27.12.2012 Aufrufe

Jahresbericht 2007 - FGE - RWTH Aachen University

Jahresbericht 2007 - FGE - RWTH Aachen University

Jahresbericht 2007 - FGE - RWTH Aachen University

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />

<strong>FGE</strong> Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e. V.<br />

J ahresbericht <strong>2007</strong><br />

Annual Report <strong>2007</strong><br />

AACHEN, JUNI <strong>2007</strong><br />

Schinkelstr. 6, D-52056 <strong>Aachen</strong><br />

Telefon +49 241 80-97652<br />

Fax +49 241 80-92197<br />

fge@iaew.rwth-aachen.de<br />

www.iaew.rwth-aachen.de


AACHENER BEITRÄGE ZUR ENERGIEVERSORGUNG<br />

Herausgeber: Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich<br />

Redaktion: Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig<br />

C. Radmacher, B.A.<br />

<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2007</strong> des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> in Verbindung mit der<br />

Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e. V.<br />

1. Auflage <strong>Aachen</strong><br />

Klinkenberg Verlag, <strong>2007</strong><br />

(<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 116)<br />

Für die Dokumentation: Optimierung des Ressourceneinsatzes – Bewertung kostenrelevanter Einflussgrößen für Übertragungsnetze<br />

– Fahrplanenergie – Freileitungs-Monitoring – Windenergieanlagen – Druckluftspeicher – Strompreismodelle<br />

– Stochastische Optimierung von Erdgasportfolios – Druckstufenübergreifende Planung von Gasverteilungsnetzen –<br />

Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />

ISBN 978-3-934318-78-6<br />

© <strong>2007</strong> Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong>


Liebe Freunde des Instituts, verehrte <strong>FGE</strong>-Mitglieder, meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />

Dear friends of the institute, dear <strong>FGE</strong>-members, ladies and gentlemen,<br />

der vorliegende Berichtsband bietet Ihnen einen<br />

Überblick über ausgewählte Forschungsarbeiten am<br />

Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />

(IAEW) der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>. Diese entstehen<br />

– von den DFG-geförderten Projekten abgesehen –<br />

größtenteils in enger Zusammenarbeit mit der Praxis,<br />

insbesondere mit den Mitgliedsunternehmen der<br />

Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong><br />

<strong>Aachen</strong> e.V. (<strong>FGE</strong>), aber auch mit Ministerien und<br />

Regulierungsbehörden im In- und Ausland. Gleichzeitig<br />

bietet der <strong>Jahresbericht</strong> meinen jüngeren Mitarbeitern<br />

die Gelegenheit, schon zu einem frühen Zeitpunkt erste<br />

Ergebnisse ihrer Arbeit, teilweise sogar nur erste<br />

Vorüberlegungen zu ihren Forschungsvorhaben, vorzustellen,<br />

um dazu Ihre Einschätzung und Anregungen<br />

herauszufordern. Zusätzlich enthält der Bericht Informationen<br />

über Personalbestand, Lehrveranstaltungen,<br />

Veröffentlichungen und einzelne herausragende Ereignisse<br />

an meinem Institut.<br />

Im Mai des vergangenen Jahres fand erstmals das <strong>FGE</strong>-<br />

Seminar "Neue Verfahren zur Analyse und Effizienzverbesserung<br />

elektrischer Übertragungsund<br />

Verteilungsnetze" mit fast 100 Teilnehmern aus<br />

der Praxis statt.<br />

Neueste Forschungsergebnisse meines Instituts, über<br />

die in diesem Band kurzgefasst referiert wird, vermitteln<br />

Ihnen die 6 im Berichtszeitraum Juni 2006 bis Juni<br />

<strong>2007</strong> abgeschlossenen Dissertationen von<br />

Boris Blaesig<br />

Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und<br />

Handelsplanung<br />

Thomas Hartmann<br />

Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten<br />

Strommarkt<br />

Gerd Hinüber<br />

Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an<br />

Märkten für Fahrplanenergie und Reserve<br />

Tobias Paulun<br />

Strategische Ausbauplanung für elektrische Netze<br />

unter Unsicherheit<br />

Xiaohu Tao<br />

Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen<br />

Xia Yang Zhao<br />

Stochastische Tageseinsatzoptimierung vernetzter<br />

Wasserkraftwerke mit Hilfe Genetischer Algorithmen<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />

This report offers an overview of selected research<br />

projects at the Institute of Power Systems and<br />

Power Economics (IAEW) of <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

<strong>University</strong> , which - with the exception of the projects<br />

sponsored by DFG - for the most part have been carried<br />

out in close co-operation with the member utilities of<br />

the Energy Research Institute at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong><br />

(<strong>FGE</strong>), but also with ministries and regulatory<br />

authorities in Germany and abroad. At the same time<br />

the yearly report offers an opportunity to my younger<br />

colleagues to present the initial results of their work or<br />

even preliminary considerations to their research<br />

projects at an early point in time and to invite your<br />

critique and comments. Additionally, this report<br />

includes information about the present staff, lectures,<br />

publications and outstanding events at my institute.<br />

In May of last year, a seminar of the Energy Research<br />

Institute (<strong>FGE</strong>) took place for the first time. This seminar<br />

titled "New Processes to analyse and improve the<br />

efficiency of electric transmission and distribution<br />

networks" was attended by almost 100 participants<br />

from industry sectors.<br />

The latest research results of my institute which will be<br />

presented in short form in this report have been<br />

detailed in the following PhD theses which were<br />

completed in the year under review, June 2006 until<br />

June <strong>2007</strong>, by<br />

Boris Blaesig<br />

Risk Management in Generation and Trading Planning<br />

of Electrical Energy<br />

Thomas Hartmann<br />

Valuation of Generating Assets and Contracts in<br />

Deregulated Electricity Markets<br />

Gerd Hinüber<br />

Intraday Optimisation of Power Plant Operation at<br />

Wholesale and Reserve Markets<br />

Tobias Paulun<br />

Strategic Expansion Planning for Electrical Networks<br />

Considering Uncertainties<br />

Xiaohu Tao<br />

Automatic Long-Term Planning of Medium-Voltage<br />

Systems<br />

Xia Yang Zhao<br />

Stochastic Day-Ahead Generation Optimisation of<br />

Interconnected Hydropower Plants by means of Genetic<br />

Algorithm


Besonders gern und stolz berichte ich über Ehrungen,<br />

die meine Mitarbeiter aufgrund hervorragender Studien-und<br />

Forschungsleistungen erfahren haben:<br />

Dipl.-Ing. Bernd Tersteegen<br />

Werner von Siemens Excellence Award<br />

Dipl.-Ing. Simon Krahl und Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />

Otto-Junker Preis der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> für hervorragende<br />

Studienleistungen<br />

Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />

Studienpreis der SEW Eurodrive-Stiftung<br />

Dr.-Ing. Tobias Paulun und Dr.-Ing. Hagen Schmöller<br />

Friedrich-Wilhelm-Preis für herausragende wissenschaftliche<br />

Leistungen<br />

Die Anzahl von mehr als 560 Studienanfängern in der<br />

Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik,<br />

darunter 42 Master-Studenten aus dem Ausland und 80<br />

Studenten des Studienganges Technische Informatik,<br />

ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen.<br />

Sehr positiv hat sich der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen<br />

der Fachrichtung Elektrische Energietechnik<br />

weiter entwickelt. Die Zahl der Studienanfänger stieg<br />

auf 120 an.<br />

Nach wie vor stoßen die Lehrveranstaltungen des<br />

IAEW auf großes Interesse. Die Hörerzahl meiner<br />

zweisemestrigen Vorlesung "Elektrische Anlagen", die<br />

nicht zum Pflichtprogramm gehört, stieg wieder auf<br />

über 70 an, und etwa 70 Teilnehmer nehmen in jedem<br />

Semester an unserem BWL-Intensivkurs teil. Auch die<br />

semesterbegleitende "Projektarbeit" mit Themenwahl<br />

aus den Gebieten Netzbetrieb, Netzplanung und<br />

Kraftwerksbewertung war mit 27 Teilnehmern im<br />

Berichtsjahr wieder sehr erfolgreich. Qualität und<br />

Präsentation der Arbeitsergebnisse der Dreier-Teams<br />

beeindruckten erneut die Fachleute aus der Praxis, die<br />

ich zu den Abschlussveranstaltungen gebeten hatte.<br />

Unter der wissenschaflichen Leitung von Prof. Ströbele<br />

(Westfälische Wilhelms Universität Münster) und mir<br />

sowie in Kooperation mit dem Haus der Technik in<br />

Essen wird nach erfolgreicher Akkreditierung bei ASIIN<br />

der berufsbegleitende Masterstudiengang "Energiewirtschaft"<br />

im Juni <strong>2007</strong> erstmalig starten.<br />

Das von 15 weiteren Kollegen aus ganz Europa und von<br />

mir gegründete European Energy Institute ist ein<br />

virtuelles Institut mit Sitz an der Universität Leuven und<br />

dem Ziel, ein internationales Kompetenzzentrum<br />

"Energie" aufzubauen. Auch dieses bietet erstmalig ab<br />

Frühjahr <strong>2007</strong> einen zweijährigen Weiterbildungskurs<br />

"Sustainable Energy Markets" an.<br />

I am proud to share the honours my staff achieved on<br />

account of their excellent study and research work:<br />

Dipl.-Ing. Bernd Tersteegen<br />

Werner von Siemens Excellence Award<br />

Dipl.-Ing. Simon Krahl und Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />

Otto-Junker prize of <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> for<br />

outstanding study performance<br />

Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />

Prize of the SEW Eurodrive Foundation<br />

Dr.-Ing. Tobias Paulun und Dr.-Ing. Hagen Schmöller<br />

Friedrich-Wilhelm-Prize for outstanding scientific<br />

performance<br />

The number of more than 560 first year students at<br />

the Faculty of Electrical Engineering and Information<br />

Technology, among them 42 master students from<br />

abroad and 80 students enrolled in the study of Technical<br />

Informatics, has increased considerably compared<br />

to last year.<br />

The study course Industrial Engineering of the branch<br />

Power Engineering, however, has developed very<br />

positively. The number of first year students increased<br />

to 120.<br />

The lectures of the Institute continue to be in high<br />

demand. The number of students of my lecture "Power<br />

Systems", a two-semester program, which is not<br />

mandatory has again increased to more than 70<br />

students. Every semester about 70 students take part in<br />

the intensive course "Basics of Business Administration<br />

for Engineers". The lecture "Project Work" with topics<br />

taken from the field of network operation, network<br />

planning and evaluation of power plants again proved a<br />

success with 27 participants. The quality and presentation<br />

of the results found by the teams of 3 also impressed<br />

the experts in the industry whom I had invited<br />

to the final presentation.<br />

Under the scientific guidance of Prof Ströbele (Westfälische<br />

Wilhelms-<strong>University</strong> Münster) and myself, as<br />

well as in co-operation with "Haus der Technik" at<br />

Essen, the job-accompanying master study "Energiewirtschaft"<br />

will start in June <strong>2007</strong> for the first<br />

time, after the successful accreditation by the Accreditation<br />

Agency for Degree Programmes, ASIIN.<br />

The European Energy Institute, founded by 15<br />

additional colleagues coming from all over Europe and<br />

by me, is a virtual institute located at the university of<br />

Leuven. It aims to build up an international competence<br />

centre "Energy". Starting in the spring of <strong>2007</strong>, it will<br />

offer a two- year advanced training, entitled "Sustainable<br />

Energy Markets".<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Das Interesse der Studenten an Auslandspraktika ist<br />

nach wie vor sehr groß. Unsere intensive Kooperation<br />

mit der Southeast Universität in Nanjing und der<br />

Zhejiang Universität in Hangzhou ermöglichte wiederum,<br />

dass vier Studenten und damit insgesamt bisher 16<br />

Studierende am IAEW ein Fachpraktikum in China<br />

absolvierten. Darüber hinaus konnte einem Studenten<br />

ein Praktikum in England und zwei Studenten in<br />

Argentinien vermittelt werden. Diesen internationalen<br />

Kontakten diente auch die zehntägige Reise nach<br />

China, zu der das gesamte Institutsteam Ende März<br />

aufbrach.<br />

Als Ausbildungsstätte hat das IAEW zwangsläufig eine<br />

sehr dynamische Personalentwicklung. Im Berichtszeitraum<br />

verließen 3 wissenschaftliche Mitarbeiterplanmäßig<br />

nach fünf Jahren und unser technischer<br />

Mitarbeiter, Herr Wolfgang Salzer, mit Erreichen des<br />

Ruhestandalters nach 33 Jahren das Institut. Diese<br />

Lücke konnte bei unverändert hohem Qualitätsanspruch<br />

durch 8 neue Mitarbeiter geschlossen werden.<br />

Besonders freut mich die stetige Aufwärtsentwicklung<br />

der <strong>FGE</strong>, die derzeit 57 Mitgliedsunternehmen aus<br />

Deutschland, Österreich, den Niederlanden und der<br />

Schweiz umfasst.<br />

Abschließend möchte ich, auch im Namen meiner<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, all denen danken, die<br />

uns durch Informationen, Anregungen und Aufträge<br />

gefördert und gefordert, durch Rat und Tat unterstützt<br />

und durch Lob wie Kritik motiviert haben. Wir freuen<br />

uns auf weiterhin enge persönliche Kontakte und<br />

fachliche Zusammenarbeit mit Ihnen.<br />

<strong>Aachen</strong>, im Juni <strong>2007</strong><br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />

There has been an ever growing interest by the students<br />

to do their internship abroad. Our intensive cooperation<br />

with the Southeast <strong>University</strong> of Nanjing as<br />

well as the Zhejiang <strong>University</strong> in Hangzhou again<br />

enabled me to arrange a specialized internship in<br />

Chinese companies for four students. This increases<br />

the number students who were able to do their internships<br />

in China to 16. Furthermore, one student did his<br />

internship in England, as well as two students in<br />

Argentina. The ten-day trip to China by all members of<br />

the Institute at the end of March, promoted these<br />

international contacts.<br />

As an institute with training facilities, the institute of<br />

Power Systems and Power Economics inevitably has<br />

got a very dynamic staff development. During the<br />

period under review, our technical staff member, Mr<br />

Wolfgang Salzer, left the institute after 33 years, upon<br />

his retirement. Furthermore, three experienced scientific<br />

staff members have left the institute as scheduled<br />

after five years. I was able to fill this void – the high<br />

demand for quality unchanged – with eight new staff<br />

members.<br />

I am very pleased that the Energy Research Institute<br />

has enjoyed a steady upward trend with currently 57<br />

member companies coming from Germany, Austria, the<br />

Netherlands and Switzerland.<br />

Finally, my staff and I would like to express our special<br />

gratitude to all those who supported and challenged us<br />

by information, suggestions and research contracts,<br />

who gave us advice and motivated us by approval and<br />

critique. We are looking forward to continued close<br />

contact and co-operation with you.


I N H A L T<br />

T A B L E O F C O N T E N T S<br />

Institutspersonal<br />

Staff<br />

Lehrveranstaltungen<br />

Lectures<br />

Mitarbeit in Gremien<br />

Membership in Committees<br />

Forschungsgesellschaft Energie (<strong>FGE</strong>) an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e. V.<br />

Energy Research Institute of <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong><br />

Dissertationen<br />

PhD Theses<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

Risk Management in Generation and Trading Planning of Electrical<br />

Energy<br />

Dr.-Ing. T. Hartmann Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten Strommarkt<br />

Valuation of Generating Assets and Contracts in Deregulated Electricity<br />

Markets<br />

Dr.-Ing. G. Hinüber Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an Märkten für<br />

Fahrplanenergie und Reserve<br />

Intraday Optimisation of Power Plant Operation at Wholesale and<br />

Reserve Markets<br />

Dr.-Ing. T. Paulun Strategische Ausbauplanung für elektrische Netze unter Unsicherheit<br />

Strategic Expansion Planning for Electrical Networks Considering<br />

Uncertainties<br />

Dr.-Ing. X. Tao Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen<br />

Automatic Long-Term Planning of Medium-Voltage Systems<br />

Dr.-Ing. X. Zhao Stochastische Tageseinsatzoptimierung vernetzter Wasserkraftwerke<br />

mit Hilfe Genetischer Algorithmen<br />

Stochastic Day-Ahead Generation Optimization of Interconnected<br />

Hydropower Plants by means of Genetic Algorithm<br />

INHALT<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> I<br />

1<br />

8<br />

11<br />

13<br />

17<br />

23<br />

30<br />

36<br />

43<br />

50


INHALT<br />

Forschungsprojekte<br />

Research Projects<br />

Dipl.-Ing. A. Berg Optimierung des Ressourceneinsatzes für den Betrieb elektrischer Netze<br />

Resource-Optimization for the Operation of Electrical Networks<br />

Dipl.-Ing. T. Borchard Bewertung des Nutzens einer spannungsebenenübergreifenden Planung<br />

von Hoch- und Mittelspannungsnetzen<br />

Evaluating the Benefit of Voltage Comprehensive Planning of High and<br />

Medium Voltage Networks<br />

Dipl.-Ing. H. Egger Strukturmerkmale für die vergleichende Bewertung von Niederspannungsnetzen<br />

Structural Characteristics for Comparative Benchmark of Low Voltage<br />

Networks<br />

Dipl.-Ing. P. Frezzi Analyse des kurzfristigen strategischen Verhaltens an Strommärkten<br />

Analysis of the Short-term Strategic Behaviour in Power Markets<br />

Dipl.-Ing. R. Hermes Bewertung kostenrelevanter Einflussgrößen für Übertragungsnetze<br />

Estimation of Cost Drivers in Transmission Networks<br />

Dipl.-Ing. M. Hübner Druckstufenübergreifende Planung von Gasverteilungsnetzen<br />

Long-Term Planning of Natural Gas Distribution Networks<br />

Dipl.-Ing. S. Krahl Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Zuverlässigkeitskenngrößen<br />

elektrischer Verteilungsnetze<br />

Probability Distributions of Reliability Characteristics of Electrical<br />

Distribution Networks<br />

Dipl.-Ing. C. Krane Bewertung der Struktur elektrischer Übertragungsnetze<br />

Evaluating the Structure of Electrical Transmission Networks<br />

Dipl.-Ing. T. Mirbach Simulation des europäischen Marktes für elektrische Energie<br />

Simulation of the European Market for Electrical Energy<br />

Dipl.-Ing. S. Ohrem Systemtechnische Auswirkungen einer großflächigen Verkabelung von<br />

110-kV-Überlandnetzen<br />

System-Oriented Effects of Cabling Rural 110 kV Networks<br />

Dipl.-Ing. M.Sc. U. Padberg Stochastische Optimierung von Erdgasportfolios<br />

Stochastic Optimization of Natural Gas Portfolios<br />

Dipl.-Ing. T. Ringelband Netzbetrieb mit Freileitungs-Monitoring<br />

Network Operation with Overhead Line Monitoring<br />

Dipl.-Ing. P. Siemes Verbesserte Netzintegration von Windenergieanlagen mittels Druckluftspeichern<br />

Advanced Integration of Wind Power by Compressed Air Energy Storages<br />

(CAES)<br />

Dipl.-Ing. B. Tersteegen Strompreismodelle für die mittelfristige Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

Electricity Price Models for Midterm Generation and Trading Planning<br />

Dipl.-Ing. F. Wirtz Kosten der Versorgungszuverlässigkeit elektrischer Verteilungsnetze<br />

Correlations between Supply Reliability and Costs of Distribution<br />

Networks<br />

Dipl.-Ing. P. Wittenberg Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit von Gasnetzen<br />

Evaluation of the Reliability of Gas Networks<br />

II IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />

57<br />

61<br />

64<br />

67<br />

70<br />

73<br />

76<br />

79<br />

82<br />

85<br />

88<br />

91<br />

93<br />

96<br />

99<br />

102


Studienbeispiele<br />

Selected Studies<br />

Dipl.-Ing. M.Sc. Uwe Padberg;<br />

Dr.-Ing. Th. Hartmann;<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig, IAEW<br />

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn.<br />

H. Egger; Dipl.-Ing. Dr. techn. Th.<br />

Schwaninger, KELAG – Kärntner<br />

Elektrizitäts-Aktiengesellschaft,<br />

Klagenfurt<br />

Dipl.-Ing. T. Mirbach,<br />

Dr.-Ing. G. Hinüber<br />

Dr.-Ing. G. Hinüber, IAEW<br />

Dr.-Ing. Ch. Zimmer; Dr.-Ing. Chr.<br />

Maurer; Dipl.-Ing. L. Eckenroth,<br />

CONSENTEC GmbH<br />

Dr. Chr. Riechmann; Dr. U Brunner,<br />

Frontier Economics<br />

Dipl.-Ing. P. Siemes, IAEW<br />

Dr.-Ing. H. Vennegeerts, FGH<br />

Dipl.-Ing. S. Ohrem, IAEW<br />

Dipl.-Ing. Th. Borchard; Dipl.-Ing.<br />

S. Ohrem, IAEW<br />

Dr.-Ing. Ch. Zimmer; Dipl.-Ing.<br />

L. Eckenroth, CONSENTEC GmbH<br />

Kurzberichte über institutsspezifische Aktivitäten<br />

Brief Reports on Specific Activities of the Institute<br />

Dipl.-Ing T. Borchard;<br />

Dipl.-Ing. S. Krahl<br />

Methoden zur Preiskalkulation für den Stromvertrieb<br />

Methods of Price Calculation for Sales Departments of<br />

Electrical Energy Suppliers<br />

Bewertung von Ausbauoptionen hydraulischer Kraftwerksgruppen<br />

Evaluating Optional Expansion for Interconnected Hydro Power Plants<br />

Ökonomische Bewertung verschiedener Engpassmanagementmethoden<br />

Economic Assessment of Different Congestion Management Methods<br />

Bewertung des Optimierungspotenzials zur Integration des Windstroms<br />

in das Verbundnetz<br />

Potentials to Optimize the Integration of Wind Energy into the German<br />

Interconnected System<br />

Folgen der Großstörung in der Region Münsterland für Planung und<br />

Betrieb von 110-kV-Überlandnetzen<br />

Consequences of Wide-area Outages in 110 kV Overhead Line Networks<br />

on Network Planning and Operation<br />

Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Ingenieure<br />

mit Unternehmensplanspiel<br />

Dipl.-Ing. A. Berg Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen<br />

Fachrichtung Elektrische Energietechnik<br />

INHALT<br />

Dipl.-Ing. T. Mirbach Projektarbeiten für Studierende am IAEW 129<br />

Dipl.-Ing. F. Wirtz Interdisziplinäre Vorlesung „Berufsumfeld von Energietechnik-<br />

Ingenieuren und Wirtschaftsingenieuren in der Praxis“<br />

Dipl.-Ing. H. Egger; Dipl.-Ing.<br />

P. Siemes; Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B.<br />

Blaesig; Dipl.-Ing. Chr. Krane<br />

E.ON Avacon/IAEW-Seminar<br />

"Grundlagen der elektrischen Energieversorgung"<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig <strong>Aachen</strong>er Energiemanager Strom und Gas 131<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig;<br />

Dipl.-Ing. S. Ohrem<br />

Neuer internationaler Weiterbildungskurs<br />

"Sustainable Energy Markets"<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. B. Blaesig Berufsbegleitender Masterstudiengang "Energiewirtschaft" 132<br />

Dr.-Ing. X. Tao; Dipl.-Ing. H. Egger Masterstudiengang "Electrical Power Engineering" an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> 132<br />

R. Piront Neues Layout der IAEW-Webseiten 133<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> III<br />

103<br />

108<br />

114<br />

117<br />

122<br />

127<br />

127<br />

130<br />

130<br />

132


INHALT<br />

Dipl.-Ing. P. Frezzi; Dipl.-Ing. S.<br />

Ohrem; Dipl.-Ing. M.Sc.<br />

U. Padberg<br />

Exkursionen 133<br />

Dr.-Ing. T. Paulun Studierendenentwicklung an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> und am IAEW 134<br />

Dr.-Ing. T. Paulun Preise und Auszeichnungen 135<br />

Dr.-Ing. X. Tao The 9 th International Conference on Probabilistic Methods Applied to<br />

Power Systems, Stockholm, Schweden<br />

Dipl.-Ing. B. Tersteegen Betriebsausflug nach Lammersdorf 136<br />

Dipl.-Ing. T. Mirbach Institutsreise nach China 137<br />

Veröffentlichungen im Berichtszeitraum<br />

Publications<br />

Diplom-, Master- und Studienarbeiten<br />

Diploma, Master and Short Theses<br />

Abgeschlossene Dissertationen<br />

Completed PhD Theses<br />

<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung – ABEV<br />

Publication Series – ABEV<br />

IV IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />

136<br />

141<br />

143<br />

151<br />

155


Personal<br />

PERSONAL<br />

Institutsleiter Univ.-Prof. Dr.-Ing. Hans-Jürgen Haubrich Tel.: +49 241 80-97652<br />

haubrich@iaew.rwth-aachen.de<br />

Sekretariat Anette Ringe Tel.: +49 241 80-97653<br />

Fax: +49 24180-92197<br />

ri@iaew.rwth-aachen.de<br />

Lehrbeauftragte<br />

Operation of Interconnected Prof. Dr.-Ing. Dieter Denzel vorm. RWE Net AG<br />

Power Systems Brauweiler, Direktion<br />

Electroheat Prof. Dr.-Ing. Axel von Starck vorm. AEG Elotherm<br />

Remscheid, Geschäftsführung<br />

Power Economics in Liberalised Dr.-Ing. Jochen Kreusel ABB AG<br />

Electricity Markets Marketing und Technologie Energietechnik<br />

Mannheim<br />

Natural Gas Systems Dr.-Ing. Günter Wagner LIWACOM Informationstechnik GmbH<br />

Essen, Geschäftsführung<br />

Strom- und Gasnetzregulierung Dr.-Ing. Joachim Müller-Kirchenbauer Consentec GmbH,<br />

<strong>Aachen</strong><br />

Oberingenieur Dr.-Ing. Gerd Hinüber +49 241 80-97655<br />

gh@iaew.rwth-aachen.de<br />

Fremdsprachensekretariat Christiane Radmacher, B.A. +49 241 80-97671<br />

rei@iaew.rwth-aachen.de<br />

Forschungsgesellschaft Energie Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig +49 241 80-96734<br />

fge@iaew.rwth-aachen.de<br />

Betriebsleiter Ferdinand Corsten +49 241 80-97665<br />

corsten@iaew.rwth-aachen.de<br />

Verwaltung Dagmar Gräfe +49 241 80-97665<br />

Nicole Hamacher (Auszubildende) dg@iaew.rwth-aachen.de<br />

Technischer Service +49 241 80-97660<br />

Robert Piront pi@iaew.rwth-aachen.de<br />

Manfred Kleefisch, MATA mk@iaew.rwth-aachen.de<br />

Bernd Seifert (Auszubildender) bs@iaew.rwth-aachen.de<br />

Klaus Dreher +49 241 80-97664<br />

kd@iaew.rwth-aachen.de<br />

Kristian Schmitt +49 241 80-97664<br />

kc@iaew.rwth-aachen.de<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 1


PERSONAL<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiter<br />

Forschungsgruppe "Asset Management und Regulierung"<br />

Dr.-Ing. Tobias Paulun (Gruppenleiter) tp@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97691<br />

Dipl.-Ing. Andreas Berg ab@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96717<br />

Dipl.-Ing. Hermann Egger eg@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96718<br />

Dipl.-Ing. Roland Hermes rh@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96717<br />

Dipl.-Ing. Kerstin Meisa km@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97691<br />

Dipl.-Inf. John Piggott jp@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96718<br />

Forschungsgruppe "Strom- und Gasnetze"<br />

Dipl.-Ing. Thorsten Borchard (Gruppenleiter) tb@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97689<br />

Dipl.-Ing. Michael Hübner mh@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97691<br />

Dipl.-Ing. Simon Prousch pr@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97656<br />

M.Sc. Claudia Rahmann ar@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97691<br />

Dipl.-Ing. Tilmann Ringelband tr@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97689<br />

Dipl.-Ing. Philipp Siemes ps@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97656<br />

Dr.-Ing. M.Sc. Xiaohu Tao xt@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96713<br />

Forschungsgruppe "Stromerzeugung und -handel"<br />

Dr.-Ing. Thomas Hartmann (Gruppenleiter) th@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97658<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig bb@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96734<br />

Dipl.-Ing. Pablo Frezzi pf@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96734<br />

Qian Meng, Ph.D. qm@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97692<br />

Dipl.-Ing. Tobias Mirbach tm@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97692<br />

Dipl.-Ing. M.Sc. Uwe Padberg up@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97658<br />

Dipl.-Ing. Bernd Tersteegen bt@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97658<br />

Forschungsgruppe "Versorgungsqualität"<br />

Dipl.-Ing. Frank Wirtz (Gruppenleiter) fw@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96714<br />

Dipl.-Ing. Simon Krahl sk@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96714<br />

Dipl.-Ing. Christian Krane ck@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97654<br />

Dipl.-Ing. Simon Ohrem so@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96711<br />

Dipl.-Ing. Patrick Wittenberg pw@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-97614<br />

Dr.-Ing. M.Sc. Xia Yang Zhao, xz@iaew.rwth-aachen.de +49 241 80-96731<br />

Studentische Hilfskräfte<br />

15 studentische Mitarbeiter mit jeweils 8 Wochenstunden<br />

2 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Personal<br />

Univ.-Prof. Dr.-Ing.<br />

Hans-Jürgen Haubrich<br />

Sekretariat<br />

Anette Ringe<br />

Prof. Dr.-Ing. Dieter Denzel<br />

Lehrauftrag:<br />

Operation of Interconnected<br />

Power Systems<br />

Oberingenieur<br />

Dr.-Ing. Gerd Hinüber<br />

Prof. Dr.-Ing. Axel von Starck<br />

Lehrauftrag:<br />

Electroheat<br />

Dr.-Ing. Günter Wagner<br />

Lehrauftrag:<br />

Natural Gas Systems<br />

PERSONAL<br />

Fremdsprachensekretariat<br />

Christiane Radmacher, B.A.<br />

Dr.-Ing. Jochen Kreusel<br />

Lehrauftrag:<br />

Power Economics in<br />

Liberalised Electricity<br />

Markets<br />

Dr.-Ing. Joachim Müller-<br />

Kirchenbauer<br />

Lehrauftrag:<br />

Strom- und<br />

Gasnetzregulierung<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 3


PERSONAL<br />

Betriebsleiter<br />

Ferdinand Corsten<br />

Rechneradministration<br />

Robert Piront<br />

Technischer Service<br />

Klaus Dreher<br />

Auszubildender<br />

Bernd Seiffert<br />

Verwaltung<br />

Dagmar Gräfe<br />

Rechneradministration<br />

Manfred Kleefisch, MATA<br />

Technischer Service<br />

Kristian Schmitt<br />

Auszubildende<br />

Nicole Hamacher<br />

4 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Dipl.-Ing.<br />

Andreas Berg<br />

Dipl.-Ing.<br />

Hermann Egger<br />

Dipl.-Ing.<br />

Roland Hermes<br />

Dipl.-Ing.<br />

Christian Krane<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm.<br />

Boris Blaesig<br />

Dipl.-Ing.<br />

Pablo Frezzi<br />

Dipl.-Ing.<br />

Michael Hübner<br />

Dipl.-Ing.<br />

Kerstin Meisa<br />

Dipl.-Ing.<br />

Thorsten Borchard<br />

Dr.-Ing.<br />

Thomas Hartmann<br />

Dipl.-Ing.<br />

Simon Krahl<br />

Dipl.-Ing.<br />

Tobias Mirbach<br />

PERSONAL<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 5


PERSONAL<br />

Ph.D.<br />

Qian Meng<br />

Dr.-Ing.<br />

Tobias Paulun<br />

M.Sc.<br />

Claudia Rahmann<br />

Dipl.-Ing.<br />

Bernd Tersteegen<br />

Dipl.-Ing.<br />

Simon Ohrem<br />

Dipl.-Inf.<br />

John Piggott<br />

Dipl.-Ing.<br />

Tilmann Ringelband<br />

Dipl.-Ing.<br />

Frank Wirtz<br />

Dipl.-Ing.<br />

Uwe Padberg<br />

M.Sc.<br />

Simon Prousch<br />

Dipl.-Ing.<br />

Philipp Siemes<br />

Dipl.-Ing.<br />

Patrick Wittenberg<br />

Dr.-Ing. M.Sc.<br />

Xiaohu Tao<br />

Dr.-Ing. M.Sc.<br />

Xia Yang Zhao<br />

6 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


ORGANISATION<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 7


LEHRVERANSTALTUNGEN<br />

Lehrveranstaltungen<br />

Die Vorlesungen, Übungen, Praktika und Seminare des Lehrstuhls richten sich überwiegend an Studierende ab dem 5.<br />

Studiensemester. Sie sollen Grundlagen und Spezialthemen der elektrischen Energietechnik und Energiewirtschaft sowie<br />

allgemeingültige systemtheoretische Lösungsansätze und Anleitungen zum wissenschaftlichen Arbeiten vermitteln.<br />

Weitere Informationen über das Interdisziplinäre Seminar "Berufsumfeld des Ingenieurs in der Praxis", englischsprachige<br />

Vorlesungen im Rahmen des Masterstudienganges "Electrical Power Engineering", den Intensivkurs “Betriebswirtschaftliche<br />

Grundlagen für Ingenieure“, die vom Institut angebotenen Projekt-, Studien- und Diplomarbeiten sowie die diesjährigen<br />

Exkursionen finden Sie in den Kurzberichten ab Seite 127.<br />

Elektrische Anlagen I etwa 80 Hörer<br />

Elektrische Anlagen II etwa 70 Hörer<br />

Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich<br />

Die Vorlesungsreihe „Elektrische Anlagen“ behandelt<br />

das gesamte Spektrum der elektrischen Energieversorgung.<br />

Hierzu gehören die physikalischen<br />

Eigenschaften und technischen wie mathematischen<br />

Modelle der Komponenten des Stromversorgungssystems<br />

in quasistationären und transienten Zuständen<br />

sowie die darauf aufbauenden Verfahren systemtechnischer<br />

Untersuchungen und wirtschaftlicher Bewertung.<br />

Jede Vorlesung wird von Übungen zur Anwendung der<br />

Theorie begleitet, die teilweise als Kleingruppenübungen<br />

durchgeführt und von den Studierenden mit<br />

Unterstützung der Betreuer vorbereitet werden. Am<br />

Ende jeder Vorlesungsreihe wird zusätzlich ein 6stündiger<br />

Blockkurs zur Vertiefung und Prüfungsvorbereitung<br />

angeboten. Die Vorlesungsreihe wird<br />

in deutscher Sprache als Elektrische Anlagen I und II<br />

und in englischer Sprache als Power Systems I und II<br />

angeboten.<br />

Optimierung und Betrieb von Energieversorgungssystemen<br />

etwa 10 Hörer<br />

Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich<br />

Diese Basisvorlesung aus dem Bereich der Energieversorgungssysteme<br />

behandelt theoretische Grundlagen<br />

und Einsatzweise heute bereits praxisüblicher sowie<br />

auch neuerer Analyse- und Optimierungsverfahren der<br />

Energieversorgung mit den Schwerpunkten quasistationäre<br />

Netzzustandsberechnung, probabilistische Zuverlässigkeitsberechnung<br />

und Optimierung der Strombeschaffungsplanung.<br />

Elektrische Energie aus regenerativen Quellen<br />

etwa 60 Hörer<br />

Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich u. andere<br />

Die gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Elektrische<br />

Maschinen (IEM) und dem Lehrstuhl für Stromrichtertechnik<br />

und Elektrische Antriebe (ISEA) angebotene<br />

Ringvorlesung gibt einen Überblick über die physikalischen<br />

Grundlagen, die technisch-wirtschaftlichen<br />

Aspekte und das Entwicklungspotenzial der Erzeugung<br />

elektrischer Energie aus regenerativen Quellen.<br />

Technische elektromagnetische Felder in unserer<br />

Umwelt etwa 10 Hörer<br />

Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich u. andere<br />

Diese gemeinsam mit dem Forschungszentrum für<br />

Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit und dem<br />

Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik angebotene Ringvorlesung<br />

gibt einen Überblick über die Entstehung und<br />

Umweltverträglichkeit elektromagnetischer Felder der<br />

Nieder- und Hochfrequenztechnik.<br />

Operation of Interconnected Power Systems<br />

Prof. Dr.-Ing. D. Denzel etwa 25 Hörer<br />

In dieser englischsprachigen Veranstaltung werden die<br />

Aufgaben der Betriebsführung von Energieversorgungssystemen<br />

und die jeweils verwendeten<br />

(Rechner-) Verfahren sowohl für den Normalbetrieb als<br />

auch für gefährdete oder gestörte Betriebszustände<br />

behandelt.<br />

Electric Heating etwa 20 Hörer<br />

Prof. Dr.-Ing. A. von Starck<br />

Nach den physikalischen Grundlagen der Wärmeerzeugung<br />

und -übertragung wird in dieser englischsprachigen<br />

Veranstaltung die Elektrowärmenutzung in Gebäuden<br />

und industriellen Prozessen behandelt.<br />

Power Economics in Liberalised Electricity<br />

Markets etwa 20 Hörer<br />

Dr.-Ing. J. Kreusel<br />

Nach einer Einführung in die Grundlagen wirtschaftlichen<br />

Handelns in der Elektrizitätswirtschaft werden die<br />

veränderten Rahmenbedingungen auf dem Strommarkt<br />

seit der Liberalisierung untersucht. Ein erster Schwerpunkt<br />

ist dabei die Diskussion der Motive und Gestaltungsalternativen<br />

von Liberalisierungsansätzen im<br />

internationalen Vergleich. Ein zweiter Schwerpunkt ist<br />

die eingehende Betrachtung der Rollen verschiedener<br />

Akteure sowie der Preisbildungsmechanismen im<br />

liberalisierten Markt. Diese Vorlesung wird in englischer<br />

Sprache gehalten.<br />

8 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Natural Gas Systems<br />

Dr.-Ing. G. Wagner 25 Hörer<br />

Diese Vorlesung vermittelt einen Überblick über den<br />

Transport und die Verteilung von Erdgas. Sie behandelt<br />

die folgenden Schwerpunkte: Erdgaswirtschaft, Pipelinenetze,<br />

Druckregelung, Messung und Verdichtung,<br />

Systemplanung, Betrieb und Abrechnung, Gas Management<br />

Systeme, Liberalisierung des Gasmarkts. Die in<br />

englischer Sprache gehaltene Vorlesung umfasst eine<br />

Exkursion, z. B. zu einer Gasdruckregel- und Messanlage<br />

oder einer Dispatching Leitstelle.<br />

Strom- und Gasnetzregulierung<br />

Dr.-Ing. J. Müller-Kirchenbauer 10 Teilnehmer<br />

Diese Veranstaltung behandelt die Grundlagen und<br />

gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Regulierung<br />

in der Energiewirtschaft. Es werden die charakteristischen<br />

Aufgabenbereiche der Bundes- und Landesregulierungsbehörden<br />

aufgezeigt sowie wesentlich Themenschwerpunkte<br />

der Regulierungsarbeit dargestellt.<br />

Darüber hinaus vermittelt die Vorlesung Auswirkungen<br />

der Regulierung auf Energieversorgungsunternehmen<br />

und den Betrieb von Energieversorgungsnetzen. In<br />

diesem Zusammenhang bildet die Darstellung von<br />

Möglichkeiten zur Anwendung einer Anreizregulierung<br />

einen wesentlichen Fokus.<br />

Berufsumfeld von Ingenieuren in der Praxis<br />

Referenten aus der Praxis etwa 20 Hörer<br />

Die im Rahmen des Aktionsprogramms „Qualität der<br />

Lehre – Innovative Reformprojekte von überregionalem<br />

Interesse“ des Ministeriums für Wissenschaft und<br />

Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen entwickelte<br />

Vorlesungs- und Diskussionsveranstaltung ermöglicht<br />

Studierenden in der Schlussphase ihres Studiums<br />

einen vielseitigen Einblick in ihr zukünftiges Berufsumfeld<br />

und das Gespräch mit Führungskräften aus der<br />

Praxis.<br />

Intensivkurs<br />

Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Ingenieure<br />

(mit Unternehmensplanspiel)<br />

4 Kurse mit jeweils 18 Teilnehmern<br />

In diesem Intensivkurs vermitteln IAEW-Referenten<br />

wesentliche betriebswirtschaftliche Grundlagen, die in<br />

einem rechnerbasierten Praxisteil angewandt werden.<br />

Dabei wird auf die spezifische wirtschaftliche Struktur<br />

und die rechtlichen Rahmenbedingungen der Elektrizitätsversorgung<br />

eingegangen, die im Planspiel abgebildet<br />

werden.<br />

Projektarbeiten<br />

LEHRVERANSTALTUNGEN<br />

Der Weg zum langfristig optimalen Hochspannungsnetz<br />

9 Teilnehmer<br />

Am IAEW entwickelte und praxisbewährte Optimierungsverfahren<br />

ermöglichen die „Grüne Wiese”-<br />

Planung kostenoptimaler Netze. Dies lässt die Frage<br />

offen, ob und wie vom bestehenden Netz ausgehend<br />

das kostenoptimale Zielnetz möglichst wirtschaftlich<br />

erreichbar ist. Im Rahmen dieses Projektes soll anhand<br />

eines realen Hochspannungsnetzes und des zugehörigen<br />

Zielnetzes ein wirtschaftlich sinnvoller schrittweiser<br />

Übergang erarbeitet und das dadurch erzielte<br />

Einsparpotenzial quantifiziert werden. Zur Bestimmung<br />

der einzelnen Übergangszustände ist es notwendig,<br />

neben den Zu- und Abbaukosten die Altersstruktur der<br />

bestehenden Betriebsmittel in die Betrachtung einzubeziehen.<br />

Alle Zwischenzustände müssen allen technischen<br />

und Sicherheits-Kriterien genügen. Für diese<br />

Überprüfung wird ein am IAEW entwickeltes Programmpaket<br />

zur Netzzustandsanalyse eingesetzt.<br />

Einsatz von Wasserkraftwerken im Strommarkt<br />

13 Teilnehmer<br />

Wasserkraftwerke ermöglichen eine umweltschonende,<br />

emissionsfreie Umwandlung von potentieller (Wasser-)<br />

Energie in elektrische Energie. Vor allem im Vergleich<br />

zu thermischen Kraftwerken zeichnen sie sich zudem<br />

durch eine hohe Einsatzflexibilität aus, die Vorteile bei<br />

der Vermarktung der elektrischen Energie an Strombörsen<br />

bietet. Im Rahmen dieses Projektes soll für eine<br />

reale Wasserkraftwerksgruppe in Österreich der optimale<br />

Einsatz, orientiert an Marktpreisen, ermittelt<br />

werden. Dabei sind beispielsweise die sich im Zeithorizont<br />

der Planungsrechnungen ändernden Zuflüsse zu<br />

den Speicherbecken sowie die unsicheren Marktpreise<br />

für elektrische Energie geeignet durch Varianten abzubilden<br />

und zu bewerten. Zunächst sollen aus öffentlich<br />

zugänglichen Quellen ein Datenmodell der Wasserkraftwerksgruppe<br />

abgeleitet sowie Zufluss- und Marktpreisvarianten<br />

generiert werden. Die Quantifizierung<br />

des Wertes erfolgt anschließend unter Nutzung eines<br />

am IAEW entwickelten, praxisbewährten Optimierungsverfahrens.<br />

Zuverlässigkeitsbewertung eines 110/20-kV-<br />

Netzes im Ist-Zustand und bei Anschluss eines<br />

Industriekunden 5 Teilnehmer<br />

Das Projekt umfasst zwei Aspekte der Zuverlässigkeitsbewertung.<br />

Zuerst wird ein real existierendes Netz<br />

hinsichtlich der Kosten und der Versorgungszuverlässigkeit<br />

quantitativ bewertet. Dabei werden die üblichen<br />

Vorgehensweisen bei der Zuverlässigkeitsbewertung<br />

angewendet. Im zweiten Schritt ist ein Industriekunde<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 9


LEHRVERANSTALTUNGEN<br />

in das vorher betrachtete Netz zu integrieren. Die<br />

Kosten technisch möglicher Varianten sind unter<br />

Beachtung der geforderten Versorgungszuverlässigkeit<br />

zu ermitteln und gegenüber zu stellen. Die Berechnungen<br />

der Zuverlässigkeit werden händisch und unter<br />

Zuhilfenahme moderner rechnergestützter Netzanalyseverfahren<br />

durchgeführt.<br />

Grundsatzplanung elektrischer Mittelspannungsnetze<br />

12 Teilnehmer<br />

Im Rahmen dieses für Masterstudenten und -studentinnen<br />

angebotenen Projekts wird eine Grundsatzplanung<br />

für ein deutsches städtisches Mittelspannungsnetz<br />

unter Einsatz moderner Rechnerwerkzeuge durchgeführt.<br />

Verschiedene typische Netzstrukturen können<br />

dabei zur Lösung der gegebenen Planungsaufgabe<br />

eingesetzt werden. Eine Auswahl aus den so vermittelten<br />

Zielnetzen erfolgt hinsichtlich technischer und<br />

ökonomischer Kriterien. Die Ergebnisse der Grundsatzplanung<br />

präsentieren und diskutieren die Studierenden<br />

wie bei allen am IAEW abgehaltenen Projekten abschließend<br />

in Kurzvorträgen.<br />

Praktika<br />

Elektrotechn. Praktikum II etwa 280 Teilnehmer<br />

Das Elektrotechnische Praktikum II ist eine Pflichtveranstaltung<br />

für die Studierenden des dritten Semesters<br />

im Studiengang Elektrotechnik und Informationstechnik<br />

mit Versuchen zur Messtechnik in Wechsel- und<br />

Drehstromsystemen. Es wird zusammen mit dem<br />

Lehrstuhl für Elektrische Maschinen durchgeführt.<br />

Energietechn. Praktikum etwa 60 Teilnehmer<br />

In diesem zweisemestrigen Praktikum für Studierende<br />

im Hauptstudiengang werden die in den Vorlesungen<br />

abgeleiteten Grundlagen über das Komponenten- und<br />

Systemverhalten an Analog- und Rechnermodellen<br />

demonstriert. Das Praktikum wird zusammen mit den<br />

Lehrstühlen für Elektrische Maschinen, Hochspannungstechnik<br />

sowie Stromrichtertechnik und Elektrische<br />

Antriebe durchgeführt.<br />

Seminare<br />

Doktoranden-Seminar<br />

In dieser institutsinternen Seminarreihe berichtet jeder<br />

Doktorand einmal jährlich während einer 3-stündigen<br />

Veranstaltung über Ziele, Lösungsverfahren, Ergebnisfortschritt<br />

und Zeitplan seiner Arbeit.<br />

Diplomarbeits-Seminar<br />

Zum Abschluss der Diplomarbeit muss jeder Student in<br />

einem halbstündigen, frei gehaltenen Vortrag mit<br />

Diskussion über seine Arbeit berichten. Vortrag und<br />

Diskussion gehen in die Bewertung der Diplomarbeit<br />

ein.<br />

Seminar zum Praxissemester<br />

Die Studierenden der Elektrotechnik und Informationstechnik<br />

müssen über die im Praxissemester gemachten<br />

Erfahrungen im Rahmen eines Seminarvortrages<br />

berichten. Dieses Seminar wird in Zusammenarbeit der<br />

vier energietechnischen Institute der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

durchgeführt.<br />

Forschungsseminar<br />

Im Rahmen des institutsinternen Forschungsseminars<br />

wird vornehmlich über aktuelle Forschungsprojekte, die<br />

im Auftrag und in enger Zusammenarbeit mit der Praxis<br />

am Institut durchgeführt werden, berichtet.<br />

Rechnerseminar<br />

Das Rechnerseminar dient dazu, sämtliche Institutsmitarbeiter,<br />

einschließlich der studentischen Hilfskräfte,<br />

über Neuerungen im Rechnersystem des Instituts zu<br />

informieren sowie Hilfestellungen zu Anwendungsprogrammen,<br />

Programmiertechniken usw. zu geben.<br />

10 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Mitarbeit in Gremien<br />

Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften,<br />

Klasse für Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften<br />

Konvent für Technikwissenschaften der Berlin-Brandenburgischen<br />

und Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften<br />

akatech – Konvent für Technikwissenschaften der Union der<br />

deutschen Akademie der Wissenschaften e. V.<br />

Forschungsbeirat der Forschungsgemeinschaft<br />

für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e.V. (FGH)<br />

GREMIEN<br />

Prof. Haubrich<br />

Prof. Haubrich<br />

Prof. Haubrich<br />

Prof. Haubrich<br />

Forschungsbeirat der Forschungsstelle für Elektropathologie Prof. Haubrich<br />

Arbeitskreis Energie-Informationstechnologie der Forschungsgemeinschaft<br />

für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e. V. (FGH)<br />

Prof. Haubrich<br />

Auswahlkommission für DAAD-Stipendiaten bzw. Lektoren Prof. Haubrich<br />

Professor Dr. Koepchen-Studienstiftung (Stiftungsrat) Prof. Haubrich<br />

Rationelle Energieumwandlung (REU), Forschungszentrum Karlsruhe (Beirat) Prof. Haubrich<br />

CIGRÉ Deutsches Komitee der CIGRE beim VDE (Gast) Prof. Haubrich<br />

Energietechnische Gesellschaft (ETG) – FB 2 "Übertragung<br />

und Verteilung elektrischer Energie" (Mitglied)<br />

Prof. Haubrich<br />

IEEE, Power Engineering – German Section (Assessor for Power Engineering) Prof. Haubrich<br />

Fachzeitschrift „Energiewirtschaftliche Tagesfragen“<br />

(Wissenschaftlicher Beirat)<br />

Fachzeitschrift „European Transactions on Power Engineering” (ETEP)<br />

(Chairman of the Editorial Board)<br />

Journal for Scientific Research, International Advisory Editorial Board,<br />

Sultan Qaboos <strong>University</strong>, Oman<br />

Technisch-Wissenschaftlicher Beirat der GEA Holding für Energietechnik (GHE)<br />

(Mitglied)<br />

Prof. Haubrich<br />

Prof. Haubrich<br />

Prof. Haubrich<br />

Prof. Haubrich<br />

Wissenschaftlicher Arbeitskreis für Regulierungsfragen der BNetzA (Mitglied) Prof. Haubrich<br />

Wissenschaftlicher Beirat des Bundesverbandes für Windenergie e.V (Mitglied). Prof. Haubrich<br />

European Energy Institute, KU Leuven, Belgien (Gründungsmitglied) Prof. Haubrich<br />

Energiebeirat der Stadt <strong>Aachen</strong> Dr.-Ing. Hinüber<br />

VDN Projektgruppe „Störungsstatistik“ Dipl.-Ing. Krane<br />

Cigre WG C1-17 "Planning to Manage Power Interruption Events" Dr.-Ing. Paulun<br />

NETOMAC – Benutzerkreis Dipl.-Ing. Siemes<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 11


Forschungsgesellschaft <strong>FGE</strong><br />

Aufgabe der <strong>FGE</strong><br />

Aufgabe der Forschungsgesellschaft Energie e.V. (<strong>FGE</strong>)<br />

ist die Förderung der Forschung an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

auf dem Gebiet der Energieversorgung. Technische<br />

Fragestellungen sind dabei ebenso Forschungsgegenstand<br />

wie wirtschaftliche Themen. Die <strong>FGE</strong> fördert<br />

zudem den Austausch von Erfahrungen zwischen ihren<br />

Mitgliedern und unterstützt die Ausbildung des Ingenieurnachwuchses.<br />

Die wissenschaftliche Begrenzung<br />

ihrer Aufgaben verbietet die Unterordnung unter<br />

partikuläre Interessen politischer oder wirtschaftlicher<br />

Art. Die Gesellschaft verfolgt somit ausschließlich und<br />

unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Dem Kuratorium<br />

der <strong>FGE</strong> gehört neben gewählten Vertretern aus dem<br />

Mitgliederkreis der Rektor der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> an.<br />

Vorsitzender des Kuratoriums ist Dipl.-Ing. M. Fuchs,<br />

Vorsitzender der Geschäftsleitung von E.ON Netz<br />

GmbH. Mit der Geschäftsführung ist Prof. Dr.-Ing. H.-J.<br />

Haubrich, Leiter des IAEW, beauftragt.<br />

Ihren Aufgaben kommt die <strong>FGE</strong> in enger Zusammenarbeit<br />

mit dem Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />

(IAEW) nach. Zahlreiche Forschungsaktivitäten,<br />

Vortragsveranstaltungen und Publikationen wurden<br />

bereits von der <strong>FGE</strong> initiiert bzw. herausgegeben.<br />

Hierzu gehören unter anderem auch die <strong>FGE</strong>-Tagungen<br />

zu aktuellen Fragen der Energiewirtschaft sowie die<br />

jährlich etwa sechs abendlichen Fachvorträge (<strong>FGE</strong>-<br />

Kolloquien). Über aktuelle Forschungsergebnisse<br />

berichten kurzgefasste Informationsblätter sowie der<br />

vorliegende <strong>FGE</strong>-<strong>Jahresbericht</strong>.<br />

Mitgliedsunternehmen<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Start 1958: 10 Mitgliedsunternehmen<br />

Stand<strong>2007</strong>: 57 Mitgliedsunternehmen<br />

sonstige<br />

Industrie<br />

Energieversorgung<br />

<strong>FGE</strong><br />

Der <strong>FGE</strong> gehören z. Zt. fast 60 Energieversorgungs-,<br />

Industrie- und Beratungsunternehmen an (s. Seite 15).<br />

Damit hat sich die <strong>FGE</strong> im letzten Jahrzehnt sehr positiv<br />

entwickelt, obwohl in den letzten Jahren infolge von<br />

Unternehmenszusammenschlüssen und Umstrukturierungen<br />

im Bereich der Energieversorgung Mitgliedschaften<br />

zusammengefasst wurden. Erfreulich ist die<br />

Tatsache, dass auch Unternehmen aus dem benachbarten<br />

Ausland der <strong>FGE</strong> angehören. Auch spiegelt sich in<br />

den Mitgliedsunternehmen der <strong>FGE</strong> die zunehmende<br />

Liberalisierung des europäischen Elektrizitätsmarktes<br />

wider: Neben Industrie- und Energieversorgungsunternehmen<br />

bewerben sich zunehmend auch Stromhandels-<br />

und Beratungsunternehmen um die <strong>FGE</strong>-Mitgliedschaft.<br />

<strong>FGE</strong>-Tagung<br />

Die <strong>FGE</strong>-Tagung findet als zweitätige Vortragsveranstaltung<br />

im Abstand von zwei bis drei Jahren in <strong>Aachen</strong><br />

statt und richtet sich an Entscheidungsträger aus<br />

Energieversorgung, Industrie, Beratungsunternehmen,<br />

Behörden und Forschung. Die stets hohe Teilnehmerzahl<br />

bestätigt Themen- und Referentenwahl und belegt<br />

das große Interesse an diesen Veranstaltungen. So war<br />

auch die letzte <strong>FGE</strong>-Tagung mit rund 450 Teilnehmern<br />

im Herbst 2005 ein voller Erfolg.<br />

Die nächste Tagung wird zum Thema „Markt und<br />

Netze - Ordnungsrahmen, Effizienz und Qualität der<br />

Stromversorgung“ am 20. und 21. September dieses<br />

Jahres stattfinden.<br />

Fusionen von<br />

Mitgliedsunternehmen<br />

1990 1995 2000 2005<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 13<br />

<strong>2007</strong>


<strong>FGE</strong><br />

<strong>FGE</strong>-Kolloquium<br />

In jedem Semester findet an 3 Donnerstagen um<br />

18:00 Uhr das <strong>FGE</strong>-Kolloquium mit ca. einstündigem<br />

Vortrag und anschließender Diskussion im Hörsaal des<br />

IAEW statt. Fachleute aus Industrie, Energieversorgung,<br />

Hochschulen und Behörden berichten über aktuelle<br />

Entwicklungen in Energietechnik, -wirtschaft und<br />

-politik. Nachfolgend ist das Programm für den Berichtszeitraum<br />

aufgeführt:<br />

Wintersemester<br />

9. November 2006<br />

Dr. rer. nat. Kurt Fischer<br />

Vice President Strategic Marketing AREVA NP GmbH,<br />

Erlangen<br />

Perspektiven für die Kernenergie in Europa<br />

18. Januar <strong>2007</strong><br />

Prof. Dr.-Ing. Klaus Homann<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung RWE-Transportnetz<br />

Gas und Transgas Net, Essen, Prag<br />

Erdgas – alles wie beim Strom?<br />

25. Januar <strong>2007</strong><br />

Dr.-Ing. Matthias Luther<br />

Project Director IPS/UPS Study UCTE, Brüssel<br />

Machbarkeitsstudie zum Synchronverbund von<br />

IPS/UPS mit UCTE<br />

Sommersemester<br />

10. Mai <strong>2007</strong><br />

Dr.-Ing. Klaus von Sengbusch<br />

Strategisches Marketing<br />

ABB AG, Mannheim<br />

Wide Area Monitoring Systeme - aktuelle Erfahrungen<br />

und zukünftige Anwendungsbereiche<br />

21. Juni <strong>2007</strong><br />

Dr. Konstantin Petrov / Bart Franken<br />

Principal Consultant<br />

KEMA Bonn, Deutschland / KEMA Arnhem,<br />

Niederlande<br />

Regulierung der Stromnetze in den Niederlanden<br />

12. Juli <strong>2007</strong><br />

Dipl.-Ing. Wolfgang Nolden / Dipl.-Ing. Hans-Peter May<br />

Engineering Power Cables / Fibre Optic Applications<br />

nkt cables GmbH, Köln<br />

Temperaturmonitoring und Real Time Rating<br />

(RTTR) für Hochspannungskabel und Freileitungen<br />

<strong>FGE</strong>-Seminar<br />

Am 18. Mai 2006 haben fast 100 Teilnehmer, vorzugsweise<br />

aus dem Bereich der Netzbetreiber, an dem<br />

erstmalig durchgeführten <strong>FGE</strong>-Seminar zum Thema<br />

„Neue Verfahren zur Analyse und Effizienzverbesserung<br />

elektrischer Übertragungs- und Verteilungsnetze“<br />

teilgenommen. Das Programm umfasste folgende,<br />

intensiv diskutierte Vorträge:<br />

Teil 1: Neue Netzanalyseverfahren<br />

Leitung: Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-J. Haubrich<br />

Geschäftsführendes Kuratoriumsmitglied der <strong>FGE</strong> e.V.<br />

Probabilistische Lastflussberechnung unter<br />

Unsicherheiten<br />

Dr.-Ing. K. v. Sengbusch<br />

Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und<br />

Stromwirtschaft (FGH) e.V., Mannheim<br />

Bessere Netznutzung durch probabilistische<br />

Spannungsbewertung<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Wirtsch. Ing. Ch. Maurer<br />

Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />

Neue Entwicklungen und Schätzverfahren zur<br />

Zuverlässigkeitsbewertung von Verteilungsnetzen<br />

Dipl.-Ing. F. Wirtz<br />

Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />

Modell- und Referenznetzanalyse für Netzplanung<br />

und Anreizregulierung<br />

Dr.-Ing. W. Fritz<br />

Consentec GmbH, <strong>Aachen</strong><br />

Teil 2: Neue Netzoptimierungsverfahren<br />

Leitung: Dr.-Ing. A. Montebaur<br />

E.ON Avacon AG, Braunschweig<br />

Optimierte Zielnetzplanung für Hochspannungsnetze<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Wirtsch. Ing. Ch. Maurer<br />

Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />

Optimierte Zielnetzplanung für Mittelspannungsnetze<br />

M. Sc. X. Tao<br />

Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />

Optimale Ausbauplanung vom Istnetz zum Zielnetz<br />

Dipl.-Ing. T. Paulun<br />

Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />

14 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Mitgliedsunternehmen der <strong>FGE</strong> und deren Vertreter<br />

MITGLIEDSUNTERNEHMEN DER <strong>FGE</strong><br />

Aare-Tessin AG für Elektrizität, Olten (CH) Dipl. El.-Ing. ETH H. Niklaus, Geschäftsbereichsleiter<br />

ABB AG, Mannheim Dr.-Ing. J. Schneider, Vorstandsmitglied<br />

Aktiengesellschaft für Versorgungsunternehmen (AVU),<br />

Gevelsberg<br />

Dr.-Ing. C. Bongers, Vorstandsmitglied<br />

AREVA Energietechnik GmbH, Mönchengladbach Dr.-Ing. J. Schwarz, Prokurist<br />

Bayer Industry Services GmbH & Co. OHG, Leverkusen Dipl.-Ing. U. W. Stein, Leiter Energiedienste<br />

CONSENTEC Consulting für<br />

Energiewirtschaft und -technik GmbH, <strong>Aachen</strong><br />

Dr.-Ing. W. Fritz, Geschäftsführer<br />

Consulectra Unternehmensberatung GmbH, Hamburg Dr.-Ing. R. Rosenberger, Geschäftsführer<br />

DB Energie GmbH, Frankfurt a. M. Dipl.-Ing. T. Groh, Geschäftsführer<br />

Degussa AG, Hanau Dr. C. Bauer, Company Energy Management<br />

Deutsche Essent GmbH, Düsseldorf Ir. P.J.M. van Son, Geschäftsführer<br />

Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH,<br />

Dortmund<br />

Dr.-Ing. Ralf Karpowski, Geschäftsführer<br />

E-Bridge Consulting GmbH, Bonn Dr.-Ing. J. Büchner, Geschäftsführer<br />

EEX European Energy Exchange AG, Leipzig Dr.-Ing. A. Moser, Director Clearing & Settlement<br />

EnBW Regional AG, Stuttgart Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. T. Gößmann, Vorstandsmitglied<br />

EnBW Transportnetze AG, Stuttgart Dipl.-Ing. R. Joswig, Vorstandsmitglied<br />

Energieversorgung Offenbach AG, Offenbach a. M. Dr.-Ing. K. Hunsänger, Technisches Vorstandsmitglied<br />

envia Verteilnetz GmbH, Halle/Saale Dr.-Ing. W. Gallas, Geschäftsführer<br />

E.ON Avacon AG, Helmstedt Matthias Herzog, Mitglied des Vorstandes<br />

E.ON Netz GmbH, Bayreuth Dipl.-Ing. M. Fuchs, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

EOS Holding, Lausanne (CH) Dipl.-Ing. Hans E. Schweickardt, Generaldirektor<br />

ENSO Strom AG, Dresden Dipl.-Ing. D. Behrendt, Vorstandsmitglied<br />

Fichtner GmbH & Co. KG, Stuttgart Dipl.-Ing. Ralf Eppin, Geschäftsbereichsleiter<br />

Industrial Consulting International, Mettmann Dr. rer. pol. W. Dotzenrath<br />

KELAG – Kärntner Elektrizitäts-AG, Klagenfurt (A) Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. H. Egger, Vorstandsmitglied<br />

KEMA Consulting GmbH, Bonn Dipl.-Wirt. Ing. D. Fenske, Geschäftsführer<br />

Lahmeyer International GmbH, Frankfurt<br />

Lechwerke AG, Augsburg<br />

Linz AG für Energie, Telekommunikation, Verkehr und<br />

kommunale Dienste, Linz (A)<br />

Thomas Kraneis, Leiter des Geschäfts-bereichs Energie<br />

Dipl.-Ing. Paul Waning, Vorstandsmitglied<br />

Dipl.-Ing. Dr. J. Heizinger, Vorstandsmitglied<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 15


MITGLIEDSUNTERNEHMEN DER <strong>FGE</strong><br />

MANAGEMENT ENGINEERS GmbH + CO. KG,<br />

International Consultants, Düsseldorf<br />

Dipl.-Ing. Martin Dekker, Partner<br />

Mark-E AG, Hagen Dr.-Ing. R. Bäumer, Technisches Vorstandsmitglied<br />

MVV Energie AG, Mannheim Dr. W. Dub, Technisches Vorstandsmitglied<br />

N-ERGIE Aktiengesellschaft, Nürnberg Dr.-Ing. G. Jákli, Geschäftsführer der Netz GmbH<br />

nkt cables GmbH, Köln Dr. rer. nat. V. Waschk, Direktor<br />

Pfalzwerke AG, Ludwigshafen Dipl.-Ing. G. Richter, Abteilungsleiter<br />

Pfisterer Kontaktsysteme GmbH & Co KG, Winterbach Dipl.-Ing. M. Schuster, Geschäftsführer<br />

ProCom Systemhaus und Ingenieurunternehmen GmbH,<br />

<strong>Aachen</strong><br />

PSI Aktiengesellschaft für Produkte und Systeme der<br />

Informationstechnologie, Berlin<br />

Dr. M. Scheidt, Geschäftsführer<br />

Dipl.-Ing. M. Bauer, Geschäftsbereichsleiter Energie<br />

RheinEnergie AG, Köln Dipl.-Ing. V. Staufert, Vorstandsmitglied<br />

rhenag Rheinische Energie AG, Köln Dipl.-Ing. B. Probst, Abteilungsleiter<br />

RWE Energy AG, Dortmund Dr.-Ing. J. Schneider, Leiter Asset Management<br />

RWE Transportnetz Strom GmbH, Dortmund Dr.-Ing. K. Kleinekorte, Geschäftsführer<br />

SAG Energieversorgungslösungen GmbH, Langen Dr. K.-J. Junglas, Technischer Geschäftsführer<br />

Siemens AG, Erlangen Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. U. Niehage, Vorsitzender des<br />

Bereichsvorstandes<br />

SOPTIM AG, <strong>Aachen</strong> Dr.-Ing. H. Röllinger, Vorsitzender des Vorstandes<br />

Stadtwerke <strong>Aachen</strong> AG, <strong>Aachen</strong> Dr.-Ing. J. Nachtkamp, Leiter Netzmanagement<br />

Stadtwerke Bochum GmbH, Bochum Dipl.-Ing. D. Spohn, Geschäftsführer<br />

Städtische Werke AG, Kassel Dipl.-Ing. E. Rittmeyer, Abteilungsltr. Stromversorgung<br />

Statkraft Markets GmbH, Düsseldorf Dr.-Ing. J. Tzschoppe, Regional Director New Energy<br />

Süwag Netz GmbH, Frankfurt Dipl.-Ing. M. Laufs, Geschäftsführer<br />

swb Netze GmbH & Co. KG, Bremen Dipl.-Ing. A. Krüppel, Techn. Geschäftsführer<br />

swissgrid ag, Laufenburg (CH) Dipl.-Ing. T. Tillwicks, Bereichsleiter Netzwirtschaft<br />

TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG, A-Innsbruck Dipl.-Ing. S. Oblasser, Leiter Technologieentwicklung<br />

Trianel European Energy Trading GmbH, <strong>Aachen</strong> Dipl.-Ing. R. Goethe, Geschäftsführer<br />

TÜV Süddeutschland Holding AG, München Dr.-Ing. A. Stepken, Vorstandsmitglied<br />

Vattenfall Europe Transmission GmbH, Berlin Dipl.-Ing. W. Neldner, Geschäftsführer<br />

Verbund-Austrian Power Grid AG, Wien (A) Dipl.-Ing. W. Haimbl, Direktor<br />

Vorarlberger Illwerke AG, Schruns-Rodund (A) Dipl.-Ing. H. Wiederin, Prokurist, Leiter Energiewirtschaft<br />

16<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

Risk Management in Generation and Trading Planning of Electrical Energy<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig<br />

bb@iaew.rwth-aachen.de<br />

DISSERTATIONEN<br />

Der erhöhte Kostendruck auf Stromerzeugungs- und Handelsunternehmen, resultierend aus dem derzeitigen Einsatz der<br />

Kraftwerke am freien Markt für elektrische Energie, führt dazu, dass Unternehmen ihre Risiken mit höchster Priorität<br />

steuern müssen. Da im Zuge der Liberalisierung die Unsicherheit verschiedener Eingangsgrößen der Strombeschaffung,<br />

wie z. B. die Volatilität des Strompreises, gestiegen ist, sind die Unternehmen höheren Risiken ausgesetzt. Außerdem<br />

haben Unternehmensinsolvenzen in den vergangenen Jahren gezeigt, dass ein Risikomanagement notwendig ist, um sich<br />

gegen den Ausfall von Handelspartnern abzusichern, damit durch einen solchen keine hohen Verluste entstehen. Daraus<br />

und aus Risikomanagementvorschriften folgt ein hoher und steigender Bedarf an Risikomanagementmethoden. Ziel<br />

dieser Arbeit ist die Entwicklung geeigneter Methoden, mit denen es möglich ist, unter Steuerung des Risikos eine<br />

Stromerzeugungs- und Handelsplanung durchzuführen, die einen deckungsbeitragsmaximalen Kraftwerkseinsatz liefert.<br />

Durch ein nachgeschaltetes und ein integriertes Risikomanagement, die im Rahmen dieser Arbeit entwickelt wurden,<br />

werden die Kosten und Auswirkungen der Risikoabsicherung aufgezeigt. Untersuchungen eines hydraulischen und<br />

thermischen Modellsystem zeigen, wodurch und in welchem Maße eine Absicherung der Risiken von Stromerzeugungs-<br />

und Handelsunternehmen möglich und sinnvoll ist. Zusätzlich werden die Vorteile des integrierten Risikomanagements<br />

gegenüber dem nachgeschalteten Ansatz aufgezeigt.<br />

Due to increased cost pressure on power generation<br />

and trading companies, caused by operation under<br />

market conditions, a cost-efficient management of the<br />

risks becomes more important. As a result of the liberalization<br />

of the markets for electrical energy companies<br />

are exposed to higher uncertainties within power generation<br />

and trading planning, e.g. the volatility of the<br />

electrical energy prices and of the prices for primary<br />

energies, especially natural gas. Additionally, bankruptcies<br />

of companies in the energy sector, e.g. ENRON<br />

or TXU Europe, have shown that the loss of trading<br />

partners can cause a major disprofit if not hedged<br />

appropriately. Together with risk management regulations,<br />

the need for risk management is increasing.<br />

The objective of this work is the development of adequate<br />

methods for generation and trading planning,<br />

i.e. maximization of the contribution margin, taking the<br />

risks into account. The risk management process comprises<br />

identification and analysis of the risks and their<br />

impacts as well as the control of the occurring risks.<br />

In this work two approaches, a separate ex-post and an<br />

integrated risk management method, have been<br />

developed using appropriate algorithms. The ex-post<br />

approach keeps the schedule of the power plants from<br />

the generation planning and optimizes the trading<br />

decisions by means of risk management concepts. The<br />

integrated approach yields the optimal generation and<br />

trading decision in terms of maximal contribution<br />

margin as well as minimal risk in one step.<br />

The multicriterial optimization of the maximal contribution<br />

margin as well as the minimal risk is implemented<br />

either by risk constraints which restrict the risk to a<br />

maximum or by utility functions which map the combination<br />

of contribution margin and risk to a single<br />

criterion.<br />

The investigations of two different systems, a hydraulic<br />

and a thermal dominated system, demonstrate the<br />

results of the different risk management methods. The<br />

integrated method illustrates that redispatch of hydraulic<br />

power plants can lower the risk. This is due to the<br />

long term time-coupling constraints of the storage capabilities<br />

of hydraulic power plants. The redispatch of<br />

thermal power plants does not allow to control the<br />

risks.<br />

Investigation of the effectiveness of the risk management<br />

methods using different power markets show improvement<br />

of the risk control participating in these<br />

markets compared to the redispatch. Entering markets<br />

for weather and primary energy derivatives reduces the<br />

risk of the portfolio.<br />

The investigations show the tradeoff between contribution<br />

margin and risk. Depending on the risk aversion of<br />

the company, the risk can be reduced for the trade-off<br />

of a lower contribution margin.<br />

Comparing the results of the ex-post and the integrated<br />

risk management, it can be summarized that the<br />

integrated approach is more effective. This is due to<br />

the advantage of the integrated risk management<br />

method using both redispatch of the power plants for<br />

risk management reasons and for adaptation to<br />

changed trading decisions.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 17


DISSERTATIONEN<br />

1 Einleitung<br />

Die Entwicklungen in der Energiewirtschaft in den<br />

letzten Jahren haben dazu geführt, dass die Stromerzeugungs-<br />

und Handelsunternehmen im freien Wettbewerb<br />

stehen und dem Kostendruck des Marktes<br />

ausgesetzt sind. Durch den stark gestiegenen Stromhandel<br />

orientiert sich der Strompreis am Markt für<br />

elektrische Energie und nicht mehr an den Kosten der<br />

Einzelunternehmen, so dass erhöhte Kosten, z. B. durch<br />

eingegangene Risiken, zu Verlusten im Unternehmen<br />

führen können. Vor der Liberalisierung konnten die entstandenen<br />

Kosten durch langfristige Preisanpassungen<br />

auf den Endverbraucher abgewälzt werden. Die Entwicklung<br />

zeigt, dass sich Unternehmen jetzt gegen<br />

Risiken absichern müssen, wobei unter diesen Rahmenbedingungen<br />

der Deckungsbeitrag maximiert<br />

werden soll.<br />

Im Rahmen der Entwicklungen der letzten Jahre haben<br />

sich die stochastischen Parameter der Eingangsgrößen<br />

für Stromerzeugungs- und Handelsplanung deutlich verändert.<br />

Es sind verschiedene Märkte entstanden, wie<br />

z. B. der Spotmarkt an der European Energy Exchange<br />

(EEX) in Leipzig, an dem u. a. elektrische Energie in<br />

stündlichen Produkten gehandelt wird. Die entsprechenden<br />

Preise schwanken sehr stark und lagen im<br />

Jahr 2006 zwischen 0 und 2000 Euro/MWh [1], während<br />

vor der Liberalisierung der Stromhandel meist<br />

durch langfristige Verträge mit deutlich stabileren<br />

Preisen durchgeführt wurde. Ebenso ist der Preis für<br />

Primärenergien – vor allem Gas – seit der Liberalisierung<br />

des Gasmarktes stärkeren Schwankungen unterworfen.<br />

Weiterhin sind Fluktuationen in der Vertriebslast<br />

zu beobachten, die auf das Verhalten der einzelnen<br />

Kunden zurückzuführen sind. Durch die Möglichkeit,<br />

den Stromversorger zu wählen, hat sich die Anzahl an<br />

Kunden zu einer variablen Größe entwickelt, wodurch<br />

die Schwankungen in der Vertriebslast langfristig<br />

verstärkt wurden.<br />

Die gestiegene Unsicherheit der Eingangsgrößen zeigt,<br />

dass Unternehmen einem erhöhten Risiko ausgesetzt<br />

sind und außerdem die Verantwortung für dieses Risiko<br />

selbst übernehmen müssen. Unternehmensinsolvenzen<br />

– wie bei ENRON oder TXU Europe – haben gezeigt,<br />

dass auch große Unternehmen in der Energiewirtschaft<br />

dem Insolvenzrisiko ausgesetzt sind und dass Handelspartner<br />

ausfallen können. Daher wird ein entsprechendes<br />

Risikomanagement benötigt, um sich gegen die aus<br />

dem Ausfall entstehenden Verluste abzusichern. Aus<br />

diesem Grund wird seit 1998 im Gesetz für Kontrolle<br />

und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)<br />

gefordert, Risiken – vor allem solche, die den Fortbestand<br />

des Unternehmens gefährden – zu berücksichtigen<br />

[2].<br />

Um den veränderten Anforderungen in der Energiewirtschaft<br />

gerecht zu werden, ist es notwendig, den stetig<br />

steigenden Bedarf an Risikomanagement durch geeignete<br />

Methoden zu decken. Daher ist das Ziel dieser<br />

Arbeit, durch verschiedene Risikomanagementmethoden<br />

das Risiko der Stromerzeugungs- und Handelsunternehmen<br />

kostenminimal zu reduzieren.<br />

2 Analyse und Modellbildung<br />

2.1 Systemabgrenzung und Planungsunsicherheiten<br />

In der Stromerzeugungs- und Handelsplanung wird das<br />

Beschaffungsportfolio für elektrische Energie eines<br />

Unternehmens meist im Zeitbereich von bis zu einem<br />

Jahr optimiert. Dabei besteht, wie in Bild 1 dargestellt,<br />

die Möglichkeit, Strom an börslichen Handelsplätzen<br />

oder bilateral von anderen Unternehmen zu unsicheren<br />

Preisen zu beziehen oder die elektrische Energie in<br />

eigenen thermischen und hydraulischen Kraftwerken zu<br />

erzeugen. Hydraulische Kraftwerke sind dabei in ihrem<br />

Einsatz von der dargebotenen Menge an Wasser<br />

abhängig; der Einsatz thermischer Kraftwerke ist durch<br />

die Brennstoffe bestimmt, die bei den Primärenergien,<br />

Gas und Steinkohle, einer Preisunsicherheit ausgesetzt<br />

sind. Außerdem stehen thermische Kraftwerke zu<br />

bestimmten Zeiten plan- oder außerplanmäßig nicht zur<br />

Verfügung, und es müssen CO 2 -Zertifikate für die<br />

Verstromung der Primärenergien beschafft werden.<br />

Handelspartner, mit denen Verträge über Primärenergielieferungen<br />

oder ein Handel mit elektrischer Energie<br />

vereinbart wurden, können ausfallen, wodurch eine<br />

weitere Unsicherheit im System auftritt.<br />

Strompreise<br />

Fahrplanenergiemarkt<br />

dargebotsabh.<br />

Erzeugung<br />

∼<br />

hydr.<br />

Erzeugung<br />

Planungsunsicherheiten<br />

Ausfall von<br />

Handelspartnern<br />

Versicherungs-/<br />

Derivatemarkt<br />

abgeschl.<br />

Geschäfte<br />

Reservemarkt<br />

∼<br />

therm.<br />

Erzeugung<br />

Dargebot Zuflüsse Nachfrage<br />

Bild 1: Systemabgrenzung<br />

Primärenergiepreise<br />

Primärenergiemärkte<br />

Verträge<br />

Emissionszertifikate<br />

Kraftwerksausfälle<br />

Ausfall von<br />

Handelspartnern<br />

Handelsunternehmen, die elektrische Energie an<br />

Endkunden vertreiben, versorgen durch Handel mit<br />

elektrischer Energie ihre Kunden, deren Nachfrage nur<br />

unter Unsicherheit prognostiziert werden kann. Für<br />

Windenergieanlagenbetreiber ist der Wind, der ins<br />

18 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Netz eingespeist wird, eine Größe, die gerade im<br />

mittelfristigen Zeitbereich enormen Schwankungen<br />

unterliegt. Systemdienstleistungen, wie z. B. die<br />

Reserve, sind alternative Absatzmärkte für Kraftwerksbetreiber.<br />

Bild 1 zeigt einen Überblick über alle Systemkomponenten<br />

und die entsprechenden Unsicherheiten.<br />

Je nach Unternehmenstyp und -größe sind bestimmte<br />

Komponenten nicht Bestandteil des betrachteten<br />

Unternehmens.<br />

2.2 Risikobetrachtung<br />

Das Risikomanagement kann in verschiedene Schritte<br />

unterteilt werden, wobei am Anfang immer eine<br />

Identifikation und entsprechende Analyse der Risiken<br />

und der passenden Absicherungsinstrumente steht.<br />

Anschließend können diese Risiken je nach Risikoaversion<br />

gesteuert werden.<br />

Unter Risikosteuerung wird die aktive Beeinflussung<br />

der Risikopositionen durch entsprechende Instrumente<br />

verstanden. Dies kann auf unterschiedliche Weise<br />

geschehen und wird im Folgenden anhand eines<br />

Beispiels erläutert:<br />

Werden zwei Positionen (Wertpapiere, Produkte auf<br />

elektrische Energie, usw.) betrachtet, die verschiedene<br />

Renditen sowie unterschiedliche Risiken aufweisen,<br />

können durch Mischung dieser zwei Positionen beliebig<br />

viele Portfolios realisiert werden. Die zu erwartende<br />

Rendite des Portfolios lässt sich aus den Renditen der<br />

Einzelpositionen und der Zusammensetzung des<br />

Portfolios bestimmen. Das Risiko des Portfolios hängt<br />

von den Einzelrisiken und der Korrelation der Positionen<br />

ab. Bei vollständig korrelierten Positionen lässt sich<br />

sogar ein risikoloses Portfolio konstruieren. In Bild 2<br />

sind – durch die Verbindungslinie zwischen den zwei<br />

Positionen, dessen steigender Ast als effektiver Rand<br />

des Portfolios bezeichnet wird – für zwei korrelierende<br />

Positionen alle zu realisierenden Portfolios aufgetragen.<br />

Risiko<br />

Risikogrenze<br />

Position 2<br />

zu realisierendes Portfolio<br />

bei Risikobegrenzung Position 1<br />

Bild 2: Risikomodellierung<br />

Rendite<br />

Isonutzenfunktionen<br />

steigender<br />

Nutzen<br />

zu realisierendes Portfolio<br />

bei Nutzenmaximierung<br />

DISSERTATIONEN<br />

Wird eine Risikorestriktion eingeführt, die es verbietet,<br />

eine bestimmte Risikogrenze zu überschreiten, werden<br />

alle Portfolios, die innerhalb des grau schraffierten<br />

Bereiches liegen, aus der Menge der erlaubten Portfolios<br />

entfernt. Erfolgt anschließend eine Maximierung<br />

der Rendite des Risikos, wird das in Bild 2 gekennzeichnete<br />

Portfolio realisiert.<br />

Alternativ zur Begrenzung des Risikos kann das Risiko<br />

unter Maximierung der Rendite minimiert werden.<br />

Dafür wird jeder Risiko-Rendite-Kombination ein<br />

Nutzen zugeordnet. Wird Risikoaversion vorausgesetzt,<br />

kann ein höheres Risiko durch eine höhere Rendite<br />

entschädigt werden, wodurch Funktionen gleichen<br />

Nutzens entstehen, die im Folgenden Isonutzenfunktionen<br />

genannt werden. Alle Portfolios, die auf einer<br />

Isonutzenfunktion liegen, die durch quadratische<br />

Funktionen modelliert werden, spenden dem Anwender<br />

den gleichen Nutzen. Wie in Bild 2 gezeigt, gibt es<br />

beliebig viele dieser Isonutzenfunktionen mit unterschiedlichem<br />

Nutzen. Das Portfolio mit maximalem<br />

Nutzen befindet sich damit auf dem Schnittpunkt des<br />

effektiven Rand der Portfoliofunktion und der Isonutzenfunktion<br />

mit höchstem Nutzen. Mathematisch ist in<br />

diesem Portfolio die Steigung der zwei Funktionen<br />

gleich. Durch diese Vorgehensweise kann eine multikriterielle<br />

Optimierung durchgeführt werden, bei der die<br />

Rendite maximiert und das Risiko minimiert wird, was<br />

gleichbedeutend mit einer Nutzenmaximierung ist.<br />

p(Rendite)<br />

CVaR α<br />

Bild 3: Conditional Value at Risk (CVaR)<br />

α<br />

Rendite<br />

Um die Idee der Risikosteuerung umzusetzen, ist es<br />

notwendig, die abstrakte Größe Risiko zu quantifizieren.<br />

Dies wird mit Hilfe von Risikomaßen durchgeführt,<br />

für die es unterschiedliche Ansätze gibt. Neben bestimmten<br />

Eigenschaften [3], die das Risikomaß erfüllen<br />

sollte, ist es für den Praxiseinsatz wichtig, dass das<br />

ausgewählte Risikomaß eine für die Praxis geeignete<br />

und verständliche Größe ist. Nach eingehender Analyse<br />

verschiedener Risikokenngrößen hat sich die Klasse der<br />

Risikomaße des Conditional Value-at-Risk (CVaR) als<br />

nachvollziehbar und für die Praxis geeignet herausgestellt.<br />

Bild 3 zeigt, dass der CVaR das gewichtete Mittel<br />

der Verluste ist, die innerhalb einer bestimmten<br />

Wahrscheinlichkeit α liegen, welche Konfidenzintervall<br />

genannt wird. Der CVaR ist somit der Erwartungswert<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 19


