickeln.<br />
Sachin Prabhakar Mulay<br />
Planung von Schutz und Steuerung für Hochspannungsschaltanlagen<br />
Die Planung und Auslegung der<br />
Schutzeinrichtungen und Steuerungen<br />
für Hochspannungsschaltanlagen<br />
erfordert detaillierte<br />
Kenntnis über unterschiedlichste<br />
Aspekte des Schaltanlagenbaus.<br />
In dieser Arbeit sollen<br />
alle notwendigen Informationen<br />
zur Durchführung dieser Tätigkeiten<br />
gesammelt und in einem Handbuch für Planungsingenieure<br />
zusammengefasst werden.<br />
David Kemnitz<br />
DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />
Entwicklung eines rechnergestützten Verfahrens<br />
zur Optimierung des Ressourceneinsatzes zum<br />
Betrieb elektrischer Netze<br />
Durch Wettbewerb und Netztarif-Regulierung<br />
sind die Netzbetreiber<br />
einem erhöhten<br />
Kostendruck ausgesetzt. Die<br />
Kosten für den Betrieb elektrischer<br />
Netze sind kurzfristig<br />
beeinflussbar und werden<br />
maßgeblich durch den Ressourceneinsatz<br />
(Personal, Material,<br />
Werkzeuge) bestimmt. Optimierbarer Freiheitsgrad bei<br />
der Planung des Ressourceneinsatzes ist die Verteilung<br />
von bekannten, planbaren Prozessen auf die verfügbaren<br />
Mitarbeiter und die benötigten Arbeitsmaterialien<br />
sowie die Vergabe von Prozessen an Fremdfirmen.<br />
Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Dauern<br />
sämtlicher Betriebsprozesse und das Auftreten von<br />
nicht planbaren Prozessen von unsicheren Randbedingungen<br />
abhängen. In dieser Arbeit soll ein rechnergestütztes<br />
Verfahren entwickelt werden, das die Simulation<br />
des Netzbetriebs in ein Verfahren zur Optimierung<br />
des Ressourceneinsatzes für den Betrieb elektrischer<br />
Netze integriert.<br />
Siva Kumar Kota<br />
Verbrauchsprognose in Energieübertragungsnetzen<br />
Die Prognose des Energieverbrauchs<br />
ist ein wesentlicher<br />
Bestandteil der Arbeit der<br />
Netzbetreiber. Dazu werden<br />
umfangreiche Daten über den<br />
historischen Energieverbrauch<br />
gespeichert. In dieser Arbeit<br />
wird eine bestehende Datenbank<br />
mit gespeicherten Daten so an<br />
neue Anforderungen für die mit dieser Datenbank<br />
durchgeführten Prognosen angepasst.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 145
DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />
Matthias Kraft<br />
Ermittlung kostenrelevanter Einflussgrößen für<br />
Niederspannungsnetze<br />
Aufgrund der Tatsache, dass die<br />
Niederspannungsebene einen<br />
wesentlichen Anteil an den<br />
Netznutzungsentgelten verursacht,<br />
ist insbesondere in dieser<br />
Spannungsebene eine genaue<br />
Betrachtung der Netzkosten<br />
erforderlich, um so die Angemessenheit<br />
der Netznutzungsentgelte<br />
beurteilen zu können. Bereits unternommene<br />
Versuche, mittels statistischer Untersuchungen Korrelationen<br />
zwischen Netznutzungsentgelten und unterschiedlichen<br />
kostenrelevanten Einflussgrößen zu<br />
ermitteln, brachten nicht den gewünschten Erfolg. In<br />
dieser Arbeit soll daher der Ansatz der Referenznetzanalyse<br />
gewählt werden, welcher auf der Nachbildung<br />
des Netzplanungsprozesses anhand realitätsnaher<br />
Versorgungsaufgaben basiert.<br />
Kabengele Bredt<br />
Analyse zusätzlicher Ertragspotentiale unterschiedlicher<br />
Kraftwerkstypen durch Nutzung der<br />
Möglichkeiten der Reserveleistungsmärkte<br />
Vor dem Hintergrund der<br />
kontinuierlich wachsenden<br />
Möglichkeiten des kurzfristigen<br />
regelzonenüberschreitenden<br />
Energieaustauschs erscheint<br />
eine diversifizierte Vermarktungsstrategie<br />
der vorhandenen<br />
Erzeugungsleistung unter<br />
Berücksichtigung des Regelleistungsmarktes<br />
zunehmend attraktiv. Für ein führendes<br />
kommunales Netzwerk mit derzeit ca. 600 MW Erzeugungsleistung<br />
verteilt auf eine Vielzahl Kleinanlagen,<br />
und weiteren 2300 MW geplanter bzw. im Bau befindlicher<br />
Großkraftwerksleistung ist daher aktuell zu<br />
untersuchen, ob und in welchem Maße eine Vermarktung<br />
der elektrischen Leistung im Reserveleistungsmarkt,<br />
zusätzlich zum Forward- und Spotmarkt wirtschaftlich<br />
sinnvoll ist und wie diese Vermarktung<br />
prozessual umgesetzt werden kann.<br />
Daniel Krönung<br />
Einfluss von Grenzwerten der Versorgungszuverlässigkeit<br />
auf die Kosten von Verteilungsnetzen<br />
Auf der Grundlage des novellierten<br />
Energiewirtschaftsgesetzes<br />
(EnWG) hat die Bundesnetzagentur<br />
in 2006 ein System zur<br />
Anreizregulierung für Elektrizitätsversorgungsnetze<br />
in Deutschland<br />
eingeführt. Da eine ausschließliche<br />
Regulierung der<br />
Netzkosten langfristig zu Qualitätsverlusten<br />
führen würde, schreibt das EnWG ausdrücklich<br />
eine Erweiterung der Anreizregulierung um<br />
einzelne Aspekte einer Qualitätsregulierung vor. Zur<br />
Bestimmung effizienter und diskriminierungsfreier<br />
Qualitätsregulierungsinstrumenten wird in dieser Arbeit<br />
der Einfluss von Grenzwerten der Versorgungszuverlässigkeit<br />
auf die Kosten von Verteilungsnetzen untersucht.<br />
Martin Spata<br />
Ermittlung von Kenngrößen zur Bewertung der<br />
Netzstruktur elektrischer Übertragungsnetze<br />
Forciert durch weiträumige<br />
Stromausfälle in den USA und<br />
Europa wird verstärkt über<br />
Mechanismen diskutiert, die<br />
ein unangemessenes Absenken<br />
der Netzqualität vermeiden.<br />
Neben der Beurteilung<br />
des Komponentenzustands<br />
gewinnt dabei die Bewertung<br />
der Netzstruktur zunehmend an Bedeutung. Zur Bewertung<br />
der Netzstruktur sind die Anforderungen der an<br />
das Übertragungsnetz angeschlossenen Netznutzer und<br />
die Eingriffe des Netzbetreibers zur Vermeidung<br />