DISSERTATIONEN<br />

des Deckungsbeitrags der α Prozent schlechtesten<br />

Szenarien.<br />

3 Methodisches Vorgehen und Verfahren<br />

Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei Module zum<br />

Risikomanagement entwickelt. Das erste Modul dient<br />

als nachgeschaltetes Risikomanagement im Anschluss<br />

an die Stromerzeugungs- und Handelsplanung (SEHP)<br />

[4]. Durch diesen zweistufigen Ansatz soll gezeigt<br />

werden, zu welchen Kosten das Risiko reduziert werden<br />

kann. Dabei stehen lediglich Steuerungsinstrumente für<br />

das Risikomanagement zur Verfügung, die die Entscheidungen<br />

des Kraftwerkseinsatzes der Stromerzeugungs-<br />

und Handelsplanung als Vorgabe übernehmen<br />

und nicht revidieren können.<br />

Das zweite Risikomanagement-Modul ist in die Stromerzeugungs-<br />

und Handelsplanung integriert, so dass die<br />

Entscheidungen der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

sowie der Risikoabsicherung in einem Schritt<br />

getroffen werden [4]. Dadurch wird es möglich, Synergien<br />

aus dieser gemeinsamen Optimierung zu nutzen,<br />

so dass die Kosten einer Risikoreduktion gesenkt<br />

werden. Außerdem ergeben sich neue Steuerungsinstrumente,<br />

die z. B. durch eine Verschiebung eines<br />

Kraftwerkseinsatzes oder durch Abschluss von Stromlieferverträgen<br />

das Risiko beeinflussen.<br />

Durch das vorgestellte methodische Vorgehen sollen<br />

die Kosten einer Risikoreduktion durch die oben<br />

gezeigten Ansätze untersucht werden. Dafür wurden in<br />

dieser Arbeit Verfahren entwickelt, welche die technischen<br />

und wirtschaftlichen Restriktionen in der Stromerzeugungs-<br />

und Handelsplanung abbilden und das<br />

Risiko sowohl in den Nebenbedingungen als auch in<br />

der Zielfunktion berücksichtigen.<br />

Das nachgeschaltete Risikomanagement muss ein<br />

quadratisches Optimierungsproblem lösen, welches<br />

durch eine Quadratische Programmierung gelöst wird.<br />

Im integrierten Risikomanagement müssen zusätzlich<br />

die technischen Eigenschaften der Kraftwerke abgebildet<br />

werden, wodurch sich ein nicht-lineares Problem<br />

mit Ganzzahligkeitsentscheidungen ergibt. Die Lösung<br />

erfolgt durch einen Zerlegungsansatz im Systembereich,<br />

so dass die systemkoppelnden Nebenbedingungen<br />

für Fahrplanenergie, Reserve und Risiko koordiniert<br />

werden müssen. Die Optimierungsprobleme der<br />

einzelnen Systemkomponenten werden jeweils separat<br />

mit den entsprechend besten Algorithmen gelöst [4].<br />

Diesem iterativen Ansatz wird eine geschlossene<br />

Lösung unter Übernahme der getroffenen Ganzzahligskeitsentscheidungen<br />

nachgeschaltet, wodurch die<br />

Einhaltung der systemkoppelnden Nebenbedingungen<br />

garantiert werden kann.<br />

4 Exemplarische Untersuchungen<br />

Die entwickelten Risikomanagementmethoden werden<br />

anhand zweier Modellsysteme bewertet. System A<br />

repräsentiert ein für den alpinen Raum typisches<br />

hydraulisches Erzeugungssystem und ist an den<br />

österreichischen Kraftwerkspark angelehnt. Die<br />

Erzeugungsleistung dieses Systems entspricht etwa<br />

10 % der in Österreich in Speicher- und Pumpspeicherkraftwerken<br />

installierten Turbinen- und Pumpleistung.<br />

Das Modellsystem D ist an den deutschen Kraftwerkspark<br />

angelehnt und entspricht etwa 5 % der in<br />

Deutschland in thermischen und hydraulischen Kraftwerken<br />

installierten Leistung. Beide Erzeugungsmodelle<br />

repräsentieren damit unterschiedliche mitteleuropäische<br />

Unternehmen.<br />

Die Brennstoffe der Kraftwerke werden über den<br />

Brennstoffmarkt eingekauft, wobei für Steinkohle und<br />

Erdgas von unsicheren Preisen ausgegangen wird. Die<br />

Zuflüsse zu den Speicherbecken des hydraulischen<br />

Systems weisen ebenfalls Unsicherheiten auf.<br />

Der Handel am Markt wird in verschiedenen Stufen<br />

untersucht. In einer ersten Stufe werden die Kraftwerke<br />

gegen einen kurzfristigen Markt mit Unsicherheiten,<br />

z. B. einen Spotmarkt oder eine Hourly Price Forward<br />

Curve, vermarktet. In der zweiten Stufe werden zusätzlich<br />

Future- und Optionsmarkt genutzt, um das Risiko zu<br />

reduzieren. Die dritte Stufe erlaubt ausserdem den<br />

Handel von handelsüblichen Brennstoff- und Wetterderivaten<br />

zur Absicherung der Brennstoffpreis- und<br />

Zuflussunsicherheit.<br />

Die Unsicherheiten des Modells werden durch einen<br />

Szenarienbaum abgebildet, der durch Zusammenfassen<br />

von jeweils 1 000 multivariaten Szenarien sämtlicher<br />

Unsicherheiten auf 50 Szenarien reduziert wurde [5].<br />

Als Planungszeitraum wird das Kalenderjahr <strong>2007</strong><br />

definiert.<br />

Der jeweils effiziente Rand für das hydraulische<br />

Modellsystem A wird mit Hilfe einer Vielzahl an<br />

Einzelrechnungen abgetastet und in Bild 4 gezeigt. Für<br />

die erste Stufe des integrierten Risikomanagements<br />

ergibt sich für den risikoneutralen Anwender ein<br />

Deckungsbeitrag von 109,6 Mio. Euro und ein CVaR 10<br />

von -86,9 Mio. Euro, d. h. ein Deckungsbeitrag von 86,9<br />

Mio. Euro in den schlechtesten Szenarien.<br />

20 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


CVaR 10<br />

-85,0<br />

Mio. €<br />

-89,0<br />

-91,0<br />

-93,0<br />

-95,0<br />

-97,0<br />

-99,0<br />

-101,0<br />

-103,0<br />

3. Stufe<br />

1. Stufe<br />

2. Stufe<br />

steigende<br />

Risikoaversion<br />

-105,0<br />

108,8 109,0 109,2 109,4 Mio. € 109,8<br />

nachgeschaltetes Risikomanagement<br />

integriertes Risikomanagement<br />

Bild 4: Portfoliokurven für das System A<br />

Deckungsbeitrag<br />

Die zeitlichen Kopplungen über mehrere Monate, die<br />

sich durch die Speicherbecken ergeben, erlauben das<br />

Verschieben von Kraftwerkseinsätzen zur Reduktion des<br />

Risikos. So kann z. B. Wasser zu einem früheren<br />

Zeitpunkt turbiniert werden, um Deckungsbeiträge zu<br />

realisieren, die zwar kleiner sind als bei späterer<br />

Nutzung des Wassers, dafür jedoch aufgrund der<br />

geringeren Unsicherheit zu einem niedrigeren Risiko<br />

führen. Damit kann durch Veränderungen der Einsatzentscheidungen<br />

der hydraulischen Kraftwerke bei<br />

Risikoaversion das Risiko reduziert werden.<br />

Nach Bild 4 ist bei Nutzung aller Strommärkte (Stufe 2)<br />

eine deutliche Verbesserung des Risikomanagements<br />

erzielbar. Durch das Risikomanagement kann bei vernachlässigbarer<br />

Reduktion des erwarteten Deckungsbeitrages<br />

der CVaR 10 von -86,9 Mio. Euro auf -88,0<br />

Mio. Euro vermindert werden. Ist das Risiko hingegen<br />

bereits stark reduziert, kann es nur unter Inkaufnahme<br />

starker Deckungsbeitragseinbußen noch weiter verringert<br />

werden. Dieser Effekt ist in dem konvexen Verlauf<br />

der Portfoliofunktion zu erkennen, der sich bei allen<br />

untersuchten Portfoliofunktionen zeigt.<br />

In der dritten Stufe kann durch Verwendung von<br />

zusätzlichen Wetterderivaten, welche die Zuflüsse zu<br />

den Speicherbecken absichern, das Risiko weiter<br />

DISSERTATIONEN<br />

reduziert werden. Bei dem hier betrachteten hydraulischen<br />

System wirkt sich die Unsicherheit der Zuflüsse<br />

deutlich stärker als die Strompreisunsicherheit auf das<br />

Risiko des Unternehmens aus. Da Terminprodukte für<br />

elektrische Energie durch ihre längeren Erfüllungszeiträume<br />

den Strompreis vergleichmäßigen, sind diese nur<br />

bedingt für die Vermarktung hydraulischer Kraftwerke<br />

geeignet. Daher ist das Risikomanagement in den<br />

ersten beiden Stufen deutlich uneffektiver als in der<br />

dritten Stufe. Durch das Risikomanagement ist in der<br />

dritten Stufe eine Reduktion des CVaR um mehr als<br />

20 % möglich, bei einer Verschlechterung des erwarteten<br />

Deckungsbeitrages von weniger als 1 %.<br />

Das nachgeschaltete Risikomanagement übernimmt<br />

den Kraftwerkseinsatz aus einer vorgelagerten Stromerzeugungsplanung<br />

und schließt ein Risikomanagement<br />

mit Finanzinstrumenten ein [4]. In der ersten Stufe<br />

ist ein nachgeschaltetes Risikomanagement nicht<br />

sinnvoll, da nur ein kurzfristiger Markt für elektrische<br />

Energie genutzt werden kann. In den beiden anderen<br />

Stufen wird der nachgeschaltete Ansatz mit dem<br />

Integrierten verglichen. Es zeigt sich, dass die Ergebnisse<br />

der beiden Ansätze bei geringer Risikoaversion<br />

nahezu identisch sind. Bei steigender Risikoaversion<br />

kann das Risiko mit Hilfe des integrierten Risikomanagements<br />

kostengünstiger und stärker reduziert werden.<br />

Für das Modellsystem D ergeben sich für die drei<br />

Stufen die in Bild 5 dargestellten effizienten Ränder der<br />

Portfoliofunktionen. In der ersten Stufe des integrierten<br />

Risikomanagements wird für einen risikoneutralen Anwender<br />

ein erwarteter Deckungsbeitrag von 1 105 Mio.<br />

Euro bei einem CVaR 10 von -850 Mio. Euro realisiert.<br />

Eine höhere Risikoaversion ändert dieses Ergebnis nur<br />

unwesentlich, so dass die gesamte Portfoliofunktion<br />

auf einen Punkt schrumpft. Der Einsatz der Kraftwerke<br />

und die Handelsentscheidungen am Spotmarkt bleiben<br />

durch das Risikomanagement nahezu unverändert, so<br />

dass durch die Einsatzverschiebungen der thermischen<br />

Kraftwerke in diesem Modellsystem keine Steuerung<br />

der Risiken möglich ist.<br />

Für die zweite Stufe ergeben sich im risikoneutralen<br />

Fall Ergebnisse, die hinsichtlich Risiko und Deckungsbeitrag<br />

nur unwesentlich besser sind als die der ersten<br />

Stufe. Die geringfügige Verbesserung ist im Kauf<br />

einzelner Terminprodukte begründet, die in der zweiten<br />

Stufe eine Deckungsbeitragssteigerung erwarten<br />

lassen. Ein risikoaverser Anwender kann das Risiko in<br />

Abhängigkeit von der zu tolerierenden Deckungsbeitragsminderung<br />

steuern. Bei steigender Risikoaversion<br />

wird das Portfolio dahingehend verändert, dass das<br />

Risiko zu Lasten des erwarteten Deckungsbeitrages<br />

reduziert wird.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 21


DISSERTATIONEN<br />

CVaR 10<br />

-800<br />

Mio. €<br />

-900<br />

-950<br />

-1 000<br />

2. Stufe<br />

1. Stufe<br />

-1 050<br />

-1 100<br />

3. Stufe<br />

steigende<br />

Risikoaversion<br />

1 070 1 080 1 090 1 100 Mio. € 1 120<br />

nachgeschaltetes Risikomanagement<br />

integriertes Risikomanagement<br />

Bild 5: Portfoliokurven für das System D<br />

Deckungsbeitrag<br />

Auch für das thermische System lässt sich ein konvexer<br />

Verlauf der Portfoliofunktionen erkennen. Damit ist für<br />

eine Risikoreduktion z. B. auf -1 000 Mio. Euro nur eine<br />

verhältnismäßig geringe Deckungsbeitragseinbuße von<br />

5 Mio. Euro in Kauf zu nehmen. Höhere Reduktionen<br />

des Risikos können nur unter Inkaufnahme eines<br />

deutlich geringeren Deckungsbeitrages erzielt werden.<br />

Durch die dritte Stufe des Risikomanagements ergeben<br />

sich im Vergleich zur zweiten Stufe zusätzliche Risikosenkungspotenziale,<br />

so dass bei einer Deckungsbeitragseinbuße<br />

von weniger als 2 % der CVaR um etwa<br />

20 % verringert werden kann. Dies lässt sich dadurch<br />

erklären, dass die in der zweiten Stufe bestehende<br />

Unsicherheit der Primärenergiepreise in der dritten<br />

Stufe durch Primärenergiederivate abgesichert werden<br />

kann.<br />

Beim Vergleich der integrierten Risikomanagementmethode<br />

mit dem nachgeschalteten Ansatz zeigt sich auch<br />

beim thermischen System ein Vorteil des integrierten<br />

Ansatzes. Dieser besteht in der Anpassungsmöglichkeit<br />

der Einsatzentscheidungen der Kraftwerke an risikoär-<br />

mere Handelsaktivitäten, die beim nachgeschalteten<br />

Risikomanagement nicht mehr möglich ist.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass mit<br />

verschiedenen Methoden eine Risikosteuerung in der<br />

Stromerzeugungs- und Handelsplanung durchgeführt<br />

werden kann, um je nach Risikobereitschaft des<br />

Unternehmens die optimale Entscheidung hinsichtlich<br />

Risiko und erwartetem Deckungsbeitrag zu treffen. Das<br />

integrierte Risikomanagement bietet zusätzliche<br />

wirtschaftliche Vorteile gegenüber einem nachgeschalteten<br />

Ansatz.<br />

5 Literatur<br />

[1] Internetseite der European Energy Exchange<br />

http://www.eex.de<br />

Ergebnisse Spotmarkt 2006<br />

Stand 15.02.<strong>2007</strong><br />

[2] Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich<br />

Deutscher Bundestag, 1998, Artikel 2<br />

[3] Blaesig, B.; Haubrich, H.-J.<br />

Methods of Risk Management in the Generation<br />

and Trading Planning<br />

IEEE St. Petersburg PowerTech 2005<br />

[4] Blaesig, B.<br />

Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und<br />

Handelsplanung<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 113, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />

[5] Schmöller, H. K.<br />

Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen<br />

Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 103, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> 2005<br />

22 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


DISSERTATIONEN<br />

Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten Strommarkt<br />

Valuation of Generating Assets and Contracts in Deregulated Electricity Markets<br />

Dr.-Ing. Thomas Hartmann<br />

thomas.hartmann@iaew.rwth-aachen.de<br />

Stromerzeugungsunternehmen müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit unter derzeitigen und zukünftig zu erwartenden<br />

Randbedingungen sicherstellen. Für bestehende Kraftwerke und Strombezugsverträge muss die Einsatz- und Vermarktungsstrategie<br />

optimiert werden, langfristig ist die strategische Ausrichtung des Erzeugungsportfolios festzulegen. Im<br />

Rahmen dieser Dissertation wurde ein Verfahren zur Ermittlung des potenziellen, d. h. den auf Planungsdaten basierten<br />

Wertes von thermischen und hydraulischen Kraftwerken sowie Strombezugsverträgen unter Berücksichtigung verschiedener<br />

Vermarktungsalternativen sowie eines evtl. bereits bestehenden Kraftwerksparks entwickelt.<br />

Due to the deregulation of the energy sector, energy<br />

supply companies are exposed to structural changes. In<br />

this competitive environment, power generating<br />

companies have to make operational and strategic<br />

decisions with respect to the development of energy<br />

markets. Having regard to the age distribution of the<br />

power plants in Germany, a high replacement demand<br />

emerges. Furthermore, political decisions, e.g. the<br />

abandoning of nuclear energy or the strong subsidy of<br />

renewable energy, influence investment decisions in<br />

new capacity.<br />

In order to secure sustainable competitiveness, generating<br />

companies have to cope with the new conditions.<br />

For existing power plants, the marketing strategy has to<br />

be verified. Besides whole-sale markets for electrical<br />

energy, arising markets for ancillary services become<br />

more relevant. Moreover, the future generating portfolio<br />

has to be decided. Hence, the objective of this work<br />

is the development of a method to valuate thermal and<br />

hydraulic power plants as well as energy supply<br />

contracts. Markets for electrical energy and ancillary<br />

services as well as interactions and synergies of an<br />

existing pool of power plants have to be included in the<br />

valuation.<br />

The valuation period for new investments has to cover<br />

the entire period of expected useful life, whereas the<br />

comparison to plants to be replaced has to consider<br />

only remaining future payments that can be influenced.<br />

For existing plants, a shorter period could be of interest<br />

in order to valuate the potential of an optimized<br />

marketing and operation strategy.<br />

In order to earn revenues, generating companies have<br />

the opportunity to participate in whole-sale markets for<br />

electrical energy. Furthermore, new markets for<br />

ancillary services arise due to the legal unbundling of<br />

the business divisions transport/distribution and<br />

generation. Especially markets for reserve are a<br />

relevant alternative to whole-sale markets for electrical<br />

energy. However, the participation in reserve markets<br />

is subject to organisational and technical restrictions,<br />

such as a separated compensation for reserve capacity<br />

and energy as well as minimum quantities of supply,<br />

ramp-rates, time and energy availability.<br />

In addition to market restrictions, technical constraints<br />

for the operation of thermal and hydraulic power plants<br />

affect the in- and outpayments. Besides, planning<br />

uncertainties for prices and quantities have influence<br />

on the value of a power plant. Contracts are mostly<br />

related to real power plants regarding the payment<br />

structure and restrictions.<br />

For the quantification of the operation-related payments<br />

during a period of one year, a stochastic optimization<br />

method for generation and trading planning<br />

(GTP) is applied. In order to cover a valuation period of<br />

several years, the GTP is applied successively. Since<br />

the method for GTP is implemented by using different<br />

algorithms, shorter calculation times can be achieved<br />

by a reduction of the modelling accuracy for technical<br />

and organisational restrictions.<br />

Exemplary results demonstrate that a simplification of<br />

the modelling accuracy may lead to a false estimation<br />

of the plant value, especially for steam-turbine plants<br />

that are at the money. The potential for an optimized<br />

marketing strategy for electrical energy and reserve<br />

quantified by means of GTP may be significant but is<br />

dependent on the type of plant and the markets under<br />

consideration. Especially thermal plants that are limited<br />

in their operational flexibility have only minor advantages<br />

by participating in reserve markets. Considering a<br />

pool of power plants, it can be demonstrated that e.g. a<br />

flexible pump-storage plant in combination with a coalfired<br />

thermal plant has operational advantages for the<br />

marketing of reserve. The disposition of reserve power<br />

and reserve energy leads to operation cost and marketing<br />

advantages compared to a stand-alone operation.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 23


DISSERTATIONEN<br />

1 Einleitung<br />

Die Liberalisierung des Energiesektors auf europäischer<br />

wie nationaler Ebene hat zu einem grundlegenden<br />

Strukturwandel für alle Geschäftsbereiche der Energieversorgungsunternehmen<br />

geführt. Das politische Ziel,<br />

die früheren Versorgungsmonopole in ein Wettbewerbsumfeld<br />

zu überführen, zwingt die Stromerzeugungsunternehmen,<br />

ihre operativen sowie strategischen<br />

Entscheidungen stärker am Markt auszurichten.<br />

Aus dem hohen Alter der in Deutschland installierten<br />

Kraftwerke ergibt sich ein deutlicher Ersatzbedarf, dem<br />

die Stromerzeugungsunternehmen bereits durch<br />

zahlreiche Neubauprojekte begegnen. Zudem werden<br />

durch politische Entscheidungen, z. B. der Ausstieg aus<br />

der Kernenergienutzung sowie die forcierte Förderung<br />

von erneuerbaren Energiequellen, Impulse für die<br />

zukünftige Zusammensetzung des Erzeugungsparks<br />

gegeben, die in Investitionsentscheidungen einfließen.<br />

Die Märkte, die sich Stromerzeugungsunternehmen<br />

heutzutage für die Vermarktung ihrer Kraftwerke<br />

bieten, sind neben dem mittlerweile etablierten Handel<br />

von Fahrplanenergie neu entstandene Märkte für die<br />

Systemdienstleistungen der Übertragungsnetzbetreiber.<br />

Stromerzeugungsunternehmen müssen unter den<br />

derzeitigen sowie zukünftig zu erwartenden Rahmenbedingungen<br />

ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen.<br />

Dazu muss die Vermarktungsstrategie bestehender<br />

Kraftwerke auf zusätzliche Erlös- und Kostenvorteile hin<br />

überprüft und über die zukünftige strategische Ausrichtung<br />

des Erzeugungsportfolios entschieden werden, die<br />

Neubau und Stilllegung von Kraftwerksanlagen sowie<br />

den Abschluss von Verträgen umfasst. Um Fehleinschätzungen<br />

der Wirtschaftlichkeit insbesondere von<br />

kapitalintensiven Investitionen in neue Kraftwerksanlagen<br />

mit langjähriger Kapitalbindungsdauer zu vermeiden,<br />

sind geeignete Bewertungsverfahren notwendig.<br />

Das Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Verfahrens<br />

zur Quantifizierung des potenziellen, d. h. planungsdatenbasierten<br />

Wertes von thermischen und<br />

hydraulischen Kraftwerken sowie Strombezugsverträgen<br />

unter Berücksichtigung verschiedener Vermarktungsalternativen<br />

sowie eines evtl. bereits vorhandenen<br />

Kraftwerkspools.<br />

2 Analyse<br />

2.1 Betrachtungszeitraum<br />

Für die Fragestellung der Investition in Kraftwerke liegt<br />

entweder ein Auswahlproblem alternativer Investitionsobjekte<br />

oder das Problem der Ersatzinvestition vor.<br />

Als Alternative zu einer Investitionsentscheidung für<br />

unterschiedliche Kraftwerkstypen besteht die Möglichkeit<br />

eines Bezuges am Strommarkt oder eines Vertragsabschlusses.<br />

Bei der Investitionsrechnung sind nur diejenigen<br />

Zahlungen zu berücksichtigen, die durch die betrachtete<br />

Entscheidung ausgelöst werden. Falls Investitionsalternativen<br />

neuer Erzeugungsanlagen betrachtet werden,<br />

sind z. B. über den Zeitraum der betriebsgewöhnlichen<br />

Nutzung alle Zahlungen inkl. der Anschaffungsauszahlung<br />

einzubeziehen. Bei Ersatzinvestitionsentscheidungen<br />

hingegen wurde die Anschaffungsauszahlung eines<br />

bestehenden Kraftwerks bereits geleistet und ist somit<br />

als sog. sunk costs anzusehen. Nur die noch zu beeinflussenden<br />

Zahlungsströme sind bei einem Vergleich zu<br />

berücksichtigen [1].<br />

Für bestehende Kraftwerke oder Verträge hingegen ist<br />

analog wie bei der Frage der Ersatzinvestition existierender<br />

Anlagen nur der Zeitraum entscheidungsrelevant,<br />

für den beeinflussbare Zahlungsströme anfallen.<br />

Hierbei kann es jedoch von Interesse sein, ob durch<br />

eine optimierte Vermarktungs- oder Nutzungsstrategie<br />

höhere Einzahlungsüberschüsse innerhalb eines<br />

kürzeren Betrachtungszeitraums erzielt werden können.<br />

2.2 Vermarktungsmöglichkeiten für<br />

Kraftwerke<br />

Um Einzahlungsüberschüsse zu erzielen, stehen<br />

Kraftwerksbetreibern unterschiedliche Vermarktungsmöglichkeiten<br />

zur Verfügung: Mit der Liberalisierung<br />

wurden die Rahmenbedingungen für einen liquiden<br />

Handel von Fahrplanenergie geschaffen. Es bestehen<br />

die Möglichkeiten des direkten bilateralen Handels mit<br />

einem Handelspartner oder der indirekten Beschaffung<br />

oder Vermarktung mittels eines Brokers. Diesem sog.<br />

over-the-counter (OTC) Handel steht der Handel an<br />

Strombörsen wie bspw. an der European Energy<br />

Exchange (EEX) in Leipzig gegenüber, die einen organisierten<br />

Markt für elektrische Energie darstellen.<br />

Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) müssen einen<br />

sicheren Systembetrieb gewährleisten, wozu die<br />

Vorhaltung von Systemdienstleistungen (SDL) erforderlich<br />

ist. Für die Bereitstellung von SDL können z. T.<br />

Betriebsmittel genutzt werden, die zum Anlagenbestand<br />

der ÜNB gehören. Teilweise sind ÜNB jedoch<br />

darauf angewiesen, auf Kraftwerke zurückzugreifen.<br />

Aufgrund des Unbundling der Geschäftsbereiche<br />

Transport/Verteilung von den Bereichen Erzeugung/Handel/Vertrieb<br />

[2] haben ÜNB keinen direkten<br />

Zugriff auf Kraftwerke und müssen daher u. a. Reserve<br />

von Kraftwerksbetreibern beschaffen und entsprechend<br />

24 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


vergüten. Daraus ergeben sich für Kraftwerksbetreiber<br />

zusätzliche Absatzalternativen zur Fahrplanenergie.<br />

Bei der Bereitstellung von SDL stellt die zu Wettbewerbskonditionen<br />

beschaffte Reserve für Kraftwerksbetreiber<br />

eine wesentliche Vermarktungsalternative zur<br />

Fahrplanenergie dar. Nach technischen und organisatorischen<br />

Gesichtspunkten lassen sich eigenständige<br />

Produkte von der Fahrplanenergie abgrenzen. Seit 2001<br />

schreiben die deutschen ÜNB ihren gesamten Bedarf<br />

für die Reservequalitäten Primärregelreserve (PRR),<br />

Sekundärregelreserve (SRR) und Minutenreserve (MR)<br />

in einem Auktionsverfahren aus. Für die Teilnahme am<br />

Reservemarkt werden seitens der ÜNB Anforderungen<br />

spezifiziert, die u. a. Mindestangebotsmengen vorgeben<br />

sowie Anforderungen bzgl. Leistungsänderungsgeschwindigkeit<br />

(LÄG) und Zeit- sowie Arbeitsverfügbarkeit<br />

fordern und im Rahmen eines Präqualifikationsverfahrens<br />

überprüft werden. Die Auswahl der Angebote<br />

passiert in zwei Stufen: In der ersten Stufe erfolgt die<br />

Auswahl der Beschaffung von Reserveleistung (RL)<br />

anhand der Leistungspreis-merit-order. Abhängig von<br />

allen Angeboten der Marktteilnehmer, in denen u. a.<br />

Angebotsleistung und Leistungspreis spezifiziert sind,<br />

nominiert der ÜNB die Anbieter in aufsteigender<br />

Leistungspreisreihenfolge, um seinen Reservebedarf zu<br />

decken. Im Fall der SRR und MR erfolgt in der zweiten<br />

Stufe die Auswahl für die Lieferung der Reservearbeit<br />

(RA) auf Basis der Arbeitspreis-merit-order der zuvor<br />

ausgewählten Angebote zur Leistungsbereitstellung,<br />

die PRR wird unselektiv ohne Vergütung eines Arbeitspreises<br />

eingesetzt [3].<br />

2.3 Technische und organisatorische<br />

Restriktionen<br />

Die Erzeugung elektrischer Energie in thermischen<br />

Kraftwerken ist ein komplexer thermodynamischer<br />

Prozess, aus dem sich für den Kraftwerksbetrieb<br />

Restriktionen ergeben. Hydraulische Kraftwerke<br />

hingegen zeichnen sich durch die Disposition begrenzter<br />

Wassermengen innerhalb technischer Grenzen und<br />

gegebener topologischer Gegebenheiten aus. Weiterhin<br />

müssen bei der Erzeugung elektrischer Energie<br />

sowie bei der Bereitstellung von Reserve u. U. verschiedenenartige<br />

organisatorische Randbedingungen<br />

für den Einsatz thermischer und hydraulischer Kraftwerke<br />

eingehalten werden.<br />

In Tab. 1 sind technische und organisatorische Restriktionen<br />

beim Kraftwerksbetrieb zusammengefasst.<br />

Diese Restriktionen haben Einfluss auf die betriebsabhängigen<br />

Kosten. Außerdem können technische<br />

Restriktionen in Verbindung mit technischen oder<br />

organisatorischen Anforderungen der Märkte für<br />

DISSERTATIONEN<br />

Fahrplanenergie und Reserve die Erlöse beeinflussen.<br />

Die Einsatzmöglichkeiten von Verträgen und Kraftwerksscheiben<br />

orientieren sich zumeist an den technischen<br />

Restriktionen von realen Kraftwerken.<br />

thermische Kraftwerke hydraulische Kraftwerke<br />

Leistungsgrenzen<br />

Leistungsänderungsgeschwindigkeiten<br />

Mindestzeiten<br />

nichtlinearer Wirkungsgrad<br />

Zwangseinsätze<br />

Teil- und Vollrevisionen<br />

Energiemengenbedingungen<br />

Ausfälle<br />

Durchflussgrenzen<br />

nichtlinearer Wirkungsgrad<br />

Zwangseinsätze<br />

Beckenfüllstände<br />

begrenzte Wassermengen<br />

Teil- und Vollrevisionen<br />

topologische Vernetzung<br />

Tab. 1: Übersicht über technische und organisatorische<br />

Restriktionen für Kraftwerke<br />

2.4 Planungsunsicherheiten<br />

Bei der Ermittlung der Ein- und Auszahlungen beim<br />

Betrieb von Kraftwerken sowie beim Handel an den<br />

Märkten für Fahrplanenergie und Reserve müssen<br />

Planungsunsicherheiten berücksichtigt werden, die<br />

Auswirkungen auf die Zahlungsströme und somit auf<br />

die Bewertung von Investitionen oder von bestehenden<br />

Kraftwerken haben.<br />

Preisunsicherheiten Mengenunsicherheiten<br />

Fahrplanenergie<br />

Reserve<br />

Brennstoff<br />

Emissionszertifikate<br />

natürliche Zuflüsse<br />

Ausfälle thermischer<br />

Kraftwerke<br />

Anforderung von<br />

Reservearbeit<br />

Tab. 2: Überblick über Planungsunsicherheiten<br />

Die Unsicherheiten können in Preis- und Mengenunsicherheiten<br />

eingeteilt werden. Preisunsicherheiten<br />

existieren aufgrund des marktbasierten Handels von<br />

Fahrplanenergie und Brennstoffen, der Beschaffung von<br />

Reserve zu Wettbewerbskonditionen sowie des<br />

Reduktionsmechanismus für Treibhausgasemissionen<br />

mittels Zertifikatshandel. Mengenunsicherheiten<br />

betreffen im Wesentlichen das Dargebot natürlicher<br />

Zuflüsse für die Erzeugung elektrischer Energie in<br />

hydraulischen Kraftwerken sowie Ausfälle thermischer<br />

Kraftwerke. Für den Fall der Reservevermarktung<br />

besteht zudem eine quantitative Unsicherheit bzgl. der<br />

angeforderten Reservearbeit [4]. Einen Überblick über<br />

die relevanten Unsicherheiten gibt Tab. 2.<br />

Sonstige Unsicherheiten, wie politische Regelungen<br />

oder wetterbedingte Einflüsse, sind bzgl. des Einflusses<br />

auf Zahlungsströme nur schwierig zu quantifizieren.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 25


DISSERTATIONEN<br />

Derartige Unsicherheiten drücken sich jedoch im<br />

Allgemeinen indirekt in den Preisentwicklungen für<br />

Fahrplanenergie oder für die Brennstoffe aus.<br />

3 Methodisches Vorgehen<br />

Zur Bewertung von Investitionsentscheidungen muss<br />

eine geeignete Methode gewählt werden, die eine<br />

Aussage über die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit<br />

treffen kann. Mit Hilfe der klassischen Investitionsrechnung<br />

können quantitative Bewertungskriterien,<br />

z. B. Kapitalwert, interner Zinsfuß oder Amortisationszeit,<br />

als Maßstab für die Vorteilhaftigkeit einer Investition<br />

herangezogen werden [1]. Alternativ bieten<br />

Ansätze aus der Optionsbewertung Möglichkeiten zur<br />

Beurteilung von Sachinvestitionen. Der Realoptionsansatz<br />

hat sich aus Bewertungsmodellen für Finanzoptionen<br />

entwickelt, die auf Sachinvestitionen übertragen<br />

wurden [5]. Der Realoptionsansatz bietet als Erweiterung<br />

der klassischen dynamischen Investitionsrechnung<br />

Vorteile, indem Handlungsspielräume im Rahmen der<br />

Investition sowie Planungsunsicherheiten explizit<br />

berücksichtigt werden können. Ziel aller Methoden ist<br />

es, die monetären Konsequenzen einer Investition zu<br />

quantifizieren und zu verdichten, um daraus eine<br />

Entscheidungshilfe abzuleiten.<br />

Für alle Methoden zur Investitionsrechnung muss in<br />

einem ersten Schritt ein geeigneter Betrachtungszeitraum<br />

festgelegt werden. Zusätzlich müssen in die<br />

Betrachtung u. U. subjektive bzw. unternehmensspezifische<br />

Präferenzen der Kapitalgeber einbezogen werden,<br />

die für die Rückgewinnung des eingesetzten Kapitals<br />

Zeitvorgaben festlegen oder spezielle Renditeerwartungen<br />

fordern.<br />

Im zweiten Schritt muss ein geeignetes Verfahren zur<br />

Quantifizierung der periodenbezogenen Zahlungsströme<br />

ausgewählt werden. Wie in der Analyse gezeigt, hängt<br />

die Vorteilhaftigkeit einer Investition von den Zahlungsströmen<br />

innerhalb des Betrachtungszeitraums ab.<br />

3.1 Anwendung der stochastischen Kraftwerkseinsatz-<br />

und Handelsplanung<br />

Bei der Quantifizierung der periodenbezogenen Zahlungsströme<br />

müssen die komplexen Wirkungszusammenhänge<br />

des Kraftwerksbetriebs sowie eines Kraftwerkspools<br />

berücksichtigt werden. Wie in Kapitel 2<br />

diskutiert, werden die Zahlungsströme durch technische<br />

und organisatorische Restriktionen beim Kraftwerkseinsatz<br />

beeinflusst und unterliegen Planungsunsicherheiten.<br />

Weiterhin können sich durch eine Kraftwerksinvestition<br />

neue Freiheitsgrade ergeben, indem<br />

die Einsatzstrategie nach eigenem Ermessen flexibel<br />

erfolgen kann, im Vergleich zu Strombezugsverträgen.<br />

Ein zusätzliches Kraftwerk in einem bereits bestehenden<br />

Kraftwerkspool kann dabei u. U. einen größeren<br />

Nutzen stiften als bei isolierter Vermarktung [6]. Aus<br />

diesen Gründen sind geeignete Verfahren notwendig,<br />

um die je nach Kraftwerkstyp unterschiedlichen<br />

Zahlungsströme ausreichend genau zu ermitteln. Diese<br />

Verfahren gehen über die einfache Modellierung –<br />

bspw. einer stündlich ausübbaren Realoption – hinaus,<br />

indem sie die Restriktionen sowie die zeitlichen und<br />

systembedingten Abhängigkeiten abbilden.<br />

Zur objektspezifischen Quantifizierung der Zahlungsströme<br />

wird daher ein Verfahren zur stochastischen<br />

Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung (KEHP) herangezogen.<br />

In Anlehnung an die Praxis der Energieeinsatzplanung<br />

von Stromerzeugungsunternehmen wird<br />

ein einperiodiger, jährlicher Planungszyklus simuliert<br />

[7]. Zur Abbildung der stochastischen Eingangsgrößen<br />

von Planungsunsicherheiten in der KEHP hat sich die<br />

Modellierung mit Hilfe eines Szenarienbaums bewährt,<br />

der die stochastischen Eigenschaften unsicherer<br />

Planungsgrößen durch eine endliche Anzahl von<br />

Szenarien approximiert.<br />

Da zur Bewertung von Investitionsentscheidungen in<br />

neue bzw. bestehende Kraftwerke ein mehrperiodiger<br />

Zeitraum betrachtet werden muss, wird durch periodisch<br />

wiederholte Anwendung der KEHP und Diskontierung<br />

der periodenbezogenen Zahlungsströme der Wert<br />

einer Erzeugungseinheit bestimmt.<br />

3.2 Wertbestimmung im Kraftwerkspool<br />

Die KEHP führt eine Optimierung des gesamten Kraftwerkspools<br />

durch. Daher kann der Wert einer einzelnen<br />

Anlage aufgrund der Wechselwirkungen nicht durch<br />

einfache Bewertung der abgesetzten Fahrplanenergie<br />

und Reserve der Einzelanlage bestimmt werden.<br />

Vielmehr muss eine vergleichende Betrachtung einer<br />

KEHP für den Kraftwerkspool inklusive und exklusive<br />

des zu bewertenden Kraftwerks erfolgen (Bild 1). Die<br />

Differenz der Zahlungsströme entspricht dem Wert des<br />

Kraftwerks im bestehenden Pool von Kraftwerken und<br />

Verträgen.<br />

26 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


~<br />

jeweils Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung<br />

mit zu bewertendem<br />

Kraftwerk/<br />

zu bewertendem Vertrag<br />

~~~<br />

Wertbestimmung<br />

durch<br />

vergleichende<br />

Bewertung<br />

existierender<br />

Kraftwerkspool<br />

und Verträge<br />

ohne zu bewertendes<br />

Kraftwerk/<br />

zu bewertenden Vertrag<br />

Bild 1: Wertbestimmung im Kraftwerkspool<br />

4 Verfahren<br />

Aus der Analyse der Vermarktungsmöglichkeiten für<br />

Kraftwerke und der Diskussion der zu berücksichtigenden<br />

Wechselwirkungen bestehender Kraftwerksanlagen<br />

und Verträge muss die KEHP ein System abbilden<br />

können, wie es in Bild 2 dargestellt ist.<br />

bestehender<br />

Kraftwerkspool<br />