ungewünschter Auswirkungen auf die Netznutzer<br />
nachzubilden. Mittels vorhandener Bewertungsverfahren<br />
sollen in dieser Arbeit geeignete Kenngrößen zur<br />
Bewertung der Netzstruktur elektrischer Übertragungsnetze<br />
ermittelt werden. Dazu ist der Einfluss von<br />
Ausfällen, der Netznutzung und der Netzgröße auf die<br />
Bewertungskenngrößen zu analysieren und dann<br />
anhand dieser Ergebnisse objektive Bewertungskenngrößen<br />
abzuleiten.<br />
146 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Swetlana Kujat<br />
Bewertung einer rechnergeführten Störungsbeseitigung<br />
in Mittelspannungsnetzen<br />
Durch die Berücksichtigung<br />
der Versorgungszuverlässigkeit<br />
in der Regulierung<br />
gewinnt die Sicherstellung<br />
kurzer Wiederversorgungsdauern<br />
in Mittelspannungsnetzen<br />
eine hohe Bedeutung.<br />
In diesen Netzen<br />
bestehen bei der Fehlerortung<br />
und den überwiegend manuell vorzunehmenden<br />
Schalthandlungen wesentliche Freiheitsgrade hinsichtlich<br />
der Aktionsauswahl und -reihenfolge. In dieser<br />
Arbeit sollen ermittelte Wiederversorgungsstrategien<br />
für unterschiedliche reale Netze abhängig von der<br />
verwendeten Zielfunktion analysiert und mit bestehenden<br />
Strategien aus der Praxis verglichen werden. Auf<br />
dieser Basis ist auch der angedachte Einsatz des<br />
Verfahrens im Rahmen eines Trainings für das Betriebspersonal<br />
vorzubereiten.<br />
Hongyan Lu<br />
Ermittlung langfristig kostenoptimaler Netzstrukturen<br />
für einen Verteilungsnetzbereich eines<br />
großstädtischen Netzbetreibers<br />
Mit der Arbeitsaufnahme der Bundesnetzagentur als<br />
Regulierungsbehörde in Deutschland steigt der Kostendruck<br />
auf die Netzbetreiber. Vor diesem Hintergrund<br />
stellt sich die Frage nach der<br />
zukünftigen Entwicklung und<br />
den zu erwartenden langfristigen<br />
Kostensenkungspotenzial<br />
der Netze. In dieser Arbeit soll<br />
ein MS-Netzbereich analysiert<br />
und in einer Planung optimiert<br />
werden. In Variantenrechnungen<br />
sollen verschiedene kosteneffiziente<br />
Netzstrukturen bei unterschiedlicher Lage und<br />
Anzahl der Einspeisungen ermittelt werden. Ziel der<br />
Arbeit ist es, die für den gegebenen Netzbereich optimalen<br />
Netzstrukturen zu ermitteln. Dabei sind sowohl<br />
technische wie wirtschaftliche Gesichtspunkte zu<br />
beachten.<br />
Liang Tao<br />
DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />
Bewertung der Auswirkungen von dezentralen<br />
Erzeugungsanlagen auf zukünftige Netzstrukturen<br />
Die derzeitig beobachtete<br />
zunehmende Integration<br />
dezentraler Eigenerzeugungsanlagen<br />
in die Verteilungsnetze<br />
verändert langfristig auch die<br />
Struktur der Netze. Ziel dieser<br />
Arbeit ist die Untersuchung der<br />
technischen und wirtschaftlichen<br />
Auswirkungen einer<br />
hohen Durchdringung von dezentralen Erzeugungsanlagen<br />
in zukünftigen Energieversorgungsnetzen.<br />
Simon Prousch<br />
Grundsatz- und Ausbauplanung von elektrischen<br />
Verteilungsnetzen für einen großstädtischen<br />
Energieversorger<br />
Durch die Liberalisierung in<br />
der Elektrizitätswirtschaft und<br />
der Einführung einer Regulierungsbehörde<br />
für Strom<br />
stehen die Energieversorger<br />
unter einem erhöhten Kostendruck.<br />
Vor diesem Hintergrund<br />
stellen sich die Energieversorger<br />
die Frage nach der<br />
Effizienz ihrer bestehenden Energieversorgungsstrukturen<br />
und deren zukünftigen Entwicklung. Zur Beantwortung<br />
dieser Fragestellung werden vermehrt rechnerbasierte<br />
Netzoptimierungsverfahren eingesetzt. Ziel der<br />
Arbeit ist es, in enger Kooperation mit dem Energieversorger<br />
eine praxisnahe Netzplanung der Mittelspannungsnetze<br />
und Gasverteilungsnetze unter technischen<br />
und wirtschaftlichen Gesichtspunkten durchzuführen.<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 147
DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />
Miguel Wong Georg Honnen-Louven<br />
Visualisierung und Monitoring des dynamischen<br />
Systemverhaltens im Fall von Betriebsmittelausfällen<br />
Im Programmsystem<br />
NETOMAC kann das dynamische<br />
Verhalten von elektrischen<br />
Systemen simuliert<br />
werden. Es wurde eine<br />
automatisch arbeitende<br />
Ausfallsimulation erstellt, die<br />
mittels einem sog. Contingency-builders<br />
die zu simulierenden<br />
Ausfallrechnungen generiert. Mittels eines sog.<br />
Criteria-builders können Kriterien definiert werden,<br />
nach denen die Ausfallsimulationen bewertet werden.<br />
Da das System im Rahmen einer Dynamic Security<br />
Assessment eingesetzt werden soll, muss das Zeitverhalten<br />
optimiert werden. Ziel ist es, die wesentlichen<br />
Informationen des dynamischen Systemverhaltens<br />
schnell und ausreichend für die Beurteilung einer<br />
Ausfallsituation bereit zu stellen und dabei die zeitlichen<br />
Rahmenbedingungen einzuhalten.<br />
Entwicklung eines Verfahrens zur rechnergestützten<br />
Grundsatzplanung von Gasverteilungsnetzen<br />
Bisherige Verfahrensansätze für<br />
die rechnergestützte Optimierung<br />
von Gasverteilungsnetzen sind<br />
nicht in der Lage praxisübliche<br />
Problemgrößen unter Berücksichtigung<br />
der wesentlichen technischen<br />
Randbedingungen und<br />
Freiheitsgrade zu lösen. Ziel<br />
dieser Arbeit ist die Entwicklung<br />
und Implementierung eines kombinatorischen Optimierungsverfahrens<br />
zur langfristig optimalen Gasverteilnetzplanung.<br />
Anschließend soll die Funktionsfähigkeit<br />
des Verfahrens durch exemplarische Untersuchungen<br />
an real existierenden Netzen überprüft werden.<br />
Sebastian Stein<br />