~~~<br />

Spot Termin<br />

Märkte für Fahrplanenergie<br />

zu bewertendes Kraftwerk<br />

oder zu bewertender Vertrag<br />

~<br />

Bild 2: Betrachtetes System<br />

PRR<br />

bestehende<br />

Verträge<br />

SRR MR<br />

Märkte für Reserve<br />

Zur Lösung des Optimierungsproblems der stochastischen<br />

KEHP stellen Dekompositionsverfahren wie die<br />

Lagrange Relaxation (LR) einen praxisgerechten<br />

Lösungsansatz dar. Hierbei wird der Ansatz verfolgt,<br />

das Gesamtproblem systematisch in dimensionsreduzierte<br />

Teilprobleme zu zerlegen, die unabhängig<br />

voneinander gelöst werden, bei übergeordneter<br />

Koordination zur Einhaltung der systemkoppelnden<br />

Nebenbedingungen. Der LR wird die Energieaufteilung<br />

nachgeschaltet, um die systemkoppelnden Nebenbedingungen<br />

exakt einzuhalten.<br />

1. Optimierungsstufe: Lagrange Relaxation<br />

Einhaltung der Systembilanzen<br />

Spotmarkt<br />

Terminmarkt<br />

Reservemarkt<br />

therm.<br />

KW<br />

hydr.<br />

KW<br />

Übernahme der Ganzzahligkeitsentscheidungen<br />

2. Optimierungsstufe: Energieaufteilung<br />

Geschlossene<br />

Formulierung des<br />

Optimierungsproblems<br />

• Lineare<br />

Programmierung<br />

• Quadratische<br />

Programmierung<br />

Bild 3: Überblick über das Verfahren zur KEHP<br />

Alternativ wird bei einer reduzierten Modellierungsgenauigkeit<br />

auf die Berücksichtigung von Ganzzahligkeiten<br />

verzichtet. Somit lässt sich das Optimierungsproblem<br />

auf ein lineares oder quadratisches Problem<br />

zurückführen, das in geschlossener Form formuliert und<br />

~~~<br />

DISSERTATIONEN<br />

mit leistungsfähigen Standardsolvern unter Verwendung<br />

der Linearen (LP) bzw. Quadratischen Programmierung<br />

(QP) mit dem Vorteil kürzerer Rechenzeiten gelöst<br />

werden kann.<br />

5 Exemplarische Bewertungen<br />

Zur Bewertung der Vorteilhaftigkeit von Kraftwerksinvestitionen<br />

und Verträgen benötigen sowohl die<br />

klassische Investitionsrechnung als auch der Realoptionsansatz<br />

die Kenntnis der Einzahlungsüberschüsse,<br />

die im gesamten Betrachtungszeitraum anfallen. Da<br />

deren Quantifizierung aufgrund der komplexen Wirkungszusammenhänge<br />

des Kraftwerkbetriebs und der<br />

konkurrierenden sowie strukturell unterschiedlichen<br />

Märkte nicht trivial ist, wird in den folgenden exemplarischen<br />

Untersuchungen das Verfahren der stochastischen<br />

Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung (KEHP)<br />

für eine Periode von einem Jahr (<strong>2007</strong>) innerhalb des<br />

Betrachtungszeitraums angewendet.<br />

Untersuchungen zur Modellierungsgenauigkeit für<br />

unterschiedliche thermische und hydraulische Kraftwerkstypen<br />

bei Anwendung der KEHP mit LR, QP und LP<br />

zeigen, dass insbesondere bei Berücksichtigung von<br />

Reservemärkten die Vernachlässigung technischer und<br />

wirtschaftlicher Restriktionen – speziell von thermischen<br />

Kraftwerken, die nicht schnellstartbar sind und<br />

ähnliche Erzeugungskosten wie das Marktpreisniveau<br />

aufweisen – zu erheblichen Fehleinschätzungen der<br />

Einzahlungsüberschüsse führen kann. Für schnellstartbare<br />

thermische Anlagen, thermische Kraftwerke mit<br />

einer hohen kontinuierlichen Auslastung sowie für<br />

hydraulische Kraftwerke ist die verfahrensbedingte<br />

Fehlbewertung wesentlich weniger kritisch.<br />

Um das Potenzial einer optimierten Vermarktung an<br />

unterschiedlichen Märkten zu quantifizieren, werden<br />

für ein Steinkohlekraftwerk die Einzahlungsüberschüsse<br />

zunächst bei alleiniger Teilnahme am Markt für Fahrplanenergie,<br />

danach bei zusätzlicher Teilnahme am<br />

Markt für MR bzw. SRR, sowie abschließend für die<br />

gemeinsame Vermarktung der Kraftwerke für FE, SRR<br />

und MR quantifiziert (siehe Bild 4).<br />

Bei diesem Kraftwerkstyp, der eine Reservebereitstellung<br />

nur im regelfähigen Betrieb unter Berücksichtigung<br />

der LÄG und einer Mindesterzeugungsleistung zulässt,<br />

beträgt das Potenzial an zusätzlichen Einzahlungsüberschüssen<br />

aus Reservevermarktung bis zu 11 %. Der<br />

größte Zuwachs ist bei einer Teilnahme am MR-Markt<br />

zu erwarten. Die SRR bietet aufgrund der Erlös- und<br />

Kostenstruktur für deren Bereitstellung nur einen<br />

geringen Mehrwert. Dabei ist zu beachten, dass die<br />

LÄG des Kraftwerks bei konkurrierenden Reservequali-<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 27


DISSERTATIONEN<br />

täten die insgesamt absetzbare Leistung und -arbeit<br />

einschränkt.<br />

Erwartungs- 350<br />

28% relative<br />

wert Mio. €<br />

24% Erhöhung<br />

Zahlungs- 250<br />

20% Einzahlungsströme<br />

200<br />

16% überschüsse<br />

150<br />

12%<br />

SRR RL neg<br />

MR RL neg<br />

100<br />

50<br />

0<br />

8%<br />

4%<br />

0%<br />

SRR RA pos -50<br />

SRR RL pos -100<br />

MR RL pos<br />

FE Verkauf<br />

-150<br />

FE FE+SRR FE+MR<br />

FE<br />

+MR+SRR<br />

Brennstoff<br />

SRR RA neg<br />

Bild 4: Zahlungsströme bei optimierter Vermarktung<br />

eines Steinkohlekraftwerks<br />

Die Teilnahme an Märkten für Reserve bietet demnach<br />

Möglichkeiten, zusätzliche Einzahlungsüberschüsse zu<br />

erwirtschaften. Aufgrund der unterschiedlichen Erzeugungskosten<br />

und der technischen Restriktionen sind die<br />

Märkte nicht für alle Kraftwerkstypen gleichermaßen<br />

geeignet. Durch Optimierung der Vermarktung mittels<br />

KEHP kann sowohl für neue als auch für bestehende<br />

Kraftwerke das wirtschaftliche Potenzial von Reserve-<br />

und Fahrplanenergiemärkten sowie deren Wechselwirkungen<br />

abgeschätzt werden.<br />

Im folgenden Untersuchungspunkt soll aufgezeigt<br />

werden, dass bei Integration eines Kraftwerks in einen<br />

Kraftwerkspool zusätzliche Einzahlungsüberschüsse<br />

durch Synergien bei einer gemeinschaftlichen Einsatzweise<br />

und Vermarktungsstrategie erschlossen werden<br />

können. Ansätze wie bspw. auf Basis von Realoptionen<br />

betrachten originär jede Option isoliert. Dadurch<br />

können etwaige Wechselwirkungen mit bereits bestehenden<br />

Erzeugungsanlagen beim Kraftwerksbetrieb<br />

oder bei Teilnahme an den einzelnen Märkten nicht<br />

berücksichtigt werden. Stattdessen soll aufgezeigt<br />

werden, dass durch Anwendung der KEHP die Synergievorteile<br />

eines Kraftwerkspools quantifiziert werden<br />

können.<br />

Im betrachteten Kraftwerkspool (Bild 5) wird zwar<br />

– absolut betrachtet – weniger SRR vermarktet,<br />

allerdings wird die Bereitstellung von Reserveleistung<br />

und -arbeit im Kraftwerkspool zwischen den Anlagen<br />

verschoben.<br />

So wird bspw. mit der Pumpe des PSKW mehr negative<br />

RL vorgehalten, während die negative RA zu einem<br />

Großteil sowohl durch die Turbine als auch durch die<br />

Pumpe des PSKW erbracht wird. Die positive RA wird<br />

im Pool fast ausschließlich durch das Steinkohlekraftwerk<br />

geliefert. Damit einher geht eine Verschiebung<br />

der Leistungsvorhaltung von positiver RL zum Steinkoh-<br />

lekraftwerk. Insgesamt bewirken die Verlagerungen von<br />

RL und RA, dass das PSKW neben dem Preishub am<br />

Markt für FE auch Preisdifferenzen zwischen den<br />

Märkten für FE und SRR nutzen kann. Durch zusätzliche<br />

Nutzung des SK kann für das PSKW ein teilweise<br />

kostenungünstiger Wälzbetrieb am Markt für FE zur<br />

energetischen Kompensation der erbrachten RA<br />

vermieden werden.<br />

Erwartungs- 350<br />

wert Mio. €<br />

Zahlungs- 250<br />

ströme 200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

-50<br />

-100<br />

-150<br />

18,6<br />

159,8<br />

184,9<br />

PSKW SK Pool PSKW+SK<br />

SRR RL neg<br />

SRR RA pos<br />

SRR RL pos<br />

Verkauf<br />

FE Einkauf<br />

Brennstoff<br />

SRR RA neg<br />

Einzahlungsüberschuss<br />

Bild 5: Bewertung eines Kraftwerkspools bestehend<br />

aus Steinkohlekraftwerk (SK) und<br />

Pumpspeicherkraftwerk (PSKW)<br />

Es zeigt sich, dass für die Bewertung von Kraftwerksanlagen<br />

ein evtl. bestehender Kraftwerkspool in Betracht<br />

gezogen werden muss. Insbesondere bei der Vermarktung<br />

von Reserveprodukten unterschiedlicher Regelrichtungen,<br />

die zum einen eine Leistungsbereitstellung,<br />

zum anderen eine Lieferung von Arbeit über einen<br />

Zeitraum von mehreren zusammenhängenden Stunden<br />

erfordern, sind unterschiedliche Kraftwerkstypen<br />

vorteilhaft. Die Kombination von einsatzflexiblen<br />

Anlagen, die hohe variable Erzeugungskosten aufweisen<br />

können, mit einsatzstarren Anlagen, die geringe<br />

variable Erzeugungskosten haben, bringt Synergiepotenziale<br />

bei einer optimierten Vermarktung von Fahrplanenergie<br />

und Reserve. Ein Verfahren zur KEHP kann<br />

somit als Entscheidungshilfe für die Identifikation eines<br />

Kraftwerktyps genutzt werden, der ein bestehendes<br />

Erzeugungsportfolio optimal ergänzt.<br />

6 Zusammenfassung der Erkenntnisse<br />

Die exemplarischen Untersuchungen für unterschiedliche<br />

Kraftwerkstypen zeigen, dass – abhängig vom<br />

betrachteten System – Verfahren mit einer geringen<br />

Modellierungsgenauigkeit zu ausreichend genauen<br />

Ergebnissen bei der Bewertung von Kraftwerksinvestitionen<br />

führen können. Im Fall von Investitionsalternativen<br />

hingegen, bei denen bspw. Wahlmöglichkeiten<br />

bzgl. der Erzeugungstechnologie bestehen, sollte die<br />

relative Vorteilhaftigkeit mit stochastischen Verfahren<br />

der KEHP möglichst detailliert ermittelt werden,<br />

insbesondere im Fall ihrer Integration in einen Kraftwerkspool.<br />

28 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


In Tab. 3 sind die im Rahmen aller exemplarischen<br />

Untersuchungen angewendeten Verfahren und deren<br />

Eignung zur Quantifizierung der Zahlungsströme für die<br />

unterschiedlichen Kraftwerkstypen und Märkte zusammengestellt.<br />

Die Verfahren der statischen Bewertung<br />

anhand jährlicher Erwartungswerte bzw. historischer<br />

Einsatzpläne mit zukünftigen Entwicklungen der<br />

Planungsunsicherheiten stellen dabei die geringste<br />

Modellierungsgenauigkeit dar. Die stochastische<br />

Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung (KEHP) mit<br />

Lagrange Relaxation hingegen bietet die höchste<br />

Detailtiefe bzgl. technischer und wirtschaftlicher<br />

Restriktionen sowie der Kosten- und Erlösstruktur.<br />

Je nach Erzeugungskostenniveau im Vergleich zu den<br />

Marktpreisen für Fahrplanenergie und Reserve sowie<br />

den technischen Restriktionen der thermischen Kraftwerke<br />

sind unterschiedliche Verfahren zu wählen. Eine<br />

statische Betrachtungsweise, z. B. anhand historischer<br />

Einsatzpläne, ist nur für den Kraftwerkstyp Braunkohledampfturbine<br />

geeignet, da Preisveränderungen sich<br />

wenig auf die generell hohe Auslastung durch Fahrplanenergie<br />

auswirken. Für hydraulische Kraftwerke<br />

empfiehlt sich das Verfahren der KEHP in Verbindung<br />

mit der LP oder sogar QP.<br />

Verfahren Kraftwerkstyp/Märkte<br />

statische Verfahren<br />

(erfahrungsbasierte<br />

Einsatzannahmen,<br />

Handelsvolumen etc.)<br />

stündlich ausübbare<br />

Realoption (keine<br />

technischen/wirtschaftlichen<br />

Restriktionen)<br />

simulativer Ansatz:<br />

stochastische KEHP mit<br />

Linearer/Quadratischer<br />

Programmierung<br />

simulativer Ansatz:<br />

stochastische KEHP mit<br />

Lagrange Relaxation<br />

Typ Braunkohle<br />

nur Markt für FE:<br />

Typ Steinkohle, Erdgasturbine<br />

Märkte für FE / FE und RE:<br />

Typ PSKW, vernetzte Gruppe,<br />

hydraulischer Kraftwerkspool<br />

nur Markt<br />

für FE:<br />

Erdgasdampfturbine<br />

Märkte für FE und RE:<br />

Typ Steinkohle,<br />

Erdgasdampfturbine,<br />

Erdgasturbine,<br />

hydrothermischer<br />

Kraftwerkspool<br />

Tab. 3: Notwendige Modellierungsgenauigkeit der<br />

Verfahren zur Quantifizierung der Zahlungsströme<br />

für verschiedene Kraftwerkstypen<br />

DISSERTATIONEN<br />

Für einen Kraftwerkspool sollte auf Verfahren zur KEHP<br />

mit der hohen Detailtiefe der LR zurückgegriffen<br />

werden, um die Interdependenzen der Einsatzweise und<br />

der Vermarktungsvorteile erfassen zu können. Einzig für<br />

einen hydraulischen Kraftwerkpool erweist sich die<br />

KEHP mit QP, fallweise auch mit LP, als ausreichend<br />

genau.<br />

7 Literatur<br />

[1] Schmidt, R. H.; Terberger, E.<br />

Grundzüge der Investitions- und Finanzierungstheorie<br />

Gabler Verlag, 4. Auflage, Wiesbaden 1997<br />

[2] Zweites Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts<br />

Bundesgesetzblatt, Jg. 2005, Teil I, Nr. 42<br />

[3] Internetplattform zur Ausschreibung von Regelleistung<br />

der deutschen ÜNB<br />

http://www.regelleistung.net, Stand: 16.2.<strong>2007</strong><br />

[4] Schmöller, H. K.<br />

Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen<br />

Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 103, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> 2005<br />

[5] St. Germain, J. P.; Humphreys, H. B.<br />

Peaking Plant Valuation: A Discounted Cashflow/Real<br />

Option Comparison<br />

In: Ronn, E. I.: Real Options and Energy Management,<br />

Risk Books, 2002<br />

[6] Hartmann, Th.<br />

Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten<br />

Strommarkt<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006, S. 90-93<br />

[7] Krasenbrink, B.<br />

Integrierte Jahresplanung von Elektrizitätserzeugung<br />

und -handel<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 81, Klinkenberg<br />

Verlag <strong>Aachen</strong>, 2002<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 29


DISSERTATIONEN<br />

Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an Märkten für Fahrplanenergie<br />

und Reserve<br />

Intraday Optimisation of Power Plant Operation at Wholesale and Reserve Markets<br />

Dr.-Ing. Gerd Hinüber<br />

gerd.hinueber@iaew.rwth-aachen.de<br />

Durch die jüngsten Strukturveränderungen in der Energiewirtschaft, z. B. die im September 2006 durch die EEX eingeführte<br />

Intradayhandelsplattform oder die vereinheitlichten Ausschreibungsbedingungen für Minutenreserve, bieten sich<br />

Kraftwerksbetreibern im untertäglichen Zeitbereich neue Möglichkeiten zur Verbesserung des betriebswirtschaftlichen<br />

Ergebnisses des Unternehmens. In der diesem Bericht zu Grunde liegenden Dissertation wurde daher ein neues Rechenverfahren<br />

entwickelt, mit dem der untertägliche Kraftwerksbetrieb unter Berücksichtigung der durch die Strukturveränderungen<br />

entstandenen neuen Absatzalternativen mit ihren jeweiligen Planungsunsicherheiten optimiert werden kann.<br />

With the liberalisation of the energy markets, which led<br />

to increasing competition, electrical power exchanges<br />

have emerged in Europe. Besides the already established<br />

spot and futures markets, there are additional<br />

intraday markets in some European countries. These<br />

markets offer the opportunity to trade electrical energy<br />

shortly before the physical fulfilment and hence, after<br />

the closing of the day-ahead market, i.e. spot market.<br />

Following the guidelines of the second „Gesetz zur<br />

Neuregelung des Energiewirtschaftsrechtes“ and the<br />

associated „Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen“,<br />

i.e. German laws, an electronic<br />

platform for intrayday trading has been launched<br />

from the European Energy Exchange (EEX) in Leipzig in<br />

September 2006. In a midterm time horizon this trading<br />

platform will offer the trading of quarter-hour deliveries<br />

up to 45 minutes before the commencement of delivery.<br />

Power generation companies therefore have a new<br />

marketing alternative besides the established energy<br />

markets.<br />

The markets for reserve, where the total required<br />

amount of reserve is put out to tender by the transmission<br />

system operators (TSO), are another marketing<br />

alternative of power plant operators. Particularly, with<br />

regard to the ongoing installation of wind turbines the<br />

demand of reserve power and reserve energy will<br />

increase in the future.<br />

After announcing the produced energy to the TSO, a<br />

power plant operator has the task to deliver this<br />

amount of energy. Furthermore, the concluded trades at<br />

the reserve markets have to be fulfilled which includes<br />

the provision of the traded reserve power and the<br />

delivery of the reserve energy requested by the TSO.<br />

Especially the growing demand of reserve leads to a<br />

more complex planning task for power plant operators.<br />

Within this work a new optimisation method has been<br />

developed that determines the optimal intraday<br />

operation strategy with regard to the described planning<br />

task. The higher optimisation potential in operation<br />

planning caused by the integration of the new<br />

marketing alternatives with their specific planning<br />

uncertainties into this method affords power plant<br />

operators an opportunity to improve the profit on<br />

ordinary activities.<br />

The method is based on approved decomposition<br />

approaches which guarantee the compliance of systemcoupling<br />

constraints, i.e. the fulfilment of trades of<br />

electrical energy, the provision of reserve power and<br />

the delivery of reserve energy. The optimisation of the<br />

subproblems are performed by means of the most<br />

appropriate algorithms.<br />

Exemplary investigations have shown the necessity of<br />

using a higher modelling accuracy in operation planning<br />

than in day-ahead planning. Concluded trades of<br />

electrical energy and reserve based on day-ahead<br />

planning can possibly not be fulfilled in real operation<br />

due to the restricting ramp rates of thermal power<br />

plants as well as the discrete working points of the<br />

pumps of hydro power plants. In many cases the<br />

planned power plant operation has to be adjusted<br />

which leads to a more uneconomic operation and<br />

furthermore to a decreasing contribution margin.<br />

The participation in an intraday market eases the<br />

fulfilment of concluded trades day-ahead because the<br />

intraday market can be used to equalise structural<br />

weaknesses of the generation pool.<br />

Outages of thermal power plants have a high impact on<br />

the contribution margin due to the high costs of reserve<br />

contracts and the prices at the intraday market. In<br />

comparison with the influence of outages, the uncertain<br />

intraday market prices as well as the unknown<br />

amount of requested reserve energy have a much lower<br />

impact on the results.<br />

30 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


1 Aktuelle Entwicklungen<br />

Im Zuge der Liberalisierung der Strommärkte, die vor<br />

allem zu verstärktem Wettbewerb zwischen Stromerzeugungsunternehmen<br />

geführt hat, haben sich in<br />

Europa börsliche Handelsplätze auch für elektrische<br />

Energie gebildet. Neben den etablierten Spot- und<br />

Terminmärkten bestehen in einigen europäischen<br />

Ländern bereits Intradaymärkte, an denen nach Abschluss<br />

der Handelsgeschäfte am Spotmarkt, der<br />

üblicherweise am Vortag der Erfüllung stattfindet,<br />

kurzfristig im Stundenbereich elektrische Energie<br />

beschafft und abgesetzt werden kann.<br />

Den Vorgaben des zweiten Gesetzes zur Neuregelung<br />

des Energiewirtschaftsrechtes [1] und der damit<br />

verbundenen Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen<br />

[2] folgend, wurde im September<br />

2006 von der European Energy Exchange (EEX) in<br />

Leipzig eine elektronische Intradayhandelsplattform<br />

eingerichtet [3]. Durch diese Handelsplattform wird<br />

mittelfristig der Stromhandel von Viertelstundenlieferungen<br />

bis 45 Minuten vor Lieferbeginn ermöglicht.<br />

Hierdurch wird den Erzeugungsgesellschaften neben<br />

den bereits etablierten Strommärkten eine weitere<br />

Vermarktungsalternative geboten.<br />

Eine Absatzalternative bietet sich den Kraftwerksbetreibern<br />

auch an den Handelsplätzen für Reserve, an<br />

denen die Übertragungsnetzbetreiber ihren gesamten<br />

Reservebedarf öffentlich ausschreiben. Insbesondere<br />

durch den in Deutschland weiterhin starken Ausbau von<br />

Windenergieanlagen ist ein steigender Bedarf an<br />

Reserveleistung und damit verbunden eine steigende<br />

Anforderung von Reservearbeit durch die Übertragungsnetzbetreiber<br />

zu erwarten.<br />

Die Aufgaben eines Kraftwerksbetreibers im untertäglichen<br />

Zeitbereich sind die Lieferung der dem Übertragungsnetzbetreiber<br />

am Vortag gemeldeten Fahrplanenergie,<br />

die Vorhaltung der vermarkteten Reserveleistung<br />

sowie die Erbringung der im Bedarfsfall vom<br />

Übertragungsnetzbetreiber angeforderten Reservearbeit.<br />

Hierbei besteht der Freiheitsgrad, die Aufteilung<br />

der Fahrplanenergie kurzfristig und ohne Einschränkungen<br />

vorzunehmen, während die Aufteilung der angeforderten<br />

Reservearbeit und der vorzuhaltenden Reserveleistung<br />

hinsichtlich der einzelnen Reservequalitäten<br />

unterschieden werden müssen [4]. Dies stellt insbesondere<br />

bei wachsendem Reservebedarf eine zunehmend<br />

komplexere Planungsaufgabe dar.<br />

Ziel der Arbeit ist daher die Entwicklung eines neuen<br />

Rechenverfahrens, mit dem der untertägliche Kraftwerksbetrieb<br />

zur Erfüllung dieser Planungsaufgabe<br />

optimiert werden kann. Dabei werden die durch die<br />

DISSERTATIONEN<br />

Strukturveränderungen entstandenen neuen Absatzalternativen<br />

mit ihren jeweiligen Planungsunsicherheiten<br />

berücksichtigt, um vorhandenes Optimierungspotenzial<br />

zu nutzen und die damit verbundenen Risiken zu<br />

bewerten.<br />

2 Analyse und Modellbildung<br />

2.1 Abgrenzung des Betrachtungsbereiches<br />

Für die Optimierung des untertäglichen Kraftwerksbetriebs<br />

kann in der Regel ein Zeithorizont von einem Tag<br />

angesetzt werden. Dies bedeutet, dass Ergebnisgrößen<br />

einer mittelfristigen Planung, z. B. Handelsempfehlungen<br />

für den Terminmarkt, als exogene Eingangsgrößen<br />

für die untertägliche Planung vorgegeben<br />

werden müssen. Da Kraftwerksbetreiber die Fahrpläne<br />

dem jeweiligen ÜNB im Viertelstundenraster melden<br />

müssen und die Minutenreserve (MR) jeweils als<br />

Fahrplanlieferung zur vollen Viertelstunde eingesetzt<br />

wird sowie innerhalb von 15 Minuten vollständig<br />

aktivierbar sein muss, wird als Zeitraster die Viertelstunde<br />

gewählt.<br />

Das für die Optimierung resultierende System ist in<br />

Bild 1 skizziert. Ein Unternehmen kann einen Erzeugungspark<br />

bestehend aus thermischen und hydraulischen<br />

Kraftwerken besitzen. Dem Unternehmen stehen<br />

weiterhin Vermarktungsmöglichkeiten an Märkten für<br />

elektrische Energie und Reserve zur Verfügung, die in<br />

Abhängigkeit des Zeitpunktes der Optimierung berücksichtigt<br />

werden müssen [4]. Die bereits getätigten<br />

Geschäfte finden sich in der Komponente „abgeschlossene<br />

Geschäfte“ wieder.<br />

Ausfälle RA<br />

thermische<br />

Kraftwerke<br />

∼∼∼<br />

hydraulische<br />

Kraftwerke<br />

Spotmarkt Markt<br />

für MR<br />

Unsicherheiten<br />

∼∼∼<br />

abgeschl.<br />

Geschäfte<br />

Intradaymarkt<br />

Preise Preise RA Preise<br />

Bild 1: Systemabgrenzung<br />

RA: Reservearbeit<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 31


DISSERTATIONEN<br />

Für den betrachteten Zeithorizont sind nicht alle<br />

Eingangsdaten deterministisch. Bild 1 zeigt neben dem<br />

betrachteten System die Unsicherheiten, die im<br />

Rahmen der Optimierung berücksichtigt werden<br />

müssen.<br />

2.2 Thermische Kraftwerke<br />

In im Praxiseinsatz befindliche Verfahren zur Kraftwerkseinsatzplanung,<br />

die zumeist ein stündliches<br />

Zeitraster verwenden, werden thermische Kraftwerke<br />

nach dem Stand der Technik, d. h. Abbildung der<br />

Mindestzeiten, quadratischer Wärmeverbrauch etc.,<br />

modelliert [5]. Bei einer untertäglichen Planung im<br />

Viertelstundenraster müssen zusätzlich zu diesen<br />

Modellierungsaspekten weitere Eigenschaften berücksichtigt<br />

werden. Darunter fällt die Berücksichtigung der<br />

maximalen Leistungsgradienten ΔP max , da nicht alle<br />

thermischen Kraftwerke ihren Leistungsbereich innerhalb<br />

von 15 Minuten durchfahren können [4]. Weiterhin<br />

muss in einem untertäglichen Planungsverfahren eine<br />

möglichst exakte Abbildung des Anfahrvorgangs<br />

modelliert werden, da die Erzeugung während der<br />

Anfahrt nicht vernachlässigt werden kann [4]. Zudem<br />

kann die Abbildung von Kraftwerksausfällen, wie in<br />

mittelfristigen Planungsverfahren üblich, nicht über<br />

eine Leistungsreduktion erfolgen, sondern muss für<br />

nicht disponible Ausfälle möglichst realistisch und<br />

somit leistungsgenau abgebildet werden [4].<br />

2.3 Hydraulische Kraftwerke<br />

Durch das im Rahmen der untertäglichen Planung<br />

verwendete Viertelstundenraster muss die Laufzeit des<br />

Wassers zwischen zwei Speicherbecken berücksichtigt<br />

werden. Während diese Laufzeit bei Speicher- und<br />

Pumpspeicherkraftwerken irrelevant ist, liegen die<br />

Laufzeiten von Laufwasserkraftwerken teilweise im<br />

Stundenbereich.<br />

Da in kurzfristigen Planungsverfahren eine leistungsgenaue<br />

Betrachtung notwendig ist, müssen bei Pumpspeicherkraftwerken<br />

diskrete Betriebszustände berücksichtigt<br />

werden, da nicht alle Anlagen einen regelfähigen<br />

Pumpbetrieb zulassen.<br />

Hydraulische Kraftwerke haben hohe Leistungsgradienten,<br />

kurze Aktivierungszeiten und eine hohe Verlässlichkeit,<br />

so dass hydraulische Kraftwerke in dem hier zu<br />

entwickelnden Planungsverfahren nach dem Stand der<br />

Technik zzgl. der Berücksichtigung von Laufzeiten bei<br />

Laufwasserkraftwerken sowie diskreten Pumpwerten<br />

modelliert werden können.<br />

2.4 Planungsunsicherheiten<br />

Während die Preisunsicherheiten am Spot-, Intraday-<br />

und Minutenreservemarkt sowie die Anforderung der<br />

Reservearbeit durch das Verfahren der Szenarienanalyse<br />

[6] abgebildet werden können, würde die Abbildung<br />

der Ausfälle thermischer Kraftwerke einen starken<br />

Anstieg der Szenarienanzahl in der Szenarienanalyse<br />

zur Folge haben, wodurch die für den operativen Einsatz<br />

notwendige kurze Rechenzeit eines Verfahrens zur<br />

untertäglichen Planung des Kraftwerksbetriebs nicht<br />

gewährleistet werden kann.<br />

Um die Rechenzeit nicht stark zu verlängern und<br />

trotzdem eine leistungsrichtige Betrachtung von<br />

Kraftwerksausfällen zu ermöglichen, ist eine nachgeschaltete<br />

Bilanzierung möglich. Hierbei wird nach<br />

Abschluss der Bilanzierung für jedes Kraftwerk entsprechend<br />

der zugehörigen Ausfallhäufigkeit und<br />

Ausdauer eine Ausfallziehung durchgeführt. In der<br />

ersten Stunde eines Ausfalls wird die fehlende Energie<br />

über einen Reservevertrag gedeckt, während für die<br />

weiteren Stunden die ausgefallene Leistung über den<br />

Intradaymarkt gedeckt wird.<br />

3 Verfahren<br />

Zur Lösung des der untertäglichen Optimierung zu<br />

Grunde liegenden Optimierungsproblems stehen<br />

prinzipiell zwei verschiedene Ansätze zur Verfügung:<br />

Eine geschlossene Lösung oder ein Zerlegungsansatz.<br />

Verschiedene Literaturaussagen sowie eigene Voruntersuchungen<br />

lassen den Zerlegungsansatz als den<br />

hinsichtlich der Rechenzeit besten Lösungsansatz<br />

erscheinen. Aus diesem Grund wurde der Zerlegungsansatz<br />

nach Lagrange zur Lösung der untertäglichen<br />

Planungsaufgabe gewählt. Bild 2 zeigt den Überblick<br />

des verwendeten Verfahrens.<br />

therm.<br />

KW<br />

Einlesen und Aufbereitung der Eingangsdaten<br />

1. Optimierungsstufe: Lagrange Relaxation<br />

hydr.<br />

KW<br />

Koordinationsstufe<br />

Spotmarkt<br />

Ganzzahligkeits- entscheidungen<br />

2. Optimierungsstufe: Energieaufteilung<br />

Bilanzierung und Ausgabe<br />

Bild 2: Verfahrensüberblick<br />

Intradaymarkt<br />

Markt<br />

für MR<br />

32 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Nach dem Einlesen und Aufbereiten der Eingangsdaten<br />

werden in der 1. Optimierungsstufe, der Lagrange<br />

Relaxation, die Ganzzahligkeiten ermittelt. Die Zerlegung<br />

erfolgt hierbei im Systembereich, wobei die<br />

Einhaltung der systemkoppelnden Nebenbedingungen,<br />

der Bilanzen für Fahrplanenergie, Reserveleistung und<br />

-arbeit, iterativ über Lagrange Multiplikatoren koordiniert<br />

wird.<br />

Zur Optimierung des Einsatzes der einzelnen Systemkomponenten<br />

können die bestgeeigneten Algorithmen<br />

verwendet werden. Hierzu zählen die Genetischen<br />

Algorithmen zur Bestimmung des Einsatzes thermischer<br />

Erzeugungsanlagen [7] sowie die Gemischt-Ganzzahlig<br />

Lineare Programmierung zur Ermittlung der Betriebsweise<br />

hydraulischer Kraftwerksgruppen.<br />

Nach Abschluss dieser Optimierungsstufe werden die<br />

getroffenen Ganzzahligkeiten in die 2. Optimierungsstufe,<br />

die Energieaufteilung, übernommen und das<br />

verbleibende kontinuierliche Gesamtproblem wird in<br />

geschlossener Form gelöst, so dass die Einhaltung der<br />

systemkoppelnden Nebenbedingungen gewährleistet<br />

ist.<br />

4 Betriebsplanung vs. Vortagesplanung<br />

4.1 Modellsystem<br />

Das den Untersuchungen zu Grunde liegende Modellsystem<br />

ist an deutsche Erzeugungsunternehmen<br />

angelehnt, um durch die realitätsnahe Abbildung<br />

praxisrelevante Aussagen zu ermöglichen. Es umfasst<br />

etwa 5 % der in Deutschland installierten Kraftwerksleistung<br />

und entspricht der deutschlandweiten Kraftwerksstruktur.<br />

Das hydrothermische Erzeugungssystem besteht aus 10<br />

thermischen Kraftwerken unterschiedlicher Erzeugungstechnologien<br />

mit jeweils typischen charakteristischen<br />

Kenngrößen sowie einem Pumpspeicherkraftwerk und<br />

einer vernetzten hydraulischen Kraftwerksgruppe.<br />

Dieses System kann am Spot- und Intradaymarkt für<br />

Fahrplanenergie sowie am Markt für Minutenreserve<br />

vermarktet werden. Die Spotmarktpreise sowie die<br />

Preise am Markt für Minutenreserve entstammen<br />

öffentlichen Quellen, während die Preise am Intradaymarkt<br />

aufgrund der hohen Korrelation zwischen Spot-<br />

und Intradaymarktpreisen [4] basierend auf den Spotmarktpreisen<br />

generiert wurden.<br />

Die Untersuchungen werden für einen exemplarischen<br />

Arbeitstag im Sommer durchgeführt.<br />

4.2 Methodik<br />

DISSERTATIONEN<br />

Um den Einfluss von Modellierungsrestriktionen und<br />

Freiheitsgraden in der Betriebsplanung bewerten zu<br />

können, wird das in Bild 3 skizzierte methodische<br />

Vorgehen verwendet. Zunächst wird der Kraftwerkspark<br />

in einer typischen Vortagesplanung am Spotmarkt und<br />

an den Märkten für Minutenreserve vermarktet. Da für<br />

diese Planung das übliche Stundenraster gewählt wird,<br />

haben die Leistungsgradienten der thermischen<br />

Kraftwerke keine einschränkende Auswirkung auf den<br />

Betrieb der Kraftwerke. Anfahrkurven thermischer<br />

Kraftwerke sowie diskrete Pumpwerte hydraulischer<br />

Kraftwerksgruppen werden nicht betrachtet.<br />

Vortagesplanung<br />

Betriebsplanung<br />

ohne Intradayhandel<br />

Vergleich der<br />

Einsatzpläne<br />

Betriebsplanung<br />

mit Intradayhandel<br />

Vergleich der<br />

Einsatzpläne<br />

Vergleich der Deckungsbeiträge<br />

Bild 3: Methodisches Vorgehen<br />

Die so ermittelten Handelsempfehlungen an den Day-<br />

Ahead Märkten stellen für die nachfolgenden Betriebsplanungen<br />

Vorgaben dar, die erfüllt werden müssen. Da<br />

die Betriebsplanungen im Viertelstundenraster durchgeführt<br />

werden, müssen hierbei die Leistungsgradienten<br />

thermischer Kraftwerke berücksichtigt werden.<br />

Weiterhin werden aufgrund der genaueren Modellierung<br />

Anfahrkurven thermischer und diskrete Pumpwerte<br />

hydraulischer Kraftwerke abgebildet.<br />

In der ersten Untersuchung zur Betriebsplanung besteht<br />

keine Handelsmöglichkeit an einem Intradaymarkt, so<br />

dass die abgeschlossenen Handelsgeschäfte allein<br />

durch die einsatzfähigen Kraftwerke erfüllt werden<br />

müssen. Der Einfluss der untertäglichen Restriktionen<br />

kann durch Vergleich der Einsatzpläne beider Planungen<br />

bewertet werden.<br />

In der zweiten Untersuchung besteht zusätzlich die<br />

Möglichkeit, freie Erzeugungskapazitäten an einem<br />

Intradaymarkt zu vermarkten sowie an diesem Markt<br />

Energie zu beschaffen. Ein Vergleich der Einsatzpläne<br />

der beiden Betriebsplanungen ermöglicht eine Aussage<br />

über die Auswirkungen des zusätzlichen Freiheitsgrades.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 33


DISSERTATIONEN<br />

Abschließend erfolgt ein Vergleich der Deckungsbeiträge<br />

aller drei Planungsstufen.<br />

Alle Beispielrechnungen werden deterministisch für<br />

den ausgewählten Tag durchgeführt. Ausfälle werden<br />

in diesen Untersuchungen nicht betrachtet.<br />

4.3 Vergleich der Fahrpläne<br />

Beim Vergleich der Fahrpläne nach Vortagesplanung<br />

sowie nach Betriebsplanung ohne Intradayhandelsmöglichkeit<br />

sind bei den thermischen Kraftwerken<br />

insbesondere zwei Effekte zu beobachten: Eine leicht<br />

angepasste Erzeugung in den Abend- und Nachtstunden<br />

sowie eine unterschiedliche Zunahme der erzeugten<br />

elektrischen Energie in den Morgenstunden.<br />

Die Fahrpläne der hydraulischen Kraftwerke nach<br />

Betriebsplanung zeigen in den Abend- und Nachtstunden<br />

eine höhere aufgenommene Pumpleistung, während<br />

durch die Kombination der Erzeugung von elektrischer<br />

Energie in Turbinen und der Aufnahme von<br />

elektrischer Energie in Pumpen in den Morgenstunden<br />

ein hoher Gradient erreicht wird.<br />

Die unterschiedliche Erzeugung in den Abend- und<br />

Nachtstunden ist auf die hydraulischen Pumpen<br />

zurückzuführen, die in der Betriebsplanung nur in<br />

diskreten Arbeitspunkten eingesetzt werden können.<br />

Daher ist der Energiebedarf der Pumpen größer. Dieser<br />

zusätzliche Bedarf wird von den thermischen Kraftwerken<br />

bereitgestellt.<br />

Der Einsatz aller Kraftwerke in den Morgenstunden<br />

richtet sich nach den einzuhaltenden Spothandelsgeschäften.<br />

Die Differenz zwischen den abgeschlossenen<br />

Handelsgeschäften vor und nach 7.00 Uhr beträgt mehr<br />

als 2000 MW, die nach Vortagesplanung überwiegend<br />

durch rechtzeitige Anfahrt mehrerer thermischer<br />

Kraftwerke gedeckt werden. In der Betriebsplanung ist<br />

dies aufgrund der begrenzenden Leistungsänderungsgeschwindigkeiten<br />

nicht möglich. Um diese Differenz<br />

dennoch bereitstellen zu können, werden einerseits der<br />

hohe Gradient der hydraulischen Kraftwerke genutzt<br />

und andererseits vor 7.00 Uhr mehr thermische Kraftwerke<br />

mit reduzierter Leistung betrieben, deren<br />

größere Zahl in Summe einen größeren Gradienten<br />

ergibt.<br />

Durch diese beiden Effekte verändert sich der Einsatz<br />

der thermischen Kraftwerksblöcke in der Betriebsplanung<br />

deutlich. Nach Betriebsplanung wird bspw. in den<br />

Nachtstunden ein thermisches Kraftwerk mehr eingesetzt,<br />

um die benötigte Pumpenergie bereitzustellen.<br />

Weiterhin werden nach Betriebsplanung vor 7.00 Uhr<br />

gezielt zwei Kraftwerke in Betrieb genommen, so dass<br />

durch die höhere Anzahl in Betrieb befindlicher thermischer<br />

Blöcke die Differenzenergie vor und nach<br />

7.00 Uhr geliefert werden kann.<br />

4.4 Vergleich der Deckungsbeiträge<br />

Der Großteil der Erlöse wird durch Verkauf der erzeugten<br />

elektrischen Energie am Spotmarkt erwirtschaftet,<br />

während der Hauptkostentreiber die Brennstoff- und<br />

CO 2 -Kosten sind. Die aus Erlösen und Kosten resultierenden<br />

Deckungsbeiträge sind in Bild 4 aufgetragen.<br />

Der Deckungsbeitrag nach Vortagesplanung beträgt<br />

2,08 Mio. EUR. Durch die veränderte Einsatzweise der<br />

Kraftwerke erhöhen sich die Kosten für Brennstoffe und<br />

CO 2 -Zertifikate um 0,04 Mio. EUR, so dass der erwirtschaftete<br />

Deckungsbeitrag nach Betriebsplanung um<br />

2 % auf 2,04 Mio. EUR sinkt.<br />

DB<br />

2,10<br />

Mio. EUR<br />

2,00<br />

1,95<br />

0,00<br />

BPmI: Betriebsplanung<br />

mit Intradayhandel<br />

BPoI: Betriebsplanung<br />

ohne Intradayhandel<br />

DB: Deckungsbeitrag<br />

VTP: Vortagesplanung<br />

2,08 0,04 2,04 0,06 0,11 2,09<br />

2 % 2 %<br />

VTP Differenz BPoI Differenz BPmI<br />

Deckungsbeitrag<br />

zus. Brennstoffkosten<br />

Einkauf Intradaymarkt<br />

Verkauf Intradaymarkt<br />

Bild 4: Deckungsbeiträge der drei Planungsstufen<br />

Neben den bereits angesprochenen Erlösquellen<br />

kommen bei der Betriebsplanung mit Intradayhandelsmöglichkeit<br />

die Erlöse aus dem Verkauf am Intradaymarkt<br />

und auf der Kostenseite Aufwendungen für den<br />

Bezug von Energie am Intradaymarkt hinzu. Einerseits<br />

werden Erzeugungskapazitäten am Intradaymarkt<br />

vermarktet, wodurch zusätzliche Brennstoffkosten und<br />

Erlöse anfallen, andererseits wird Energie vom Intradaymarkt<br />

bezogen, wodurch eigene Brennstoffkosten<br />

entfallen, aber Bezugskosten anfallen.<br />

Insgesamt verbessert die Berücksichtigung des Intradayhandels<br />

den Deckungsbeitrag. Der erhöhte Brennstoffbedarf<br />

sowie der Bezug von Energie von dem<br />

Intradaymarkt verursacht zwar Kosten in Höhe von<br />

0,06 Mio. EUR, demgegenüber stehen jedoch Erlöse in<br />

Höhe von 0,11 Mio. EUR durch die zusätzliche Vermark-<br />

34 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


tungsmöglichkeit. Dies führt zu einer Deckungsbeitragssteigerung<br />

um über 2 % auf 2,09 Mio. EUR.<br />

5 Wesentliche Erkenntnisse<br />

Die in der Vortagesplanung, die üblicherweise mit<br />

geringerer Modellierungsgenauigkeit als die untertägliche<br />

Betriebsplanung durchgeführt wird, festgelegten<br />

Handelsgeschäfte am Spotmarkt und am Markt für<br />

Minutenreserve können im realen Betrieb aufgrund der<br />

begrenzenden Leistungsänderungsgeschwindigkeiten<br />

der thermischen Kraftwerke sowie der diskreten<br />

Arbeitspunkte der hydraulischen Pumpen von Pumpspeicherkraftwerken<br />

u. U. nicht realisiert werden.<br />

Vielfach sind zumindest die Fahrpläne vieler Kraftwerke<br />

deutlich anzupassen, so dass deren unwirtschaftlichere<br />

Fahrweise zu Einbußen im Deckungsbeitrag führen<br />

kann. Um diese teilweise große Diskrepanz zwischen<br />

Vortagesplanung und realem Betrieb zu verringern, ist<br />

entweder eine genauere Modellierung oder zumindest<br />

eine vereinfachte Abbildung der relevanten Restriktionen,<br />

z. B. eine Beschränkung der Differenz von Spothandelsgeschäften<br />

direkt aufeinander folgender<br />

Stunden zur näherungsweisen Berücksichtigung von<br />

Leistungsgradienten thermischer Kraftwerke, in der<br />

Vortagesplanung zu empfehlen.<br />

Die zusätzliche Handelsmöglichkeit an einem Intradaymarkt<br />

erleichtert die Einhaltung von am Vortag abgeschlossenen<br />

Handelsgeschäften, da der Intradaymarkt<br />

strukturelle Schwächen des Kraftwerksparks ausgleichen<br />

kann. So können bspw. ein erforderlicher Leistungsgradient<br />

durch Ein- und Verkauf am Intradaymarkt<br />

ergänzt werden und die Kraftwerke in effizienteren<br />

Arbeitspunkten betrieben werden. Weiterhin bietet der<br />

Intradayhandel die Möglichkeit, kurzfristig freie Erzeugungskapazitäten<br />

zu vermarkten oder günstigere<br />

Energie zu beziehen.<br />

Zusätzliche Untersuchungen zum Einfluss von Planungsunsicherheiten<br />

haben ergeben, dass die nicht<br />

vorhersehbaren Ausfälle thermischer Kraftwerke<br />

großen Einfluss auf den Deckungsbeitrag haben, da die<br />

ausgefallene Leistung durch einen Reservevertrag und<br />

Zukauf am Intradaymarkt ersetzt werden muss. Insbesondere<br />

bei Kraftwerken mit hoher installierter Leistung<br />

und geringen spezifischen Erzeugungskosten wirkt<br />

sich ein Kraftwerksausfall deutlich negativ auf den<br />

Deckungsbeitrag aus. Damit verglichen haben die zum<br />

Planungszeitpunkt unbekannten Preise am Intradaymarkt<br />

und die unbekannte Anforderung von Reservearbeit<br />

durch den Übertragungsnetzbetreiber einen<br />

geringeren Einfluss. Nach vorheriger Vermarktung am<br />

Spotmarkt bietet der Intradaymarkt einen zusätzlichen<br />

Freiheitsgrad. Da auf eine Teilnahme am untertäglichen<br />

DISSERTATIONEN<br />

Handel auch verzichtet werden kann, ist das Risiko<br />

durch ungünstige Preise am Intradaymarkt beschränkt,<br />

während sich bietende Chancen bei günstigen Preisen<br />

genutzt werden können. Die unsichere Anforderung von<br />

Reservearbeit wirkt sich überwiegend auf die daraus zu<br />

erwartenden Erlöse aus, da die hierfür benötigten<br />

Erzeugungskapazitäten ja vorgehalten werden müssen<br />

und ihr Einsatz mit relativ hohen Arbeitspreisen lukrativ<br />

vergütet wird. Bei geringer Einschätzung der Abrufwahrscheinlichkeit<br />

von Reservearbeit bleibt das Risiko<br />

eines niedrigen Deckungsbeitrages gering, während die<br />

Chancen auf zusätzliche Gewinne steigen.<br />

6 Literatur<br />

[1] Der Deutsche Bundestag<br />

Zweites Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts<br />

Bundesgesetzblatt, Jg. 2005, Teil I, Nr. 42<br />

[2] Der Deutsche Bundestag<br />

Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen<br />

(Stromnetzzugangsverordnung –<br />

StromNZV)<br />

Bundesgesetzblatt, Jg. 2005, Teil I, Nr. 46<br />

[3] European Energy Exchange<br />

EEX: Erfolgreicher Start des Intraday-Handels<br />

http://www.eex.de [Stand 30.01.<strong>2007</strong>]<br />

[4] Hinüber, G.<br />

Untertägige Optimierung des Kraftwerksbetriebs<br />

an Märkten für elektrische Energie und Systemdienstleistungen<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2005, ABEV Bd. 104, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2005, S. 79-82<br />

[5] Neus, H.<br />

Integrierte Planung von Brennstoffbeschaffung<br />

und Energieeinsatz zur Stromerzeugung<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 95, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2003<br />

[6] Schmöller, H. K.<br />

Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen<br />

Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 103, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2005<br />

[7] Hinüber, G.<br />

Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs<br />

an Märkten für elektrische Energie und Reserve<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2006, S. 97-101<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 35


DISSERTATIONEN<br />

Strategische Ausbauplanung für elektrische Netze unter Unsicherheit<br />

Strategic Expansion Planning for Electrical Networks Considering Uncertainties<br />

Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />

tobias.paulun@iaew.rwth-aachen.de<br />

Im regulierten Elektrizitätsmarkt sind die Betreiber elektrischer Netze gezwungen, Effizienzsteigerungspotenziale zu<br />

identifizieren und zu nutzen, um hinreichende Erlöse erwirtschaften zu können. Aufgrund der hohen Kosten der in elektrischen<br />

Netzen eingesetzten Betriebsmittel liegt dabei der Fokus auf einer Verbesserung des Netzplanungsprozesses und<br />

einer bedarfsgerechten Anpassung der Netzstruktur. Hierfür ist der Einsatz rechnergestützter Optimierungsverfahren<br />

sinnvoll. Die in den letzten Jahren entwickelten Optimierungswerkzeuge sind zwar zur Ermittlung langfristig kostenoptimaler<br />

Netzstrukturen geeignet, berechnen jedoch nicht die optimale zeitliche Entwicklung bestehender Netze unter<br />

unsicheren Randbedingungen. Ziel dieser Arbeit war es daher, ein entsprechendes Optimierungsverfahren zu entwickeln,<br />

das unter Beachtung langfristig kostenoptimaler Netzstrukturen und existierender Unsicherheiten optimale Entwicklungspfade<br />

für bestehende Netze ermittelt.<br />

Due to the impending incentive regulation in the<br />

liberalized European electricity market, network<br />

operators are facing new challenges. In order to earn<br />

adequate revenues in the future, potentials for increasing<br />

the efficiency and reducing network costs need to<br />

be utilized. The increasing pressure on network operators<br />

can be met with an improved planning process. For<br />

this purpose and as a result of the more and more<br />

uncertain boundary conditions of network planning in<br />

liberalized electricity markets, using computer-based<br />

network optimization algorithms is inevitable.<br />

On the one hand, in recent years, numerous methods<br />

for long-term planning of electrical networks have been<br />

developed and successfully applied. On the other hand,<br />

the majority of existing optimization methods for<br />

network expansion planning describes the planning<br />

process without taking long-term cost-efficient network<br />

structures into account. However, especially in regulated<br />

electricity markets, existing networks should be<br />

developed towards long-term cost-efficient network<br />

structures in order to objectify planning decisions.<br />

Existing methods that meet these requirements are not<br />

capable of optimizing planning problems of practical<br />

size, due to the use of exact optimization algorithms.<br />

In this thesis, a computer-based optimization method<br />

for calculating the optimal future development for<br />

existing networks with respect to long-term costefficient<br />

network structures has been developed.<br />

Because an extensive demand for renewal is expected<br />

especially in 110 kV networks for the next years and<br />

due to the fact that efficient restructuring of this<br />

voltage level can only be done by taking medium<br />

voltage networks into account as well, this thesis is<br />

focusing on 110 kV and medium voltage networks.<br />

One of the key results of analyzing the planning process<br />

is that the optimal future development of existing<br />

networks depends on the future development of<br />

uncertain boundary conditions. The relevant uncertainties<br />

can be classified in technical, economical and<br />

political uncertainties with different impact on the<br />

optimal network development. Some of these uncertainties<br />

initiate the realization of expansion steps and<br />

have therefore direct influence on network development.<br />

Thus, calculating discrete points in time for the<br />

realization of expansion steps without regard to<br />

uncertainties as done so far during network planning<br />

does not meet practical requirements.<br />

The optimization method developed in this thesis is<br />

based on Ant Colony Optimization. For existing networks,<br />

it calculates optimal expansion strategies that<br />

allow a flexible future development of those networks<br />

depending on the development of uncertain boundary<br />

conditions. A short computing time even for planning<br />

problems of practical size is obtained by combining<br />

several heuristic optimization approaches.<br />

Exemplary studies show the functionality and capability<br />

of the developed method. In sensitivity analyses the<br />

influence of boundary conditions on the optimal<br />

expansion strategy and total network costs is analyzed.<br />

The results prove that uncertain boundary conditions<br />

lead to increasing total costs for the network operator.<br />

Combined with existing methods for long-term planning<br />

of electrical networks this newly developed method<br />

allows solving practical planning problems completely<br />

and in an objective manner for the first time.<br />

36 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


1 Motivation<br />

Durch die bevorstehende Anreizregulierung sind die<br />

Betreiber elektrischer Netze gezwungen, Effizienzsteigerungspotenziale<br />

zu identifizieren und zu nutzen, um<br />

auch zukünftig hinreichende Erlöse erwirtschaften zu<br />

können. Bereits in der Vergangenheit hat der Liberalisierungsprozess<br />

in der Elektrizitätswirtschaft dazu<br />

geführt, dass Netzbetreiber verstärkt mittels betriebswirtschaftlicher<br />

Methoden bewertet und miteinander<br />

verglichen werden. Diese Entwicklung wird sich durch<br />

das von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene<br />

Regulierungskonzept weiter verstärken.<br />

Eine sachgerechte Reduzierung der Netzkosten, die<br />

nicht durch den Verzicht auf notwendige Investitionen<br />

zu einer Verschlechterung der Versorgungsqualität und<br />

–zuverlässigkeit führt, kann vor allem durch eine<br />

Verbesserung des Netzplanungsprozesses und eine<br />

bedarfsgerechte Anpassung der Netzstruktur erzielt<br />

werden. Gleichzeitig werden durch das erfolgte Unbundling<br />

von Stromerzeugung und –übertragung sowie<br />

durch politische Faktoren wie die Förderung dezentraler<br />

Erzeugungsanlagen die Randbedingungen der Planung<br />

elektrischer Netze zunehmend unsicherer. Der Einsatz<br />

rechnergestützter Optimierungsverfahren in der Netzplanung<br />

ist daher unverzichtbar, um so mehr, da nur mit<br />

Hilfe derartiger Verfahren eine Objektivierung von<br />

Planungsentscheidungen erreicht werden kann, die<br />

besonders im regulierten Strommarkt wichtig ist.<br />

In den letzten Jahren wurden zahlreiche rechnerbasierte<br />

Optimierungswerkzeuge zur Grundsatzplanung<br />

elektrischer Netze entwickelt. In diesem Planungsschritt<br />

werden üblicherweise unter weitgehender<br />

Vernachlässigung des existierenden Anlagenbestandes<br />

kostenoptimale Netzstrukturen, sog. Zielnetze, ermittelt.<br />

Der Vergleich dieser Netzstrukturen mit den<br />

existierenden Netzen gibt Aufschluss über die momentane<br />

Effizienz der bestehenden Netze und wird auch als<br />

Referenznetzanalyse bezeichnet. Offen bleibt dabei die<br />

Frage, ob und in welchen Zeiträumen die langfristig<br />

kostenoptimalen Netzstrukturen überhaupt erreicht<br />

werden können [1].<br />

Derartige Fragestellungen müssen in einer der<br />

Grundsatzplanung nachgelagerten Ausbauplanung<br />

analysiert werden. Anders als in der Grundsatzplanung,<br />

in der die langfristig durchschnittlichen Kosten unterschiedlicher<br />

Netzentwürfe betrachtet werden, ist das<br />

Ziel der Ausbauplanung die Minimierung der Gesamtkosten<br />

innerhalb eines gegebenen Zeitraums. Für<br />

diesen Planungsschritt, in dem die optimale zeitliche<br />

Entwicklung bestehender Netze ermittelt wird, existieren<br />

jedoch nur wenige Verfahren, welche die Ergebnisse<br />

der vorangegangenen Grundsatzplanung als Zielvor-<br />

DISSERTATIONEN<br />

gabe für die Netzentwicklung berücksichtigen können.<br />

Existierende Verfahren, die diesen Anforderungen<br />

genügen, sind dagegen aufgrund hoher Rechenzeiten<br />

nicht zur Optimierung praxisüblicher Planungsaufgaben<br />

geeignet [2].<br />

Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines<br />

rechnergestützten Optimierungsverfahren, das die<br />

optimale zeitliche Entwicklung bestehender Netze in<br />

Richtung der zuvor bestimmten langfristig kostenoptimalen<br />

Zielnetze ermittelt. Dabei müssen die existierenden<br />

Planungsunsicherheiten besonders beachtet und<br />

derart modelliert werden, dass auch die Berücksichtigung<br />

einer praxisüblich großen Zahl relevanter Unsicherheiten<br />

nicht zu unzulässig hohen Rechenzeiten<br />

führt.<br />

2 Analyse<br />

Zu Beginn der Ausbauplanung werden die Ergebnisse<br />

der vorangegangenen Grundsatzplanung analysiert. Aus<br />

den Ergebnissen dieser Analyse werden anschließend<br />

Randbedingungen abgeleitet, die den in der Ausbauplanung<br />

zu durchsuchenden Lösungsraum sinnvoll<br />

einschränken. Hierfür wird das bestehende Netz, das<br />

als Basisnetz bezeichnet wird, mit den in der<br />

Grundsatzplanung ermittelten langfristig kostenoptimalen<br />

Netzstrukturen verglichen. Durch die Unterschiede<br />

zwischen diesen Netzstrukturen sind Planungsprojekte<br />

definiert, die durchgeführt werden können, um das<br />

bestehende Netz in Richtung der langfristig optimalen<br />

Zielnetze zu entwickeln (vgl. Bild 1).<br />

Basisnetz Zielnetz Planungsprojekte<br />

Abbau Zubau<br />

Bild 1: Mögliche Planungsprojekte<br />

Aufgabe der Ausbauplanung ist es anschließend, die<br />

optimale Kombination von Planungsprojekten, die<br />

innerhalb eines gegebenen Zeitraums durchgeführt<br />

werden sollten, zu finden und diese Projekte optimal<br />

zeitlich zu reihen. Kombinationen von Planungsprojekten,<br />

die nicht gemeinsam in einem Zielnetz enthalten<br />

sind, sind nicht zulässig, da nach Durchführung dieser<br />

Projekte keines der Zielnetze mehr erreicht werden<br />

kann.<br />

Jeder Netzzustand, der bei Befolgen der Ausbaustrategie<br />

erreicht werden kann, muss alle technischen<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 37


DISSERTATIONEN<br />

Randbedingungen einhalten, die durch die maximal<br />

zulässigen Betriebsmittelbelastungen, zulässige<br />

Kurzschlussströme und die einzuhaltenden Spannungsgrenzen<br />

gegeben sind.<br />

Zielfunktion der Ausbauplanung ist die Minimierung<br />

des Barwertes sämtlicher Investitions-, Instandhaltungs-<br />

und Verlustkosten innerhalb des gegebenen<br />

Zeitraums. Wird dieser Betrachtungszeitraum jedoch<br />

auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt, werden die<br />

Folgen von Planungsprojekten, die kurz vor Ende dieses<br />

Zeitraums durchgeführt werden, nicht mehr vollständig<br />

berücksichtigt. Gleichzeitig ist es jedoch schwierig, die<br />

Entwicklung von Randbedingungen der Planungsaufgabe<br />

für einen langen Zeitraum bis zu einem fern liegenden<br />

Prognosehorizont zu prognostizieren. Eine beliebige<br />

Verlängerung des Betrachtungszeitraums ist daher<br />

ebenfalls nicht sinnvoll.<br />

Um dieses Problem zu lösen, wird in dieser Arbeit<br />

neben dem Betrachtungszeitraum ein zusätzlicher<br />

Optimierungszeitraum definiert. Der Betrachtungszeitraum<br />

muss dabei mindestens den Optimierungszeitraum<br />

umfassen und kann auch einen unendlich langen<br />

Zeitraum darstellen (vgl. Bild 2). Es wird davon ausgegangen,<br />

dass sich Randbedingungen der Planungsaufgabe<br />

in dem über den Optimierungszeitraum hinausgehenden<br />

Zeitraum nicht mehr ändern. Gleichzeitig wird<br />

der letzte im Optimierungszeitraum erreichte Netzzustand<br />

für den verbleibenden Betrachtungszeitraum<br />

beibehalten, so dass auch die Folgen der zuletzt<br />

umgesetzten Planungsprojekte bei der Bewertung der<br />

Gesamtkosten berücksichtigt werden.<br />

Ausgangspunkt<br />

der Planung<br />

(Basisnetz)<br />

Optimierungszeitraum<br />

Betrachtungszeitraum<br />

Zeithorizont<br />

der Grundsatzplanung<br />

Bild 2: Optimierungs- und Betrachtungszeitraum<br />

2.1 Planungsunsicherheiten<br />

Die unsicheren Randbedingungen der Ausbauplanung<br />

resultieren aus technischen, wirtschaftlichen und<br />

politischen bzw. juristischen Unsicherheiten.<br />

• Technische Unsicherheiten entstehen durch die<br />

unsichere Entwicklung der Netznutzung sowie die<br />

unsichere Nutzungsdauer der eingesetzten Betriebsmittel.<br />

Die Entwicklung der Netznutzung wird<br />

in dieser Arbeit durch eine allgemeine und eine<br />

kundenbezogene Entwicklung von Einspeisungen<br />

und Lasten beschrieben. Die allgemeine Entwicklung<br />

kann durch einfache Prognose der – ggf. unsicheren<br />

– durchschnittlichen Laststeigerungsrate in<br />

Prozent pro Jahr angegeben werden, während die<br />

kundenbezogene Entwicklung individuelle Entwicklungen<br />

inkl. dem Anschluss oder Wegfall von Erzeugungseinheiten<br />

oder Lasten beschreibt. Da die<br />

kundenbezogene Entwicklung den optimalen Netzzustand<br />

direkt beeinflusst – beispielsweise durch<br />

Ausbaumaßnahmen, die zum Anschluss eines Kunden<br />

notwendig sind – ist nicht nur der mögliche<br />

Zeitpunkt des Kundenanschlusses relevant, sondern<br />

auch der sog. Kenntniszeitpunkt, an dem der Netzbetreiber<br />

sicher erfährt, ob ein Kunde angeschlossen<br />

wird oder nicht. Liegt dieser Zeitpunkt ausreichend<br />

vor dem Zeitpunkt des Anschlusses, kann<br />

das Netz u. U. weiter in Richtung des später optimalen<br />

Netzzustandes entwickelt werden.<br />

• Wirtschaftliche Unsicherheiten ergeben sich aus<br />

der unsicheren Entwicklung des Zinssatzes, betriebsmittelbezogener<br />

Investitions- und Instandhaltungskosten<br />

sowie der spezifischen Verlustkosten.<br />

Im Gegensatz zu technischen Unsicherheiten beeinflussen<br />

sie die optimale Netzentwicklung jedoch<br />

nur indirekt, da Um- oder Ausbaumaßnahmen wirtschaftlich<br />

sinnvoll, aber nicht technisch notwendig<br />

sein können. Bei steigenden spezifischen Verlustkosten<br />

kann beispielsweise die Investition in zusätzliche<br />

Leitungen zur Verringerung der Übertragungsverluste<br />

sinnvoll sein, während mit dem Betriebsmittelalter<br />

steigende Instandhaltungskosten<br />

die Erneuerung von Betriebsmitteln wirtschaftlich<br />

werden lassen können.<br />

• Politische Unsicherheiten haben andere Ursachen<br />

als technische Unsicherheiten, können in ihrer Wirkung<br />

auf das Netz jedoch wie technische Unsicherheiten<br />

modelliert werden. Die Förderung dezentraler<br />

Erzeugungsanlagen beeinflusst beispielsweise<br />

die allgemeine und die kundenbezogene Entwicklung<br />

von Einspeisungen und Lasten, während die<br />

politische Einflussnahme auf Kraftwerksbetreiber<br />

zur Änderung der Erzeugungsstruktur die kundenbezogene<br />

Entwicklung beeinflusst. Zusätzlich zu politischen<br />

sind jedoch auch juristische Unsicherheiten<br />

relevant, da sich durch derartige Unsicherheiten die<br />

Realisierung von Planungsprojekten verzögern<br />

kann. Insbesondere in der Hoch- und Höchstspannungsebene<br />

stellt die Dauer des Genehmigungsverfahrens<br />

für neue Freileitungstrassen eine relevante<br />

Unsicherheit dar und muss daher in der Ausbauplanung<br />

berücksichtigt werden.<br />

38 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Die Analyse der Planungsaufgabe zeigt, dass Unsicherheiten<br />

mit direktem Einfluss auf das Netz die Realisierung<br />

von Planungsprojekten bedingen und damit<br />

auslösende Ereignisse für Planungsprojekte darstellen.<br />

Es ist daher sinnvoll, die optimale Ausbaustrategie<br />

durch Wenn/Dann-Beziehungen zwischen auslösenden<br />

Ereignissen und Planungsprojekten zu beschreiben.<br />

Eine derartige Modellierung ist praxisgerechter als der<br />

bisher verfolgte Ansatz, diskrete Zeitpunkte für die<br />

Realisierung von Planungsprojekten zu ermitteln, und<br />

erhöht dadurch den Nutzen bei Anwendung rechnergestützter<br />

Verfahren in der Ausbauplanung.<br />

2.2 Bewertung von Ausbaustrategien<br />

Wichtigstes Kriterium bei der Bewertung potenzieller<br />

Ausbaustrategien sind die Gesamtkosten, die bei<br />

Befolgen dieser Strategie innerhalb des Betrachtungszeitraums<br />

entstehen. Aufgrund der bestehenden<br />

Unsicherheiten und der Abhängigkeit der Ausbaustrategien<br />

von der Entwicklung dieser Unsicherheiten sind<br />

die Gesamtkosten im Betrachtungszeitraum ebenfalls<br />

unsicher. Da die Wahrscheinlichkeitsverteilung des<br />

Barwertes der Gesamtkosten in einer Bewertungsfunktion<br />

bestimmt werden kann, können neben dem<br />

Erwartungswert auch die Standardabweichung und<br />

weitere Kriterien der Entscheidungstheorie wie Value<br />

At Risk oder Conditional Value At Risk für den Vergleich<br />

unterschiedlicher Ausbaustrategien verwendet werden.<br />

Zusätzlich zu diesen monetären Bewertungsgrößen sind<br />

weitere Kenngrößen für den Netzbetreiber relevant. So<br />

ist beispielsweise der Entscheidungsspielraum, der<br />

dem Netzbetreiber am Ende des Optimierungszeitraums<br />

verbleibt oder die Verteilung der Investitionen auf die<br />

einzelnen Jahre des Betrachtungszeitraums, von<br />

Interesse [3]. In dieser Arbeit werden daher weitere<br />

Bewertungskriterien definiert.<br />

• Die Elastizität einer Ausbaustrategie ist definiert<br />

als die Anzahl der Zielnetze, die am Ende des Optimierungszeitraums<br />

noch erreicht werden können,<br />

bezogen auf die Anzahl aller Zielnetze. Die Elastizität<br />

ist damit ein Maß für den verbleibenden Entscheidungsspielraum<br />

des Netzbetreibers nach Befolgen<br />

der entsprechenden Ausbaustrategie.<br />

• Die Flexibilität beschreibt die Wahrscheinlichkeit,<br />

mit der zukünftig von der ermittelten Ausbaustrategie<br />

nicht abgewichen werden muss. Dieses Bewertungskriterium<br />

ist insbesondere dann sinnvoll,<br />

wenn durch das frühzeitige Sicherstellen der technischen<br />

Zulässigkeit auch für sehr unwahrscheinliche<br />

Szenarien unsicherer Randbedingungen hohe<br />

Kosten entstehen. Eine geringere Flexibilität führt<br />

in diesem Fall zu niedrigeren Kosten, birgt jedoch<br />

DISSERTATIONEN<br />

das Risiko, bei Eintritt ungünstiger Szenarien zukünftig<br />

langfristig optimale Entscheidungen nicht<br />

durchführen zu können.<br />

• Die Verteilung der Investitionen über die einzelnen<br />

Jahre wird durch die Akzeptanz einer Ausbaustrategie<br />

beschrieben. Hierfür kann der Netzbetreiber<br />

maximale und minimale Investitionsbudgets für die<br />

einzelnen Jahre vorgeben, die nach Möglichkeit<br />

eingehalten werden sollen. Wichtig ist, dass diese<br />

Grenzen bis zum Erreichen einer absoluten Grenze<br />

verletzt werden dürfen, da durch Über- bzw. Unterschreiten<br />

der vorgeschlagenen Budgets gleichzeitig<br />

ein höherer Nutzen erzielt werden kann.<br />

In dem entwickelten Verfahren sind alle vorgestellten<br />

Bewertungskriterien optional, so dass sowohl die<br />

Berücksichtigung unternehmensspezifischer Ziele als<br />

auch eine einfach zu parametrierende Minimierung des<br />

Erwartungswertes möglich ist.<br />

3 Verfahren<br />

3.1 Ameisenalgorithmus<br />

Das in dieser Arbeit entwickelte Verfahren basiert auf<br />

dem Optimierungsansatz des Ameisenalgorithmus [4].<br />

Dieser ist angelehnt an die Futtersuche von Ameisen in<br />

der Natur und wird auch als wissensbasierter Optimierungsalgorithmus<br />

bezeichnet, da Ameisen den von<br />

ihnen zurückgelegten Weg mit einem Duftstoff, dem<br />

sog. Pheromon, markieren und somit Wissen über gute,<br />

d. h. kurze Wege speichern. Bild 3 zeigt das Vorgehen<br />

der Ameisen bei der Futtersuche.<br />

Futtersuche<br />

Nest Futter<br />

Rückkehr zum Ausgangspunkt<br />

Nest Futter<br />

Bild 3: Futtersuche einer Ameise<br />

Zu Beginn der Futtersuche bewegen sich die Ameisen<br />

beinahe zufällig, da die Umgebung noch keinerlei<br />

Pheromonmarkierungen enthält. Aufgrund der Größe<br />

der Ameisenkolonie findet jedoch üblicherweise nach<br />

kurzer Zeit zumindest eine Ameise eine Futterquelle in<br />

der Nähe des Nestes. Bei der Rückkehr zum Nest steigt<br />

die Wahrscheinlichkeit, mit der diese Ameise dem<br />

zuvor von ihr markierten Weg folgt, da die Wahrschein-<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 39


DISSERTATIONEN<br />

lichkeit für die Wahl eines Weges proportional zu<br />

dessen Pheromonkonzentration ist.<br />

In der Natur bewegen sich alle Ameisen einer Kolonie<br />

mit annähernd gleicher Geschwindigkeit. In gleicher<br />

Zeit werden dadurch kurze Wege häufiger durchlaufen<br />

als lange Wege, wodurch die Pheromonkonzentration<br />

auf kurzen Wegen schneller ansteigt. Dies erhöht<br />

wiederum die Wahrscheinlichkeit, mit der diese Wege<br />

gewählt werden. Nach kurzer Zeit bildet sich dadurch<br />

ein stabiles Optimum heraus, das üblicherweise in der<br />

Nähe der optimalen Lösung liegt.<br />

Um die Konvergenz in lokale Optima zu vermeiden,<br />

nähert sich die Wahrscheinlichkeit für die Wahl eines<br />

Weges auch bei hohen Pheromonkonzentrationen nur<br />

asymptotisch 100 %. Zudem führt die Verwitterung der<br />

Pheromonmarkierungen durch Umwelteinflüsse dazu,<br />

dass auch nach dem Erreichen eines Optimums noch<br />

alternative Lösungen betrachtet werden.<br />

3.2 Entwickeltes Optimierungsverfahren<br />

Bild 4 gibt einen Überblick über das entwickelte<br />

Optimierungsverfahren.<br />

Nein<br />

Nein<br />

Initialisierung<br />

Stochastische Generierung<br />

einer potenziellen Lösung<br />

Lokale Suche<br />

Technisch-wirtschaftliche<br />

Bewertung der Lösung<br />

Alle<br />

Randbedingungen<br />

erfüllt?<br />

Ja<br />

Iteration beendet?<br />

Ja<br />

Update der Wissensbasis<br />

Abbruchkriterium<br />

erfüllt?<br />

Nein<br />

Ja<br />

Reparatur verletzter<br />

Randbedingungen<br />

Ergebnisausgabe<br />

Bild 4: Entwickeltes Optimierungsverfahren<br />

Nach der Initialisierungsphase, in der u. a. die Ergebnisse<br />

der Grundsatzplanung analysiert werden, generiert<br />

das Verfahren eine potenzielle Ausbaustrategie. In<br />

diesem Schritt werden die technischen Randbedingungen<br />

der Planungsaufgabe vernachlässigt, so dass die<br />

erzeugte Lösung nach diesem Schritt nicht notwendigerweise<br />

technisch zulässig ist.<br />

Anschließend wird die generierte Lösung durch eine<br />

lokalen Suche heuristisch modifiziert. In diesem Schritt<br />

werden einfach zu identifizierende Verbesserungen<br />

durchgeführt, um die Konvergenz des Verfahrens zu<br />

beschleunigen.<br />

Erst danach wird die bis hierhin ausschließlich stochastisch<br />

und heuristisch erzeugte Lösung vollständig<br />

technisch und wirtschaftlich bewertet. Dabei werden<br />

sowohl die Gesamtkosten im Betrachtungszeitraum<br />

ermittelt als auch alle technischen Randbedingungen<br />

überprüft. Werden hierbei Verletzungen von Randbedingungen<br />

festgestellt, wird die Ausbaustrategie<br />

modifiziert, bis alle Randbedingungen eingehalten<br />

werden. Da sich hierdurch die Gesamtkosten im<br />

Betrachtungszeitraum geändert haben können, ist<br />

anschließend eine erneute technisch-wirtschaftliche<br />

Bewertung notwendig.<br />

Die Generierung neuer Lösungen und die Auswahl der<br />

Reparaturmaßnahmen erfolgt unter Beachtung der<br />

Wissensbasis, in der die Ergebnisse vorangegangener<br />

Bewertungen gespeichert werden. Die Wissensbasis<br />

enthält dabei für jede Kombination aus auslösendem<br />

Ereignis und möglichem Planungsprojekt einen Wert,<br />

der proportional zur Anzahl der Ausbaustrategien hoher<br />

Güte, in der diese Kombination aus Planungsprojekt<br />

und auslösendem Ereignis vorgesehen war, ist. Die<br />

Einträge in der Wissensbasis entsprechen damit den<br />

Pheromonwerten des Ameisenalgorithmus.<br />

Für lokale Suchalgorithmen steht mit der Wissensbasis<br />

eine erheblich größere Basis als bei ausschließlicher<br />

Betrachtung der Umgebung der aktuellen Lösung zur<br />

Verfügung, was die Effizienz des Algorithmus erhöht<br />

und damit die Rechenzeit des Verfahrens reduziert. Ein<br />

Update der Wissensbasis erfolgt jedoch erst, wenn<br />

eine vorgegebene Anzahl neuer Lösungen generiert und<br />

bewertet wurde, d. h. nach Abschluss einer Iteration.<br />

Der Grund hierfür ist, dass erst durch den Vergleich<br />

mehrerer alternativer Lösungen die Güte der einzelnen<br />

Lösungen bewertet werden kann. In dem entwickelten<br />

Verfahren ist der Einfluss einzelner Lösungen auf die<br />

Wissensbasis proportional zur Güte der Lösungen,<br />

wodurch die Effizienz des Verfahrens weiter gesteigert<br />

werden kann.<br />

4 Exemplarische Ergebnisse<br />

Im Folgenden wird die Ausbauplanung für ein realitätsnahes<br />

Versorgungsgebiet, bestehend aus einem 110kV-<br />

und zwei 20-kV-Netzen, durchgeführt. Die bestehenden<br />

Netze in diesem Versorgungsgebiet zeigt Bild 5.<br />

40 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Es wird ein Optimierungszeitraum von 25 Jahren<br />

betrachtet, der Betrachtungszeitraum ist in dieser<br />

Untersuchung nicht beschränkt. Innerhalb dieses<br />

Zeitraums kann die Last im Versorgungsgebiet um<br />

maximal 1 %/a steigen oder stagnieren, so dass sich<br />

am Ende des Optimierungszeitraums eine Last zwischen<br />

100 % und 125 % der derzeitigen Last ergibt.<br />

380/110-kV-Station<br />

110/20-kV-Station<br />

20-kV-Station<br />

110-kV-Stromkreis<br />

20-kV-Stromkreis<br />

Bild 5: Bestehende 110-kV- und 20-kV-Netze<br />

Die Entwicklung der spezifischen Verlustkosten innerhalb<br />

des Optimierungszeitraums ist ebenfalls unsicher.<br />

Es wird erwartet, dass der Erwartungswert der spezifischen<br />

Verlustkosten von derzeit 40 EUR/MWh über 25<br />

Jahre auf 55 EUR/MWh ansteigt. Um die mit dem<br />

Prognosehorizont steigende Unsicherheit dieser<br />

Annahme abzubilden, steigt die Standardabweichung<br />

der zu Beginn des Optimierungszeitraums sicheren<br />

spezifischen Verlustkosten ebenfalls linear auf<br />

5 EUR/MWh.<br />

100%<br />

Last<br />

125%<br />

Last<br />

Spezifische Verlustkosten<br />

40 EUR/MWh 70 EUR/MWh<br />

ZN 1 ZN 2<br />

ZN 3 ZN 4<br />

380/110-kV-Station 110-kV-Stromkreis<br />

110/20-kV-Station<br />

20-kV-Station<br />

20-kV-Stromkreis<br />

Bild 6: Langfristig optimale Zielnetze<br />

Zunächst werden in der Grundsatzplanung langfristig<br />

kostenoptimale Netzstrukturen für die Extremszenarien<br />

DISSERTATIONEN<br />

unsicherer Randbedingungen ermittelt. Diese sind in<br />

Bild 6 dargestellt.<br />

Ziel der anschließenden Ausbauplanung ist in dieser<br />

Untersuchung ausschließlich die Minimierung des<br />

Erwartungswertes der Gesamtkosten. Um den Nutzen<br />

durch Anwendung des Verfahrens quantifizieren zu<br />

können, wird dieser Erwartungswert mit dem Barwert<br />

der Gesamtkosten verglichen, die sich bei zyklischer<br />

Erneuerung des Basisnetzes ergeben. Die zyklische<br />

Erneuerung setzt dabei voraus, dass Betriebsmittel, die<br />

altersbedingt erneuert werden müssen, durch identische<br />

Betriebsmittel gleichen Typs ersetzt werden.<br />

In Bild 7 ist neben dem Erwartungswert der Gesamtkosten<br />

bei Befolgen der optimalen Ausbaustrategie und<br />

bei zyklischer Erneuerung des Basisnetzes auch die<br />

Wahrscheinlichkeitsverteilung dieser Kosten dargestellt.<br />

Die Kosten der optimalen Ausbaustrategie sind<br />

rund 12 % geringer als die Kosten der zyklischen<br />

Erneuerung und dominieren die Verteilungsfunktion<br />

dieser Kosten zudem deutlich.<br />

Erwartungswert der Gesamtkosten<br />

150<br />

Mio. EUR<br />

100<br />

124,6<br />

109,9<br />

Verlustkosten<br />

Instandhaltungskosten<br />

50<br />

Investitionskosten<br />

0<br />

Zyklische Optimale<br />

Erneuerung Ausbaustrategie<br />

Wahrscheinlichkeit<br />

1<br />

Optimale<br />

Ausbaustrategie<br />

0,5<br />

0<br />

Zyklische Erneuerung<br />

des Basisnetzes<br />

Mio. EUR<br />

110 115 120 125<br />

Bild 7: Erwartungswert und Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />

der Gesamtkosten im Betrachtungszeitraum<br />

Neben den Gesamtkosten im Betrachtungszeitraum ist<br />

interessant, inwieweit die zuvor ermittelten Zielnetze<br />

erreicht werden können. Hierfür werden die langfristig<br />

durchschnittlichen (annuitätischen) Kosten des Netzzustandes,<br />

der am Ende des Optimierungszeitraums<br />

erreicht wird (Bild 8), miteinander verglichen (Bild 9).<br />

Der Vergleich von Struktur und Kosten der Zielnetze mit<br />

dem erreichbaren Netzzustand zeigt, dass nicht das<br />

vollständige Kostenreduktionspotenzial, das sich bei<br />

ausschließlicher Betrachtung der Zielnetze ergeben<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 41


DISSERTATIONEN<br />

würde, realisiert werden kann. Die Vorgabe von<br />

Effizienzsteigerungsvorschriften allein auf Basis des<br />

Ergebnisses der Grundsatzplanung ohne Beachtung der<br />

Übergangskosten auf dem Weg zu effizienteren<br />

Netzstrukturen ist somit nicht zulässig. Gleichzeitig<br />

wird bei ausschließlicher Betrachtung der Zielnetze das<br />

minimal realisierbare, langfristig wirksame Kostenreduktionspotenzial<br />

unterschätzt, da das Zielnetz mit den<br />

höchsten annuitätischen Kosten für ein Extremszenario<br />

unsicherer Randbedingungen mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

ermittelt wurde.<br />

380/110-kV-Station<br />

110/20-kV-Station<br />

20-kV-Station<br />

110-kV-Stromkreis<br />

20-kV-Stromkreis<br />

Bild 8: Netzzustand am Ende des Optimierungszeitraums<br />

30<br />

Mio.<br />

EUR/a<br />

Annuitätische Netzkosten<br />

10<br />

-17,5%<br />

-16%<br />

0<br />

Basisnetz ZN 1 ZN 2<br />

Verluste<br />

110-kV-Leitungen<br />

110-kV-Schaltanlagen<br />

-10,8%<br />

-9,6%<br />

-10,2%<br />

ZN 3 ZN 4 Erreichter<br />

Netzzustand<br />

110/20-kV-Transformatoren<br />

20-kV-Betriebsmittel<br />

Bild 9: Annuitätische Kosten der unterschiedlichen<br />

Netzzustände<br />

5 Zusammenfassung<br />

Der im regulierten Elektrizitätsmarkt steigende Druck<br />

auf die Netzbetreiber, Effizienzsteigerungspotenziale zu<br />

identifizieren und zu nutzen, führt zu einer Überprüfung<br />

der bisherigen Netzplanungspraxis. Zusammen mit den<br />

durch die Liberalisierung gestiegenen Unsicherheiten<br />

der Netzplanung erhöht sich die Notwendigkeit,<br />

rechnergestützte Optimierungswerkzeuge bei der<br />

Planung elektrischer Netze einzusetzen. Mit den<br />

existierenden Verfahren zur Grundsatzplanung elektri-<br />

scher Netze kann nicht der optimale Entwicklungspfad<br />

für bestehende Netze ermittelt werden. Die Anwendung<br />

derartiger Verfahren – beispielsweise in einer<br />

Referenznetzanalyse – erlaubt daher auch keine<br />

Aussagen über das tatsächlich realisierbare Kostenreduktionspotenzial<br />

der Netzbetreiber. Existierende<br />

Verfahren für diese Fragestellung sind aufgrund hoher<br />

Rechenzeiten nicht für praxisübliche Planungsaufgaben<br />

geeignet. Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung<br />

eines Verfahrens zur Ausbauplanung elektrischer Netze<br />

mit handhabbarer Rechenzeit.<br />

Das in dieser Arbeit entwickelte Verfahren ermittelt<br />

Wenn/Dann-Beziehungen zwischen unsicheren Ereignissen<br />

und Planungsprojekten. Diskrete Zeitpunkte, an<br />

denen Planungsprojekte durchgeführt werden sollten,<br />

müssen somit nicht mehr ermittelt werden, was einen<br />

praxisgerechten Einsatz des Verfahrens ermöglicht.<br />

Durch die Kombination des Ameisenalgorithmus mit<br />

anderen heuristischen Optimierungsverfahren wird ein<br />

effizienter, iterativer Algorithmus entwickelt, der in<br />

wenigen Iterationen Lösungen in der Nähe des absoluten<br />

Optimums findet. Exemplarische Untersuchungen<br />

belegen die Funktionsfähigkeit des Verfahrens. Zusätzliche,<br />

in dieser Arbeit durchgeführte Sensitivitätsanalysen<br />

zeigen seine Leistungsfähigkeit. Zusammen mit<br />

existierenden Verfahren zur Grundsatzplanung elektrischer<br />

Netze wird mit dem neu entwickelten Verfahren<br />

die vollständige, objektive Lösung praxisüblicher<br />

Planungsaufgaben erstmalig möglich.<br />

6 Literatur<br />

[1] Maurer, Ch.; Fritz, W.<br />

Modell- und Vergleichsnetzanalyse – Anwendungsbeispiele<br />

für Strom- und Gasnetze<br />

e/m/w – Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb<br />

1, 2006, S. 22-25<br />

[2] Sengbusch, K. v.<br />

Einfluss von Planungsunsicherheiten auf die Ausbaustrategie<br />

von 110-kV-Netzen<br />

Dissertation, <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Bd. 88,<br />

Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2002<br />

[3] Hanuscheck, R.<br />

Investitionsplanung auf der Grundlage vager Daten<br />

Dissertation, Johann Wolfgang Goethe-<br />

Universität Frankfurt<br />

Schulz-Kirchner Verlag, 1986, Frankfurt<br />

[4] Stützle, Th.; Dorigo, M.<br />

ACO Algorithms for the Quadratic Assignment<br />

Problem<br />

New Ideas in Optimization, McGrawHill, 1999<br />

42 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen<br />

Automatic Long-Term Planning of Medium-Voltage Systems<br />

Dr.-Ing. Xiaohu Tao<br />

xiaohu.tao@iaew.rwth-aachen.de<br />

DISSERTATIONEN<br />

Mit Arbeitsaufnahme der Bundesnetzagentur und Einführung einer anreizbasierten Entgeltregulierung erhöht sich der<br />

Kostendruck auf die Verteilungsnetzbetreiber. Bei der Erschließung von Kosteneinsparpotenzialen können mit rechnerbasierten<br />

Optimierungsverfahren generierte Netze wichtige Erkenntnisse liefern. Sie können nicht nur als langfristig<br />

anzustrebende Netzstrukturen und somit als Zielvorgabe für die nachgelagerte Ausbauplanung, sondern auch als objektiver<br />

Bewertungsmaßstab für einen unternehmensinternen und unternehmensübergreifenden Effizienzvergleich eingesetzt<br />

werden. Angesichts der großen Bedeutung der 20(10)-kV-Netze für Netzkosten und Versorgungsqualität ist die Ermittlung<br />

von Referenznetzen für die 20(10)-kV-Ebene notwendig. Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines Verfahrens für<br />

die Grundsatzplanung von 20(10)-kV-Netzen, das alle relevanten Randbedingungen und Freiheitsgrade betrachtet und<br />

kostengünstige Zielnetze auch unter Beachtung von Zuverlässigkeitsnebenbedingungen ermitteln kann. Exemplarische<br />

Anwendungen auf reale Versorgungsaufgaben zeigen die Leistungsfähigkeit und Funktionalität dieses Verfahrens.<br />

In the liberalised European electricity markets the<br />

network operators are still monopoly companies due to<br />

the natural monopoly of electric networks. To increase<br />

the competition between network operators and to<br />

check the usage of system fees, the German Federal<br />

Network Agency was set up in 2005. It is expected that<br />

the cost pressure on network companies will increase<br />

further. It is necessary for the network companies to<br />

reduce the costs through some measures, such as<br />

check of the efficiency and restructure of existing networks.<br />

“Green Field” based long-term network planning<br />

can provide not only a reference network for the<br />

efficiency analysis, but also a target network for the<br />

restructure measures. Computer-aided network planning<br />

tools are needed.<br />

Since years there has been many research work on the<br />

long-term planning of High-Voltage networks [3]. Only a<br />

few work has been done for the optimal long-term<br />

planning of Medium-Voltage-(MV-)networks. Considering<br />

the incentive regulation of distribution networks<br />

and new requirements of MV-networks, nowadays it<br />

becomes very important to develop methods for the<br />

long-term planning of MV-networks. The main reasons<br />

are:<br />

• MV-networks cause a big part of total costs of the<br />

electric networks.<br />

• MV-networks show a dominant effect on the reliability<br />

of power supply for the Low-Voltage customers.<br />

Around 80% of the non-availability of a Low-<br />

Voltage customer is caused by a fault or an interruption<br />

in MV-networks.<br />

• Due to political rules on renewable energy the<br />

number and the installed capacity of renewable<br />

energy equipments have increased rapidly in the<br />

last years. Such distributed generation (DG) is<br />

mainly integrated in the MV-networks.<br />

• MV-networks have been generally built according<br />

to local requirements, i.e. without consideration of<br />

long-term optimality. Thus, existing networks show<br />

very complicated network structures which are<br />

over-dimensioned for the present supply task.<br />

Therefore, a fundamental and long-term optimality<br />

based restructure of existing network structures is<br />

meaningful and important.<br />

In this work a new two-stage heuristic method for the<br />

long-term planning of 20(10)-kV-networks which considers<br />

all planning relevant constraints and degrees of<br />

freedom and plans optimal target networks for largescale<br />

problems with the consideration of constraints for<br />

the reliability of power supply within some minutes.<br />

Exemplary applications of the newly developed method<br />

to real distribution systems show its capabilities.<br />

As an important planning tool the method can be used<br />

for various investigations, such as planning of longterm<br />

target networks, efficiency analysis of existing<br />

networks and quantifying of special effects, such as<br />

integration of DG into existing networks or reliability of<br />

power supply. Applications of this method for reference<br />

network analysis in the incentive regulation enable an<br />

objective evaluation of the cost situation of different<br />

supply tasks. The developed method will be used by the<br />

Federal Network Agency for the regulation of distribution<br />

business in Germany.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 43


DISSERTATIONEN<br />

1 Einleitung<br />

Die Netzbetreiber sind Monopolunternehmen aufgrund<br />

des natürlichen Monopols von elektrischen Netzen. Um<br />

dennoch eine wettbewerbsähnliche Situation zu erreichen,<br />

wurde 2005 in Deutschland die Bundesnetzagentur<br />

(BNetzA) etabliert [1]. Der BNetzA obliegt die Überwachung<br />

der Angemessenheit der Netznutzungsentgelte.<br />

Dabei ist zu erwarten, dass sich mit der Umsetzung<br />

des aktuell diskutierten Konzepts einer Anreizregulierung<br />

der Kostendruck auf die Netzbetreiber deutlich<br />

verstärken wird.<br />

Die Netzbetreiber sehen sich somit der Notwendigkeit<br />

ausgesetzt, ihre Kosten zu reduzieren. Hierzu stehen<br />

ihnen einerseits kurzfristige, d. h. betrieblich, und<br />

anderseits mittel- bis langfristige Maßnahmen zur<br />

Verfügung. Kurzfristige Maßnahmen, wie die Reduzierung<br />

des Aufwands für Netzbetrieb und Instandhaltung,<br />

ermöglichen schnelle Kostenabsenkungen. Langfristig<br />

bergen sie jedoch das Risiko einer Verkürzung der<br />

Nutzungsdauer und Verringerung der Zuverlässigkeit<br />

der Betriebsmittel und damit eines Absinkens der<br />

gebotenen Versorgungsqualität.<br />

Nur mittel- bis langfristig wirkende Maßnahmen, wie<br />

z. B. die Überprüfung der Effizienz der bestehenden<br />

Netzstrukturen und ggf. ihre Anpassung sowie die<br />

Überarbeitung der Planungsgrundsätze, können weitere<br />

Einsparpotenziale erschließen. Die Umsetzung erfordert<br />

jedoch Verbesserungen der Methoden zur Netzplanung.<br />

Deren hohe Systemkomplexität macht zu ihrer optimalen<br />

Durchführung den Einsatz rechnerbasierter Optimierungsverfahren<br />

notwendig. Im Mittelpunkt des Interesses<br />

stehen dabei als erster notwendiger Schritt Verfahren,<br />

die langfristig kostengünstige Netzstrukturen, so<br />

genannte Zielnetze, ermitteln.<br />

Während die Zielnetzplanung von Hochspannungs-(HS)-<br />

Netzen seit langem Gegenstand der wissenschaftlichen<br />

Forschung ist [3], betrachten bisher nur wenige Arbeiten<br />

die optimale Auslegung von Mittelspannungs-(MS)-<br />

Netzen. Vor dem Hintergrund der Anreizregulierung und<br />

sich damit ergebender neuer Anforderungen an MS-<br />

Netze erscheint eine Zielnetzplanung auch für diese<br />

Spannungsebene notwendig. Dies ist unter anderem<br />

durch folgende Aspekte begründet:<br />

• MS-Netze verursachen einen großen Anteil der<br />

gesamten Kosten der elektrischen Versorgungsnetze<br />

und sind daher entscheidend für deren Wirtschaftlichkeit.<br />

• MS-Netze haben einen dominierenden Einfluss auf<br />

die Versorgungszuverlässigkeit der Endkunden. So<br />

werden etwa 80% der Nichtverfügbarkeit eines<br />

Niederspannungskunden durch Fehler oder Ausfälle<br />

in MS-Netzen verursacht [2]. Um ein deutliches Absinken<br />

der Versorgungszuverlässigkeit nach Einführung<br />

der Anreizregulierung zu verhindern, wird das<br />

Konzept der Anreizregulierung auch eine Qualitätsregulierung<br />

beinhalten [1]. Diese Qualitätsregulierung<br />

wird insbesondere das MS-Netz betreffen.<br />

• Die politisch motivierte Förderung regenerativer<br />

Energiequellen führt zu einem starken Zuwachs von<br />

dezentralen Erzeugungsanlagen (DEA), die auch an<br />

MS-Netze angeschlossen werden. Damit sind die<br />

Planungsunsicherheiten in dieser Spannungsebene<br />

bereits in der Vergangenheit stark angestiegen. Ein<br />

weiterer Anstieg ist zu erwarten. Bei der Integration<br />

von DEA in bestehende MS-Netze müssen unterschiedliche<br />

technische Effekte beachtet werden.<br />

• MS-Netze wurden in der Vergangenheit in der<br />

Regel bedarfsgetrieben und schrittweise, d. h. ohne<br />

langfristige Zielorientierung, geplant. Daher zeigen<br />

diese Netze häufig eine für die aktuelle Versorgungsaufgabe<br />

überdimensionierte und komplizierte<br />

Netzstruktur. Angesichts der stabilen Lastentwicklung<br />

und des hohen durchschnittlichen Betriebsmittelalters<br />

in den bestehenden MS-Netzen erscheint<br />

deshalb heute eine grundlegende, auch langfristig<br />

auf Optimalität ausgerichtete Überarbeitung der<br />

Netzstrukturen sinnvoll und durchführbar.<br />

• In der MS-Ebene kommt eine Vielzahl von Netzformen<br />

zum Einsatz. Diese treten auch innerhalb eines<br />

Unternehmens häufig nebeneinander auf. Für eine<br />

nur manuell durchgeführte und ohne Zielorientierung<br />

betriebene Netzplanung ist deshalb die Entscheidung<br />

über die langfristig optimale Netzform<br />

quasi unmöglich.<br />

Viele bestehende rechnergestützte Verfahren zur<br />

Planung von MS-Netzen konzentrieren sich auf die<br />

Planungsstufe der Ausbauplanung [4], betrachten aber<br />

nicht die für eine langfristige Optimalität unbedingt<br />

notwendige Zielorientierung, die nur eine Grundsatzplanung<br />

liefern kann.<br />

Vor diesem Hintergrund erscheint die Entwicklung<br />

eines Verfahrens zur Bestimmung langfristig kostenoptimaler<br />

Netzstrukturen von MS-Netzen, entsprechend<br />

der Vorgehensweise einer Grundsatzplanung, für die<br />

optimale Durchführung der anstehenden Planungsaufgaben<br />

sinnvoll und notwendig. Ein solches Verfahren<br />

kann über den Anwendungsbereich der Netzplanung<br />

hinaus auch im regulatorischen Kontext eingesetzt<br />

werden, wo mit Hilfe der Referenznetzanalyse die<br />

Effizienz bestehender Netze durch Vergleich mit<br />

44 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


echnerbasiert ermittelten optimalen Netzen ermittelt<br />

werden soll [1].<br />

Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines<br />

Verfahrens zur Ermittlung langfristig kostenoptimaler<br />

MS-Netze unter Berücksichtigung aller planungsrelevanten,<br />

insbesondere technischen Randbedingungen<br />

und aller praxisüblichen Freiheitsgrade. Insbesondere<br />

ist die Berücksichtigung der Integration von DEA<br />

vorzusehen.<br />

2 Analyse der Grundsatzplanung von<br />

20(10)-kV-Netzen<br />

2.1 Systemabgrenzung<br />

Die MS-Ebene ist in einzelne, zur Kurzschlussstrombegrenzung<br />

galvanisch getrennte Netzbereiche unterteilt,<br />

die in der Regel mit der Nennspannung 10 kV oder<br />

20 kV betrieben werden. Die Lage und Dimensionierung<br />

der 110-kV-Stationen sind eng mit den 20(10)-kV-<br />

Netzen verbunden und beeinflussen grundsätzlich<br />

deren Struktur. In einigen Versorgungsgebieten besteht<br />

eine explizite Wechselwirkung zwischen den 110-kV-<br />

und den 20(10)-kV-Netzen durch Reservestellung für<br />

110-kV-Netze über 20(10)-kV-Transportleitungen. In<br />

ländlichen Gebieten ist eine solche Reservestellung<br />

aufgrund des großen 110-kV-Stationsabstands nicht<br />

von Vorteil [3]. In städtischen Gebieten kann prinzipiell<br />

eine gemeinsame Planung des 110-kV-Netzes und der<br />

20(10)-kV-Netze unter Berücksichtigung der 20(10)-kV-<br />

Transportleitungen Vorteile, jedoch bei gleichzeitigem<br />

Verlust der Flexibilität für die weitere Netzentwicklung,<br />

bringen. Eine derartige gemeinsame Planung ist wegen<br />

der erweiterten Problemgröße in der Praxis unüblich. In<br />

dieser Arbeit liegt der Fokus daher auf der Planung der<br />

20(10)-kV-Netze. Das überlagerte 110-kV-Netz wird als<br />

feste Vorgabe betrachtet. Dementsprechend bleiben<br />

die 0,4-kV-Netze bei der Planung der 20(10)-kV-Netze<br />

unberücksichtigt.<br />

2.2 Bewertungskriterien<br />

2.2.1 Wirtschaftliche Bewertung<br />

Für die ökonomische Bewertung sind alle durch die<br />

Planungsentscheidung für 20(10)-kV-Netze verursachten<br />

Ausgaben zu berücksichtigen. Diese umfassen<br />

Investitionskosten und jährliche Betriebskosten.<br />

2.2.2 Technische Bewertung<br />