Bewertung der Kosteneinflüsse von Leistungstransporten<br />
in Übertragungsnetzen<br />
Yiping Xu Zur Identifikation der kosten-<br />
Analyse der operativen Vorteile beim Betrieb von<br />
Microgrids<br />
Microgrids sind eigenständige<br />
Verteilungsnetze mit<br />
verteilter Einspeisung,<br />
Energiespeichern und<br />
steuerbaren Verbrauchern.<br />
Sie können sowohl innerhalb<br />
des Verbundsystems aus<br />
auch eigenständig betrieben<br />
werden. Ziel dieser Arbeit ist<br />
die Identifizierung möglicher Vorteile von Microgrids<br />
auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene.<br />
Wesentliche Punkte dabei sind die Bewertung der<br />
Versorgungszuverlässigkeit, der Verluste und möglicher<br />
Vorteile für die angeschlossenen Netzkunden.<br />
treibenden Einflüsse ist als<br />
Analysewerkzeug das Referenznetzverfahren<br />
geeignet und<br />
vielfach praxiserprobt. Als<br />
Eingangsgröße für dieses<br />
Verfahren dient in der Verteilungsnetzebene<br />
die Versorgungsaufgabe<br />
des zu analysierenden<br />
Gebietes. Für die Übertragungsnetzebene ist<br />
dies nicht ausreichend, da zusätzlich Kosteneinflüsse<br />
der Transportaufgabe berücksichtigt werden müssen.<br />
Ziel dieser Arbeit ist zunächst die Analyse realer<br />
Leistungstransporte in Übertragungsnetzen. Danach<br />
sollen diese Leistungstransporte durch eine entsprechende<br />
Transportaufgabe modelliert werden, um<br />
abschließend mit Hilfe der Referenznetzanalyse die<br />
Kosteneinflüsse dieser Leistungstransporte zu bewerten.<br />
148 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
Studienarbeiten<br />
DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />
Mindestens eine Studienarbeit mit einem Arbeitsumfang von etwa 6 Wochen ist für alle Diplomstudenten im Fachbereich<br />
Elektrotechnik verpflichtend. Nachfolgend sind die im Berichtszeitraum abgeschlossenen Studienarbeiten aufgelistet.<br />
Fröhlich, Thomas<br />
Instandhaltungsmaßnahmen in den Verteilungsnetzen<br />
eines regionalen Netzbetreibers<br />
Honnen-Louven, Georg<br />
Qualitative Bewertung von Strukturparametern in der<br />
Höchstspannungsebene<br />
Kraft, Matthias<br />
Berücksichtigung von Schutzmaßnahmen bei rechnergestützter<br />
Planung von Niederspannungsnetzen<br />
Preidecker, Benjamin<br />
Zuverlässigkeitsberechnung von Verteilungsnetzen<br />
mittels Monte-Carlo Simulation und GO Methode<br />
Schütze, Tobias<br />
Analyse und Bewertung verschiedener Algorithmen zur<br />
Lastflussberechnung hinsichtlich der Anwendbarkeit für<br />
Gasnetze<br />
Stein, Sebastian<br />
Bewertung des Ressourcenbedarfs für den Betrieb<br />
elektrischer Netze<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 149
ABGESCHLOSSENE DISSERTATIONEN<br />
Liste der abgeschlossenen Dissertationen seit Dienstantritt von Professor Haubrich<br />
Jürgen Dennersmann<br />
Eigenschaften der Spannungs- und Frequenzregelung im Vergleich von Großverbund-<br />
und Inselsystemen<br />
Thomas Seitz Zuverlässigkeitsanalysen von Elektrizitätsversorgungssystemen mit dezentralen<br />
Erzeugungsanlagen unter Einsatz der Fuzzy-Set-Theorie<br />
Ditmar Heinz Erweiterte Anforderungen an die Spannungs-Blindleistungsoptimierung bei<br />
closed-loop-Einsatz<br />
Joachim Schneider Bewertung von Drehstrom- und Gleichstromvarianten für Hochleistungsfernübertragungen<br />
im Großverbund<br />
Guido Wolff Zuverlässigkeitsanalysen von Mittelspannungskabelnetzen unter Berücksichtigung<br />
vorübergehend nutzbarer Übertragungsreserven<br />
Erik Uwe Landeck Zuverlässigkeitsbewertung von Leistungstransiten in Verbundsystemen 1995<br />
Bernd Flechner Die notwendige Modellierungsgenauigkeit bei der Energieeinsatzplanung in<br />
hydrothermischen Kraftwerkssystemen<br />
Jürgen Walter Elsing Auswirkungen kommunaler Eigenerzeugung mit KWK-Anlagen auf die Stromerzeugungskosten<br />
der Vorlieferanten<br />
Mohsen Nayebzadeh Platzierung und Auslegung von statischen Kompensatoren zur Dämpfung von<br />
Netzpendelungen<br />
Albert Moser Langfristig optimale Struktur und Betriebsmittelwahl für 110-kV-Überlandnetze 1995<br />
Johannes Gerhard Groß Optimierung von Blockeinsatz und Lastfluss in zentralen Bahnstromversorgungssystemen<br />
Omar Hassan Saleh Al-Sakaf Tageslastprognose mit Hilfe Künstlicher Neuronaler Netze im Vergleich mit<br />
praxisbewährten Verfahren<br />
Oliver Schmitt Grundsätzliche Beurteilung der Übertragungsreserven in Hochspannungs-<br />
Freileitungsnetzen<br />
Johannes Hoffmann Optimale Energieeinsatzplanung in industriellen Kraft-Wärme-<br />
Kopplungssystemen<br />
Guido Daniëls Betrieb von Mittelspannungsnetzen mit hoher Blockheizkraftwerk-Einspeisung 1996<br />
Thomas Tischbein Identifikation der Oberschwingungsimpedanz von Mittelspannungsnetzen 1996<br />
Alexander Montebaur Zuverlässigkeitsanalysen industrieller Elektrizitätsversorgungsnetze unter<br />
Einschluß der Produktionsprozesse<br />
Andreas Heider Technikfolgenbewertung des Elektro-PKW bei geschlossener Betrachtung von<br />
Verkehr und Energieversorgung<br />
Wolfgang Fritz Topologieoptimierung zur Verlustreduktion in Hoch- und Höchstspannungsnetzen<br />
Dirk Biermann Kooperationen beim kommunalen Kraftwerkseinsatz unter Berücksichtigung<br />
der Vorlieferanten<br />
Peter Vossiek Berücksichtigung von Wiederversorgungsstrategien bei der Zuverlässigkeitsanalyse<br />
elektrischer Verteilungsnetze<br />
Stefan Nießen Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung im liberalisierten Strommarkt 1998<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 151<br />
1993<br />
1994<br />
1994<br />
1994<br />
1995<br />
1995<br />
1995<br />
1995<br />
1995<br />
1995<br />
1996<br />
1996<br />
1996<br />
1997<br />
1997<br />
1998<br />
1998
ABGESCHLOSSENE DISSERTATIONEN<br />