Netze werden als (n-1)-redundant angesehen, wenn sie<br />

für jede beliebige, technisch mögliche und betrieblich<br />

sinnvolle Ausgangssituation den Ausfall eines beliebi-<br />

DISSERTATIONEN<br />

gen Betriebsmittels ohne unzulässige Einschränkungen<br />

ihrer Funktionsfähigkeit aufrechterhalten [5]. Das heißt,<br />

Ausfälle führen nicht zu einer Verletzung der technischen<br />

Anforderungen, wobei in der 20(10)-kV-Netzplanung<br />

üblicherweise die maximale Belastbarkeit der<br />

Betriebsmittel, die erforderliche Spannungsqualität<br />

und die Kurzschlussstromgrenzen festgelegt sind. In der<br />

20(10)-kV-Ebene wird das (n-1)-Kriterium auch dann als<br />

erfüllt angesehen, wenn zwar nach einem Betriebsmittelausfall<br />

eine Versorgungsunterbrechung auftritt,<br />

diese jedoch durch Umschaltungen oder Einsatz von<br />

Notstromaggregaten nach kurzer Zeit behoben werden<br />

kann [5].<br />

2.2.3 Spezifische Anforderungen<br />

Zusätzlich zu den zuvor erläuterten, von elektrischen<br />

Kenngrößen abhängigen technischen Kriterien werden<br />

einige weitere Kriterien vorgestellt. Diese sind bei<br />

Netzbetreibern häufig angewandte Entscheidungsregeln,<br />

um Netzbetriebsführung und Störungsbeseitigung<br />

zu vereinfachen. Sie sind insofern planungsrelevant und<br />

auch im zu entwickelnden Verfahren zu berücksichtigen.<br />

Sie umfassen:<br />

• Maximale Abgangslänge und maximale Anzahl der<br />

Stationen in einem Abgang<br />

• und maximale Stationsanzahl im Stichanschluss<br />

und deren Gesamtlast.<br />

2.3 Freiheitsgrade der Grundsatzplanung<br />

von 20(10)-kV-Netzen<br />

Spannungsebene<br />

10 kV und 20 kV werden als Standardspannungsebenen<br />

für MS-Verteilungsnetze angesehen. Historisch bedingt<br />

existieren noch einige MS-Netze mit Spannungen von<br />

6 kV und 15 kV. Eine langfristige Umstellung dieser<br />

Netze auf 10 kV oder 20 kV wird von den Netzbetreibern<br />

jedoch zumeist angestrebt. In dem zu entwickelnden<br />

Grundsatzplanungsverfahren kann die Spannungsebene<br />

daher als durch den Netzplaner vorgegeben<br />

angesehen werden.<br />

Netzformen der 20(10)-kV-Netze<br />

Neben der Spannungsebene ist die Wahl der Netzstruktur<br />

von großer Bedeutung, da sie sowohl die Netzkosten<br />

als auch die Versorgungsqualität beeinflusst. Aus<br />

historischen Gründen finden sich in der Praxis in 20(10)kV-Netzen<br />

unterschiedliche Netzformen, z. B. das<br />

Strahlennetz, das Maschennetz, das Ring-/Strangnetz<br />

evtl. mit Stichanschlüssen und das Netz mit Stützpunktstationen<br />

wieder.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 45


DISSERTATIONEN<br />

Im Strahlennetz sind keine Umschaltmöglichkeiten<br />

vorhanden, wodurch das Strahlennetz eine hohe Unterbrechungsdauer<br />

und somit eine niedrige Versorgungszuverlässigkeit<br />

aufweist. Das Strahlennetz weist<br />

üblicherweise die geringsten Investitionskosten aufgrund<br />

geringster Anzahl an Betriebsmitteln auf. Angesichts<br />

der niedrigen Versorgungszuverlässigkeit wird<br />

eine derartige Netzform in Industrieländern jedoch<br />

kaum angewendet. Mit einem Strahlennetz kann eine<br />

Untergrenze für die Kosten von 20(10)-kV-Netzen<br />

abgeleitet werden. Daher wird diese Bewertungsmethode<br />

in Ländern wie Schweden durch die Regulierungsbehörde<br />

für eine Effizienzanalyse der Verteilungsnetze<br />

eingesetzt. Aus diesem Grund wird auch in dieser<br />

Arbeit diese Netzform berücksichtigt.<br />

Im Gegensatz zum Strahlennetz verliert das Maschennetz<br />

im hohen Maß an Übersichtlichkeit. Daher wird<br />

das Maschennetz von den Netzbetreibern in der Grundsatzplanung<br />

für die 20(10)-kV-Netze nicht angestrebt<br />

und bleibt daher in dieser Arbeit außer Betrachtung.<br />

Beim Ring-/Strangnetz werden die 20(10)-kV-Stationen<br />

in der Regel ausgehend von den 110-kV-Stationen<br />

ringförmig verbunden. Zur Begrenzung der Ausfallfolgen<br />

eines Leitungs- oder 20(10)-kV-Stationsfehlers<br />

werden die Ringe im Normalbetrieb strahlenförmig<br />

betrieben.<br />

Vorliegende Untersuchungen zeigen, dass die Ring- und<br />

Strangnetzform sowohl eine angemessen hohe Versorgungszuverlässigkeit<br />

als auch eine gute Wirtschaftlichkeit<br />

aufweisen und daher von Netzbetreibern für die<br />

20(10)-kV-Netze als Standardnetzform für die Grundsatzplanung<br />

präferiert werden. Ring- und Strangnetze<br />

bilden entsprechend den Schwerpunkt dieser Arbeit.<br />

Beim Ring-/Strangnetz mit Stützpunktstationen sind im<br />

Versorgungsgebiet verteilte Stützpunktstationen über<br />

20(10)-kV-Transportleitungen mehrfach redundant an<br />

eine oder mehrere 110-kV-Stationen angeschlossen.<br />

Das Ring-/Strangnetz mit Stützpunktstationen ist<br />

grundsätzlich eine Kombination aus Ring-/Strangnetz<br />

und vermaschtem 20(10)-kV-Transportnetz. Daher wird<br />

das Ring-/Strangnetz mit Stützpunktstationen in dieser<br />

Arbeit nicht explizit betrachtet.<br />

Betriebsmittelwahl<br />

Bei Neubau- und Erneuerungsmaßnahmen werden<br />

aufgrund der Vorteile bei Einkauf, Lagerhaltung u. a.<br />

nur wenige Standardbetriebsmitteltypen eingesetzt [3].<br />

3 Modelle und Verfahren<br />

3.1 Technisches Systemmodell<br />

3.1.1 Entwickeltes heuristisches Verfahren<br />

Das entwickelte heuristische Verfahren für die Grundsatzplanung<br />

von 20(10)-kV-Netzen ist ein zweistufiges<br />

Optimierungsverfahren [6]. In der ersten Stufe wird<br />

durch das Eröffnungsverfahren eine zulässige Lösung<br />

generiert, die in der zweiten Stufe iterativ verbessert<br />

wird. Die Anzahl der Abgänge beeinflusst den Rechenaufwand<br />

erheblich. Daher wird während des Optimierungsprozesses<br />

ein spezieller Algorithmus angewandt,<br />

um deren Anzahl möglichst frühzeitig zu reduzieren.<br />

Wird das Abbruchkriterium erfüllt, bricht die Optimierung<br />

ab und gibt die bis dahin ermittelten kostengünstigsten<br />

und technisch zulässigen Lösungen aus. Bild 1<br />

zeigt einen Überblick über den Ablauf des Verfahrens.<br />

Versorgungsaufgabe, Freiheitsgrade, Randbedingungen<br />

Optimierungsverfahren<br />

Generierung einer zulässigen Startlösung<br />

Iterative Lösungsverbesserung<br />

Verbesserung durch Gesteuerte Lokale Suche<br />

Verbesserung durch Large Neighborhood Search<br />

Optimierung der Anzahl der Abgänge<br />

Ergebnis: Kostengünstige, technisch zulässige Zielnetze<br />

Bild 1: Überblick über das entwickelte Verfahren<br />

Überprüfung der Randbedingungen<br />

Sowohl in dem Eröffnungs- als auch in dem Verbesserungsverfahren<br />

werden die Randbedingungen in jeder<br />

Iteration überprüft. Zunächst werden die unternehmensspezifischen<br />

Randbedingungen, z. B. die zulässige<br />

Abgangslänge und die maximale Anzahl der Stationen<br />

in einem Abgang, überprüft, was in der Regel nur<br />

geringen Rechenaufwand erfordert. Falls eine dieser<br />

Randbedingungen nicht erfüllt ist, bricht der Überprüfungsprozess<br />

ab. Dadurch kann viel Rechenzeit für die<br />

folgende aufwändige Überprüfung der technischen<br />

Randbedingungen eingespart werden.<br />

Die zu überprüfenden technischen Randbedingungen<br />

hängen teilweise von der Lage der Trennstelle ab. Zur<br />

Verringerung der Rechenzeit werden die technischen<br />

Randbedingungen, die von der Lage der Trennstelle<br />

abhängig sind und daher einen hohen Rechenaufwand<br />

erfordern, im letzten Schritt überprüft.<br />

46 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


4 Exemplarische Untersuchungen<br />

4.1 Beispielnetz<br />

Das betrachtete Versorgungsgebiet weist in einigen<br />

Gebieten ländliche, im überwiegenden Teil jedoch<br />

städtische Charakteristika auf. Die Gesamtfläche des<br />

Versorgungsgebietes beträgt ca. 100 km 2<br />

. An das<br />

bestehende 10-kV-Netz, im Folgenden Ist-Netz genannt,<br />

sind 265 10-kV-Netzstationen und -Kunden, davon 32<br />

Stützpunktstationen, angeschlossen. An das Ist-Netz<br />

sind keine Direkteinspeisungen angeschlossen. Aufgrund<br />

der überwiegend städtischen Prägung des<br />

Versorgungsgebietes werden ausschließlich Kabel<br />

eingesetzt. Die gesamte Leitungslänge im Ist-Netz<br />

beträgt ca. 220 km, die gleichzeitige Höchstlast<br />

ca. 45 MW. Das Ist-Netz wird über zwei 110-kV-<br />

Stationen mit jeweils zwei 31,5 MVA Transformatoren<br />

gespeist. Bild 2 zeigt das Ist-Netz.<br />

1 km<br />

Fluss<br />

Brücke<br />

110/10-kV-Umspannstation<br />

10-kV-Stützpunktstation<br />

10-kV-Station und -Kunde<br />

Bild 2: Bestehendes 10-kV-Netz<br />

Die annuitätischen Netzkosten des Ist-Netzes belaufen<br />

sich bei einem Zinssatz von 8%/a auf rund 3 Mio. EUR.<br />

Die Unterbrechungshäufigkeit liegt zwischen 0,05 1/a<br />

und 0,36 1/a bei einem Mittelwert von 0,18 1/a. Die<br />

Bandbreite der Erwartungswerte der Unterbrechungsdauer<br />

reicht von 25 Minuten bis zu 230 Minuten bei<br />

einem Mittelwert von 50 Minuten.<br />

4.2 Ermittlung kostenoptimaler Netze<br />

Angesichts der relativ hohen Lastdichte im Versorgungsgebiet<br />

werden in der Zielnetzplanung ausschließlich<br />

Kabel vom Typ Al 185 mm 2 , der Standardkabeltyp<br />

bei vielen Netzbetreibern, eingesetzt. In den zu entwickelnden<br />

Zielnetzen soll auf aufwändige Stützpunktstationen<br />

verzichtet werden.<br />

Als Randbedingungen werden betrachtet:<br />

DISSERTATIONEN<br />

• Das (n-1)-Kriterium nach Umschaltung wird im<br />

offen betriebenen Ring-/Strangnetz automatisch<br />

erfüllt. Da im Fall einzelner Stichanschlüsse das<br />

(n-1)-Kriterium strukturell nicht erfüllt wird, wird in<br />

diesen Netzen der Einsatz von Notstromaggregaten<br />

im Störungsfall vorgesehen.<br />

• Eine Belastung von 120% für Leitungen ist im<br />

gestörten Betrieb zulässig. Für 110/10-kV-Transformatoren<br />

wird im Störungsfall eine Belastung von<br />

110% erlaubt.<br />

• Der maximale zulässige Spannungsfall beträgt 5%<br />

im Normalbetrieb und 12% im gestörten Betrieb.<br />

Zunächst wird mit dem entwickelten Verfahren für die<br />

oben beschriebene Versorgungsaufgabe Zielnetz mit<br />

Ringnetzstruktur ohne Betrachtung bestehender Anlagen<br />

ermittelt. Bild 3 zeigt das Zielnetz.<br />

Bild 3: Zielnetz „Ring“<br />

Das Zielnetz weist gegenüber dem Ist-Netz eine deutlich<br />

übersichtlichere Netzstruktur auf. Im Zielnetz ist die<br />

Leitungslänge um knapp 60 km kürzer als im Ist-Netz.<br />

Weiterhin werden 50 Leistungsschalter eingespart.<br />

In Bild 6 ist zu erkennen, dass das Ist-Netz deutlich<br />

höhere annuitätische Netzkosten gegenüber dem<br />

Zielnetz aufweist. Im Zielnetz liegen die Erwartungswerte<br />

der Unterbrechungshäufigkeit zwischen 0,13 1/a<br />

und 0,33 1/a bei einem Mittelwert über alle Stationen<br />

von 0,22 1/a. Aufgrund längerer Abgänge und einer<br />

höheren Anzahl von Stationen pro Abgang sind diese<br />

Werte höher als im Ist-Netz. Das Zielnetz weist aber<br />

weiterhin ein angemessenes, praxisübliches Zuverlässigkeitsniveau<br />

auf.<br />

Die Rechenzeit des Verfahrens zur Ermittlung des<br />

Zielnetzes beträgt auf einem üblichen Bürorechner<br />

ca. 10 Minuten (CPU 1,8 GHz).<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 47


DISSERTATIONEN<br />

Strahlennetz<br />

Im Folgenden wird das minimale Strahlennetz für die<br />

vorgegebene Versorgungsaufgabe mit dem entwickelten<br />

Verfahren ermittelt. Das Zielnetz ist in Bild 4<br />

dargestellt. Es weist insgesamt 142 km Leitungen auf<br />

und damit rund 21 km weniger als das Zielnetz „Ring“.<br />

Gleichzeitig werden 10 Leistungsschalter weniger als<br />

im Zielnetz „Ring“ benötigt. Insgesamt weist das<br />

Strahlennetz rund 8% geringere Kosten als das Zielnetz<br />

„Ring“ auf (siehe Bild 6).<br />

Bild 4: Zielnetz „Strahlen“<br />

Aufgrund der fehlenden Umschaltmöglichkeiten weist<br />

das Strahlennetz eine erheblich höhere Unterbrechungsdauer<br />

als das vorher ermittelte Zielnetz auf.<br />

Angesichts der schlechten Versorgungszuverlässigkeit<br />

sind Strahlennetze daher in Deutschland nicht üblich.<br />

Ringnetz mit DEA<br />

Aufgrund des EEG [7] hat die Anzahl und die installierte<br />

Leistung der an 20(10)-kV-Netze angeschlossenen DEA<br />

stark zugenommen. Die Verteilungsnetzbetreiber beklagen,<br />

dass die Integration von DEA in bestehende<br />

20(10)-kV-Netze aufgrund der durch den Anschluss von<br />

DEA verursachten Auswirkungen Mehrkosten bewirken<br />

kann. Diese Mehrkosten können anhand eines Zielnetzvergleiches<br />

objektiv quantifiziert werden. Im Folgenden<br />

wird eine exemplarische Untersuchung zur Bewertung<br />

der Auswirkungen des Anschlusses von DEA auf<br />

Netzkosten und -struktur durchgeführt. Dazu wird für<br />

die betrachtete Versorgungsaufgabe ein modellhaftes<br />

Last/Einspeiseszenario mit DEA-Einspeisung in 16<br />

Stationen untersucht. Die gesamte installierte Leistung<br />

der DEA beträgt 18 MW.<br />

Der Anschluss von DEA bewirkt eine eventuell unzulässige<br />

Spannungserhöhung an den Anschlusspunkten.<br />

Neben der quasistationären Spannungshaltung ist<br />

dabei die VDEW-Anschlussrichtlinie für den Anschluss<br />

von DEA an 20(10)-kV-Netze zu betrachten [8]. Entsprechend<br />

dieser Anschlussrichtlinie darf die Spannung am<br />

Anschlusspunkt mit und ohne DEA-Betrieb um maximal<br />

2% schwanken. Das unter Einhaltung dieser Randbedingung<br />

bei „Grüne-Wiese“-Planung ermittelte Ringnetz<br />

ist in Bild 5 dargestellt. Es weist eine deutlich<br />

unterschiedliche Netzstruktur zum Zielnetz „Ring“ ohne<br />

Anschluss von DEA (Bild 3) auf. Gegenüber dem Ist-<br />

Netz weist das Zielnetz ein Kostensenkungspotenzial<br />

von 22% auf (siehe Bild 6).<br />

Bild 5: Zielnetz „Ring WEA“<br />

Annuitätische Netzkosten<br />

4<br />

Mio.€/a<br />

2<br />

0<br />

3,0<br />

Ist<br />

-24%<br />

Ring<br />

-30%<br />

-22%<br />

Strahlen Ring WEA<br />

WEA<br />

Verluste<br />

10-kV-Stützpunktstation<br />

10-kV-Station<br />

10-kV-LS-Felder<br />

10-kV-Kabel<br />

Bild 6: Vergleich der annuitätischen Kosten<br />

5 Zusammenfassung<br />

Mit Arbeitsaufnahme der Bundesnetzagentur und<br />

Einführung einer anreizbasierten Entgeltregulierung<br />

erhöht sich der Kostendruck auf die Verteilungsnetzbetreiber.<br />

Bei der Erschließung von Kosteneinsparpotenzialen<br />

können mit rechnerbasierten Optimierungsverfahren<br />

generierte Netze wichtige Erkenntnisse<br />

liefern. Sie können nicht nur als langfristig anzustrebende<br />

Netzstrukturen und somit als Zielvorgabe für die<br />

nachgelagerte Ausbauplanung, sondern auch als<br />

objektiver Bewertungsmaßstab für einen unternehmensinternen<br />

und unternehmensübergreifenden Effizienzvergleich<br />

eingesetzt werden. Eine derartige<br />

Anwendung strebt auch die Bundesnetzagentur mit<br />

48 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


dem Verfahren der Referenznetzanalyse im regulatorischen<br />

Kontext an.<br />

20(10)-kV-Netze wurden in der Vergangenheit bedarfsnah<br />

ohne langfristige Orientierung aufgebaut und<br />

weisen daher heute häufig eine überdimensionierte,<br />

unnötig komplexe Netzstruktur mit entsprechend hohen<br />

Netzkosten auf. Angesichts der hohen Bedeutung der<br />

20(10)-kV-Ebene für Netzkosten und Versorgungsqualität<br />

gewinnt die kosten- und zuverlässigkeitsorientierte<br />

Grundsatzplanung von Netzen dieser Spannungsebene<br />

unter Beachtung aller planungsrelevanten Randbedingungen<br />

und praxisüblichen Freiheitsgrade zunehmend<br />

an Bedeutung. Die Forschung zu rechnerbasierten<br />

Optimierungsverfahren im 20(10)-kV-Bereich konzentrierte<br />

sich bisher auf die Planungsstufe der Ausbauplanung,<br />

betrachtet aber nicht die für eine langfristige<br />

Optimalität unbedingt notwendige Zielorientierung, die<br />

nur eine Grundsatzplanung liefern kann.<br />

In dieser Arbeit wurde ein Verfahren für die Grundsatzplanung<br />

von 20(10)-kV-Netzen entwickelt. Es ermöglicht<br />

erstmals eine Grundsatzplanung von 20(10)-kV-Netzen<br />

unter Berücksichtigung aller planungsrelevanten Randbedingungen<br />

und praxisüblichen Freiheitsgrade. Es<br />

kann als wichtiges und praxistaugliches Werkzeug zur<br />

Beantwortung vielfältiger Fragestellungen, z. B. zur<br />

Ermittlung langfristig kostenoptimaler Zielnetze, zur<br />

Effizienzbestimmung elektrischer Netze und zur Quantifizierung<br />

von besonderen Einflüssen wie der Integration<br />

dezentraler Erzeugungsanlagen oder der Vorgabe von<br />

Zuverlässigkeitskennwerten eingesetzt werden. Eine<br />

Anwendung des Verfahrens zur Referenznetzanalyse im<br />

Rahmen der Anreizregulierung ermöglicht zudem eine<br />

sachgerechte Beurteilung der Kostensituation bei<br />

unterschiedlichen Versorgungsaufgaben.<br />

6 Literatur<br />

DISSERTATIONEN<br />

[1] Bundesnetzagentur<br />

Entwurf des Berichtes der Bundesnetzagentur<br />

nach §112a EnWG zur Einführung der Anreizregulierung<br />

nach §21a EnWG, 02.05.2006<br />

[2] VDN<br />

Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik, Berichtsjahr<br />

2004, VDN e.V. beim VDEW, Berlin,<br />

1. Ausgabe, November 2005<br />

[3] Maurer, C.<br />

Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung für<br />

Hochspannungsnetze, Dissertation, <strong>Aachen</strong>er<br />

Beiträge zur Energieversorgung, Band 101, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> 2004<br />

[4] Klein, L.; Koglin, H.-J.<br />

Odin – Die dynamische Optimierung, Elektrizitätswirtschaft,<br />

Jg. 88 (1989), Heft 3, S. 128 – 132<br />

[5] Hosemann, G. (Hrsg.)<br />

Elektrische Energietechnik, Band 3 (Netze), Springer-Verlag,<br />

Berlin 2001<br />

[6] Tao, X.; Haubrich, H.-J.<br />

A Hybrid Metaheuristic Method for the Planning<br />

of Medium-Voltage Systems, 15th Power Systems<br />

Computation Conference 2005, Liège, Belgium,<br />

August 22-26, 2005<br />

[7] Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren<br />

Energien im Strombereich, Bundesgesetzblatt<br />

Jahrgang 2004, Bonn 2004<br />

[8] VWEW<br />

Eigenerzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz,<br />

VWEW-Verlag, Frankfurt am Main, 2. Ausgabe,<br />

1998<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 49


DISSERTATIONEN<br />

Stochastische Tageseinsatzoptimierung vernetzter Wasserkraftwerke mit Hilfe<br />

Genetischer Algorithmen<br />

Stochastic Day-Ahead Generation Optimization of Interconnected Hydropower<br />

Plants by means of Genetic Algorithm<br />

M.Sc. Xiayang Zhao<br />

xiayang.zhao@iaew.rwth-aachen.de<br />

Aufgrund des steigenden Bedarfs an hydraulischer Energie und der erhöhten Planungsunsicherheit im liberalisierten<br />

Strommarkt kommt der hydraulischen Energie eine hohe Bedeutung zu. Ziel dieser Arbeit ist deshalb die Entwicklung<br />

eines leistungsfähigen Verfahrens für die stochastische Tageseinsatzoptimierung vernetzter Wasserkraftwerke. Hierbei<br />

werden einerseits die komplexe Problemstruktur der vernetzten Wasserkraftwerke und andererseits die stochastischen<br />

Eingangdaten berücksichtigt, wobei die technischen Rahmenbedingungen geeignet modelliert werden. Die Praxistauglichkeit<br />

des entwickelten Verfahrens wurde durch Anwendung auf einen Modellsystem nachgewiesen. Die Ergebnisse<br />

zeigen, dass das Verfahren ähnlich gute Lösungen wie exakte Verfahren bei niedrigeren Rechenzeiten liefert.<br />

With the implementation of the Erneuerbare-Energien-<br />

Gesetze (EEG) in 2004 and the Kyoto-Protokoll in 2005,<br />

the hydro energy has played a great role in the generation<br />

section of the electricity industry. At the same<br />

time, the amount of installed capacity of the wind<br />

energy leads to an arising demand of reserve energy.<br />

Due to its high availability and high ramp rates the<br />

hydro energy is an appropriate supplier for the reserve<br />

energy. Hence the hydro energy becomes more important.<br />

After the liberalisation of the electricity market, the<br />

power exchange has been remarkably increasing with<br />

volatile power prices. It leads to a large uncertainty of<br />

the generation schedule of power plants. Moreover, the<br />

change of the power industry structure leads to a tight<br />

connection between generation schedule and power<br />

exchange, so that the function of the generation<br />

schedule has sustainable changed.<br />

The main problem of the generation optimization for<br />

interconnected hydro power plants comes from the<br />

extremely tight coupling among the variables, which<br />

lies in both the time and the topology sides. The<br />

consideration of the electricity market leads to a new<br />

uncertainty in generation optimization on the one hand,<br />

and to a new degree of freedom on the other hand. Due<br />

to the uncertainty and the various couplings, the<br />

problem complexity is critical. For this reason, it is<br />

required to develop a special efficient method with low<br />

computational effort and time.<br />

Genetic algorithms perform a parallel searching and are<br />

capable to deal with problems with complicated<br />

constraints, thus they are specially suitable for stochastic<br />

optimization of interconnected hydro power plants.<br />

They have already been applied by some researchers in<br />

this field. However, most of them have not integrally<br />

considered interconnected topology of hydro power<br />

plants and the uncertainties.<br />

In this work, a method based on genetic algorithms has<br />

been developed which is supplemented by a localsearching-method<br />

and a repair-approach. These two<br />

approaches, which are based on the experience of<br />

generation optimization of interconnected hydropower<br />

plants, lead to better convergence and results.<br />

A classic mathematic method, which has been developed<br />

in IAEW, is used as a reference to evaluate the<br />

optimization results. The exemplary investigation,<br />

which is based on a practical model, shows that the<br />

developed method provides similar optimal results. The<br />

stochastic investigation of the optimization problem<br />

shows that it can deliver a better expected value of<br />

profit than the deterministic case.<br />

1 Einleitung<br />

Die grundlegenden Umwälzungen in der europäischen<br />

Elektrizitätswirtschaft im vergangenen Jahrzehnt haben<br />

die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Kraftwerken<br />

allgemein, insbesondere aber auch für den von<br />

Wasserkraftwerken, deutlich verändert. In der Vergangenheit<br />

wurden insbesondere Pumpspeicherkraftwerke<br />

mit relativ geringer Speicherkapazität, sogenannte<br />

Tagesspeichern, hauptsächlich zur Optimierung des<br />

Einsatzes der thermischen Kraftwerke eines Energieversorgungsunternehmens<br />

eingesetzt. Die Leistungsaufnahme<br />

der Pumpspeicherkraftwerke in den Nachtstunden<br />

ermöglichte eine nicht gedrosselte und somit<br />

wirkungsgradoptimale Einspeisung der Grundlastkraftwerke<br />

auch in den lastschwachen Nachtstunden.<br />

Alternativ machte sie das kostenintensive und die<br />

Anlagen stark belastende Abfahren von Mittellast-<br />

50 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


kraftwerken für einige Stunden überflüssig. Die dabei<br />

im Oberbecken gespeicherte potentielle Energie wurde<br />

in den Tagstunden wieder turbiniert und senkte die<br />

Lastspitze, während andernfalls der Einsatz teurer<br />

Spitzenlastkraftwerke notwendig gewesen wäre.<br />

Heute wird diese nur auf den Kraftwerkspool eines<br />

Energieversorgungsunternehmens ausgerichtete<br />

Einsatzweise den Anforderungen der in den vergangenen<br />

Jahren entstandenen Energie- und Kapazitätsmärkte<br />

nicht mehr gerecht. Hierfür sind verschiedene<br />

Entwicklungen maßgebend:<br />

• Die Entwicklung von liquiden und transparenten<br />

Großhandelsmärkten für Fahrplanenergie wie den<br />

europäischen Spot- und Terminmärkten hat dazu<br />

geführt, dass Wasserkraftwerke nicht mehr nur von<br />

einem Unternehmen zur Pooloptimierung eingesetzt<br />

werden, sondern ihre Dienstleistung flexibel zu<br />

Marktpreisen anbieten. Die starken Schwankungen<br />

der Strompreise führten zu einer Zunahme der Unsicherheit<br />

in der Kraftwerkseinsatzoptimierung.<br />

Daher ist zu erwarten, dass sich durch eine explizit<br />

stochastische Berücksichtigung der Strompreisunsicherheiten<br />

wirtschaftliche Vorteile erzielen lassen.<br />

• Die Anstrengungen der Europäischen Union und<br />

insbesondere auch Deutschlands, aus Gründen des<br />

Klimaschutzes die CO 2 -Emissionen zu begrenzen,<br />

haben in den vergangenen Jahren zu einer hohen<br />

staatlichen Förderung der Energieerzeugung auf<br />

Basis erneuerbarer Energiequellen geführt. In<br />

Deutschland wurde insbesondere die Erzeugungskapazität<br />

von Windenergieanlagen stark ausgebaut.<br />

Die Windgeschwindigkeiten und damit auch<br />

die von Windenergieanlagen eingespeiste Energie<br />

sind jedoch nicht exakt prognostizierbar. Wegen<br />

ihrer sehr hohen Verfügbarkeiten und Leistungsänderungsgeschwindigkeiten<br />

und den sehr flexiblen<br />

Einsatzmöglichkeiten sind Speicherkraftwerke zur<br />

Reservevorhaltung besonders geeignet. Sie werden<br />

deswegen heute vielfach an mehreren Märkten,<br />

nämlich den oben erwähnten Märkten für Fahrplanenergie<br />

wie den neu entstandenen Märkten für<br />

Reserveleistung, vermarktet.<br />

Durch die beschriebenen erheblichen strukturellen<br />

Veränderungen hat sich die Aufgabenstruktur der<br />

Kraftwerkseinsatzoptimierung von Wasserkraftwerken<br />

nachhaltig geändert, was die Entwicklung spezieller<br />

Optimierungsmodelle und leistungsfähiger Algorithmen<br />

unabdingbar macht. Die einen Tag umfassende eigentliche<br />

Kraftwerkseinsatzplanung weist wegen ihrer<br />

zeitlichen Nähe zum Kraftwerksbetrieb eine hohe<br />

Komplexität auf. Diese erfordert nämlich einerseits<br />

DISSERTATIONEN<br />

eine hochgenaue Modellierung aller Randbedingungen,<br />

andererseits ist wegen der üblicherweise kurzen<br />

Zeiträume zur Lösung der Planungsaufgabe die Rechenzeit<br />

hierfür eingesetzter Optimierungsverfahren ein<br />

kritischer, häufig begrenzend wirkender Faktor.<br />

In der Vergangenheit vorgelegte Arbeiten zu diesem<br />

Themenbereich haben sich vielfach auf einzelne<br />

Optimierungsansätze konzentriert, die häufig zu<br />

Abstrichen bei der Modellierungsgenauigkeit oder zu<br />

vergleichsweise langen Rechenzeiten führen. Weiterhin<br />

weisen Arbeiten aus der Vergangenheit häufig den<br />

Nachteil auf, dass die aufgrund der Entwicklungen der<br />

vergangenen Jahre stark angestiegenen Unsicherheiten<br />

oder spezielle technische Aspekte, wie die gerade im<br />

alpinen Raum relevante Vernetzung einzelner Kraftwerke<br />

zu ganzen Kraftwerkssystemen, nicht angemessen<br />

berücksichtigt werden.<br />

In dieser Arbeit soll deshalb grundsätzlich analysiert<br />

werden, welche Optimierungsansätze für eine marktgerechte<br />

Kraftwerkseinsatzplanung von vernetzten<br />

Wasserkraftwerken geeignet erscheinen. Darauf<br />

aufbauend soll ein entsprechendes Verfahren, das dem<br />

oben beschriebenen veränderten Anforderungsprofil<br />

genügt, entwickelt werden.<br />

2 Analyse und Modellierung<br />

2.1 Systemabgrenzung<br />

Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Kraftwerkseinsatzplanung<br />

vernetzter hydraulischer Erzeugungssysteme<br />

unter Berücksichtigung von Planungsunsicherheiten.<br />

Solche Systeme werden, insbesondere im<br />

alpinen Raum, in der Regel von Handels- und Erzeugungsgesellschaften<br />

betrieben, die über keine oder<br />

eine vernachlässigbar geringe thermische Erzeugung<br />

verfügen. Thermische Kraftwerke werden daher in<br />

dieser Arbeit nicht betrachtet. Die Erweiterung des in<br />

dieser Arbeit vorgestellten Verfahrens um die zusätzliche<br />

Abbildung thermischer Kraftwerke ist jedoch<br />

prinzipiell möglich. Im betrachteten System besteht für<br />

Kraftwerksbetreiber die Möglichkeit – unter Berücksichtigung<br />

bereits zuvor abgeschlossener Handelsgeschäfte,<br />

beispielsweise am Terminmarkt, sowie<br />

bestehender Reserveverträge – am Spotmarkt Fahrplanenergie<br />

zu handeln. Das hydraulische System<br />

besteht aus einem Netz von Speicherkraftwerken<br />

(SKW), Pumpspeicherkraftwerken (PSKW) und Laufwasserkraftwerken<br />

(LWKW). Der Zeithorizont umfasst<br />

einen Tag bis hin zu einer Woche; als Zeitraster wird<br />

eine Stunde gewählt, da dieses die kleinste zu handelnde<br />

Zeiteinheit am Spotmarkt darstellt.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 51


DISSERTATIONEN<br />

2.2 Speicherfähigkeit<br />

Die Speicherung von potenzieller Energie in Form von<br />

Wassermengen dient dazu, die Zeitpunkte des Zuflusses<br />

und der Erzeugung der elektrischen Energie zu<br />

entkoppeln, um so der Dargebotsabhängigkeit eines<br />

Wasserkraftwerks entgegenzuwirken und die Energie<br />

bedarfsgerecht erzeugen zu können. Als Maß für die<br />

Speicherfähigkeit gilt die Regelkapazität eines Speicherbeckens,<br />

die sich aus dem Verhältnis zwischen<br />

dem Beckenvolumen und dem Zufluss ergibt. Da in der<br />

Kraftwerkseinsatzoptimierung nicht die gesamte<br />

hydraulisch gespeicherte Energie eines Speicherbeckens<br />

innerhalb des Betrachtungszeitraums genutzt<br />

werden soll, werden Mengen- oder Preisvorgaben<br />

implementiert.<br />

2.3 Vernetzte Wasserkraftwerke<br />

Bei vernetzten Wasserkraftwerken hängt die Leistungsabgabe<br />

eines Wasserkraftwerkes nicht linear von<br />

Durchfluss und Fallhöhe ab und die Füllstandsveränderung<br />

der Speicherbecken wird nicht linear durch die<br />

Fallhöhe beeinflusst. Besonders in vernetzten hydraulischen<br />

Gruppen wird die Erzeugungsleistung eines<br />

Wasserkraftwerkes nicht nur vom eigenen Durchfluss,<br />

sondern auch durch die Zuflüsse verknüpfter Becken<br />

bestimmt. Wegen dieser topologischen und zeitlichen<br />

Kopplungen vernetzter Wasserkraftwerke, ist eine<br />

geeignete Betrachtung der recht komplexen Problemstrukturen<br />

erforderlich.<br />

2.4 Berücksichtigung der Unsicherheiten des<br />

Strompreises<br />

Das Grundprinzip der stochastischen Optimierung<br />

besteht darin, dass Entscheidungen optimal bezüglich<br />

aller möglichen Entwicklungen der unsicheren Planungsgrößen<br />

getroffen werden. Daher wird aus<br />

historischen Daten mit Hilfe statistischer Modelle eine<br />

Vielzahl von Szenarien generiert, die jeweils mögliche<br />

Realisierungen des stochastischen Datenprozesses in<br />

der Zukunft widerspiegeln. Ein Szenarienbaum wird<br />

erstellt, wobei von einer Standardabweichung des<br />

Preisniveaus von 15% ausgegangen wird.<br />

2.5 Modellierung des Optimierungsproblems<br />

Die Aufgabe der Tageseinsatzoptimierung ist die<br />

Maximierung des erwirtschafteten Deckungsbeitrags,<br />

also der Differenz aus Erlösen und variablen Kosten.<br />

Erlöse entstehen durch den Verkauf von Energie am<br />

Strommarkt, während die variablen Kosten durch den<br />

Betrieb der Kraftwerke und den Einkauf von Energie am<br />

Strommarkt verursacht werden. Bei Wasserkraftwerken<br />

sind die variablen Kosten vernachlässigbar.<br />

Neben den komponentenspezifischen Nebenbedingungen<br />

existieren systemweite Nebenbedingungen, wie<br />

z. B. die Einhaltung der Leistungs- und Reservebilanz zu<br />

jedem Zeitpunkt. Außerdem sind in jedem Zeitintervall<br />

die Betriebsbereiche der Erzeugungsanlagen und die<br />

Grenzen der Handelsvolumina, sowie die Einhaltung der<br />

maximalen Bezugsleistungen zu berücksichtigen.<br />

Für die vorliegende Optimierungsaufgabe besteht eine<br />

Kopplung im System- und Zeitbereich. Die Leistungs-<br />

und Reservebilanz-Nebenbedingungen verknüpfen in<br />

jedem Zeitintervall die Systemkomponenten: hydraulische<br />

Erzeugung, Spothandel und abgeschlossene<br />

Handelsgeschäfte. Somit wirken sie systemweit<br />

koppelnd. Mit Ausnahme der Leistungs- und Reservebilanz<br />

wirken sich die Nebenbedingungen nur auf eine<br />

Systemkomponente, wie z. B. die Einhaltung eines<br />

minimalen Wasservolumens eines Speicherbeckens<br />

oder die im Spothandel für den Erfüllungszeitraum<br />

kontrahierte Leistung, aus. Bei vernetzten Wasserkraftwerken<br />

gilt die Kontinuitätsgleichung sowohl für<br />

mehrere Erzeugungskomponenten als auch für mehrere<br />

Zeitintervalle.<br />

3 Entwickeltes Verfahren<br />

3.1 Genetische Algorithmen<br />

Genetische Algorithmen sind heutzutage die in Forschung<br />

und Anwendung zahlenmäßig dominierende<br />

Variante der evolutionären Algorithmen. Sie basieren<br />

auf der Idee, zunächst zufällig eine Menge von Lösungskandidaten<br />

(Individuen) zu generieren, um<br />

anschließend diejenigen zu identifizieren, die einem<br />

bestimmten Gütekriterium (Fitness) am besten entsprechen.<br />

Daraufhin werden die Eigenschaften (Gene)<br />

dieser besten Individuen leicht modifiziert, um im<br />

nächsten Schritt neue Individuen zu bilden, indem die<br />

Gene dieser besten Individuen untereinander kombiniert<br />

werden (Crossover und Mutation). Die neuen<br />

Individuen bilden eine neue Generation. Die Robustheit<br />

dieses Verfahrens folgt aus der Tatsache, dass einerseits<br />

keine Annahmen für das gestellte Problem<br />

getroffen werden müssen und ferner stets nur zulässige<br />

Lösungen (Population) betrachtet werden. Dabei testet<br />

der Genetische Algorithmus parallel mehrere Wege<br />

zum Optimum und tauscht die Informationen über diese<br />

Wege miteinander aus. So werden die Informationen<br />

über das vorhandene Optimierungsproblem auf alle<br />

Individuen der Population verteilt, um dadurch einer<br />

frühzeitigen Konvergenz entgegenzuwirken.<br />

3.2 Überblick über das Verfahren<br />

Bild 1 zeigt eine Übersicht über das entwickelte, auf<br />

Genetischen Algorithmen basierende Optimierungsver-<br />

52 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


fahren zur Tageseinsatzoptimierung vernetzter Wasserkraftwerke.<br />

Lokale<br />

Suche<br />

nein<br />

Eingangsdaten<br />

Parametrierung und<br />

Initialisierung<br />

Technische<br />

Anforderung?<br />

ja<br />

Verbesserung der<br />

Einsatzoptimierung<br />

möglich?<br />

ja<br />

Berechnung des<br />

Deckungsbeitrags<br />

Abbruch<br />

nein<br />

Selektion,<br />

Crossover,<br />

Mutation<br />

Ausgangsdaten<br />

Bild 1: Verfahrensübersicht<br />

nein<br />

nein<br />

ja<br />

Reparaturmethode<br />

Zu Beginn der Optimierung wird das Optimierungsverfahren<br />

unter Berücksichtigung der Eingangsdaten<br />

parametriert, die Variablen des Optimierungsproblems<br />

im Genetischen Algorithmus abgebildet und die<br />

Startpopulation generiert.<br />

Eine Iteration beginnt mit der technischen Überprüfung<br />

aller Individuen der aktuellen Population. Bei Verletzung<br />

von Nebenbedingungen wird durch Anwendung<br />

der Reparaturmethode (siehe Abschnitt 3.3) versucht,<br />

die Nebenbedingungsverletzungen aufzuheben.<br />

Die Optimierung ist um eine auf den Erfahrungen der<br />

Einsatzoptimierung basierende Lokale Suche ergänzt,<br />

um nach der Überprüfung der technischen Nebenbedingungen<br />

jedes Individuum hinsichtlich einer möglichen<br />

Verbesserung zu überprüfen (siehe Abschnitt 3.4).<br />

Nach der Berechnung des Deckungsbeitrags aller<br />

Individuen wird geprüft, ob eines der Abbruchkriterien<br />

erfüllt ist. Sofern ein Abbruchkriterium erfüllt wird,<br />

werden die bisher fittesten Individuen als Ergebnis<br />

ausgeben. Wird kein Abbruchkriterium erfüllt, werden<br />

die Genetischen Operatoren auf die Individuen angewandt<br />

und eine neue Population erzeugt.<br />

3.3 Reparaturansatz<br />

DISSERTATIONEN<br />

Die Reparaturmethode versucht bei Verletzung von<br />

Nebenbedingungen – statt der einfachen Bestrafung –<br />

die ungültige Lösung in den gültigen Lösungsraum zu<br />

überführen [1]. Beim stochastischen Optimierungsproblem<br />

vernetzter Wasserkraftwerke ist der Suchraum viel<br />

größer als der Lösungsraum, so dass der Lösungsraum<br />

nur mit erheblichem Rechenaufwand zu erreichen ist.<br />

Die Reparaturmethode ist hierbei notwendig, um ein<br />

effizienteres Verfahren zu entwickeln. Die Reparaturstrategien<br />

orientierten sich an der Praxis der Einsatzoptimierung<br />

vernetzter Wasserkraftwerke und werden<br />

jeweils für z. B. Leistungsbilanz, Wasserbilanz und<br />

Begrenzung der Speichervolumina durchgeführt.<br />

3.4 Lokale Suche<br />

Die Lokale Suche geht von einer gegebenen zulässigen<br />

Lösung aus und sucht alle Lösungen in ihrer „Nachbarschaft“,<br />

um danach aus diesen die beste Lösung<br />

auszuwählen [2]. Da der Rechenzeitaufwand zur<br />

Überprüfung der Randbedingungen in dieser Arbeit<br />

relativ hoch ist, können nicht alle Nachbarschaftslösungen<br />

auf ihre Zulässigkeit und Kosten hin überprüft<br />

werden. Deswegen werden bei der Lokalen Suche in<br />

dieser Arbeit nur solche Lösungen berücksichtigt, die<br />

den gesamten Wasserverbrauch während des Planungszeitraums<br />

nicht verändern bzw. die durch Verschiebung<br />

der Durchflüsse in allen Zeitintervallen der<br />

betrachteten Kraftwerkseinsatzplanung erzeugt wurden.<br />

4 Exemplarische Untersuchung<br />

4.1 Modellsystem<br />

Das betrachtete Modellsystem besteht aus einer<br />

hydraulisch vernetzten Gruppe, die 7 (Pump-) Speicherbecken,<br />

6 Turbinen und 4 Pumpen beinhaltet. Die<br />

Becken bilden jeweils Zweier- oder Dreierkaskaden und<br />

sind stark miteinander vernetzt. Die summierte maximale<br />

Erzeugungsleistung der Turbinen beträgt<br />

135,5 MW und die der Pumpen 70,9 MW.<br />

Bild 2 zeigt die den Untersuchungen zugrunde gelegte<br />

Prohibitivpreisganglinie, deren Verlauf eine typische<br />

Charakteristik aufweist und mit der Stromnachfrage<br />

korreliert. Der Erwartungswert des Prohibitivpreises<br />

schwankt im Tagesverlauf zwischen 20 und 80 Euro/MWh.<br />

Die kumulierte eingekaufte bzw. verkaufte<br />

Leistung kann täglich bis zu 100 MW betragen.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 53


DISSERTATIONEN<br />

80<br />

€/MWh<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0<br />

Bild 2: Spotpreis<br />

5 10 15 15 Std.<br />

Std.<br />

4.2 Untersuchungsergebnisse<br />

25<br />

25<br />

Aufgrund der Preisganglinie des Strommarktes und dem<br />

hohen Preisniveau zur Mittagszeit stellen sich als<br />

Ergebnis der Optimierung die in Bild 3 gezeigten<br />

Handelsaktivitäten am Spotmarkt ein. Die Leistungen<br />

der einzelnen Kraftwerke werden dabei für jede Stunde<br />

summiert.<br />

120<br />

MW<br />

40<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

Max. 100 MW<br />

4 8 12 16 Std. 24<br />

Min. -71 MW<br />

Bild 3: Exemplarische tägliche Einsatzplanung<br />

Erwartungsgemäß erfolgt der Pumpenbetrieb zu Zeiten<br />

niedriger Spotmarktpreise und der Turbinenbetrieb zu<br />

Hochpreiszeiten. Zu Beginn des Optimierungszeitraums<br />

werden die Pumpen angefahren und erreichen in der<br />

vierten Stunde die maximal mögliche Pumpleistung<br />

(71 MW). Drei Stunden später setzt der Turbinenbetrieb<br />

ein. Die maximale mögliche Turbinenleistung von<br />

100 MW wird zur Hochpreiszeit am Mittag erreicht,<br />

wohingegen nachts wieder die Pumpen betrieben<br />

werden. Zudem zeigt das Ergebnis, dass Zuflüsse in<br />

Niedrigpreiszeiten gesammelt werden, um die volle<br />

Speicherfähigkeit der Becken in Zeiten höherer Spotmarktpreise<br />

durch Verkauf von teurer Energie ausnutzen<br />

zu können.<br />

Zur Bewertung werden diese Ergebnisse mit einem am<br />

IAEW entwickelten exakten Optimierungsverfahren<br />

verglichen, das auf einer Lagrange Relaxation kombi-<br />

niert mit Sukzessiv Linearer Programmierung, Network-<br />

Flow und Benders-Zerlegung basiert. Für das hier<br />

betrachtete Modellsystem liefern beide Verfahren<br />

nahezu identische Deckungsbeiträge, das Ergebnis des<br />

heuristischen Optimierungsverfahrens ist dabei im<br />

Rahmen der üblichen Streuung heuristischer Verfahren<br />

um etwa 0,1 % schlechter als das Ergebnis der exakten<br />

Optimierung. Gleichzeitig liegt die Rechenzeit des<br />

heuristischen Verfahrens jedoch deutlich unter der des<br />

exakten Optimierungsansatzes.<br />

%<br />

Häufigkeit<br />

20<br />

100 Erwartungswert der<br />

deterministischen<br />

Optimierung<br />

10<br />

0<br />

21 22 23 24 Tsd. € 25<br />

Deckungsbeitrag<br />

Bild 4: Untersuchungsergebnisse<br />

Erwartungswert der<br />

stochastischen<br />

Optimierung<br />

Stochastische<br />

Optimierung<br />

Bild 4 zeigt die statistische Verteilung des Deckungsbeitrags<br />

aller Szenarien bei einer stochastischen<br />

Optimierung und die Erwartungswerte des Deckungsbeitrags<br />

bei einer stochastischen Optimierung und<br />

einer deterministischen Optimierung. Dabei ist zu<br />

erkennen, dass der stochastisch optimierte Einsatzplan<br />

für eine Vielzahl möglicher Szenarien einen besseren<br />

Wert liefert. Dies belegt auch der Erwartungswert der<br />

stochastischen Optimierung, der um 2% höher als der<br />

Deckungsbeitrag bei deterministischer Optimierung ist.<br />

Für eine vollständige Bewertung eines Einsatzplans<br />

inklusive des mit dem Kraftwerkseinsatz verbundenen<br />

Risikos muss jedoch zusätzlich die Verteilungsfunktion<br />

der Kosten berücksichtigt werden.<br />

5 Zusammenfassung<br />

Aufgrund des steigenden Interesses an hydraulischer<br />

Energie und der erhöhten Planungsunsicherheit im<br />

liberalisierten Strommarkt kommt der stochastischen<br />

Einsatzoptimierung von Wasserkraftwerken eine hohe<br />

Bedeutung zu. Die strukturellen Umbrüche in der<br />

Energiewirtschaft haben die Anforderungen an die<br />

Kraftwerkseinsatzoptimierung hydraulischer Kraftwerke<br />

grundlegend geändert, was die Entwicklung spezieller<br />

Optimierungsmodelle und leistungsfähiger Algorithmen<br />

unabdingbar macht.<br />

54 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung eines<br />

speziellen leistungsfähigen Verfahrens für die Einsatzoptimierung<br />

vernetzter Wasserkraftwerke. Das Verfahren<br />

basiert auf einen Genetischen Algorithmus kombiniert<br />

mit einer Reparaturmethode und einem Algorithmus<br />

der Lokalen Suche.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass das entwickelte Verfahren<br />

im Vergleich zu einem exakten Verfahren ähnlich gute<br />

Lösungen bei niedrigeren Rechenzeiten liefert. Schließlich<br />

wurden die Auswirkungen der Unsicherheit des<br />

Spotpreises auf die Ergebnisse der Einsatzoptimierung<br />

analysiert. Der Vergleich einer deterministischen und<br />

einer stochastischen Optimierung ergab, dass der<br />

stochastisch optimierte Einsatzplan wirtschaftlich<br />

vorteilhafter und aus betrieblicher und technischer<br />

Sicht flexibler ist.<br />

6 Literatur<br />

DISSERTATIONEN<br />

[1] Gottlieb, J.<br />

Evolutionary Algorithms for constrained optimization<br />

Problems<br />

shaker Verlag , <strong>Aachen</strong>, 2000<br />

[2] B. Funke<br />

Effiziente Lokale Suche für Vehicle Routing und<br />

Scheduling Probleme mit Resourcenbeschränkungen<br />

Dissertation von Institut der Mathematik und<br />

Physik, <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, 2003<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 55


Optimierung des Ressourceneinsatzes für den Betrieb elektrischer Netze<br />

Resource-Optimization for the Operation of Electrical Networks<br />

Dipl.-Ing. Andreas Berg<br />

andreas.berg@iaew.rwth-aachen.de<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Die Kosten für den Betrieb elektrischer Netze resultieren im Wesentlichen aus der Ressourcenbereitstellung (Eigen- und<br />

Fremdpersonal, Material und Werkzeuge) zur Durchführung von Maßnahmen zur Instandhaltung, Störungsbeseitigung<br />

sowie zur Erneuerung und Inbetriebnahme von Anlagen. Die Ressourceneinsatzstrategie der Netzbetreiber, d. h. die<br />

Zusammenstellung der Ressourcen zum Netzbetrieb oder die Planung bekannter Betriebsprozesse, beeinflusst diese<br />

Kosten maßgeblich. In dieser Arbeit wird daher ein Verfahren zur Bewertung und Optimierung des Ressourceneinsatzes<br />

für den Betrieb elektrischer Netze entwickelt. Sämtliche Größen mit Auswirkungen auf den Ressourceneinsatz, z. B. das<br />

Auftreten von Störungen oder unsichere Dauern der Betriebsprozesse, werden dabei berücksichtigt, um den Netzbetreibern<br />

ein praxistaugliches Werkzeug zur Optimierung des Ressourceneinsatzes für den Netzbetrieb zur Verfügung zu<br />

stellen.<br />

Operation expenditures for electrical networks are mainly caused by costs of resources, e. g. field service personnel,<br />

agency staff, material and tools. These resources are required for the execution of processes for maintenance, fault<br />

clearance as well as for system renewal and initiation. The network operator’s resource allocation strategy for operating<br />

the network depends on the available resources and the long-term planning of predictable processes. In this<br />

research project, a method for evaluating and optimizing resources for the operation of electrical networks is developed.<br />

For this, all relevant influencing factors on resource-allocation, e. g. uncertain fault-occurrences or the stochastic<br />

behaviour of process-times, have to be considered. As a result, with this newly developed method, minimal costs for<br />

operating the network may be quantified for network system operators.<br />

1 Einleitung<br />

Ziel des von der Bundesnetzagentur vorgeschlagenen<br />

Anreizregulierungskonzepts ist es, die Erlöse der<br />

Netzbetreiber angemessen zu begrenzen und gleichzeitig<br />

Anreize für mehr Effizienz und frühzeitige Kostensenkungen<br />

zu erreichen [1]. Um ihre Erlöse zu sichern,<br />

müssen die Netzbetreiber daher Kostensenkungspotenziale<br />

identifizieren.<br />

Durch die bedarfsgerechte Anpassung der Netzstruktur<br />

an die zu erfüllende Versorgungsaufgabe können<br />

üblicherweise nur langfristig Kosten eingespart werden.<br />

Dies ist durch die langen Nutzungsdauern der in<br />

elektrischen Netzen eingesetzten Betriebsmittel und<br />

die damit verbundene langfristige Kapitalbindung<br />

begründet. Dagegen bietet die Optimierung des<br />

Betriebsaufwands die Möglichkeit, auch kurzfristig<br />

Einsparpotenziale zu realisieren.<br />

Die Kosten für den Betrieb elektrischer Netze resultieren<br />

im Wesentlichen aus dem Aufwand für die Instandhaltung<br />

und Störungsbeseitigung sowie die Erneuerung<br />

und Inbetriebnahmen von Anlagen. Sie sind direkt<br />

durch die hierfür vom Netzbetreiber eingesetzten<br />

Ressourcen (Personal, Material, Werkzeuge) bedingt.<br />

Wesentlicher Freiheitsgrad für die Minimierung dieser<br />

Kosten ist die Betriebsstrategie des Netzbetreibers,<br />

welche die Verfügbarkeit der Ressourcen bestimmt.<br />

Diese wird zusätzlich von Unsicherheiten beim Netzbetrieb,<br />

wie z. B. dem unerwarteten Auftreten von<br />

Störungen, beeinflusst. In bisherigen Methoden zur<br />

Bewertung der Kosten für den Netzbetrieb werden<br />

derartige Unsicherheiten nur eingeschränkt berücksichtigt<br />

[2].<br />

In dieser Forschungsarbeit wird ein Verfahren entwickelt,<br />

das zur Minimierung der Kosten für den Betrieb<br />

elektrischer Netze den zugehörigen Ressourceneinsatz<br />

optimiert. Insbesondere die bei einer langfristigen<br />

Planung des Ressourceneinsatzes auftretenden Unsicherheiten<br />

werden dabei berücksichtigt. Einerseits wird<br />

damit eine Kostenbewertung und -optimierung für den<br />

Netzbetrieb möglich, andererseits können Strategien<br />

zur Verbesserung des Ressourceneinsatzes abgeleitet<br />

werden.<br />

2 Analyse<br />

Zum Betrieb elektrischer Netze sind Maßnahmen zur<br />

Instandhaltung des Netzes sowie zur Störungsbeseitigung,<br />

Erneuerung und Inbetriebnahme der Anlagen<br />

durchzuführen. Diese Maßnahmen werden als Betriebsprozesse<br />

und die zu deren Durchführung notwendigen<br />

Einsatzmittel als Ressourcen bezeichnet.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 57


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

2.1 Betrachtungsbereich<br />

Der technische Betrachtungsbereich für die Optimierung<br />

des Netzbetriebs ergibt sich üblicherweise<br />

netzbetreiberspezifisch durch vorgegebene geographische<br />

Bereiche und technische Organisationseinheiten<br />

(z. B. differenziert nach Spannungsebenen), für deren<br />

Betreuung Ressourcen eingeteilt sind. Der technische<br />

Betrachtungsbereich definiert zusammen mit der<br />

Netzbetriebsstrategie des Netzbetreibers die Art und<br />

Anzahl der Betriebsprozesse, die bei einer Planung des<br />

Ressourceneinsatzes zu berücksichtigen sind.<br />

Der zeitliche Betrachtungsbereich bestimmt den<br />

Zeitraum, für den der Netzbetrieb und damit der<br />

zugehörige Ressourceneinsatz geplant wird. Er ist<br />

fragestellungsabhängig zu wählen. Für die notwendige<br />

Diskretisierung des Betrachtungszeitraums ist ein<br />

Zeitraster von einer Stunde sinnvoll. Prozessanalysen<br />

haben gezeigt, dass einzelne Prozessdauern zwar<br />

kleiner als eine Stunde sein können, dann aber eine<br />

Zusammenfassung gleicher Prozesse möglich ist.<br />

2.2 Randbedingungen, Freiheitsgrade, Unsicherheiten<br />

Wie in [3] gezeigt wurde, sind die wesentlichen<br />

Randbedingungen für die Optimierung des Ressourceneinsatzes<br />

die in dem Betrachtungszeitraum durchzuführenden<br />

Betriebsprozesse. Dabei kann zwischen planbaren<br />

Betriebsprozessen, die zum Planungszeitpunkt<br />

bekannt sind und deren Durchführungszeitpunkte<br />

langfristig planbar sind, und nicht planbaren Betriebsprozessen,<br />

deren Auftreten von unsicheren Randbedingungen<br />

abhängt, unterschieden werden. Die Menge<br />

und Art der planbaren Betriebsprozesse ist Vorgabe des<br />

Netzbetreibers und resultiert z. B. aus dessen Instandhaltungs-<br />

und Erneuerungsstrategie.<br />

Der Einsatz der dem Netzbetreiber zur Verfügung<br />

stehenden Ressourcen zur Durchführung der Betriebsprozesse<br />

sowie die Zusammenstellung der Ressourcen<br />

sind für eine derartige Optimierung die wesentlichen<br />

Freiheitsgrade.<br />

Für gegebene Ressourcen hat der Netzbetreiber die<br />

Möglichkeit, die Durchführungszeitpunkte für die<br />

Betriebsprozesse langfristig zu planen und prozessspezifisch<br />

zu entscheiden, welche Ressourcen zur Durchführung<br />

eingesetzt werden sollen.<br />

Die Ressourcen können aufgeteilt werden in:<br />

• Eigenpersonal unterschiedlicher Qualifikation,<br />

• Fremdpersonal,<br />

• Material sowie<br />

• Spezialfahrzeuge und –werkzeuge.<br />

Die Planung des Ressourceneinsatzes unterliegt einer<br />

Vielzahl von Unsicherheiten, die bei einer Optimierung<br />

geeignet berücksichtigt werden müssen. Dabei kann<br />

zwischen betriebsprozessbezogenen und ressourcenbezogenen<br />

Unsicherheiten unterschieden werden.<br />

Die zu berücksichtigenden betriebsprozessbezogenen<br />

Unsicherheiten sind:<br />

• Unsichere Dauer der Betriebsprozesse,<br />

• Auftreten nicht planbarer Betriebsprozesse (Störungen<br />

und unerwartete Defekte),<br />

• Eingeschränkte Durchführbarkeit geplanter Prozesse<br />

wegen fehlendem Material, Fremdpersonal oder<br />

nicht erteilter Freischaltgenehmigung durch die<br />

Netzführung.<br />

Die ressourcenbezogenen Unsicherheiten beeinflussen<br />

im Wesentlichen die Verfügbarkeit der eigenen Mitarbeiter.<br />

Dabei muss berücksichtigt werden, dass Personal<br />

kurzfristig ausfallen kann (z. B. wegen Krankheit)<br />

und somit zuvor geplante Betriebsprozesse nicht<br />

durchgeführt werden können.<br />

Es ist zu erwarten, dass die Unsicherheiten den Ressourceneinsatz<br />

maßgeblich beeinflussen. Ein Verfahren<br />

zur Ressourceneinsatzoptimierung muss demnach<br />

sämtliche Unsicherheiten beim Netzbetrieb berücksichtigen,<br />

damit einerseits praxisgerechte Ressourceneinsatzpläne<br />

resultieren und andererseits der Einfluss<br />

der Unsicherheiten auf die Kosten für den Ressourceneinsatz<br />

quantifiziert werden kann.<br />

3 Verfahren<br />

3.1 Überblick<br />

Bild 1 gibt einen Überblick über das Verfahren zur<br />

Ressourceneinsatzplanung.<br />

Für vorgegebene Ressourcen werden in der Ressourceneinsatzplanung<br />

die Ausführungszeitpunkte für die<br />

langfristig bekannten, planbaren Prozesse bestimmt.<br />

Weiterhin wird für jeden Prozess die Entscheidung über<br />

Eigen- und Fremdpersonal getroffen.<br />

Die Unsicherheiten beim Netzbetrieb werden bei der<br />

Planung des Ressourceneinsatzes durch die integrierte<br />

Simulation des Netzbetriebs berücksichtigt.<br />

58 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Unsicherheiten<br />

Planbare<br />

Betriebsprozesse<br />

Nicht<br />

planbare<br />

Betriebsprozesse<br />

Ressourceneinsatzplanung<br />

�� Planung der Durchführungszeitpunkte<br />

�� Eigen-/Fremdpersonalentscheidung<br />

Bewertung der Ressourcen<br />

Unsichere Kosten für<br />

�� Fremdpersonal<br />

�� Nicht durchführbare Prozesse<br />

�� Umplanungen von Prozessen<br />

Ressourcen<br />

Simulation des Netzbetriebs<br />

Bild 1: Verfahrensüberblick<br />

Das Ergebnis der Simulation ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />

der Gesamtkosten im betrachteten<br />

Zeitraum. Dabei werden Kosten für Fremdpersonal,<br />

nicht durchgeführte Betriebsprozesse und Umplanungen<br />

von Betriebsprozessen monetär bewertet. Diese<br />

Wahrscheinlichkeitsverteilung kann mit den aus dem<br />

Risikomanagement bekannten Methoden analysiert und<br />

für die Bewertung des ermittelten Ressourceneinsatzplanes<br />

herangezogen werden.<br />

Die optimale Planung des Ressourceneinsatzes ermöglicht<br />

eine objektive Bewertung der Auslastung der<br />

vorgegebenen Ressourcen unter Berücksichtigung der<br />

Unsicherheiten beim Netzbetrieb. Auf dieser Basis kann<br />

eine Minimierung der Ressourcen erfolgen. Beispielsweise<br />

können schwach ausgelastete Ressourcen<br />

eingespart werden, um die Kosten für den Netzbetrieb<br />

zu reduzieren.<br />

3.2 Optimierungsansatz zur Ressourceneinsatzplanung<br />

Die Optimierung der Ausführungszeitpunkte der<br />

Betriebsprozesse bei vorgegebenen Ressourcen und<br />

gleichzeitiger prozessspezifischer Eigen-/Fremdpersonalentscheidung<br />

ist ein kombinatorisches Optimierungsproblem.<br />

Derartige Probleme lassen sich durch<br />

mathematisch exakte (z. B. Branch and Bound) oder<br />

heuristische Verfahren (z. B. Evolutionäre Algorithmen)<br />

lösen [4].<br />

Während exakte Verfahren die Optimalität der Lösung<br />

garantieren, lassen heuristische Ansätze keine Aussage<br />

über die Qualität einer gefundenen Lösung zu.<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Ein wesentlicher Nachteil exakter Verfahren ist jedoch<br />

der häufig exponentielle Anstieg der Rechenzeit mit der<br />

Problemgröße, wohingegen heuristische Ansätze eher<br />

logarithmische bis quadratische Abhängigkeiten<br />

zwischen Problemgröße und Rechenzeit aufweisen.<br />

Optimierungsvariablen sind der Ausführungszeitpunkt<br />

und die Entscheidung zwischen Eigen- und Fremdpersonal<br />

für jeden planbaren Betriebsprozess. Aufgrund<br />

der Vielzahl der so für übliche Ressourceneinsatzplanungen<br />

zu bestimmenden Variablen und der damit<br />

einhergehenden Problemgröße wird in dieser Arbeit ein<br />

heuristischer Ansatz zur Ermittlung optimaler Ressourceneinsatzpläne<br />

gewählt, der auf Genetischen Algorithmen<br />

[5] basiert. Diese Algorithmen arbeiten in<br />

Anlehnung an die Evolution in der Natur. Dabei wird<br />

eine Menge von Ressourceneinsatzplänen stochastisch<br />

erzeugt und bewertet. In Analogie zu den Begriffen aus<br />

der Evolutionstheorie stellt jeder Ressourceneinsatzplan<br />

ein Individuum und die Gesamtheit der erzeugten<br />

Ressourceneinsatzpläne eine Population dar. Die<br />

besten Ressourceneinsatzpläne der Population werden<br />

neu kombiniert, wobei kostengünstige Ressourceneinsatzpläne<br />

beibehalten werden. Dieses Vorgehen<br />

wird oftmals wiederholt, wobei die neue Population<br />

jeweils aus der Vorgängerpopulation erzeugt wird. Da<br />

dies auf Basis der besten Individuen geschieht, werden<br />

die positiven Eigenschaften der Vorgängerpopulation<br />

weitergegeben. So wird iterativ eine Konvergenz in<br />

Richtung eines optimalen Ressourceneinsatzplanes<br />

erzielt.<br />

Die Bewertung der Ressourceneinsatzpläne beruht auf<br />

einer Kostenbewertung für deren Durchführung. Dabei<br />

werden die Unsicherheiten beim Netzbetrieb berücksichtigt,<br />

indem die Simulation des Ressourceneinsatzes<br />

in den Optimierungsalgorithmus integriert wird.<br />

3.3 Simulation des Netzbetriebs zur Berücksichtigung<br />

von Unsicherheiten<br />

Bild 2 gibt einen Überblick über die bei der Bewertung<br />

gewählte Vorgehensweise. Die zeitsequentielle<br />

Durchführung des Ressourceneinsatzplanes wird über<br />

den Betrachtungszeitraum simuliert und bewertet.<br />

Dabei sind die einzusetzenden Ressourcen und die<br />

Unsicherheiten Vorgaben für die Simulation. Die<br />

unsicheren Größen werden über Verteilungsfunktionen<br />

abgebildet.<br />

Durch mehrfache Simulation können so die Auswirkungen<br />

unterschiedlicher Auftrittsszenarien für die Unsicherheiten<br />

auf einen Ressourceneinsatzplan betrachtet<br />

werden.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 59


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Ressourceneinsatzplan für<br />

vorgegebene Ressourcen<br />

Unsicherheiten beim<br />

Netzbetrieb<br />

Zeitsequentielle Simulation des<br />

Ressourceneinsatzes<br />

Reaktion auf:<br />

- unerwartete Prozessüberschneidungen<br />

- nicht durchführbare Prozesse<br />

- Störungen<br />

- kurzfristig auftretende unerwartete Defekte<br />

Ausnutzung verfügbarer Ressourcen durch:<br />

- Einplanen zuvor nicht durchführbarer Prozesse<br />

Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kosten zur<br />

Durchführung des Ressourceneinsatzplanes<br />

Bild 2: Simulation des Netzbetriebs<br />

Im Verlauf der Simulation muss als Reaktion auf das<br />

Auftreten stochastischer Effekte (wie z. B. Prozessüberschneidungen<br />

wegen unerwartet langer Prozessdauern)<br />

durch kurzfristiges Umplanen der Betriebsprozesse<br />

reagiert werden. Damit diese sequentielle Änderung<br />

des Ressourceneinsatzplanes möglichst praxisnah<br />

erfolgt, werden hierzu reale Entscheidungen der<br />

Netzbetriebsplaner durch heuristische Regeln nachgebildet.<br />

Um die zur Verfügung stehenden Ressourcen im<br />

Betrachtungszeitraum möglichst optimal auszulasten,<br />

wird mittels geeigneter Heuristiken kontinuierlich<br />

geprüft, ob nicht durchführbare Prozesse im Simulationsverlauf<br />

noch eingeplant werden können.<br />

Die Simulation liefert eine realistische Bewertung<br />

gegebener Ressourcenpläne, da der Einfluss sämtlicher<br />

unsicherer Größen berücksichtigt wird. Bei einer<br />

ausreichenden Anzahl an Simulationen ist nach Abschluss<br />

der Konvergenz die Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />

der Kosten zur Durchführung des Ressourceneinsatzplanes<br />

bekannt.<br />

4 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Um die Kosten für den Netzbetrieb zu minimieren,<br />

haben Netzbetreiber einerseits die Möglichkeit, die<br />

Netzbetriebsstrategie, d. h. Instandhaltungs- und<br />

Erneuerungsmaßnahmen, anzupassen. Andererseits<br />

kann der Ressourceneinsatz zum Betrieb der Netze<br />

optimiert werden.<br />

In dieser Forschungsarbeit wird ein Optimierungsverfahren<br />

entwickelt, das in einem ersten Schritt kostengünstige<br />

Einsatzpläne für vorgegebene Ressourcen<br />

ermittelt. Auf der Basis dieser Pläne soll in einem<br />

zweiten Schritt eine Anpassung der Ressourcen<br />

erfolgen, um die kostengünstigsten Ressourcenkombinationen<br />

für den Netzbetrieb zu bestimmen.<br />

Die Ergebnisse dieser Optimierung können einerseits<br />

für eine objektive Bewertung des Netzbetriebsaufwands<br />

zu Grunde gelegt werden und so eine Rechtfertigung<br />

der für den Netzbetrieb minimal notwendigen<br />

unsicheren Kosten ermöglichen. Andererseits können<br />

Strategien zur Verbesserung des Ressourceneinsatzes<br />

abgeleitet werden.<br />

5 Literatur<br />

[1] Bundesnetzagentur<br />

Bericht der Bundesnetzagentur nach § 112a<br />

EnWG zur Einführung der Anreizregulierung nach<br />

§ 21a EnWG<br />

Bundesnetzagentur Bonn, 2006, S. 13ff<br />

[2] Obergünner, M.<br />

Bewertung und Optimierung des Instandhaltungsaufwands<br />

elektrischer Verteilungsnetze<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 102, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> 2005<br />

[3] Berg, A.<br />

Ressourcenplanung für den Betrieb elektrischer<br />

Hoch- und Höchstspannungsnetze<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006<br />

[4] Neumann, K.; Morlock, M.<br />

Operations Research<br />

Carl Hanser Verlag München Wien, 1993,<br />

S. 380ff<br />

[5] Heistermann, J.<br />

Genetische Algorithmen<br />

B. G. Teubner Verlagsgesellschaft Stuttgart Leipzig,<br />

1994<br />

60 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


1 Einleitung<br />

Dem Stand der Technik in der Netzplanung entsprechend<br />

werden die elektrischen Netze der einzelnen<br />

Spannungsebenen manuell oder rechnergestützt von<br />

den über- und unterlagerten Spannungsebenen getrennt<br />

geplant und Wechselwirkungen zwischen diesen<br />

vernachlässigt. Dies ist auf die Komplexität der Planung<br />

und auf die bisher langen Rechenzeiten bestehender<br />

Verfahren bei größeren Optimierungsproblemen<br />

zurückzuführen. Neue Verfahrenansätze zeigen jedoch,<br />

dass auch größere Probleme in handhabbarer Rechenzeit<br />

lösbar sind, so dass erstmalig die Frage des<br />

Nutzens einer spannungsebenenübergreifenden<br />

Planung objektiv beantwortet werden kann.<br />

2 Analyse<br />

2.1 Netzkonzepte bei getrennter und spannungsebenenübergreifender<br />

Planung<br />

Der Fokus der Arbeit liegt in der spannungsebenenübergreifenden<br />

Planung von HS- und MS-Netzen. Bei<br />

der Planung beider Spannungsebenen werden drei<br />

unterschiedliche Netzkonzepte angewandt.<br />

Bei der getrennten Planung wird folgendes Netzkonzept<br />

verfolgt:<br />

1. Aufgrund der getrennten Planung ist eine eigensichere<br />

Auslegung des HS-Netzes notwendig. Das<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Bewertung des Nutzens einer spannungsebenenübergreifenden Planung von<br />

Hoch- und Mittelspannungsnetzen<br />

Evaluating the Benefit of Voltage Comprehensive Planning of High and Medium<br />

Voltage Networks<br />

Dipl.-Ing. Thorsten Borchard<br />

thorsten.borchard@iaew.rwth-aachen.de<br />

Bei der Planung elektrischer Verteilungsnetze werden zur Verbesserung und Objektivierung der Planung vermehrt<br />

computergestützte Optimierungsverfahren eingesetzt. Derzeitige Verfahren sind aufgrund der Rechenleistung und dem<br />

Stand der Technik in der Netzplanung so ausgelegt, dass sie nur eine Spannungsebene bei Vernachlässigung von<br />

Wechselwirkungen mit über- und unterlagerten Spannungsebenen berücksichtigen. Mit den bestehenden Verfahren<br />

lassen sich für jede Spannungsebene getrennt kostenminimale Netzstrukturen ermitteln, doch bleibt die Frage offen, ob<br />

bei einer spannungsebenenübergreifenden Planung ein zusätzliches Kosteneinsparpotenzial erreichbar ist. Die gestiegene<br />

Rechenleistung und neue Verfahrensansätze lassen diese Frage erstmalig objektiv beantworten.<br />

Planning of distribution networks has been more and more improved and objectified by computer based tools. Due to<br />

the computing power and the state of the art in the network planning these tools have been developed to optimize only<br />

one voltage level while neglecting the neighboured ones. Cost-efficient distribution networks for a single voltage level<br />

can be determined by using these tools, but the benefit of a voltage comprehensive planning of high and medium<br />

voltage networks has not been estimated so far. This research project evaluates this benefit.<br />

MS-Netz wird als reines Verteilungsnetz geplant.<br />

(siehe Bild 1a).<br />

Bei der spannungsebenenübergreifenden Planung sind<br />

folgende zwei Netzkonzepte denkbar:<br />

2. Nicht notwendigerweise eigensicheres HS-Netz<br />

und MS-Transport- und Verteilungsnetz (siehe<br />

Bild 1b) und<br />

3. nicht notwendigerweise eigensicheres HS-Netz mit<br />

MS-Strangnetz (siehe Bild 1c).<br />

Bei den spannungsebenenübergreifenden Netzkonzepten<br />

ist eine eigensichere Auslegung des HS-Netzes<br />

gegenüber der getrennten Planung nicht zwingend<br />

erforderlich, da die Redundanz zur Erfüllung von<br />

Planungskriterien, wie z. B. das (n-1)-Kriterium, auch<br />

über das MS-Netz erfüllt werden kann. Bei Netzkonzept<br />

2 kann die Reservestellung – statt wie in Netzkonzept<br />

1 mit eigensicherer Umspannung in und<br />

eigensicherem HS-Anschluss der Umspannstationen –<br />

über das MS-Transportnetz erfolgen. Die in der MS-<br />

Ebene befindlichen Ortsnetz- und Kundenstationen<br />

werden ausgehend von den HS/MS-Umspann- oder<br />

MS-Schwerpunktstationen über reine Verteilungsnetze<br />

mit Ringstruktur versorgt.<br />

Netzkonzept 3 weist in der MS-Ebene ein Strangnetz<br />

auf, das i. d. R. wie ein MS-Ringnetz als reines Verteilungsnetz<br />

realisiert ist. Bei entsprechender Auslegung<br />

bzw. geringerer Vorbelastung des MS-Strangnetzes<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 61


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

kann dieses auch Transportfunktion übernehmen, so<br />

dass wie bei Netzkonzept 2 mit MS-Transport- und<br />

Ringnetz die Reservestellung durch das MS-Strangnetz<br />

möglich ist.<br />

a) b)<br />

c)<br />

HS-Leitung,<br />

HS-Schaltanlage<br />

MS-Leitung,<br />

MS-Schaltanlage<br />

HS/MS-Transformator<br />

Ortsnetzstation<br />

Bild 1: HS/MS-Netzkonzepte bei getrennter und<br />

spannungsebenenübergreifender Planung<br />

2.2 Potenzial bei spannungsebenenübergreifender<br />

Planung<br />

Analysen zur Abschätzung zusätzlicher Kosteneinsparpotenziale<br />

bei spannungsebenenübergreifender<br />

Planung zeigen, dass sich aufgrund der erhöhten<br />

Leitungskapazität bei einer Betriebsspannung von 20 kV<br />

im MS-Netz höhere Kostenreduzierungspotenziale als<br />

bei 10 kV erzielen lassen. Des Weiteren zeigt sich, dass<br />

ein Vorteil der spannungsebenenübergreifenden<br />

Planung nur bei höheren Lastdichten existiert. Untersuchungen<br />

an homogenen Versorgungsgebieten zeigen,<br />

dass dieser Vorteil ab ca. 1 MVA/km² vorliegt und mit<br />

steigender Lastdichte anwächst. Bei spannungsebenenübergreifend<br />

geplanten, homogenen Versorgungsgebieten<br />

mit einer Lastdichte von 5 MVA/km² und<br />

Netzkonzept MS-Transport- und Verteilungsnetz stellt<br />

sich ein zusätzliches Kostenreduzierungspotenzial von<br />

8% ein. Bei Wahl des Netzkonzeptes mit MS-<br />

Strangnetz und gleichzeitiger Reservestellung zeigt sich<br />

nur eine Kostenreduzierung von 5%. Bei Änderung<br />

letzteren Netzkonzeptes in eine Kombination aus MS-<br />

Strang- und Ringnetz ergibt sich gegenüber Netzkonzept<br />

2 ein leicht höheres Kostenreduzierungspotenzial<br />

von 8,5%. Dieses Netzkonzept weist jedoch technische<br />

Nachteile durch eine aufwändigere Realisierung auf, da<br />

zusätzliche Randbedingungen zur Gewährleistung eines<br />

sicheren Betriebs erfüllt werden müssen.<br />

3 Verfahren<br />

Die Bewertung des Nutzens einer spannungsebenenübergreifenden<br />

Planung von HS- und MS-Netz erfolgt<br />

durch den bewertenden Vergleich von getrennt mit<br />

spannungsebenenübergreifend geplanten Netzen, die<br />

im Rahmen einer Grundsatzplanung ermittelt werden.<br />

Die Bewertung der Netze erfolgt anhand ihrer annuitätischen<br />

Kosten und Versorgungszuverlässigkeit.<br />

Zur Ermittlung getrennt geplanter Zielnetze kann auf<br />

bestehende Verfahren zurückgegriffen werden [1, 2]. Da<br />

derzeit kein Verfahren zur spannungsebenenübergreifenden<br />

Planung vorliegt, wird im Rahmen dieser Arbeit<br />

ein derartiges Verfahren entwickelt.<br />

Das neu entwickelte Verfahren ist in mehrere Stufen<br />

unterteilt (siehe Bild 2). In einer dem Optimierungsverfahren<br />

vorgeschalteten Verfahrensvorstufe wird für die<br />

spannungsebenenübergreifenden Netzkonzepte ein<br />

MS-Transport- bzw. Strangnetzbereich identifiziert, der<br />

zusammen mit dem HS-Netzbereich in das Optimierungsverfahren<br />

überführt wird. Der ebenfalls ausgewiesene<br />

Verteilungsnetzbereich wird separat mit dem<br />

bestehenden Verfahren [2] geplant.<br />

Getrennte Planung<br />

Planung der<br />

MS-Ebene mit [2]<br />

Planung der<br />

HS-Ebene mit [1]<br />

Ergebnis<br />

Ergebnis<br />

Kostenminimales<br />

MS-Netz<br />

Kostenminimales<br />

HS-Netz<br />

Spannungsebenenübergreifende<br />

Planung<br />

Planung der HS-Ebene<br />

und MS-Transport-<br />

/Strangnetzebene mit<br />

neuentwickeltem<br />

Verfahren<br />

Ergebnis<br />

Kostenminimales<br />

HS-MS-Netz<br />

Bewertender Vergleich<br />

Verfahrensvorstufe<br />

Planung der MS-<br />

Verteilungsebene<br />

mit [2]<br />

Kosten und Versorgungszuverlässigkeit<br />

Bild 2: Verfahrensübersicht zur getrennten und<br />

spannungsebenenübergreifenden Planung<br />

62 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


4 Erste Ergebnisse<br />

Im Folgenden werden für eine reale Versorgungsaufgabe<br />

erste Ergebnisse dargestellt. Die Versorgungsaufgabe<br />

beinhaltet ein städtisches Versorgungsgebiet mit<br />

einer Fläche von 170 km² und Höchstlast von 420 MVA.<br />

Das Versorgungsgebiet wird von zwei HöS/HS-<br />

Umspannstationen gespeist.<br />

Die Planung beinhaltet die getrennte und spannungsebenenübergreifende<br />

Planung mit Netzkonzept 2 für die<br />

HS- und MS-Ebene. In Bild 3a ist zur besseren Übersicht<br />

nur das HS-Netz dargstellt. Das HS-Netz weist<br />

eine einfache Netzstruktur in Form eines Stranges und<br />

zwei Stiche auf. Die HS/MS-Umspannstationen sind<br />

eigensicher ausgelegt. Bei der spannungsebenenübergreifenden<br />

Planung wurden Variantenrechnungen mit<br />

Netzkonzept 2 bei unterschiedlicher Anzahl von MS-<br />

Schwerpunktstationen im MS-Transportnetz durchgeführt.<br />

Bild 3b zeigt die Variante mit im Schnitt einer<br />

angrenzenden MS-Schwerpunktstation pro HS/MS-<br />

Umspannstation. Es zeigt sich, dass die Umspannung<br />

und der HS-Anschluss einiger HS/MS-Umspannstationen<br />

bei der spannungsebenenübergreifenden<br />

Planung nicht mehr eigensicher ausgelegt sind. Die<br />

Redundanz erfolgt über das MS-Transportnetz und<br />

benachbarte HS/MS-Umspannstationen. Einige<br />

HS/MS-Umspannstationen weisen keine Umspannung<br />

mehr auf; sie stellen MS-Schwerpunkstationen dar. Der<br />

Kostenvergleich zeigt, dass sich bei der Variantenrechnung<br />

ein zusätzliches Kostenreduzierungspotenzial von<br />

bis zu 8% ergeben kann. Die Variantenrechnung belegt,<br />

dass bei Wahl weniger MS-Schwerpunktstationen die<br />

Kosteneinsparungen vor allem in der HS-Ebene sowie<br />

in der HS/MS-Umspannung liegen, die höher als die<br />

zusätzlich anfallenden Kosten für ein MS-Transportnetz<br />

ausfallen. Bei Wahl einer höheren Anzahl von MS-<br />

Schwerpunktstationen im MS-Transportnetz erhöhen<br />

sich die Mehrkosten derart, dass diese durch Kostenreduzierung,<br />

die sich nun auch im MS-Verteilungsnetz<br />

aufgrund geringerer Gesamtstromkreislänge ergeben,<br />

nicht kompensiert werden können. Der Vergleich der<br />

Versorgungszuverlässigkeit zeigt, dass es bei spannungsebenenübergreifender<br />

Planung und nicht eigensicherer<br />

Auslegung der einzelnen Spannungsebenen zu<br />

keinen Zuverlässigkeitseinbußen kommt.<br />

5 Zusammenfassung<br />

Die derzeitige Planung elektrischer Netze umfasst<br />

meist nur eine Spannungsebene. Diese Vorgehensweise<br />

kann zu unnötiger struktureller Redundanz in den<br />

einzelnen Spannungsebenen und somit zu höheren<br />

Netzkosten führen. Das Ziel dieser Arbeit ist daher die<br />

Bewertung des Nutzens einer spannungsebenenübergreifenden<br />

Planung mit Fokus auf HS- und MS-Netzen.<br />

Erste Ergebnisse zeigen, dass sich gegenüber der<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

getrennten Planung bei spannungsebenenübergreifender<br />

Planung eine zusätzliche Kostenersparnis von 8%<br />

ergeben kann.<br />

b)<br />

a)<br />

2<br />

3<br />

2<br />

1<br />

2<br />

2<br />

3<br />

4x 3x<br />

2<br />

3<br />

1<br />

3x<br />

2<br />

2<br />

2<br />

0<br />

1 Anzahl HS/MS-Transformatoren pro Umspannstation<br />

MS-Transportleitung (3x: Anzahl paralleler Leitungen)<br />

HS-Leitung<br />

HöS/HS- Umspannstation<br />

HS/MS- Umspannstation<br />

MS- Schwerpunktstation<br />

Bild 3: Getrennt und spannungsebenenübergreifend<br />

geplante Netze (Ausschnitt: HS-Netz<br />

und MS-Transportnetz)<br />

6 Literatur<br />

[1] Maurer, Ch.<br />

Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung für<br />

Hochspannungsnetze<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, <strong>Aachen</strong>er Beiträge<br />

zur Energieversorgung, Bd. 101, Klinkenberg Verlag,<br />

<strong>Aachen</strong> 2004[2]<br />

[2] Tao, X.<br />

Automatisierte Grundsatzplanung für Mittelspannungsnetze<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, <strong>Aachen</strong>er Beiträge<br />

zur Energieversorgung, Bd. 112, Tao, X<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 63<br />

2<br />

2<br />

1<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Strukturmerkmale für die vergleichende Bewertung von Niederspannungsnetzen<br />

Structural Characteristics for Comparative Benchmark of Low Voltage Networks<br />

Dipl.-Ing. Hermann Egger<br />

hermann.egger@iaew.rwth-aachen.de<br />

Durch die Liberalisierung des Strommarktes wird Stromkunden die Möglichkeit geboten, unter Anbietern für elektrische<br />

Energie frei zu wählen. Zu diesem Zweck müssen die Netzbetreiber ihre Netze diskriminierungsfrei zur Verfügung<br />

stellen und erhalten für diese Dienstleistung ein Entgelt. Bisher war die Beurteilung der Angemessenheit der Netznutzungsentgelte<br />

lediglich durch Vergleiche unterschiedlicher Netzbetreiber möglich, da nicht alle relevanten Versorgungsgegebenheiten<br />

erfasst werden konnten. Ziel dieser Arbeit ist es daher, für die direkte Beurteilung unterschiedlicher<br />

Versorgungsaufgaben geeignete kostenrelevante Strukturmerkmale abzuleiten.<br />

Due to the liberalisation of the market for electrical energy, the costumers can choose between different providers for<br />

electrical energy. Because of that, network operators have to provide their distribution networks without discrimination<br />

and receive reward for this service. So far, the evaluation of the adequacy of the received rewards was just possible by<br />

comparison of different network operators because it was not possible to acquire all important effects and conditions of<br />

the supply areas. Within the scope of this work, adequate structural characteristics for direct evaluation of different<br />

supply areas should be elaborated.<br />

1 Einleitung und Ziel der Arbeit<br />

Mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes<br />

2005 (EnWG) wurde in Deutschland durch den Gesetzgeber<br />

ein Konzept zur anreizorientierten Regulierung im<br />

Bereich der Elektrizitätsversorgung vorgegeben. Ziel<br />

dieser Regulierungsart ist es, aufbauend auf dem<br />

ersten Energiewirtschaftsgesetz von 1998, den diskriminierungsfreien<br />

Zugang elektrischer Netze zur Nutzung<br />

Dritter weiter zu stärken und so den Wettbewerb<br />

innerhalb des Marktes für elektrische Energie weiter zu<br />

forcieren. Die Angemessenheit der von den Netzbetreibern<br />

erhobenen Netznutzungsentgelte soll dabei einer<br />

genauen Prüfung unterzogen werden. Für die Bewertung<br />

der Angemessenheit von Netznutzungsentgelte<br />

sieht das EnWG das Vergleichsmarktprinzip vor,<br />

welches durch einen Effizienzvergleich strukturell<br />

ähnlicher Netzbetreiber beschrieben wird. Die Identifikation<br />

vergleichbarer Netzbetreiber setzt geeignete,<br />

kostenrelevante Strukturmerkmale voraus.<br />

Da die Niederspannungsebene einen wesentlichen<br />

Anteil der Netznutzungsentgelte verursacht, ist insbesondere<br />

in dieser Spannungsebene eine genaue<br />

Betrachtung und Bewertung der Angemessenheit der<br />

Netznutzungsentgelte notwendig. Bisher in Betracht<br />

gezogene mögliche Strukturmerkmale [1] der Niederspannungsebene<br />

sind nicht das Ergebnis genauer<br />

Untersuchungen, sondern stellen vielmehr eine Vorsortierung<br />

dar, um Hinweise auf mögliche Strukturklassen<br />

zu erhalten [2, 3]. Bereits unternommene Versuche,<br />

mittels statistischer Untersuchungen Korrelationen<br />

zwischen Netznutzungsentgelten und unterschiedlichen<br />

Strukturmerkmalen zu ermitteln, erbrachten nicht die<br />

erwarteten Aussagen hinsichtlich der Identifikation<br />

kostenrelevanter Strukturmerkmale [4]. Ein wichtiger<br />

Grund hierfür sind die in den Netznutzungsentgelten<br />

enthaltenen Kosten, die nicht durch Strukturmerkmale<br />

des Versorgungsgebietes beeinflusst werden. Daher<br />

wird im Rahmen dieser Arbeit der Untersuchungsansatz<br />

der Referenznetzanalyse gewählt, welcher die Ermittlung<br />

kostenoptimaler Netze für realitätsnahe Versorgungsaufgaben<br />

ermöglicht. Auf diese Weise können<br />

Korrelationen zwischen möglichen Strukturmerkmalen<br />

der Versorgungsaufgabe und dem minimalen Aufwand<br />

für die Errichtung eines NS-Verteilungsnetzes ermittelt<br />

werden.<br />

Ziel dieser Arbeit ist es, anhand unterschiedlicher<br />

Versorgungsaufgaben kostenrelevante Strukturmerkmale<br />

für NS-Verteilungsnetze abzuleiten.<br />

2 Analyse<br />

2.1 Kosten der Niederspannungsebene<br />

In Bild 1 ist die Zusammensetzung in der Niederspannungsebene<br />

entstehender Netzkosten dargestellt,<br />

wobei in dieser Arbeit Kosten überlagerter Spannungsebenen<br />

sowie Kosten für Verwaltung nicht berücksichtigt<br />

werden. Auf dieser Basis kann ein objektiver<br />

Vergleich der Netzkosten zwischen unterschiedlichen<br />

NS-Verteilungsnetzen durchgeführt werden. Die<br />

Netzkosten in der Niederspannungsebene setzen sich<br />

aus einem vom Netzbetreiber beeinflussbaren und<br />

einem nicht beeinflussbaren Anteil zusammen.<br />

64 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Vom Netzbetreiber nicht<br />

beeinflussbare Kosten<br />

Versorgungsaufgabe<br />

Technische<br />

Mindestanforderungen<br />

Vom Netzbetreiber<br />

beeinflussbare Kosten<br />

Planungskriterien<br />

Individuelle Anforderungen<br />

an die Versorgungsqualität<br />

Minimal notwendige<br />

Kosten<br />

Zusatzkosten<br />

Netzkosten<br />

Bild 1: Kosten der Niederspannungsebene<br />

Im Rahmen dieser Arbeit sollen ausschließlich die vom<br />

Netzbetreiber nicht beeinflussbaren Kosten untersucht<br />

werden. Diese werden durch die zu erfüllende Versorgungsaufgabe<br />

sowie die einzuhaltenden technischen<br />

Randbedingungen bestimmt. Technische Randbedingungen<br />

stellen eine wichtige Einflussgröße auf die vom<br />

Netzbetreiber nicht beeinflussbaren Kosten dar und<br />

sind bei der Planung von NS-Verteilungsnetzen als<br />

feste Randbedingung zu erfüllen. Der eventuell verbleibende<br />

Kostenanteil der vom Netzbetreiber beeinflussbaren<br />

Kosten beruht auf ineffizienten Unternehmensprozessen<br />

des Netzbetreibers, welche sich in Planungskriterien<br />

sowie individuellen Anforderungen des<br />

Netzbetreibers an die Versorgungsqualität widerspiegeln.<br />

Da Einflüsse der historischen Entwicklung bestehender<br />

NS-Verteilungsnetze auf ihre Kosten weder den<br />

vom Netzbetreiber beeinflussbaren noch den vom Netzbetreiber<br />

nicht beeinflussbaren Kosten eindeutig zugeordnet<br />

werden können, werden diese im Rahmen dieser<br />

Arbeit nicht betrachtet.<br />

2.2 Betrachteter Systembereich<br />

In bereits durchgeführten Untersuchungen [5] wurde<br />

der Einfluss möglicher Strukturmerkmale auf die NS-<br />

Verteilnetzkosten erörtert und mögliche kostenrelevante<br />

Strukturmerkmale abgeleitet. Diese Untersuchungen<br />

wurden jedoch nur für ideal homogene (städtische) Versorgungsaufgaben<br />

durchgeführt. Da die hinreichend<br />

genaue Modellierung realitätsnaher, inhomogener Versorgungsaufgaben<br />

nicht in Betracht gezogen wurde,<br />

liegt der Fokus dieser Arbeit auf der Untersuchung inhomogener,<br />

kleinstädtisch bzw. ländlicher Versorgungsaufgaben.<br />

Bei Netzbetreibern mit ausgedehnten Versorgungsgebieten<br />

mit einer großen Anzahl von NS-Verteilungsnetzen<br />

kommt es zu einer großen Durchmischung<br />

unterschiedlicher Versorgungsaufgaben. Um dennoch<br />

eindeutige Strukturmerkmale ableiten zu können, wird<br />

der betrachtete Systembereich in dieser Arbeit auf den<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Versorgungsbereich einer Ortsnetzstation unter Einhaltung<br />

der technischen Randbedingungen [2] eingegrenzt.<br />

3 Methodisches Vorgehen<br />

Bild 2 zeigt einen Überblick über den gewählten<br />

Untersuchungsansatz. Um die Auswirkung unterschiedlicher<br />

möglicher Strukturmerkmale auf die Netzkosten<br />

zu quantifizieren, wird die im Folgenden beschriebene<br />

Vorgehensweise eingesetzt.<br />

Bild 2: Methodik<br />

M NS- Mögliche Verteilungsnetze Strukturmerkmale<br />

zum Erkenntnisgewinn<br />

Generierung synthetischer<br />

Versorgungsaufgaben<br />

Generierung von synthetischen<br />

Versorgungsaufgaben<br />

Planung kostenminimaler<br />

Referenznetze<br />

Generierung von Referenznetzen<br />

Auswertung<br />

Kostenrelevante Strukturmerkmale Strukturmerkmale<br />

Unter Einhaltung vorgegebener, möglicher Strukturmerkmale<br />

wird eine synthetische Versorgungsaufgabe<br />

generiert. Darauf aufbauend wird diese Versorgungsaufgabe<br />

einem rechnerbasierten Optimierungsverfahren<br />

zugeführt, welches unter Beachtung technischer<br />

Randbedingungen einen NS-Verteilungsnetzentwurf mit<br />

minimalen Netzkosten ermittelt [2]. Um den Einfluss<br />

möglicher Strukturmerkmale auf die Netzkosten beurteilen<br />

zu können, müssen Variantenrechnungen mit<br />

derselben Parametrierung möglicher Strukturmerkmale<br />

unter Variation eines möglichen Strukturmerkmals<br />

durchgeführt werden. Hierfür wird eine Vielzahl synthetischer<br />

Versorgungsaufgaben entworfen. Der Grad<br />

der Beeinflussung der Netzkosten durch Variation möglicher<br />

Strukturmerkmale ist ein Maß für die Relevanz<br />

des betrachteten möglichen Strukturmerkmals. Im Verlauf<br />

der Untersuchungen muss jedoch ein ständiger Abgleich<br />

der durch Variationsrechnungen gewonnenen<br />

Erkenntnisse hinsichtlich weiterer, noch nicht in<br />

Betracht gezogener möglicher Strukturmerkmale durchgeführt<br />

werden.<br />

4 Erste Ergebnisse<br />

Im Folgenden soll die oben beschriebene Methodik angewandt<br />

werden. Ausgangspunkt der Untersuchungen<br />

ist eine reale Versorgungsaufgabe. In einer ersten Untersuchung<br />

werden alle betrachteten möglichen<br />

Strukturmerkmale konstant gehalten, lediglich Parame-<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 65


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

ter, welche die Initialisierung von Zufallsprozessen bei<br />

der synthetischen Generierung von Versorgungsaufgaben<br />

darstellen, werden verändert.<br />

Diese Untersuchung wird für zwei unterschiedliche<br />

Siedlungsstrukturen durchgeführt [2]. Diese Siedlungsstrukturen<br />

unterscheiden sich in der räumlichen<br />

Aufteilung ihrer Kunden. Zum einen werden diese<br />

Kunden in konzentrierter Form um das Zentrum der<br />

Versorgungsaufgabe verteilt (Konzentrierte Siedlungsstruktur),<br />

zum anderen erfolgt die Verteilung der<br />

Kunden im betrachteten Versorgungsgebiet in Siedlungsgruppen<br />

(Verteilte Siedlungsstruktur).<br />

Da dieses Vorgehen eine Wissensbasis hinsichtlich der<br />

realitätsnahen Parametrierung möglicher Strukturmerkmale<br />

bei der Generierung synthetischer Versorgungsaufgaben<br />

erfordert, wurde im Vorfeld eine<br />

umfangreiche Analyse realer Versorgungsaufgaben<br />

durchgeführt.<br />

In weiterer Folge werden für eine einheitliche Konfiguration<br />

möglicher Strukturmerkmale je Siedlungsstruktur<br />

10 Versorgungsaufgaben mit unterschiedlichen Initialisierungen<br />

verfahrensinterner Zufallsprozesse generiert<br />

und für diese Versorgungsaufgaben kostenminimale,<br />

vollständig verkabelte NS-Verteilungsnetze geplant.<br />

Netzkosten<br />

Konzentrierte<br />

Siedlungsstruktur<br />

10<br />

Tsd.<br />

€<br />

a<br />

6<br />

4<br />

2<br />

Verluste<br />

Leitungen<br />

Unterschiedliche Zufallszahlen<br />

Trassen<br />

Transformator<br />

Verteilte<br />

Siedlungsstruktur<br />

0,7<br />

0,5<br />

0,3<br />

0,1<br />

Homogenität der<br />

Lage der Kunden<br />

Homogenität<br />

Bild 3: Einfluss von Zufallsprozessen auf die<br />

Netzkosten unterschiedlicher Siedlungsstrukturen<br />

Die in Bild 3 dargestellten Ergebnisse zeigen, dass sich<br />

innerhalb der betrachteten Siedlungsstrukturen eine<br />

Streuung der Netzkosten ergibt. Diese Streuung lässt<br />

sich durch die Auswirkung der bereits beschriebenen,<br />

unterschiedlich initialisierten verfahrensinternen<br />

Zufallsprozesse auf die Homogenität der Lage der<br />

Kundenanschlüsse des NS-Verteilungsnetzentwurfes<br />

begründen. Der Vergleich der Netzkosten zwischen den<br />

Siedlungsstrukturen zeigt eine durchschnittliche<br />

Kostendifferenz von ca. 30 %. Diese Kostendifferenz<br />

kann wiederum durch die Homogenität der Lage der<br />

Kundenanschlüsse der ermittelten NS-Verteilungsnetz-<br />

entwürfe spezifiziert werden. Aufgrund der Tatsache,<br />

dass es bei der Bildung von Siedlungsgruppen (Verteilte<br />

Siedlungsstruktur) zu einer lokalen Konzentration der<br />

Kunden und somit im Vergleich zu einer weiträumigen<br />

Verteilung der Kunden (Konzentrierte Siedlungsstruktur)<br />

zu deutlich geringeren Trassen- und Leitungslängen<br />

kommt, ist diese Differenz der Netzkosten nachvollziehbar.<br />

5 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Ziel dieser Arbeit ist es, kostenrelevante Strukturmerkmale<br />

für den Quervergleich von NS-Verteilungsnetzbetreibern<br />

zu bestimmen. Aus ersten Ergebnissen lässt<br />

sich ableiten, dass die zu betrachtende Siedlungsstruktur<br />

einen signifikanten Einfluss auf die Kosten der NS-<br />

Verteilungsnetze hat und somit bereits ein mögliches<br />

kostenrelevantes Strukturmerkmal darstellt. Die<br />

Ursache der sich einstellenden Kostenunterschiede<br />

liegt in der unterschiedlichen Homogenität der Lage der<br />

Kundenanschlüsse der betrachteten NS-Verteilungsnetzentwürfe.<br />

In einem weiteren Schritt soll nun die Auswirkung der<br />

Variation unterschiedlicher möglicher Strukturmerkmale<br />

auf die Netzkosten untersucht werden. Dieser Einfluss<br />

soll durch Einsatz von Signifikanztests verifiziert<br />

werden. Abschließend können dann kostenrelevante<br />

Strukturmerkmale für die vergleichende Bewertung von<br />

Niederspannungsnetzen abgeleitet werden.<br />

6 Literatur<br />

[1] VDN<br />

http://www.vdn-berlin.de<br />

[Stand Februar <strong>2007</strong>]<br />

[2] Egger, H.<br />

Strukturmerkmale von Niederspannungsnetzen<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006<br />

[3] Löppen, S.<br />

Ermittlung kostenbestimmender Strukturmerkmale<br />

für Mittel- und Niederspannungsnetze<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2004, ABEV Bd. 98, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> 2004<br />

[4] Mahn, U.<br />

Zusammenhänge zwischen Netzkosten und Strukturmerkmalen<br />

bei Verteilungsnetzbetreibern<br />

Elektrizitätswirtschaft, Jg. 100 (2001), Heft 12,<br />

S. 28-31<br />

[5] Katzfey, J.; Nissen, J.; Vetter, F. et al<br />

Modellnetzverfahren zur Bestimmung kostentreibender<br />

Strukturmerkmale<br />

Elektrizitätswirtschaft, Jg. 103 (2004), Heft 6,<br />

S. 14-22<br />