Jürgen Tzschoppe Anschlussmöglichkeiten für Windenergieanlagen an Mittelspannungsnetze 1998<br />
Alexander Kox Planung von Mittelspannungsnetzen unter Berücksichtigung betrieblicher<br />
Freiheitsgrade bei der Störungsbeseitigung<br />
Gabriël Clemens Zuverlässigkeitsorientiertes Zusammenwirken von Netz- und Kraftwerksbetreibern<br />
im Verteilungssektor<br />
Martin Rolf Grundsatzuntersuchung zur Bewertung von Durchleitungen in Höchst- und<br />
Hochspannungsnetzen<br />
Michael Fipper Zuverlässigkeitsorientierte Bewertung von Instandhaltungsstrategien für<br />
elektrische Verteilungsnetze<br />
Marc Roggenbau Kooperation der Übertragungsnetzbetreiber zur Minutenreservehaltung in<br />
elektrischen Verbundsystemen<br />
Petr Rudenko Anforderungen an die Primärregelung im transkontinentalen Großverbund 1999<br />
Daniel Greco Bewertung der Zuverlässigkeit elektrischer Verbundsysteme unter Berücksichtigung<br />
wichtiger Netzbeschränkungen<br />
Andreas Ewert Fremdnetzidentifikation für die Überwachung und Steuerung des Netzbetriebes<br />
Johannes Plettner-Marliani Optimierung der Erzeugungsstruktur lokaler Inselsysteme 2000<br />
Gundolf Dany Kraftwerksreserven in elektrischen Verbundsystemen mit hohem Windenergieanteil<br />
Christian Czauderna Zuverlässigkeitsorientierte Bewertung digitaler Sekundärtechniksysteme in<br />
elektrischen Netzen<br />
Gabriele Ripper Vergleich von Steuermechanismen für den kurzfristigen Einsatz hydraulischer<br />
Jahresspeicher<br />
Christian Zimmer Berücksichtigung des internationalen Stromhandels bei der Betriebsplanung<br />
europäischer Übertragungsnetzbetreiber<br />
Klaus Engels Probabilistische Bewertung der Spannungsqualität in Verteilungsnetzen 2000<br />
Eric Jennes Realisierungsmöglichkeiten kurzfristiger Netzzustandsprognosen 2000<br />
Sven Filter Zur Modellgenauigkeit der mittelfristigen Einsatzoptimierung von Querverbundunternehmen<br />
Boris Stern Kraftwerkseinsatz und Stromhandel unter Berücksichtigung von Planungsunsicherheiten<br />
Armin Braun Anlagen- und Strukturoptimierung von 110-kV-Netzen 2001<br />
Jörg Katzfey Probabilistische Bewertung der Netzbetriebsplanung im liberalisierten Strommarkt<br />
Klaus von Sengbusch Einfluss von Planungsunsicherheiten auf die Ausbaustrategie von 110-kV-<br />
Netzen<br />
Benedikt Krasenbrink Integrierte Jahresplanung von Elektrizitätserzeugung und –handel 2001<br />
Haijun Feng Adaptiver Kompensationsregler für erdschlusskompensierte Hochspannungsnetze<br />
Branko Pribicevic Planung der Strombeschaffung kommunaler Energieversorgungsunternehmen 2002<br />
152<br />
1998<br />
1998<br />
1998<br />
1998<br />
1999<br />
1999<br />
1999<br />
2000<br />
2000<br />
2000<br />
2000<br />
2001<br />
2001<br />
2001<br />
2001<br />
2002<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
ABGESCHLOSSENE DISSERTATIONEN<br />
Markus Stobrawe Minimierung von Verlust- und Blindleistungsbezugskosten der Hoch- und<br />
Höchstspannungsnetzbetreiber<br />
Peter Wolffram Ermittlung und Bewertung kostenrelevanter Struktureinflüsse auf 110-kV-<br />
Netze<br />
Stefan Rolauffs Aufwand- und Nutzen-Bewertung einer rechnergeführten Störungsbeseitigung<br />
in Mittelspannungsnetzen<br />
Heiko Neus Integrierte Planung von Brennstoffbeschaffung und Energieeinsatz zur Stromerzeugung<br />
Pariya Cumperayot Effekte der Modellierungsgenauigkeit auf die Ermittlung der Systemgrenzkosten<br />
in liberalisierten Elektrizitätsmärkten<br />
Daniel Schlecht Lastflussbasierte Vergabe von Übertragungsrechten im UCTE-Verbund 2004<br />
Hendrik Vennegeerts Zuverlässigkeitstechnische und wirtschaftliche Bewertung der Instandhaltung<br />
in elektrischen Verteilungsnetzen<br />
Christoph Maurer Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung für Hochspannungsnetze 2004<br />
Markus Obergünner Bewertung und Optimierung des Instandhaltungsaufwands elektrischer<br />
Verteilungsnetze<br />
Hagen Schmöller Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen Stromerzeugungs- und<br />
Handelsplanung<br />
Carsten Matheus Technische und wirtschaftliche Einsatzmöglichkeiten supraleitender Energiekabel<br />
Feng Li Bewertung von Ausbaumaßnahmen zur Engpassbeseitigung im UCTE-<br />
Verbundsystem<br />
Dirk Cremer Nutzbare Übertragungskapazitäten für den kurzfristigen grenzüberschreitenden<br />
Stromhandel unter Berücksichtigung von Prognoseunsicherheiten<br />
Song Cheng Automatische Reduktion der Ausfallkombinationen bei der Zuverlässigkeitsberechnung<br />
großer Netze<br />
Swen Löppen Strukturmerkmale zur vergleichenden Bewertung von Mittelspannungsnetzen 2006<br />
Gerd Hinüber Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an Märkten für Fahrplanenergie<br />
und Reserve<br />
Xiaohu Tao Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen 2006<br />
Boris Bläsig Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung <strong>2007</strong><br />
Thomas Hartmann Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisiertem Strommarkt <strong>2007</strong><br />
Tobias Paulun Strategische Ausbauplanung für Elektrische Netze unter Unsicherheit <strong>2007</strong><br />
Xia Yang Zhao Stochastische Tageseinsatzoptimierung vernetzter Wasserkraftwerke mit Hilfe<br />
Genetischer Algorithmen<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 153<br />
2002<br />
2003<br />
2003<br />
2003<br />
2004<br />
2004<br />
2005<br />
2005<br />
2005<br />
2005<br />
2005<br />
2005<br />
2006<br />
<strong>2007</strong>
Veröffentlichungsreihe<br />
„<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung“ – ABEV<br />
VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />
Seit 1992 werden die wesentlichen Forschungsergebnisse des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der<br />