66 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Analyse des kurzfristigen strategischen Verhaltens an Strommärkten<br />

Analysis of the Short-term Strategical Behaviour in Power Markets<br />

Dipl.-Ing. Pablo Frezzi<br />

Pablo.Frezzi@iaew.rwth-aachen.de<br />

1 Einleitung<br />

In den heutigen Elektrizitätsmärkten können oligopolistische<br />

Strukturen beobachtet werden. Im Gegensatz zu<br />

Märkten mit vollkommener Konkurrenz befinden sich<br />

die Marktteilnehmer nicht mehr in einer passiven<br />

Umgebung als Preisnehmer, sondern sowohl der Preis<br />

als auch die Dynamik des Marktes sind von den<br />

Strategien der Teilnehmer abhängig. Dies macht die<br />

Elektrizitätsmärkte besonders anfällig, unter Marktmacht<br />

zu leiden. Unter Marktmacht versteht man die<br />

Fähigkeit eines einzelnen Marktteilnehmers bzw. einer<br />

kleinen Gruppe von Marktteilnehmern, den Marktpreis<br />

zu ihren Gunsten zu beeinflussen, um die Gewinne zu<br />

erhöhen [1]. Eine Möglichkeit, Marktmacht auszuüben,<br />

ist durch die Koordination von Strategien zwischen den<br />

Marktteilnehmern. Diese Koordination muss nicht<br />

unbedingt ausdrücklich kollusiv und folglich strafbar<br />

sein. Märkte mit erhöhter Konzentration, sich wiederholenden<br />

Interaktionen, Marktzutrittsbarrieren und<br />

Koordination zwischen den Teilnehmern, die von sich<br />

wiederholenden Versteigerungsprozessen abgeleitet<br />

werden, sind besonders anfällig für Kollusion. Die<br />

heutigen Strommärkte erfüllen diese Bedingungen und<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Im letzten Jahrzehnt wurden die Elektrizitätsmärkte in vielen Ländern restrukturiert, um die Elektrizitätspreise durch<br />

steigenden Wettbewerb zu reduzieren. Durch diese Liberalisierung, die besonders im Erzeugungssektor stattfand,<br />

wurde der bislang monopolistisch strukturierte Elektrizitätsmarkt von einem Wettbewerbsmarkt abgelöst. Trotz des<br />

ursprünglichen Ziels der Liberalisierung, den Wettbewerb des Marktes zu erhöhen, haben viele Fusionen und Übernahmen<br />

zwischen Stromerzeugungsunternehmen stattgefunden, welche die Konzentration des Marktes erhöht haben.<br />

Diese steigende Konzentration zusammen mit einigen Eigenschaften des Stromhandels ermöglichen die Ausübung von<br />

Marktmacht bzw. Kollusion. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wird ein Simulationsmodell entwickelt, das den<br />

Elektrizitätsmarkt als ein Oligopol betrachtet. Mittels der Spieltheorie wird die Konkurrenz zwischen den Marktteilnehmern<br />

als ein wiederholtes Spiel mit unvollständiger Information modelliert. Durch künstliche Intelligenz und Multi-<br />

Agenten-Systeme wird die Anpassungsfähigkeit und die Entwicklung des Verhaltens der Marktteilnehmer im Laufe der<br />

Zeit berücksichtigt. Der Anwendungsbereich des Simulationsmodells liegt besonders bei Kartell-, aber auch bei Regulierungsbehörden.<br />

In the last decade, power markets of many countries were restructured in order to reduce the electricity prices by<br />

means of growing competition. Through this liberalisation, which took place especially in the generation sector, the<br />

monopolistic power market was replaced by a competitive structure. In spite of the original aim of the liberalisation,<br />

which was the increase of the competition, many mergers and acquisitions were carried out, which have intensified the<br />

concentration of the market. This growing concentration combined with characteristics of the market may cause the<br />

exercise of market power and collusion respectively. In the context of this research project, a simulation model is<br />

developed considering the power market as an oligopoly. Applying game theory, the competition amongst market<br />

participants is modelled as a repeated game with incomplete information. By means of artificial intelligence and multiagent<br />

systems, the adaptability and the evolution of the behaviour of the market participants in the course of the time<br />

are considered. The scope of application of the simulation model aims especially at regulatory authorities and antitrust<br />

agencies.<br />

können deswegen Kollusion erleiden. Die Marktmacht<br />

bzw. Kollusion verursacht einen Wohlfahrtsverlust<br />

durch die Erhöhung der Strompreise und die Übertragung<br />

von Gewinnen. Außerdem können die langfristigen<br />

Verzerrungen der Preise unwirtschaftliche Investitionen<br />

hervorrufen. Nach der Liberalisierung ist die<br />

Ausübung von Marktmacht ein weltweites Problem<br />

geworden, das in verschiedenen Ländern zu beobachten<br />

ist. Angesichts der Folgen besteht ein starker<br />

Bedarf an Modellen, die die Marktmacht sowohl ex<br />

ante als auch ex post erkennen und bewerten. Die<br />

Anwendung dieser Modelle ist nicht nur auf die<br />

Strategieentwicklung für Marktteilnehmer beschränkt.<br />

Regulierungsbehörden benötigen neue Werkzeuge, um<br />

sowohl Marktmacht und kollusives Verhalten zu<br />

identifizieren, als auch um ihre Folgen einzuschätzen. In<br />

diesem Kontext weisen die European Transmission<br />

System Operators (ETSO) sowohl auf die Ausübung von<br />

Marktmacht als auch auf die Wichtigkeit der Entwicklung<br />

von neuen Modellen zur Marktanalyse hin [2].<br />

Das Ziel des Forschungsprojekts ist die kurzfristige<br />

Analyse von Marktmachtausübung unter Beachtung der<br />

Konzentration des Marktes, der technischen Restriktio-<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 67


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

nen der Kraftwerksblöcke und des Übertragungsnetzes<br />

sowie die Verfügbarkeit der Kraftwerksblöcke und die<br />

stochastischen Fluktuationen der Nachfrage. Besonders<br />

relevant für die Forschung ist auch die Erkennung von<br />

kollusivem Verhalten und seinen wichtigsten Ursachen.<br />

Der Anwendungsbereich liegt bei Regulierungsbehörden<br />

sowie Kartellämtern, die die Verantwortung tragen,<br />

gerechten Wettbewerb am Markt zu sichern.<br />

2 Übersicht des Simulationsmodells<br />

Das Modell, das im Rahmen des Forschungsprojekts<br />

entwickelt wird, ist auf die Analyse der kurzfristigen<br />

Preisstrategien der Stromerzeugungsunternehmen<br />

(SEU) fokussiert, die sich aus nichtkooperativem<br />

Verhalten ableiten. Die Spieltheorie wird angewendet,<br />

um den Strommarkt als ein wiederholtes Spiel mit<br />

unvollständiger Information zu modellieren. Der<br />

Wettbewerb zwischen den SEU wird als ein wiederholter<br />

Bertrand Wettbewerb simuliert. Das anpassungsfähige<br />

Verhalten der SEU wird als begrenzt rational<br />

mittels Reinforcement-Learning dargestellt. Das<br />

Reinforcement-Learning ist ein iterativer Algorithmus,<br />

der auf einer Versuchs-und-Irrtums-Methode beruht.<br />

Ein Multi-Agenten-System wird entwickelt, in dem die<br />

SEU Energie als unabhängige Entitäten in einer computergestützten<br />

Simulation vermarkten. Die Multi-<br />

Agenten-Systeme sind bottom-up-Modelle, die sich auf<br />

die Modellierung von individuellen Entitäten konzentrieren,<br />

im Vergleich zu den top-down-Modellen, welche<br />

die Systeme als eine Aggregation von Entitäten<br />

betrachten [3]. So werden die SEU individuell modelliert,<br />

wobei das Verhalten und die Strategien, die sich<br />

in realen Märkten beobachten lassen, abgebildet<br />

werden. Damit ist es möglich, das Verhalten zu erkennen,<br />

das sich von den Interaktionen zwischen ihnen<br />

ableitet. Das Modell beruht auf einem iterativen<br />

zweistufigen Optimierungsverfahren. Im Bild 1 wird<br />

eine Verfahrensübersicht des Modells dargestellt. In<br />

der ersten Stufe wählt jedes SEU unter Berücksichtigung<br />

seiner Erfahrung und eigenen Kostenstruktur, die<br />

von seinem eigenen Portfolio an Kraftwerken abhängt,<br />

seine Preisstrategien sowohl für den Spotmarkt als<br />

120<br />

[€/MWh]<br />

Preis<br />

80<br />

60<br />

40<br />

Januar<br />

auch für den Intraday-Markt aus, mit dem Ziel, den<br />

eigenen Deckungsbeitrag zu maximieren. In der zweiten<br />

Optimierungsstufe werden die Strompreise und die<br />

Energiebilanzen des Spot- und des Intraday-Marktes<br />

unter Minimierung der Erzeugungskosten bestimmt. In<br />

dieser Stufe werden die Nebenbedingungen des<br />

Übertragungsnetzes berücksichtigt. Die Verfügbarkeit<br />

der Kraftwerke und das Verhalten der Nachfrage<br />

werden durch entsprechende stochastische Verfahren<br />

modelliert. Nach der zweiten Optimierungsstufe<br />

werden die Preisstrategien gemäß den Ergebnissen<br />

dieser Stufe bewertet und aktualisiert. Nach einer<br />

bestimmten Anzahl an Iterationen wird ein Gleichgewicht<br />

erreicht, in dem bei einem gegebenen Verhalten<br />

der Konkurrenten kein SEU durch abweichendes<br />

Verhalten einen höheren Deckungsbeitrag erwirtschaften<br />

kann (Nash-Gleichgewicht). Da der Zeitraum auf<br />

weniger als ein Jahr beschränkt wird, unterstellt man<br />

eine konstante Kostenstruktur sowie installierte<br />

Erzeugungskapazität.<br />

1. Optimierungsstufe: Auswahl von Strategien<br />

2. Optimierungsstufe<br />

Energiebilanz und Marktpreisberechnung<br />

Intraday-<br />

Spotmarkt<br />

Markt<br />

SEU<br />

Nachfrage<br />

Übertragungsnetz Kraftwerke Szenarien<br />

Bewertung und Aktualisierung der Strategien<br />

Gleichgewichtszustand und optimale Strategien<br />

Bild 1: Verfahrensübersicht<br />

3 Simulationsergebnisse<br />

Im Folgenden werden exemplarische Ergebnisse<br />

anhand eines Modellsystems dargestellt. Das Modellsystem<br />

umfasst sechs thermische Erzeugungstechnologien<br />

und 100 Kraftwerke. Der Erzeugungsmix ist<br />

angelehnt an den deutschen Erzeugungspark und die<br />

Erzeugungskapazität beträgt 44.420 MW.<br />

20<br />

Werktag Samstag Sonntag<br />

20<br />

Werktag Samstag Sonntag<br />

0<br />

1 7 13 19 1 7 13<br />

vollkommener<br />

Konkurrenzmarkt<br />

19 1 7 [h] 19<br />

100 SEU<br />

0<br />

1 7<br />

10 SEU<br />

13 19 1 7 13 19 1<br />

5 SEU<br />

7 [h] 19<br />

Bild 2: Simulierte Strompreise<br />

120<br />

[€/MWh]<br />

68 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />

Preis<br />

80<br />

60<br />

40<br />

Juli


1600<br />

[Mio. €]<br />

800<br />

400<br />

+ 1,78%<br />

Januar<br />

+ 42,45%<br />

+ 73,61%<br />

0 0<br />

vollkommener<br />

Konkurrenzmarkt 100 SEU 10 SEU 5 SEU<br />

80<br />

[%]<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

1600<br />

[Mio. €]<br />

800<br />

400<br />

+ 2,69%<br />

Juli<br />

+ 42,98%<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

+ 69,18%<br />

0 0<br />

vollkommener<br />

Konkurrenzmarkt 100 SEU 10 SEU 5 SEU<br />

Erzeugungskosten Produzentenrente prozentuale Variation der Erlöse<br />

Bild 3: Erzeugungskosten, Produzentenrente und prozentuale Variation der Erlöse<br />

Bild 2 stellt die Entwicklung des Strompreises eines<br />

typischen Werktages sowie für einen Samstag und<br />

Sonntag anhand vier verschiedener Marktstrukturen<br />

dar. Die resultierenden Strompreise für zwei Nachfrageszenarien<br />

- Januar und Juli - werden gezeigt. Diese<br />

Nachfrageszenarien wurden mittels statistischer Daten<br />

der vier größten Übertragungsnetzbetreiber erstellt. Die<br />

berücksichtigten Marktstrukturen entsprechen einem<br />

vollkommenen Konkurrenzmarkt ohne Marktmachtausübung<br />

und drei Strukturen mit 100 beziehungsweise 10<br />

und 5 SEU. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass<br />

je weniger Marktteilnehmer der Markt hat und somit je<br />

konzentrierter der Markt ist, desto höher sind die<br />

Strompreise. Im Bild 3 werden die Erzeugungskosten,<br />

die Produzentenrente und die prozentuale Variation der<br />

Erlöse der simulierten Marktstrukturen im Vergleich<br />

zum vollkommenen Konkurrenzmarkt dargestellt. Da der<br />

Einsatz der Kraftwerke ähnlich ist, sind die Erzeugungskosten<br />

für die vier Marktszenarien auf gleichem<br />

Niveau. Im Gegensatz dazu sind die Produzentenrenten<br />

unterschiedlich wegen der Ausübung von Marktmacht<br />

(Kollusion). Diese Ergebnisse zeigen deutlich die<br />

Existenz von Anreizen zur Marktmachtausübung und<br />

den Zusammenhang zwischen Marktmacht und Konzentration<br />

des Marktes. Zusätzliche Simulationen<br />

werden derzeit durchgeführt, um den Einfluss auf die<br />

Preisstrategien bestimmter Unsicherheiten, z. B.<br />

Kraftwerksausfälle, Variationen der Nachfrage usw., zu<br />

bewerten. Erste Ergebnisse zeigen, dass je größer die<br />

Unsicherheiten sind, desto geringer sind die Möglichkeiten,<br />

Kollusion ausüben zu können.<br />

4 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die heutigen Elektrizitätsmärkte sind aufgrund ihrer<br />

oligopolistischen Struktur besonders anfällig, unter<br />

Marktmacht zu leiden. Nach der Liberalisierung ist die<br />

Ausübung von Marktmacht ein weltweites Problem<br />

geworden, das sich in verschiedenen Ländern beobachten<br />

lässt. Eine Möglichkeit, Marktmacht auszuüben, die<br />

häufig an Strommärkten zu beobachten ist, ist die<br />

80<br />

[%]<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Koordination von Strategien zwischen den Marktteilnehmern.<br />

Da eine derartige Marktmacht nicht unbedingt<br />

ausdrücklich ausgeübt wird, ist sie relativ schwierig<br />

zu erkennen und zu quantifizieren. Infolgedessen<br />

und unter Berücksichtigung der Folgen besteht ein<br />

steigender Bedarf an Modellen zur Marktmachtanalyse.<br />

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wird der<br />

Elektrizitätsmarkt als ein Multi-Agenten-System<br />

modelliert, in dem sich die Marktteilnehmer wie<br />

individuelle Entitäten des Simulationsmodells verhalten.<br />

Zur Modellierung des Entscheidungsfindungsprozesses<br />

wird Reinforcement-Learning verwendet. In<br />

diesem Artikel wird die Entwicklung des Strompreises<br />

für vier verschiedene Marktstrukturen dargestellt, die<br />

unterschiedlichen Konzentrationsgraden entsprechen.<br />

Die dargestellten Ergebnisse beweisen den engen<br />

Zusammenhang zwischen Marktmacht bzw. Kollusion<br />

und dem Konzentrationsgrad des Marktes. Je konzentrierter<br />

der Markt ist, desto höher sind die Anreize,<br />

Kollusion auszuüben. Zusätzliche Simulationen werden<br />

derzeit durchgeführt, um den Einfluss auf die Preisstrategien<br />

bestimmter Unsicherheiten zu bewerten.<br />

Erweiterungen zur Berücksichtigung des Übertragungsnetzes<br />

sind derzeit in Entwicklung. Insbesondere ist zu<br />

untersuchen, wie das Übertragungsnetz bzw. deren<br />

Bedingungen das Verhalten der Marktteilnehmer sowie<br />

die Dynamik des Marktes beeinflussen.<br />

5 Literatur<br />

[1] Stoft, S.<br />

Power Systems Economics, IEEE/Wiley,<br />

ISBN 0-471-15040-1, 2002, S. 316.<br />

[2] European Transmission System Operators (ETSO).<br />

Towards a sustainable European market design.<br />

Position paper, www.etso-net.org, 2005.<br />

[3] Weiß, G.<br />

Multi-agent Systems, MIT Press,<br />

ISBN 0-262-23203-0, 2000<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 69


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Bewertung kostenrelevanter Einflussgrößen für Übertragungsnetze<br />

Estimation of Cost Drivers in Transmission Networks<br />

Dipl.-Ing. Roland Hermes<br />

Roland.Hermes@iaew.rwth-aachen.de<br />

Die Bundesnetzagentur hat als Regulierungsbehörde in Deutschland das Ziel, den Wettbewerb im Bereich der Elektrizitätsversorgung<br />

weiter zu verstärken. Dies setzt einen diskriminierungsfreien Netzzugang und angemessene Netznutzungsentgelte<br />

für alle Netzkunden voraus. Bisherige Untersuchungen haben sich dabei auf die Verteilungsnetzebenen<br />

konzentriert, da diese den Großteil der gesamten Netzkosten ausmachen. Eine Regulierung dieser Netzebenen kann<br />

jedoch nur dann effektiv umgesetzt werden, wenn alle Spannungsebenen bezüglich ihrer Kosten bewertet und somit<br />

eine Verlagerung von Kosten in die Übertragungsebene ausgeschlossen werden kann. Ziel dieser Arbeit ist es daher, in<br />

einem ersten Schritt ein Referenznetzanalyseverfahren für Übertragungsnetze zu entwickeln, mit dem in einem zweiten<br />

Schritt kostentreibende Einflussgrößen für Übertragungsnetze bestimmt werden können.<br />

The regulation of the electrical energy market intends to establish competition in this sector. Therefore it is necessary<br />

to ensure a free network access and adequate transmission fees for all customers. In previous analyses the main focus<br />

has been set on distribution networks. Nevertheless, an effective regulation requires a benchmarking model for all<br />

voltage levels to prohibit the shifting of costs in non-controlled network parts. Therefore within the scope of this thesis,<br />

a method to generate reference networks will be developed. Afterwards it will be possible to identify cost driving<br />

parameters for transmission networks.<br />

1 Einleitung<br />

Mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes<br />

(EnWG) im Jahr 2005 wurde die Bundesnetzagentur mit<br />

der Regulierung der Elektrizitätsversorgung beauftragt.<br />

Das Ziel dieser Regulierung liegt in der Schaffung eines<br />

wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs innerhalb<br />

des Elektrizitätsmarktes. Die Netznutzungsentgelte der<br />

einzelnen Netzbetreiber stehen besonders im Fokus, da<br />

eine diskriminierungsfreie und preisgünstige Durchleitung<br />

von Strom notwendige Voraussetzung für einen<br />

freien Wettbewerb ist.<br />

Für die Bewertung der Netznutzungsentgelte sieht das<br />

EnWG das Vergleichsmarktprinzip vor. Dieses entspricht<br />

einer Gegenüberstellung mehrerer strukturell<br />

vergleichbarer Netze [1]. Für die Verteilungsnetzebenen<br />

ist diese Vorgehensweise bereits umfassend diskutiert<br />

und durch die Entwicklung praxisgerechter Verfahren<br />

als sinnvoll belegt worden. Allerdings wurde bisher die<br />

Übertragungsnetzebene noch nicht näher betrachtet.<br />

Eine umfassende Regulierung ist jedoch nur bei<br />

Betrachtung aller Spannungsebenen möglich, da sonst<br />

die Gefahr besteht, dass Kosten in nicht bewertete<br />

Netzbereiche verschoben werden.<br />

Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass ein<br />

fairer Vergleich von Netzbetreibern nur unter Berücksichtigung<br />

von exogenen Kostentreibern möglich ist.<br />

Daher bedarf es der Ableitung übertragungsnetzspezifischer<br />

Strukturmerkmale. Eine Übernahme bestehender<br />

Ergebnisse aus dem Bereich der Verteilungsnetze ist<br />

dabei aufgrund der unterschiedlichen Planungsanforderungen<br />

nicht möglich.<br />

Ziel dieser Arbeit ist daher die Identifizierung und<br />

Bewertung von exogenen Einflussgrößen auf die<br />

Kosten von Übertragungsnetzen (ÜN).<br />

2 Analyse und Modellbildung<br />

Die Netznutzungsentgelte der Höchstspannungsebene<br />

setzen sich nach der Stromnetzentgeltverordnung im<br />

Gegensatz zu den unterlagerten Netzebenen aus zwei<br />

Komponenten zusammen [2]<br />

• Höchstspannungsnetzkosten (Leitungs-, Gestänge-,<br />

Schaltanlagenkosten etc.) und<br />

• Kosten für Systemdienstleistungen (Regelenergie,<br />

Systemführung).<br />

Da die Kosten der Systemdienstleistungen nur vergleichend<br />

bewertet werden können, liegt der Fokus dieser<br />

Arbeit auf den Höchstspannungsnetzkosten, die durch<br />

die installierten Betriebsmittel verursacht werden.<br />

Neben den zugehörigen Investitions- und Instandhaltungskosten<br />

sind die Netzverlustkosten zu betrachten.<br />

In dieser Arbeit werden zunächst reale Netze bezüglich<br />

ihrer Netzkosten verglichen. Danach können dann<br />

Anforderungen an das zu entwickelnde Verfahren für<br />

allgemeine Aussagen abgeleitet werden. Vergleich der<br />

70 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Netzkosten repräsentativer europäischer Übertragungsnetze<br />

Da es in Deutschland nur vier Übertragungsnetzbetreiber<br />

(ÜNB) gibt, ist es für einen qualitativen Vergleich<br />

von Netzkosten nicht ausreichend, sich auf die nationalen<br />

Netzbereiche zu konzentrieren. Im Rahmen der<br />

UCTE sind allerdings aus Gründen der Versorgungssicherheit<br />

viele ÜN zu einem synchronen Verbundnetz<br />

zusammengeschlossen, die miteinander verglichen<br />

werden können.<br />

Unter Annahme von durchschnittlichen Betriebsmittelkosten<br />

lassen sich somit Kostenabschätzungen für<br />

europäische ÜN durchführen. Für eine Auswahl von<br />

UCTE-Ländern ist eine solche Kostenabschätzung<br />

bezogen auf die Versorgungsfläche in Bild 1 dargestellt.<br />

Netzkosten pro Fläche<br />

Mittelwert<br />

DE AT BE CH ES FR IT NL<br />

Bild 1: Flächenbezogene Übertragungsnetzkosten<br />

europäischer ÜN<br />

Die unterschiedlichen Netzkosten lassen sich zum Teil<br />

durch einfache Betrachtung der ÜN erklären. So<br />

entstehen die hohen flächenbezogenen Netzkosten in<br />

der Schweiz vornehmlich aus einem hohen 220-kV-<br />

Leitungsanteil, weshalb für die benötigten Leistungstransporte<br />

eine relativ hohe Leitungsdichte erforderlich<br />

ist. Diese Netzkosten sind durch historische Planungsentscheidungen<br />

zugunsten der 220-kV-Netzebene<br />

begründet.<br />

Neben den schweizerischen Netzkosten weichen die<br />

Netzkosten in Frankreich und Spanien nennenswert<br />

vom Mittelwert ab. Diese Länder besitzen eine vergleichbare<br />

Versorgungsfläche, allerdings ist sowohl der<br />

jährliche Stromverbrauch als auch die jährliche Stromerzeugung<br />

in Frankreich etwa doppelt so hoch wie in<br />

Spanien. Zusätzlich wird der Kosteneinfluss durch die<br />

Positionierung der Kraftwerke deutlich, die in Spanien<br />

verbrauchsnah angesiedelt sind, in Frankreich hingegen<br />

vornehmlich im Westen und Südwesten und damit in<br />

großer Entfernung von den Lastzentren stehen.<br />

Diese qualitativen Aussagen verdeutlichen, dass zum<br />

einen planerische Entscheidungen, zum anderen<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

exogene Größen die Netzkosten beeinflussen. Für eine<br />

objektive Überprüfung ist es daher notwendig, ein<br />

Verfahren zu entwickeln, das die Möglichkeit besitzt,<br />

die exogenen Größen abzubilden, um so planerische<br />

Entscheidungen bewerten zu können.<br />

2.1 Ansätze zur Quantifizierung möglicher<br />

Strukturparameter<br />

Für die Bewertung der Kosteneffizienz von Energienetzen<br />

haben sich analytische Verfahren bewährt, die für<br />

gegebene Randbedingungen kostenoptimale Netze<br />

ermitteln. Derartige Verfahren werden unter der<br />

Bezeichnung Analytische Kostenmodelle zusammengefasst,<br />

wobei vor allem die Modellnetzanalyse (MNA)<br />

und die Referenznetzanalyse (RNA) im regulatorischen<br />

Umfeld gebräuchlich sind [3].<br />

Aufgrund der im Vergleich zu Verteilungsnetzen<br />

geringen Anzahl von Betriebsmitteln und der deutlichen<br />

Unterschiede zwischen den Netzgebieten kann die<br />

stark abstrahierende MNA für Übertragungsnetze nicht<br />

angewendet werden. Daher wird in dieser Arbeit ein<br />

Referenznetzanalyseverfahren entwickelt, welches den<br />

planerischen Anforderungen der Übertragungsnetzebene<br />

gerecht wird.<br />

Durch Sensitivitätsrechnungen kann ausschließlich mit<br />

Hilfe der RNA auch der Einfluss einzelner Strukturgrößen<br />

auf die Übertragungsnetzkosten bewertet werden<br />

[4].<br />

2.2 Modellierung und Systemabgrenzung<br />

Im Gegensatz zur Referenznetzanalyse für Verteilungsnetze<br />

reicht es bei Übertragungsnetzen nicht aus, die<br />

Versorgungsaufgabe als einzige Eingangsgröße zu<br />

wählen, die die Positionen und eingespeiste bzw.<br />

entnommene Leistung der Netzkunden sowie technische<br />

Anforderungen umfasst [3]. Aufgrund des weiträumigen<br />

Verbundnetzes und der steigenden Leistungstransporte<br />

muss zusätzlich eine Transportaufgabe<br />

definiert werden. Diese Transportaufgabe umfasst<br />

Leistungstransporte, die durch die angrenzenden<br />

Netzbereiche verursacht werden. Daher wird die<br />

Systemabgrenzung, wie in Bild 2 dargestellt, gewählt.<br />

Um die direkten Einflüsse der benachbarten Netze<br />

abzubilden, wird ein Fremdnetz in zwei Bereiche<br />

unterteilt. Die erste Masche, die an das zu optimierende<br />

Netzgebiet angrenzt, wird exakt modelliert, da diese<br />

wesentlich die Aufteilung von Leistungsflüssen auf den<br />

betrachteten Netzbereich bestimmt. Das übrige Fremdnetz<br />

wird durch ein Netzäquivalent abgebildet.<br />

Das verwendete Netzäquivalent besteht aus Ersatzeinspeisungen<br />

(Bild 2: Nr. 2) und –querzweigen (Bild 2: Nr.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 71


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

4), welche zur Nachbildung verschiedener Transportszenarien<br />

verwendet werden können, und aus Ersatzlängszweigen<br />

(Bild 2: Nr. 3), welche die Transporteigenschaften<br />

des reduzierten Netzbereiches modellieren.<br />

Technische Systemgrenze<br />

~ Kompensationselemente<br />

380kV / 220kV<br />

1<br />

110kV<br />

Bild 2: Betrachteter Systembereich<br />

3 Methodisches Vorgehen<br />

Fremdnetz<br />

2<br />

4<br />

3<br />

1 Last<br />

2 Ersatzeinspeisung<br />

3 Ersatzlängszweig<br />

4 Ersatzquerzweig<br />

Die Bewertung möglicher kostenrelevanter Einflussgrößen<br />

erfolgt durch Parametervariation bei realitätsnahen<br />

Übertragungsnetzbereichen. Es werden einzelne<br />

Eingangsgrößen innerhalb des in Abschnitt 2.3 gezeigten<br />

Systemmodells variiert und die entsprechenden<br />

Kosteneinflüsse mit Hilfe der Referenznetzanalyse<br />

bewertet (s. Bild 3).<br />

Parametervariation<br />

Bild 3: Verfahrensablauf<br />

Versorgungs- & Transportaufgabe<br />

Referenznetzanalyse<br />

Wirtschaftliche Bewertung<br />

Kostenrelevante Strukturparameter<br />

Für die Ermittlung von HöS-Referenznetzen sind<br />

verschiedene Optimierungsansätze möglich. Für eine<br />

geeignete Berücksichtigung der technischen Randbedingungen<br />

bei Übertragungsnetzen und zur Minimierung<br />

der Rechenzeit wird in dieser Arbeit ein heuristischer<br />

Optimierungsansatz gewählt, der bereits in<br />

verschiedenen Netzplanungsverfahren am IAEW<br />

erprobt wurde [4]. Aufgrund der in Abschnitt 2.3<br />

beschriebenen Modellanforderungen ist es jedoch<br />

notwendig, die vorhandenen Modelle zu erweitern.<br />

Weiterhin müssen die spezifischen technischen<br />

Anforderungen der Übertragungsnetzebene ausreichend<br />

abgebildet werden, so dass die technischen<br />

Sicherheitsanforderungen von den erzeugten Referenznetzen<br />

eingehalten werden.<br />

Abschließend kann die Parametervariation zur Identifikation<br />

von Kosteneinflüssen sowohl für Eingangsgrößen<br />

der Versorgungsaufgabe, wie z. B. Lastdichte,<br />

Abstände zwischen Einspeisungen und Lasten, als auch<br />

für Eingangsgrößen der Transportaufgabe, d. h. unterschiedliche<br />

Transportszenarien, durchgeführt werden.<br />

Dieses Vorgehen ermöglicht es, die verschiedenen<br />

möglichen Kosteneinflüsse objektiv zu bewerten und<br />

die kostenrelevanten Strukturparameter zu identifizieren.<br />

4 Zusammenfassung<br />

Ziel dieser Arbeit ist die Bewertung von kostenrelevanten<br />

Einflussgrößen für Übertragungsnetze. Eine objektive<br />

Analyse bedarf daher einer Modellierung der<br />

übertragungsnetzspezifischen Aufgaben. Für eine<br />

Referenznetzanalyse ist es daher notwendig, neben<br />

einer Versorgungsaufgabe zusätzlich eine Transportaufgabe<br />

zu definieren.<br />

Durch eine gezielte Variation der Eingangsgrößen ist es<br />

somit möglich, sowohl Kosteneinflüsse der Versorgungsaufgabe<br />

als auch die Abhängigkeit der Netzkosten<br />

von Leistungstransporten zu quantifizieren.<br />

5 Literatur<br />

[1] Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)<br />

§21 Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang<br />

[2] Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV)<br />

§13 Kostenstellen<br />

[3] Entwurf des Berichtes der Bundesnetzagentur<br />

nach §112a EnWG zur Einführung der Anreizregulierung<br />

§ 21a EnWG<br />

http://www.bundesnetzagentur.de<br />

[Stand Januar <strong>2007</strong>]<br />

[4] <strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2006 Druckstufenübergreifende<br />

Planung von Gasverteilungsnetzen<br />

72 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Druckstufenübergreifende Planung von Gasverteilungsnetzen<br />

Long-Term Planning of Natural Gas Distribution Networks<br />

Dipl.-Ing. Michael Hübner<br />

michael.huebner@iaew.rwth-aachen.de<br />

1 Einleitung<br />

Durch die Regulierung der deutschen Gas- und Strommärkte<br />

hat sich der Kostendruck auf die Netzbetreiber<br />

erhöht. Insbesondere sind die Gasnetzbetreiber gezwungen,<br />

die Effizienz ihrer Netze zu erhöhen, um bei<br />

sinkenden Netzentgelten im Quervergleich zu konkurrierenden<br />

Netzbetreibern bestehen zu können. Das größte<br />

Kostensenkungspotenzial weist der Verteilungsbereich<br />

auf, da sich hier einerseits im Gegensatz zum Fernleitungsnetz<br />

größere Freiheitsgrade bei der Netzplanung<br />

bieten und dieser Netzbereich andererseits den größten<br />

Anteil der Gesamtkosten ausmacht [1].<br />

Daher liegt der Fokus dieser Arbeit auf der Entwicklung<br />

eines Grundsatzplanungsverfahrens, das sowohl eine<br />

Strukturoptimierung als auch eine optimale Dimensionierung<br />

der Betriebsmittel von Gasverteilungsnetzen<br />

ermöglicht. Erste Analysen haben zudem gezeigt, dass<br />

zwischen aufeinander aufbauenden Druckebenen eines<br />

Gasnetzes starke Wechselwirkungen bestehen, die<br />

unter Umständen großen Einfluss auf den Netzpla-<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Die Einführung einer Regulierungsbehörde für Strom- und Gasnetze in Deutschland hat zu einem erhöhten Kostendruck<br />

auf die Netzbetreiber geführt. Daher müssen insbesondere Gasnetzbetreiber, deren Fokus bislang insbesondere auf der<br />

Einhaltung der vom Deutschen Verband für Gas und Wasser (DVGW) geforderten technischen Sicherheit gelegen hat,<br />

Kostensenkungspotenziale im Bereich der Netzstruktur aufdecken. Die Reduzierung kurzfristig beeinflussbarer Kosten –<br />

beispielsweise durch Verringerung des Instandhaltungsaufwands oder den Verzicht auf notwendige Investitionen –<br />

bietet nur ein begrenztes Kostensenkungspotenzial, falls das hohe Zuverlässigkeits- und Sicherheitsniveau existierender<br />

Netze auch zukünftig gewährleistet werden soll. Sinnvoller ist der Ansatz, durch Verbesserung des Netzplanungsprozesses<br />

effiziente Netze zu ermitteln, die im Vergleich mit existierenden Netzen bei geringeren Kosten eine zumindest<br />

gleichwertige Versorgungsqualität und -sicherheit bieten. Daher ist der Einsatz eines rechnergestützten Netzplanungswerkzeugs<br />

zur objektiven Ermittlung langfristig kosteneffizienter Netzstrukturen notwendig. Bislang existieren<br />

keine Werkzeuge zur geschlossenen Planung von Gasverteilungsnetzen unterschiedlicher Druckstufen. Vorrangiges Ziel<br />

dieser Arbeit ist daher die Entwicklung eines rechnergestützten Verfahrens zur druckstufenübergreifenden Grundsatzplanung<br />

von Gasverteilungsnetzen.<br />

The cost pressure on distribution companies has increased as a result of the upcoming regulatory framework in the<br />

German power and gas markets. Therefore in particular gas network operators, who focused mainly on the compliance<br />

of the technical safety proposed by the German Technical and Scientific Association for Gas and Water, need to reveal<br />

potentials for a cut down in the field of network planning. The reduction of directly controllable costs in the short-term<br />

– e.g. a decline in maintenance work or an abandonment of investments – provides a limited lowering of costs if the<br />

high reliability and safety standards of existing networks should be maintained. A refinement of the network planning<br />

process seems a sensible approach in order to determine efficient networks which provide for an equivalent level of<br />

reliability and technical safety as the existing network and at the same time lower costs,. Therefore the application of a<br />

computer-based network planning instrument for the objective determination of long-term cost-efficient networks is<br />

necessary. So far, no instrument exists for the integrated planning of gas distribution networks with different pressure<br />

stages. Hence, this work aims on the development of a computer-based technique for the integrated planning of gas<br />

distribution networks with variable pressure stages.<br />

nungsprozess haben können. Desweiteren stellt die<br />

Netzstruktur, z. B. Ring-, Strang-, Strahlen- und Maschennetzstruktur,<br />

einen Freiheitsgrad bei der Planung<br />

von Gasverteilungsnetzen dar. Die Zuordnung von<br />

Netzstruktur zu den gewählten Druckstufen muss in<br />

Abhängigkeit von der Versorgungsaufgabe, den unternehmensinternen<br />

Vorgaben hinsichtlich der minimal<br />

einzuhaltenden Versorgungszuverlässigkeit und den<br />

Mehrkosten bei Erhöhung des Vermaschungsgrades<br />

erfolgen.<br />

1.1 Systemabgrenzung<br />

Der Gastransport von den Explorationsfeldern bis zu<br />

den Endkunden kann grob in zwei Netzebenen – das<br />

Fernleitungs- und das Verteilungsnetz – eingeteilt<br />

werden. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf den Druckebenen<br />

Nieder-, Mittel- und Hochdruck bis zu einem<br />

Druckniveau von ca. 25 bar (siehe Bild 1).<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 73


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Druckregler<br />

Systemgrenze<br />

Fernleitungsnetz<br />

Bild 1: Betrachteter Systembereich<br />

Speicher<br />

Regionale<br />

Verteilung<br />

Städtische<br />

Verteilung<br />

2 Grundsatzplanung von Gasverteilungsnetzen<br />

Grundlage für die Ermittlung kosteneffizienter Netzstrukturen,<br />

so genannter Zielnetze, ist eine vollständige<br />

Beschreibung der Randbedingungen und Freiheitsgrade<br />

der Netzplanung. Die einzelnen Eingangsdaten werden<br />

im Folgenden kurz diskutiert.<br />

2.1 Technische Randbedingungen<br />

Die Versorgungsaufgabe ist charakterisiert durch die<br />

geographische Lage und Abnahmemenge der zu<br />

versorgenden Kunden sowie mögliche Einspeisepunkte<br />

und das an diesen Punkten beziehbare Gasvolumen.<br />

Technische Mindestanforderungen beschreiben die<br />

minimal und maximal zulässigen Drücke, die für jeden<br />

Knoten getrennt definiert werden können, sowie<br />

zulässige Volumenströme und Strömungsgeschwindigkeiten<br />

in Rohrleitungen und innerhalb von Druckreglern<br />

in Abhängigkeit von den verwendeten Betriebsmitteltypen.<br />

Unternehmensspezifische Planungsgrundsätze sind<br />

Restriktionen, die über die technischen Mindestanforderungen<br />

hinausgehen. Über die Vorgabe des maximal<br />

zulässigen Druckverlustes im Netz kann beispielsweise<br />

der Vermaschungsgrad der zu ermittelnden Zielnetze<br />

und damit die Versorgungszuverlässigkeit beeinflusst<br />

werden. Die Versorgungssicherheit wird allein durch<br />

die technischen Mindestanforderungen beschrieben.<br />

Werden unternehmensspezifische Planungsgrundsätze<br />

bei der Zielnetzoptimierung berücksichtigt, muss daher<br />

vorab oder in Variantenrechnungen sorgfältig geprüft<br />

werden, welche zusätzlichen Kosten durch diese<br />

Vorgaben entstehen.<br />

2.2 Freiheitsgrade<br />

Für die Ermittlung der Zielnetze, welche die gegebene<br />

Versorgungsaufgabe unter den zu beachtenden Randbedingungen<br />

mit minimalen Kosten erfüllen, müssen<br />

die nutzbaren Trassen und mögliche Standorte für<br />

Reglerstationen im Versorgungsgebiet bekannt sein.<br />

Die zur Verfügung stehenden Betriebsmitteltypen sind<br />

dabei ebenfalls Eingangsdatum der Netzoptimierung.<br />

Aufgabe der Netzoptimierung ist dann die Auswahl der<br />

zu realisierenden Trassen und Standorte bei gleichzeitig<br />

optimaler Dimensionierung der Betriebsmittel.<br />

In Gasverteilungsnetzen existieren erhebliche Freiheitsgrade<br />

bei der Dimensionierung der Betriebsmittel.<br />

Dies führt zu starken Wechselwirkungen zwischen<br />

einzelnen Netzebenen, da Transportaufgaben überlagerter<br />

Ebenen durch stärkere Dimensionierung der<br />

Rohre in unterlagerte Ebenen verlagert werden können<br />

und umgekehrt. Da die Investitionskosten für den Bau<br />

einer Rohrleitung nicht proportional mit dem Querschnitt<br />

des Rohres steigen, lässt sich vor Beginn der<br />

Optimierung häufig nicht eindeutig festlegen, welche<br />

funktionalen Netzebenen in dem betrachteten Netzgebiet<br />

realisiert werden sollten. Zudem ist die Auswahl<br />

der optimalen Nenndrücke weitestgehend unabhängig<br />

von den verwendeten Rohrleitungsquerschnitten, so<br />

dass auch diese Planungsentscheidungen ein Ergebnis<br />

der Optimierung darstellen.<br />

Dem Netzoptimierungsverfahren wird daher nur die<br />

maximal zulässige Anzahl funktionaler Netzebenen<br />

ohne Angabe von Nenndrücken vorgegeben. Die in den<br />

einzelnen Ebenen verwendeten Nenndrücke ergeben<br />

sich durch die Dimensionierung der Druckregler, die<br />

über ihren Ausspeisedruck den Druck im Netz beeinflussen.<br />

Dadurch ist es grundsätzlich möglich, dass<br />

Regler mit unterschiedlichen Ausspeisedrücken in eine<br />

gemeinsame Netzebene einspeisen, was beispielsweise<br />

zur Versorgung einer lokal erhöhten Lastdichte<br />

sinnvoll sein kann. Ergebnis der Optimierung kann<br />

jedoch insbesondere auch ein vollständiger Verzicht auf<br />

einzelne Netzebenen sein, falls die Realisierung dieser<br />

Netzebenen zu zusätzlichen Kosten führt.<br />

2.3 Verwendeter Optimierungsalgorithmus<br />

In der Literatur lassen sich verschiedene Verfahren zur<br />

Grundsatzplanung von Gasverteilungsnetzen finden, die<br />

zur Lösung eingeschränkter Fragestellungen eingesetzt<br />

werden können [2]. Der Großteil der Arbeiten basiert<br />

auf so genannten heuristischen Verfahren, die iterativ<br />

mehrere ähnlich kostengünstige Lösungen für die<br />

gestellte Planungsaufgabe in kurzer Rechenzeit ermitteln.<br />

Der limitierende Faktor dieser Arbeiten lässt sich<br />

bei der Ausgestaltung der Systemgrenze und des<br />

Optimierungsalgorithmus finden, da die bisherigen<br />

Arbeiten weder in der Lage sind, unterschiedliche an<br />

die Versorgungsaufgabe angepasste Netzstrukturen zu<br />

entwerfen, noch eine integrierte Optimierung der<br />

Druckebenenwahl zu gewährleisten. Um die beiden<br />

letztgenannten Punkte aufzunehmen, wurde in dieser<br />

74 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Arbeit ein mehrstufiger, iterativer Ansatz zur Optimierung<br />

von Gasverteilungsnetzen gewählt (siehe Bild 2)<br />

Vorabanalyse der Versorgungsaufgabe<br />

Geeignete Codierung der Freiheitsgrade<br />

Initialisierung zufälliger Druckstufen- und Netzstrukturwahl<br />

Netzaufbau<br />

Druckstufe<br />

Netzaufbau<br />

x<br />

Strukturoptimierung, Technische Überprüfung<br />

Druckstufenübergreifende Optimierung<br />

Variation der Druckstufen und Netzstrukturen, bis Lösungsgüte erreicht<br />

Kostenoptimales Gasverteilungsnetz<br />

Bild 2: Ablauf des Optimierungsverfahrens<br />

Vor der Optimierungsphase wird die Versorgungsaufgabe<br />

anhand von Netzkenngrößen analysiert, um die<br />

Freiheitsgrade und somit den Lösungsraum geeignet<br />

einschränken zu können.<br />

In der Initialisierungsphase des Verfahrens werden<br />

zunächst mehrere Lösungen stochastisch generiert, die<br />

als Ausgangspunkt der iterativen Optimierung dienen.<br />

Hierzu werden die einzelnen Planungsvariablen –<br />

beispielsweise die Entscheidung über die Realisierung<br />

einer Druckebene oder die Wahl der Netzstruktur – mit<br />

zufälligen Werten belegt. Eine hohe Variabilität der<br />

generierten Lösungen stellt sicher, dass während der<br />

Optimierung ein großer Teil des Lösungsraums analysiert<br />

wird.<br />

Die in dieser Arbeit zugrunde gelegten Algorithmen für<br />

die anschließende Strukturoptimierung jeder einzelnen<br />

Druckebene basieren auf Genetischen Algorithmen, der<br />

Gesteuerten Lokalen Suche und der Large Neighbourhood<br />

Search, die in den vergangenen Jahren<br />

vielfach erfolgreich zur Planung von Versorgungsnetzen<br />

eingesetzt wurden [3,4].<br />

Eine einzelne Iteration der Strukturoptimierung der<br />

ausgewählten Druckebene und Netzstruktur gliedert<br />

sich in mehrere Schritte. Zunächst werden die einzuhaltenden<br />

technischen Randbedingungen für alle Netzentwürfe<br />

überprüft. Netzentwürfe, die eine oder<br />

mehrere dieser Randbedingungen verletzen, werden<br />

mittels sog. Reparaturalgorithmen in den zulässigen<br />

Lösungsraum überführt. So kann ein unzulässig hohes<br />

Druckgefälle im Netz beispielsweise durch zusätzliche<br />

Realisierung von Rohrleitungen reduziert werden. Bei<br />

der Auswahl der optimalen Reparaturmaßnahmen<br />

werden sowohl die technischen Auswirkungen als auch<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

die zusätzlich entstehenden Kosten der einzelnen<br />

Maßnahmen berücksichtigt.<br />

Wird über mehrere Iterationen keine Lösungsverbesserung<br />

mehr erzielt, werden die kostengünstigsten<br />

Druckebenen und zugeordneten Netzstrukturen, die alle<br />

technischen Randbedingungen erfüllen, ausgegeben.<br />

Aufgrund der üblicherweise großen Strukturunterschiede<br />

zwischen den ermittelten Netzen lassen sich anhand<br />

des Ergebnisses die Auswirkungen von lokalen Änderungen<br />

der Netzstruktur auf die Kosten des Netzes<br />

unmittelbar bewerten.<br />

3 Zusammenfassung<br />

Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Verfahrens<br />

zur druckstufenübergreifenden Planung von Gasverteilungsnetzen.<br />

Erste Untersuchungen haben die Anwendbarkeit<br />

von heuristischen Verfahren aus dem Bereich<br />

der Planung von Stromnetzen unterschiedlicher Spannungsebenen<br />

gezeigt. Zusätzlich zur Strukturoptimierung<br />

jeder einzelnen Druckebene ist aufgrund der<br />

starken Wechselwirkungen zwischen den Druckebenen<br />

eine ganzheitliche Betrachtung des gesamten Netzgebietes<br />

notwendig. Dazu werden zum einen druckstufenübergreifende<br />

Strukturoptimierungen und zum<br />

anderen ein auf Genetischen Algorithmen basierendes<br />

Verfahren zur Druckebenen- und Netzstrukturwahl<br />

angewendet.<br />

4 Literatur<br />

[1] Bundesverband der deutschen Gas- und<br />

Wasserwirtschaft e.V.<br />

Gasstatistik der Bundesrepublik Deutschland,<br />

123. Statistik 2001<br />

[2] Duarte, H.; Goldbarg, E.; Goldbarg, M.<br />

A Tabu Search Algorithm for Optimization of Gas<br />

Distribution Networks<br />

EvoCOP 2006, LNCS 3906, pp. 37-48;<br />

Springer-Verlag Berlin Heidelberg<br />

[3] Maurer, Ch.<br />

Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung<br />

für Hochspannungsnetze<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 101,<br />

Klingenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> 2004<br />

[4] Tao, X.<br />

Automatisierte Grundsatzplanung für<br />

Mittelspannungsnetze<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109,<br />

Klingenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 75


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Zuverlässigkeitskenngrößen elektrischer<br />

Verteilungsnetze<br />

Probability Distributions of Reliability Characteristics for Electrical Distribution<br />

Networks<br />

Dipl.-Ing. Simon Krahl<br />

simon.krahl@iaew.rwth-aachen.de<br />

Mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz ist in Deutschland die Einführung einer Qualitätsregulierung vorgesehen.<br />

Sinnvollerweise wird diese durch Bewertung von Qualitätskenngrößen und darauf aufbauend durch eine monetäre<br />

Belohnung oder Bestrafung von Netzbetreibern realisiert. Um das damit verbundene finanzielle Risiko der Netzbetreiber<br />

bewerten zu können, ist die Betrachtung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Zuverlässigkeitskenngrößen erforderlich.<br />

Ziel dieser Arbeit ist daher die Entwicklung von Verfahren zur Bestimmung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />

der Zuverlässigkeitskenngrößen von Mittelspannungsnetzen. Zuverlässigkeitsberechnungen basieren auf Eingangsdaten,<br />

die üblicherweise nicht exakt bekannt sind. Um eine angemessene Aussagefähigkeit der errechneten Zuverlässigkeitskenngrößen<br />

zu gewährleisten, müssen die sich daraus ergebenden Unsicherheiten bewertet werden. Insgesamt<br />

ergibt sich mit diesem Forschungsvorhaben die Möglichkeit, verschiedene Mechanismen zur Qualitätsregulierung<br />

einander gegenüber zu stellen und deren Auswirkungen auf die Netzbetreiber zu bewerten.<br />

It is intended that the German regulatory authority establishes a quality regulation for electricity distribution networks.<br />

Therefore, reliability characteristics are evaluated and, based on this, a monetary punishment of network operators is<br />

realised. In order to estimate the financial risk induced by this, the probability distributions of the reliability characteristics<br />

are necessary. Within this research project a method shall be developed with the objective to estimate the probability<br />

distribution of reliability characteristics of medium voltage networks. Reliability calculations are based on data<br />

which is usually not exactly known. The outcome of this are uncertainties in the reliability characteristics. In order to<br />

guarantee an adequate significance of the calculated results this uncertainties should be assessable in the developed<br />

method. In consequence of this research project, it is possible to compare different alternatives of quality regulation<br />

approaches and to estimate their effects on the network operators.<br />

1 Einleitung<br />

Im neuen Energiewirtschaftsgesetz der Bundesrepublik<br />

Deutschland [1] ist mit der Einführung einer Anreizregulierung<br />

für elektrische Energieversorgungssysteme auch<br />

eine Qualitätsregulierung vorgesehen. Sinnvollerweise<br />

wird diese durch Bewertung von Qualitätskenngrößen<br />

und darauf aufbauend durch eine monetäre Belohnung<br />

oder Bestrafung von Netzbetreibern realisiert.<br />

In [2] werden verschiedene Instrumente zur Realisierung<br />

einer Qualitätsregulierung vorgeschlagen. Unter<br />

anderem werden garantierte Standards genannt, bei<br />

denen für bestimmte Qualitätskenngrößen Grenzwerte<br />

vorgegeben werden. Eine Grenzwertüberschreitung hat<br />

Strafzahlungen für den Netzbetreiber zur Folge. In<br />

Bild 1 ist beispielhaft ein garantierter Standard für die<br />

Unterbrechungsdauer T U eines Kunden und die entsprechende<br />

Verteilungsdichte dieser Zuverlässigkeitskenngröße<br />

dargestellt. Die schraffierte Fläche stellt die<br />

Wahrscheinlichkeit einer Grenzwertüberschreitung dar.<br />

Es ist ersichtlich, dass zur Bewertung der Risiken von<br />

Strafzahlungen die Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />

der entsprechenden Zuverlässigkeitskenngrößen uner-<br />

lässlich sind. Diese Schlussfolgerung gilt genauso für<br />

andere mögliche Formen der Qualitätsregulierung.<br />

Verteilungsdichte<br />

Garantierter Standard<br />

Wahrscheinlichkeit einer<br />

Grenzwertüberschreitung<br />

Unterbrechungsdauer T U<br />

Bild 1: Beispiel für einen garantierten Standard zur<br />

Unterbrechungsdauer T U<br />

2 Ziel der Arbeit<br />

In der Vergangenheit beschränken sich Betrachtungen<br />

zur Versorgungszuverlässigkeit elektrischer Energieversorgungssysteme<br />

üblicherweise auf die Erwartungswerte<br />

der Zuverlässigkeitskenngrößen. Wie das<br />

Beispiel in Abschnitt 1 zeigt, beschreiben diese das<br />

Systemverhalten allerdings nur unvollständig. Für eine<br />

detaillierte Beantwortung von Fragestellungen, die sich<br />

im Kontext einer Qualitätsregulierung ergeben, sind die<br />

Wahrscheinlichkeitsverteilungen erforderlich. Das Ziel<br />

dieses Forschungsvorhabens ist daher die Entwicklung<br />

76 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


eines Verfahrens, mit dem die Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />

von Zuverlässigkeitskenngrößen ermittelt<br />

werden können. Mit einem solchen Verfahren lassen<br />

sich unterschiedliche Ansätze zur Qualitätsregulierung<br />

einander gegenüberstellen und die sich daraus ergebenen<br />

finanziellen Risiken für Netzbetreiber quantifizieren.<br />

3 Analyse<br />

3.1 Zuverlässigkeitskenngrößen<br />

Die Zuverlässigkeitsberechnung prognostiziert ausgehend<br />

von dem Verhalten einzelner Komponenten des<br />

betrachteten Systems und dem Zusammenwirken der<br />

Systemkomponenten das zukünftige Verhalten des<br />

Gesamtsystems, indem Zuverlässigkeitskenngrößen<br />

errechnet werden. Es haben sich die folgenden Zuverlässigkeitskenngrößen<br />

etabliert [3], die in dieser Arbeit<br />

als Zufallsvariablen mit entsprechenden Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />

aufgefasst werden.<br />

• Unterbrechungshäufigkeit H U : Diese Kenngröße<br />

gibt die Anzahl der Versorgungsunterbrechungen<br />

bezogen auf den Betrachtungszeitraum an.<br />

• Unterbrechungsdauer T U : Diese Kenngröße gibt<br />

die Dauer einer Versorgungsunterbrechung an.<br />

• Nichtverfügbarkeit Q U : Diese Kenngröße gibt<br />

die Dauer bezogen auf den Betrachtungszeitraum<br />

an, während der ein Kunde nicht versorgt ist.<br />

3.2 Abgrenzung des Betrachtungsbereichs<br />

Bild 2 zeigt eine Auswertung von Versorgungsunterbrechungen<br />

von NS-Kunden aufgeschlüsselt nach verursachender<br />

Spannungsebene [3]. Demnach wird die<br />

Versorgungszuverlässigkeit eines in der NS-Ebene<br />

angeschlossenen Netzkunden zu etwa 80 % durch die<br />

MS-Ebene bestimmt. Aufgrund dieses dominierenden<br />

Einflusses ist eine Fokussierung dieses Forschungsvorhabens<br />

auf die MS-Ebene gerechtfertigt.<br />

3.3 Einflussgrößen<br />

Sollen nicht wie bisher üblich nur die Erwartungswerte<br />

der Zuverlässigkeitskenngrößen ermittelt werden<br />

sondern auch deren Wahrscheinlichkeitsverteilungen,<br />

so wird eine genauere Modellierung der zugrunde<br />

liegenden Einflussgrößen und Prozesse erforderlich.<br />

Die VDN-Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik [3] stellt<br />

für einen Teil der erforderlichen Daten eine gute<br />

Datenbasis dar. So können die Ausfallhäufigkeiten der<br />

Betriebsmittel und die Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />

der Reparaturdauern bestimmt werden.<br />

Unterbrechungshäufigkeit H U in 1/a<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0<br />

H U<br />

aus<br />

HS<br />

aus<br />

MS<br />

aus<br />

NS<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Q U<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Nichtverfügbarkeit Q U in min/a<br />

Bild 2: Mittlere Verfügbarkeit von NS-Kunden<br />

aufgeschlüsselt nach verursachender Spannungsebene<br />

(Erwartungswerte 2005) [3]<br />

Ein wesentlicher Bestandteil jeder Zuverlässigkeitsberechnung<br />

ist die Simulation der Störungsabläufe, mit<br />

dem Ziel, die von Komponentenausfällen betroffenen<br />

Netzkunden und die Dauern der Versorgungsunterbrechungen<br />

zu ermitteln. Somit können Aussagen über die<br />

Wahrscheinlichkeit von Unterbrechungen von individuellen<br />

Netzkunden gemacht werden. Die MS-Ebene ist<br />

üblicherweise nicht vollständig mit Fernmelde- und<br />

Fernwirktechnik ausgestattet und erfordert in den<br />

meisten Fällen eine manuelle Störungsbeseitigung<br />

durch Entstörpersonal. Der Ablauf der Störungsbeseitigung<br />

wird durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt<br />

[4], die teils einen stochastischen Charakter haben und<br />

die zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />

der Zuverlässigkeitskenngrößen durch entsprechende<br />

Wahrscheinlichkeitsverteilungen modelliert<br />

werden müssen. Als Beispiel sei hier die Fahrzeit eines<br />

Entstörtrupps von einer Ortsnetzstation zu einer<br />

anderen genannt.<br />

3.4 Unsicherheiten<br />

Alle Ingenieurberechnungen basieren auf Modellen, die<br />

die Realität nicht exakt abbilden können. Darüber<br />

hinaus sind die verwendeten Eingangsdaten mit<br />

Unsicherheiten behaftet. Diese Unsicherheiten lassen<br />

sich folgendermaßen unterscheiden [5]:<br />

• Zufällige Variation von Einflussgrößen (aleatorische<br />

Unsicherheit)<br />

• Ungenaue Kenntnis (epistemische Unsicherheit)<br />

Aleatorische Unsicherheiten sind eine Folge der<br />

stochastischen Natur der entsprechenden Einflussgrößen.<br />

Zweck der Zuverlässigkeitsbewertung ist eben den<br />

Einfluss dieser Unsicherheiten auf das Systemverhalten<br />

zu beschreiben.<br />

Epistemische Unsicherheiten sind die Folge ungenauer<br />

Kenntnis von Einflussgrößen. Viele Einflussgrößen zur<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 77


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Zuverlässigkeitsberechnung lassen sich mit vertretbarem<br />

Aufwand nicht exakt bestimmen, weil z. B. keine<br />

ausreichende Datenbasis zur Verfügung steht oder aber<br />

nur eine Expertenbeurteilung möglich ist. Bei der Zuverlässigkeitsberechnung<br />

muss sichergestellt sein, dass<br />

die epistemischen Unsicherheiten die Ergebnisse nicht<br />

in einem Maß beeinflussen, dass die gesuchten Aussagen<br />

über die aleatorischen Unsicherheiten unmöglich<br />

werden.<br />

4 Verfahren und Modellbildung<br />

Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die Entwicklung<br />

von Verfahren, welche unter Berücksichtigung aller<br />

relevanten Eingangsgrößen die Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />

der Zuverlässigkeitskenngrößen von MS-<br />

Netzen ermitteln. Zur Bestimmung der Erwartungswerte<br />

der Zuverlässigkeitskenngrößen existieren bereits<br />

Ansätze, welche im Rahmen dieses Forschungsvorhabens<br />

entsprechend weiterentwickelt werden sollen. So<br />

ist in [4] ein Verfahren beschrieben, welches die<br />

Störungsbeseitigung in MS-Abgängen nachbildet und<br />

dabei die Störungsbeseitigungsstrategie als Optimierungsaufgabe<br />

auffasst. Darauf aufbauend soll ein<br />

Verfahren entwickelt werden, welches auf wahrscheinlichkeitsverteilten<br />

Eingangs- und Zielgrößen basiert.<br />

Die in diesem Ansatz gewählte Modellierung ist sehr<br />

detailliert, was in der Praxis bei Zuverlässigkeitsberechnungen<br />

zu Problemen führt, da entsprechend viele<br />

Eingangsdaten erforderlich sind. Diese stehen in praxisnahen<br />

Anwendungen aber oft nicht zur Verfügung oder<br />

sind zumindest mit großen Unsicherheiten behaftet<br />

(siehe Abschnitt 3.4). Unter Beachtung dieser Unsicherheiten<br />

ist daher zu untersuchen, ob ein derartig detailliertes<br />

Vorgehen für eine Zuverlässigkeitsuntersuchung<br />

überhaupt sinnvoll und notwendig ist.<br />

Ein Verfahren, welches auf einer vereinfachten Modellierung<br />

des Störungsgeschehens beruht und entsprechend<br />

geringere Anforderungen an Eingangsdaten und<br />

Rechenzeit stellt, kann ein sinnvollerer Ansatz zur<br />

Zuverlässigkeitsberechnung von MS-Netzen sein, da<br />

aufgrund von Unsicherheiten in den Eingangsdaten<br />

ähnliche Ergebnisgenauigkeiten erzielt werden können<br />

wie mit einem detaillierten Ansatz. Parallel zu dem<br />

oben genannten soll daher ein Verfahren entwickelt<br />

werden, welches auf einer einfachen Modellierung des<br />

Störungsgeschehens beruht und die Störungsbeseitigung<br />

mittels heuristischer Regeln nachbildet. Die<br />

Ergebnisse dieser heuristischen Betrachtung lassen<br />

sich dann mit denen der oben genannten optimalen<br />

Vorgehensweise verifizieren.<br />

In beiden Ansätzen sollen die Unsicherheiten in den<br />

Eingangsdaten und in den verwendeten Modellen geeignet<br />

nachgebildet und deren Einfluss auf die Zuverlässigkeitskenngrößen<br />

bestimmt werden. Bei einer<br />

Auswertung der Zuverlässigkeitskenngrößen müssen<br />

die darin enthaltenen Unsicherheiten berücksichtigt<br />

werden.<br />

5 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Durch die Einführung einer Qualitätsregulierung ergeben<br />

sich finanzielle Risiken für Netzbetreiber, die von<br />

der bereitgestellten Versorgungszuverlässigkeit abhängen.<br />

Sollen diese Risiken bewertet werden, so ist<br />

die Betrachtung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />

der Zuverlässigkeitskenngrößen erforderlich.<br />

Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die Entwicklung<br />

von Verfahren, welche die Wahrscheinlichkeitsverteilungen<br />

von Zuverlässigkeitskenngrößen ermitteln. Die<br />

dazu notwendigen Eingangsdaten sind mit Unsicherheiten<br />

behaftet. Die sich daraus ergebenden Unsicherheiten<br />

in den Ergebnissen sollen mit den zu entwickelnden<br />

Verfahren bewertet werden können.<br />

Solche Verfahren bieten prinzipiell die Möglichkeit, den<br />

Einfluss verschiedener Ansätze zur Qualitätsregulierung<br />

zu bewerten und die sich daraus ergebenden finanziellen<br />

Risiken für die Netzbetreiber zu quantifizieren.<br />

Schlussendlich ergibt sich damit für Netzbetreiber die<br />

Möglichkeit, Investitionen zur Verbesserung der Versorgungszuverlässigkeit<br />

den sich daraus ergebenden<br />

Verringerungen von finanziellen Risiken gegenüberzustellen.<br />

6 Literatur<br />

[1] Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)<br />

§ 21a Regulierungsvorgaben für Anreize für eine<br />

effiziente Leistungserbringung<br />

[2] Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und<br />

Kommunikationsdienste – WIK<br />

Indikatoren zur Messung von Qualität und Zuverlässigkeit<br />

in Strom- und Gasversorgungsnetzen<br />

April 2006<br />

[3] Verband der Netzbetreiber - VDN – e.V. beim<br />

VDEW<br />

VDN-Verfügbarkeitsstatistik – Berichtsjahr 2005<br />

[4] Rolauffs, S.<br />

Aufwand- und Nutzen-Bewertung einer rechnergeführten<br />

Störungsbeseitigung in Mittelspannungsnetzen<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong>-<strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 94, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2003<br />

[5] Knetsch, T.<br />

Unsicherheiten in Ingenieurberechnungen<br />

Dissertation Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,<br />

2004<br />

78 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Bewertung der Struktur elektrischer Übertragungsnetze<br />

Evaluating the Structure of Electrical Transmission Networks<br />

Dipl.-Ing. Christian Krane<br />

christian.krane@iaew.rwth-aachen.de<br />

1 Einleitung<br />

1.1 Motivation<br />

Der Anteil dargebotsabhängiger Erzeugungsanlagen ist<br />

infolge der im Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) [1]<br />

festgelegten Anschlusspflicht für derartige Erzeugungsanlagen<br />

und der garantierten Vergütung für die in<br />

diesen Anlagen erzeugte Leistung in den letzten Jahren<br />

stark gestiegen. Maßgeblichen Anteil an dieser<br />

Entwicklung hat die Windenergie (Bild 1), deren Anteil<br />

aufgrund der geplanten Offshore-Windparks zukünftig<br />

deutlich steigen wird. Daraus resultieren sowohl<br />

mittelfristige Unsicherheiten hinsichtlich der installierten<br />

Leistung in Windenergieanlagen (WEA) als auch<br />

kurzfristige Unsicherheiten durch deren Dargebotsabhängigkeit.<br />

Die Berücksichtigung der genannten Unsicherheiten<br />

würde unter Beibehaltung bislang üblicher Planungsgrundsätze<br />

(d. h. Netzauslegung anhand deterministischer<br />

worst-case-Szenarien [2]) einen deutlichen<br />

Anstieg der Netzkosten aufgrund zusätzlich notwendiger<br />

Ausbaumaßnahmen bewirken.<br />

Daher gewinnt die Frage nach der notwendigen, an die<br />

Anforderungen der Netznutzer angepassten Qualität<br />

der Netze zunehmend an Bedeutung. Sowohl eine zu<br />

hohe Netzqualität (z. B. durch die Festlegung maximaler<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Erhöhte Unsicherheiten bei der Netznutzung der in den letzten Jahren stark zunehmenden dargebotsabhängigen<br />

Erzeugungsanlagen bewirken eine Zunahme möglicher Netznutzungsszenarien mit der Konsequenz, dass bisher übliche<br />

Verfahren zur Planung von Übertragungsnetzen aufgrund der (n-1)-sicheren Auslegung für alle denkbaren Netznutzungszustände<br />

zu wirtschaftlich nicht optimalen Ausbauentscheidungen führen können. Daher stellt sich für die Übertragungsnetzbetreiber<br />

gerade im Hinblick auf die beginnende Regulierung und dem damit verbundenen erhöhten Kostendruck<br />

die Frage, inwiefern die bestehenden Netze derzeit und in Zukunft die an sie gestellten Anforderungen erfüllen<br />

und wie diese Erfüllung anhand von Bewertungskenngrößen beschrieben werden kann. In dieser Forschungsarbeit<br />

sollen objektive Kenngrößen zur Bewertung der Struktur elektrischer Übertragungsnetze ermittelt werden, die den<br />

Vergleich unterschiedlicher Netzausbauvarianten sowie den Quervergleich unterschiedlicher Netze erlauben.<br />

Increased uncertainties in terms of the utilization of the power grid by wind turbines lead to a huge variety of scenerios<br />

regarding the utilization of the power grid. The consequence is that the common planning process for transmission<br />

networks using the (n-1)-criteria for all scenarios of utilization of the power grid may yield unreasonable decisions<br />

regarding the upgrading of the power grid. These decisions in the planning process increase the capital costs of the<br />

power grid. Since expected regulation of the German electricity market is increasing cost pressure on the grid operators,<br />

the grid operators want to know whether the existing grids meet the requirements and how the fulfilment of these<br />

requirements can be described by key figures. In this study objective key figures will be identified to evaluate the<br />

quality of the network structure of transmission networks.<br />

Netznutzungsentgelte) als auch eine zu geringe Netzqualität<br />

(z. B. durch Pönalen) kann Kosten für den<br />

Netzbetreiber bedeuten.<br />

4<br />

Installierte WEA-Leistung<br />

Zubau<br />

GW<br />

kummuliert<br />

2<br />

1<br />

0<br />

1996 1998 2000 2002 2004 2006 0<br />

0<br />

1996 1998 2000 2002 2004 2006 0<br />

Jahr<br />

24<br />

GW<br />

12<br />

Bild 1: Entwicklung der installierten WEA-Leistung<br />

in Deutschland<br />

1.2 Qualität<br />

Grundsätzlich kann die Qualität einer Einheit als der<br />

Erfüllungsgrad der Anforderungen verstanden werden.<br />

Während der Erfüllungsgrad der Anforderungen der an<br />

die Verteilungsnetze angeschlossenen Netznutzer<br />

mittels probabilistischer Zuverlässigkeitsanalysen<br />

bestimmt werden kann, ist dies auf der Übertragungs-<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 79<br />

6


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

ebene aufgrund der vielseitigeren Anforderungen an<br />

die Übertragungsnetze unzureichend [3].<br />

Zur Objektivierung der Qualität von Übertragungsnetzen<br />

wird eine weitgehend separate Bewertung des Komponentenzustandes<br />

und der Netzstruktur durchgeführt.<br />

Die Bewertung des Komponentenzustandes umfasst<br />

dabei alle Faktoren, die Einfluss auf die Erfüllung der<br />

Anforderungen der betrachteten Komponente haben.<br />

Hier gibt es bereits vielfältige Bewertungsmethoden<br />

(z. B. [4]). Die Bewertung der Netzstruktur beantwortet<br />

die Frage, wie gut das System als Ganzes (d. h. das<br />

Zusammenwirken aller Netzkomponenten) die Anforderungen<br />

erfüllt. Für diese Fragestellung existiert bislang<br />

kein systematischer Ansatz.<br />

1.3 Ziel der Arbeit<br />

In dieser Forschungsarbeit sollen objektive Kenngrößen<br />

zur Bewertung der Struktur elektrischer Übertragungsnetze<br />

ermittelt werden, die den Vergleich unterschiedlicher<br />

Netzausbauvarianten sowie den Quervergleich<br />

unterschiedlicher Netze unter Berücksichtigung der<br />

erwähnten Unsicherheiten erlauben.<br />

2 Analyse<br />

2.1 Betrachteter Systembereich<br />

Elektrische Übertragungsnetze dienen dem weiträumigen<br />

Transport von elektrischer Energie. Diese Funktion<br />

übernehmen im UCTE-Verbund stark vermascht und<br />

redundant ausgelegte Höchstspannungsnetze mit<br />

Nennspannungen von 380 kV bzw. 220 kV. Die Transportfunktion<br />

unterlagerter Hochspannungsnetze mit<br />

Nennspannungen von z. B. in Deutschland 110 kV ist<br />

regional stark begrenzt. Sie werden daher in dieser<br />

Arbeit nicht betrachtet (Bild 2).<br />

Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Bewertung der<br />

Netzstruktur. Unterdimensionierungen von Netzanschlüssen,<br />

die häufig nicht im Verantwortungsbereich<br />

der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) liegen, sollen<br />

nicht bewertet werden. Daher wird die Umspannebene<br />

zwischen Höchstspannung und Hochspannung nicht<br />

berücksichtigt. Der Betrachtungsbereich endet an der<br />

letzten Übergabestation, die redundant, d. h. über<br />

mindestens zwei Trassen, in das Übertragungsnetz<br />

eingebunden ist.<br />

Nachbarnetz<br />

Verteilungsnetz<br />

Systemgrenze<br />

Übertragungsnetz<br />

(220/380 kV)<br />

Bild 2: Abgrenzung des Systembereichs<br />

2.2 Systemsicherheit<br />

Einspeisung<br />

~<br />

Industrienetz<br />

Die ÜNB unterscheiden nach planungsrelevanten und<br />

nicht planungsrelevanten Ausfällen [2]. Planungsrelevante<br />

Ausfälle sind der Einfachausfall einer Leitung,<br />

eines Transformators oder eines Kraftwerksblocks.<br />

Nicht planungsrelevante Ausfälle sind der Common-<br />

Mode-Ausfall (Ausfall mehrer Stromkreise eines<br />

Freileitungsgestänges aufgrund einer gemeinsamen<br />

Ursache), der Sammelschienenausfall und der stochastische<br />

Mehrfachausfall.<br />

Die Systemsicherheit ist gewährleistet, solange<br />

Grenzwertverletzungen (GWV) infolge planungsrelevanter<br />

Ausfälle vermieden werden. Vorübergehende GWV<br />

infolge nicht planungsrelevanter Ausfälle werden<br />

akzeptiert, da bei derart schwerwiegenden Ausfällen<br />

die großräumige Netzübertragungsfunktion oft nur<br />

durch Nutzung der Redundanzen benachbarter Übertragungsnetze<br />

aufrechterhalten werden kann.<br />

Relevante GWV aus Sicht der ÜNB sind die Verletzung<br />

der Spannungsgrenzen, der statischen oder transienten<br />

Stabilität, der Kurzschlussnebenbedingungen und die<br />

Verletzung der Strombelastungsgrenzen der Betriebsmittel,<br />

da es infolge dieser GWV zu Folgeauslösungen<br />

und zum Teil großflächigen Versorgungsunterbrechungen<br />

bis hin zum Zusammenbruch des Netzes kommen<br />

kann.<br />

2.3 Mögliche Bewertungskenngrößen<br />

Der Betriebszustand eines Übertragungsnetzes kann<br />

anhand eines Betriebsdiagramms dargestellt werden.<br />

Wesentliches Kriterium zur Unterscheidung der Betriebszustände<br />

ist dabei die Beurteilung der Systemsicherheit<br />

[5].<br />

Die Gewährleistung der Systemsicherheit ist die<br />

wichtigste Aufgabe der ÜNB zur Erfüllung der Anforderungen<br />

der an die Übertragungsnetze angeschlossenen<br />

Netznutzer und das zentrale Kriterium zur Bewertung<br />

der Netzstruktur. In Analogie zum Betriebsdiagramm<br />

elektrischer Übertragungsnetze wird daher auch für die<br />

80 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Bewertung der Netzstruktur elektrischer Übertragungsnetze<br />

ein Zustandsmodell verwendet, das die Systemzustände<br />

anhand des Kriteriums Systemsicherheit<br />

unterscheidet (Bild 3).<br />

Normal<br />

Systemsicherheit gewährleistet<br />

Änderung des<br />

Gegenmaßnahmen<br />

Systemzustands des ÜNB ausreichend<br />

Gefährdet<br />

Verlust der Systemsicherheit erwartet<br />

Gegenmaßnahmen<br />

des ÜNB unzureichend<br />

Kritisch<br />

Systemsicherheit nicht gewährleistet, aber keine GWV<br />

Kritischer<br />

Ausfall<br />

Ausfall<br />

Systemsicherheit nicht gewährleistet, GWV vorhanden<br />

Bild 3: Relevante Betriebszustände und Zustandsübergänge<br />

Ausgangszustand des Systems ist der Normalzustand.<br />

Ändert sich der Systemzustand, kann das System in den<br />

gefährdeten Zustand übergehen. Der Zustandsübergang<br />

erfolgt, sobald der ÜNB die Erkenntnis gewinnt, dass<br />

ohne Gegenmaßnahmen der Verlust der Systemsicherheit<br />

droht. Da nicht zu erwarten ist, dass der ÜNB von<br />

sich aus einen derartigen Zustandsübergang initiiert,<br />

kann dieser Zustandsübergang nur durch Veränderung<br />

der vom ÜNB nicht steuerbare Einflussgrößen auf den<br />

Systemzustand erfolgen. Dazu zählen die Betriebsmittelbelastbarkeit<br />

beispielsweise durch Veränderung der<br />

Umgebungstemperatur und das Netznutzerverhalten.<br />

Beides kann im Bereich von wenigen Stunden hinreichend<br />

genau prognostiziert werden, sodass dem ÜNB<br />

ausreichend Zeit zur Verfügung steht, durch geeignete<br />

Gegenmaßnahmen den Übergang in den kritischen<br />

Zustand zu vermeiden. Gelingt dies nicht, kann das<br />

System durch einen kritischen Ausfall in den Zustand<br />

„Ausfall“ übergehen. Alle Ausfälle, die zu GWV führen,<br />

werden als kritische Ausfälle bezeichnet.<br />

Als mögliche Bewertungskenngrößen bieten sich die<br />

Häufigkeit von Zustandsübergängen und die Wahrscheinlichkeiten<br />

von Betriebszuständen an. Dabei kann<br />

zwischen Netz- und Netznutzersicht unterschieden<br />

werden. Bei der Ermittlung der Kenngrößen aus<br />

Netzsicht werden alle GWV im betrachteten Netzbereich<br />

berücksichtigt. Für die Kenngrößen aus Netznutzersicht<br />

werden nur die GWV berücksichtigt, die eine<br />

direkte Auswirkung auf die Übergabestation des<br />

betrachteten Netznutzers haben.<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

3 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Erhöhte Unsicherheiten in der Netzplanung führen bei<br />

Anwendung derzeitig praxisüblicher Planungsverfahren<br />

zu nicht optimalen Ausbauentscheidungen. Mittelfristig<br />

hat dies bei Beibehaltung derzeitiger Planungspraxis<br />

steigende Netzkosten zur Folge. Neue Bewertungsmethoden<br />

zur Ergänzung bislang üblicher Planungsverfahren<br />

sind daher notwendig.<br />

In dieser Arbeit wird ein Verfahren zur Berechung<br />

objektiver Kennzahlen zur Bewertung der Struktur<br />

elektrischer Übertragungsnetze entwickelt. Die ermittelten<br />

Kennzahlen sollen quantitative Vergleiche<br />

unterschiedlicher Netze sowie verschiedener Ausbauvarianten<br />

unter Berücksichtigung der beschriebenen<br />

Unsicherheiten erlauben.<br />

Nach Abschluss der Verfahrensentwicklung soll anhand<br />

realer Übertragungsnetze die Funktionalität des<br />

Verfahrens gezeigt und die ermittelten Ergebniskenngrößen<br />

hinsichtlich ihrer Eignung zur Beurteilung der<br />

Qualität der Netzstruktur von Übertragungsnetze<br />

geprüft werden.<br />

4 Literatur<br />

[1] Der Deutsche Bundestag<br />

Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien<br />

Bundesgesetzblatt, Jg. 2004, Teil I, Nr. 40<br />

[2] Verband der Netzbetreiber VDN e.V. beim VDEW<br />

TransmissionCode 2003 – Netz- und Systemregeln<br />

der deutschen Übertragungsnetzbetreiber<br />

VDN, Berlin, August 2003<br />

[3] Katzfey, J.<br />

Probabilistische Bewertung der Netzbetriebsplanung<br />

im liberalisierten Strommarkt<br />

ABEV Band 79, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2002<br />

[4] Drescher, D.; Balzer, G.; Neumann, C.; Meister, R.<br />

Beurteilung des Alterungsverhaltens von Hochspannungsleistungsschaltern<br />

Elektrizitätswirtschaft, Bd. 104 (2005), Heft 3;<br />

S. 58-63<br />

[5] Denzel, D.<br />

Operation of Interconnected Power Systems<br />

Skriptum zur gleichnamigen Vorlesung<br />

IAEW, <strong>RWTH</strong>, <strong>Aachen</strong>, 2006<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 81


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Simulation des europäischen Marktes für elektrische Energie<br />

Simulation of the European Market for Electrical Energy<br />

Dipl.-Ing. Tobias Mirbach<br />

tobias.mirbach@iaew.rwth-aachen.de<br />

Die Etablierung eines effizienten grenzüberschreitenden Marktes für elektrische Energie ist eines der Hauptziele der<br />

EU-weiten Liberalisierung der Elektrizitätsmärkte. Hierzu wurden grundsätzliche Rahmenbedingungen für das Engpassmanagement<br />

festgelegt sowie neue Engpassmanagementmethoden eingeführt. Zudem haben in den kommenden<br />

Jahrzehnten der enorme altersbedingte Erneuerungsbedarf der Kraftwerke in Europa und energiepolitische Maßnahmen,<br />

wie der in Deutschland geplante Ausstieg aus der Kernenergienutzung sowie die Einführung von CO 2 -Zertifikaten,<br />

Rückwirkungen auf den zukünftigen Kraftwerkspark und somit auf die Kostenstruktur der elektrischen Energieerzeugung.<br />

Zudem ist ein starker Konzentrationsprozess zu beobachten, was eventuelle Handelsstrategien von Unternehmen<br />

und deren Einfluss auf die Preisbildung am Strommarkt begünstigt. Im Rahmen dieser Arbeit soll ein Fundamentalmodell<br />

des europäischen Strommarktes unter Berücksichtigung der technischen Restriktionen bei der Energieerzeugung<br />

und -übertragung sowie der Einflussnahme von Handelsstrategien auf die Preisbildung entwickelt werden. Dabei sollen<br />

die Auswirkungen der strukturellen Veränderungen im europäischen Energiesektor speziell auf die zukünftige Strompreisentwicklung<br />

untersucht und bewertet werden.<br />

The establishment of an efficient cross-border market for electrical energy is one of the main objectives of the pan-<br />

European liberalisation of the power market. Therefore basic conditions for the congestion management have been<br />

determined and new methods for cross-border trading have been introduced. Additionally, the substitution of the<br />

installed capacity of power plants due to obsolescence in the following decades as well as political decisions that has<br />

an impact on the power market, e. g. the phase out of the nuclear power in Germany and the implementation of emission<br />

certificates, will influence the generation costs. Furthermore, there is an increasing concentration in the European<br />

Power Market which encourages trading strategies of companies that affect the market price. Within the scope of this<br />

work, a method to simulate the European Market for electrical energy will be developed by means of adequate models<br />

to take into account the technical constraints of power generation and transmission as well as the impact of trading<br />

strategies on the pricing. Thereby, the influence of the structural changes in the power market on the development of<br />

the market price will be investigated.<br />

1 Hintergrund<br />

In Folge der europaweiten Liberalisierung des Energiesektors<br />

stehen Stromerzeugungsunternehmen (SEU) in<br />

nationalem sowie internationalem Wettbewerb. Darüber<br />

hinaus sehen sie sich veränderten Rahmenbedingungen<br />

gegenüber, die maßgeblich die zukünftige<br />

Strompreisentwicklung und somit die Wirtschaftlichkeit<br />

des eigenen Kraftwerksparks beeinflussen. So wurden,<br />

um einen volkswirtschaftlich effizienten europäischen<br />

Strommarkt zu etablieren, grundsätzliche Rahmenbedingungen<br />

für die Durchführung des Engpassmanagements<br />

festgelegt [1]. Außerdem wurden 2004<br />

die Exportkosten für den grenzüberschreitenden Handel<br />

abgeschafft [2]. Diese Maßnahmen führten in den<br />

vergangenen Jahren zu einem zunehmenden, grenzüberschreitenden<br />

Handel von elektrischer Energie.<br />

Auch in Zukunft ist durch die Einführung neuer Engpassmanagementmethoden<br />

ein intensivierter intereuropäischer<br />

Stromhandel zu erwarten. Speziell implizite<br />

Auktionen, d. h. eine Kombination der Reservierung von<br />

Übertragungskapazitäten sowie der Abwicklung von<br />

Stromhandelsgeschäften, ermöglichen eine optimierte<br />

Nutzung der Übertragungskapazitäten. Eine Folge des<br />

zunehmenden, grenzüberschreitenden Handels auf die<br />

Strompreisentwicklung ist der zu beobachtende Anstieg<br />

der Korrelation der Marktpreise zwischen den zentraleuropäischen<br />

Strombörsen in den vergangenen Jahren<br />

(Bild 1). Dies führt dazu, dass eine isolierte Sichtweise<br />

nationaler Strommärkte nicht ausreicht und der europäische<br />

Strommarkt gesamthaft betrachtet werden muss.<br />

Korrelationskoeffizient<br />

1<br />

0.9<br />

0.8<br />

0.7<br />

0.6<br />

EEX (D) /<br />

APX (NL)<br />

EEX (D) /<br />

EXAA (A)<br />

EEX (D) /<br />

Powernext (F)<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

Bild 1: Korrelation der logarithmierten Strompreise<br />

zwischen zentraleuropäischen Börsen [3]<br />

Darüber hinaus weist der europäische Erzeugungspark<br />

altersbedingt einen großen Erneuerungsbedarf in den<br />

82 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


kommenden Jahren auf. Zudem haben weitere energiepolitische<br />

Maßnahmen, wie bspw. die Einführung<br />

des CO 2 -Zertifikatehandels, die politisch angestrebten<br />

Förderziele der regenerativen Elektrizitätserzeugung,<br />

der geplante Ausstieg aus der Kernenergienutzung in<br />

Deutschland u. a., Rückwirkungen auf das gesamteuropäische<br />

System der elektrischen Energieversorgung, so<br />

dass Veränderungen in der europäischen Erzeugungsstruktur<br />

und somit der Kostenstruktur zur Erzeugung<br />

elektrischer Energie zu erwarten sind.<br />

Zudem ist speziell in Deutschland im Zuge der Liberalisierung<br />

ein starker Konzentrationsprozess auf dem<br />

Energiesektor resultierend aus Unternehmenszukäufen<br />

und Fusionen zu verzeichnen. Dies begünstigt eventuelle<br />

Handelsstrategien der SEU und deren Einfluss auf<br />

die Preisbildung am Strommarkt. Überdies sind internationale<br />

Kapitalverflechtungen von SEU zu beobachten.<br />

Die beschriebenen strukturellen Veränderungen in der<br />

europäischen Energiewirtschaft und deren Einfluss auf<br />

die zukünftige Preisbildung am Strommarkt motivieren<br />

die Untersuchung der zukünftigen Strompreisentwicklung.<br />

Mögliche Modelle sind hierbei Fundamentalmodelle,<br />

die den Markt für elektrische Energie simulieren.<br />

Neben der grenzkostenbasierten fundamentalen Strompreiskomponente<br />

kann zusätzlich eine nichtfundamentale<br />

Preiskomponente resultierend aus den Handelsstrategien<br />

der SEU abgebildet werden. Vorteil<br />

dieser Modelle ist die Abbildung der strukturellen<br />

Veränderungen, wie dem intensivierten grenzüberschreitenden<br />

Handel, die zu erwartende veränderte<br />

Erzeugungskostenstruktur des europäischen Kraftwerksparks<br />

sowie die Auswirkungen der veränderten<br />

Anbieterstruktur. Ziel dieser Arbeit ist somit die<br />

Untersuchung der zukünftigen Strompreisentwicklung<br />

unter Anwendung eines Fundamentalmodells zur<br />

Simulation des europäischen Strommarktes, das die<br />

technischen Restriktionen der Energieerzeugung und -<br />

übertragung sowie die Einflussnahme von Handelsstrategien<br />

auf die Preisbildung berücksichtigt.<br />

2 Analyse und Modellbildung<br />

2.1 Abgrenzung des Betrachtungsbereiches<br />

Fokus der Untersuchungen ist ein mittelfristiger Zeithorizont<br />

von einem bis hin zu wenigen Jahren in die<br />

Zukunft. Die betrachteten Länder umfassen Deutschland<br />

sowie seine Anrainerstaaten und zusätzlich Italien,<br />

das maßgeblich die Engpasssituation in Zentraleuropa<br />

beeinflusst (Bild 2). Der Stromsektor jedes Landes<br />

gliedert sich in eine Angebots- sowie eine Nachfrageseite.<br />

Die Angebotsseite repräsentieren die jeweiligen<br />

SEU eines Landes, die ihr Angebot an elektrischer<br />

Energie schwerpunktmäßig aus thermischen sowie<br />

hydraulischen Kraftwerken generieren. Demgegenüber<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

steht eine Nachfrage an Fahrplanenergie- und Reservebedarf.<br />

Darüber hinaus sind Einflussfaktoren auf die<br />

Angebots- und Nachfrageseite, wie die Einspeisung<br />

aus Windenergieanlagen (WEA) u. a., zu berücksichtigen.<br />

Ein grenzüberschreitender Handel ist zwischen<br />

allen Ländern entsprechend der jeweiligen Übertragungskapazität<br />

möglich, die wahlweise über Net<br />

Transfer Capacities (NTC) oder den linearen Lastfluss<br />

abgebildet werden kann.<br />

SEU<br />

Angebot<br />

therm. hydr.<br />

KW KW<br />

∼∼ ∼<br />

∼∼ ∼<br />

SEU<br />

� WEA-Einspeisung<br />

� Primärenergiepreise<br />

� Engpasssituation<br />

� ...<br />

Bild 2: Betrachtungsbereich<br />

Nachfrage<br />

Fahrplan<br />

Reserve<br />

2.2 Einflussfaktoren auf den Strompreis<br />

Die Einflussfaktoren auf den Strompreis lassen sich<br />

prinzipiell in eine fundamentale und nichtfundamentale<br />

Komponente differenzieren. Einflussfaktoren werden<br />

als fundamental bezeichnet, wenn sie das Angebot<br />

bzw. die Nachfrage nach elektrischer Energie direkt<br />

beeinflussen. Im Gegensatz dazu sind nichtfundamentale<br />

Komponenten marktbedingt, d. h. je nach<br />

Anbieterstruktur kann das Bieterverhalten der Marktteilnehmer,<br />

bspw. um Investitionskosten für Kraftwerke<br />

zu kompensieren, den Marktpreis beeinflussen. Bild 3<br />

zeigt die wesentlichen Einflussfaktoren auf den Strompreis,<br />

differenziert nach fundamentaler und nichtfundamentaler<br />

Komponente. Hinsichtlich des zu entwickelnden<br />

Fundamentalmodells zzgl. der Abbildung von<br />

Handelsstrategien sind diese Einflussfaktoren für die<br />

Länder des betrachteten Systems zu analysieren.<br />

KW-Verfügbarkeit<br />

Bieterverhalten<br />

Strompreis<br />

Saison/<br />

Wetter<br />

Im-/Export<br />

(Engpasssituation)<br />

CO 2 -Preise<br />

ErzeugungsstrukturPrimärenergiepreise<br />

fundamental<br />

nichtfundamental<br />

Bild 3: Einflussfaktoren auf den Strompreis<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 83


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Mittels einer Benchmark-Analyse, bei der ex-post historische<br />

Erzeugungskosten eines Kraftwerksparks, die<br />

fundamentale Preiskomponente, über eine Kraftwerkseinsatzoptimierung<br />

generiert und mit den historischen<br />

Marktpreisen verglichen werden, können die beiden<br />

Preiskomponenten analysiert werden. Erste Untersuchungsergebnisse<br />

einer Benchmark-Analyse für den<br />

deutschen Erzeugungspark haben gezeigt, dass für die<br />

Abschätzung des Strompreises die nichtfundamentale<br />

Komponente speziell zu Peak-Zeiten einen gewissen<br />

Anteil am Strommarktpreis ausmacht und daher<br />

abgebildet werden muss.<br />

3 Methodisches Vorgehen<br />

Der methodische Ansatz gliedert sich in drei Stufen, die<br />

iterativ durchlaufen werden (Bild 4):<br />

Stromerzeugungsplanung (SE-Planung), Strategieplanung<br />

und grenzüberschreitendes Matching.<br />

SE-Planung<br />

SE-Planung<br />

SE-Planung<br />

SE-Planung<br />

SEU und<br />

Länder<br />

Strategieplanung<br />

Angebotskurven<br />

(stdl.)<br />

Matching<br />

national grenzüberschreitend<br />

Land i Land j ... Land n<br />

Preis<br />

Preis Menge<br />

SE-Kostenkurven<br />

(stdl.)<br />

SEU und<br />

Länder<br />

Bild 4: Methodischer Ansatz<br />

Marktpreise (stdl.)<br />

Energiemengen (stdl.)<br />

In der SE-Planung wird der Einsatz des Erzeugungsparks<br />

jedes SEU optimiert, so dass für diese Planungsstufe<br />

Informationen, wie technische Daten zum Kraftwerkspark,<br />

Primärenergiepreise, Zuflüsse der hydraulischen<br />

Kraftwerke u. a., erforderlich sind. Das Ergebnis der SE-<br />

Planung ist eine stündliche SE-Kostenkurve je SEU. In<br />

der nachfolgenden Strategieplanung wird ausgehend<br />

von der SE-Kostenkurve der angebotene Preis bzw. die<br />

angebotene Menge des jeweiligen SEU strategisch<br />

variiert. Das nachfolgende grenzüberschreitende<br />

Matching aggregiert diese optimierten Angebotskurven<br />

über alle SEU eines Landes zu einer Angebotskurve je<br />

Land und bestimmt zusammen mit der Nachfragekurve<br />

des entsprechenden Landes einen Marktpreis. Hierbei<br />

wird unter der Einhaltung der entsprechenden Übertragungskapazitäten<br />

der grenzüberschreitende Energieaustausch<br />

unter Maximierung von Konsumenten- und<br />

Produzentenrente volkswirtschaftlich optimiert. Der<br />

stündliche Marktpreis für jedes Land sowie eine<br />

stündliche Erzeugungsmenge je SEU sind wiederum<br />

Eingangsdaten für eine erneute SE-Planung. Dieser<br />

Vorgang des Durchlaufens der drei Planungsstufen<br />

kann anschließend iterativ wiederholt werden. Neben<br />

den Marktpreisen und Erzeugungsmengen sind die<br />

einzelnen Deckungsbeiträge je SEU sowie der grenzüberschreitende<br />

Energietransfer weitere Ergebnisse der<br />

Optimierung.<br />

4 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die veränderten Rahmenbedingungen in der europäischen<br />

Energiewirtschaft, wie neue Engpassmanagementmethoden,<br />

CO 2 -Zertifikatehandel, Kernenergieausstieg<br />

u. a., führen zu einem intensivierten grenzüberschreitenden<br />

Handel sowie zu einer Veränderung<br />

der Erzeugungskostenstruktur des europäischen<br />

Kraftwerksparks. Zusätzlich begünstigt die veränderte<br />

Anbieterstruktur die potenzielle Einflussnahme großer<br />

SEU auf die Preisbildung am Strommarkt. Insbesondere<br />

für SEU hinsichtlich der wirtschaftlichen Bewertung<br />

bestehender Anlagen bzw. Investitionsentscheidungen<br />

in eventuelle Aus- und Neubauprojekte sowie auch<br />

bspw. für mittel- bis langfristige Handelsgeschäfte ist<br />

die Untersuchung der zukünftigen Strompreisentwicklung,<br />

die veränderten Rahmenbedingungen ausgesetzt<br />

ist, von Interesse. Fundamentalmodelle ermöglichen die<br />

Abbildung zukünftiger Preisbildungsprozesse unter<br />

Berücksichtigung dieser strukturellen Veränderungen<br />

auf dem Stromsektor. Zum Aufbau eines möglichst<br />

realitätsnahen Modellsystems für den europäischen<br />

Strommarkt wurden die relevanten Einflussfaktoren auf<br />

die zukünftige Strompreisentwicklung, differenziert<br />

nach fundamentaler und nichtfundamentaler Komponente,<br />

identifiziert und analysiert. Im Folgenden wird<br />

das Verfahren zur Simulation des europäischen Strommarktes<br />

unter Verwendung geeigneter Modelle entwickelt.<br />

In den Untersuchungen soll die Auswirkung der<br />

veränderten Rahmenbedingungen, wie dem intensivierten<br />

grenzüberschreitenden Handel, die zu erwartende<br />

veränderte Erzeugungskostenstruktur des europäischen<br />

Kraftwerksparks sowie die Auswirkungen der veränderten<br />

Anbieterstruktur, speziell auf die zukünftige Strompreisentwicklung<br />

untersucht und bewertet werden.<br />

5 Literatur<br />

[1] Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates über die Netzzugangsbedingungen<br />

für den grenzüberschreitenden<br />

Stromhandel, 26. Juni 2003<br />

[2] Europäische Kommission<br />

10th Electricity Regulatory Forum of Florence<br />

http://ec.europa.eu (Stand 01.02.<strong>2007</strong>)<br />

[3] Internetseite E-Control<br />

Marktbericht 2006<br />

http://www.e-control.at (Stand 01.02.<strong>2007</strong>)<br />

84 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Systemtechnische Auswirkungen einer großflächigen Verkabelung von<br />

110-kV-Überlandnetzen<br />

System-Oriented Effects of Cabling Rural 110 kV Networks<br />

Dipl.-Ing. Simon Ohrem<br />

simon.ohrem@iaew.rwth-aachen.de<br />

1 Motivation<br />

Kabel mit einer Isolierung aus vernetztem Polyäthylen<br />

(VPE-Kabel) haben sich in den letzten Jahrzehnten als<br />

zuverlässige und wartungsarme Betriebsmittel bewährt.<br />

In städtischen 110-kV-Netzen werden aus<br />

Mangel an Freileitungstrassen fast ausschließlich<br />

Kabel zur Versorgung genutzt, da der Platzbedarf einer<br />

Kabeltrasse geringer ist. In ländlichen 110-kV-Netzen<br />

hingegen werden bisher überwiegend Freileitungen<br />

verwendet.<br />

Die Freileitungstechnik ist zwar einfach, robust, günstig<br />

und bewährt, verändert das Landschaftsbild jedoch<br />

nachhaltig. Kabel sind durch die unauffällige unterirdische<br />

Verlegung nicht so präsent, gesellschaftlich eher<br />

akzeptiert und aus Sicht der Bevölkerung die bevorzugte<br />

Übertragungstechnik. Vermiedene Verzögerungen<br />

beim Netzausbau, die durch langwierige Genehmigungsverfahren<br />

neuer Freileitungstrassen entstehen<br />

und die Resistenz von Kabeln gegen atmosphärische<br />

Störungen sind weitere Vorteile, die eventuelle Mehrkosten<br />

einer Kabellösung rechtfertigen können. Im Zuge<br />

des anstehenden Erneuerungsbedarfs in der 110-kV-<br />

Ebene stellen VPE-Kabel möglicherweise auch in<br />