<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> und der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V. in der Buchreihe "<strong>Aachen</strong>er Beiträge<br />
zur Energieversorgung" (ABEV) veröffentlicht. Die Bände dieser Reihe können über den Buchhandel oder das Institut<br />
bezogen werden. Bisher sind erschienen:<br />
Band 1 Büttgenbach, S.<br />
Erweiterter Einsatz der Spannungs-Blindleistungs-Optimierung in Verbundsystemen<br />
1. Auflage 1992, ISBN 3-86073-056-8<br />
Band 2 Büchner, J.<br />
Zur Frage der Auswirkungen regenerativer Energiequellen auf das dynamische Verhalten von<br />
elektrischen Inselsystemen<br />
1. Auflage 1992, ISBN 3-86073-057-6<br />
Band 3 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 1991 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 1992, ISBN 3-86073-082-7<br />
Band 4 Nick, W. R.<br />
Bewertung redundant geplanter Hoch- und Mittelspannungsverteilungsnetze im Hinblick auf<br />
Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-106-8<br />
Band 5 Drepper, W.<br />
Kraft-Wärme-Kopplung in der kommunalen Energieversorgung bei vollständiger<br />
Berücksichtigung des elektrischen Verbundsystems<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-098-3<br />
Band 6 Sierig, J.<br />
Photovoltaik und Energiespeicher in elektrischen Energieversorgungssystemen<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-151-3<br />
Band 7 Hinz, H.-J.<br />
Planung der Erzeugungs- und Übertragungsreserve in geographisch weit ausgedehnten<br />
elektrischen Energieversorgungssystemen<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-150-5<br />
Band 8 Klafka, P.<br />
Langfristige Betriebsplanung industrieller Kraft-Wärme-Kopplungssysteme unter<br />
Berücksichtigung stochastischer Einflüsse<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-128-9<br />
Band 9 Scholten, J.<br />
Optimale Energieeinsatzplanung thermischer Kraftwerkssysteme<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-162-9<br />
Band 10 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
1. Russisch-Deutsches Zuverlässigkeitsseminar "Zuverlässigkeit elektrischer Energieversorgungssysteme",<br />
Plyos, Russland, 06.09.93 - 11.09.93<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-169-6<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 155
VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />
Band 11 Dennersmann, J.<br />
Eigenschaften der Spannungs- und Frequenzregelung im Vergleich von Großverbund- und Inselsystemen<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-170-X<br />
Band 12 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 1992/93 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong><br />
<strong>Aachen</strong> in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e. V.,<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-175-0<br />
Band 13 Haubrich, H.-J.<br />
Elektrische Energieversorgungssysteme – Technische und wirtschaftliche Zusammenhänge<br />
Skriptum zur Vorlesung "Elektrische Anlagen I"<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-204-8<br />
Band 14 Rassow, J.<br />
Abhilfemaßnahmen gegen Spannungszusammenbrüche in Verbundsystemen<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-220-X<br />
Band 15 Hubert, R.<br />
Untersuchung der Gas- und Feuchteverteilung im Bereich eines Endlager-Bohrloches für radioaktive<br />
wärmefreisetzende Abfälle in Steinsalzformationen<br />
1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-221-8<br />
Band 16 Breidenich, G.<br />
Gekoppelte Berechnung der thermomechanischen Feldgrößen in einer Steinsalzformation infolge<br />
der Einlagerung radioaktiver wärmefreisetzender Abfälle<br />
1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-222-6<br />
Band 17 Hoffmann, P.<br />
Berücksichtigung diskreter Steuermöglichkeiten bei der Spannungs-Blindleistungs-Optimierung<br />
1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-223-4<br />
Band 18 Seitz, Th.<br />
Zuverlässigkeitsanalysen von Elektrizitätsversorgungssystemen mit dezentralen Erzeugungsanlagen<br />
unter Einsatz der Fuzzy-Set-Theorie<br />
1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-224-2<br />
Band 19 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>FGE</strong>-Tagung 1993 "Neue Ordnungsrahmen und Systemführungskonzepte in der Elektrizitätswirtschaft",<br />
<strong>Aachen</strong>, 30.09.93 – 01.10.93<br />
1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-225-0<br />
Band 20 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
1. Russisch-Deutsches Zuverlässigkeitsseminar "Zuverlässigkeit elektrischer<br />
Energieversorgungssysteme", Plyos, Russland, 06.09.93 – 11.09.93, Teil 2<br />
1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-226-9<br />
Band 21 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
2. Deutsch-Russisches Zuverlässigkeitsseminar "Zuverlässigkeit elektrischer Energieversorgungssysteme",<br />
<strong>Aachen</strong>, 23.08.94 – 25.08.94<br />
1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-227-7<br />
Band 22 Haubrich, H.-J.<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 1993/94 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong><br />
<strong>Aachen</strong> in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.,<br />
1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-228-5<br />
Band 23 Heinz, D.<br />
Erweiterte Anforderungen an die Spannungs-Blindleistungsoptimierung bei closed-loop-Einsatz<br />
1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-229-3<br />
156 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />
Band 24 Nayebzadeh, M.<br />
Platzierung und Auslegung von statischen Kompensatoren zur Dämpfung von Netzpendelungen<br />
1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-320-6<br />
Band 25 Jürgens, B. P.<br />
Tageseinsatzplanung in hydrothermischen Kraftwerkssystemen – ein Verfahrensvergleich<br />
1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-321-4<br />
Band 26 Schneider, J.<br />
Bewertung von Drehstrom- und Gleichstromvarianten für Hochleistungsfernübertragungen im<br />
Großverbund<br />
1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-322-2<br />
Band 27 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 1995 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-323-0<br />
Band 28 Landeck, E. U.<br />
Zuverlässigkeitsbewertung von Leistungstransiten in Verbundsystemen<br />
1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-324-9<br />
Band 29 Elsing, J. W.<br />
Auswirkungen kommunaler Eigenerzeugung mit KWK-Anlagen auf die Stromerzeugungskosten<br />
der Vorlieferanten<br />
1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-325-7<br />
Band 30 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
2. Deutsch-Russisches Zuverlässigkeitsseminar "Zuverlässigkeit elektrischer Energieversorgungssysteme",<br />
<strong>Aachen</strong>, 23.08.94 – 25.08.94, Teil 2<br />
1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-226-5<br />
Band 31 Al-Sakaf, O. H. S.<br />
Tageslastprognose mit Hilfe Künstlich Neuronaler Netze im Vergleich mit praxisbewährten<br />
Verfahren<br />
1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-327-3<br />
Band 32 Wolff, G. B.<br />
Zuverlässigkeitsanalysen von Mittelspannungskabelnetzen unter Berücksichtigung vorübergehend<br />
nutzbarer Übertragungsreserven<br />
1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-328-1<br />
Band 33 Flechner, B. A.<br />
Die notwendige Modellierungsgenauigkeit bei der Energieeinsatzplanung in hydrothermischen<br />
Kraftwerkssystemen<br />
1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-329-X<br />
Band 34 Groß, J. G.<br />
Optimierung von Blockeinsatz und Lastfluss in zentralen Bahnstromversorgungssystemen<br />
1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-490-3<br />
Band 35 Moser, A.<br />
Langfristig optimale Struktur und Betriebsmittelwahl für 110-kV-Überlandnetze<br />
1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-491-1<br />
Band 36 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Zuverlässigkeitsberechnung von Verteilungsnetzen<br />
1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-492-X<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 157
VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />
Band 37 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 1996 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-493-8<br />
Band 38 Schmitt, O.<br />
Grundsätzliche Beurteilung der Übertragungsreserven in Hochspannungs-Freileitungsnetzen<br />
1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-494-6<br />
Band 39 Daniels, G.<br />
Betrieb von Mittelspannungsnetzen mit hoher Blockheizkraftwerk-Einspeisung<br />
1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-495-4<br />
Band 40 Hoffmann, J.<br />
Optimale Energieeinsatzplanung in industriellen Kraft-Wärme-Kopplungssystemen<br />
1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-496-2<br />
Band 41 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>FGE</strong>-Tagung 1996 "Neue Verfahren und Kriterien der Ausbau- und Betriebsplanung in der Stromversorgung",<br />
<strong>Aachen</strong>, 26.09.96 – 27.09.96<br />
1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-497-0<br />
Band 42 Montebaur, A.<br />
Zuverlässigkeitsanalysen industrieller Elektrizitätsversorgungsnetze unter Einschluß der Produktionsprozesse<br />
1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-498-9<br />
Band 43 Tischbein, Th.<br />
Identifikation der Oberschwingungsimpedanz von Mittelspannungsnetzen<br />
1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-499-7<br />
Band 44 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Seminar "110-kV-Netzausbauplanung – Freileitung oder Kabel?" vom 13.11.1996<br />
Eurogress, <strong>Aachen</strong><br />
1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-489-X<br />
Band 45 Heider, A.<br />
Technikfolgenbewertung des Elektro-PKW bei geschlossener Betrachtung von Verkehr und<br />
Energieversorgung<br />
1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-610-8<br />
Band 46 Fritz, W.<br />
Topologieoptimierung zur Verlustreduktion in Hoch- und Höchstspannungsnetzen<br />
1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-611-6<br />
Band 47 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 1997 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-612-4<br />
Band 48 Vossiek, P.<br />
Berücksichtigung von Wiederversorgungsstrategien bei der Zuverlässigkeitsanalyse elektrischer<br />
Verteilungsnetze<br />
1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-0-1<br />
Band 49 Biermann, D.<br />
Kooperation beim kommunalen Kraftwerkseinsatz unter Berücksichtigung der Vorlieferanten<br />
1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-2-8<br />
158 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />
Band 50 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 1998 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-1-X<br />
Band 51 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Annual Report 1998<br />
Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />
Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />
1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-6-0<br />
Band 52 Tzschoppe, J.<br />
Anschlussmöglichkeiten für Windenergieanlagen an Mittelspannungsnetze<br />
1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-3-6<br />
Band 53 Kox, A.<br />
Planung von Mittelspannungsnetzen unter Berücksichtigung betrieblicher Freiheitsgrade bei der<br />