ländlichen Netzen eine Alternative zur Freileitung dar.<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Bisher werden 110-kV-Netze in ländlichen Gebieten mit geringer Lastdichte nahezu ausschließlich in Freileitungstechnik<br />

geplant und errichtet. Langwierige Genehmigungsverfahren für neue Freileitungstrassen verzögern zunehmend den<br />

Netzausbau und -umbau. Moderne VPE-isolierte Kabel bieten neben Vorteilen bei der Erschließung neuer Trassen eine<br />

zuverlässige wartungsarme unterirdische Übertragungstechnik, die gegenüber Freileitungen gesellschaftlich eher<br />

akzeptiert ist. Im Zuge des anstehenden Erneuerungsbedarfs in der 110-kV-Ebene stellen VPE-Kabel möglicherweise<br />

auch in ländlichen Netzen eine Alternative zur Freileitung dar. In dieser Arbeit werden auf Grundlage von synthetischen<br />

und realen Versorgungsaufgaben Freileitungs- und Kabelnetze vergleichend geplant und die systemtechnischen Auswirkungen<br />

einer Verkabelung untersucht. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein großflächiger Einsatz von VPE-<br />

Kabeln in ländlichen 110-kV-Netzen technisch und wirtschaftlich sinnvoll sein kann, wird in einem anschließenden<br />

technisch-wirtschaftlichen Vergleich von Kabel- und Freileitungsnetzen ermittelt.<br />

So far 110 kV networks are planned and established exclusively in overhead line technology in areas with small load<br />

density. Long approval procedures for new overhead lines delay the development of the networks. Apart from advantages<br />

finding new routes, nowadays modern XLPE-insulated cables offer a reliable maintenance-poor underground<br />

transmission technique which is socially rather accepted opposite to overhead lines. In order to renew the 110 kV<br />

networks, XLPE-insulated cables possibly represent an alternative to overhead lines in rural networks. In this study<br />

overhead line and cable grids are planned on basis of synthetic and real tasks of supply and the system-oriented effects<br />

of the cabling are stated. This study will determine whether and under which conditions the use of XLPE-insulated<br />

cables in rural 110 kV networks is technical and economical reasonable.<br />

2 Kunststoffisolierte Hochspannungskabel<br />

in der Energieversorgung<br />

Getrieben durch den Fortschritt im Bereich der Kunststoffisolierungen<br />

wurden Mitte der 60er Jahre die<br />

ersten Polyäthylen (PE) isolierten Hochspannungskabel<br />

hergestellt. Ein Jahrzehnt später werden Kabel mit<br />

einer Isolierung aus vernetztem Polyäthylen entwickelt.<br />

Weil VPE-Kabel einen festen Isolierstoff nutzen,<br />

wartungsfrei sind, günstige und schlanke Garnituren<br />

aus Silikon verwendet werden können, geringere<br />

Verluste aufweisen, größere Übertragungsleistungen<br />

zulassen und eine höhere Dauertemperaturbeständigkeit<br />

gewährleisten, haben sie in der Hochspannungsebene<br />

bei den Neuinstallationen die papierisolierten<br />

Kabel fast vollständig verdrängt.<br />

Trotz der deutlichen Verbesserungen der Kabeltechnik<br />

ist der Kabelanteil in der 110-kV-Ebene in den letzten<br />

Jahren nahezu unverändert auf niedrigem Niveau<br />

verblieben. Bild 1 zeigt den prozentualen Kabelanteil an<br />

der gesamten Stromkreislänge in der 110-kV-Ebene in<br />

Deutschland. Ersichtlich ist ein Kabelanteil von sechs<br />

Prozent, der bisher nur zu einem geringen Teil aus VPE-<br />

Kabeln besteht.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 85


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Stromkreislänge<br />

Freileitung<br />

6%<br />

ges. Stromkreislänge: 74.700 km<br />

Stromkreislänge Kabel<br />

13% VPE<br />

18% PE<br />

20%<br />

22%<br />

26%<br />

Sonstige<br />

Öl isoliert<br />

Gas isoliert<br />

Bild 1: 110-kV-Stromkreislänge in Deutschland [1]<br />

Die durchgeführte Analyse der Stromkreislängen der 71<br />

deutschen Hochspannungsnetzbetreiber zeigt, dass die<br />

großen Netzbetreiber, die weitläufige Gebiete versorgen,<br />

kaum Kabel einsetzen (vgl. Bild 2). Der größere<br />

Teil der Kabel ist bei den kleineren Netzbetreibern mit<br />

weniger als 500 km Stromkreislänge im Einsatz, deren<br />

Netzbereiche überwiegend Ballungszentren und<br />

städtische Gebiete abdecken. In ländlichen Gebieten, in<br />

denen längere Strecken zu überbrücken sind, kommen<br />

bisher kaum Kabel zum Einsatz.<br />

22<br />

10<br />

10³<br />

km<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Stromkreislänge Freileitungen<br />

Stromkreislänge Kabel<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10111213141516171819-71<br />

Hochspannungsnetzbetreiber<br />

Bild 2: Stromkreislängen der 71 deutschen Hochspannungsnetzbetreiber<br />

[eigene Erhebung<br />

auf Grundlage veröffentlichter Daten nach<br />

§27 StromNEV]<br />

3 Ziel der Arbeit<br />

Durch die vorangegangenen Überlegungen stellt sich<br />

die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein<br />

großflächiger Einsatz von VPE-Kabeln in ländlichen 110kV-Netzen<br />

technisch und wirtschaftlich eine sinnvolle<br />

Alternative zur bisher üblichen Freileitungstechnik<br />

darstellt. Ziel der Arbeit ist es, die systemtechnischen<br />

und wirtschaftlichen Auswirkungen einer vollständigen<br />

Verkabelung der 110-kV-Netzebene in ländlichen Gebieten<br />

zu untersuchen.<br />

4 Methodisches Vorgehen<br />

Grundlage der durchzuführenden Untersuchungen sind<br />

kostenoptimale Netzentwürfe, die für synthetische und<br />

reale ländliche Versorgungsaufgaben mithilfe eines<br />

praxiserprobten, am IAEW entwickelten Netzplanungs-<br />

verfahren ermittelt werden [2]. Im ersten Schritt<br />

werden für jede Versorgungsaufgabe zwei Grundsatzplanungen,<br />

die einem „Grüne-Wiese“-Ansatz entsprechen,<br />

durchgeführt (siehe Bild 3). Das Ergebnis ist die<br />

kostenoptimale Netzstruktur eines reinen 110-kV-<br />

Kabelnetzes und eines reinen 110-kV-Freileitungsnetzes<br />

für die jeweilige Versorgungsaufgabe. Die Netzentwürfe<br />

sind frei von subjektiven Größen und nur durch die<br />

unterschiedlichen Leitungstechnologien beeinflusst, so<br />

dass sie in einer Gegenüberstellung einen objektiven<br />

technisch-wirtschaftlichen Vergleich ermöglichen, in<br />

dem die Freileitungsnetze als Referenz dienen.<br />

Analyse aktueller<br />

110-kV-Kabeltechnik<br />

ländliche Versorgungsaufgaben<br />

synthetisch<br />

real<br />

Grundsatzplanung 110-kV-Netze<br />

reine Kabelnetze<br />

reine Freileitungsnetze<br />

systemtechnische Auswirkungen ländlicher 110-kV-Kabelnetze<br />

technisch-wirtschaftlicher Vergleich<br />

Kabelnetze<br />

Freileitungsnetze<br />

Bild 3: Methodisches Vorgehen<br />

VPE-Kabel weisen gegenüber Freileitungen andere<br />

charakteristische elektrische Eigenschaften auf, was<br />

über das Betriebsmittel hinaus andere technische<br />

Anforderungen an das gesamte System des 110-kV-<br />

Netzes zur Folge hat. Die systemtechnischen Auswirkungen<br />

reiner Kabelnetze sind zunächst zu prüfen und<br />

ggf. zusätzliche Randbedingungen zu identifizieren, die<br />

bei der Grundsatzplanung zusätzlich zu den bisherigen<br />

berücksichtigt werden müssen.<br />

4.1 Systemtechnische Auswirkungen<br />

Die bisher erkannten und zu betrachtenden Auswirkungen<br />

reiner ländlicher Kabelnetze sind in der folgenden<br />

Auflistung näher beschrieben:<br />

• Blindleistungsbedarf<br />

Die hohe Permittivitätszahl des VPE-Isolators und<br />

der geringe Abstand zwischen Leiter und Erde sind<br />

ursächlich für den um ein vielfaches höheren Kapazitätsbelag<br />

von Kabeln im Vergleich zu Freileitungen.<br />

Kabel können innerhalb der thermisch zulässigen<br />

Grenzen nur unterhalb ihrer natürlichen Leistung<br />

betrieben werden und stellen daher Blindleistungserzeuger<br />

im Netz dar. In weit ausgedehnten<br />

Kabelnetzen ist daher eine geeignete Blindleistungskompensation<br />

– gerade im Schwachlastfall –<br />

erforderlich.<br />

86 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


• Kurzschlussströme<br />

Kabel weisen geringere Impedanzen als Freileitungen<br />

auf. In reinen Kabelnetzen sind aus diesem<br />

Grund höhere Kurzschlussströme als in Freileitungsnetzen<br />

zu erwarten. Ob ein üblicher maximal<br />

erlaubter Kurzschlussstrom von I k ’’= 31,5 kA ausreicht<br />

oder gegebenenfalls andere Maßnahmen zur<br />

Beherrschung der Kurzschlussströme zu ergreifen<br />

sind – wie z. B. der Einsatz von Kurzschlussstrombegrenzern<br />

– ist zu untersuchen.<br />

• Netzplanungskonzepte<br />

Für ländliche reine 110-kV-Kabelnetze bestehen<br />

derzeit noch keine allgemein anerkannten Planungskriterien<br />

wie sie für 110-kV-Freileitungsnetze<br />

existieren. Durch die Verkabelung sind möglicherweise<br />

andere Netzplanungskonzepte für ländliche<br />

110-kV-Netze wirtschaftlich sinnvoll oder technisch<br />

sogar notwendig.<br />

• Versorgungszuverlässigkeit<br />

Allgemein ist die Ausfallhäufigkeit von Kabeln gegenüber<br />

Freileitungen geringer, da Kabel gegen<br />

atmosphärische Störungen geschützt sind. Kommt<br />

es jedoch zu einer Störung mit Schaden an einem<br />

Kabel, ist die Unterbrechungsdauer aufgrund von<br />

nötigen Erdarbeiten länger als die von Freileitungen.<br />

Die in Bild 2 aus der VDN-Statistik [1] aufgeführte<br />

Schadenshäufigkeit von Kabeln ist ein<br />

Durchschnittswert, der alle Kabeltechnologien einschließt.<br />

Es ist zu erwarten, dass durch den großflächigen<br />

Einsatz von VPE-Kabeln in der 110-kV-<br />

Ebene die Nichtverfügbarkeit gesenkt werden kann<br />

und die Versorgung von atmosphärischen Einflüssen<br />

unabhängig wird. Mögliche Auswirkungen und<br />

deren Wechselwirkung mit den Netzplanungskonzepten<br />

werden in dieser Forschungsarbeit mittels<br />

probabilistischer Zuverlässigkeitsanalyse [3] bewertet.<br />

3<br />

1/100 km<br />

1<br />

0<br />

ohne Schaden<br />

mit Schaden<br />

Kabel Freileitung<br />

Bild 2: Häufigkeit von Störungen mit und ohne<br />

Schaden [1]<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

• Sternpunktbehandlung<br />

In Deutschland wird der überwiegende Teil der<br />

110-kV-Netze mit kompensiertem Sternpunkt betrieben<br />

um die Auswirkungen einpoliger Fehlerströme,<br />

die z. B. durch atmosphärische Einwirkung<br />

entstehen können, zu minimieren. Erdschlüsse in<br />

Kabelnetzen führen zur Zerstörung der Isolation und<br />

müssen deshalb frühzeitig durch den Schutz detektiert<br />

und unverzüglich abgeschaltet werden. Um<br />

dies bei reinen Kabelnetzen sicherzustellen, ist eine<br />

starre bzw. niederohmige Sternpunkterdung in diesen<br />

Netzen notwendig.<br />

• Wirtschaftliche Aspekte<br />

Die Aufwendungen für ein 110-kV-VPE-Kabel und<br />

seine Verlegung übersteigen die Kosten für die Errichtung<br />

einer Freileitung. Die in der Literatur angegebenen<br />

Mehrkostenfaktoren weisen eine hohe<br />

Bandbreite auf und sind sehr fallspezifisch. In dieser<br />

Arbeit sind für die Kabellegung Kostensätze<br />

speziell für ländliche Gebiete anzunehmen. Neben<br />

den Aufwendungen für die Trasse unterscheiden<br />

sich Instandhaltungskosten und Verluste der reinen<br />

Kabelnetze ebenfalls von denen, die sich für Freileitungsnetze<br />

ergeben. Um einen Vergleich unter wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten durchzuführen, sind<br />

neben den erwähnten auch die Aufwendungen einzubeziehen,<br />

die aufgrund systemtechnischer Einflüsse<br />

der jeweiligen Übertragungstechnik entstehen.<br />

5 Literatur<br />

[1] Verband der Netzbetreiber (VDN) e.V. beim<br />

VDEW<br />

VDN-Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik<br />

Berichtsjahr 2004, 1. Ausgabe November 2005<br />

[2] Maurer, C.<br />

Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung für<br />

Hochspannungsnetze, Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

ABEV Bd. 101, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2004<br />

[3] Cheng, S.; Sengbusch, K. v.; Vennegerts, H.<br />

Rechnergestützte probabilistische Zuverlässigkeitsanalyse<br />

– Weiterentwicklung von RAMSES<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2003, ABEV Bd. 92<br />

Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong>, 2003<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 87


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Stochastische Optimierung von Erdgasportfolios<br />

Stochastic Optimization of Natural Gas Portfolios<br />

Dipl.-Ing. M.Sc. Uwe Padberg<br />

uwe.padberg@iaew.rwth-aachen.de<br />

In den kommenden Jahren wird aufgrund der steigenden Attraktivität der Stromerzeugung in Erdgaskraftwerken durch<br />

verhältnismäßig geringe Treibhausgasemissionen und einer zunehmenden Verbreitung des Erdgasverbrauchs in Haushalten<br />

mit einem deutlichen Anstieg des Erdgasverbrauchs gerechnet. Zusätzlich entstehen durch die Liberalisierung<br />

des Erdgasmarktes für Handelsunternehmen im Erdgassektor Chancen, neue Kunden zu gewinnen und Risiken, Kunden<br />

an die Konkurrenz zu verlieren. Somit wird ein steigender Kostendruck aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs im<br />

Erdgassektor erwartet. Unter diesen Umständen wird die Optimierung von Erdgasportfolios für Handelsunternehmen<br />

zunehmend wichtiger. Diese Optimierung muss unter Berücksichtigung von Unsicherheiten erfolgen. So hängt beispielsweise<br />

der Bedarf an Erdgas sehr stark von der Außentemperatur ab. Des Weiteren kann der Gaspreis politisch<br />

beeinflusst werden oder bedingt durch zunehmend schwierigere technische Produktionsbedingungen ansteigen. Daher<br />

ist das Ziel dieser Arbeit die Entwicklung eines Verfahrens, das das profitmaximale Erdgasportfolio unter Berücksichtigung<br />

von Unsicherheiten und technischen Rahmenbedingungen bestimmt.<br />

Within the next years a significant increase for the demand of natural gas is expected due to the increasing attraction<br />

of electricity generation in gas fired plants with comparatively low greenhouse gas emissions and an ascending<br />

diffusion in household consumption. Additionally, for commercial enterprises of the natural gas sector, chances to<br />

acquire new customers and risks to lose own customers to competitors emerge from the liberalization of the natural gas<br />

market. Thus, a rising cost pressure in the natural gas sector caused by the intensifying competition is expected. Under<br />

these circumstances, the optimization of natural gas portfolios of commercial enterprises becomes more important.<br />

Under consideration of the uncertainties, this optimization has to be carried out. For example, the demand on natural<br />

gas strongly depends on the outdoor temperature. The gas price might be influenced by policy or may rise due to<br />

aggravating production conditions. Therefore, the objective of this work is the development of an optimization method<br />

to calculate a profit-maximising natural gas portfolio under consideration of planning uncertainties and technical frame<br />

conditions.<br />

1 Einleitung<br />

Durch die Liberalisierung des Erdgasmarktes haben<br />

Endverbraucher die freie Wahl ihres Versorgers,<br />

wodurch sich derzeit ein Preiswettbewerb zwischen<br />

den Erdgashandelsunternehmen entwickelt. Diese<br />

haben dadurch einerseits die Chance, neue Kunden zu<br />

gewinnen, andererseits entsteht die Gefahr, Kunden an<br />

die Konkurrenz zu verlieren [1].<br />

Im HuK-Sektor (Haushalte und Kleinverbraucher) wird<br />

Erdgas verstärkt zur Wärmeerzeugung eingesetzt. Die<br />

Verwendung von Erdgas wird zudem durch den Handel<br />

mit Emissionszertifikaten begünstigt, da Erdgas die<br />

niedrigsten spezifischen CO 2 -Emissionen aller fossilen<br />

Energieträger aufweist.<br />

Der voraussichtliche Anstieg des Erdgasverbrauchs und<br />

der einsetzende Wettbewerb auf dem Gasmarkt<br />

zwingen die Handelsunternehmen der Gaswirtschaft,<br />

die benötigten Erdgasmengen möglichst kostengünstig<br />

zu beschaffen. Dabei sind Unsicherheiten in der<br />

Beschaffungsplanung zu berücksichtigen. Diese<br />

Unsicherheiten betreffen einerseits die Nachfrage, die<br />

sehr stark von der Außentemperatur abhängig ist und<br />

andererseits die Preise für Erdgas, die durch zunehmend<br />

steigende Erschließungskosten für neue Felder,<br />

aber auch durch politische Einflussnahme variieren<br />

können.<br />

Daher ist das Ziel der hier vorgestellten Arbeit die<br />

Entwicklung eines Verfahrens zur Bestimmung von<br />

optimalen Erdgasportfolios für Erdgashandelsunternehmen<br />

unter Berücksichtigung von technischen<br />

Rahmenbedingungen und Unsicherheiten.<br />

2 Analyse und Modellbildung<br />

In diesem Abschnitt werden die Komponenten eines<br />

Erdgasversorgungssystems analysiert (Bild 1).<br />

2.1 Erdgaslagerstätten<br />

Erdgas ist ein Naturprodukt, das aus unterirdischen Lagerstätten<br />

durch Ausförderung gewonnen (produziert)<br />

wird. Der größte Anteil des deutschen Erdgases wird<br />

importiert, ein geringer Anteil stammt aus innerdeutscher<br />

Produktion.<br />

88 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Betreiber von weit entfernten Produktionsstätten sind<br />

aufgrund der hohen Erschließungskosten von Gaslagerstätten<br />

lediglich an langfristigen Lieferverträgen mit<br />

einer möglichst konstanten Produktion interessiert. Erdgasquellen,<br />

die verbrauchsnäher liegen, können<br />

dagegen dem aktuellen Gasbedarf angepasst produzieren. <br />

Erdgaslagerstätten<br />

LNG-<br />

Transport<br />

Erdgasbörsen<br />

Saisonale<br />

Speicher<br />

Handelsunternehmen Verbraucher<br />

Transportnetze<br />

Gasfluss<br />

Handel<br />

Netz- und Speicherzugang<br />

Temperatur Unsicherheiten<br />

Preise<br />

Ausfälle<br />

Bild 1: Betrachtetes System<br />

2.2 Erdgasspeicher<br />

Bezugsverträge<br />

Tagesspeicher<br />

Verteilnetze<br />

Temperatur<br />

Zur Sicherung der Versorgung werden in Deutschland<br />

saisonale Erdgasspeicher sowie Wochen- und Tagesspeicher<br />

verwendet. Man unterscheidet zwischen<br />

Kavernen-, Poren- und Röhrenspeichern.<br />

Bei Kavernenspeichern handelt es sich um Hohlräume<br />

im Fels (Felskavernenspeicher) oder künstlich angelegte<br />

Hohlräume in Salzstöcken (Salzkavernenspeicher).<br />

Kavernenspeicher haben in der Regel verhältnismäßig<br />

hohe Ein- und Ausspeiseleistungen, so dass sie zur<br />

Deckung von hohen Bezugsspitzen und zum Einsatz als<br />

Handelsgasspeicher geeignet sind.<br />

Bei Porenspeichern handelt es sich um ehemalige oder<br />

noch in Betrieb befindliche Erdgaslagerstätten sowie<br />

um so genannte Aquiferspeicher. Das Erdgas wird in<br />

beiden Fällen in porösen Gesteinsschichten gespeichert,<br />

wobei im Falle von Aquiferspeichern das bisher<br />

dort vorhandene Grundwasser durch das Gas verdrängt<br />

wird. Porenspeicher weisen in der Regel ein größeres<br />

Volumen und eine geringere Ein- und Ausspeiseleistung<br />

als Kavernenspeicher auf. Sowohl bei Kavernen- als<br />

auch bei Porenspeichern sind die Ein- und Ausspeiseleistungen<br />

in der Regel vom jeweiligen Speicherfüllstand<br />

abhängig.<br />

Zum Ausgleich täglicher Lastschwankungen dienen<br />

Tagesspeicher, wie z. B. Röhrenspeicher. Aufgrund des<br />

geringen Volumens wird dieser Speicher täglich zu<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Zeiten geringen Erdgasbedarfs befüllt und zu Hochlastzeiten<br />

entleert.<br />

Alle Erdgasspeichertypen und verbrauchsnahe Lagerstätten<br />

können trotz ihrer unterschiedlichen Charakteristiken<br />

durch ein einheitliches Modell abgebildet<br />

werden.<br />

2.3 Transport- und Verteilnetze<br />

Der Erdgastransport zum Verbraucher erfolgt entweder<br />

in gasförmigem Zustand in Pipelines oder verflüssigt<br />

per Schiff. Vorteile des Pipelinetransports sind die bei<br />

verhältnismäßig kurzen Distanzen geringeren Investitionskosten<br />

in die Infrastruktur. Vorteile für Liquefied<br />

Natural Gas (LNG) ergeben sich für große Distanzen<br />

zwischen Erdgaslagerstätte und Verbraucher, da die<br />

eigentlichen Transportkosten sehr gering sind. Da der<br />

Erdgastransport nicht im Aufgabenbereich des Handelsunternehmens<br />

liegt, werden die technischen<br />

Einschränkungen des Erdgastransports nur soweit<br />

betrachtet, wie sie das Handelsunternehmen betreffen.<br />

2.4 Netz- und Speicherzugang<br />

Der Netzzugang zum Transportnetz erfolgt in Deutschland<br />

nach einem Entry-Exit-System. Das Transportnetz<br />

ist in Deutschland derzeit in 19 Marktgebiete unterteilt,<br />

diese Zahl wird sich jedoch in Zukunft durch Zusammenlegungen<br />

voraussichtlich deutlich verringern [1]. In<br />

jedem Marktgebiet ist aus Sicht eines Handelsunternehmens<br />

der Abschluss eines Entry- und eines Exit-<br />

Vertrages sowie eines Bilanzkreisvertrages, der die<br />

gleichzeitige Ein- und Ausspeisung regelt, notwendig,<br />

um Erdgas zu transportieren. Für das Handelsunternehmen<br />

erfolgt damit bei Abschluss dieser Verträge der<br />

Erdgastransport, der im Verantwortungsbereich des<br />

Netzbetreibers liegt. Die Einhaltung von technischen<br />

Randbedingungen wie beispielsweise die Nichtüberschreitung<br />

der maximalen Entry- und Exitkapazität<br />

eines Zugangspunktes ist bei Abschluss der Verträge zu<br />

berücksichtigen. Die Preisberechnung ergibt sich aus<br />

der Dauer und dem Zeitpunkt der Buchung.<br />

Die Entgelte zur Speichernutzung sind nicht reguliert,<br />

so dass sich eine Vielzahl an Berechnungsmodellen<br />

entwickelt hat. Verbreitet ist das Angebot der Buchung<br />

von so genannten Speicherpaketen, die als eine feste<br />

Kombination von Arbeitsgasvolumen, Ein- und Ausspeiseleistung<br />

definiert sind. Im Verfahren sind die Entgelte<br />

zur Nutzung der Erdgasspeicher und -netze zu berücksichtigen.<br />

2.5 Erdgasbezugsverträge<br />

Die derzeit wichtigste Form des Erdgasbezugs in<br />

Deutschland stellen langfristige, teilweise über mehre-<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 89


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

re Jahrzehnte laufende Bezugsverträge mit ausländischen<br />

Produzenten dar. Im innerdeutschen Handel sind<br />

langfristige Verträge verboten.<br />

Im Wesentlichen sind zwei Vertragstypen zu unterscheiden,<br />

die beide im Verfahren betrachtet werden<br />

müssen: Profil- und Vollversorgungsverträge. In Profilverträgen<br />

wird in jedem Zeitintervall die Lieferung einer<br />

festgelegten Gasmenge vereinbart, die unabhängig<br />

vom Erdgasbedarf ist. In Versorgungsverträgen wird<br />

demgegenüber eine bedarfsabhängige Gaslieferung<br />

vereinbart. Zusätzliche Einschränkungen, z. B. ein<br />

Maximalbezug, der auch bei höherem Bedarf nicht<br />

überschritten werden darf, sind möglich. In der Regel<br />

weisen diese verbrauchsabhängigen Erdgasbezugsverträge<br />

Arbeits- und Leistungspreiskomponenten auf: Mit<br />

dem Arbeitspreis wird die bezogene Erdgasmenge<br />

vergütet. Der Leistungspreis stellt eine weitere Preiskomponente<br />

dar, mit dem die höchste in einer Messperiode<br />

aufgetretene Bezugsspitze vergütet wird.<br />

2.6 Erdgasbörsen<br />

Erdgas kann in Europa an Börsen oder Handelplätzen in<br />

Großbritannien, in Belgien und in den Niederlanden<br />

gehandelt werden. Dabei ist sowohl der Handel von<br />

kurzfristigen Produkten im Tages- bis Wochenbereich<br />

als auch von langfristigen Produkten im Monats- bis<br />

Jahresbereich möglich. Der Handel erfolgt an einem so<br />

genannten virtuellen Handelspunkt. In Deutschland<br />

existiert derzeit keine Erdgasbörse. Die EEX wird im<br />

Gaswirtschaftsjahr <strong>2007</strong>/2008 den börslichen Erdgashandel<br />

auch in Deutschland einführen [2]. Die teilweise<br />

sehr eingeschränkte Liquidität von Erdgasbörsen muss<br />

im Verfahren berücksichtigt werden.<br />

2.7 Unsicherheiten<br />

Verschiedene Unsicherheiten sind bei der Planung<br />

eines Gaswirtschaftsjahres für ein Handelsunternehmen<br />

zu berücksichtigen. Die Außentemperatur hat<br />

einen großen Einfluss auf den Erdgasverbrauch, da der<br />

weitaus größte Teil des Erdgases zur Wärmeerzeugung<br />

verwendet wird. Auch preisliche Unsicherheiten sind zu<br />

berücksichtigen. Bei der Versorgungszuverlässigkeit hat<br />

der Ausfall eines Erdgasspeichers die schwerwiegendsten<br />

Auswirkungen. Die Zuverlässigkeit von Transportnetzen<br />

ist sehr groß. Die Unsicherheiten werden durch<br />

die Szenarienanalyse modelliert, die den Vorteil bietet,<br />

dass sich für die nahe Zukunft eindeutige Handelsentscheidungen<br />

unter Berücksichtigung der Unsicherheiten<br />

ergeben.<br />

3 Verfahren<br />

Die Zielfunktion des Verfahrens ist die Maximierung<br />

des Deckungsbeitrags, der sich als Differenz der Erlöse<br />

und der variablen Kosten eines Erdgashandelsunternehmens<br />

darstellt. Auf der Erlösseite stehen dabei die<br />

Zahlungen der Endverbraucher an das Handelsunternehmen<br />

sowie Einkünfte aus Gasverkäufen an andere<br />

Unternehmen oder Erdgasbörsen. Die variablen Kosten<br />

setzen sich zusammen aus den eigenen Beschaffungskosten<br />

für das Erdgas aus Bezugverträgen und Einkäufen<br />

an Börsen. Zusätzlich sind Nutzungsentgelte für<br />

Erdgasspeicher und -netze zu entrichten, die je nach<br />

Buchungsdauer und -zeitraum in unterschiedlicher Höhe<br />

festgesetzt sind. Für das Optimierungsproblem sind<br />

technische und organisatorische Randbedingungen zu<br />

beachten. In Erdgasbezugsverträgen können maximale<br />

oder minimale Abnahmemengen den Erdgasbezug<br />

einschränken sowie eine definierte Gesamtabnahmemenge<br />

im Jahresverlauf festgelegt sein. Bei Börsen ist<br />

zu beachten, dass nur standardisierte, zeitübergreifende<br />

Produkte gehandelt werden können.<br />

Technische Randbedingungen sind für Erdgasspeicher<br />

und -netze zu beachten. So sind bei Erdgasspeichern<br />

z. B. die füllstandsabhängige Änderung der Ein- und<br />

Ausspeiseleistung zu berücksichtigen sowie technisch<br />

bedingte Ober- und Untergrenzen für den Speicherfüllstand<br />

und die Ein- und Ausspeiseleistungen. In Erdgasnetzen<br />

stellt die maximal buchbare Entry- und Exitkapazität<br />

eine Begrenzung für die transportierbare Gasmenge<br />

dar.<br />

4 Ausblick<br />

Die Ergebnisse der Modellierung zeigen, dass bei der<br />

Optimierung eines Erdgasportfolios ein quadratisches<br />

Optimierungsproblem mit linearen Nebenbedingungen<br />

und einigen Ganzzahligkeitsentscheidungen vorliegt. Im<br />

Folgenden soll ein Verfahren implementiert werden,<br />

das zur Lösung dieses Problem auf die Verwendung von<br />

Standardsolvern zurückgreift.<br />

5 Literatur<br />

[1] N. N.<br />

RWE will wie E.ON bundesweit Gas anbieten<br />

Faz, 05.02.<strong>2007</strong><br />

[2] Lindgens, P.; Menzel, H.-B.<br />

„Erdgas ist sehr wichtig und könnte das zweite<br />

Standbein der EEX werden“<br />

e/m/w, Heft 5/2006, S. 60 – 61<br />

90 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Netzbetrieb mit Freileitungs-Monitoring<br />

Network Operation with Overhead Line Monitoring<br />

Dipl.-Ing. Tilman Ringelband<br />

tilman.ringelband@iaew.rwth-aachen.de<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Durch die wachsende Einspeisung von Windenergie steigt die Belastung des elektrischen Übertragungsnetzes. Bisher<br />

wird darauf zum einen mit Erzeugungsmanagement für Windparks und zum anderen mit Netzausbau reagiert. Alternativ<br />

können jedoch Reserven des bestehenden Netzes genutzt werden. Durch Messung der Wetterbedingungen entlang<br />

einer Freileitung im Rahmen eines Freileitungs-Monitoring oder durch direkte Temperaturmessung der Leiterseile kann<br />

die zulässige Strombelastbarkeit der Leitung, statt wie bisher konstant festgelegt, dynamisch angepasst werden. In<br />

dieser Arbeit wird daher der Zusammenhang von maximaler Strombelastbarkeit und Wetterbedingungen analysiert und<br />

modelliert. Simulationen des Netzbetriebs mit Freileitungs-Monitoring sollen zeigen, inwiefern dieses die Übertragungskapazität<br />

und eventuell die Netzsicherheit erhöhen kann.<br />

Due to the growing feed-in of wind energy the system load of electrical transmission networks increases. Up to now<br />

transmission system operators rise to this challenge by generation management of wind farms or expanding their<br />

transmission networks. Alternatively, reserves of the existing transmission network can be exploited by dynamic<br />

thermal ratings utilising overhead line monitoring. Until now constantly determined values of the maximum ampacity of<br />

overhead lines have been used. However, the maximum ampacity of a line can be calculated dynamically by measuring<br />

the weather conditions along the overhead line. This research work will analyse and model the correlation between<br />

maximum ampacity and the weather conditions. Simulating the network operation quantifies the enhancement of<br />

transport capacity and the improvement of the secure power supply that can be achieved by overhead line monitoring.<br />

1 Einleitung<br />

1.1 Motivation<br />

Für die kommenden Jahre wird bedingt durch die<br />

wachsende Einspeisung von Windenergie und durch<br />

den zunehmenden grenzüberschreitenden Stromhandel<br />

eine stark ansteigende Belastung des elektrischen<br />

Übertragungsnetzes erwartet. Diese zunehmende<br />

Belastung wird nennenswerte Netzausbauten erfordern<br />

[1]. Da der Ausbau des Übertragungsnetzes, insbesondere<br />

bedingt durch lange Genehmigungsverfahren, nur<br />

begrenzt mit der schnell anwachsenden installierten<br />

Leistung von Windenergieanlagen Schritt halten kann,<br />

hat der Gesetzgeber den Übertragungsnetzbetreibern<br />

zugestanden, Strom aus erneuerbaren Energien nicht<br />

abzunehmen, wenn deren Netz bereits durch Strom aus<br />

anderen, früher angeschlossenen Anlagen zur Erzeugung<br />

von Strom aus erneuerbaren Energien ausgelastet<br />

ist [2]. Dieses als Erzeugungsmanagement bezeichnete<br />

Vorgehen stellt jedoch nur eine Übergangslösung dar,<br />

da andererseits unverzüglich das Netz ausgebaut<br />

werden muss, um neue Anlagen zur Erzeugung von<br />

Strom aus erneuerbaren Energien anzuschließen.<br />

Vor dem Hintergrund der hohen Kapitalkosten für den<br />

Ausbau des Übertragungsnetzes und des Kostendrucks<br />

durch die Regulierung der Netznutzungsentgelte<br />

besteht bei den Betreibern von Übertragungsnetzen ein<br />

Bedarf nach Maßnahmen, die eine kostengünstige<br />

Alternative bzw. Ergänzung zum Netzausbau darstellen.<br />

Ein geeigneter Ansatz für eine solche Maßnahme<br />

besteht in der Ausnutzung von Reserven des bestehenden<br />

Netzes. Bisher wird der thermische Grenzstrom von<br />

Freileitungen in der Regel unter konservativen Annahmen<br />

festgelegt [3]. Wenn die Freileitungen im Rahmen<br />

eines Freileitungs-Monitoring (FM) mit echtzeitfähigen<br />

Telemetrie-Systemen ausgestattet werden, ist es<br />

jedoch möglich, den thermischen Grenzstrom während<br />

des Netzbetriebes dynamisch zu berechen. Durch den<br />

damit potentiell höheren Grenzstrom kann die Übertragungskapazität<br />

bestehender Leitungen erhöht werden.<br />

Erfolgreiche Feldversuche im Ausland [4, 5] zeigen eine<br />

Erhöhung der Übertragungskapazität von 5 - 15% [6].<br />

Vor diesem Hintergrund ist auch in Deutschland ein<br />

Feldversuch angelaufen [7].<br />

Dennoch muss konstatiert werden, dass die dynamische<br />

Bemessung von Freileitungen auf Basis eines<br />

Monitoring bislang nur punktuell eingesetzt wird,<br />

obwohl Monitoring- und Datenübertragungssysteme<br />

wie auch Algorithmen zur dynamischen Bemessung von<br />

Leitungen kommerziell verfügbar sind [8]. Als Grund<br />

werden vor allem Schwierigkeiten bei der Integration in<br />

die Netzbetriebsführung angeführt [6, 7].<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 91


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

1.2 Ziel der Arbeit 3 Weiteres Vorgehen<br />

Wegen der genannten Schwierigkeiten bei der Implementierung<br />

des FM sollen geeignete Verfahren zur<br />

Integration verschiedener Konzepte desselben in die<br />

Netzbetriebsführung analysiert werden. Um die Möglichkeiten<br />

und Grenzen der verschiedenen Konzepte und<br />

Verfahren beurteilen zu können, soll anschließend der<br />

Betrieb des Netzes unter Einsatz von FM simuliert<br />

werden. Auf dieser Basis soll insbesondere untersucht<br />

werden, inwieweit<br />

• die Drosselung von Windenergieanlagen im<br />

Rahmen des Erzeugungsmanagements vermieden<br />

werden kann,<br />

• Netzausbau und –verstärkungsmaßnahmen<br />

wirtschaftlich sinnvoll ersetzt oder ergänzt werden<br />

können und<br />

• die Netzsicherheit bei vermiedenem Netzausbau<br />

gewährleistet bleibt.<br />

2 Analyse<br />

2.1 Abgrenzung des Betrachtungsbereichs<br />

Wegen der stark wachsenden installierten Leistung von<br />

Onshore- und Offshore-Windparks in last- und strukturschwachen<br />

Gebieten und des damit verbundenen<br />

Transports einer hohen Leistung über weite Strecken<br />

ist die Anwendung des FM vor allem im Hoch- und<br />

Höchstspannungsnetz sinnvoll. Die Untersuchungen<br />

konzentrieren sich daher auf diese Spannungsebenen.<br />

Im Hoch- und besonders im Höchstspannungsnetz sind<br />

Freileitungen weit häufiger anzutreffen als Kabel. Da<br />

außerdem Kabel von Wetterbedingungen weitgehend<br />

unbeeinflusst sind, soll das prinzipiell durchführbare<br />

Monitoring von Kabeln in dieser Arbeit nicht betrachtet<br />

werden.<br />

2.2 Konzepte zum Freileitungs-Monitoring<br />

Die verschiedenen Konzepte zum FM unterscheiden<br />

sich v. a. durch die telemetrisch erfassten physikalischen<br />

Größen. Die einfachsten Methoden basieren auf<br />

der Messung der Umgebungstemperatur [6]. Genauere<br />

Ergebnisse lassen sich durch die zusätzliche Berücksichtigung<br />

von Windgeschwindigkeit und Richtung<br />

erzielen. Auch der Leiterstrom stellt eine wichtige<br />

Einflussgröße dar, die in der Regel ohnehin gemessen<br />

wird. Ein grundsätzlich anderer Ansatz besteht darin,<br />

die Zugspannung des Leiterseils zu messen, um daraus<br />

dessen Durchhang zu berechnen. Auf dieser Basis ist<br />

ebenfalls eine dynamische Berechnung der Stromtragfähigkeit<br />

möglich [5].<br />

In einem ersten Schritt werden die verschiedenen<br />

Konzepte des FM näher analysiert. Nach der Identifikation<br />

sinnvoller Konzepte werden diese modelliert und in<br />

Verfahren zur Simulation des Netzbetriebs integriert.<br />

Unter Verwendung einer zu erstellenden Wetterdatenbasis<br />

werden Untersuchungen zu einem möglichen<br />

Vorteil von FM hinsichtlich der Substitution von Netzausbaumaßnahmen,<br />

der Vermeidung von Erzeugungsmanagement<br />

und der Wahrung der Netzsicherheit<br />

durchgeführt.<br />

4 Literatur<br />

[1] Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration<br />

von Windenergie in Deutschland an Land<br />

und Offshore bis zum Jahre 2020<br />

(dena-Netzstudie), S. 106 - 125<br />

Deutsche Energie-Agentur, Berlin 2005<br />

[2] Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien<br />

(Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG) vom<br />

21.07.2004, §4<br />

Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 40<br />

[3] DIN EN 50128:2001 Leiter für Freileitungen –<br />

Leiter aus konzentrisch verseilten runden Drähten,<br />

S.24<br />

Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin 2001<br />

[4] Engelhardt, J.S.; Basu, S.P.<br />

Design, Installation, and Field Experience with an<br />

Overhead Transmission Dynamic Line Rating System<br />

IEEE Transmission and Distribution Conference<br />

1996. Proceedings, S. 366 - 370<br />

IEEE 1996<br />

[5] Dynamic Circuit Thermal Line Rating<br />

California Energy Commission<br />

Los Angeles 1999<br />

[6] Adapa, R.; Douglass D. A.<br />

Dynamic Thermal Ratings: Monitors and Calculation<br />

Methods<br />

PES 2005 Conference and Exposition in Africa.<br />

Proceedings of the Inaugural IEEE, S. 163 - 167<br />

Durban 2005<br />

[7] Iken, J.<br />

Mehr Windstrom ins Netz<br />

Sonne Wind & Wärme 11, 2006, S. 108 - 110<br />

[8] Distributed Temperature Monitoring of Energy<br />

Transmission Systems<br />

Lios Technology, Köln 2006<br />

http://www.lios-tech.com/<br />

92 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


1 Einleitung<br />

Der fluktuierende und stochastische Charakter der<br />

Einspeisung aus Windenergieanlagen (WEA) in Verbindung<br />

mit der prognostizierten Anlagenkonzentration<br />

führt zu absehbar großen Herausforderungen bei der<br />

Integration von WEA in das System der elektrischen<br />

Energieversorgung. Zum einen muss ein hohes Maß an<br />

kurzfristiger Reserve bereit gehalten werden, zum anderen<br />

kann die Ballung von WEA in last- und strukturschwachen<br />

Netzbereichen in Starkwindzeiten zu evtl.<br />

unzulässig hohen Belastungen der Übertragungsnetze<br />

führen. Mögliche Abhilfemaßnahmen sehen heute zum<br />

einen Netzverstärkungen, zum anderen Erzeugungsmanagement,<br />

d. h. Abschaltung der WEA bei unzulässiger<br />

Netzbelastung, vor. Alternativ könnte zukünftig der<br />

energiewirtschaftliche Nutzen und die Systemintegration<br />

von Windenergieanlagen durch Speichertechnologien<br />

gefördert werden. Diese ermöglichen es, die fluktuierende<br />

WEA-Einspeisung von der Netzeinspeisung<br />

zeitlich zu entkoppeln und ihr so den Charakter eines<br />

kontinuierlich und geplant einsetzbaren Kraftwerks zu<br />

geben.<br />

Zu diesem Zweck erscheinen Druckluftspeicher, auch<br />

Compressed Air Energy Storages (CAES) genannt,<br />

besonders geeignet. Ihre Investitionskosten bewegen<br />

sich im gleichen Bereich wie die von Pumpspeicherkraftwerken.<br />

Im Gegensatz zu diesen benötigen sie zur<br />

Speicherung Kavernen oder Aquifere, die in Europa an<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Verbesserte Netzintegration von Windenergieanlagen mittels Druckluftspeichern<br />

Advanced Integration of Wind Power by Compressed Air Energy Storages (CAES)<br />

Dipl.-Ing. Philipp Siemes<br />

philipp.siemes@iaew.rwth-aachen.de<br />

Europa und insbesondere Deutschland sind weltweit führend bei der installierten Leistung von Windenergieanlagen<br />

(WEA). Die hohe Zahl an WEA verursacht aber bereits heute Probleme bei der Integration in das bestehende Stromversorgungssystem,<br />

die sich mittelbar auf deren mangelnde Steuerbarkeit zurückführen lassen. Druckluftspeicher, auch<br />

Compressed Air Energy Storages (CAES) genannt, können durch die Entkopplung der WEA-Einspeisung vom restlichen<br />

Energieversorgungssystem zur Lösung bzw. Minderung dieser Probleme beitragen. Nach Analyse möglicher Einsatzstrategien<br />

von CAES und deren Wirkungsweisen werden Verfahren zur Auslegung und systemtechnischen Bewertung der<br />

aktuell verfügbaren und zukünftigen CAES-Technologie vorgestellt. Diese umfassen die Positionierung, Dimensionierung<br />

und abschließende wirtschaftliche Bewertung von CAES.<br />

Wind energy is increasing globally at a fast pace. A considerable fraction of today’s installed capacity is situated in<br />

Europe and particularly in Germany. At this stage, the large number of wind turbines has already been causing troubles<br />

with their integration into the existing power system. All these matters originate indirectly from the lack of wind<br />

turbines’ controllability. Therefore the use of Compressed Air Energy Storages (CAES) might help to reduce these<br />

matters through decoupling of wind turbines’ feed-in from the remaining power system. After the analysis of different<br />

CAES control strategies and their actions, the procedures for design and evaluation of both available and future CAES<br />

Technology are presented. These procedures comprehend the positioning, dimensioning and the concluding economical<br />

evaluation of CAES.<br />

allen windstarken Standorten in ausreichender Zahl<br />

vorhanden sind. Im Weiteren werden im Anschluss an<br />

die Analyse die Verfahren zur Auslegung und systemtechnischen<br />

Bewertung der aktuell verfügbaren und<br />

zukünftigen CAES-Technologie zur Integration von<br />

WEA-Einspeisung in das System der Energieversorgung<br />

vorgestellt.<br />

2 Analyse<br />

2.1 CAES-Varianten<br />

Die Energiespeicherung mittels Drucklufttechnik ist<br />

eine in Deutschland seit 1978 eingesetzte Technologie.<br />

Die im Kraftwerk Huntorf der E.ON Kraftwerke AG<br />

eingesetzte Technologie nutzt die mittels elektrischer<br />

Energie komprimierte Luft in einem Gasturbinenprozess.<br />

Energetisch ergibt sich für diese Variante ein Wirkungsgrad<br />

von 42%. Ein weiteres CAES-Kraftwerk wird<br />

in McIntosh, Alabama, USA, seit den 90er Jahren<br />

betrieben, bei dem über Wärmerückgewinnung bereits<br />

ein Wirkungsgrad von 54% erreicht wird. Technisch<br />

fortentwickelte Varianten, wie sie derzeit auch im<br />

Rahmen des im 5. Rahmenprogramm von der EU<br />

geförderten Projektes „Advanced adiabatic compressed<br />

air energy storage (AA-CAES)“ [1] von technischer Seite<br />

untersucht werden, erreichen durch einen speziellen<br />

Wärmespeicher Wirkungsgrade von bis zu 70% bei<br />

vollständiger Emissionsfreiheit. Da selbst ein Prototyp<br />

dieses AA-CAES nicht vor 2010 zu erwarten ist, wird<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 93


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

sowohl der Einsatz derzeit verfügbarer CAES-<br />

Technologie, als auch der zukünftige Einsatz von AA-<br />

CAES untersucht.<br />

2.2 Wirkungsweisen<br />

Wie bereits einleitend beschrieben, könnte durch CAES<br />

die Integration von Windenergieanlagen unterstützt<br />

werden, indem der Speicher direkt an den Märkten für<br />

Fahrplanenergie und Minutenreserve vermarktet wird<br />

und so mittelbar den Wert der WEA-Einspeisung steigert.<br />

Alternativ kann ein Speicher in direkter Kombination<br />

mit einem Kollektiv von WEA zur Veredelung der<br />

WEA-Einspeisung eingesetzt werden. Zuletzt ist auch<br />

denkbar, dass die Zwischenspeicherung zur Vermeidung<br />

von Netzüberlastungen eingesetzt wird, indem<br />

ähnlich heutiger Redispatch-Maßnahmen gezielt Leitungen<br />

oder Regionen entlastet werden.<br />

3 Verfahren<br />

Der erste Schritt bei der Auslegung von CAES zur Integration<br />

von WEA-Einspeisung besteht in der Ermittlung<br />

geeigneter Standorte. Zum einen kommen nur Standorte<br />

mit den nötigen geologischen Strukturen, also Salzstöcke<br />

oder Aquifere, in Frage. Zum anderen werden<br />

bei einem Speichereinsatz zur gezielten Entlastung<br />

einzelner Übertragungsleitungen auch Anforderungen<br />

aus elektrotechnischer Sicht an die geographische<br />

Speicherpositionierung gestellt. Diese Anforderungen<br />

werden in Kapitel 3.1 genauer erläutert. Nach der Positionierung<br />

des CAES erfolgt im zweiten Schritt die<br />

geeignete Dimensionierung, die wesentlich von der<br />

antizipierten Wirkungsweise abhängt. Das Verfahren<br />

der Dimensionierung wird in Kapitel 3.2 behandelt,<br />

bevor in Kapitel 3.3 die wirtschaftliche Bewertung<br />

erfolgt.<br />

3.1 Positionierung<br />

In eng vermaschten Höchstspannungsnetzen sind die<br />

Übertragungsverluste relativ gering, benachbarte Netzknoten<br />

elektrisch eng gekoppelt und das Spannungsniveau<br />

an allen Netzknoten nahezu gleichmäßig. Unter<br />

diesen Voraussetzungen ist der Zusammenhang zwischen<br />

der Wirkflussänderung auf einem Zweig und der<br />

Veränderung der Einspeisung an einem Knoten bei<br />

gegebener Netztopologie nahezu linear [2]. Die Übertragungsfähigkeit<br />

im UCTE-Verbundnetz ist zumeist<br />

durch die thermische Belastbarkeit der Leitungen und<br />

Transformatoren und damit durch die Ströme begrenzt.<br />

Unter der Voraussetzung geringer Blindleistungstransporte<br />

kann eine äquivalente Wirklastflussgrenze F max<br />

abgeleitet werden. Diese Netzrestriktionen können<br />

durch folgendes lineares Ungleichungssystem beschrieben<br />

und als Nebenbedingungen der Optimierungsaufgabe<br />

modelliert werden.<br />

Zweig 1<br />

.<br />

m<br />

Knoten 1 … n<br />

Knoten<br />

M 0<br />

...<br />

Zweig 1<br />

. M<br />

m-1 1<br />

Sensitivit Sensitivitäts-<br />

Sensitivit Sensitivitätsmatrix<br />

•<br />

ΔP ΔP ΔP ΔP<br />

≤<br />

Kompressorleistung<br />

Zweige<br />

F<br />

max<br />

F max<br />

F max<br />

F max<br />

F max<br />

max. Zweigbelastung<br />

Einzuhaltende Nebenbedingungen des Gleichungssystems<br />

sind entsprechend des (n-1)-Kriteriums die maximalen<br />

Zweigbelastungen. Die Zielfunktion der linearen<br />

Optimierung entspricht im einfachsten Fall der Minimierung<br />

der zu errichtenden CAES-Kompressorleistung.<br />

Eine Minimierung der Einspeicherleistung muss jedoch<br />

kein Gesamtkostenminimum darstellen, da die Kosten<br />

beim Kavernenbau nicht proportional zum benötigten<br />

Speichervolumen sind. Weiterhin ist die Errichtung von<br />

Kavernen an Standorten, die bereits über eine bestehende<br />

Infrastruktur verfügen, z. B. zur Speicherung von<br />

Erdgas, deutlich kostengünstiger als an neuen Standorten.<br />

Da die Soleentsorgung einen großen Kostenfaktor<br />

bei der Kavernenerrichtung darstellt, sind zudem<br />

küstennahe Standorte zu bevorzugen. Diese unterschiedlichen<br />

Kostenfaktoren können durch eine entsprechende<br />

Anpassung der Koeffizienten des Gleichungssystems<br />

berücksichtigt werden. Die Optimierung<br />

des Gleichungssystems liefert dann anstelle der<br />

minimalen Kompressorleistung das Gesamtkostenminimum.<br />

3.2 Dimensionierung<br />

Der modulare Aufbau eines CAES in Kompressormaschinensatz<br />

zur Verdichtung von Luft, Entspannungsmaschinensatz<br />

zur Erzeugung von elektrischer Energie und<br />

Kavernen zur Speicherung von Druckluft bietet die<br />

Möglichkeit, einen CAES individuell und in Abhängigkeit<br />

von seiner jeweiligen Anwendung zu dimensionieren.<br />

Zwischenspeicherung<br />

Reduktion / Angebot von Reserve<br />

zur Netzentlastung Vermarktung von Fahrplanenergie<br />

Netzentlastung bestimmt<br />

Kompressorleistung<br />

Simulation von Lastdaten<br />

und Windeinspeisung<br />

Kompressorleistung ist<br />

Freiheitsgrad<br />

Zeitreihe d.WEA- Zeitreihe d.WEA-<br />

Prognosefehlers Einspeisung<br />

Simulation des<br />

Speichereinsatzes<br />

Reserveleistung, -energie<br />

Fahrplanenergie<br />

Optimale Dimensionierung von<br />

Speicher und Turbine<br />

Bild 1: Dimensionierung von CAES<br />

94 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Die Verfahrensübersicht bei der Dimensionierung von<br />

CAES je nach angestrebter Wirkungsweise ist in Bild 1<br />

dargestellt. Wird der Speicher zur Netzentlastung eingesetzt,<br />

dann ist die benötigte Kompressorleistung<br />

Ergebnis des linearen Gleichungssystems zur Positionierung<br />

(siehe Kapitel 3.1) und damit Eingangsdatum<br />

der Dimensionierung. Als erstes wird mittels einer<br />

Lastflusssimulation des Übertragungsnetzes eine Zeitreihe<br />

der Leistungsflüsse auf den zu entlastenden<br />

Leitungen berechnet. Diese Zeitreihe bestimmt den<br />

Speichereinsatz und ist somit Eingangsdatum für die<br />

darauf folgende Simulation des Speichereinsatzes. Bei<br />

der Simulation des Speichereinsatzes wird durch<br />

iterative Anpassung der beiden Freiheitsgrade Speichervolumen<br />

und Turbinenleistung das optimale<br />

Verhältnis zwischen den drei Größen Kompressorleistung,<br />

Turbinenleistung und Speichervolumen für den<br />

gegebenen Einsatzzweck ermittelt.<br />

Soll der Speicher zur Vermarktung von Fahrplanenergie<br />

und Minutenreserve oder zur Veredelung der WEA-Einspeisung<br />

eingesetzt werden, so sind alle drei Größen<br />

Kompressorleistung, Turbinenleistung und Speichervolumen<br />

als Freiheitsgrade anzusetzen. Eingangsdatum<br />

für die Simulation des Speichereinsatzes ist in diesem<br />

Fall die Zeitreihe des WEA-Prognosefehlers bzw. die<br />

Zeitreihe der WEA-Einspeisung. Wie beim Speichereinsatz<br />

zur Netzentlastung wird bei dieser Simulation<br />

des Speichereinsatzes durch iterative Anpassung der<br />

drei Freiheitsgrade das optimale Verhältnis dieser<br />

ermittelt. Nachdem dieses optimale Verhältnis zwischen<br />

Kompressorleistung, Turbinenleistung und Speichervolumen<br />

ermittelt ist, wird durch dieselbe Simulation<br />

die Zeitreihe des Speichereinsatzes ermittelt.<br />

3.3 Wirtschaftliche Bewertung<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Mit der Zeitreihe des Speichereinsatzes können die zu<br />

erwartenden Einnahmen direkt den zu erwartenden<br />

Annuitäten der Errichtungs- und Betriebskosten gegenübergestellt<br />

werden. Je nach Ergebnis der wirtschaftlichen<br />

Bewertung kann eine Neudimensionierung mit<br />

einer anderen Speichereinsatzstrategie oder auch einer<br />

Kombination verschiedener Einsatzstrategien erfolgen.<br />

4 Zusammenfassung<br />

Das dargestellte Forschungsvorhaben hat das Ziel, den<br />

möglichen Beitrag von Druckluftspeichern bei der<br />

Integration von WEA in das bestehende Energieversorgungssystem<br />

zu untersuchen und gleichzeitig Druckluftspeicher<br />

technisch-wirtschaftlich zu bewerten. In<br />

Kapitel 2 wird die CAES-Technologie mit ihren Anwendungsmöglichkeit<br />

analysiert. In Kapitel 3 wird das<br />

Verfahren zur geografischen Positionierung, zur Dimensionierung<br />

und zur wirtschaftlichen Bewertung von<br />

CAES dargestellt.<br />

5 Literatur<br />

[1] The European Commission Community Research<br />

Advanced adiabatic compressed air energy storage<br />

(AA-CAES)<br />

http://cordis.europa.eu/data/PROJ_EESD/ACTIO<br />

NeqDndSESIONeq3155200595ndDOCeq5ndTB<br />

LeqEN_PROJ.htm<br />

[2] Schlecht, D.<br />

Lastflussbasierte Vergabe von Übertragungsrechten<br />

im UCTE-Verbund<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, ABEV Bd. 100, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> 2004<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 95


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Strompreismodelle für die mittelfristige Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

Electricity Price Models for Midterm Generation and Trading Planning<br />

Dipl.-Ing. Bernd Tersteegen<br />

bernd.tersteegen@iaew.rwth-aachen.de<br />

Die Etablierung liquider Märkte für elektrische Energie hat dazu geführt, dass der Strompreis zur bestimmenden Größe<br />

für operative und strategische Fragen in den Bereichen der Stromerzeugung und dessen Handel sowie Vertriebs geworden<br />

ist. Diese Größe ist insbesondere aufgrund der Nichtspeicherbarkeit der Ware elektrische Energie mit großer<br />

Unsicherheit behaftet. Daher ist eine möglichst genaue Kenntnis der zukünftigen Strompreisentwicklung für eine<br />

Vielzahl von Fragestellungen in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung von hoher Bedeutung. Ausgehend von einer<br />

Analyse der deterministischen und stochastischen Eigenschaften der Strompreise sowie der sie beeinflussenden<br />

exogenen Größen werden in dem hier vorgestellten Forschungsvorhaben Strompreismodelle für die mittelfristige<br />

Stromerzeugungs- und Handelsplanung entwickelt.<br />

Since liquid markets for electrical energy are established, the price for electrical energy has become the decisive factor<br />

for operational and strategic questions in the field of power generation, trading and sale. Due to the non-storability of<br />

the commodity electrical energy its price is associated with uncertainties. Good knowledge of the future development<br />

of electricity prices is highly significant for a variety of questions in the area of generation and trading planning. Based<br />

on an analysis of the deterministic and stochastic characteristics of electricity prices as well as of exogenous factors<br />

influencing the electricity price, electricity price models for midterm generation and trading planning are developed in<br />

the presented research project.<br />

1 Einleitung<br />

Seit der Liberalisierung der europäischen Märkte für<br />

elektrische Energie und getrieben durch die Vorschriften<br />

der Europäischen Kommission zur Entflechtung der<br />

ehemals vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen<br />

haben sich börsliche wie bilaterale Handelsmöglichkeiten<br />

für elektrische Energie entwickelt.<br />

Sowohl börslicher als auch bilateraler Handel haben<br />

inzwischen eine hinreichende Liquidität erreicht, so<br />

dass für die Ware elektrische Energie ein belastbarer<br />

Marktpreis existiert, der durch den Börsenhandel<br />

transparent wird. Dies hat dazu geführt, dass in der<br />

betrieblichen Praxis die Erzeugung elektrischer Energie<br />

nicht mehr an der Vertriebslast sondern an den Marktpreisen<br />

ausgerichtet wird. Der Strompreis ist damit zur<br />

bestimmenden Größe für operative wie strategische<br />

Entscheidungen in nahezu der gesamten Wertschöpfungskette<br />

der Ware elektrische Energie geworden.<br />

Dies betrifft insbesondere Fragestellungen im mittelfristigen<br />

Zeitbereich, der ähnlich der Energieeinsatzplanung<br />

den Zeithorizont mehrerer Monate bis zu wenigen<br />

Jahren umfasst.<br />

Die Nichtspeicherbarkeit des betrachteten Wirtschaftsguts<br />

und die kurzfristig hohe Inelastizität der Nachfrage<br />

führen zu hochvolatilen Marktpreisen. Stromerzeugungs-,<br />

Handels- wie auch Vertriebsunternehmen<br />

sehen sich aufgrund dieser Volatilität einer wesentlichen<br />

Preisunsicherheit ausgesetzt. Eine genaue<br />

Kenntnis über die zukünftige Entwicklung der Strom-<br />

preise ist für die Qualität der operativen und strategischen<br />

Entscheidungen von großer Bedeutung.<br />

Ziel des hier vorgestellten Forschungsvorhabens ist die<br />

Entwicklung von Strompreismodellen, die eine möglichst<br />

exakte Abschätzung des zukünftigen Verlaufs der<br />

Strompreise als Eingangsgröße für die mittelfristige<br />

Stromerzeugungs- und Handelsplanung erlauben.<br />

2 Analyse<br />

2.1 Eigenschaften der Strompreise<br />

Zur Formulierung geeigneter Strompreismodelle ist eine<br />

genaue Kenntnis der Eigenschaften von Strompreisen<br />

wichtig. Eine übliche Herangehensweise ist die Verwendung<br />

von Methoden der deskriptiven und explorativen<br />

Zeitreihenanalyse, deren erster Schritt eine visuelle<br />

Auswertung der vorliegenden historischen Preiszeitreihe<br />

ist. Die daraus abgeleiteten Hypothesen werden mit<br />

statistischen Verfahren verifiziert.<br />

Erste Ergebnisse einer solchen visuellen Untersuchung<br />

sowie das Heranziehen in der Literatur diskutierter<br />

Analysen [1,2], führen zur grundsätzlichen Unterscheidung<br />

zwischen deterministischen und stochastischen<br />

Eigenschaften.<br />

Die deterministischen Eigenschaften fassen sämtliche<br />

systematischen, also durch äußere Effekte erklärbaren,<br />

Anteile zusammen. Bei Strompreisen ist insbesondere<br />

96 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


ein periodisches Verhalten festzustellen, welches auf<br />

die von der Jahreszeit und der Geschäftstätigkeit<br />

abhängige Nachfrageseite des Preisbildungsprozesses<br />

zurückzuführen ist. Es sind sowohl eine Jahressaison<br />

als auch charakteristische Tagesfiguren zu beobachten.<br />

Zudem lässt die visuelle Auswertung das Vorliegen<br />

eines langfristigen Trends vermuten.<br />

Zu den stochastischen, d. h. zufallsbedingten, Eigenschaften<br />

der Strompreise zählen die Mean-Reversion<br />

Eigenschaft, die hohe Volatilität sowie das Auftreten<br />

extremer Preisspitzen. Als Mean-Reversion bezeichnet<br />

man die Eigenschaft der Strompreise, um ein längerfristiges<br />

Preisniveau mit kurzfristigen Ausschlägen zu<br />

schwanken. Dies erscheint plausibel, da der Angebotsseite<br />

des Preisbildungsprozesses die Erzeugungsgrenzkosten<br />

zugrunde liegen. Diese haben einen Einfluss auf<br />

das längerfristige Preisniveau der Strompreise, Abweichungen<br />

davon sind auf kurzfristige Schwankungen der<br />

Angebots- bzw. Nachfrageseite zurückzuführen. Die<br />

hohe Volatilität resultiert ebenfalls aus diesen Schwankungen<br />

und weist eine zeitliche Varianz auf. Aufgrund<br />

der Nichtlinearität der Grenzkostenkurve, die im<br />

Schwachlastbereich flacher als im Starklastbereich<br />

verläuft, führen Nachfrageschwankungen in Schwachlastzeiten<br />

bei gleicher Grenzkostenkurve zu geringeren<br />

Preisschwankungen als in Starklastzeiten. Durch<br />

Kraftwerksausfälle, extreme klimatische Gegebenheiten<br />

oder auch irrationales Bieterverhalten kann es<br />

kurzfristig zu extremen Preisspitzen kommen. Im Jahr<br />

2006 ist es an der deutschen Strombörse European<br />

Energy Exchange bspw. in einzelnen Stunden zu Preisen<br />

von bis zu rund 2500 EUR/MWh gekommen [3].<br />

Neben den deterministischen und stochastischen<br />

Eigenschaften, lässt sich feststellen, dass die Strompreise<br />

auch von exogenen Größen, wie bspw. den<br />

Brennstoffkosten oder den Preisen für Emissionszertifikate,<br />

beeinflusst werden. Mit den Mitteln der Regressionsanalyse<br />

lassen sich derartige Abhängigkeiten<br />

belegen. Unter Umständen lassen sich solche Korrelationen<br />

allerdings nicht eindeutig feststellen, da in der<br />

Regel eine Vielzahl von Größen miteinander in Wechselwirkungen<br />

stehen. Im Falle der Strompreise ist<br />

davon auszugehen, dass die Erwartung des Marktes<br />

über die in den Preisbildungsprozessen implizierten<br />

Wechselwirkungen sowie die Entwicklung der die<br />

Strompreise beeinflussenden Größen in den Terminmarktpreisen<br />

widergespiegelt sind. Diese könnten<br />

daher zur aggregierten Abbildung des Einflusses der<br />

exogenen Größen anstelle der exogenen Größen selbst<br />

herangezogen werden.<br />

Aufgrund von Unsicherheiten in der Entwicklung der die<br />

Strompreise beeinflussenden Größen, besteht für die<br />

Strompreise ebenfalls eine Unsicherheit hinsichtlich<br />

ihrer längerfristigen Entwicklung. Neben einer die<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

kurzfristigen stochastischen Effekte abbildenden<br />

Berücksichtigung kurzfristiger Zeitabhängigkeiten sind<br />

daher auch längerfristige Zeitabhängigkeiten der<br />

Strompreise zu berücksichtigen.<br />

2.2 Strompreismodelle<br />

Zur Modellierung der Strompreise sind in der Literatur<br />

zwei wesentliche Klassen von Modellen bekannt, deren<br />

grundlegende Ideen im Folgenden erläutert werden.<br />

2.2.1 Fundamentalmodelle<br />

Der den Fundamentalmodellen zugrunde liegende<br />

Ansatz geht davon aus, dass sich die Strompreise<br />

vollständig durch Abbildung wesentlicher physikalischer<br />

und wirtschaftlicher Zusammenhänge beschreiben<br />

lassen. Ausgehend von einer grenzkostenbasierten<br />

Preisbildung werden Fundamentalmodelle häufig um<br />

spieltheoretische Modelle zur Abbildung strategischen<br />

Bieterverhaltens ergänzt, das mit einer oligopolistischen<br />

Marktstruktur begründet wird.<br />

Für die Modellierung der Angebots- wie der Nachfrageseite<br />

entsteht ein hoher Datenaufwand. Hinsichtlich<br />

der Angebotsseite ist bspw. eine detaillierte Kenntnis<br />

des Kraftwerksparks und der Brennstoffpreise notwendig.<br />

Die Entwicklung beider Größen muss ebenfalls<br />

möglichst exakt abgebildet werden. Die notwendige<br />

Detaillierung einzelner Elemente des Fundamentalmodells<br />

orientiert sich dabei an den untersuchten Fragestellungen<br />

und dem betrachteten Zeitbereich. Fundamentalmodelle<br />

finden meist im mittel- bis langfristigen<br />

Zeitbereich Anwendung.<br />

2.2.2 Stochastische Modelle<br />

Die Grundidee stochastischer Modelle basiert auf der<br />

Annahme, dass sich sämtliche Marktinformationen, die<br />

zur Abschätzung der zukünftigen Entwicklung der<br />

betrachteten Größe relevant sind, in den historischen<br />

Ausprägungen dieser Größe widerspiegeln. In dieser<br />

Grundform entsprechen stochastische Modelle im<br />

Wesentlichen einer Fortschreibung der aus den historischen<br />

Daten abgeleiteten deterministischen und<br />

stochastischen Eigenschaften in die Zukunft. Voraussetzung<br />

für die Anwendbarkeit solcher Modelle ist die<br />

Zulässigkeit der Annahme, dass die historischen<br />

Eigenschaften der Preise auch für die Zukunft Geltung<br />

haben. Längerfristige Entwicklungen, wie bspw. eine<br />

Veränderung des Kraftwerksparks, können dazu führen,<br />

dass diese Annahme nicht mehr oder nur noch teilweise<br />

gültig ist. Daher finden stochastische Modelle in der<br />

Regel im kurz- bis mittelfristigen Zeitbereich Anwendung.<br />

Zusätzlich besteht die Möglichkeit stochastische<br />

Modelle durch die Betrachtung exogener Größen zu<br />

ergänzen, um auf diese Weise die Genauigkeit des<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 97


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Strompreismodells insbesondere hinsichtlich der<br />

Berücksichtigung sich vollziehender Strukturumbrüche<br />

zu verbessern.<br />

Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Anwendung<br />

stochastischer Modelle zur Strompreismodellierung, da<br />

sie für die betrachteten Fragestellungen am viel<br />

versprechendsten erscheinen.<br />

3 Ausblick<br />

In dieser Arbeit sollen ausgehend von einer Analyse der<br />

Eigenschaften von Spot- und Terminmarktpreisen sowie<br />

deren gegenseitigen Abhängigkeiten Strompreismodelle<br />

für den mittelfristigen Zeitbereich entwickelt werden.<br />

Ebenfalls wird untersucht, welche exogenen<br />

Größen den Strompreis beeinflussen. Zur gemeinsamen<br />

Modellierung der deterministischen und stochastischen<br />

Eigenschaften der Strompreise sowie der exogenen<br />

Einflüsse scheint die Wahl eines Mehrkomponentenmodells,<br />

wie Bild 1 dargestellt, sinnvoll.<br />

Deterministische Komponente<br />

Strompreismodell<br />

Stochastische Komponente<br />

Exogene Komponente<br />

Bild 1: Mehrkomponentenmodell für Strompreise<br />

Der wesentliche Forschungsbedarf besteht in der<br />

Ausgestaltung der stochastischen wie der exogenen<br />

Komponente. Für erstere werden geeignete stochastische<br />

Prozesse ausgewählt, die es erlauben, alle<br />

relevanten stochastischen Eigenschaften abzubilden.<br />

Für die Ausgestaltung der exogenen Komponente wird<br />

untersucht, ob der Einfluss exogener Größen auf den<br />

Strompreis im Modell unmittelbar durch Regressoren<br />

abgebildet werden kann. Alternativ wird analysiert, ob<br />

die Markteinschätzung, wie sie sich bspw. im Terminmarktpreis<br />

widerspiegelt, zur Abbildung der Wechselwirkungen<br />

zwischen exogenen Größen und dem<br />

Strompreis besser geeignet ist.<br />

4 Literatur<br />

[1] Schmöller, H. K.<br />

Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen<br />

Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, <strong>Aachen</strong>er Beiträge<br />

zur Energieversorgung, Bd. 103, Klinkenberg Verlag,<br />

<strong>Aachen</strong> 2005<br />

[3] Borgmann, E.<br />

Preisrisikomanagement im liberalisierten deutschen<br />

Strommarkt<br />

Dissertation TU Bergakademie Freiberg<br />

Freiberger Dissertationen Online, Nr. 244, 2004<br />

www.fridolin.tu-freiberg.de<br />

Stand 23.2.<strong>2007</strong><br />

[3] Webseite der European Energy Exchange (EEX)<br />

www.eex.de<br />

Stand 23.2.<strong>2007</strong><br />

98 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


1 Einleitung<br />

1.1 Motivation der Arbeit<br />

Mit Inkrafttreten des novellierten Energiewirtschaftsgesetzes<br />

ist erstmals die Einführung einer Anreizregulierung<br />

für die Betreiber elektrischer Energieverteilungsnetze<br />

in Deutschland vorgesehen. Auf diese<br />

Weise soll die Bewirtschaftung der natürlichen Netzmonopole<br />

zukünftig einen wirksamen und unverfälschten<br />

Wettbewerb erfahren. In diesem Zusammenhang<br />

ist für die notwendige Effizienzbestimmung einzelner<br />

Netzbetreiber sowie zur individuellen Festlegung<br />

angemessener Netzzugangsentgelte und Erlöse die<br />

Anwendung analytischer Kostenmodelle vorgesehen.<br />

Eine ausschließliche Bewertung von Kosten und<br />

Erlösen ohne Berücksichtigung der Versorgungsqualität<br />

kann in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll sein, da<br />

ein auf diese Weise stimuliertes Effizienzstreben der<br />

Netzbetreiber langfristig zu Kostenreduktionen führt,<br />

die gleichzeitig zu Lasten der Versorgungsqualität<br />

gehen [1]. Aus diesem Grund sieht das EnWG ausdrücklich<br />

die Erweiterung der Anreizregulierung um einzelne<br />

Aspekte einer Qualitätsregulierung vor (vgl. §21a<br />

Absatz 5, EnWG).<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Kosten der Versorgungszuverlässigkeit elektrischer Verteilungsnetze<br />

Correlations between Supply Reliability and Costs of Distribution Networks<br />

Dipl.-Ing. Frank Wirtz<br />

Frank.Wirtz@iaew.rwth-aachen.de<br />

Der Aufbau einer Regulierungsbehörde für Strom und Gas in Deutschland und die fortschreitende Einführung von<br />

Regulierungsstandards nach europäischem Vorbild führt bei vielen deutschen Netzbetreibern zu einer kritischen Bewertung<br />

der Kosten und Qualität ihrer Netze. Die unterschiedlichen Einflüsse auf die Versorgungszuverlässigkeit als<br />

wichtiges Qualitätsmerkmal von Verteilungsnetzen und deren spezifische Kosten sind jedoch bisher nur unzureichend<br />

bekannt. Aus diesem Grund sollen in dieser Forschungsarbeit die Auswirkungen relevanter Einflussgrößen auf die<br />

spezifischen Kosten der Versorgungszuverlässigkeit analysiert und quantifiziert werden. Dazu sind sowohl die charakteristischen<br />

Strukturmerkmale der Versorgungszuverlässigkeit abzuleiten als auch die signifikanten Einflussmöglichkeiten<br />

der Netzbetreiber auf den Zusammenhang von Kosten und Zuverlässigkeit zu quantifizieren. Mit den Ergebnissen dieser<br />

Arbeit wird es möglich sein, Zuverlässigkeit und Kosten von Verteilungsnetzen in Planungs- und Bewertungsprozessen<br />

besser aufeinander abzustimmen.<br />

Due to the establishment of a regulation authority, German system operators will have to face similar regulation<br />

methods and standards concerning costs and reliability, as they are already established in several European countries.<br />

Hence, they have to ensure reasonable use-of-system charges while providing an appropriate level of reliability of<br />

supply. However, correlations between reliability and costs are still insufficient established. For this reason the research<br />

objective of this study comprises the analysis and quantification of correlations and dependencies among the<br />

reliability of supply, network costs and significant influencing parameters. Therefore, the effect of significant influencing<br />

parameters, concerning the area to be supplied and the planning strategies of the system operator, on correlations<br />

between reliability and costs have to be quantified. Furthermore, structural features affecting the reliability of supply<br />

have to be identified. With results of this study system operators as well as regulation authorities can achieve a more<br />

efficient adjustment of supply reliability and network costs concerning individual distribution networks.<br />

Die zukünftige Anwendung analytischer Kostenmodelle<br />

führt bei vielen Netzbetreibern zu der Frage nach den<br />

minimalen Netzzugangsentgelten oder Netzkosten, die<br />

eine angemessene Versorgungsqualität und gleichzeitig<br />

eine nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Netze unter den<br />

individuellen Randbedingungen ermöglichen.<br />

Der Zusammenhang zwischen der Versorgungszuverlässigkeit<br />

als wichtigem Qualitätskriterium elektrischer<br />

Verteilungsnetze und den Netzkosten sowie die<br />

Auswirkungen unterschiedlicher Randbedingungen und<br />

Freiheitsgrade der Netzplanung auf dieses Wirkungsgefüge<br />

sind bis heute jedoch nur unzureichend untersucht.<br />

Die Einführung diskriminierungsfreier und effizienter<br />

Kosten- und Qualitätsregulierungsstandards aber auch<br />

die Bestimmung von Verteilungsnetzstrukturen mit<br />

angemessenem Kosten- und Qualitätsniveau würde<br />

durch eine Quantifizierung dieser Zusammenhänge<br />

erleichtert.<br />

1.2 Ziel der Arbeit<br />

Ziel dieser Forschungsarbeit ist die quantitative<br />

Bewertung des Einflusses unterschiedlicher Randbedingungen<br />

und Freiheitsgrade der Netzplanung auf das<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 99


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Wirkungsgefüge von Versorgungszuverlässigkeit und<br />

Netzkosten von Mittelspannungsnetzen. Zu den<br />

betrachtungsrelevanten Einflussgrößen zählen dabei<br />

sowohl charakteristische Strukturmerkmale der Versorgungsaufgabe<br />

als auch individuelle Vorgaben der<br />

Netzplanung.<br />

2 Analyse<br />

2.1 Systembereich<br />

Auswertungen der VDN-Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik<br />

[2] sowie internationale Studien des Council of<br />

European Energy Regulators (CEER) [3] belegen, dass<br />

der wesentliche Anteil störungsbedingter Versorgungsunterbrechungen<br />

von NS-Kunden durch die Verteilungsnetze<br />

der Mittelspannungsebene verursacht wird.<br />

Im Hinblick auf das Ziel dieser Forschungsarbeit liegt<br />

der Fokus der geplanten Untersuchungen somit auf der<br />

Analyse von Mittelspannungsnetzen.<br />

2.2 Relevante Einflussgrößen<br />

Die wesentlichen Einflussgrößen auf Versorgungszuverlässigkeit<br />

und Kosten von Mittelspannungsnetzen<br />

lassen sich nach Bild 1 grundsätzlich in zwei Kategorien<br />

einteilen.<br />

Versorgungszuverlässigkeit<br />

Einflussgrößen (Planungsvorgaben)<br />

Strukturmerkmale der<br />

Versorgungsaufgabe<br />

Charakteristische Kenngrößen<br />

des Versorgungsgebiets und<br />

der Netzkunden<br />

nicht<br />

beeinflussbar<br />

Technische Randbedingungen<br />

Bild 1: Relevante Einflussgrößen<br />

Netzkosten<br />

netzplanerische<br />

Freiheitsgrade<br />

Freiheitsgrade bei Netzstruktur,<br />

Netzausstattung und<br />

Netzbetrieb<br />

beeinflussbar<br />

Strukturmerkmale der Versorgungsaufgabe beschreiben<br />

das Versorgungsgebiet und die dort ansässige Netzkundenstruktur.<br />

Sie umfassen die unveränderlichen<br />

Randbedingungen der Versorgungsaufgabe, die durch<br />

den Netzbetreiber nicht beeinflusst werden können. Zu<br />

diesen Einflussgrößen zählen beispielsweise Last- und<br />

Anschlussdichte, die Inhomogenität der Lastverteilung,<br />

die Siedlungsstruktur sowie topographische Besonderheiten<br />

des Versorgungsgebiets. Die zweite Kategorie<br />

von Einflussgrößen umfasst netzplanerische Freiheitsgrade,<br />

die der individuellen Strategie des Netzbetreibers<br />

unterliegen. Zu diesen Einflussgrößen zählen u. a.<br />

Freiheitsgrade hinsichtlich Struktur, Ausstattung und<br />

Betrieb elektrischer Netze.<br />

Zusätzlichen Einfluss auf Kosten und Zuverlässigkeit<br />

haben die beim Netzplanungsprozess einzuhaltenden<br />

technischen Randbedingungen. Dazu zählen Vorgaben<br />

zur Netzsicherheit sowie Grenzwerte für Spannungshaltung<br />

und Kurzschlussströme. Normen, Standards oder<br />

Betriebsmittelspezifikationen erlauben jedoch oftmals<br />

nur sehr eingeschränkte Variationsmöglichkeiten,<br />

wodurch für die Untersuchungen dieser Forschungsarbeit<br />

praxisübliche Grenzwerte als feste Randbedingung<br />

angenommen werden.<br />

2.3 Kosten der Versorgungszuverlässigkeit<br />

Werden beim Netzplanungsprozess Grenzwerte der<br />

Versorgungszuverlässigkeit berücksichtigt, so kann für<br />

eine individuelle Versorgungsaufgabe unter Berücksichtigung<br />

aller relevanten Planungsvorgaben die kostengünstigste<br />

Netzstruktur bestimmt werden, die zusätzlich<br />

ein vordefiniertes Zuverlässigkeitsniveau erfüllt.<br />

Die Zuverlässigkeit wird dabei anhand geeigneter<br />

probabilistischer Kenngrößen, z. B. der kundenbezogenen<br />

Unterbrechungshäufigkeit oder Unterbrechungsdauer,<br />

bestimmt. Die betrachtungsrelevanten Netzkosten<br />

umfassen ausschließlich unmittelbar netzbedingte<br />

Kosten, wie Investitions-, Betriebs- und Verlustkosten.<br />

Eine Variation der Versorgungszuverlässigkeitsgrenzwerte<br />

bei sonst unveränderten Planungsvorgaben führt<br />

zu unterschiedlichen kostenminimalen Verteilungsnetzstrukturen.<br />

Auf diese Weise kann ein direkter Zusammenhang<br />

zwischen den minimal erreichbaren Netzkosten<br />

und den Grenzwerten der Versorgungszuverlässigkeit<br />

hergestellt werden. Dieser Zusammenhang wird<br />

ganz wesentlich von den Strukturmerkmalen der<br />

Versorgungsaufgabe sowie der Parametrierung netzplanerischer<br />

Freiheitsgrade beeinflusst.<br />

3 Geplante Vorgehensweise<br />

3.1 Verfahrensauswahl<br />

Die Untersuchungen dieser Forschungsarbeit sollen<br />

durch Modellierung und Analyse synthetischer Versorgungsszenarien<br />

erfolgen. Im Vergleich zu einer statistischen<br />

Auswertung realer Versorgungsszenarien liefert<br />

der synthetische Ansatz eindeutige funktionale Zusammenhänge<br />

zwischen den Einflussgrößen (Strukturmerkmale<br />

der Versorgungsaufgabe, netzplanerische<br />

Freiheitsgrade), der Versorgungszuverlässigkeit und den<br />

spezifischen Netzkosten.<br />

3.2 Allgemeiner Untersuchungsansatz<br />

Die geplanten Untersuchungen dieser Forschungsarbeit<br />

basieren auf einem mehrstufigen Ansatz (siehe Bild 2).<br />

100 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Als Grundlage für jedes Untersuchungsszenario wird<br />

zunächst mithilfe einer rechnerbasierten Modellierung<br />

eine charakteristische Versorgungsaufgabe generiert,<br />

die unter Berücksichtigung der individuell vordefinierten<br />

Strukturmerkmale ein charakteristisches Versorgungsgebiet<br />

mit einer entsprechenden Netzkundenstruktur<br />

umfasst. Das resultierende synthetische<br />

Netzgebiet berücksichtigt alle wesentlichen Zusammenhänge<br />

einer realen Versorgungsaufgabe und<br />

spiegelt somit hinreichend realitätsnah die vordefinierten<br />

Strukturmerkmale wider.<br />

Für jede Versorgungsaufgabe muss eine Netzstruktur<br />

generiert werden, die alle spezifischen Planungsvorgaben<br />

und technischen Randbedingungen berücksichtigt<br />

und gleichzeitig unter Einhaltung der vorgegebenen<br />

Zuverlässigkeitsgrenzwerte kostenminimal ist. Diese<br />

Planungsaufgabe wird unter Anwendung eines praxiserprobten,<br />

rechnerbasierten Optimierungsverfahrens [4]<br />

gelöst, das die geschlossene Optimierung auch großer<br />

Mittelspannungsnetze unter Berücksichtigung aller<br />

planungsrelevanten Randbedingungen und Freiheitsgrade<br />

ermöglicht.<br />

Durch Variation der Zuverlässigkeitsrandbedingungen<br />

und Auswertung der resultierenden Untersuchungsszenarien<br />

kann der Zusammenhang zwischen den minimalen<br />

Netzkosten und Grenzwerten der Versorgungszuverlässigkeit<br />

für eine konkrete Versorgungsaufgabe und<br />

unter Berücksichtigung spezifischer Planungsvorgaben<br />

bestimmt werden.<br />

Mit dem beschriebenen Verfahren soll zunächst der<br />

Einfluss der Versorgungsaufgabe auf die Versorgungszuverlässigkeit<br />

untersucht werden. Dazu werden<br />

wesentliche Strukturmerkmale innerhalb praxisüblicher<br />

Bandbreiten variiert, so dass eine Vielzahl von Versorgungsszenarien<br />

entstehen, die sich jeweils in einem<br />

Strukturmerkmal unterscheiden. Für jedes Untersuchungsszenario<br />

können im Rahmen der Grenzkostenanalyse<br />

die minimalen Netzkosten für ein vorgegebenes<br />

Zuverlässigkeitsniveau ermittelt werden. Durch die<br />

vergleichende Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit<br />

von Netzstrukturen, die unterschiedliche Versorgungsaufgaben<br />

mit äquivalenten Netzkosten erfüllen,<br />

können die Einflüsse individueller Strukturmerkmale auf<br />

die Versorgungszuverlässigkeit quantifiziert und so<br />

Strukturmerkmale mit signifikantem Einfluss auf die<br />

Versorgungszuverlässigkeit abgeleitet werden. Darüber<br />

hinaus sollen die Einflussmöglichkeiten der Netzbetreiber<br />

auf das Wirkungsgefüge von Netzkosten und<br />

Versorgungszuverlässigkeit bewertet werden. Diese<br />

Untersuchungen basieren auf einer begrenzten Anzahl<br />

FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

konkreter Versorgungsaufgaben. Für einzelne Versorgu8ngsaufgaben<br />

werden individuelle Planungsvorgaben<br />

in praxisüblichen Bandbreiten variiert, um so Auswirkungen<br />

auf Zuverlässigkeit und Kosten quantifizieren zu<br />

können.<br />

Untersuchungsszenario<br />

Definition der<br />

Versorgungsaufgabe<br />

individuelle Parametrierung<br />

von Strukturmerkmalen<br />

Rechnerbasierte Grundsatzplanung<br />

Generierung kostenminimaler<br />

Netzstrukturen<br />

Einhaltung von Grenzwerten<br />

der Versorgungszuverlässigkeit<br />

Bewertung von Zuverlässigkeit<br />

und Kosten<br />

Netzplanerische<br />

Freiheitsgrade<br />

spezifische Vorgaben für<br />

Netzplanung und -betrieb<br />

Quantifizierung von Einflussgrößen auf die Kosten der<br />

Versorgungszuverlässigkeit<br />

Strukturmerkmale der Versorgungszuverlässigkeit<br />

Zuverlässigkeitsgrenzwerte<br />

Technische<br />

Randbedingungen<br />

Betriebsmittelkenngrößen<br />

- Kosten<br />

- Zuverlässigkeit<br />

Grenzkosten der Versorgungszuverlässigkeit<br />

Bild 2: Methodisches Vorgehen<br />

4 Literatur<br />

[1] Wagner, R.; Cohnen, B.<br />

Sicherung der Versorgungsqualität unter Anreizregulierung<br />

– Ansätze aus UK und Niederlande<br />

e/m/w Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb,<br />

Heft 2/2005<br />

[2] VDN e.V. beim VDEW<br />

VDEW/VDN - Störungsstatistik<br />

VWEW-Verlag, Frankfurt a. M., 1994-2001<br />

[3] Electricity Working Group on Quality of Supply<br />

Second Benchmarking Report on Quality of Electricity<br />

Supply 2003<br />

Council of European Energy Regulators (CEER),<br />

Brüssel, 2003<br />

[4] Tao, X.; Haubrich, H.-J.; Maurer, C.<br />

Automatisierte Grundsatzplanung für Mittelspannungsnetze<br />

et, 56.Jg. (2006), Heft 3, S. 8-11<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 101


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit von Gasnetzen<br />

Evaluation of the Reliability of Gas Networks<br />

Dipl.-Ing. Patrick Wittenberg<br />

pw@iaew.rwth-aachen.de<br />

Aufgrund der steigenden Bedeutung von Erdgas als Energieträger wird eine sichere Erdgasversorgung der Kunden<br />

immer wichtiger. Dabei wird im Gasfach zwischen der Sicherheit und der Sicherstellung der Versorgung unterschieden.<br />

Ein wesentlicher Bestandteil der Sicherstellung der Versorgung ist die Versorgungszuverlässigkeit der Gasnetze. Um<br />

diese bei der Planung oder Bewertung von Netzen zu berücksichtigen, muss sie bestimmt werden können. In dieser<br />

Arbeit sollen daher Kenngrößen ermittelt werden, die eine Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit von Gasnetzen<br />

ermöglichen. Störungsstatistiken der Netze können als Grundlage dienen.<br />

As a result of the growing relevance of natural gas as an energy source, a save natural gas supply of the customers<br />

becomes more and more important. The gas community differentiates between the security and the securing of the gas<br />

supply. A main component of the securing of the supply is the reliability of the gas networks. The reliability could make<br />

a useful contribution to extension planning and evaluation of gas networks. In this thesis, key figures evaluating the<br />

reliability of gas networks shall be identified. Existing disturbance statistics can serve as a basis.<br />

1 Motivation<br />

Die wachsende Bedeutung von Erdgas als Energieträger<br />

[1] forciert den Ausbau von Gasnetzen. Gasnetzbetreiber<br />

(GNB) sind daran interessiert, eine sichere<br />

Versorgung zu möglichst geringen Kosten zu gewährleisten.<br />

Dabei wird zwischen der Sicherheit (für Personen<br />

und Betriebsmittel) und der Sicherstellung der<br />

Versorgung unterschieden. Ein wesentlicher Faktor der<br />

Sicherstellung der Versorgung ist die Versorgungszuverlässigkeit<br />

der Gasnetze. Auf diese kann der GNB mit<br />

gezielter Ausbauplanung seines Netzes Einfluss<br />

nehmen. Mit der Möglichkeit der Bewertung der<br />

Versorgungszuverlässigkeit können die Netze den<br />

Bedürfnissen der Kunden und denen der GNB angepasst<br />

werden.<br />

Die Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit von<br />

Gasnetzen gewinnt ebenfalls durch die bevorstehende<br />

Anreizregulierung an Bedeutung. Eine ausschließlich<br />

auf Effizienzsteigerung ausgelegte Anreizregulierung<br />

könnte zu Einsparungen zu Lasten der Versorgungszuverlässigkeit<br />

führen. Um dies zu verhindern, kann die<br />

Versorgungszuverlässigkeit als Gegenpol zu den<br />

Netzkosten in die Bewertung der Netze einbezogen<br />

werden [2].<br />

Laut dem Zweiten Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts<br />

sind GNB dazu verpflichtet, der<br />

Bundesnetzagentur (BNetzA) einen Bericht über<br />

aufgetretene Versorgungsunterbrechungen vorzulegen<br />

[3]. Die Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches<br />

e.V. (DVGW) sammelt ebenfalls Störungsdaten der<br />

GNB. Diese Statistiken können eine Grundlage zur<br />

Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit von Gasnetzen<br />

darstellen.<br />

Ziel der Arbeit ist es, Kenngrößen, die eine Bewertung<br />

der Versorgungszuverlässigkeit von Gasnetzen ermöglichen,<br />

zu identifizieren. GNB wären somit in der Lage<br />

mittels Prognosen die Versorgungszuverlässigkeit ihrer<br />

Gasnetze zu optimieren. Die BNetzA könnte die Kenngrößen<br />

als Qualitätsmaß für die vergleichende Bewertung<br />

von Gasnetzen nutzen.<br />

2 Geplantes Vorgehen<br />

Zunächst werden die unterschiedlichen Störungen und<br />

die Abläufe zur Störungsbeseitigung von GNB eruiert,<br />

um eine realitätsnahe Wissensbasis zu erhalten.<br />

Aufgrund der Erkenntnisse dieser Analyse und mit Hilfe<br />

der Störungsstatistiken werden dann mögliche Kenngrößen<br />

zur Bewertung der Versorgungszuverlässigkeit<br />

von Gasnetzen abgeleitet. Hierbei gilt es, Analogien zur<br />

Bestimmung der Versorgungszuverlässigkeit im Stromsektor<br />

auszunutzen.<br />

3 Literatur<br />

[1] Piller-Kornherr, C.; Baldia, P.<br />

Energieträger Gas weltweit stark im Kommen<br />

DVGW Jahresrevue – Sonderausgabe für das<br />

deutsche Gas- und Wasserfach 2006/<strong>2007</strong>, 2006,<br />

S.50-53<br />

[2] Müller-Kirchenbauer, J. Dr.-Ing.<br />

Strom und Gasnetzregulierung - Anreizregulierung<br />

Vorlesung WS 2006/<strong>2007</strong>, S. 23-24,<br />

<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

[3] Der Deutsche Bundestag<br />

Zweites Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts<br />

Bundesgesetzblatt, Jg. 2005, Teil I, Nr. 42, § 52<br />

102 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 103


Methoden zur Preiskalkulation für den Stromvertrieb<br />

Methods of Price Calculation for Sales Departments of<br />

Electrical Energy Suppliers<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

Dipl.-Ing. M.Sc. Uwe Padberg; Dr.-Ing. Thomas Hartmann; Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig<br />

uwe.padberg@iaew.rwth-aachen.de<br />

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Hermann Egger; Dipl.-Ing. Dr. techn. Thomas Schwaninger, KELAG – Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft,<br />

Klagenfurt<br />

Aufgrund der Liberalisierung des Stromsektors profitieren Endkunden von einem Preiswettbewerb, der den Vertrieb von<br />

Energieversorgungsunternehmen vor neue Herausforderungen stellt: Einerseits können neue Kunden akquiriert werden,<br />

andererseits besteht die Gefahr des Verlusts von Bestandskunden an die Konkurrenz. Der Vertrieb muss daher Kunden<br />

einen konkurrenzfähigen Strompreis anbieten. Zur Berechnung dieses Preises ist die Kenntnis der eigenen Beschaffungskosten<br />

sowie der weiteren Kosten infolge risikobehafteter Planungsgrößen essentiell, um die eigene Rentabilität<br />

zu gewährleisten. Insbesondere für Großkunden, die individuell ein stark unterschiedliches Lastverhalten aufweisen<br />

können, stellt die Ermittlung der Beschaffungskosten eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Aus dieser Motivation erfolgte<br />

die Entwicklung eines Verfahrens, das die Preiskalkulation unter Berücksichtigung der Strommarktpreise sowie der<br />

Struktur und Prognosegüte des Kundenprofils ermöglicht. Die Kosten zur Versorgung eines Kunden werden unter<br />

Einbeziehung risikobehafteter Planungsgrößen bei unterschiedlichen Handelsstrategien am Strommarkt quantifiziert.<br />

Due to the liberalisation of the electricity sector, end consumers benefit from a price competition which leads to a new<br />

challenge for the sales department of energy supply companies. On the one hand, the chance of acquiring new customers<br />

arises. On the other hand, the risk of losing customers to competitors emerges. Hence, the sales department has to<br />

offer a competitive electricity price to customers. For the calculation of prices for a profitable offer, it is essential to<br />

know the procurement costs as well as the costs originating from planning risks in order to remain profitable. Particularly<br />

for bulk customers, with their individual and varying load characteristics, the quantification of the costs is a<br />

challenging task. This is the motivation for the development of a method to support the price calculation under consideration<br />

of uncertainties of market prices as well as the structure and forecast quality of the customer demand. The<br />

costs for the supply of customers are determined on the basis of planning risks and different trading strategies at the<br />

energy markets.<br />

1 Einleitung<br />

Durch die Liberalisierung des Stromsektors hat sich ein<br />

Preiswettbewerb entwickelt, der es Endverbrauchern<br />

ermöglicht, ihren Versorger frei zu wählen. Energieversorgungsunternehmen<br />

wird dadurch einerseits die<br />

Chance eröffnet, Kunden außerhalb des ursprünglichen<br />

Versorgungsgebietes zu akquirieren, andererseits besteht<br />

die Gefahr des Versorgerwechsels von Bestandskunden<br />

zu einem konkurrierenden Stromversorger.<br />

Auf diese veränderten Rahmenbedingungen muss der<br />

Vertrieb von Energieversorgungsunternehmen reagieren,<br />

indem er einen konkurrenzfähig kalkulierten<br />

Strompreis anbietet. Um die eigene Profitabilität zu<br />

gewährleisten, ist es notwendig, die anfallenden<br />

Kosten zur Kundenversorgung zu kennen. Für Kleinkunden<br />

können die Kosten des untereinander vergleichbaren<br />

Lastverhaltens aufgrund von Mittelungseffekten<br />

und der großen Anzahl der Kunden im Portfolio hinreichend<br />

genau ermittelt werden. Großkunden hingegen<br />

weisen sehr individuelle Lastverläufe auf, die im Ver-<br />

gleich zu Kleinkunden deutliche Abweichungen des tatsächlichen<br />

Verbrauchs vom geplanten Lastverhalten<br />

aufweisen können, was die Kosten der Versorgung beeinflusst.<br />

Zudem ist eine vollständige Energiebeschaffung<br />

zu sicheren Preisen am Strommarkt nicht möglich.<br />

Durch diese Unsicherheiten wird die Ermittlung eines<br />

fairen, d. h. sowohl konkurrenzfähigen als auch kostendeckenden<br />

Preisangebots erschwert. In dieser Studie<br />

wurde in Zusammenarbeit mit KELAG ein Verfahren zur<br />

Strompreiskalkulation von Endkunden entwickelt, in<br />

dem die Beschaffungskosten unter Berücksichtigung<br />

der Unsicherheiten des Lastverhaltens sowie der Preisrisiken<br />

am Strommarkt quantifiziert werden können.<br />

2 Methodisches Vorgehen<br />

2.1 Vorgehen bei der Kundenakquisition<br />

Um als Versorger einen Großkunden gewinnen oder<br />

halten zu können, ist es notwendig, ein konkurrenzfähiges<br />

Angebot zu unterbreiten, wobei aufgrund des<br />

homogenen Gutes "elektrische Energie" die Preisvor-<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 103


STUDIENBEISPIELE<br />

stellung des Kunden das entscheidende Differenzierungskriterium<br />

ist. Diese Preisvorstellungen ergeben<br />

sich aus Angeboten konkurrierender Stromversorger<br />

und den Kosten, die sich aus der Versorgung des<br />

Kunden ergeben.<br />

Die Preisgestaltung muss sich daher an den tatsächlichen<br />

Beschaffungskosten zur Versorgung des Kunden<br />

orientieren. Bei der Preiskalkulation lassen sich dabei<br />