Störungsbeseitigung<br />
1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-4-4<br />
Band 54 Nießen, S.<br />
Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung im liberalisierten Strommarkt<br />
1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-5-2<br />
Band 55 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Einführung in das Umfeld des Ingenieurberufes<br />
1. Auflage 1998<br />
Band 56 Rolf, M.<br />
Grundsatzuntersuchung zur Bewertung von Durchleitungen in Höchst- und Hochspannungsnetzen<br />
1. Auflage 1999, ISBN 3-9806394-8-7<br />
Band 57 Roggenbau, M.<br />
Kooperation der Übertragungsnetzbetreiber zur Minutenreservehaltung in elektrischen Verbundsystemen<br />
1. Auflage 1999, ISBN 3-9806394-7-9<br />
Band 58 Fipper, M.<br />
Zuverlässigkeitsorientierte Bewertung von Instandhaltungsstrategien für elektrische Verteilungsnetze<br />
1. Auflage 1999, ISBN 3-934318-01-0<br />
Band 59 Rudenko, P.<br />
Anforderungen an die Primärregelung im transkontinentalen Großverbund<br />
1. Auflage 1999, ISBN 3-934318-02-9<br />
Band 60 Clemens, G.<br />
Zuverlässigkeitsorientiertes Zusammenwirken von Netz- und Kraftwerksbetreibern im Verteilungssektor<br />
1. Auflage 1999, ISBN 3-934318-00-2<br />
Band 61 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 1999 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 1999, ISBN 3-934318-04-5<br />
Band 62 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Annual Report 1999<br />
Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />
Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />
1. Auflage 1999<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 159
VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />
Band 63 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>FGE</strong>-Tagung 1999 "Netzbetrieb und Stromhandel im freien Markt", <strong>Aachen</strong>,<br />
30.09.99 – 01.10.99<br />
1. Auflage 1999<br />
Band 64 Ewert, A.<br />
Fremdnetzidentifikation für die Überwachung und Steuerung des Netzbetriebes<br />
1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-05-3<br />
Band 65 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2000 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-06-1<br />
Band 66 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Annual Report 2000<br />
Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />
Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />
1. Auflage 2000<br />
Band 67 Plettner-Marliani, J.<br />
Optimierung der Erzeugungsstruktur lokaler Inselsysteme<br />
1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-07-X<br />
Band 68 Edwin, K. W.<br />
Mensch und Technik – Grundgesetze systemtechnischer Planung<br />
1. Auflage 2000<br />
Band 69 Ripper, G.<br />
Vergleich von Steuermechanismen für den kurzfristigen Einsatz hydraulischer<br />
Jahresspeicher<br />
1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-08-8<br />
Band 70 Czauderna, C.<br />
Zuverlässigkeitsorientierte Bewertung digitaler Sekundärtechniksysteme in elektrischen Netzen<br />
1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-09-6<br />
Band 71 Dany, G.<br />
Kraftwerksreserve in elektrischen Verbundsystemen mit hohem Windenergieanteil<br />
1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-10-X<br />
Band 72 Engels, K.<br />
Probabilistische Bewertung der Spannungsqualität in Verteilungsnetzen<br />
1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-11-8<br />
Band 73 Zimmer, C.<br />
Berücksichtigung des internationalen Stromhandels bei der Betriebsplanung europäischer Übertragungsnetzbetreiber<br />
1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-12-6<br />
Band 74 Jennes, E.<br />
Realisierungsmöglichkeiten kurzfristiger Netzzustandsprognosen<br />
1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-14-2<br />
Band 75 Filter, S.<br />
Zur Modellgenauigkeit der mittelfristigen Einsatzoptimierung von Querverbundunternehmen<br />
1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-15-0<br />
160 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />
Band 76 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2001 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong><br />
<strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-19-3<br />
Band 77 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Annual Report 2001<br />
Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />
Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />
1. Auflage 2001<br />
Band 78 Stern, B.<br />
Kraftwerkseinsatz und Stromhandel unter Berücksichtigung von Planungsunsicher-<br />
heiten<br />
1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-20-7<br />
Band 79 Katzfey, J.<br />
Probabilistische Bewertung der Netzbetriebsplanung im liberalisierten Strommarkt<br />
1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-29-0<br />
Band 80 Braun, A.<br />
Anlagen- und Strukturoptimierung von 110-kV-Netzen<br />
1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-27-4<br />
Band 81 Krasenbrink, B.<br />
Integrierte Jahresplanung von Elektrizitätserzeugung und -handel<br />
1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-28-2<br />
Band 82 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Analysis of Electricity Network Capacities and Identification of Congestion<br />
1. Auflage 2001<br />
Band 83 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Markt und Netze – Effizienz und Qualität der Stromversorgung<br />
1. Auflage 2001<br />
Band 84 Feng, H.<br />
Adaptiver Kompensationsregler für erdschlusskompensierte Hochspannungsnetze<br />
1. Auflage 2001<br />
Band 85 Stobrawe, M.<br />
Minimierung von Verlust- und Blindleistungsbezugskosten der Hoch- und Höchstspannungsnetzbetreiber<br />
1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-37-1<br />
Band 86 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2002 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-33-9<br />
Band 87 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Annual Report 2002<br />
Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />
Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />
1. Auflage 2002<br />
Band 88 Sengbusch, K. von<br />
Einfluss von Planungsunsicherheiten auf die Ausbaustrategie von 110-kV-Netzen<br />
1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-34-7<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 161
VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />
Band 89 Pribicevic, B.<br />
Planung von Strombeschaffung kommunaler Energieversorgungsunternehmen<br />
1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-35-5<br />
Band 90 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Preise und Bedingungen der Nutzung von Stromnetzen in ausgewählten europäischen Ländern<br />
1. Auflage 2002<br />
Band 91 Wolffram, Peter<br />
Ermittlung und Bewertung kostenrelevanter Struktureinflüsse auf 110-kV-Netze<br />
1. Auflage 2003, ISBN 3-934318-39-8<br />
Band 92 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2003 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-46-0<br />
Band 93 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Annual Report 2003<br />
Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />
Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />
1. Auflage 2003<br />
Band 94 Rolauffs, S.<br />
Aufwand- und Nutzen-Bewertung einer rechnergeführten Störungsbeseitigung in Mittelspannungsnetzen<br />
1. Auflage 2003, ISBN 3-934318-42-8<br />
Band 95 Neus, H.<br />
Integrierte Planung von Brennstoffbeschaffung und Energieeinsatz zur Stromerzeugung<br />
1. Auflage 2003, ISBN 3-934318-472-9<br />
Band 96 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
Markt und Netze – Rechtsrahmen, Effizienz und Qualität der Stromversorgung<br />
1. Auflage 2003<br />
Band 97 Cumperayot, P.<br />
Effects of Modeling Accuracy on the System Marginal Costs Simulation in Deregulated Electricity<br />
Markets<br />
1. Auflage 2004, ISBN 3-934318-50-9<br />
Band 98 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2004 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 2004, ISBN 3-934318-52-5<br />
Band 99 Vennegeerts, H.<br />
Zuverlässigkeitstechnische und wirtschaftliche Bewertung der Instandhaltung in elektrischen<br />
Verteilungsnetzen<br />
1. Auflage 2004, ISBN 3-934318-54-1<br />
Band 100 Schlecht, D.<br />
Lastflussbasierte Vergabe von Übertragungsrechten im UCTE-Verbund<br />
1. Auflage 2004, ISBN 3-934318-55-X<br />
Band 101 Maurer, C.<br />
Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung für Hochspannungsnetze<br />
1. Auflage 2004, ISBN 3-934318-56-8<br />
162 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>
VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />
Band 102 Obergünner, M.<br />
Bewertung und Optimierung des Instandhaltungsaufwands elektrischer Verteilungsnetze<br />
1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-58-4<br />
Band 103 Schmöller, H. K.<br />
Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-59-2<br />
Band 104 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2005 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-60-6<br />
Band 105 Matheus, C.<br />
Technische und wirtschaftliche Einsatzmöglichkeiten supraleitender Energiekabel<br />
1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-66-5<br />
Band 106 Li, F.<br />
Bewertung von Ausbaumaßnahmen zur Engpassbeseitigung im UCTE-Verbundnetz<br />
1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-67-3<br />
Band 107 Cremer, D.<br />
Nutzbare Übertragungskapazitäten für den kurzfristigen grenzüberschreitenden Stromhandel<br />
unter Berücksichtigung von Prognoseunsicherheiten<br />
1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-68-1<br />
Band 108 Cheng, S.<br />
Automatische Reduktion der Ausfallkombinationen bei der Zuverlässigkeitsberechnung großer<br />
Netze<br />
1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-70-3<br />
Band 109 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2006 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage 2006, ISBN 3-934318-71-1<br />
Band 110 Löppen, S.<br />
Strukturmerkmale zur vergleichenden Bewertung von Mittelspannungsnetzen<br />
1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-72-4<br />
Band 111 Hinüber, G.<br />
Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an Märkten für Fahrplanenergie und Reserve<br />
1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-73-1<br />
Band 112 Tao, X.<br />
Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen<br />
1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-74-8<br />
Band 113 Blaesig, B.<br />
Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />
1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-75-5<br />
Band 114 Hartmann, T.<br />
Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten Strommarkt<br />
1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-76-2<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 163
VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />
Band 115 Paulun, T.<br />
Strategische Ausbauplanung für elektrische Netze unter Unsicherheit<br />
1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-77-9<br />
Band 116 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />
<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2007</strong> des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />
in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />
1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-78-6<br />
164 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>