drei Preiskomponenten identifizieren:<br />

• Basispreis<br />

• Strukturierungszuschlag<br />

• Risikozuschlag<br />

Der Basispreis ergibt sich durch die Kosten von Standardprodukten<br />

im Monats- bis Jahresbereich, wie z. B.<br />

an der European Energy Exchange (EEX). Dabei werden<br />

die Standardprodukte unverzüglich nach Auftragserteilung<br />

(back-to-back-Beschaffung) zu bekannten Preisen<br />

in der Menge gehandelt, die dem prognostizierten<br />

Lastverlauf des Kunden weitestgehend entspricht.<br />

Dabei ist die minimale Lieferrate von 1 MW zu beachten.<br />

Bei dieser Beschaffung existiert keine Preisunsicherheit,<br />

so dass sich als Basispreis lediglich die<br />

Kosten der Börsenprodukte am Terminmarkt ergeben.<br />

Eine exakte Deckung des prognostizierten Lastbedarfs<br />

des Kunden ist jedoch allein durch den Handel von<br />

Terminprodukten nicht möglich, was bei der Verwendung<br />

eines stündlichen oder viertelstündlichen Zeitrasters<br />

deutlich wird. Je nach der Strukturierung der<br />

prognostizierten Last können z. B. Schwankungen im<br />

Stundenbereich nicht durch Beschaffung am Terminmarkt<br />

ausgeglichen werden. Ebenso ist die Beschaffung<br />

von Energiemengen von weniger als 1 MW am<br />

Terminmarkt nicht möglich. Diese stündlichen Lastschwankungen<br />

müssen am Spotmarkt ausgeglichen<br />

werden. Viertelstündliche Schwankungen des prognostizierten<br />

Lastverlaufs werden ex-post am Markt für<br />

Ausgleichsenergie glattgestellt und verrechnet. Als<br />

Berechnungsgrundlage wird der Erwartungswert der<br />

Kosten am Spot- und Ausgleichsenergiemarkt verwendet.<br />

Somit ergibt sich zusätzlich zum Basispreis ein<br />

Strukturierungszuschlag in Abhängigkeit des Lastprofils.<br />

Die Preiskalkulation der Kunden kann aus zwei Gründen<br />

nicht risikolos erfolgen. Einerseits sind die Preise für<br />

den Spot- und Ausgleichsenergiemarkt zum Zeitpunkt<br />

der Angebotserstellung für den Kunden nicht bekannt,<br />

was zu einem Preisrisiko führt. Andererseits stellt das<br />

Lastprofil des Kunden lediglich eine Prognose dar.<br />

Daher kann der tatsächliche Lastverlauf des Kunden<br />

Abweichungen von der Prognose aufweisen. Diese<br />

Abweichungen sind, da sie erst im Nachhinein bekannt<br />

sind, durch Ausgleichsenergie glattzustellen und<br />

werden somit ex-post verrechnet. Da diese Preise<br />

risikobehaftet sind, kann von den Kunden beispielsweise<br />

ein Risikozuschlag erhoben werden, dessen Höhe<br />

von der Genauigkeit seiner Prognose abhängig ist. So<br />

kann der Kunde z. B. eine Bandbreite wählen, innerhalb<br />

derer Abweichungen des tatsächlichen Lastverlaufs<br />

vom prognostizierten Lastverlaufs ohne Sanktionen<br />

zugelassen sind. Werden diese Toleranzen überschritten,<br />

muss der Kunde für die entstehenden Mehrkosten<br />

vollständig aufkommen. Je geringer die Bandbreite der<br />

Lastabweichung ist, auf die sich der Kunde eingrenzen<br />

lässt, desto geringer kann dieser Risikozuschlag<br />

ausfallen.<br />

Somit können mit dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses<br />

bekannten Basispreis der Terminmarktprodukte,<br />

dem durch die Strukturierung der Last bedingten<br />

Strukturierungszuschlag und dem Risikozuschlag, der<br />

aufgrund der Ungenauigkeit der Last- und Preisprognosen<br />

abhängig von der Prognosegüte zu beachten ist, die<br />

Beschaffungskosten quantifiziert werden.<br />

2.2 Verwendete Methodik<br />

Das Verfahren zur Ermittlung der Beschaffungskosten<br />

basiert auf Markt- sowie Kundendaten. Die Abbildung<br />

der unsicheren Spot- und Ausgleichsenergiemarktpreise<br />

erfolgt durch eine Analyse der statistischen Eigenschaften<br />

von historischen Spot- und Ausgleichsenergiemarktdaten,<br />

so dass Preismodelle abgeleitet werden<br />

können. Damit werden eine Vielzahl von Preisszenarien<br />

generiert, die als Eingangsdaten für die nachfolgenden<br />

Verfahrensschritte dienen. Die Terminmarktpreise<br />

werden als sichere Planungsgröße betrachtet, da sie<br />

zum Zeitpunkt der Kostenermittlung bekannt sind.<br />

Zusätzlich sind Prognosen für die jeweiligen Lastprofile<br />

der zu versorgenden Kunden erforderlich. Diese Prognosen<br />

können sowohl auf synthetischen als auch auf<br />

historischen Lastprofilen basieren. Die strukturelle<br />

Charakteristik der Last und die Prognoseunsicherheit<br />

wird über eine Vielzahl von Lastszenarien abgebildet<br />

[1].<br />

3 Verfahren zum Vertriebsportfolio<br />

management<br />

Das Verfahrensprinzip zum stochastischen Vertriebsportfoliomanagement<br />

ist in Bild 1 dargestellt.<br />

Die Eingangsdaten des Verfahrens sind Preise und<br />

Lastszenarien für den Betrachtungszeitraum. Die zum<br />

Zeitpunkt der Angebotserstellung risikobehafteten<br />

104 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Daten, d. h. Kundenlast, Spot- und Ausgleichsenergiemarktpreise,<br />

sind über eine Vielzahl von Szenarien<br />

abgebildet. Einzig die Terminmarktpreise sind ein<br />

sicheres Planungsdatum. Mit dieser stochastischen<br />

Betrachtungsweise ist es möglich, die Struktur des<br />

Lastprofils, die Prognosegüte der Kundenlast sowie die<br />

Preisunsicherheiten in die Kostenermittlung mit<br />

einzubeziehen.<br />

Szenarien<br />

Last<br />

Bildung<br />

EW-Szenario<br />

Terminmarkt<br />

Spotmarkt<br />

Bildung<br />

EW-Szenario<br />

Ermittlung der<br />

Terminmarktentscheidungen<br />

Simulation der Szenarien<br />

Bilanzierung und<br />

Ergebnisauswertung<br />

AE-Markt<br />

Preise<br />

Bild 1: Verfahren zum Vertriebsportfoliomanagement<br />

Die Handelsentscheidungen am Terminmarkt werden<br />

im ersten Verfahrensschritt in Bild 1 ermittelt. Die<br />

einzelnen Szenarien, die mögliche Realisationen der<br />

unsicheren Größen abbilden, werden zur Bildung der<br />

Handelsentscheidungen am Terminmarkt als Erwartungswert<br />

der Preisszenarien nicht herangezogen. Das<br />

Planungsszenario spiegelt die Erwartung der unsicheren<br />

Größen wider. Standardmäßig wird zu diesem<br />

Zweck ein Erwartungswertszenario aus allen Last- und<br />

Spotmarktpreisszenarien generiert. Alternativ zu einem<br />

Erwartungswertszenario kann das Planungsszenario<br />

auch nach anderen Kriterien definiert werden. Das<br />

Planungsszenario dient als Entscheidungsgrundlage für<br />

den Handel am Terminmarkt. Die Handelsentscheidungen<br />

können nach zwei unterschiedlichen Strategien<br />

getroffen werden, der Mengen- und der Kostenminimierung<br />

(Bild 2). Die Preise am Ausgleichsenergiemarkt<br />

gehen nicht mit in die Handelsentscheidungen am<br />

Terminmarkt ein, da der Ausgleichsenergiemarkt<br />

lediglich zum Ausgleich von Prognoseabweichungen<br />

bzw. Abweichungen viertelstündlicher Lastwerte von<br />

der stündlichen Handelsmenge genutzt wird.<br />

Die Strategie der Mengenminimierung stellt eine<br />

risikoaverse Vorgehensweise dar [2]. Das Lastprofil des<br />

Kunden wird mit einem minimalen Handelsvolumen am<br />

Spot- und Ausgleichsenergiemarkt am risikolosen<br />

Terminmarkt beschafft. Die verbleibende Menge wird<br />

am Spotmarkt gehandelt und am Ausgleichsenergiemarkt<br />

glattgestellt. Bei dieser Strategie müssen keine<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

Marktpreise berücksichtigt werden, so dass keine<br />

kostenoptimale Beschaffung erfolgt.<br />

Die Strategie der Kostenminimierung versucht, eine<br />

möglichst kostenoptimale Beschaffung zu erzielen. Das<br />

Entscheidungskriterium sind hier die Termin- und die<br />

Spotmarktpreise. Der Ausgleichsenergiemarkt wird<br />

nicht zur Kostenminimierung herangezogen, sondern<br />

nach wie vor lediglich zum Ausgleich von Lastabweichungen<br />

genutzt. Je nach Terminmarktpreis und den<br />

Erwartungswerten der Spotmarktpreise kann sich eine<br />

Konstellation ergeben, für die in einem Zeitraum die<br />

Energie am Spotmarkt günstiger als am risikolosen<br />

Terminmarkt beschafft werden kann. In diesem Fall<br />

wird die elektrische Energie am risikobehafteten<br />

Spotmarkt beschafft. Um das Risiko des Portfolios zu<br />

steuern, wird als Steuergröße eine so genannte<br />

"Zwangsmenge" vorgegeben, die ein prozentuales<br />

minimales Volumen für den Handel am Terminmarkt<br />

vorgibt, falls der Spotmarkt ein günstigeres Preisniveau<br />

als der Terminmarkt aufweist. Diese Vorgabe führt zu<br />

einer Abweichung von der kostenoptimalen Lösung. Um<br />

das Verhältnis von Risiko zu Kosten zu quantifizieren,<br />

wird die Kostenminimierung bei Variation der Zwangsmenge<br />

mehrmals durchlaufen. Ergebnis sowohl der<br />

Mengen- als auch Kostenminimierung sind die Handelsentscheidungen<br />

am Terminmarkt.<br />

Terminmarkt<br />

(Preise nicht<br />

relevant)<br />

Ermittlung der<br />

Terminmarktentscheidungen<br />

Mengenminimierung<br />

Last<br />

EW-Szenario<br />

Spotmarkt<br />

EW-Szenario<br />

Terminmarkt<br />

(Preise relevant)<br />

Zwangshandel Terminmarkt<br />

Gefahr des vollständigen Spothandels<br />

Risikobegrenzung durch Zwangsmenge<br />

Kostenminimierung<br />

Terminmarktentscheidungen<br />

Bild 2: Strategien der Handelsentscheidungen<br />

Der zweite Verfahrensschritt in Bild 1 übernimmt die<br />

Terminmarktentscheidungen als Eingangsdatum. Für<br />

jede Kombination aus Spotmarktpreis- und Lastszenario<br />

wird eine Simulation durchgeführt, für die die Beschaffungskosten<br />

ermittelt werden. Zur Verrechnung der<br />

viertelstündlichen Ausgleichsmengen werden die<br />

Szenarien der Ausgleichsenergiemarktpreise herangezogen.<br />

Für jede Kombination werden die Kosten<br />

bilanziert und das Beschaffungsportfolio ermittelt.<br />

Aus der Gesamtheit der simulierten Szenarien kann<br />

eine Verteilungsfunktion der Beschaffungskosten<br />

bestimmt werden. Für die Kostenminimierung wird<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 105


STUDIENBEISPIELE<br />

zusätzlich eine Portfoliofunktion [3], d. h. Beschaffungskosten<br />

und Risiko in Abhängigkeit der Zwangsmenge<br />

am Terminmarkt, ermittelt, die damit die Eigenschaften<br />

der zu realisierenden Portfolios darstellt.<br />

Aus der Kostenverteilungsfunktion können Kenngrößen<br />

wie most-likely-case (am wahrscheinlichsten zu<br />

erwartende Beschaffungskosten), worst-case (Kosten<br />

im 10 %-Quantil der ungünstigsten Fälle) und best-case<br />

(Kosten im 10 %-Quantil der günstigsten Fälle) extrahiert<br />

werden. Aus der Streuung der Verteilungsfunktion<br />

bzw. der Differenz most-likely-case zu worst-case kann<br />

das Risiko für einen Kunden quantifiziert werden,<br />

woraus der Risikoaufschlag für die Angebotserstellung<br />

abgeleitet werden kann.<br />

4 Exemplarische Ergebnisse<br />

Zur Veranschaulichung werden für einen exemplarischen<br />

Kunden die Beschaffungskosten für einen<br />

Planungszeitraum von einem Jahr mit dem zuvor<br />

beschriebenen Verfahren bestimmt.<br />

Als Eingangsdaten dienen die Preise der Terminprodukte<br />

an der EEX. Die Unsicherheit der Kundenlast wird<br />

anhand von sieben historischen Realisationen abgebildet.<br />

Die Kostenbestimmung wird mittels der Strategie<br />

Kostenminimierung durchgeführt. Dabei wird die<br />

Zwangsmenge von 0 % bis 100 % in 10 %-Schritten<br />

variiert. Zum Vergleich wird eine Mengenminimierung<br />

durchgeführt.<br />

In Bild 3 ist die Portfoliofunktion der Beschaffungskosten<br />

dargestellt, d. h. die Kosten im worst-case über den<br />

zu erwartenden Kosten (most-likely-case). Das Risiko<br />

bei der Beschaffung kann durch eine Erhöhung der<br />

Zwangsmenge, d. h. Vorgabe eines prozentualen<br />

Handelsvolumens am Terminmarkt reduziert werden, da<br />

so die Kosten im worst-case sinken. Dafür steigt der<br />

Erwartungswert (most-likely-case) der Beschaffungskosten<br />

an. Aus diesem Zusammenhang kann das zu<br />

erwartende Risiko und die zu erwartenden Beschaffungskosten<br />

einer risikobehafteten Beschaffung<br />

eingegrenzt werden.<br />

Bild 4 zeigt die jeweiligen Beschaffungskosten bei Vorgabe<br />

unterschiedlicher Zwangsmengen für den Terminmarkthandel.<br />

Hier sind die Kosten für den best-, worst-<br />

und most-likely-case dargestellt. Es ist zu erkennen,<br />

dass für eine hohe Zwangsmenge die Kosten im worstcase<br />

geringer werden (Risiko wird minimiert), gleichzeitig<br />

jedoch die Beschaffungskosten im best-case und im<br />

most-likely-case ansteigen (Chance wird verringert).<br />

Kosten<br />

worstcase<br />

Zwangsmenge 0 %<br />

Mengenminimierung<br />

Zwangsmenge 100 %<br />

Kosten most-likely-case<br />

Bild 3: Portfoliofunktion der Beschaffungskosten<br />

Somit kann mit dem Verfahren die Bandbreite der zu<br />

erwartenden Beschaffungskosten bei den jeweils<br />

vorgegebenen Zwangsmengen ermittelt werden.<br />

Spezifische<br />

most-likely-case<br />

Kosten<br />

worst-case<br />

best-case<br />

0 20 40 60 % 100<br />

Zwangsmenge<br />

Bild 4: Entwicklung der Beschaffungskosten als<br />

Funktion der risikobehafteten Beschaffungsmengen<br />

Das Verfahren bietet zudem die Möglichkeit, Aussagen<br />

über die Verteilung der Beschaffungskosten in den einzelnen<br />

Szenarien zu treffen. Dabei werden sämtliche<br />

Beschaffungskosten für jede mögliche Szenarienkombination<br />

und für jede vorgegebene Zwangsmenge ermittelt.<br />

Die Ergebnisse sind in Bild 5 als Verteilungsdichtefunktion<br />

exemplarisch für den zwangsweisen Einkauf<br />

von 0 %, 50 % und 100 % der gesamten Energiemenge<br />

am Terminmarkt dargestellt. Bei niedrigen<br />

Zwangsmengen ergibt sich eine breite Verteilungsdichtefunktion<br />

der Beschaffungskosten. Bei großen<br />

Zwangsmengen ist das Maximum sehr deutlich ausgeprägt.<br />

Die Streuung der Beschaffungskosten ist geringer,<br />

jedoch tritt das Maximum der Verteilungsdichtefunktion<br />

bei höheren Kosten auf als bei niedrigen<br />

Zwangsmengen. Durch Erhöhung der Zwangsmenge<br />

werden Kosten in ungünstigen Szenarien reduziert<br />

(siehe Markierung in Bild 5).<br />

Aus dieser Darstellung ist zudem erkennbar, dass auch<br />

bei einer Zwangsmenge von 100 % das Risiko nicht<br />

vollständig vermieden, sondern lediglich minimiert wird<br />

und ein Restrisiko grundsätzlich immer verbleibt.<br />

Dieses Restrisiko ergibt sich aufgrund unsicherer Spot-<br />

106 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


und Ausgleichsenergiemarktpreise und der Lastcharakteristik.<br />

Die einzelnen Preiskomponenten Basispreis, Strukturierungs-<br />

und Risikozuschlag (siehe 2.1) sind in Bild 6<br />

aufgeschlüsselt. Dabei errechnet sich der Strukturierungszuschlag<br />

als Differenz des vom Verfahren ermittelten<br />

Erwartungswerts der Beschaffungskosten und<br />

des Basispreises, der durch die Beschaffung am<br />

Terminmarkt bestimmt wird. Der Erwartungswert der<br />

Beschaffungskosten spiegelt somit die Summe der<br />

Handelsmengen am Termin-, Spot- und Ausgleichsmarkt<br />

ohne Betrachtung von Risiken wider.<br />

Verteilungs- Zwangsmenge 50 %<br />

dichte<br />

Zwangsmenge 0 %<br />

Zwangsmenge 100 %<br />

schlechteste Szenarien<br />

Kosten<br />

Bild 5: Verteilungsdichtefunktion der Beschaffungskosten<br />

für unterschiedliche Zwangsmengen<br />

Das Risiko ergibt sich zum einen aus der Abweichung<br />

der tatsächlichen Kundenlast vom prognostizierten<br />

Lastprofil und zum anderen durch Preisrisiken, die durch<br />

einen Risikozuschlag erfasst werden. Durch die Simulation<br />

einer Vielzahl an Last- und Preisszenarien kann mit<br />

Hilfe des entwickelten Verfahrens der Risikozuschlag<br />

bestimmt werden.<br />

Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass neben<br />

einer Bestimmung der Beschaffungskosten eine<br />

Quantifizierung des Risikos bzw. der Chance bei<br />

stochastischer Betrachtung von Last und Preisen<br />

möglich ist.<br />

Spezifische<br />

Kosten<br />

worst-case<br />

most-likely<br />

case<br />

best-case<br />

Risikozuschlag<br />

Strukturierungszuschlag<br />

Basispreis<br />

Bild 6: Quantifizierung von Strukturierungs- und<br />

Risikozuschlag<br />

5 Zusammenfassung und Ausblick<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

Im liberalisierten Strommarkt erfordert eine faire<br />

Angebotserstellung für Großkunden eine individuelle<br />

Ermittlung der Beschaffungskosten. Dabei ist der<br />

Basispreis zuzüglich von Strukturierungs- und Risikozuschlägen<br />

zu Grunde zu legen.<br />

Am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />

wurde deshalb in Zusammenarbeit mit KELAG<br />

ein Verfahren entwickelt, das eine stochastische<br />

Preiskalkulation für Stromkunden ermöglicht und<br />

Handelsentscheidungen an den Märkten für elektrische<br />

Energie durch Verwendung unterschiedlicher Strategien<br />

ermittelt. Durch Berücksichtigung einer Vielzahl an<br />

Last- und Preisszenarien ist eine Quantifizierung der<br />

Beschaffungskosten unter Risikogesichtspunkten<br />

möglich.<br />

Eine mögliche Anwendung des Verfahrens ist die<br />

Untersuchung von Portfolioeffekten durch die Nutzung<br />

von Synergien bei einer Strombeschaffung für die<br />

Gesamtheit von unterschiedlich strukturierten Kundenprofilen<br />

[2].<br />

6 Literatur<br />

[1] Hartmann, T.; Blaesig, B.; Padberg, U.; Egger, H.;<br />

Schwaninger, T.<br />

Vertriebsportfoliomanagment<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2006, ABEV Bd. 109, Klinkenberg<br />

Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006<br />

[2] Schwaninger, T.<br />

Zur Berücksichtigung des Portfolioeffektes bei der<br />

Preisgestaltung für Großkunden in der Elektrizitätswirtschaft<br />

Dissertation TU Graz 2006<br />

[3] Blaesig, B.<br />

Methoden des Risikomanagements in der Stromerzeugungs-<br />

und Handelsplanung<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 107


STUDIENBEISPIELE<br />

Bewertung von Ausbauoptionen hydraulischer Kraftwerksgruppen<br />

Evaluating Optional Expansion for Interconnected Hydro Power Plants<br />

Dipl.-Ing. Tobias Mirbach; Dr.-Ing. Gerd Hinüber<br />

tobias.mirbach@iaew.rwth-aachen.de, gerd.hinueber@iaew.rwth-aachen.de<br />

Im Zuge der europaweiten Liberalisierung des Energiesektors stehen Stromerzeugungsunternehmen in nationalem wie<br />

internationalem Wettbewerb. Zudem ergeben sich veränderte Rahmenbedingungen in Folge von Angebots- und Nachfragestrukturentwicklungen,<br />

und es bieten sich neue Absatzalternativen, wie bspw. an den Märkten für Reserve. Diese<br />

Entwicklungen erfordern bei den Unternehmen Überlegungen zur Anpassung der Struktur des eigenen Erzeugungsparks<br />

und somit eine Evaluierung eventueller Aus- und Neubauprojekte. Da Investitionen speziell in hydraulische Kraftwerksgruppen<br />

kapitalintensiv sowie irreversibel sind und sich durch lange Projektierungs- und Abschreibungszeiten kennzeichnen,<br />

ist eine fundierte Bewertung dieser Projekte hinsichtlich ihrer Rentabilität, die im Wesentlichen von der<br />

Marktpreisentwicklung abhängt, notwendig. Die zukünftigen Marktpreise wurden im Rahmen dieser Studie über<br />

Entwicklungsszenarien relevanter Einflussgrößen generiert, auf Basis derer der zukünftige Wert von Ausbauoptionen<br />

abgeschätzt wurde. Anhand eines Vergleichs von zu erwartendem Erlöspotenzial und entsprechenden Investitionskosten<br />

kann die Rentabilität verschiedener Ausbauoptionen bestimmt und Entscheidungen über einen eventuellen Kraftwerksausbau<br />

getätigt werden.<br />

Due to the liberalisation of the European electricity market, power generation companies are exposed to national and<br />

international competition. In addition, there are new conditions because of the changing situation of supply and<br />

demand as well as new marketing opportunities, e.g. reserve markets. For this reason, it is essential to the power<br />

generation companies to reconsider the portfolio of generating assets, and the question of evaluating potential projects<br />

of expansion is gaining in importance. Especially expansion for interconnected hydro power plants are characterized by<br />

long project planning and amortization periods, hence, it is essential to investigate their economic profitability which<br />

primarily depends on the market price. In the scope of this study, the market prices for the future period under consideration<br />

are based on scenarios of possible realisations of the relevant influencing factors. On the basis of these market<br />

prices, the potential projects have been evaluated. The economic profitability of different projects for expansion can be<br />

determined by comparing the revenues with the investment costs, and conclusions can be made concerning the decision-making.<br />

1 Hintergrund<br />

Im liberalisierten europäischen Markt für elektrische<br />

Energie bieten sich Erzeugungsunternehmen derzeit<br />

attraktive Vermarktungsmöglichkeiten sowohl an<br />

Märkten für elektrische Fahrplanenergie als auch an<br />

den in jüngerer Vergangenheit preislich sehr interessanten<br />

Märkten für Reserve.<br />

Darüber hinaus sieht sich die Energiewirtschaft einer<br />

Reihe von weiteren einschneidenden Veränderungen<br />

gegenüber. Neben der geografischen Ausweitung des<br />

Marktes und damit der Veränderung sowohl der<br />

Angebots- als auch der Nachfragestruktur durch die<br />

bereits zum 01.05.2004 begonnene Osterweiterung der<br />

EU sind hier der Handel mit Emissionszertifikaten<br />

beginnend mit dem 01.01.2005 [1] sowie die Wasserrahmenrichtlinie<br />

des Europäischen Rates und des<br />

Parlaments [2] als europaweit wirkende Veränderungen<br />

zu nennen. Daneben stehen eine Vielzahl nationaler<br />

energiepolitischer Entscheidungen, wie bspw. politisch<br />

angestrebte Förderziele der regenerativen Elektrizitätserzeugung<br />

oder das Gesetz zur geordneten Beendigung<br />

der Kernenergienutzung zur gewerblichen Stromerzeugung<br />

in Deutschland [3], die ebenfalls Rückwirkungen<br />

auf das gesamteuropäische System der elektrischen<br />

Energieversorgung haben werden.<br />

Vor diesem Hintergrund stellt sich für Stromerzeugungsunternehmen<br />

die Frage, ob ihr Erzeugungsportfolio<br />

den geänderten Rahmenbedingungen entsprechend<br />

zusammengesetzt ist oder eine Anpassung oder<br />

Erweiterung des eigenen Erzeugungsparks ökonomisch<br />

sinnvoll erscheint. Allgemein stehen Erzeugungsunternehmen<br />

bei derartigen Fragestellungen vor der Aufgabe,<br />

die Rentabilität der meist sehr kapitalintensiven<br />

und durch lange Abschreibungszeiten gekennzeichneten<br />

Projekte nachhaltig abzuschätzen. Die Rentabilität<br />

einer derartigen Investition wird über die Relation<br />

zwischen wohlbekannten Investitionsaufwendungen<br />

und demgegenüber nur unsicher einschätzbaren Erlösen<br />

während der Betriebsphase bestimmt.<br />

Ziel der Studie ist die Analyse und strukturierte Bewertung<br />

der die langfristige Marktpreisentwicklung<br />

108 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


nachhaltig beeinflussenden Größen und eine Abschätzung<br />

einerseits der Sensitivität dieser Größen auf die<br />

Marktpreise, andererseits deren wahrscheinliche Entwicklung<br />

basierend auf der Analyse und Konsolidierung<br />

einer Vielzahl von Prognosestudien. Daraus werden<br />

eine Einschätzung des Wertes von Ausbauoptionen<br />

hydraulischer Kraftwerksgruppen sowie das Investitionsrisiko<br />

bei unterschiedlichen Marktentwicklungen<br />

abgeleitet.<br />

2 Methodisches Vorgehen<br />

Die Bewertung der möglichen Ausbauoptionen erfolgt<br />

basierend auf dem Ansatz einer Vermarktung am<br />

zukünftigen Strommarkt, wozu jedoch die Verwendung<br />

zukünftiger Marktpreise erforderlich ist. Diese Preise<br />

sind nicht bekannt und müssen für die Zukunft prognostiziert<br />

werden. Hierbei kann jedoch keine Extrapolation<br />

der historischen Marktpreise durchgeführt werden, da<br />

bei dieser Vorgehensweise veränderte Randbedingungen<br />

in der Zukunft nicht berücksichtigt werden.<br />

Stattdessen wird das im Folgenden beschriebene<br />

methodische Vorgehen verwendet, das auf der Überlegung<br />

der Zusammensetzung der Marktpreise aus<br />

fundamentaler sowie nichtfundamentaler Komponente<br />

aufbaut. Die fundamentale Preiskomponente stellt<br />

hierbei eine erklärbare Komponente dar, die auf den<br />

Grenzkosten des Erzeugungssystems basiert. Die<br />

nichtfundamental getriebene Komponente repräsentiert<br />

einen nicht erklärbaren Aufschlag, der den unvollkommenen<br />

Markt sowie das strategische Bieterverhalten<br />

der Marktteilnehmer abbildet. Einen Überblick über das<br />

methodische Vorgehen gibt Bild 1.<br />

Festlegung von<br />

zukünftigen<br />

Entwicklungsszenarien<br />

Marktsimulation zur<br />

Ermittlung der<br />

zukünftigen Grenzkosten<br />

Analyse des historischen<br />

Verhältnisses von<br />

Grenzkosten zu<br />

Marktpreisen<br />

Ableitung<br />

mathematischer<br />

Modelle und<br />

zukünftiger Szenarien<br />

Synthese zu Szenarien zukünftiger Marktpreise<br />

Simulation Simulation der der Vermarktung Vermarktung von von Ausbauoptionen<br />

Ausbauoptionen<br />

Simulation Simulation der der der<br />

Vermarktung Vermarktung von von von<br />

Ausbauoptionen<br />

Ausbauoptionen<br />

Simulation der der Vermarktung von von Ausbauoptionen<br />

Bild 1: Methodisches Vorgehen<br />

Zur Ermittlung der zukünftigen Grenzkosten, d. h. der<br />

fundamentalen Preiskomponente, müssen zunächst die<br />

möglichen Entwicklungsszenarien für den Betrach-<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

tungsbereich festgelegt werden. Auf dieser Basis<br />

werden Marktsimulationen durchgeführt, aus denen die<br />

zukünftigen Grenzkosten bestimmt werden können.<br />

Um die zukünftige nichtfundamental getriebene<br />

Preiskomponente abzuschätzen, wird zunächst der<br />

historische Aufschlag aus Differenzbildung zwischen<br />

den historischen Marktpreisen und historischen<br />

Grenzkosten, die durch Marktsimulationen für vergangene<br />

Jahre bestimmt werden können, ermittelt. Diese<br />

Zeitreihe der historischen Aufschläge wird im Anschluss<br />

analysiert und die charakteristischen mathematischen<br />

Eigenschaften abgeleitet. Abschließend werden<br />

die historischen Aufschläge unter Beibehaltung der<br />

mathematischen Eigenschaften in die Zukunft fortgeschrieben,<br />

was aufgrund der stochastischen Anteile zur<br />

Abbildung verschiedener möglicher Szenarien, d. h.<br />

möglicher zukünftiger Realisationen, führt. In der<br />

Synthese erfolgt die Addition der zwei im Vorfeld<br />

beschriebenen Komponenten. Unter Verwendung dieser<br />

generierten Marktpreise können die Ausbauoptionen<br />

durch Simulation der Vermarktung am Strommarkt<br />

bewertet werden.<br />

2.1 Ermittlung der fundamentalen Preiskomponente<br />

Die Ermittlung der fundamentalen Preiskomponente<br />

erfolgt durch Marktsimulationen. Hierfür wird zunächst<br />

der Betrachtungsbereich abgegrenzt, bevor die relevanten<br />

Einflussgrößen auf die Erlössituation von Kraftwerksausbauten<br />

analysiert und quantifiziert werden.<br />

2.1.1 Abgrenzung des Betrachtungsbereiches<br />

Die geografische Abgrenzung des zu untersuchenden<br />

Systems orientiert sich an der Situation des UCTE-<br />

Verbundnetzes. Betrachtet wird das zentraleuropäische<br />

System, bestehend aus Deutschland, Österreich,<br />

Italien, Schweiz, Frankreich sowie Belgien/Niederlande.<br />

Die neuen EU-Mitgliedsländer Polen,<br />

Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien werden<br />

in aggregierter Form (EU Ost) berücksichtigt. Die<br />

Nordel-Länder bleiben ebenso wie Großbritannien<br />

wegen ihrer eng begrenzten Kuppelkapazitäten außer<br />

Betracht.<br />

Da das Untersuchungsziel die Ableitung der Wirtschaftlichkeit<br />

von Kraftwerksausbauten darstellt, ist eine<br />

dementsprechend sinnvolle zeitliche Abgrenzung<br />

vorzunehmen. Als Analysezeitraum für die nachfolgenden<br />

Untersuchungen werden daher die Jahre 2010 bis<br />

2030 angesetzt. Aufgrund der Komplexität der Optimierungsrechnungen<br />

beschränken sich die Untersuchungen<br />

auf ausgewählte Jahre.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 109


STUDIENBEISPIELE<br />

2.1.2 Einflussgrößen<br />

Angebotsseite<br />

Die Erlöse aus zugebauter Kraftwerksleistung werden<br />

stark beeinflusst durch den Kraftwerkspark, in den die<br />

neue Erzeugungsleistung eingebracht wird. Dabei sind<br />

die Erzeugungsstruktur, d. h. die Zusammensetzung des<br />

Kraftwerksparks nach Technologie und Primärenergie<br />

sowie die Höhe der freien Leistung relevant. Unter der<br />

freien Leistung ist die Differenz der verfügbaren<br />

Erzeugungsleistung und der Nachfrage zu verstehen.<br />

Der Kraftwerkspark erfährt in seinem zeitlichen Verlauf<br />

verschiedene Zu- und Rückbauten und verändert sich in<br />

seiner Struktur sowie bzgl. der freien Leistung. So<br />

werden im Betrachtungszeitraum in erheblichem Umfang<br />

alte Anlagen durch moderne Kraftwerke ersetzt.<br />

Weiterhin tritt mit den neuen EU-Ländern zusätzliche<br />

freie Leistung in Konkurrenz zu der installierten Kapazität<br />

im westeuropäischen System. Die erwartete zeitliche<br />

Entwicklung des aggregierten Kraftwerksparks im<br />

betrachteten System zeigt Bild 2 für exemplarische<br />

Jahre [4-10].<br />

600<br />

GW<br />

installierte<br />

Leistung 400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

2010 2016 2020 2030<br />

LWKW<br />

PSKW<br />

SKW<br />

Öl/Sonstige<br />

Gas<br />

Bild 2: Entwicklung des Kraftwerksparks<br />

(D + A + I + CH + F + B/NL + EU-Ost)<br />

Steinkohle<br />

Braunkohle<br />

Kernenergie<br />

Der Ausbau von Windenergieanlagen (WEA) wird<br />

insbesondere in Deutschland stark politisch gefördert.<br />

Prognosestudien machen hinsichtlich der Entwicklung<br />

der ausgebauten WEA-Leistung stark unterschiedliche<br />

Aussagen. Bild 3 zeigt für die betrachteten Länder<br />

Prognosen bzgl. des minimal sowie maximal zu erwartenden<br />

Ausbaus, der in späteren Jahren durch off-shore<br />

WEA dominiert ist [10, 11].<br />

Weiterhin ist die Einspeisecharakteristik von WEA zu<br />

berücksichtigen, die in ihrer Erzeugung stark dargebotsabhängig<br />

und saisonal wie täglich unterschiedlich hoch<br />

ist. Aus dieser fluktuierenden Einspeisung ergibt sich<br />

ein erhöhter Bedarf an Reserve, insbesondere Minuten-<br />

bis Stundenreserve, was Rückwirkungen auf den<br />

thermischen und hydraulischen Kraftwerkseinsatz hat.<br />

120<br />

GW<br />

installierte<br />

Leistung 80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

min. WEA-Ausbau<br />

max. WEA-Ausbau<br />

2010 2016 2020 2030<br />

Bild 3: Ausbau der installierten WEA-Leistung<br />

EU-Ost<br />

I<br />

CH<br />

B/NL<br />

Nachfrageseite<br />

Auf der Nachfrageseite wird die in den einzelnen<br />

Ländern im betrachteten Zeitraum zu erwartende<br />

Entwicklung des Bedarfs an Fahrplanenergie sowie an<br />

Reserveleistung abgebildet.<br />

Die Nachfrage nach Fahrplanenergie hat, je nach<br />

Region und Zeitpunkt, einen charakteristischen Verlauf.<br />

Bei z. B. stündlich aufgelöster Lastkurve kann ein<br />

typischer Tages- sowie Wochenverlauf erkannt werden.<br />

Weiterhin sind saisonale Charakteristika erkennbar; die<br />

nachgefragte Energie ist im Winter bspw. größer als im<br />

Sommer. Unter der Annahme, dass sich die Nachfragecharakteristik<br />

nicht grundlegend ändert, kann daraus<br />

sowie aus dem prognostizierten Lastanstieg die in den<br />

einzelnen Ländern zu erwartende Last im betrachteten<br />

Zeitraum abgebildet werden.<br />

Der Bedarf an Reserveleistung kann, je nach Reserveart,<br />

anhand des Last- und Windprognosefehlers sowie<br />

der Leistung der größten Erzeugungsblöcke dimensioniert<br />

werden. Da sich die Nachfrage nach Fahrplanenergie<br />

und die maximale Blockgröße im System kaum<br />

ändern, ist die im Betrachtungszeitraum in einigen<br />

Ländern stark zunehmende installierte WEA-Leistung<br />

Hauptursache für eine steigende Reservenachfrage. Bei<br />

einem großflächigen und starken WEA-Ausbau, bei<br />

dem die installierte WEA-Leistung betragsmäßig 20 %<br />

bis 40 % der Höchstlast erreichen könnte, erhöht sich<br />

primär der Minutenreservebedarf. In guter Näherung<br />

kann ein linearer Anstieg für Länder mit starkem WEA-<br />

Ausbau, bspw. Deutschland, um etwa 500 MW zusätzlicher<br />

Minutenreserve pro 1000 MW zusätzlich installierter<br />

WEA-Leistung unterstellt werden, wobei für<br />

schwachen WEA-Ausbau der zusätzliche Reservebedarf<br />

vergleichsweise gering ist [12].<br />

Wirtschaftliche und politische Entwicklungen<br />

Als wirtschaftliche Einflussgröße auf die Erlössituation<br />

von Kraftwerksausbauten sind die Primärenergiepreise<br />

zu nennen. Die Erzeugungskosten und damit der Einsatz<br />

110 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />

A<br />

F<br />

D


der thermischen Kraftwerke wird maßgeblich durch die<br />

Primärenergiepreise bestimmt. Die Entwicklung der<br />

Primärenergiepreise für den untersuchten Betrachtungszeitraum<br />

wird aus der Konsolidierung und Analyse<br />

einer Vielzahl von Prognosestudien bestimmt. Zudem<br />

ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der unterschiedlichen<br />

Standorte der Kraftwerke unterschiedlich hohe<br />

Transportkosten anfallen, was in dieser Studie durch<br />

länderspezifische Primärenergiepreise abgebildet wird.<br />

Als politische Einflussgrößen werden die Auswirkungen<br />

der Einführung von Emissionsrechten für Kohlendioxid<br />

(CO 2 ), sog. Zertifikaten, sowie die Auswirkungen durch<br />

die EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRR) berücksichtigt.<br />

Durch die Einführung von CO 2 -Zertifikaten haben<br />

sich für Betreiber fossil gefeuerter Kraftwerke seit dem<br />

01.01.2005 neue Rahmenbedingungen ergeben. So<br />

werden seitdem entsprechend der angestrebten<br />

Gesamtmenge an zulässigem CO 2 -Ausstoss auf Basis<br />

einer nationalen Bemessungsgrundlage jedem Emittenten<br />

Emissionszertifikate zugeteilt (Nationaler Allokationsplan),<br />

die unter den Emittenten, aber auch anderen<br />

Marktteilnehmern, gehandelt werden können. Bei der<br />

Erzeugung elektrischer Energie fallen je nach Kraftwerk<br />

und Primärenergie unterschiedlich hohe spezifische<br />

CO 2 -Emissionen an, die mit dem Preis eines Emissionszertifikats<br />

monetär bewertet werden können [13].<br />

Die EU-WRR sieht die Festlegung von Pflicht- und<br />

Restwassermengen für Fliessgewässer und maximale<br />

Schwallbewegungen bei Speicherkraftwerken vor. Das<br />

kann zu einer deutlichen Einschränkung der erzeugbaren<br />

Energiemenge bei Wasserkraftwerken bzw. der<br />

flexibel einsetzbaren Leistung bei Speicherkraftwerken<br />

führen.<br />

Marktgrenzen<br />

Relevant für die Erlössituation von Kraftwerksausbauten<br />

ist die Abgrenzung der Absatzmärkte. So sind<br />

neben den nationalen Märkten für Fahrplanenergie<br />

auch ausländische Märkte zugänglich, um Kraftwerkskapazitäten<br />

zu vermarkten. Ein Handel ist zwischen<br />

allen betrachteten Ländern möglich. Zusätzlich zur<br />

grenzüberschreitenden Lieferung von Fahrplanenergie<br />

wird die Vorhaltung und der Abruf von Minutenreserve<br />

international abgebildet. Einschränkendes Kriterium für<br />

den grenzüberschreitenden Handel stellen die Übertragungskapazitäten<br />

an Landesgrenzen im betrachteten<br />

System dar.<br />

2.1.3 Ableitung von Szenarien<br />

Ausgehend von einem sog. Erwartungswertszenario<br />

(EW-Szenario) der zukünftigen Marktpreisentwicklung,<br />

das eine „wahrscheinliche“ Entwicklung der wesentli-<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

chen Einflussgrößen beinhaltet, werden für Einflussgrößen,<br />

die im Betrachtungszeitraum mit großen<br />

Unsicherheiten behaftet sind, mit Hilfe zusätzlicher<br />

Szenarien Variationen vorgenommen, um die Bandbreite<br />

der möglichen Realisationen in der Zukunft nachzubilden.<br />

Im EW-Szenario ist die Entwicklung des Kraftwerksparks<br />

in den einzelnen Ländern (inkl. der EU-Ost<br />

Länder) mit Berücksichtigung des Kernenergieausstiegs<br />

in Deutschland, eine Entwicklung der national differenzierten<br />

Primärenergiepreise gemäß der Prognosen, ein<br />

mittlerer WEA-Ausbau sowie ein internationaler<br />

Minutenreservehandel angenommen. Auf Basis der<br />

Ergebnisse von Szenarien der zukünftigen Marktpreise,<br />

in denen die Entwicklung der Einflussgrößen singulär<br />

verändert wird, werden weitere Szenarien generiert, in<br />

denen mehrere Einflussgrößen auf die Erlössituation<br />

der Ausbauoptionen kombiniert modifiziert werden.<br />

2.1.4 Marktsimulation<br />

Zur Ermittlung der fundamentalen Preiskomponente<br />

wird das Verfahren der Marktsimulation angewandt.<br />

Dabei wird die Nachfrage in Form einer zeitvariablen<br />

Last durch die in den jeweiligen Jahren des Untersuchungszeitraums<br />

zur Verfügung stehenden Kraftwerke<br />

unter Einhaltung technischer Nebenbedingungen sowie<br />

der Vorhaltung von Reserve gedeckt. Dazu wird ein<br />

Optimierungsproblem mit der Zielfunktion formuliert,<br />

mit minimalen variablen Erzeugungskosten der thermischen<br />

Kraftwerke sowie optimalem Einsatz der Wassermengen<br />

hydraulischer Kraftwerke die Nachfrage zu<br />

jedem Optimierungszeitpunkt zu decken. Somit wird<br />

das betrachtete System volkswirtschaftlich optimiert.<br />

Als Nebenbedingungen müssen bspw. Restriktionen für<br />

den Kraftwerksbetrieb sowie begrenzte Kapazitäten<br />

des Übertragungsnetzes an den jeweiligen Landesgrenzen<br />

berücksichtigt werden, da diese Rückwirkungen auf<br />

den Kraftwerkseinsatz und somit auf die Kostenstruktur<br />

haben. Dabei werden die zuvor genannten Einflussgrößen<br />

und ihre Szenarien als Eingangsdaten genutzt.<br />

Wesentliches Ergebnis sind die stündlichen Grenzkosten<br />

für Deutschland, die fundamentale Komponente des<br />

Marktpreises.<br />

2.2 Ermittlung der nichtfundamentalen Preiskomponente<br />

Zur Ermittlung der historischen nichtfundamentalen<br />

Preiskomponente werden zunächst Marktsimulationen<br />

für vergangene Jahre durchgeführt. Die Differenz<br />

zwischen den realisierten Spotmarktpreisen an der EEX<br />

und den ermittelten, historischen Grenzkosten stellt die<br />

nichtfundamentale Preiskomponente für den zu Grunde<br />

gelegten Zeitraum dar.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 111


STUDIENBEISPIELE<br />

Durch die Ableitung mathematischer Modelle wird in<br />

einem nächsten Schritt die historische nichtfundamentale<br />

Komponente des Marktpreises in die Zukunft für<br />

die ausgewählten Jahre des Betrachtungszeitraums<br />

fortgeschrieben. Dabei wird die nichtfundamentale<br />

Preiskomponente mit Hilfe eines Szenarienbaums<br />

modelliert, wobei die Erstellung des Szenarienbaums<br />

mit einem am IAEW entwickelten Verfahren erfolgt<br />

[14].<br />

2.3 Vermarktung der Ausbauoptionen<br />

Zur Bewertung der Vermarktung der Ausbauoptionen<br />

am Spotmarkt wird auf ein praxisbewährtes Optimierungsverfahren<br />

zur Kraftwerkseinsatzoptimierung zurückgegriffen<br />

[15]. Die Zielfunktion des Gesamtproblems<br />

kann dabei als Maximierung des am Markt<br />

erwirtschafteten Deckungsbeitrages formuliert werden.<br />

Das Gesamtverfahren liefert als Ergebnis der Optimierung<br />

neben dem erwirtschafteten Deckungsbeitrag die<br />

Erzeugung und den Bewirtschaftungsfahrplan der<br />

hydraulischen Kraftwerke sowie Handelsempfehlungen<br />

für den Spotmarkt.<br />

3 Ergebnisse<br />

Auf Basis der verschiedenen Entwicklungsszenarien der<br />

zukünftigen Marktpreise für die ausgewählten Jahre<br />

des Betrachtungszeitraums wird die Vermarktung der zu<br />

bewertenden Ausbauoptionen simuliert. Als Ergebnisgröße<br />

wird in den Untersuchungen der erwirtschaftete<br />

Deckungsbeitrag, der sich aus der Differenz von Erlösen<br />

und variablen Kosten ergibt, herangezogen.<br />

Aufbauend auf diesen Ergebnissen wird eine vergleichende<br />

Bewertung aller Untersuchungen durchgeführt.<br />

Hierzu wird eine vergleichende Grafik (Bild 4) generiert,<br />

deren prinzipieller Aufbau im Folgenden exemplarisch<br />

anhand einer Ausbauoption für ein exemplarisches Jahr<br />

erläutert wird. Zunächst werden die im jeweiligen Jahr<br />

erwirtschafteten Deckungsbeiträge für das EW-Szenario<br />

sowie für alle Szenarienrechnungen aufgetragen.<br />

Daraus lassen sich, ausgehend vom EW-Szenario, die<br />

minimal sowie maximal zu erwartenden Erlöse im<br />

rechten Bildteil ableiten. Somit kann für jede Ausbauoption<br />

und jedes Jahr ein Bereich des zu erwirtschaftenden<br />

Deckungsbeitrages von Minimal- bis Maximalszenario<br />

über alle Untersuchungen quantifiziert und als<br />

Konzentrat abgebildet werden.<br />

Auf Basis der erläuterten Darstellung zeigt Bild 5 die<br />

konzentrierten Ergebnisse zu den Deckungsbeiträgen<br />

aller Untersuchungen exemplarisch für zwei Ausbauoptionen<br />

A und B über die betrachteten Jahre. Die Ergebnisse<br />

verdeutlichen, dass in beiden Optionen der<br />

Deckungsbeitrag kontinuierlich ansteigt, was in dem<br />

generell zu erwartenden Anstieg der Grenzkosten und<br />

somit auch der Marktpreise im Betrachtungszeitraum<br />

begründet ist.<br />

Deckungsbeitrag<br />

[ ]<br />

Mio. EUR<br />

a<br />

...<br />

EW-Szenario Szenarien<br />

Bild 4: Ergebnisdarstellung<br />

Maximalszenario<br />

EW-Szenario<br />

Minimalszenario<br />

Ursache für den Anstieg der Grenzkosten sind im<br />

Wesentlichen der erwartete Anstieg der Primärenergiekosten<br />

sowie der Zubau von WEA-Leistung in<br />

Europa und der damit einhergehende Mehrbedarf an<br />

Reserveleistung. Überdies wird deutlich, dass die<br />

Bandbreite im Deckungsbeitrag über alle Untersuchungen<br />

langfristig über den Betrachtungszeitraum anwächst.<br />

Dies ist in der mit wachsendem Zeithorizont<br />

zunehmenden Prognoseunsicherheit bzgl. der relevanten<br />

Einflussgrößen auf die Erlössituation der Ausbauoptionen<br />

begründet.<br />

Deckungsbeitrag<br />

[ ]<br />

Mio. EUR<br />

a<br />

Zeit<br />

Option<br />

A B<br />

Bild 5: Gesamtdarstellung der Erlösentwicklung<br />

Auf Basis dieser Ergebnisse kann die Rentabilität von<br />

Investitionen für verschiedene Ausbauoptionen in<br />

einem weiteren Schritt über die Relation zwischen der<br />

generierten Bandbreite des Erlöspotenzials und den<br />

entsprechenden Investitionsaufwendungen abgeschätzt<br />

werden. Darüber hinaus können die relevanten Einflussgrößen<br />

auf die Erlössituation identifiziert werden.<br />

112 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


4 Zusammenfassung<br />

Als Entscheidungshilfe für eventuelle Investitionen<br />

werden in der vorliegenden Studie verschiedene<br />

Kraftwerksausbauoptionen durch Simulation der<br />

Vermarktung am zukünftigen Strommarkt bewertet. Da<br />

Marktpreise aus fundamentaler sowie nichtfundamentaler<br />

Preiskomponente bestehen, wird zunächst die<br />

fundamentale Komponente durch Marktsimulationen<br />

für den betrachteten Zeitraum bestimmt. Um die<br />

unsicheren Entwicklungen der europäischen Energiewirtschaft<br />

abzubilden, werden die wesentlichen<br />

Einflussgrößen auf das Erlöspotenzial identifiziert und<br />

anschließend auf Basis einer Vielzahl an Prognosestudien<br />

quantifiziert. Aufbauend auf den Analysen dieser<br />

Einflussgrößen werden Szenarien definiert, die konkrete<br />

Realisationen der Einflussgrößen beinhalten und<br />

somit den Entwicklungsraum über die Zeit erfassen.<br />

Auf Basis der fundamentalen Preiskomponente und der<br />

historischen Marktpreise des zugehörigen Zeitraums<br />

wird ex post die nichtfundamentale Preiskomponente<br />

ermittelt und mittels einer mathematischen Analyse für<br />

den Betrachtungszeitraum fortgeschrieben. Die Synthese<br />

dieser beiden Komponenten ergibt die zukünftigen<br />

Strommarktpreise, mit denen die Vermarktung verschiedener<br />

Kraftwerksausbauoptionen simuliert wird.<br />

Die kumulierte Betrachtung aller Szenarienrechnungen<br />

gibt Aufschluss über das Investitionsrisiko. Die Ergebnisse<br />

zeigen, dass unter Berücksichtigung der Entwicklungen<br />

der relevanten Einflussgrößen auf die Erlössituation,<br />

wie bspw. des zu erwartenden Anstiegs der<br />

Primärenergiepreise sowie des weiterhin anhaltenden<br />

WEA-Ausbaus, für die verschiedenen Ausbauoptionen<br />

– ohne Betrachtung der Investitionskosten – eine<br />

nachhaltige Erlössituation zu erwarten ist.<br />

Auf Basis der Ergebnisse kann die Rentabilität verschiedener<br />

Ausbauoptionen anhand eines Vergleichs<br />

von zu erwartendem Erlöspotenzial und den entsprechenden<br />

Investitionskosten bestimmt und somit<br />

Entscheidungen über einen eventuellen Kraftwerksausbau<br />

getätigt werden.<br />

5 Literatur<br />

[1] Gesetz über den Handel mit Berechtigungen zur<br />

Emission von Treibhausgasen<br />

34 BimSchV, 2003<br />

[2] Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments<br />

und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur<br />

Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen<br />

der Gemeinschaft im Bereich Wasserpolitik<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

[3] Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung<br />

zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität<br />

BGBI I 2002 Nr. 26 vom 26.04.2002<br />

[4] E-Control GmbH<br />

http://www.e-control.at [Stand 20.10.2006]<br />

[5] Bundesamt für Energie (BFE)<br />

Schweizerische Elektrizitätsstatistik 2005<br />

http://www.energie-schweiz.ch [Stand<br />

20.10.2006]<br />

[6] Verband der Netzbetreiber VDN e. V. beim VDEW<br />

Leistungsbilanz der allgemeinen Stromversorgung<br />

in Deutschland<br />

2002<br />

[7] Gestionnaire du Réseau de Transport d’Electricité<br />

http://www.rte-france.com [Stand 20.10.2006]<br />

[8] ENEL<br />

http://www.enel.it [Stand 20.10.2006]<br />

[9] Gestore della Rete di Trasmissione Nazionale<br />

http://www.grtn.it [Stand 12.05.2004]<br />

[10] Union of the Electricity Industry (eurelectric)<br />

Statistics and prospects for the European electricity<br />

sector (1980-1990, 2000-2020) (EURPROG)<br />

2004<br />

[11] The European Wind Energy Association (EWEA)<br />

Wind Power Targets for Europe: 75,000 MW by<br />

2010<br />

2003<br />

[12] Dany, G.<br />

Kraftwerksreserve in elektrischen Verbundsystemen<br />

mit hohem Windanteil<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> 2000<br />

[13] Neus, H.<br />

Integrierte Planung von Brennstoffbeschaffung<br />

und Energieeinsatz zur Stromerzeugung<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> 2003<br />

[14] Schmöller, H. K.<br />

Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen<br />

Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

Dissertation <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> 2005<br />

[15] Hartmann, T.; Blaesig, B.; Hinüber, G.;<br />

Haubrich, H.-J.<br />

Stochastic Optimization in Generation and Trading<br />

Planning<br />

In: Operations Research Proceedings 2006, Selected<br />

Papers of the Annual International Conference<br />

of the German Operations Research Society<br />

(GOR)<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 113


STUDIENBEISPIELE<br />

Ökonomische Bewertung verschiedener Engpassmanagementmethoden<br />

Economic Assessment of Different Congestion Management Methods<br />

Dr.-Ing. Gerd Hinüber, IAEW<br />

Dr.-Ing. Christian Zimmer; Dr.-Ing. Christoph Maurer; Dipl.-Ing. Lutz Eckenroth, Consentec GmbH<br />

Dr. Christoph Riechmann; Dr. Uli Brunner, Frontier Economics<br />

gerd.hinueber@iaew.rwth-aachen.de<br />

Zur effizienteren Nutzung der marktgebietsüberschreitenden Übertragungskapazitäten wird in Deutschland das Verfahren<br />

des Open Market Coupling (OMC) diskutiert. Dieses Verfahren vereint explizite und implizite Kapazitätsauktionen,<br />

weshalb auch von einem Hybridmodell gesprochen wird. Die Bundesnetzagentur hat in diesem Zusammenhang ein<br />

Gutachten beauftragt, in dem ökonomische Aspekte einer Einführung von OMC untersucht werden sollten. Hierbei<br />

sollte der mögliche Effizienzgewinn abgeschätzt werden, der durch OMC relativ zu einem Regime mit expliziten Auktionen<br />

erzielt werden kann. Weiterhin war zu untersuchen, ob OMC kompatibel mit den derzeitigen Marktregeln und den<br />

Anforderungen aus der EU-Verordnung 1228/2003 ist und welche Ausgestaltungsmöglichkeiten sich für eine Implementierung<br />

bieten.<br />

For a more efficient use of the cross-border transmission capacities, the method of Open Market Coupling (OMC) is<br />

discussed in Germany. This method is based on hybrid auctioning, i.e. a combination of explicit and implicit auctioning.<br />

The German regulator, the Federal Network Agency, has ordered a report, in which the economic aspects of an introduction<br />

of OMC should be analysed. In particular, the possible benefit in efficiency compared to a regime with explicit<br />

auctions had to be estimated. Additionally, the compatibility of OMC with current market arrangements as well as with<br />

the requirements of Regulation 1228/2003/EC had to be checked. Finally, the study investigated which design option<br />

can be chosen for an implementation of OMC.<br />

1 Hintergrund und Projektauftrag<br />

Die EU-Verordnung 1228 aus dem Jahr 2003 [1]<br />

schreibt für die Vergabe grenzüberschreitender Übertragungskapazitäten<br />

marktbasierte Verfahren vor. In der<br />

Folge wurde von den Marktteilnehmern in Europa eine<br />

Reihe verschiedener Methoden zum Engpassmanagement<br />

(EPM) diskutiert und – neben den bereits praktizierten<br />

Auktionen – an weiteren Grenzen eingeführt.<br />

Im Ergebnis wiesen die praktizierten Verfahren mit separaten<br />

Auktionen für explizite Kapazitätsrechte und für<br />

Energie Ineffizienzen auf. Diese manifestierten sich in<br />

ungenutzter Kapazität zwischen zwei Ländern trotz<br />

Preisdifferenzen zwischen den Energiemärkten. Mitunter<br />

kam es auch zu Kapazitätsnutzung in der „falschen<br />

Richtung“, also in Richtung einer Niedrigpreiszone.<br />

Analytische Überlegungen legten nahe, dass durch eine<br />

Kopplung von Kapazitätsauktionen und Stromhandelsgeschäften<br />

derartige Ineffizienzen vermieden werden<br />

können. Bei solchen Auktionen dient die Nutzung von<br />

Kapazitätsrechten dem verbesserten grenzüberschreitenden<br />

Clearing zwischen Handelsplätzen (z. B. Strombörsen).<br />

Teilnehmer am Energiemarkt partizipieren über<br />

die Strombörsen implizit an der Nutzung der Kuppelkapazität<br />

an den Grenzen. Daher spricht man hier auch<br />

von impliziten Kapazitätsauktionen.<br />

In diesem Zusammenhang wird in Deutschland das<br />

Verfahren des Open Market Coupling (OMC) diskutiert.<br />

Bei diesem Verfahren werden explizite und implizite<br />

Auktionen kombiniert, weshalb auch von einem „Hybridmodell“<br />

gesprochen wird.<br />

Während durch die Synchronisation von Energie- und<br />

Kapazitätsmärkten eine effizientere Nutzung der<br />

grenzüberschreitenden Leitungen erzielt werden kann,<br />

ist die Etablierung einer impliziten Auktion kosten- und<br />

zeitaufwändiger als eine explizite Auktion. Dies liegt<br />

u. a. daran, dass die Schaffung einer Abwicklungsstelle<br />

(eines Auction Office) notwendig wird.<br />

Die Bundesnetzagentur hat vor diesem Hintergrund das<br />

Konsortium von Frontier Economics (London/Köln),<br />

Consentec (<strong>Aachen</strong>) und IAEW damit beauftragt, den<br />

möglichen Effizienzgewinn abzuschätzen, der durch<br />

OMC relativ zu einem Regime mit expliziten Auktionen<br />

erzielt werden kann. Dabei sollte in Abweichung vom<br />

Status Quo vorausgesetzt werden, dass in jedem Fall<br />

ein grenzüberschreitender Intraday-Handel existiert.<br />

Weiterhin war zu untersuchen, ob OMC kompatibel mit<br />

den derzeitigen Marktregeln und den Anforderungen<br />

aus der Verordnung EC 1228/2003 ist, und welche<br />

Ausgestaltungsmöglichkeiten sich für eine Implementierung<br />

bieten.<br />

114 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


2 Ergebnisse der quantitativen Untersuchung<br />

Die Ergebnisse der quantitativen Abschätzung des<br />

Nutzenzuwachses deuten darauf hin, dass die Einführung<br />

von OMC tatsächlich Wohlfahrtsgewinne erlaubt.<br />

Insbesondere lässt sich folgern, dass<br />

• durch die geplante Einführung von grenzüberschreitendem<br />

Intraday-Handel bereits Effizienzpotenziale<br />

bei der Vergabe von Kapazitätsrechten ausgeschöpft<br />

werden können (d. h. einige der beobachteten<br />

Ineffizienzen expliziter Auktionen abgebaut<br />

werden).<br />

• durch die Einführung von OMC (allein an den<br />

Grenzen Richtung Frankreich und den Niederlanden<br />

sowie auf Basis von Daten für 2005) zusätzliches<br />

Optimierungspotenzial in der Größenordnung von<br />

8-12 Mio. EUR/Jahr realisiert werden können. Dieses<br />

zusätzliche Potenzial entsteht, da nicht alle<br />

Kraftwerkskapazitäten so flexibel eingesetzt werden<br />

können, dass sie kurzfristig („intraday“) zu einer<br />

Optimierung beitragen können. Diese Kapazitäten<br />

können am effizientesten im Rahmen einer synchronisierten<br />

Energie- und Kapazitätsauktion dayahead<br />

eingeplant werden.<br />

• die Einführung eines Kapazitätsmodells unter<br />

Beachtung zu erwartender Lastflüsse (so genanntes<br />

Power Transfer Distribution Factor (PTDF) Modell)<br />

die Realisierung weiterer Effizienzgewinne, sowohl<br />

im Fall expliziter Auktionen als auch bei OMC, ermöglicht.<br />

Die Vorteile des PTDF-Modells werden im<br />

Fall eines perfekten Intraday-Marktes weitestgehend<br />

auf Intraday-Basis und nicht über das OMC<br />

realisiert. Ist der Intraday-Markt hingegen nicht perfekt,<br />

können die Vorteile des PTDF-Modells über<br />

das OMC-Verfahren ausgeschöpft werden.<br />

• die Zusatzkosten der Schaffung eines Auction<br />

Office bei Einführung von OMC bei weniger als<br />

1 Mio. EUR/Jahr liegen.<br />

• damit die Einführung eines OMC-Mechanismus<br />

z. B. an den Grenzen zu den Niederlanden und<br />

Frankreich Nettowohlfahrtsgewinne in Höhe von 7-<br />

11 Mio. EUR/Jahr nach sich ziehen würde.<br />

• die grundsätzlichen Effizienzvorteile von OMC<br />

gegenüber expliziten Auktionen unabhängig davon<br />

bestehen, ob systematische Preisdifferenzen zwischen<br />

Ländern bestehen, solange kurzfristige Preisschwankungen<br />

zwischen den jeweiligen Ländern<br />

auftreten.<br />

Die quantitative Abschätzung der Effizienzgewinne<br />

basierte auf einer Schätzung der zusätzlichen Handelsgewinne<br />

unter OMC relativ zu einem Referenzszenario<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

mit expliziten Auktionen. Diese Schätzung erfolgte<br />

dabei unter sehr konservativen Annahmen (d. h. die<br />

Vorteile des OMC wurden tendenziell unterschätzt). Im<br />

Referenzszenario (und auch im Szenario mit OMC)<br />

wurde z. B. die Existenz eines perfekten grenzüberschreitenden<br />

Intraday-Marktes unterstellt, über den<br />

bereits umfangreiche Optimierungspotenziale ausgeschöpft<br />

werden könnten. In einem solchen perfekten<br />

Intraday-Markt müssten Kapazitäten über implizite<br />

Auktionen vergeben werden, oder sie müssten in Form<br />

von Kapazitätspflichten in einem liquiden Markt<br />

gehandelt werden, in dem alle neuen Transaktionen<br />

laufend in das System eingepflegt werden, um die<br />

jeweils verfügbaren Übertragungskapazitäten in<br />

Echtzeit fortlaufend neu zu ermitteln. Wird kein Intraday-Markt<br />

eingeführt oder ist er nicht entsprechend<br />

perfekt, würden die durch OMC realisierbaren Optimierungspotenziale<br />

höher ausfallen als im Rahmen des<br />

Gutachtens geschätzt.<br />

Eine Abschätzung, wie sich die Vorteile des OMC auf<br />

verschiedene Stakeholder verteilen, war nicht Gegenstand<br />

des Gutachtens.<br />

3 Compliance<br />

Dem in diesem Beitrag vorgestellten ökonomischen<br />

Gutachten [2] gingen ein juristisches [3] und ein<br />

technisches , ebenfalls vom IAEW erstelltes [4] Gutachten<br />

voraus. Während insbesondere im juristischen<br />

Gutachten ein Großteil der rechtlichen Aspekte des<br />

OMC erörtert wurde, wird in dieser Studie ergänzend<br />

die Kompatibilität alternativer Engpassmanagementregimes<br />

mit den Anforderungen aus dem Regulierungsumfeld<br />

geprüft. Hierbei zeigt sich, dass<br />

• sowohl explizite Kapazitätsauktionen als auch das<br />

Open Market Coupling (OMC) kompatibel mit der<br />

Verordnung EC 1228/2003, die marktorientierte Zuteilungsverfahren<br />

an engpassbehafteten Grenzen<br />

vorsieht, sind. Diese Einschätzung gilt sowohl im<br />

Hinblick auf die allgemeinen Grundsätze für das<br />

Engpassmanagement (Art. 6 der Verordnung) als<br />

auch hinsichtlich der Anforderungen an die Transparenz<br />

des Verfahrens.<br />

• OMC kompatibel mit Vorrangregeln für bestimmte<br />

Erzeugungsarten, z. B. für Windenergie in Deutschland,<br />

ist.<br />

• OMC einen Beitrag zur Unterminierung strategischen<br />

Anbieterverhaltens (wo dies vorliegt) leisten<br />

kann. Insbesondere wird durch die Synchronisation<br />

von Kapazitäts- und Energiemarkt das Potenzial für<br />

strategische Verhaltensweisen reduziert.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 115


STUDIENBEISPIELE<br />

4 Ausgestaltungsmöglichkeiten 5 Schlussfolgerung<br />

Für die Implementierung des OMC bestehen zahlreiche<br />

Ausgestaltungsoptionen:<br />

1. Geographische Reichweite<br />

• Die zunächst nächstliegende Ausgestaltungsoption<br />

dürfte jene des OMC an den<br />

Grenzen zu Frankreich, den Niederlanden und<br />

ggf. Dänemark bzw. Nordpool sein. Nicht nur<br />

existieren in allen genannten Ländern liquide<br />

Stromgroßhandelsmärkte und Engpässe für den<br />

grenzüberschreitenden Stromaustausch, sondern<br />

es ist auch geplant, an anderen Außengrenzen<br />

dieser Länder implizite Auktionen für<br />

grenzüberschreitende Übertragungskapazitäten<br />

einzuführen (z. B. Market Coupling zwischen<br />

Norwegen und den Niederlanden über das geplante<br />

NorNed Kabel) bzw. es existieren bereits<br />

Mechanismen für den grenzüberschreitenden<br />

Stromhandel mittels impliziter Auktionen (z. B.<br />

Schweden-Deutschland über das Kontek-Kabel<br />

und trilaterales Market Coupling zwischen Belgien,<br />

Frankreich und den Niederlanden).<br />

• Eine Ausdehnung von OMC auf weitere Länder<br />

wird derzeit noch durch fehlende liquide Großhandelsmärkte<br />

bzw. Handelsplattformen in der<br />

Schweiz, Tschechien und Polen erschwert. Allerdings<br />

ist zu bedenken, dass sich eine entsprechende<br />

Liquidität durch die Einführung eines<br />

OMC mit diesen Ländern entwickeln könnte.<br />

Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die<br />

Einführung von OMC auch bei konservativer Schätzung<br />

Nettowohlfahrtsgewinne von min. 7-11 Mio. EUR/Jahr<br />

erwarten lässt, wenn man alleine die Grenzen nach<br />

Frankreich und den Niederlanden betrachtet. Die<br />

Ausweitung auf weitere Grenzen würde tendenziell<br />

einen höheren Nutzenzuwachs erwarten lassen,<br />

während die Zusatzkosten nahezu unverändert blieben.<br />

Das Verfahren ist kompatibel mit den regulatorischen<br />

Rahmenbedingungen sowohl auf europäischer Ebene<br />

(insbesondere Verordnung 1228/2003) als auch auf<br />

nationaler Ebene (z. B. Einspeisevorrang für erneuerbare<br />

Energien).<br />

6 Literatur<br />

• Zwischen Deutschland und Österreich liegen<br />

derzeit keine Kapazitätsengpässe vor, so dass<br />

sich an dieser Grenze auch nicht die Frage nach<br />

einer Engpassbewirtschaftung stellt. [4] IAEW<br />

• Auch innerhalb Deutschlands wäre die Anwendung<br />

eines OMC-Ansatzes denkbar, sollten in<br />

Zukunft systematische Engpässe innerhalb<br />

Deutschlands auftreten. Mit impliziten Auktionsverfahren<br />

innerhalb eines Landes liegen<br />

z. B. bereits Erfahrungen aus Norwegen und<br />

aus Italien vor.<br />

2. Die Aufteilung der Engpassrenten, die beim OMC<br />

anfallen, könnte einerseits anhand ökonomischer<br />

Indikatoren über die Wertigkeit der Engpässe und<br />

andererseits lastflussbasiert erfolgen. Darüber<br />

hinaus sind mittels Gewichtungen und Kombinationen<br />

von Methoden diverse Untervarianten denkbar.<br />

Letztlich ist es eine Frage der Gewichtung der<br />

jeweiligen Vor- und Nachteile sowie Anreizwirkungen,<br />

welche Methode – oder Methodenkombination<br />

– aus regulatorischer Sicht zu favorisieren<br />

wäre.<br />

[1] Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des europäischen<br />

Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über<br />

die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden<br />

Stromhandel<br />

Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L176/1,<br />

15.07.2003<br />

[2] Frontier Economics, Consentec, IAEW<br />

Ökonomische Bewertung verschiedener Engpassmanagementmethoden<br />

www.bundesnetzagentur.de [Stand 22.01.<strong>2007</strong>]<br />

[3] Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft der<br />

Universität Karlsruhe<br />

Rechtsgutachten über die Etablierung eines Auction<br />

Office im Rahmen des Open Market Coupling<br />

www.bundesnetzagentur.de [Stand 22.01.<strong>2007</strong>]<br />

Technische Fragen beim Open Market Coupling –<br />

OMC<br />

www.bundesnetzagentur.de [Stand 22.01.<strong>2007</strong>]<br />

116 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


STUDIENBEISPIELE<br />

Bewertung des Optimierungspotenzials zur Integration des Windstroms in das<br />

Verbundsystem<br />

Potentials to Optimize the Integration of Wind Energy into the German Interconnected<br />

System<br />

Dipl.-Ing. Philipp Siemes, IAEW; Dr.-Ing. Hendrik Vennegeerts, FGH; Dipl.-Ing. Simon Ohrem, IAEW<br />

philipp.siemes@iaew.rwth-aachen.de, hendrik.vennegeerts@fgh-ma.de, simon.ohrem@iaew.rwth-aachen.de<br />

Die große Anzahl der in Deutschland installierten Windenergieanlagen (WEA) erfordert bereits heute hohe Anstrengungen<br />

zur Integration in das bestehende Energieversorgungssystem. Aufbauend auf den Erkenntnissen der dena-<br />

Netzstudie soll die vorgestellte Studie neue Lösungsansätze für die Integration von WEA untersuchen und mögliche<br />

Lösungsansätze und weiteren Forschungsbedarf aufzeigen. Die vom IAEW bearbeiteten und im Folgenden genauer<br />

dargestellten Themenschwerpunkte umfassen die Untersuchung verschiedener Strategien eines Einspeisemanagements,<br />

Einrichtung eines Intraday-Handels, Nutzung von Lastmanagement, Ansätze zur Reduktion des mit dem Lastprognosefehler<br />

verbundenen Reservebedarfs, Potenziale von kurz- bis mittelfristig verfügbaren Speichertechnologien<br />

und Möglichkeiten zur Verringerung der Auswirkungen auf angrenzende ausländische Netze.<br />

At this stage, the large number of wind turbines in Germany is already causing troubles with their integration into the<br />

existing power system. Therefore the scope of this study is the investigation of new approaches for integration of wind<br />

turbines on the basis of the dena Grid Study’s outcomes. This study is intended to provide a new basis for continuative<br />

projects. The parts handled by IAEW, which are presented in the following, comprehend the investigation of various<br />

strategies for generation management of wind turbines, establishment of an intraday trade, use of load management,<br />

approaches for reduction of reserve demand due to load forecast error, potentials of short- and medium-termed available<br />

storage technologies and options to reduce the wind turbines’ impacts on bordering foreign interconnected<br />

systems.<br />

1 Hintergrund<br />

Das Ziel nationaler und europäischer Energiepolitik ist,<br />

den Energiebedarf zunehmend durch regenerative<br />

Quellen und vor allem durch Windenergieanlagen<br />

(WEA) zu decken. Der fluktuierende Charakter der<br />

Einspeisung aus WEA führt aber bereits heute in<br />

Verbindung mit ihrer ungenauen Prognose dazu, dass<br />

kurzfristige Reserveleistung in erheblichem Umfang<br />

bereitgehalten werden muss. Zudem kann die Ballung<br />

von WEA in last- und strukturschwachen Netzbereichen<br />

in Starkwindzeiten zu evtl. unzulässig hohen Belastungen<br />

der Übertragungsnetze führen. Das Ziel der vorgestellten<br />

Studie ist, aufbauend auf den Erkenntnissen<br />

der im Jahr 2003 abgeschlossenen dena-Netzstudie [1],<br />

neue Lösungsansätze für die Integration von WEA zu<br />

untersuchen und weiteren Forschungsbedarf aufzuzeigen.<br />

Dazu hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz<br />

und Reaktorsicherheit (BMU) ein Konsortium<br />

bestehend aus IAEW und FGH mit der vorgestellten<br />

Studie beauftragt. Die im Weiteren aufgelisteten, vom<br />

IAEW untersuchten, Themenschwerpunkte werden in<br />

den folgenden Kapiteln detailliert dargestellt.<br />

• Potenziale eines Einspeisemanagements in Hinblick<br />

auf die Optimierung des Regel- und Reserveenergiebedarfs<br />

• Potenziale zur verbesserten Integration der Windenergie<br />

durch die Schaffung eines Intraday-Handels<br />

• Potenziale eines kurz- bis mittelfristig realisierbaren<br />

Lastmanagements speziell in Bezug auf die Anforderungen<br />

der verbesserten Integration der Windenergie<br />

• Bewertung des Lastprognosefehlers sowie des<br />

damit im Zusammenhang stehenden Regel- und<br />

Reserveenergiebedarfs<br />

• Potenziale kurz- und mittelfristig verfügbarer<br />

Speichertechnologien<br />

Die von der FGH untersuchten Themenschwerpunkte<br />

werden im Weiteren nicht genauer ausgeführt. Es handelt<br />

sich um die Module<br />

• Darstellung der Anlageneigenschaften für Systemdienstleistungen<br />

und Bewertung der Möglichkeiten<br />

zur Weiterentwicklung von Anschlussbedingungen<br />

für WEA<br />

• Darstellung netz- und anlagenseitiger Lösungsmöglichkeiten<br />

der Spannungstrichterproblematik<br />

• Potenziale eines Leitungstemperaturmonitorings<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 117


STUDIENBEISPIELE<br />

• Abschätzungen zur Wirtschaftlichkeit von Erdkabeln<br />

als Alternative zu Freileitungen<br />

• Möglichkeiten zur Verringerung der Auswirkungen<br />

auf angrenzende ausländische Netze<br />

2 Potenziale eines Einspeisemanagements<br />

Aufgrund ihrer begrenzten Prognostizierbarkeit verursacht<br />

die Einspeisung aus WEA bereits heute einen<br />

deutlichen Mehrbedarf an der für einen sicheren Netzbetrieb<br />

vorzuhaltenden Kraftwerksreserve. Für den in<br />

der Zukunft erwarteten Ausbau der Windenergie in<br />

Deutschland würde der Windprognosefehler zum dominierenden<br />

Faktor für die Bemessung der vorzuhaltenden<br />

Kraftwerksreserve. Durch ein Einspeisemanagement<br />

(ESM) kann zumindest teilweise eine Steuerbarkeit der<br />

WEA-Einspeisung erreicht und hierdurch der windbedingte<br />

Mehrbedarf an Kraftwerksreserve reduziert<br />

werden.<br />

Grundsätzlich sind zwei Arten der Drosselung von WEA<br />

denkbar. Bei der ersten Variante wird eine ständige<br />

Drosselung zur Bereitstellung von positiver und negativer<br />

Minutenreserve durchgeführt. Die technische Realisierbarkeit<br />

dieser Variante ist aufgrund der derzeit<br />

geltenden Fassung der strengen Präqualifikationsrichtlinien<br />

für Anbieter von Reserveleistung jedoch fraglich.<br />

Zudem ist sie auch wirtschaftlich ungünstig, da bei<br />

ständiger Androsselung von WEA ein großer Teil der<br />

potenziellen Einspeisung ungenutzt bleibt. Bei der<br />

zweiten Variante werden WEA nur zeitweise bei<br />

Auftreten von sehr großen WEA-Prognosefehlern gedrosselt,<br />

um negative Minutenreserve einzusparen.<br />

Diese Variante hat gegenüber der ersten den Vorteil,<br />

dass sie technisch einfach realisierbar ist. Zudem ist<br />

sie auch wirtschaftlich sinnvoll, da bereits bei sehr<br />

seltener Androsselung ein nicht vernachlässigbarer Teil<br />

an negativer Minutenreserveleistung eingespart werden<br />

kann. Eine mögliche Vorgehensweise beim Einsatz<br />

des ESM ist auf den folgenden beiden Bildern beispielhaft<br />

dargestellt.<br />

MW<br />

WEA-Einspeisung<br />

WEA-Prognose<br />

0 h 24 h<br />

Bild 1: WEA-Einspeisung und –Prognose<br />

Um den windbedingten negativen Minutenreservebedarf<br />

zu senken, wird die WEA-Einspeisung soweit gedrosselt,<br />

dass der maximale positive Prognosefehler<br />

nach oben begrenzt wird. Die Grenze, ab der die<br />

Drosselung einsetzt, ist gestrichelt eingetragen (Bild 2).<br />

Die dann aufgrund ESM nicht eingespeiste Windenergie<br />

entspricht den in Bild 1 ausgefüllten Flächen.<br />

MW<br />

Grenze ESM<br />

WEA-Prognosefehler<br />

0 h 24 h<br />

Bild 2: WEA-Prognosefehler bei Einsatz von ESM<br />

Im Folgenden werden die Auswirkungen eines ESM<br />

quantitativ abgeschätzt. Die installierte WEA-Leistung<br />

für das Jahr 2020 wird in Anlehnung an die dena-<br />

Netzstudie [1] und in Absprache mit dem Auftraggeber<br />

zwischen 30 GW und 48,2 GW angesetzt. Um den Einfluss<br />

des ESM auf den Minutenreservebedarf als auch<br />

auf die WEA-Einspeisung zu verdeutlichen, sind die<br />

Bandbreiten des windbedingten Mehrbedarfs an<br />

negativer Minutenreserve und der aufgrund von ESM<br />

nicht eingespeisten Energie aus WEA im gleichen<br />

Diagramm (Bild 3) dargestellt. Die oberen Schranken<br />

der Bänder entsprechen 48,2 GW, die unteren einer<br />

installierten WEA-Leistung von 30 GW.<br />

6<br />

ΔP [GW]<br />

ΔW [TWh/a]<br />

4<br />

0<br />

0 5 10 15 % 25 30<br />

WEA-Prognosefehler / P inst,WEA<br />

118 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong><br />

10<br />

8<br />

2<br />

Bild 3: Mehrbedarf an Minutenreserveleistung vs.<br />

nicht eingespeiste Energie über max. WEA-<br />

Prognosefehler<br />

Die rechten Enden der Kurven kennzeichnen den Fall<br />

ohne ESM. Die Schnittpunkte mit der Ordinate kennzeichnen<br />

vollständiges ESM, also der Einsatz des ESM<br />

schon bei der geringsten positiven Abweichung von der<br />

Prognose. Würde das ESM oberhalb einem WEA-<br />

Prognosefehler von ca. 14% angewendet (entspricht<br />

einem Einsatz von ca. 100 Stunden pro Jahr), dann<br />

könnte der windbedingte Mehrbedarf an negativer<br />

Minutenreserveleistung auf ungefähr 5,2 GW (bei<br />

48,2 GW installierter WEA-Leistung), also um ca. 45%<br />

gesenkt werden. Dabei würden 200 GWh/a an WEA-<br />

Einspeisung, das entspricht 0,2% der erwarteten jährlichen<br />

Gesamteinspeisung, nicht genutzt werden. Bewertet<br />

man die nicht eingespeiste Windenergie mit der


Einspeisevergütung und die eingesparte Minutenreserve<br />

mit heutigen Marktpreisen, zeigt sich, dass die<br />

Anwendung von ESM in größerem Umfang wirtschaftlich<br />

sein kann. Eine volkswirtschaftliche Betrachtung<br />

unter Berücksichtigung des Klimaschutzes würde eine<br />

genauere Untersuchung erfordern.<br />

3 Potenziale eines Intraday-Handels<br />

Die Einspeisung großer WEA-Kollektive weist aufgrund<br />

von Ausgleichseffekten nur relativ geringe Gradienten<br />

auf. Basierend auf Kurzzeitprognosen wenige Stunden<br />

vor dem Betrieb, die im Vergleich zu den für die Fahrplananmeldung<br />

eingesetzten Vortagesprognosen deutlich<br />

höhere Prognosegüten aufweisen, könnte der<br />

Windprognosefehler zu einem bedeutenden Anteil<br />

durch eine zusätzliche, längerfristig aktivierbare Stundenreserve<br />

abgedeckt werden. Geringere Anforderungen<br />

an die Aktivierungszeit aufgrund längerer Vorlaufzeiten<br />

als bei der innerhalb von 15 Minuten aktivierbaren<br />

Minutenreserve lassen für eine solche Reserve<br />

geringere spezifische Kosten erwarten. Die Beschaffung<br />

dieser längerfristigen Reserve könnte neben einer<br />

öffentlichen Ausschreibung, wie bei anderen Reservearten,<br />

über einen ausreichend liquiden Intraday-Handel<br />

erfolgen.<br />

Für eine beispielhafte Regelzone und eine in Deutschland<br />

angenommene installierte WEA-Leistung von<br />

30 GW sind in Bild 4 die Kosten der Reservevorhaltung<br />

bei heutigen Marktpreisen dargestellt. Für das heute<br />

nicht erhältliche Produkt der Stundenreserve wird<br />

gemäß einer Analyse der europäischen Intraday-Märkte<br />

angenommen, dass es im Gegensatz zur Minutenreserve<br />

keinen Leistungspreis hat. Der Arbeitspreis der<br />

Stundenreserve entspricht dem mittleren Spotmarktpreis.<br />

Wie Bild 4 zeigt, kann durch den Einsatz von<br />

Stundenreserve trotz der geringeren spezifischen<br />

Kosten der Beschaffung am Intradaymarkt kein wesentlicher<br />

wirtschaftlicher Vorteil gegenüber der heute<br />

ausschließlichen Vorhaltung von Minutenreserve erzielt<br />

werden. Dies ist auf den in Summe steigenden Beschaffungsbedarf<br />

zurückzuführen.<br />

4 Potenziale eines Lastmanagements<br />

Eine jederzeit ausgeglichene Leistungsbilanz im Elektrizitätsverbund<br />

wird derzeit durch die Bereitstellung von<br />

Regel- und Reserveleistung – also durch eine Anpassung<br />

der Einspeisung – gewährleistet. Die prinzipiell<br />

ebenso mögliche Anpassung des Bedarfs durch ein<br />

nachfrageseitiges Lastmanagement wird bisher hingegen<br />

nur in geringem Umfang genutzt.<br />

Vor dem Hintergrund einer sich verändernden Erzeugungsstruktur,<br />

die durch die verstärkte Einbindung der<br />

dargebotsabhängigen Windenergie zukünftig noch weit<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

größeren Unsicherheiten unterliegt, könnte es sinnvoll<br />

sein, die Steuerung der Last stärker als bisher zum<br />

Leistungsbilanzausgleich einzusetzen.<br />

Mio. €/a<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 119<br />

600<br />

300<br />

150<br />

0<br />

Beschaffung Intraday-Markt<br />

Negative Minutenreserve<br />

Positive Minutenreserve<br />

Day-Ahead 4h 2h<br />

Bild 4: Kosten der Reservebeschaffung für eine<br />

beispielhafte Regelzone<br />

Industriekunden nehmen z. T. bereits heute mit ihren<br />

disponiblen Prozessen (z. B. Chlorelektrolyse) unter<br />

Beachtung der Präqualifikationsrichtlinien am Minutenreservemarkt<br />

teil. Der Anreiz für Unternehmen, diese<br />

zusätzliche Vermarktungsmöglichkeit zu nutzen, ergibt<br />

sich aus den erzielbaren Preisen. Somit ist hier das<br />

zukünftige Preisniveau für Minutenreserve entscheidend.<br />

Weiterhin ist grundsätzlich auch eine Lastabschaltung<br />

bei privaten Haushalten denkbar. Hier kommt jedoch<br />

nur die verschiebbare Nutzung elektrische Geräte, wie<br />

der Waschmaschine, Spülmaschine, dem Trockner oder<br />

des Kühlschranks in Betracht. Durchgeführte Feldstudien<br />

[2] zeigen, dass Kunden häufig Vorbehalte gegen<br />

die extern veranlasste Abschaltung der Geräte haben,<br />

da ihnen die persönliche Kontrolle über das Gerät fehlt<br />

und zudem versicherungstechnische Bedingungen der<br />

u. U. fehlenden Beaufsichtigung fraglich sind. Des Weiteren<br />

stehen dem, bei einer flächendeckenden Anwendung,<br />

großen Potenzial die nicht unerheblichen Anschaffungskosten<br />

je Haushalt für elektronischen<br />

Drehstromzähler, Anzeigegerät, Stromwertschalter und<br />

Signalübertragungsgerät gegenüber.<br />

5 Bewertung des Lastprognosefehlers<br />

Mit dem durch die Liberalisierung bedingten Unbundling<br />

hat sich die Informationsbasis für den Übertragungsnetzbetreiber<br />

und damit dessen Durchführung der<br />

Prognose zukünftiger Netzsituationen stark verändert.<br />

Dies hat insbesondere auch Auswirkungen auf die<br />

Lastprognose, die einen wesentlichen Einfluss auf den<br />

Regel- und Reserveenergiebedarf besitzt. In diesem<br />

Abschnitt wird einerseits die Entwicklung des Lastprognosefehlers<br />

eingeschätzt und andererseits Ansätze<br />

zur Erhöhung der Prognosegüte hinsichtlich ihrer<br />

Potenziale bewertet. Die Ansätze zur Erhöhung der Prognosegüte<br />

hinterfragen auch die derzeitige Aufteilung<br />

Deutschlands in vier Regelzonen mit jeweils getrennter


STUDIENBEISPIELE<br />

Lastprognose und Ausregelung von Bilanzabweichungen.<br />

Die Optimierungspotenziale werden wie in Kapitel 2 für<br />

eine beispielhafte Regelzone bei einer in Deutschland<br />

installierten WEA-Leistung zwischen 30 GW und<br />

48,2 GW ermittelt. Im Folgenden werden für diese<br />

Regelzone die Optimierungspotenziale des Reservebedarfs<br />

bei einer gemeinsamen Ausregelung („Poolung“)<br />

von wind- und lastbedingter Reserve und bei gemeinsamer<br />

Reservevorhaltung in Deutschland bestimmt.<br />

Bei der Poolung von wind- und lastbedingter Reserve<br />

wird analog zum unverzüglichen Horizontalausgleich<br />

der Windenergie auch der Lastprognosefehler entsprechend<br />

dem jährlichen Energieabsatz auf die vier<br />

Regelzonen aufgeteilt. Dies hat den Vorteil, dass der<br />

heute prinzipiell mögliche gegensätzliche Reserveeinsatz<br />

zur Ausregelung der Lastprognosefehler in den<br />

einzelnen Regelzonen vermieden wird.<br />

Bei einer gemeinsamen Reservevorhaltung für Deutschland<br />

werden alle Einflussfaktoren auf den Reservebedarf<br />

gemeinsam ausgeregelt. Dies sind im Einzelnen<br />

Kraftwerksausfälle, Lastschwankungen, Lastprognosefehler<br />

und der WEA-Prognosefehler. Der vorzuhaltende<br />

Reservebedarf wird analog zum unverzüglichen Horizontalausgleich<br />

der Windenergie entsprechend dem<br />

jeweiligen jährlichen Energieabsatz auf die vier Übertragungsnetzbetreiber<br />

aufgeteilt.<br />

Sowohl die Poolung von wind- und lastbedingter Reserve<br />

als auch die gemeinsame Reservevorhaltung weisen<br />

im besten Fall Einsparpotenziale von etwa 20% an<br />

Minutenreserveleistung und -energie auf. Aufgrund der<br />

nicht vollständigen Korrelation der heutigen Lastprognosefehler<br />

können diese Werte in der Praxis jedoch<br />

nicht erreicht werden. Stattdessen wird das realisierbare<br />

Einsparpotenzial deutlich niedriger sein.<br />

Weiterhin verursachen beide Ansätze durch die entstehenden<br />

Ausgleichsflüsse eine zusätzliche Netzbelastung.<br />

Bei der Poolung von wind- und lastbedingter<br />

Reserve entstehen im Fall entgegen gesetzter Vorzeichen<br />

der Lastprognosefehler zweier Regelzonen Ausgleichsflüsse<br />

zwischen diesen Regelzonen. Aufgrund<br />

der genannten Korrelation der einzelnen Lastprognosefehler<br />

wird der Betrag dieser Ausgleichflüsse jedoch<br />

relativ gering sein. Dagegen kann im Fall der gemeinsamen<br />

Reservevorhaltung bei einem Kraftwerksausfall<br />

durch die Aushilfe aus benachbarten Regelzonen eine<br />

deutliche zusätzliche Belastung der betroffenen Kuppelleitungen<br />

hervorgerufen werden.<br />

Ein weiterer Vorteil der Poolung von wind- und lastbedingter<br />

Reserve ist, dass in diesem Fall auch weiterhin<br />

Aushilfsmöglichkeiten zwischen den vier heutigen Re-<br />

gelzonen bestehen. Im Fall der gemeinsamen Reservevorhaltung<br />

wäre dagegen zur Aufrechterhaltung der<br />

heutigen Systemsicherheit eine geringere Defizit-<br />

/Überschusswahrscheinlichkeit als die heutigen 10<br />

Stunden pro Jahr und Regelzone erforderlich, was die<br />

erzielbaren Einsparpotenziale einschränken würde.<br />

6 Potenziale kurz- und mittelfristig verfügbarer<br />

Speichertechnologien<br />

Als Alternative und Ergänzung zu Netzausbau und der<br />

verstärkten Bereitstellung von Kraftwerksreserve könnten<br />

zukünftig zur Systemintegration von WEA auch moderne<br />

Speichertechnologien genutzt werden. Diese<br />

ermöglichen es, die fluktuierende Erzeugung elektrischer<br />

Energie aus Windenergie von der Netzeinspeisung<br />

zeitlich zu entkoppeln und ihr so den Charakter<br />

eines kontinuierlich und geplant einsetzbaren Kraftwerks<br />

zu geben. Hierfür sind Speichertechnologien<br />

erforderlich, die sowohl hinsichtlich der installierten<br />

Leistung, des Energieinhalts und der geografischen<br />

Lage den Kapazitäten und Standorten der WEA anpassbar<br />

sind. Diese Anforderungen erfüllt insbesondere die<br />

Technologie der Druckluftspeicher, auch Compressed<br />

Air Energy Storage (CAES) genannt, da sie folgende<br />

Vorteile gegenüber anderen Speichertechnologien zu<br />

bieten hat:<br />

Sie ist langjährig erprobt und kommerziell verfügbar,<br />

sie ist großtechnisch im erforderlichen Kapazitätsrahmen<br />

verfügbar, ihr Potenzial in Deutschland ist nicht,<br />

wie bspw. bei Pumpspeicherkraftwerken, bereits ausgeschöpft<br />

und die geologisch bedingten, potenziellen<br />

Standorte befinden sich in der Küstenregion, wodurch<br />

eine wirksame Beeinflussung der Leistungsflüsse zur<br />

Vermeidung von Engpässen ermöglicht werden könnte.<br />

Die technisch-wirtschaftliche Bewertung auf Basis von<br />

historischen Daten des Strommarktes ergibt, dass der<br />

Neubau eines CAES bei einer ausschließlichen Vermarktung<br />

von Fahrplanenergie aus heutiger Sicht nicht<br />

wirtschaftlich ist. Nur durch die zusätzliche Vermarktung<br />

von Minutenreserve bzw. die Vermeidung von<br />

Minutenreservebedarf kann auf Basis von historischen<br />

Daten ein betriebswirtschaftlicher Gewinn erreicht<br />

werden. Aufgrund der sehr unsicheren Entwicklung der<br />

Reservemärkte sind die damit verbundenen Erträge<br />

nicht belastbar genug abschätzbar, um eine Investition<br />

der Energiewirtschaft in CAES zum Einsatz als Reservekraftwerk<br />

zu rechtfertigen.<br />

Eine Errichtung von CAES zum vorrangigen Einsatz der<br />

Netzentlastung ist aufgrund der deutlich höheren Investitionskosten<br />

keine Alternative zum heute notwendigen<br />

Netzausbau. Jedoch kann bei geeigneter geographischer<br />

Positionierung des CAES ein zeitweiliger<br />

Einsatz zur Netzentlastung und damit i. d. R. eine Ver-<br />

120 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


meidung von Erzeugungsmanagement erfolgen. Weiterhin<br />

werden durch Reduzierung der Preisdifferenzen<br />

auf den Strommärkten, durch Erhöhung der gesicherten<br />

Leistung von WEA und durch Verringerung der Auswirkungen<br />

des WEA-Prognosefehlers weitere systemtechnische<br />

Nutzeffekte erzielt, die derzeit nicht betriebswirtschaftlich<br />

ergebniswirksam werden. Die<br />

Untersuchungen zeigen, dass die Abschätzung der zukünftigen<br />

Wirtschaftlichkeit von CAES im Vergleich zur<br />

Abschätzung der zukünftigen Wirtschaftlichkeit von<br />

konventionellen Kraftwerken aufgrund der zahlreichen<br />

Anwendungsmöglichkeiten und der damit zusammenhängenden<br />

komplexen Einsatzstrategie mit größeren<br />

Unsicherheiten verbunden ist.<br />

7 Literatur<br />

[1] Deutsche Energie Agentur, Berlin<br />

http://www.offshore-wind.de/media<br />

/article004593/dena-Netzstudie,<br />

Haupttext, 20r.pdf<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

[2] Energiestiftung Schleswig-Holstein<br />

Entwicklung und Test eines lastabhängigen Echtzeit-Tarifs<br />

in Eckernförde<br />

Oktober 1997<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 121


STUDIENBEISPIELE<br />

Folgen der Großstörung in der Region Münsterland für Planung und Betrieb<br />

von 110-kV-Überlandnetzen<br />

Consequences of Wide-area Outages in 110 kV Overhead Line Networks on<br />

Network Planning and Operation<br />

Dipl.-Ing. Thorsten Borchard; Dipl.-Ing. Simon Ohrem, IAEW<br />

Dr.-Ing. Christian Zimmer; Dipl.-Ing. Lutz Eckenroth, Consentec GmbH<br />

thorsten.borchard@iaew.rwth-aachen.de, simon.ohrem@iaew.rwth-aachen.de<br />

Infolge der überraschend vielen Großstörungen der elektrischen Energieversorgung in den vergangenen Jahren wird<br />

derzeit die Angemessenheit von Netzauslegung und vorbeugenden Maßnahmen kritisch hinterfragt. Nach der – zumindest<br />

für einzelne Kundengruppen – mehrtägigen Versorgungsunterbrechung im Versorgungsgebiet der RWE Westfalen-<br />

Weser-Ems AG (RWE) im Münsterland aufgrund widriger Witterungsverhältnisse im November 2005 gilt dies insbesondere<br />

für die nahezu ausschließlich in Freileitungstechnik errichteten 110-kV-Überlandnetze. Verschiedene Gutachten<br />

haben RWE mittlerweile eine den geltenden Standards entsprechende Auslegung ihrer Freileitungen bescheinigt. In der<br />

öffentlichen und vor allem politischen Diskussion ergibt sich nun jedoch die Frage nach den Standards selbst, d. h. ob<br />

Störfälle wie der im Münsterland überhaupt zu vermeiden sind und welche Maßnahmen dafür notwendig wären.<br />

Mögliche Ansatzpunkte für eine Veränderung der geübten Praxis bieten sich z. B. in der flächendeckenden Verkabelung<br />

von 110-kV-Netzen, erhöhten technischen Standards zur Anlagenauslegung, verschärften Instandhaltungsvorschriften<br />

oder erweiterten Netzsicherheitskriterien.<br />

Due to several wide-area power outages in electrical networks in the last few years the suitability of network planning<br />

criteria and emergency measures are presently under discussion. After the wide-area outage caused by bad weather<br />

conditions in the supply area of RWE Westfalen-Weser-Ems AG (RWE) in the Münsterland region in November 2005,<br />

this particularly applies to 110 kV overhead line networks. Meanwhile different appraisals certified RWE the standard<br />

appropriate design of their overhead lines. In the public and political discussion now ,however, the standards themselves<br />

are questioned. For instance, increasing the degree of meshing, installation of reserve cables or complete<br />

cabling of 110 kV could serve to avoid or mitigate wide-area outages.<br />

1 Zielsetzung<br />

Das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und<br />

Energie des Landes Nordrhein-Westfalen hat über den<br />

Projektträger Energie, Technologie, Nachhaltigkeit<br />

(ETN) am Forschungszentrum Jülich das Konsortium<br />

bestehend aus dem Institut für Elektrische Anlagen und<br />

Energiewirtschaft (IAEW) der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, der<br />

CONSENTEC Consulting für Energiewirtschaft und -<br />

technik GmbH, <strong>Aachen</strong>, und dem Institut für Hochspannungstechnik<br />

der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> mit einer wissenschaftlichen<br />

Untersuchung beauftragt. Ziel der Untersuchung<br />

war es, Planungs- und Betriebsstandards von<br />

110-kV-Überlandnetzen im Hinblick auf die Abmilderung<br />

der Folgen künftiger witterungsbedingter Großstörungen<br />

zu bewerten.<br />

Auch wenn die o. g. Ereignisse im Münsterland den<br />

Anlass für die Untersuchung bilden, wurde die Fragestellung<br />

soweit wie möglich verallgemeinernd behandelt,<br />

um vom Einzelfall losgelöste Erkenntnisse zu<br />

erhalten. Speziell für die netzplanerischen Maßnahmen<br />

diente das Münsterland jedoch als Fallbeispiel, so dass<br />

insbesondere die hierzu vorgelegten quantitativen<br />

Ergebnisse nicht verallgemeinert werden dürfen.<br />

Die Untersuchungen und deren Ergebnisse die vom<br />

IAEW und der CONSENTEC GmbH durchgeführt<br />

wurden, sind in den folgenden drei Abschnitten zusammengefasst.<br />

2 Quervergleich von Auslegungsstandards<br />

und Auslegungspraxis<br />

Die Analysen haben ergeben, dass von den deutschen<br />

Netzbetreibern wie auch in den betrachteten Nachbarländern<br />

Österreich und Niederlande die 110-kV-<br />

Überlandnetze nach sehr ähnlichen Kriterien ausgelegt<br />

werden. An erster Stelle ist hier das (n-1)-Kriterium zu<br />

nennen, das als allgemein anerkanntes und bewährtes<br />

Kriterium verwendet wird. Das (n-1)-Kriterium schreibt<br />

vor, dass der Ausfall eines Betriebsmittels zu keiner<br />

Versorgungsunterbrechung führen darf [1]. Hierbei<br />

werden üblicherweise Einzelausfälle von Leitungen und<br />

Transformatoren berücksichtigt, nicht jedoch Sammelschienenausfälle<br />

und Common-Mode-Ausfälle von<br />

Mehrfachleitungen.<br />

122 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Einige Netzbetreiber verwenden über das (n-1)-<br />

Kriterium hinausgehende Kriterien:<br />

• Die (n-1)-Sicherheit wird teilweise auch bei Außerbetriebnahme<br />

eines Betriebsmittels zu Wartungszwecken<br />

gefordert. Hierbei wird allerdings ein reduziertes<br />

Lastszenario und nicht – wie beim (n-1)-<br />

Kriterium – der Höchstlastfall betrachtet.<br />

• Die probabilistische Zuverlässigkeitsanalyse wird<br />

verstärkt als Ergänzung zum deterministischen (n-<br />

1)-Kriterium eingesetzt. Sie ermöglicht eine Prognose<br />

der Zuverlässigkeit von Netzvarianten auf<br />

Grundlage statistischer Beschreibungen des Ausfallverhaltens<br />

von Betriebsmitteln. Dabei können<br />

insbesondere auch über das (n-1)-Kriterium hinausgehende,<br />

seltenere Fehlerarten (Sammelschienenausfälle,<br />

Common-Mode-Fehler) berücksichtigt<br />

werden. So können gleichermaßen (n-1)-sichere<br />

Netzvarianten anhand ihres Zuverlässigkeitsniveaus<br />

unterschieden werden.<br />

Aus den deutschlandweit weitgehend einheitlichen<br />

Planungskriterien haben sich in der zweiten Hälfte des<br />

letzten Jahrhunderts im Grundsatz einander ähnliche<br />

Überlandnetze entwickelt:<br />

• Die Netze sind praktisch vollständig in Freileitungstechnik<br />

ausgeführt, da sich damit die o. g. Kriterien<br />

am wirtschaftlichsten erfüllen lassen. Kabel kommen<br />

in der 110-kV-Ebene nur in städtischen Gebieten<br />

zum Einsatz.<br />

• Die Netzstruktur besteht aus Maschen bildenden<br />

Stammstrecken zwischen den Einspeisestationen<br />

aus der Höchstspannungsebene mit Abzweigungen<br />

zum Anschluss der Hoch-/ Mittelspannungsstationen<br />

an jeweils eine Stammstrecke. Bezüglich der<br />

konkreten Ausgestaltung (z. B. Länge der<br />

Stammstrecke, Anzahl der 110-kV-Stationen je<br />

Stammstrecke, Länge der Abzweige) bestehen keine<br />

allgemeingültigen Vorgaben.<br />

Generell ist festzustellen, dass sich die Planungskriterien<br />

zur Netzauslegung auf die Robustheit der Netze<br />

gegenüber empirisch erfassbaren Ereignissen konzentrieren,<br />

die so häufig sind, dass sie sich durch statistische<br />

Kenngrößen beschreiben lassen (Bild 1). Auf die<br />

Robustheit gegenüber singulären Großstörungen haben<br />

diese Kriterien jedoch nur einen vergleichsweise<br />

geringen Einfluss: Art und Anzahl der Ausfälle z. B. bei<br />

der Großstörung im Münsterland gingen weit über alle<br />

Planungskriterien hinaus. Daher müssen solche Szenarien<br />

separat analysiert werden. Dabei sind einerseits<br />

betriebliche Maßnahmen zu betrachten, mit denen die<br />

Dauer der Versorgungsunterbrechung verringert werden<br />

kann, und andererseits Änderungen der Netzstruktur<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

mit dem Ziel, die Auswirkungen auch seltener, extremer<br />

Wetterlagen zu begrenzen, und schließlich die<br />

Wahl von Betriebsmitteln, insbesondere von Leitungen,<br />

speziell gegen derartige Wetterlagen unempfindlicherer<br />

Dimensionierung und Typisierung.<br />

Ereignis<br />

Häufigkeit<br />

Umfang des<br />

Ereignisses<br />

Analysetechnik<br />

Einfachfehler<br />

(Leitung,<br />

Transformator)<br />

Transformator)<br />

Mehrfachfehler,<br />

Common-<br />

Mode<br />

Deterministische<br />

Überprüfung<br />

Probabilistische<br />

Zuverlässigkeitsberechnung<br />

Häufige Einzelereignisse<br />

� Gegenstand von<br />

Planungskriterien<br />

Großstörungen<br />

Singuläre<br />

Großereignisse<br />

� Gegenstand<br />

des Krisenmanagements<br />

Bild 1: Planungskriterien für 110-kV-Überlandnetze<br />

decken witterungsbedingte oder sonstige<br />

Großstörungen nicht ab<br />

3 Betriebliche Maßnahmen und<br />

Kommunikation<br />

Unsere stichprobenartige Befragung deutscher und<br />

ausländischer Verteilungsnetzbetreiber hat ergeben,<br />

dass umfangreiche organisatorische Vorkehrungen für<br />

den Großstörungsfall getroffen werden. So existieren<br />

Organisationsstrukturen, die weitgehend dem VDN-<br />

Leitfaden zur Beherrschung von Großstörungen [2]<br />

entsprechen, Krisenräume und Krisenstäbe sind<br />

vorbereitet, regelmäßige Übungen des Ernstfalls finden<br />

statt.<br />

Die für den Großstörungsfall vorgesehenen betrieblichen<br />

Maßnahmen umfassen neben der Nutzung<br />

netzseitiger Reserven das Vorhalten von Provisorien<br />

(Leiterseile, Masten, Notstromaggregate etc.) und die<br />

wechselseitige Aushilfe der Netzbetreiber mit Personal<br />

und Material. Für die Kommunikation zwischen Leitstelle<br />

und Entstörpersonal setzen die Netzbetreiber<br />

unterschiedliche, teilweise redundante Techniken<br />

(Betriebstelefon und Betriebsfunk, öffentliches Telefon,<br />

Mobilfunk) ein.<br />

Die Erfahrung bei der Großstörung im Münsterland hat<br />

gezeigt, dass die hierfür vorbereiteten organisatorischen<br />

Strukturen gut gegriffen haben [3]. So wurde<br />

beispielsweise die Unterstützung durch benachbarte<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 123


STUDIENBEISPIELE<br />

Netzbetreiber gelobt, die Anlagenprovisorien und<br />

Notstromaggregate in großer Zahl zur Verfügung<br />

stellten. Allerdings war die Kommunikation insbesondere<br />

über öffentliche Netze teilweise eingeschränkt.<br />

Vor allem die je nach Mobilfunkbetreiber fehlende oder<br />

recht kurze Pufferung der Stromversorgung der Telekommunikationsstationen<br />

wirkte sich negativ aus, da<br />

sie den lokalen Ausfall oder eine durch Teilausfall und<br />

den krisenbedingt hohen Kommunikationsbedarf der<br />

Bevölkerung bedingte Überlastung des Mobilfunknetzes<br />

nach sich zog.<br />

Eine Verbesserung für künftige Störungsfälle bestünde<br />

somit darin, eine (längere) Notstrompufferung der<br />

Mobilfunkstationen vorzusehen oder eine autarke<br />

Infrastruktur wie den Betriebsfunk aufzubauen bzw. zu<br />

erhalten.<br />

Zudem hat die Erfahrung gezeigt, dass zwar die Bereitschaft<br />

zur gegenseitigen Aushilfe hoch, die Ermittlung<br />

der verfügbaren Ressourcen aber aufwendig war und<br />

so zu Verzögerungen bei der Wiederversorgung beitrug.<br />

Die Einrichtung des im o. g. VDN-Leitfaden vorgeschlagenen<br />

netzbetreiberübergreifenden Registers derartiger<br />

Ressourcen könnte einen wertvollen Beitrag dazu<br />

leisten, dass Provisorien künftig schneller angefordert<br />

und eingesetzt werden können.<br />

3.1.1 Netzplanerische/systemtechnische<br />

Maßnahmen<br />

3.2 Untersuchungsgegenstand<br />

Betriebliche Maßnahmen können, wie oben diskutiert,<br />

im Falle von Großstörungen die Dauer der Versorgungsunterbrechungen<br />

reduzieren. Zusätzlich stellt sich<br />

die Frage, ob bzw. wie sich die Netze selbst so gestalten<br />

lassen, dass witterungsbedingte Großstörungen<br />

wie die im Münsterland gar nicht erst eintreten oder<br />

zumindest in ihrem Ausmaß deutlich begrenzt werden.<br />

Kennzeichnend für eine solche Störung ist, dass infolge<br />

einer regional konzentrierten extremen Wetterlage die<br />

– auf statistisch relevante Störungsereignisse ausgelegte<br />

– Redundanz der heute typischen Netze nicht<br />

mehr ausreicht. Im Rahmen dieser Grundsatzuntersuchung<br />

wurden typische 110-kV-Freileitungsnetzstrukturen<br />

betrachtet und als Störungsereignis angenommen,<br />

dass alle Tragmasten einer Stammstrecke<br />

aufgrund hoher Schnee- und Eislast sowie starkem<br />

Wind brechen.<br />

Die betrachteten Maßnahmen lassen sich in zwei<br />

Kategorien unterteilen:<br />

• Einsatz andersartiger Betriebsmittel, die weniger<br />

witterungsempfindlich sind<br />

• Erhöhung der Netzredundanz, so dass selbst bei<br />

Ausfall einer Stammstrecke keine großräumige Versorgungsunterbrechung<br />

auftritt<br />

Neben einer qualitativen Analyse der Wirksamkeit und<br />

Realisierbarkeit dieser Maßnahmen wurde anhand<br />

fiktiver Netzbeispiele auch deren Kosten grob abgeschätzt.<br />

Hierbei wurden langfristige annuitätische<br />

Kosten neu zu errichtender Netze („Grüne-Wiese-<br />

Ansatz“) zugrunde gelegt.<br />

Bei der nachfolgenden Beschreibung der Maßnahmen<br />

wird zunächst auf deren Wirksamkeit und Realisierbarkeit<br />

eingegangen und anschließend eine übergreifende<br />

Beurteilung unter Berücksichtigung der Kostenwirkung<br />

vorgenommen.<br />

3.3 Betriebsmittelwahl<br />

3.3.1 Zweierbündel statt Einfachbeseilung<br />

Die im Münsterland aufgetretene rotationssymmetrische<br />

Vereisung der Leiterseile wird u. a. auf die<br />

Torsionsmöglichkeit der Einfachseile zurückgeführt, die<br />

bei Bündelleitern so nicht gegeben sein soll.<br />

Allerdings lässt die im Münsterland aufgetretene<br />

erhebliche Überschreitung der mechanischen Belastungsgrenzwerte<br />

vermuten, dass auch bei Bündelleitern<br />

noch eine Überlastung hätte auftreten können. Zudem<br />

weisen Bündelleiter einen höheren Windwiderstand als<br />

Einfachseile auf. In der Vergangenheit wurden bei<br />

Bündelleitern Eisanhaftungen in Flügelform beobachtet,<br />

die zu starken Schwingungen – so genanntem Seiltanzen<br />

– geführt haben. Ein Übergang auf Zweierbündel<br />

(mit dementsprechender Mastverstärkung oder sogar<br />

Mastersatz) erscheint daher beim heutigen Wissensstand<br />

zur Vermeidung witterungsbedingter Großstörungen<br />

nicht hilfreich.<br />

3.3.2 Einsatz stärkerer Masten<br />

Aus Kostengründen sind Freileitungsmasten überwiegend<br />

als Tragmasten und nur zu einem Teil (durchschnittlich<br />

etwa einem Viertel) als Abspannmasten<br />

ausgeführt. Tragmasten können keine horizontalen<br />

Zugkräfte aufnehmen und sind damit besonders anfällig<br />

für kaskadenartige Mastumbrüche. Bei ausschließlicher<br />

Verwendung von Abspannmasten kann aufgrund deren<br />

höherer Stabilität erwartet werden, dass solche<br />

Kaskadeneffekte nicht auftreten. Aufgrund der größeren<br />

Gründungsfläche von Abspannmasten wäre die<br />

Maßnahme selbst in bestehender Trasse nicht ohne<br />

124 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Genehmigungsverfahren und nur unter Einsatz von<br />

Provisorien und vorübergehender Netzschwächung zu<br />

realisieren. Dabei sind jedoch weniger Verzögerungen<br />

zu erwarten als bei Maßnahmen, die neue Leitungstrassen<br />

erfordern (s. u.).<br />

3.3.3 Vollständige Verkabelung<br />

Kabelnetze sind klimatischen Störeinflüssen nicht<br />

ausgesetzt. Daher könnten bei vollständiger Verkabelung<br />

witterungsbedingte Großstörungen völlig vermieden<br />

werden. Eine Umstellung von Freileitung auf Kabel<br />

könnte allerdings nur sehr langfristig geschehen und<br />

würde – da überhaupt nur wirtschaftlich bei altersbedingtem<br />

Ersatz der Freileitungen – sich über Jahrzehnte<br />

erstrecken. Der Umstellungsprozess wäre zudem<br />

problematisch, da sich die Topologien kostenoptimaler<br />

Kabel- und Freileitungsnetze deutlich unterscheiden.<br />

3.4 Erhöhung der Netzredundanz<br />

3.4.1 Stärkere Vermaschung<br />

Durch Zubau von Querverbindungen könnten die am<br />

Ende von Abzweigungen gelegenen 110-kV-Stationen<br />

jeweils an eine zweite Stammstrecke angeschlossen<br />

werden. Da ein gleichzeitiger Komplettausfall mehrerer<br />

Stammstrecken (der eine Wiederversorgung mit Netzprovisorien<br />

nicht erlaubt) äußerst unwahrscheinlich ist,<br />

könnten witterungsbedingte Großstörungen hierdurch<br />

sehr stark reduziert werden. Die zusätzlichen Leitungen<br />

könnten als Freileitung (kostengünstiger) oder Kabel<br />

(leichter realisierbar) ausgeführt werden.<br />

3.4.2 Reservestellung über die Mittelspannungsebene<br />

Ziel dieser Maßnahme ist es, den Ausfall der 110-kV-<br />

Stammstrecke durch Mittelspannungs-Reservekabel<br />

zwischen Einspeisestation und 110-kV-Stationen<br />

zumindest teilweise abzufangen. Diese Maßnahme<br />

wäre ohne Genehmigungsverfahren relativ leicht<br />

realisierbar. Eine vollständige Reservestellung, bei der<br />

die Reservekabel auch Redundanz für Wartungsabschaltungen<br />

oder (n-1)-Fehler im 110-kV-Netz stellen,<br />

ist aufgrund der großen Stationsabstände in ländlichen<br />

Regionen allerdings nicht möglich. Insbesondere in<br />

Gebieten mit 10-kV-Mittelspannung – hierzu zählt auch<br />

das Münsterland – begrenzt der zulässige Spannungsfall<br />

die überbrückbare Distanz erheblich. Selbst in<br />

Regionen mit 20-kV-Mittelspannung könnte durchschnittlich<br />

nur etwa die Hälfte der 110-kV-Stationen<br />

erreicht werden.<br />

Alternativ könnten die Mittelspannungs-Reservekabel<br />

als reine Notversorgung vorgesehen werden. Dann<br />

STUDIENBEISPIELE<br />

könnte – allerdings nur in 20-kV-Mittelspannungsgebieten<br />

– im Großstörungsfall eine eingeschränkte Versorgung<br />

(unter Inkaufnahme tageszeitlich rollierender<br />

Lastabschaltungen und/oder eines zeitweise reduzierten<br />

Spannungsniveaus) aller 110-kV-Stationen aufrechterhalten<br />

werden.<br />

3.4.3 Reservestellung über 110 kV-Kabel<br />

Die bei der Mittelspannungsreserve erwähnten Einschränkungen<br />

würden bei Einsatz von 110-kV-Reservekabeln<br />

vermieden, allerdings unter Inkaufnahme einer<br />

schwierigeren Realisierbarkeit und wesentlich höherer<br />

Kosten.<br />

3.4.4 Einschleifung statt Doppelstich<br />

Zur Verbesserung der Versorgungssicherheit wird auch<br />

diskutiert, statt Anschluss im Doppelstich die Abzweigleitungen<br />

in einen der beiden Stromkreise ihrer<br />

Stammstrecke einzuschleifen. Diese Maßnahme sichert<br />

jedoch nur den einseitigen Common-Mode-Ausfall der<br />

Stammstrecke ab. Wenn wie im erlebten Großstörungsfall<br />

die Stammstrecke beiderseits der Verzweigungspunkte<br />

unterbrochen ist, bleibt diese Maßnahme<br />

wirkungslos.<br />

3.5 Vergleich und Kostenbewertung<br />

In Tabelle 1 sind die Ergebnisse hinsichtlich der<br />

Wirksamkeit und Realisierbarkeit der untersuchten<br />

Maßnahmen schematisch zusammengefasst. In der<br />

letzten Spalte sind zudem die grob abgeschätzten<br />

Mehrkosten gegenüber heute üblichen 110-kV-<br />

Überlandnetzen angegeben.<br />

Unter den zur Vermeidung witterungsbedingter Großstörung<br />

geeigneten Maßnahmen sind der Ersatz von<br />

Tragmasten durch Abspannmasten, die Reservestellung<br />

über Mittelspannungskabel in 20-kV-Netzen sowie –<br />

eingeschränkt – der begrenzte Einsatz von 110-kV-<br />

Kabeln (Vermaschung oder Reservekabel) am ehesten<br />

realisierbar.<br />

Es zeigt sich, dass alle wirksamen Maßnahmen mit<br />

erheblichen Mehrkosten verbunden sind. Diese betragen<br />

unter den hier getroffenen Annahmen zwischen<br />

40% und über 90% der derzeitigen 110-kV-Netzkosten<br />

auf Basis von Wiederbeschaffungswerten..<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 125


STUDIENBEISPIELE<br />

Maßnahme<br />

Wirksamkeit Realisierbarkeit<br />

Mehrkosten des<br />

110-kV-Netzes<br />

Zweierbündel statt<br />

Einfachbeseilung<br />

-<br />

keine Bewertung, da Wirkung fraglich<br />

Einsatz stärkerer<br />

Masten<br />

+ + ~ 40%<br />

Stärkere<br />

Freileitung<br />

+ - ~ 40%<br />

Vermaschung Kabel<br />

+ o ~ 80%<br />

Mittelspannungs-<br />

Reservekabel<br />

10 kV<br />

20 kV<br />

einige Stationen<br />

alle Stationen<br />

-<br />

o<br />

o<br />

keine Bewertung, da nicht wirksam<br />

+ > 10%<br />

+ > 40%<br />

110-kV-<br />

Reservekabel<br />

+ o > 90%<br />

Einschleifung statt<br />

Doppelstiche<br />

-<br />

keine Bewertung, da nicht wirksam<br />

Tab. 1: Gegenüberstellung der netzplanerischen/systemtechnischen Maßnahmen<br />

Kostengünstiger sind allein die 20-kV-Reservekabel,<br />

jedoch nur dann, wenn sie sich auf die Absicherung der<br />

den Einspeisestationen nächstgelegenen 110-kV-<br />

Stationen beschränken und somit im Großstörungsfall<br />

nur eine Teilversorgung gewährleisten. In ländlichen<br />

Regionen mit 10-kV-Mittelspannungsnetzen (wie im<br />

Münsterland) ist die Mittelspannungsreserve nicht<br />

einsetzbar. Der Einsatz von zusätzlichen 110-kV-Kabeln<br />

kann je nach Variante einen Kostenanstieg bis zur<br />

annähernden Verdopplung der 110-kV-Kosten bewirken.<br />

(Eine vollständige Kabelnetzalternative würde zwar bei<br />

Grüne-Wiese-Betrachtung theoretisch geringere<br />

Mehrkosten von 60% gegenüber der Freileitungsvariante<br />

aufweisen, wäre jedoch nur in einem jahrzehntelangen<br />

Umstellungsprozess und deshalb auch nicht in<br />

dieser optimalen Form erreichbar, so dass diese<br />

grundsätzlich wirksamste Maßnahme ausscheidet.)<br />

Es sei angemerkt, dass eine Beurteilung der Angemessenheit<br />

von Maßnahmen im Sinne einer Kosten-<br />

Nutzen-Abwägung nicht Gegenstand dieser Studie war.<br />

Die hier gewonnenen Erkenntnisse können jedoch als<br />

Basis für weitergehende Erörterungen und Empfehlungen<br />

dienen.<br />

4 Literatur<br />

[1] H.-P. Gerach, J. Nissen, P. Schildge,<br />

Planungsgrundsätze im Hochspannungsnetz,<br />

Energiewirtschaftliche Tagesfragen,<br />

46. Jg. Heft 12, 1996<br />

[2] Verband der Netzbetreiber VDN e.V. beim VDEW,<br />

Leitfaden zur Beherrschung von Großstörungen,<br />

Projektgruppe „Vorsorgemaßnahmen zur Beherrschung<br />

der Auswirkungen von Großstörungen“,<br />

Ausgabe 1.0, April 2006<br />

[3] Witterungsbedingte Stromausfälle in<br />

Nordrhein-Westfalen,<br />

Ausschussprotokoll der 6. Sitzung,<br />

APr 14/89, 09.12.2005<br />

126 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Kurzberichte über institutsspezifische Aktivitäten<br />

Betriebswirtschaftliche Grundlagen für<br />

Ingenieure mit Unternehmensplanspiel<br />

Dipl.-Ing Thorsten Borchard; Dipl.-Ing Simon Krahl<br />

Die Integration betriebswirtschaftlicher und technischer<br />

Fragestellungen in Industrieunternehmen und die damit<br />

verbundene Fokussierung auf monetäre Aspekte in der<br />

gesamten Wertschöpfungskette dieser Unternehmen<br />

verlangt von den Ingenieuren die Kenntnis grundlegender<br />

betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge und<br />

Konzepte. Der insbesondere für Studierende im Hauptstudium<br />

angebotene Intensivkurs „Betriebswirtschaftliche<br />

Grundlagen für Ingenieure mit Unternehmensplanspiel“<br />

soll dem Erwerb dieser Kenntnisse dienen. Dabei<br />

wird der Schwerpunkt nicht nur auf den Erwerb theoretischen<br />

Wissens gelegt, sondern ebenso auf die<br />

Vertiefung dieses Wissens durch praktische Anwendung.<br />

Diese Ziele werden durch die Verbindung einer<br />

einführenden Vorlesung mit ergänzender Übung und<br />

einem computerbasierten Unternehmensplanspiel<br />

verfolgt. Die in dieser Form an der <strong>RWTH</strong> einzigartige<br />

Veranstaltung trifft bei den Studierenden auf hohe<br />

Resonanz. Immer wieder wird die Notwendigkeit,<br />

Kenntnisse betriebswirtschaftlicher Grundlagen als<br />

Zusatzqualifikation für den Berufseinstieg vorweisen zu<br />

können, als Motivation genannt, dieses Wahlfach zu<br />

belegen. Dabei ist die Zuhörerzahl von ca. 75 Studierenden<br />

pro Jahr so groß, dass die Veranstaltung<br />

zweimal jedes Semester angeboten werden muss, um<br />

eine für gute Lernerfolge ausreichend geringe Kursgröße<br />

zu erreichen.<br />

Im Rahmen der Vorlesung werden den Studierenden<br />

grundlegende Themen der Betriebswirtschaftslehre<br />

näher gebracht. So lernen die Studierenden Grundlagen<br />

der Bilanzierung und Bilanzanalyse sowie der Investitions-<br />

und Kostenrechnung, die sie später im Unternehmensplanspiel<br />

bei Führung ihres Unternehmens<br />

anwenden müssen. Die Bereiche Rechtsformen,<br />

Organisation, Unternehmensbewertung, Stromhandel<br />

und Unternehmensberatung runden die theoretische<br />

Einführung ab.<br />

In dem computerbasierten Unternehmensplanspiel<br />

müssen jeweils drei Studierende ein virtuelles Unternehmen<br />

der Energieversorgungsbranche leiten. Dieses<br />

Unternehmen steht mit fünf anderen Unternehmen über<br />

einen simulierten Zeitraum von zehn Jahren im Wettbewerb.<br />

Neben dem Ziel, ihr Unternehmen auf einen<br />

der ersten Plätze zu führen, gibt es für die Teilnehmer<br />

auch Preise zu gewinnen. Für die jeweils drei bestplat-<br />

KURZBERICHTE<br />

zierten Teams wurden in diesem Jahr zwei Exkursionen<br />

durchgeführt.<br />

Die erste Exkursion führte zur Trianel European Energy<br />

Trading GmbH, <strong>Aachen</strong>, wo die Studierenden durch<br />

Herrn Dipl.-Volksw. Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung<br />

der Trianel, eine Einführung in die<br />

Tätigkeiten des Unternehmens bekamen. Im Anschluss<br />

wurde jedem Student der drei bestplatzierten Gruppen<br />

im Rahmen einer Siegerehrung einen Büchergutschein<br />

als Anerkennung seiner Leistung von Herrn Becker<br />

überreicht.<br />

Die zweite Exkursion führte zur Stadtwerke <strong>Aachen</strong> AG.<br />

Nach dem Besuch der Umspannstation Verlautenheide<br />

wurde das Wasserwerk Eichler Stollen mit einer<br />

Führung durch den Wassermeister besichtigt. Nach<br />

einem stärkenden Mittagessen in den Carolus Thermen<br />

besuchten die Studenten die Zentralwarte. Den Abschluss<br />

der Exkursion bildete die Siegerehrung der drei<br />

bestplatzierten Gruppen durch Herrn Dipl.-Ing. Roß,<br />

Geschäftsführer der STAWAG Netz GmbH, der als Preis<br />

Büchergutscheine überreichte.<br />

Exkursion zur Stadtwerke <strong>Aachen</strong> AG<br />

Die Auszeichnung der erfolgreichsten Teams durch die<br />

Unternehmen steigert die Motivation der Studierenden<br />

zum Erwerb praktisch anwendbarer Kenntnisse der<br />

Betriebswirtschaftslehre und zeigt die Bedeutung der<br />

erlernten Inhalte für das spätere Berufsleben.<br />

Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen<br />

Fachrichtung Elektrische Energietechnik<br />

Dipl.-Ing. Andreas Berg<br />

Mit dem Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen<br />

Elektrische Energietechnik wird den Studierenden der<br />

<strong>RWTH</strong> seit dem Wintersemester 2003/04 die Möglich-<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 127


KURZBERICHTE<br />

keit gegeben, ein Studium an der Schnittstelle zwischen<br />

Technik und Wirtschaft zu absolvieren. Die in<br />

Zusammenarbeit zwischen dem IAEW und der Fakultät<br />

für Wirtschaftswissenschaften neu konzipierte Fachrichtung<br />

vermittelt den Studierenden sowohl fundierte<br />

ingenieurwissenschaftliche Kenntnisse im Bereich der<br />

Elektrischen Energietechnik als auch das erforderliche<br />

ökonomische Wissen, um den von der Praxis geforderten<br />

Ansprüchen gerecht zu werden.<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

WS 03/04 WS 04/05 WS 05/06 WS 06/07<br />

Neueinschreibungen seit dem Wintersemester 2003/2004<br />

Das Interesse an dem Studiengang steigt in den letzten<br />

Jahren stetig und die Zahl der Neueinschreibungen<br />

liegt im WS 06/07 bei 121. Damit sind ein Viertel der<br />

Erstsemester des Fachbereiches Elektrotechnik und<br />

Informationstechnik bereits als Studierende des<br />

Wirtschaftsingenieurwesens eingeschrieben.<br />

Bisher endet der Studiengang mit dem Abschluss<br />

Diplom-Wirtschaftsingenieur. Ab dem kommenden<br />

Wintersemester wird die Umstellung des Diplom-<br />

Studienganges auf einen konsekutiven Bachelor/Master-Studiengang<br />

durchgeführt, so dass die<br />

Studierenden zukünftig mit dem Titel Bachelor- bzw.<br />

Master of Science (B.Sc./M.Sc.) abschließen werden.<br />

Diplom<br />

Vordiplom<br />

Hauptstudium<br />

Grundstudium<br />

Master<br />

Bachelor<br />

Masterstudium<br />

Bachelorstudium<br />

Bisher Ab WS 07/08<br />

Verlaufsvergleich zwischen Diplom- und Masterstudium<br />

10. Sem.<br />

6. Sem.<br />

4. Sem.<br />

Studienbeginn<br />

Der Bachelor-Studiengang dauert drei Jahre (sechs<br />

Semester) und vermittelt den Studierenden die zur<br />

Erfüllung der Anforderungen der Berufswelt erforderlichen<br />

Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie<br />

zu wissenschaftlichem Arbeiten, dem kritischen<br />

Einordnen neuer Erkenntnisse und verantwortlichem<br />

Handeln befähigen. Der Bachelor-Studiengang entspricht<br />

zwar einer berufsbefähigenden Ausbildung, soll<br />

allerdings im Wesentlichen auf den anschließenden<br />

Master-Studiengang vorbereiten, in dem die im Bachelor-Studium<br />

erworbenen Kenntnisse vertieft werden. Es<br />

ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Studierenden das<br />

Bachelor-Studium als Grundlage nutzen, um sich<br />

akademisch bis zum Master of Science weiterzubilden.<br />

Erst das Ausbildungsniveau des Master-Abschlusses<br />

entspricht dem des früheren Diploms.<br />

Im Bachelor-Studiengang werden in verschiedenen<br />

Lehrformen wie Vorlesungen, Übungen und Praktika die<br />

Grundlagen für mathematisch-naturwissenschaftlichtechnisches<br />

sowie wirtschaftliches Verständnis gelegt<br />

und in weiterführenden Veranstaltungen vertieft. Das<br />

Studium gliedert sich in einen Pflichtbereich, der fest<br />

vorgegeben ist, einen Wahlpflichtbereich und einen<br />

Integrationsbereich. Der Wahlpflichtbereich bietet den<br />

Studierenden die Möglichkeit, ihre ingenieurwissenschaftlichen<br />

Kenntnisse durch energietechnische<br />

Fachvorlesungen zu erweitern. Im Integrationsbereich<br />

werden fachübergreifende Inhalte aus dem Bereich der<br />

Wirtschaftsinformatik und –statistik vermittelt. In<br />

einem 12-wöchigen Industriepraktikum sollen die<br />

Studierenden erste praktische Erfahrungen in der<br />

Wirtschaft sammeln. Abgeschlossen wird der Bachelor-<br />

Studiengang mit der Bachelorarbeit. In dieser ersten<br />

wissenschaftlichen Arbeit sollen die Studierenden<br />

nachweisen, dass sie in der Lage sind, ein Problem aus<br />

dem Bereich des Wirtschaftsingenieurwesens in einer<br />

vorgegebenen Frist selbständig in wissenschaftlichem<br />

Arbeitsstil zu bearbeiten.<br />

Bereits im Bachelor-Studiengang stehen die Studierenden<br />

frühzeitig in engem Kontakt zum IAEW. Dies ist<br />

einerseits durch die am IAEW ansässige Fachstudienberatung<br />

für Studierende des Wirtschaftsingenieurwesens<br />

Elektrische Energietechnik bedingt. Andererseits<br />

bietet die fachliche Ausrichtung des IAEW den Studierenden<br />

die Möglichkeit, bereits während ihres Studiums<br />

die erworbenen Kenntnisse zur Beantwortung<br />

praxisorientierter Fragestellungen anzuwenden, z. B. im<br />

Rahmen einer hilfswissenschaftlichen Tätigkeit. So<br />

bekommen die Studierenden weitere Einblicke in<br />

mögliche Aufgabenfelder, die bei der späteren konkreten<br />

Berufsentscheidung eine wichtige Hilfestellung<br />

sind.<br />

128 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Ein Rückblick auf die noch kurze Geschichte des neuen<br />

Studienganges Wirtschaftsingenieurwesen Elektrische<br />

Energietechnik an der <strong>RWTH</strong> zeigt, dass dieser anspruchsvolle,<br />

interdisziplinäre Studiengang sowohl den<br />

neuen Anforderungen des Arbeitsmarktes als auch den<br />

Erwartungen der Studierenden gerecht wird.<br />

Projektarbeiten für Studierende am IAEW<br />

Dipl.-Ing. Tobias Mirbach<br />

Für den Studiengang Elektrotechnik/Informationstechnik<br />

bietet das IAEW Studierenden semesterbegleitende<br />

Projektthemen an. Ziel dieser Projekte ist es, den<br />

Studierenden über praxisnahe Fragestellungen einen<br />

Einblick in energiewirtschaftliche Themenbereiche zu<br />

geben. Dazu müssen sich die Studierenden in das<br />

jeweilige Projektthema einarbeiten und gegebene<br />

Fragestellungen im Team selbstständig bearbeiten. Die<br />

Untersuchungen erfolgen unter Nutzung von rechnergestützten<br />

und praxisbewährten (Optimierungs-)Verfahren<br />

der Bereiche Zuverlässigkeitsbewertung, Netz- sowie<br />

Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung, die am IAEW<br />

entwickelt wurden. Die erzielten Ergebnisse werden im<br />

Anschluss in Form eines Vortrages aufbereitet und den<br />

Mitarbeitern des IAEW sowie Gästen aus der Energiewirtschaft<br />

im Rahmen einer Vortragsveranstaltung mit<br />

anschließender Diskussionsrunde präsentiert.<br />

Im Sommersemester 2006 nahmen 19 Studierende,<br />

aufgeteilt in sechs Gruppen, im Wintersemester<br />

2006 / <strong>2007</strong> acht Studenten, aufgeteilt in drei Gruppen,<br />

an dem Studentenprojekt teil. Dabei wurden die<br />

folgenden Projektthemen angeboten und bearbeitet:<br />

• Zuverlässigkeitsbewertung eines 110/20-kV-Netzes<br />

im Ist-Zustand und bei Anschluss eines Industriekunden<br />

• Der Weg zum langfristig optimalen Hochspannungsnetz<br />

• Einsatz von Wasserkraftwerken im Strommarkt<br />

Aufgabe des Projektes „Zuverlässigkeitsbewertung<br />

eines 110/20-kV-Netzes im Ist-Zustand und bei Anschluss<br />

eines Industriekunden“ ist es, zunächst ein real<br />

existierendes Netz hinsichtlich Kosten und Versorgungszuverlässigkeit<br />

quantitativ zu bewerten. Dabei<br />

werden die üblichen Verfahren der Zuverlässigkeitsbewertung<br />

angewendet. Darauf aufbauend soll der<br />

Anschluss eines Industriekunden an das zuvor betrachtete<br />

Netz untersucht werden. Hierzu werden die Kosten<br />

verschiedener Anschlussvarianten unter Berücksichtigung<br />

aller technischen Kriterien wie (n-1)-Sicherheit<br />

und vorgegebene Zuverlässigkeitskenngrößen bestimmt<br />

und vergleichend bewertet. Die Berechnungen der<br />

KURZBERICHTE<br />

Zuverlässigkeit werden händisch und unter Zuhilfenahme<br />

moderner rechnergestützter Netzanalyseverfahren<br />

durchgeführt.<br />

Die Projektgruppe „Der Weg zum langfristig optimalen Hochspannungsnetz“<br />

bei der Ergebnispräsentation<br />

Das Projekt „Der Weg zum langfristig optimalen<br />

Hochspannungsnetz“ hat die Ermittlung eines wirtschaftlich<br />

sinnvollen Ausbauplanes für ein bestehendes<br />

reales 110-kV-Netz hin zu einem kostenoptimalen 110kV-Netz<br />

sowie die Quantifizierung des dadurch entstehenden<br />

Einsparpotenzials zum Ziel. Zur Bestimmung der<br />

einzelnen Übergangszustände ist es notwendig, neben<br />

den Zu- und Abbaukosten die Altersstruktur der bestehenden<br />

Betriebsmittel in die Betrachtung mit einzubeziehen.<br />

Alle Zwischenzustände müssen den technischen<br />

Sicherheitskriterien genügen. Für diese Überprüfung<br />

wird ein am IAEW entwickeltes Programmpaket<br />

zur Netzzustandsanalyse eingesetzt.<br />

Im Rahmen des Projektes „Einsatz von Wasserkraftwerken<br />

im Strommarkt“ soll für eine reale Wasserkraftwerksgruppe<br />

im Alpenraum der optimale Einsatz –<br />

orientiert an Marktpreisen – ermittelt werden. Dabei<br />

sind bspw. die sich im Zeithorizont der Planungsrechnungen<br />

ändernden Zuflüsse zu den Speicherbecken<br />

sowie die unsicheren Marktpreise für elektrische<br />

Energie durch Varianten abzubilden und zu bewerten.<br />

Zusätzlich können eventuelle Ausbauvarianten der<br />

bestehenden Kraftwerksgruppe mit in die Untersuchung<br />

einbezogen und ihre Auswirkung auf den zu erzielenden<br />

Deckungsbeitrag analysiert sowie Aussagen über die<br />

Rentabilität der Investition getroffen werden. Für diese<br />

Analyse wird zunächst aus öffentlich zugänglichen<br />

Quellen ein Datenmodell der Wasserkraftwerksgruppe<br />

abgeleitet sowie Zufluss- und Marktpreisvarianten<br />

generiert. Die Quantifizierung des Wertes erfolgt<br />

anschließend unter Nutzung eines am IAEW entwickelten,<br />

praxisbewährten Optimierungsverfahrens.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 129


KURZBERICHTE<br />

Interdisziplinäre Vorlesung „Berufsumfeld von<br />

Energietechnik-Ingenieuren und Wirtschaftsingenieuren<br />

in der Praxis“<br />

Dipl.-Ing. Frank Wirtz<br />

Durch die positiven Erfahrungen der letzten Jahre<br />

sowie die unverändert positive Resonanz der Studenten<br />

wurde die interdisziplinäre Vorlesung „Berufsumfeld<br />

von Ingenieuren und Wirtschaftsingenieuren in der<br />

Praxis“ auch im Wintersemester 2006/<strong>2007</strong> wieder in<br />

das Lehrangebot des Instituts aufgenommen.<br />

Im Rahmen des Aktionsprogramms „Qualität der Lehre<br />

– Innovative Reformprojekte von überregionalem<br />

Interesse“ des Ministeriums für Wissenschaft und<br />

Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen wurde<br />

diese Vorlesung vom Institut für Elektrische Anlagen<br />

und Energiewirtschaft konzipiert und in diesem Wintersemester<br />

nunmehr zum zehnten Mal angeboten.<br />

Die Vorlesung richtet sich insbesondere an Studenten<br />

der Ingenieurwissenschaften im Hauptstudium. Neben<br />

Studenten der Kernfächer Elektrotechnik und Maschinenbau<br />

haben in diesem Jahr erstmals Studenten aus<br />

dem Hauptstudium des neuen Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen<br />

für elektrische Energietechnik<br />

der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> an dieser Veranstaltung teilgenommen.<br />

Grundsätzlich steht die Vorlesung allen Fachrichtungen<br />

offen. Ziel der Veranstaltung ist es, Studenten<br />

einen Einblick in Themenbereiche zu vermitteln, mit<br />

denen sie im späteren Beruf oder bei der Suche nach<br />

dem richtigen Arbeitsumfeld konfrontiert werden, die<br />

jedoch nicht Inhalt von fachbezogenen Vorlesungen<br />

sein können.<br />

Auch in diesem Jahr haben zahlreiche Studenten an der<br />

Vorlesung teilgenommen, wobei insbesondere die rege<br />

Teilnahme von Studenten des neuen Studiengangs<br />

Wirtschaftsingenieurwesen erfreulich war. Die gute<br />

Resonanz auf dieses Vorlesungsangebot zeigt, dass das<br />

Interesse an interdisziplinären Veranstaltungen von<br />

studentischer Seite weiterhin hoch ist.<br />

Der Erfolg der Veranstaltung basiert jedoch ganz<br />

wesentlich auf dem Engagement der zahlreichen<br />

Referenten aus der Praxis, die auch in diesem Jahr<br />

wieder zu ganz unterschiedlichen Themenfeldern<br />

gewonnen werden konnten. Es gelang ihnen den<br />

Studenten eine interessante Mischung aus themenspezifischem<br />

Fachwissen und praxisnahen Beispielen zu<br />

vermitteln und so immer wieder das Interesse der<br />

Studenten zu wecken. Auf diese Weise entstanden<br />

angeregte Diskussionen mit und unter den Studenten.<br />

In interaktiven Übungen erhielten die Studenten zu<br />

einigen Themenbereichen die Möglichkeit, die erlernten<br />

theoretischen Ansätze in die Praxis umzusetzen.<br />

Referenten und ihre Beiträge im WS 2006/<strong>2007</strong>:<br />

Dr. B. Flechner<br />

Project Manager Common SA Platform, ABB Automation<br />

Technologies AB, Schweden<br />

Dr.-Hut, alles gut? – Promotion oder Direkteinstieg<br />

Dr. H. Neus<br />

McKinsey & Company Inc., Düsseldorf<br />

Grundlagen des Projektmanagements<br />

C. Schramm<br />

Betriebsratsvorsitzender der ASEAG, <strong>Aachen</strong><br />

Innerbetriebliche Mitbestimmung<br />

Dr. K. Engels<br />

Consultant CC Utilities, Roland Berger Strategy<br />

Consultants, Düsseldorf<br />

Ingenieure in der Beratung – Ausdruck der Technik-<br />

Renaissance?<br />

M. Naumann<br />

HR Marketing & Development Systeme,<br />

ABB AG, Mannheim<br />

Assessment-Center – Was steckt dahinter?<br />

Dr. A. Moser<br />

European Energy Exchange (EEX) AG, Leipzig<br />

Stromhandel an Börsen<br />

Dr. M. Ritzau<br />

BET Büro für Energiewirtschaft und Technische Planung<br />

GmbH, <strong>Aachen</strong><br />

Der Weg in die Selbständigkeit<br />

A. Jordan<br />

Siemens AG, Power Transmission and Distribution,<br />

Human Resources<br />

Personalentwicklung und –förderung<br />

E.ON Avacon/IAEW-Seminar „Grundlagen der<br />

elektrischen Energieversorgung“<br />

Dipl.-Ing. Hermann Egger; Dipl.-Ing. Philipp Siemes; Dr.-Ing. Dipl.-<br />

Kfm. Boris Blaesig; Dipl.-Ing. Christian Krane<br />

Im August 2006 wurde erstmals von Mitarbeitern des<br />

IAEW in enger Zusammenarbeit mit E.ON Avacon das<br />

Seminar „Grundlagen der Energieversorgung“ gehalten.<br />

Ziel dieses Seminars ist es, Mitarbeitern von E.ON<br />

Avacon, die nicht dem technischen Fachbereich zuzuordnen<br />

sind, auf verständlichem Niveau einen breiten<br />

Überblick über die elektrische Energieversorgung –<br />

130 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


welche die Kernkompetenz ihres Unternehmens<br />

darstellt – zu vermitteln.<br />

Der im Rahmen dieser Veranstaltung behandelte<br />

Themenbereich erstreckt sich, ausgehend von den<br />

physikalischen Grundlagen der Elektrotechnik über die<br />

Erzeugung und Übertragung elektrischer Energie bis hin<br />

zum rechtlichen und wirtschaftlichen Basiswissen der<br />

Energieversorgung. Das Seminar wird nicht in Form<br />

einer Frontalveranstaltung, sondern als interaktive<br />

Diskussion zwischen Referenten und Teilnehmern<br />

durchgeführt. Darüber hinaus werden im Anschluss an<br />

die Vorträge und in den Pausen häufig offene Fragestellungen<br />

und aktuelle Ereignisse der Energiewirtschaft in<br />

der Runde diskutiert.<br />

Besichtigung der E.ON AVACON Umspannstation Oschersleben<br />

Das sehr erfolgreiche Seminar wurde bereits vier Mal<br />

mit jeweils über 20 Teilnehmern in Krottdorf bei<br />

Helmstedt und in Laatzen bei Hannover durchgeführt.<br />

Die positive Resonanz bei den Seminarteilnehmern und<br />

die große Nachfrage unter den Mitarbeitern von E.ON<br />

Avacon haben dazu geführt, dass das Seminar zu einem<br />

festen Bestandteil im Rahmen der betriebsinternen<br />

Weiterbildung geworden ist. Dies ist letztendlich auch<br />

auf die ausgezeichnete Organisation der Veranstaltung<br />

seitens E.ON Avacon zurückzuführen.<br />

<strong>Aachen</strong>er Energiemanager Strom und Gas<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig<br />

Gemeinsam mit der <strong>Aachen</strong>er Trianel European Energy<br />

Trading GmbH und der <strong>RWTH</strong> International Academy,<br />

der Weiterbildungsakademie der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>, hat<br />

das Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft<br />

ein vierwöchiges Weiterbildungsangebot zum<br />

Thema Energiemanagement entwickelt und bereits zum<br />

fünften Mal durchgeführt. Ziel dieses vierwöchigen<br />

Kurses ist die Vermittlung von technischen, wirtschaftlichen<br />

und juristischen Aspekten der kompletten<br />

Wertschöpfungskette der Energiewirtschaft. Besonde-<br />

KURZBERICHTE<br />

rer Wert wird dabei auf die Einordnung der Einzelaspekte<br />

in den Gesamtzusammenhang und die zu beachtenden<br />

Wechselwirkungen gelegt.<br />

Der Kurs richtet sich insbesondere an Fach- und<br />

Führungskräfte aus den Bereichen Energievertrieb,<br />

-Beschaffung, -Handel und Controlling kommunaler und<br />

regionaler Energieversorgungsunternehmen sowie<br />

energieintensiven Industrieunternehmen.<br />

Durch eine ausgewogene Mischung von Referaten aus<br />

wissenschaftlicher Theorie und Praxis wird den Teilnehmern<br />

neben soliden Grundlagen auch die Anwendung<br />

des Erlernten nahe gebracht. Neben Beiträgen der<br />

initiierenden Partner Trianel und IAEW haben sich<br />

zudem eine Reihe weiterer namhafter Unternehmen,<br />

v. a. auch aus dem Kreis der <strong>FGE</strong> Mitgliedsunternehmen,<br />

in die inhaltliche Ausgestaltung eingebracht.<br />

Ebenfalls in den Kurs, der mit einer Zertifikatsprüfung<br />

der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> abgeschlossen wird, integriert sind<br />

die optionalen Spot- und Terminmarktschulungen und<br />

-prüfungen der EEX. Die neue Programmstruktur, die im<br />

Sommersemester dieses Jahres zum ersten Mal<br />

angeboten wird, entzerrt die einzelnen Wochenblocke,<br />

so dass die Teilnehmer Weiterbildung und Beruf besser<br />

vereinbaren können. Die Durchführungen des Kurses<br />

sind jeweils für Frühjahr und Herbst geplant, wobei die<br />

Partner mit z. T. variierten Kursinhalten beständig den<br />

aktuellen Entwicklungen Rechnung tragen. Zudem<br />

wurde dieses Jahr ein Follow-up-Vertiefungsseminar<br />

angeboten, bei dem die ehemaligen Teilnehmer die<br />

Möglichkeit hatten, das Netzwerk der Energiemanager-<br />

Alumni zu erweitern sowie ihr im Kurs erworbenes<br />

Wissen zu vertiefen.<br />

Nähere Informationen sind unter:<br />

http://www.aachener-energiemanager.de abrufbar.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 131


KURZBERICHTE<br />

Neuer internationaler Weiterbildungskurs<br />

"Sustainable Energy Markets"<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig;<br />

Dipl.-Ing. Simon Ohrem<br />

Das European Energy Institute (EEI) – ein virtuelles<br />

Institut, dem, neben Prof. Haubrich, 15 weitere Professoren<br />

aus ganz Europa angehören – hat sich zur<br />

Aufgabe gemacht, in Kooperation Energiefragestellungen<br />

wissenschaftlich zu beantworten, politische Entscheidungsträger<br />

zu beraten und ein Kompetenzzentrum<br />

„Energie“ aufzubauen. In dem Institut sind sowohl<br />

Ingenieure, Ökonomen als auch Juristen vertreten, so<br />

dass alle Fragestellungen von technischer, wirtschaftlicher<br />

und rechtlicher Seite betrachtet werden können.<br />

Als eine seiner Aufgaben sieht das EEI die Entwicklung<br />

und Durchführung von Weiterbildungsprogrammen.<br />

Im Februar dieses Jahres startete erstmalig der zweijährige<br />

Weiterbildungskurs mit dem Namen „Sustainable<br />

Energy Markets – An Advanced, Multidisciplinary<br />

Training Program“, der von den Mitgliedern des EEI<br />

wissenschaftlich betreut wird. Der Kurs besteht aus elf<br />

zweiwöchigen Modulen, die jeweils in einer europäischen<br />

Stadt abgehalten werden und von denen mindestens<br />

acht belegt werden müssen, um den Kurs erfolgreich<br />

abzuschließen. Neben den betreuenden Professoren<br />

gestalten den Kurs Entscheidungsträger aus Politik<br />

und Industrie mit. Dadurch bietet der Kurs den Teilnehmern<br />

zum einen die Möglichkeit, ihr Wissen im<br />

Bereich der Energiemärkte zu vertiefen, zum anderen<br />

ein Netzwerk zu knüpfen, das für die weitere berufliche<br />

Laufbahn entscheidende Vorteile bieten kann.<br />

Weitere Informationen zum EEI und dem Weiterbildungsprogramm<br />

sind unter http://www.eeinstitute.org/<br />

zu erhalten.<br />

Berufsbegleitender Masterstudiengang<br />

"Energiewirtschaft"<br />

Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Boris Blaesig<br />

In Kooperation mit der Universität Münster und dem<br />

Haus der Technik in Essen, einem Außeninstitut der<br />

<strong>RWTH</strong>, wird ein neuer Masterstudiengang der Fachrichtung<br />

„Energiewirtschaft“ entstehen. Dieser Studiengang<br />

richtet sich primär an Ingenieure und Naturwissenschaftler<br />

mit mehrjähriger Berufserfahrung, die in<br />

einem berufsbegleitenden Studium ihr Wissen in Bezug<br />

auf Ökonomie und Technik in der Energiewirtschaft<br />

aufbauen und vertiefen können.<br />

Den Studierenden werden in zwei Jahren neben<br />

ausgewählten Grundlagen vor allem praxisnahe Inhalte<br />

vermittelt. Berufsbegleitend wird das Wissen in<br />

Blöcken von jeweils einer Woche sowie an Freitag-<br />

Samstags-Blöcken in Präsenzveranstaltungen vermittelt<br />

und durch einen großen Teil Selbststudium ergänzt. Die<br />

Veranstaltungen werden von Professoren der beteiligten<br />

Universitäten sowie ausgewählten Dozenten aus<br />

der Praxis durchgeführt, um die Verzahnung zwischen<br />

Praxis und Theorie herzustellen. Eine Masterarbeit soll<br />

das Studium durch die selbständige Bearbeitung einer<br />

wissenschaftlichen Aufgabenstellung abschließen. Den<br />

Absolventen wird nach erfolgreicher Teilnahme der<br />

Titel „Master of Science“ von der Universität Münster<br />

und der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> verliehen. Der Studiengang wird<br />

pro Jahrgang auf 24 Teilnehmer beschränkt.<br />

Nach erfolgreicher Akkreditierung bei der ASIIN wird<br />

der Studiengang im Juni <strong>2007</strong> erstmalig starten. Die<br />

wissenschaftliche Leitung übernehmen Prof. Dr.<br />

Ströbele von der Universität Münster und Prof. Dr.<br />

Haubrich von der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>. Träger des Studiengangs<br />

ist das Haus der Technik, das auch die Anmeldungen<br />

entgegen nehmen wird. Nähere Informationen<br />

sind unter http://www.iaew.rwth-aachen.de abrufbar.<br />

Masterstudiengang „Electrical Power<br />

Engineering“ an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

Dr.-Ing. Xiaohu Tao; Dipl.-Ing. Hermann Egger<br />

Der Masterstudiengang "Electrical Power Engineering"<br />

stellt ein Angebot für hoch qualifizierte ausländische<br />

Kandidaten dar, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in der<br />

Energietechnik und -wirtschaft an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> zu<br />

erweitern und zu vertiefen. Das Programm richtet sich<br />

an Kandidaten, die bereits einen Bachelor-Grad an<br />

einer international anerkannten ausländischen Hochschule<br />

erworben haben. Ihnen soll für ihre akademische<br />

Weiterbildung eine attraktive Alternative zum Studium<br />

an den bisher bevorzugten amerikanischen Hochschulen<br />

geboten werden.<br />

Die Studienanfänger können zwischen einem englisch-<br />

und einem deutschsprachigen Studiengang wählen. Bei<br />

beiden beinhalten die ersten drei Semester Vorlesungen,<br />

Übungen, Praktika sowie die Teilnahme an<br />

technischen Exkursionen. Das vierte Semester besteht<br />

aus einem 8-wöchigen Industriepraktikum und einer<br />

Masterarbeit, die innerhalb von vier Monaten erstellt<br />

werden muss. Nach erfolgreichem Bestehen der<br />

Prüfungen wird den Absolventen der akademische Grad<br />

eines „Master of Science“ verliehen. Dieser Titel<br />

berechtigt zur Promotion.<br />

Der seit 1998 in der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> eingeführte Studiengang<br />

entwickelt sich mit großem Erfolg. Im Wintersemester<br />

2006/07 haben 26 Studienanfänger aus 8<br />

Nationen das Studium in diesem Studiengang aufge-<br />

132 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


nommen. Damit sind seit Beginn des Programms<br />

insgesamt 175 Studierende aus 32 unterschiedlichen<br />

Nationen eingeschrieben. Bisher haben über 70<br />

Studierende ihr Studium sehr erfolgreich abgeschlossen,<br />

was zum einen auf die herausragende Qualität der<br />

Studenten, zum anderen auf die sehr gute Betreuung<br />

durch das IAEW zurückzuführen ist.<br />

Um den Studenten den Einstieg in das Studium sowie<br />

in die fremde Kultur zu erleichtern, können sie an<br />

vielfältigen, für sie eigens organisierten Veranstaltungen<br />

teilnehmen. So findet z. B. zu Beginn jedes Semesters<br />

eine Informationsveranstaltung statt, in der die<br />

Studienschwerpunkte dieses Semesters erläutert<br />

werden und die Studierenden ihre Fragen mit den<br />

Betreuern des Programms diskutieren können. Kurz vor<br />

Weihnachten wird ein Besuch des <strong>Aachen</strong>er Weihnachtsmarktes<br />

organisiert. Dabei haben die Studierenden<br />

die Gelegenheit, ihre Erfahrungen bei Glühwein mit<br />

den Betreuern und untereinander auszutauschen.<br />

Besichtigung der Stadt Monschau<br />

Zusätzlich wurde im November 2006 eine Besichtigung<br />

der Stadt Monschau organisiert. Im Rahmen dieser<br />

Besichtigung folgten die Studenten auch gerne der<br />

Einladung von Professor Haubrich zum gemeinsamen<br />

Abendessen, um mit ihm in fachlicher sowie persönlicher<br />

Hinsicht ins Gespräch zu kommen.<br />

Neues Layout der IAEW-Webseiten<br />

Robert Piront<br />

Nach Einführung der IAEW-Webseiten vor etwa<br />

15 Jahren und zunehmenden Problemen bei deren<br />

Pflege wurde das Layout der IAEW-Webseiten Ende<br />

2006 auf Basis eines Content-Management-Systems<br />

(CMS) überarbeitet.<br />

Die Vorteile eines CMS sind vielseitig. So bietet sich<br />

den Rechnerbetreuern u. a. die Möglichkeit einer<br />

dezentralen Wartung des Systems, d. h. die Pflege des<br />

KURZBERICHTE<br />

Webservers kann plattformunabhängig von jedem<br />

Rechner aus erfolgen.<br />

Screenshot des Content-Management-Systems<br />

Da die alten Webseiten auf Basis von HTML-Befehlen<br />

erstellt wurden, die jeder Mitarbeiter nach eigenem<br />

Kenntnisstand umgesetzt hat, war ein einheitliches<br />

Layout von thematisch gleichen Seiten, wie bspw. den<br />

persönlichen Seiten, nicht sichergestellt. Durch das<br />

neue System können die Mitarbeiter nun unabhängig<br />

von einer bestimmten Programmiersprache die Seiten<br />

an Hand von Formatvorlagen erstellen, was eine<br />

vereinfachte Überarbeitung der Webseiten möglicht.<br />

Durch die Trennung der Inhalte vom Design der Webseiten<br />

wird zudem ein konsistentes Design gewährleistet.<br />

Weiterhin kann durch Zuweisung von Berechtigungen<br />

für bestimmte Nutzergruppen erreicht werden, dass<br />

anders als bei den alten Webseiten mehrere Mitarbeiter<br />

für den Inhalt einer speziellen Seite verantwortlich<br />

sein können. Unautorisierte Veränderungen von<br />

Inhalten können über diese Berechtigungen ebenfalls<br />

verhindert werden. Mit Verwendung des CMS sind die<br />

Webseiten des IAEW nun technisch auf dem neuesten<br />

und optisch ansprechendem Stand.<br />

Exkursionen<br />

Dipl.-Ing. Pablo Frezzi; Dipl.-Ing. M.Sc. Uwe Padberg; Dipl.-Ing. Simon<br />

Ohren<br />

Auch in den beiden letzten Semestern veranstaltete<br />

das IAEW aufgrund des großen Zuspruchs in den<br />

vergangenen Jahren zahlreiche Exkursionen für die<br />

Studenten. Begleitend zur Vorlesung „Elektrische<br />

Anlagen“ fanden dabei insgesamt 4 Exkursionen statt:<br />

Das Braunkohlekraftwerk in Niederaußem, das Pumpspeicherkraftwerk<br />

in Vianden, die Firma Driescher<br />

GmbH in Wegberg und die Firma STAWAG in <strong>Aachen</strong><br />

wurden besucht.<br />

Die Exkursionen dienen der Vermittlung von Einblicken<br />

in die Praxis, um theoretische Grundlagen aus den<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 133


KURZBERICHTE<br />

Vorlesungen zur Energietechnik zu vertiefen und stellen<br />

somit einen wichtigen Bestandteil der Ingenieurausbildung<br />

dar.<br />

Am 5.12.2006 wurde eine Exkursion zum Braunkohlekraftwerk<br />

mit optimierter Anlagentechnik (BoA) der<br />

RWE Power in Niederaußem durchgeführt. Beim<br />

Besuch des 2003 in Betrieb gegangenen Kraftwerksblocks<br />

wurde den Teilnehmern zunächst in einem<br />

Vortrag die technischen Besonderheiten der neuen<br />

Technologie erklärt. Anschließend erfolgte die Besichtigung<br />

der Leitwarte, des Kesselhauses und der<br />

gesamten Kraftwerksanlage. Beim gemeinsamen<br />

Mittagessen bestand die Möglichkeit zu einer intensiven<br />

Diskussion.<br />

Die Leitwarte im Braunkohlekraftwerk Niederaußem<br />

Ebenfalls am 5.12.2006 wurde eine Exkursion zum<br />

Pumpspeicherkraftwerk nach Vianden in Luxemburg<br />

durchgeführt. Die günstige topographische Lage und<br />

geologischen Begebenheiten des Ourtals prädestinieren<br />

es als Standort eines Pumpspeicherkraftwerkes. So<br />

entstand Anfang der sechziger Jahre das Pumpspeicherkraftwerk<br />

Vianden. Anhand eines einführenden<br />

Kurzfilms wurde die Historie sowie der prinzipielle<br />

Aufbau des Kraftwerkes mit Ober- und Unterbecken<br />

aufgezeigt, die über zwei Druckrohrleitungen und<br />

Unterwasserstollen miteinander verbunden sind. In<br />

einer Präsentation wurden weitere Informationen über<br />

den Personalaufwand, die erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen<br />

sowie die Anbindung des Kraftwerks<br />

an das Höchstspannungsnetz von RWE vermittelt. In<br />

einer anschließenden Führung durch die unterirdische<br />

Kaverne wurden anhand der einzelnen Komponenten<br />

der Maschinensätze die jeweiligen Prozessschritte bei<br />

der Energieerzeugung erläutert. Abschließend fand die<br />

Besichtigung des Unterbeckens - bestehend aus einem<br />

natürlichen Stau und einer Talsperre - sowie des<br />

Oberbeckens statt.<br />

Eine dritte Exkursion am 5.12.2006 führte die Teilnehmer<br />

zur Firma Driescher GmbH in Wegberg. Nach<br />

einem einführenden Vortrag, in dem der Geschäftsführer<br />

die Geschichte, die Produkte und die Märkte der<br />

Firma vorstellte, wurde die Fabrikanlage besichtigt. Die<br />

Sektoren, in denen die Trennschalter und SF 6 -isolierte<br />

Schaltanlagen hergestellt werden, riefen das besonderes<br />

Interesse der Studenten hervor, die Fragen über die<br />

unterschiedlichen angewendeten Technologien stellten.<br />

Bei einem abschließenden Mittagessen ergab sich<br />

die Möglichkeit zur Diskussion.<br />

Teilnehmer der Exkursion zur Firma Driescher GmbH<br />

Am 16.1.<strong>2007</strong> folgte eine weitere Exkursion zur<br />

STAWAG in <strong>Aachen</strong>. Hier wurden zunächst ein HS/MS-<br />

Umspannwerk der STAWAG und anschließend die<br />

Leitwarte der STAWAG besichtigt, in der nicht nur die<br />

Strom-, sondern auch die Erdgas- und Wasserversorgung<br />

sowie die Beleuchtung der Stadt zentral geführt<br />

werden.<br />

Studierendenentwicklung an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

und am IAEW<br />

Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />

Trotz der guten Berufschancen und interessanten<br />

Karriereperspektiven für Elektroingenieure ist die Zahl<br />

der Studienanfänger in der Elektro- und Informationstechnik<br />

im Wintersemester 2006/07 an den Universitäten<br />

und Fachhochschulen erneut rückläufig. Begannen<br />

letztes Jahr noch rund 17.700 Studenten das Studium<br />

der Elektrotechnik an einer deutschen Hochschule<br />

(8.210 Studenten an einer Universität und 9.468<br />

Studenten an einer Fachhochschule), so sind es im<br />

Wintersemester 2006/07 nur noch 16.954 (7.868<br />

Immatrikulationen an Universitäten und 9.086 an<br />

Fachhochschulen). Nach Schätzungen des VDE werden<br />

im Jahr <strong>2007</strong> rund 9.600 Absolventen die Hochschulen<br />

verlassen, welche den Bedarf nach Experten in Wirtschaft<br />

und Forschung nicht decken können [1].<br />

134 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Dieser allgemeine Trend in Deutschland ist auch an der<br />

<strong>RWTH</strong> zu beobachten. Nach einem deutlichen Zuwachs<br />

der Studienanfänger in der Elektro- und Informationstechnik<br />

in den letzten Jahren haben sich zum Wintersemester<br />

2006/<strong>2007</strong> knapp 300 Studenten im<br />

1. Semester eingeschrieben, womit die Zahl der<br />

Studienanfänger deutlich gesunken ist. Dies ist auch<br />

auf die zu diesem Semester an der <strong>RWTH</strong> erstmalig<br />

erhobenen Studiengebühren für Studienanfänger<br />

zurückzuführen. Auch in den Masterstudiengängen ist<br />

die Zahl der Neuanfänger im Vergleich zum Vorjahr<br />

etwas gesunken. Im Wintersemester 2006/<strong>2007</strong> haben<br />

25 Masterstudierende ihr Studium begonnen, zur Zeit<br />

sind rund 80 Studierende im Masterstudiengang<br />

Electrical Power Engineering an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

immatrikuliert.<br />

Im letzten Jahr haben 16 Studierende ihr Studium an<br />

der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> erfolgreich mit einer Diplom- oder<br />

Masterarbeit am IAEW beendet. Darüber hinaus<br />

wurden 6 Studienarbeiten am IAEW angefertigt, sodass<br />

die Zahl der am IAEW betreuten Studenten zwar im<br />

Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken ist, der Anteil<br />

der vom IAEW betreuten Absolventen der Fakultät für<br />

Elektro- und Informationstechnik jedoch insgesamt auf<br />

dem Niveau der vergangenen Jahre blieb.<br />

Holger Hartel (links) und Georg Honnen-Louven (rechts) bei einer<br />

Bootsfahrt mit chinesischen Kollegen<br />

Die Zahl der studentischen Hilfskräfte am Institut, die<br />

mit einem wöchentlichen Arbeitspensum von 8 Stunden<br />

pro Woche in Forschungs- und Industrieprojekten<br />

eingebunden sind, liegt bei durchschnittlich 15. Auch<br />

an diesen Zahlen zeigt sich das weiterhin große<br />

Interesse der Studierenden an der Kombination aus<br />

technischen und wirtschaftlichen Fragestellungen.<br />

Aufgrund der intensiven Kontakte zu ausländischen<br />

Universitäten und Unternehmen war es auch in diesem<br />

Jahr möglich, mehreren Studierenden Praktika oder<br />

Diplomarbeiten im Ausland zu vermitteln. So konnte<br />

Paul Baltes ein Praktikum in England absolvieren. Georg<br />

KURZBERICHTE<br />

Honnen-Louven und Martin Scheufen konnte ein<br />

Praktikum in Argentinien vermittelt werden. Gleich vier<br />

Studenten – Harald Bremke, Benjamin Preidecker,<br />

Holger Hartel und ebenfalls Georg Honnen-Louven –<br />

wurde die Möglichkeit gegeben, ein Praktikum bzw.<br />

eine Diplomarbeit in China durchzuführen.<br />

[1] VDE: 4 Prozent weniger Studienanfänger in der<br />

Elektro- und Informationstechnik<br />

twv – Mitteilungen Technisch Wissenschaftlicher<br />

Vereine <strong>Aachen</strong>, Nr. 3/4,<br />

Februar/März <strong>2007</strong>, 35. Jahrgang, VDI-Verlag<br />

Preise und Auszeichnungen<br />

Dr.-Ing. Tobias Paulun<br />

Im vergangenen Jahr vergab die Otto-Junker-Stiftung<br />

zum vierzehnten Mal Preise für hervorragende Studienleistungen<br />

in der Fakultät für Georessourcen und<br />

Materialtechnik und in der Fakultät für Elektrotechnik<br />

und Informationstechnik der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>. In Anwesenheit<br />

von Prof. Winfried Dahl, dem Vorsitzenden des<br />

Beirats der Otto-Junker-Stiftung, Rechtsanwalt Werner<br />

Stegemann, dem Vorsitzenden des Kuratoriums der<br />

Otto-Junker-Stiftung und dem Rektor der <strong>RWTH</strong><br />

<strong>Aachen</strong>, Prof. Burkhard Rauhut, nahmen die diesjährigen<br />

Preisträger, unter ihnen Dipl.-Ing. Simon Krahl und<br />

Dipl.-Ing. Tobias Paulun vom IAEW, ihre Ehrungen<br />

entgegen.<br />

Von links: Dr.-Ing. Tobias Paulun, (IAEW), Rektor Burkhard Rauhut,<br />

Dipl.-Ing. Simon Krahl, (IAEW), Professor Winfried Dahl, Dipl.-Ing.<br />

Jenny Rudnizki, Rechtsanwalt Werner Stegemann, Dipl.-Ing. Andreas<br />

Lützerath<br />

Die Otto-Junker-Stiftung wurde 1970 von Dr.-Ing. e. h.<br />

Otto Junker, dem Gründer der Otto Junker GmbH in<br />

Lammersdorf, ins Leben gerufen. Er fühlte sich stets<br />

eng mit der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> verbunden und schätzte den<br />

Austausch mit der Wissenschaft. In den vergangenen<br />

Jahren hat die Stiftung die Hochschule in zahlreichen<br />

Einzelprojekten unterstützt, sie zählt zu den größten<br />

Einzelförderern der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 135


KURZBERICHTE<br />

Ebenfalls wurden im vergangenen Jahr die Friedrich-<br />

Wilhelm-Preise für herausragende wissenschaftliche<br />

Leistungen vergeben. Der Friedrich-Wilhelm-Preis geht<br />

auf den preußischen Kronprinzen Friedrich-Wilhelm<br />

zurück, den späteren 99-Tage-Kaiser Friedrich III. Als<br />

dieser 1858 nach seiner Vermählung mit Prinzessin<br />

Victoria in London auf dem Grenzbahnhof in Herbesthal<br />

wieder preußischen Boden betrat, überreichten ihm<br />

<strong>Aachen</strong>er Bürger eine Spende in Höhe von 5.000 Talern<br />

zur Gründung einer Polytechnischen Schule. Das Geld<br />

bildete später den Grundstock der Friedrich-Wilhelm-<br />

Stiftung, mit der die Wissenschaft und die Studierenden<br />

der <strong>Aachen</strong>er Hochschule seit Jahrzehnten gefördert<br />

werden. Unter den Preisträgern für herausragende<br />

Dissertationen befand sich Dr.-Ing. Hagen Schmöller,<br />

ehemaliger Mitarbeiter des IAEW, einen Preis für eine<br />

hervorragende Diplomarbeit erhielt unter anderem<br />

Dipl.-Ing. Tobias Paulun.<br />

Von links: Frau Beckmann, Frau M.Sc. Manolescu, Dipl.-Ing. Bernd<br />

Tersteegen (IAEW), Dipl.-Ing. Voges, (Siemens AG, Bereichsvorstand<br />

Power Generation)<br />

Mit dem Werner von Siemens Excellence Award, der<br />

jährlich an ausgesuchten deutschen Hochschulen<br />

vergeben wird, wurde in diesem Jahr Dipl.-Ing. Bernd<br />

Tersteegen für seine Diplomarbeit „Market Coupling –<br />

Ermittlung des bestmöglichen Marktgleichgewichtes“<br />

ausgezeichnet. Mit diesem Preis werden Abschlussarbeiten<br />

honoriert, die innovative Lösungen zu ausgewählten<br />

Fragestellungen erarbeiten. Neben der wissenschaftlichen<br />

Leistung werden vor allem der Innovationsgrad<br />

und die praktische Umsetzbarkeit der Arbeit<br />

von einer Jury bewertet.<br />

Im vergangenen Jahr wurde zudem der Studienpreis<br />

der SEW Eurodrive Stiftung vergeben. Mit diesem Preis<br />

wurden im vergangenen Jahr bundesweit sechs<br />

Absolventen elektrotechnischer Fakultäten, fünf<br />

Absolventen im Fachbereich Maschinenbau und<br />

ebenfalls fünf Absolventen wirtschaftswissenschaftlicher<br />

Studiengänge ausgezeichnet. Den Diplomandenpreis,<br />

der für hohe Leistungen und eine kurze Studiendauer<br />

vergeben wird, erhielt unter anderem Dipl.-Ing.<br />

Tobias Paulun vom IAEW.<br />

The 9 th<br />

International Conference on Probabilistic<br />

Methods Applied to Power Systems, Stockholm,<br />

Schweden<br />

Dr.-Ing. Xiaohu Tao<br />

Die "9th International Conference on Probabilistic Methods<br />

Applied to Power Systems" fand vom 11. bis 15.<br />

Juni 2006 in Stockholm/Schweden statt. Zu dieser von<br />

der Power Engineering Society des IEEE und der<br />

Universität Royal Institute of Technology (KTH) geförderten<br />

Konferenz nahm das IAEW mit dem Beitrag<br />

„A Two-Stage Heuristic Method for the Planning of<br />

Medium Voltage Distribution Networks with Large-<br />

Scale Distributed Generation“ teil.<br />

Feier in der Stockholmer Stadthalle<br />

Insgesamt wurden ca. 200 Vorträge aus 35 Ländern<br />

über den Stand der Technik der Energieversorgung,<br />

insbesondere der Anwendung probabilistischer Verfahren<br />

für die Energieversorgung. Die wesentlichen<br />

Themen waren:<br />

• Stochastische Optimierung,<br />

• Monte Carlo Verfahren und Markov Modelle,<br />

• Zuverlässigkeitsanalyse,<br />

• Risiko Analyse,<br />

• und dezentrale Erzeugung<br />

Neben den technischen Vorträgen wurden ebenfalls<br />

zahlreiche kulturelle Veranstaltungen organisiert. Die<br />

Tagung endete mit einer gemeinsamen Feier in der<br />

Stadthalle, in der auch in jedem Jahr der Nobelpreis<br />

verliehen wird.<br />

Betriebsausflug nach Lammersdorf<br />

Dipl.-Ing. Bernd Tersteegen<br />

Nach einem verregneten August wurde Anfang September<br />

die Gunst einer viel versprechenden Wetter-<br />

136 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


prognose genutzt, und das Institut brach am 6. September<br />

2006 zur alljährlichen Fahrradtour nach Lammersdorf<br />

auf. Wie immer nahmen fast alle Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter wie auch die Studierenden des IAEW<br />

daran teil.<br />

Als Aufwärmetappe wurde die Strecke vom Institut zum<br />

Relais Königsberg am Fuße der „Himmelsleiter“<br />

ausgewählt. Auf dem Weg dorthin kam es zum ersten<br />

Höhepunkt der Fahrt. Professor Haubrich weihte unter<br />

dem tosenden Applaus aller Institutsangehörigen sein<br />

restauriertes Moped ein und wies auf der weiteren<br />

Strecke Richtung Lammersdorf den Fahrradfahrern den<br />

Weg.<br />

Prof. Haubrich weist den Teilnehmern des Betriebsausflugs mit<br />

seinem frisch restaurierten Moped den Weg<br />

Mittagessen und Krafttanken im Garten von Prof. Haubrich<br />

Zur Mittagsstunde empfing die teils, mehr teils weniger<br />

von den harten Anstiegen der Nordeifel gezeichneten<br />

Teilnehmer des Betriebsausflugs im Garten von Professor<br />

Haubrich ein ausgezeichnetes Mittagessen. Nach<br />

ausreichender Stärkung in flüssiger und fester Form<br />

setzte sich der Tross am frühen Nachmittag wieder<br />

Richtung <strong>Aachen</strong> in Bewegung. Wohlbehalten dort<br />

eingetroffen, ließen zahlreiche Institutsangehörige den<br />

herrlichen Spätsommertag mit einem gemeinsamen<br />

Getränk auf dem <strong>Aachen</strong>er Marktplatz ausklingen.<br />

Institutsreise nach China<br />

Dipl.-Ing. Tobias Mirbach<br />

KURZBERICHTE<br />

Am 22. März <strong>2007</strong> brach das gesamte Institutsteam zu<br />

einer zwölftägigen China-Reise auf, um sich einen<br />

direkten Eindruck von der rasanten technischwirtschaftlichen<br />

Entwicklung dieses fernen Landes und<br />

seiner fremden Kultur zu verschaffen. Erstes Ziel war<br />

Shanghai, von wo aus wir eine zehntägige Rundreise<br />

durch die Provinzen Shanghai, Zhejiang, An’hui und<br />

Jiangsu bei zumeist sonnigem Wetter und frühsommerlichen<br />

Temperaturen starteten.<br />

Geburtstagsfeier von Philipp Siemes "hoch über den Wolken"<br />

Shanghai<br />

Nach Ankunft am Flughafen Pudong und Transfer per<br />

Transrapid mit kurzzeitig 431km/h gelangten wir in das<br />

Zentrum der Hafenstadt Shanghai, mit geschätzten 14<br />

Mio. Einwohnern die größte Metropole Chinas. In den<br />

folgenden beiden Tagen wurden sowohl das Stadtzentrum<br />

(Bund, Huangpu-Fluss, Nanjing Road, Jin Mao<br />

Tower) sowie die Altstadt besichtigt.<br />

Blick vom Bund auf die Skyline von Shanghai<br />

Hangzhou<br />

Die Hauptstadt der Provinz Zhejiang war die zweite<br />

Station der Chinareise.<br />

Neben einer Bootsfahrt auf dem Westsee und dem<br />

Besuch einer Seidenfabrik, eines Tee-Museums sowie<br />

des berühmten Ling Yin Tempels wurde eine Produkti-<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 137


KURZBERICHTE<br />

onsstätte der Firma Siemens für Hochspannungsleistungsschalter<br />

besichtigt.<br />

Primäres Ziel unseres Hangzhou-Besuches war ein<br />

Treffen mit Professoren und Studierenden der renommierten<br />

Zhejiang Universität. Vor Prof. Han, Leiter der<br />

elektrotechnischen Fakultät, und Kollegen sowie etwa<br />

30 chinesischen Studenten referierten Dr. Tao über das<br />

Master-Programm Electrical Power Engineering an der<br />

<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> sowie Herr Siemes zum Thema Netzintegration<br />

von Windenergieanlagen.<br />

Produktionsstätte von Siemens für Hochspannungsleistungsschalter<br />

(während der Mittagspause)<br />

Anstrengender Aufstieg in den Gelben Bergen<br />

Tunxi und Umgebung<br />

Das nächste Ziel war die Kleinstadt Tunxi, gelegen in<br />

der An‘hui Provinz. Von hier aus wurde eine Tagestour<br />

nach Huang Shan, den „Gelben Bergen“, durchgeführt,<br />

einem UNESCO Weltnatur- und Kulturerbe. Bei strahlendem<br />

Sonnenschein machten wir eine mehrstündige<br />

Wanderung in der bis zu 1900 m hohen, schroffen<br />

Berglandschaft unternommen. Am Folgetag stand ein<br />

Besuch von Hongchun – einem für die An‘hui Provinz<br />

typischen historischen Dorf – auf dem Programm.<br />

Huang Shan („Gelbe Berge“)<br />

Suzhou<br />

In der Provinz Jiangsu besuchten wir Tongli, berühmt<br />

für seine zahlreichen Wasserstraßen und seit 2000<br />

UNESCO Weltkulturerbe. Nach einer Bootsfahrt durch<br />

die Kanäle der Stadt wurden historische Bauten und<br />

Gärten aus der Ming- und Qing-Dynastie besichtigt. In<br />

Suzhou standen das Wahrzeichen der Stadt, die<br />

Tigerhügel-Pagode, sowie eine der berühmten chinesischen<br />

Gartenanlagen und zum Abschluss der Besuch<br />

einer chinesischen Oper auf dem Programm.<br />

Shanghai<br />

Zurück in Shanghai, fand – sonntags! – ein Treffen mit<br />

wichtigen Vertretern von Shanghai Municipal Electric<br />

Power Company statt. Nach einer Vorstellung des<br />

Unternehmens durch Vizepräsident Ruan, referierte<br />

Herr Tersteegen über die Stromausfälle in Europa.<br />

Nach intensiver Diskussion wurde dann das Dispatching-Center<br />

von Shanghai-Power besichtigt.<br />

138 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Vortrag von Herrn Ruan, Vizepräsident Shanghai Power<br />

Unsere Chinareise schloss mit einem Festessen, zu dem<br />

Herr Cai, Vorstand von Yencheng Power, Herr Dr. Li<br />

Naihu, ehemaliger Doktorand des IAEW, Prof. Tang aus<br />

Nanjing und Vertreter von Jiangsu Power zum Teil weit<br />

angereist waren. Dabei wurde auch die Trinkfestigkeit<br />

beider Seiten bis an die Grenze getestet.<br />

KURZBERICHTE<br />

Abendessen in Shanghai mit Prof. Tang, Southeast <strong>University</strong>,<br />

Nanjing<br />

Die zahlreichen, faszinierenden Eindrücke dieser Reise<br />

werden allen Teilnehmern noch lange positiv in Erinnerung<br />

bleiben und das Zusammenhörigkeitsgefühl des<br />

Institutsteams stärken.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 139


Veröffentlichungen im Berichtszeitraum<br />

VERÖFFENTLICHUNGEN<br />

Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2006 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> in Verbindung<br />

mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 109, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> 2006<br />

Tao, X.; Haubrich, H.-J.<br />

A Two-Stage Heuristic Method for the Planning of Medium Voltage Distribution Networks with Large-Scale<br />

Distributed Generation<br />

9th International Conference on Probabilistic Methods Applied on Power Systems, Stockholm, 11.06.2006 - 15.06.2006<br />

Maurer, C.; Paulun, T.; Haubrich, H.-J.<br />

Planning of High Voltage Networks under Special Consideration of Uncertainties of Load and Generation<br />

Proceedings of CIGRE 2006<br />

Maurer, C.; Hinüber, G.; Haubrich H.-J.; Zimmer, C.<br />

Aktuelle Entwicklungen im grenzüberschreitenden Engpassmanagement<br />

VDE Kongress 2006 - Innovations for Europe, VDE-Verlag Berlin Offenbach, Vol. 2, S. 159-164, 2006<br />

Siemes, P.; Haubrich H.-J.; Vennegeerts, H.; Ohrem, S.<br />

Potentials to Optimize the Integration of Wind Energy into the German Interconnected System<br />

6th International Workshop on Large-Scale Integration of Wind Power and Transmission Networks for Offshore Wind<br />

Farms, Delft, 26.10.2006 - 28.10.2006<br />

Tao, X.; Haubrich, H.-J.<br />

Optimal Planning of Distribution systems with Distributed Generation<br />

CRIS Workshop 2006 - Influence of Distributed and Renewable Generation on Power System Security,<br />

Magdeburg, 06.12.2006 - 08.12.2006,<br />

Proceedings of the CRIS WORKSHOP 2006, S. 185-189<br />

Paulun, T.<br />

Strategic Expansion Planning for Electrical Networks Considering Uncertainties<br />

European Transactions on Electrical Power, 16. Jg. (2006), Heft 6, S. 661-671<br />

Paulun, T.<br />

Strategic Expansion Planning for Electrical Networks Considering Uncertainties<br />

Seminar for Young Researchers in Power Systems, <strong>University</strong> of Manchester<br />

Manchester 2006<br />

Hartmann, Thomas; Blaesig, Boris; Hinüber, Gerd; Haubrich H.-J..<br />

Stochastic Optimization in Generation and Trading Planning<br />

Operations Research Proceedings 2006<br />

Karl H. Waldmann (Herausgeber), Ulrike M. Stocker (Herausgeber)<br />

Springer Verlag GmbH; Auflage: 1 (April <strong>2007</strong>)<br />

ISBN-10: 3540699945<br />

Frezzi, P.; Garcés, F.; Haubrich, H.-J.<br />

Analysis of Short-term Strategic Behaviour in Power Markets<br />

Décimo Segundo Encuentro Regional Ibero-americano del CIGRÉ<br />

Foz de Iguazú, Brasilien, 20.05.<strong>2007</strong> - 24.05.<strong>2007</strong><br />

Padberg, U.; Haubrich H.-J.<br />

Stochastic Optimization of Natural Gas Portfolios<br />

2nd Workshop on Energy Economics and Technology Market Development, Market Power and Market Regulation<br />

Dresden, 13.04.<strong>2007</strong><br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 141


VERÖFFENTLICHUNGEN<br />

Mirbach, T.; Haubrich H.-J.<br />

Simulation of the Central European Market for Electrical Energy<br />

2nd Workshop on Energy Economics and Technology Market Development, Market Power and Market Regulation<br />

Dresden, 13.04.<strong>2007</strong><br />

Paulun, T.; Hübner, M.; Maurer, Ch.; Haubrich, H.-J.<br />

Rechnergestützte Ermittlung langfristig kostenoptimaler Netzstrukturen für Gasverteilungsnetze<br />

GWF - Gas/Erdgas, 148. Jg. (<strong>2007</strong>), Heft 3, S. 151-154<br />

Blaesig, B.; Haubrich H.-J.<br />

Integriertes Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 57. Jahrgang (<strong>2007</strong>), Heft 1/2; S. 44 - 47<br />

Czauderna, C.; Vennegeerts, H.; Slupinski, A.; Wirtz, F.<br />

Serving Power Quality Needs - Operational Optimization and Customer Orientation in Industrial Distribution<br />

Networks<br />

CIRED, 19th International Conference on Electricity Distribution, Vienna, May <strong>2007</strong><br />

Tersteegen, B.; Hinüber, G.; Mirbach, T.; Haubrich, H.-J.<br />

Untersuchung zur Praxistauglichkeit eines Open Market Coupling-Verfahrens<br />

Energiewirtschaftliche Tagesfragen, Band 57 (<strong>2007</strong>), Heft 4, S. 37-39<br />

Adsoongnoen, C.; Ongsakul, W.; Maurer, C.; Haubrich, H.-J.<br />

A new transmission pricing approach for the electricity cross-border trade in the ASEAN Power Grid<br />

European Transactions on Electrical Power, Band 17 (<strong>2007</strong>), Heft 2, S. 135-149<br />

Löppen, S.<br />

Strukturmerkmale zur vergleichenden Bewertung von Mittelspannungsnetzen<br />

<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 110, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />

Hinüber, G.<br />

Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an Märkten für Fahrplanenergie und Reserve<br />

<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 111, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />

Tao, X.<br />

Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen<br />

<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 112, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />

Blaesig, B.<br />

Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 113, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />

Hartmann, T.<br />

Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten Strommarkt<br />

<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 114, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />

Paulun, T.<br />

Strategische Ausbauplanung für elektrische Netze unter Unsicherheit<br />

<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung, Band 115, Klinkenberg Verlag, <strong>Aachen</strong> <strong>2007</strong><br />

Tersteegen, B.; Hinüber, G.; Haubrich, H.-J.<br />

Open Market Coupling – A Step towards the Internal Electricity Market in Europe?<br />

4th International Conference "The European Electricity Market. EEM-07", Cracow, May 23-25, <strong>2007</strong><br />

142 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Diplom- und Masterarbeiten<br />

DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />

Die Diplomarbeit mit einer Bearbeitungszeit von 6 Monaten bildet in der Regel den Abschluss des Elektrotechnikstudiums<br />

mit 5 Jahren Regelstudienzeit. Demgegenüber dauert die Masterarbeit des Studiengangs "Electrical Power Engineering"<br />

4 Monate bei einer Regelstudienzeit von 2 Jahren. Hierbei wird von Seiten der Betreuer streng auf selbstständiges<br />

Arbeiten und Einhaltung von Zeitrahmen und Thema geachtet. Der Abschlussvortrag in freier Rede mit anschließender<br />

Diskussion geht in die Bewertung der Arbeit ein. Nachfolgend sind die im Berichtszeitraum abgeschlossenen Diplomarbeiten<br />

und Masterarbeiten aufgelistet.<br />

Harald Bremke<br />

Generierung charakteristischer Versorgungsaufgaben<br />

für Mittel- und Niederspannungsnetze<br />

Die Kosten für Netze der MS-<br />

und NS-Ebene werden von der zu<br />

erfüllenden Versorgungsaufgabe<br />

beeinflusst. Um Untersuchungen<br />

zu kostentreibenden Merkmalen<br />

von Versorgungsaufgaben durchführen<br />

zu können, müssen synthetische<br />

Versorgungsaufgaben<br />

mit vordefinierten Merkmalen<br />

generiert werden. In dieser Arbeit soll ein bestehendes<br />

Verfahren zur Erstellung synthetischer Versorgungsaufgaben<br />

unter Berücksichtigung aller für MS- und NS-<br />

Netze relevanten Einflussgrößen weiterentwickelt<br />

werden.<br />

Daoxiong Zhang<br />

Strategien zur Optimierung der Zuverlässigkeitsanalyse<br />

in ausgedehnten Verteilungsnetzen<br />

In dieser Arbeit sollen die<br />

Arbeitsabläufe der Zuverlässigkeitsberechnungen<br />

mit<br />

PSS/SINCAL und dem integriertenZuverlässigkeitsberechnungsmodul<br />

ZUBER der<br />

Forschungsgemeinschaft für<br />

Elektrische Anlagen und<br />

Stromwirtschaft e.V. (FGH) für<br />

die Untersuchungen in Mittelspannungsnetzen vereinfacht<br />

werden. Insbesondere umfasst dies Maßnahmen<br />

zur Vereinfachung der Datenerfassung und Netzmodellierung<br />

für Standardnetzkonfigurationen.<br />

Sebastian Klabes<br />

Spannungsebenenübergreifende Planung elektrischer<br />

Verteilungsnetze unter Berücksichtigung<br />

dezentraler Einspeisung<br />

Derzeitige Verfahren zur<br />

Planung elektrischer Netze<br />

beschränken sich auf die<br />

Optimierung einer Spannungsebene.<br />

Der Nutzen einer<br />

gemeinsamen Planung mehrerer<br />

Spannungsebenen stellt weiterhin<br />

eine offene Fragestellung<br />

dar. Die derzeitig beobachtete<br />

zunehmende Integration dezentraler Eigenerzeugungsanlagen<br />

(DEA) in die Verteilungsnetze muss zukünftig<br />

auch im Planungsprozess Berücksichtigung finden. Ziel<br />

dieser Arbeit ist deshalb die Erweiterung eines Verfahrens<br />

zur Grundsatzplanung von HS- und MS-Netzen<br />

unter besonderer Berücksichtigung der DEA.<br />

Luis Alberto Garcia Palomino<br />

Erstellung und Ergebnisverifikation eines elektrischen<br />

Netzmodells in den Netzberechnungsprogrammen<br />

NEPLAN und SIMPOW<br />

In dieser Arbeit werden die<br />

IEEE-Reglermodelle der<br />

Programme NEPLAN und<br />

SIMPOW hinsichtlich<br />

dynamischer Simulationen im<br />

Zeitbereich und dem<br />

Kleinsignalverhalten verglichen.<br />

Hierzu wird ein<br />

Industrienetzmodell in beiden<br />

Programmen aufgenommen und anhand dieses Netzes<br />

werden Berechnungen und Simulationen durchgeführt.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 143


DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />

Sebastian Hoppenrath<br />

Entwicklung von Planungskriterien für die<br />

rechnergestützte Ermittlung von wirtschaftlich<br />

optimalen Netzstrukturen<br />

Mit der Einführung einer<br />

Regulierungsbehörde für den<br />

Strom- und Gasbereich ist der<br />

Kostendruck auf Gasverteilungsnetzbetreiber<br />

gestiegen.<br />

Damit sind sie gezwungen,<br />

Einsparpotenziale in ihren<br />

Netzen zu erschließen, um eine<br />

Effizienzsteigerung zu erreichen.<br />

Im Rahmen dieser Arbeit sollen alternative<br />

Netzstrukturen anhand von homogenen Versorgungsaufgaben<br />

bezüglich ihrer Wirtschaftlichkeit, Sicherheit<br />

und Zuverlässigkeit untersucht werden. Dabei sind die<br />

vorhandenen Kopplungen zwischen den Netzebenen<br />

geeignet zu berücksichtigen. Mithilfe der gewonnenen<br />

Erkenntnisse sollen anschließend Planungskriterien für<br />

die Ermittlung kostenoptimaler Netze für eine gegebene<br />

Versorgungsaufgabe formuliert werden.<br />

Caroline Nansubuga<br />

Beeinflussung kritischer Spannungseinbrüche<br />

durch Netzstruktur und Gerätebestand<br />

Die Spannungskonstanz am<br />

Anschlusspunkt der Kunden<br />

ist ein wichtiges Merkmal der<br />

Versorgungsqualität. Spannungseinbrüche,<br />

die vor<br />

allem durch elektrische<br />

Fehler im Netz hervorgerufen<br />

werden, können bei sensitiven<br />

industriellen Kundenanlagen<br />

teure Produktionsausfälle verursachen. In dieser<br />

Arbeit werden unterschiedliche Möglichkeiten bewertet,<br />

die Netzspannungsqualität bezüglich Spannungseinbrüche<br />

zu verbessern. Dabei werden die Auswirkung<br />

von unterschiedlichen Netzstrukturen, Sternpunktbehandlung<br />

des Netzes sowie die im Netz eingebauten<br />

Schutzeinrichtungen auf die Ausfallhäufigkeit am<br />

Kundenanschluss untersucht.<br />

Nils Habedank<br />

Vergleichende Untersuchungen verschiedener<br />

Risikomanagementmethoden in der Stromerzeugungs-<br />

und Handelsplanung<br />

Mit der Liberalisierung des<br />

Marktes für elektrische Energie<br />

und der daraus resultierenden<br />

Intensivierung des Stromhandels<br />

sind die Risiken, denen<br />

Energieversorgungsunternehmen<br />

ausgesetzt sind, deutlich<br />

gestiegen. Dies wird verstärkt<br />

durch die jetzt fehlende Möglichkeit,<br />

durch entsprechende Preisanpassungen Kosten<br />

auf die Endverbraucher abzuwälzen. Daher ist die<br />

Bedeutung des Risikomanagements gewachsen. Sind<br />

die Risiken identifiziert und analysiert, besteht die<br />

Aufgabe des Risikomanagements darin, die Steuerung<br />

des Risikos mit verschiedenen Instrumenten vorzunehmen.<br />

Dabei gibt es die Möglichkeit, Risiken zu akzeptieren,<br />

zu vermeiden, zu mindern oder zu übertragen. Ziel<br />

dieser Arbeit ist es, verschiedene Risiken durch ausgewählte<br />

Instrumente in der Stromerzeugungs- und<br />

Handelsplanung in einem integrierten oder alternativ<br />

einem nachgeschalteten Optimierungsschritt zu<br />

reduzieren.<br />

Xiaohan Wu<br />

Untersuchung von Einflussgrößen auf die Berechnung<br />

der harmonischen Netzimpedanz von<br />

Wechselspannungsnetzen in der Umgebung von<br />

HGÜ-Umrichterstationen<br />

Zur Berechnung der harmonischen<br />

Netzimpedanz wird das<br />

umliegende Wechselspannungsnetz<br />

einschließlich sämtlicher<br />

Netzelemente in einem Modell<br />

nachgebildet. In dieser Arbeit<br />

soll der Einfluss der Modellierung<br />

dieser Netzelemente auf die<br />

harmonische Netzimpedanz<br />

untersucht werden. Besondere Beachtung soll dabei die<br />

Modellierung von Generatoren, Leitungen und Lasten in<br />

der Umgebung von HGÜ-Umrichterstationen zukommen.<br />

144 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Kerstin Meisa<br />

Entwicklung eines rechnergestützten Verfahrens<br />

zur Ermittlung von HöS-Referenznetzen<br />

Durch die Einführung der Regulierungsbehörde<br />

in Deutschland<br />

soll ein angemessener Wettbewerb<br />

im Bereich der<br />

Elektrizitätsversorgung gewährleistet<br />

werden. Zur Identifikation<br />

der kostentreibenden Einflüsse<br />

hat sich als Analysewerkzeug das<br />

Referenznetzverfahren als<br />

geeignet herausgestellt. Als Eingangsgröße für dieses<br />

Verfahren dient in der Verteilnetzebene die entsprechende<br />

Versorgungsaufgabe des zu analysierenden<br />

Gebietes. Diese ist allerdings für die HöS-Ebene nicht<br />

ausreichend, da zusätzlich die Kosteneinflüsse der<br />

Transportaufgabe berücksichtigt werden müssen.<br />

Hierbei sind z. B. Einflüsse angrenzender HöS-Netze<br />

oder der Erzeugungs- und Lastverteilung in einem<br />

Netzgebiet zu untersuchen. Ziel dieser Arbeit ist<br />

zunächst die Analyse von HöS-Netzen, um Unterschiede<br />

zu Verteilungsnetzen zu identifizieren. Auf dieser<br />

Basis soll eine geeignete Abbildung dieser Parameter<br />

gefunden werden, um dann ein Verfahren zur Erzeugung<br />

von HöS-Referenznetzen zu entwickeln.<br />

Sachin Prabhakar Mulay<br />

Planung von Schutz und Steuerung für Hochspannungsschaltanlagen<br />

Die Planung und Auslegung der<br />

Schutzeinrichtungen und Steuerungen<br />

für Hochspannungsschaltanlagen<br />

erfordert detaillierte<br />

Kenntnis über unterschiedlichste<br />

Aspekte des Schaltanlagenbaus.<br />

In dieser Arbeit sollen<br />

alle notwendigen Informationen<br />

zur Durchführung dieser Tätigkeiten<br />

gesammelt und in einem Handbuch für Planungsingenieure<br />

zusammengefasst werden.<br />

David Kemnitz<br />

DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />

Entwicklung eines rechnergestützten Verfahrens<br />

zur Optimierung des Ressourceneinsatzes zum<br />

Betrieb elektrischer Netze<br />

Durch Wettbewerb und Netztarif-Regulierung<br />

sind die Netzbetreiber<br />

einem erhöhten<br />

Kostendruck ausgesetzt. Die<br />

Kosten für den Betrieb elektrischer<br />

Netze sind kurzfristig<br />

beeinflussbar und werden<br />

maßgeblich durch den Ressourceneinsatz<br />

(Personal, Material,<br />

Werkzeuge) bestimmt. Optimierbarer Freiheitsgrad bei<br />

der Planung des Ressourceneinsatzes ist die Verteilung<br />

von bekannten, planbaren Prozessen auf die verfügbaren<br />

Mitarbeiter und die benötigten Arbeitsmaterialien<br />

sowie die Vergabe von Prozessen an Fremdfirmen.<br />

Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Dauern<br />

sämtlicher Betriebsprozesse und das Auftreten von<br />

nicht planbaren Prozessen von unsicheren Randbedingungen<br />

abhängen. In dieser Arbeit soll ein rechnergestütztes<br />

Verfahren entwickelt werden, das die Simulation<br />

des Netzbetriebs in ein Verfahren zur Optimierung<br />

des Ressourceneinsatzes für den Betrieb elektrischer<br />

Netze integriert.<br />

Siva Kumar Kota<br />

Verbrauchsprognose in Energieübertragungsnetzen<br />

Die Prognose des Energieverbrauchs<br />

ist ein wesentlicher<br />

Bestandteil der Arbeit der<br />

Netzbetreiber. Dazu werden<br />

umfangreiche Daten über den<br />

historischen Energieverbrauch<br />

gespeichert. In dieser Arbeit<br />

wird eine bestehende Datenbank<br />

mit gespeicherten Daten so an<br />

neue Anforderungen für die mit dieser Datenbank<br />

durchgeführten Prognosen angepasst.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 145


DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />

Matthias Kraft<br />

Ermittlung kostenrelevanter Einflussgrößen für<br />

Niederspannungsnetze<br />

Aufgrund der Tatsache, dass die<br />

Niederspannungsebene einen<br />

wesentlichen Anteil an den<br />

Netznutzungsentgelten verursacht,<br />

ist insbesondere in dieser<br />

Spannungsebene eine genaue<br />

Betrachtung der Netzkosten<br />

erforderlich, um so die Angemessenheit<br />

der Netznutzungsentgelte<br />

beurteilen zu können. Bereits unternommene<br />

Versuche, mittels statistischer Untersuchungen Korrelationen<br />

zwischen Netznutzungsentgelten und unterschiedlichen<br />

kostenrelevanten Einflussgrößen zu<br />

ermitteln, brachten nicht den gewünschten Erfolg. In<br />

dieser Arbeit soll daher der Ansatz der Referenznetzanalyse<br />

gewählt werden, welcher auf der Nachbildung<br />

des Netzplanungsprozesses anhand realitätsnaher<br />

Versorgungsaufgaben basiert.<br />

Kabengele Bredt<br />

Analyse zusätzlicher Ertragspotentiale unterschiedlicher<br />

Kraftwerkstypen durch Nutzung der<br />

Möglichkeiten der Reserveleistungsmärkte<br />

Vor dem Hintergrund der<br />

kontinuierlich wachsenden<br />

Möglichkeiten des kurzfristigen<br />

regelzonenüberschreitenden<br />

Energieaustauschs erscheint<br />

eine diversifizierte Vermarktungsstrategie<br />

der vorhandenen<br />

Erzeugungsleistung unter<br />

Berücksichtigung des Regelleistungsmarktes<br />

zunehmend attraktiv. Für ein führendes<br />

kommunales Netzwerk mit derzeit ca. 600 MW Erzeugungsleistung<br />

verteilt auf eine Vielzahl Kleinanlagen,<br />

und weiteren 2300 MW geplanter bzw. im Bau befindlicher<br />

Großkraftwerksleistung ist daher aktuell zu<br />

untersuchen, ob und in welchem Maße eine Vermarktung<br />

der elektrischen Leistung im Reserveleistungsmarkt,<br />

zusätzlich zum Forward- und Spotmarkt wirtschaftlich<br />

sinnvoll ist und wie diese Vermarktung<br />

prozessual umgesetzt werden kann.<br />

Daniel Krönung<br />

Einfluss von Grenzwerten der Versorgungszuverlässigkeit<br />

auf die Kosten von Verteilungsnetzen<br />

Auf der Grundlage des novellierten<br />

Energiewirtschaftsgesetzes<br />

(EnWG) hat die Bundesnetzagentur<br />

in 2006 ein System zur<br />

Anreizregulierung für Elektrizitätsversorgungsnetze<br />

in Deutschland<br />

eingeführt. Da eine ausschließliche<br />

Regulierung der<br />

Netzkosten langfristig zu Qualitätsverlusten<br />

führen würde, schreibt das EnWG ausdrücklich<br />

eine Erweiterung der Anreizregulierung um<br />

einzelne Aspekte einer Qualitätsregulierung vor. Zur<br />

Bestimmung effizienter und diskriminierungsfreier<br />

Qualitätsregulierungsinstrumenten wird in dieser Arbeit<br />

der Einfluss von Grenzwerten der Versorgungszuverlässigkeit<br />

auf die Kosten von Verteilungsnetzen untersucht.<br />

Martin Spata<br />

Ermittlung von Kenngrößen zur Bewertung der<br />

Netzstruktur elektrischer Übertragungsnetze<br />

Forciert durch weiträumige<br />

Stromausfälle in den USA und<br />

Europa wird verstärkt über<br />

Mechanismen diskutiert, die<br />

ein unangemessenes Absenken<br />

der Netzqualität vermeiden.<br />

Neben der Beurteilung<br />

des Komponentenzustands<br />

gewinnt dabei die Bewertung<br />

der Netzstruktur zunehmend an Bedeutung. Zur Bewertung<br />

der Netzstruktur sind die Anforderungen der an<br />

das Übertragungsnetz angeschlossenen Netznutzer und<br />

die Eingriffe des Netzbetreibers zur Vermeidung<br />

ungewünschter Auswirkungen auf die Netznutzer<br />

nachzubilden. Mittels vorhandener Bewertungsverfahren<br />

sollen in dieser Arbeit geeignete Kenngrößen zur<br />

Bewertung der Netzstruktur elektrischer Übertragungsnetze<br />

ermittelt werden. Dazu ist der Einfluss von<br />

Ausfällen, der Netznutzung und der Netzgröße auf die<br />

Bewertungskenngrößen zu analysieren und dann<br />

anhand dieser Ergebnisse objektive Bewertungskenngrößen<br />

abzuleiten.<br />

146 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Swetlana Kujat<br />

Bewertung einer rechnergeführten Störungsbeseitigung<br />

in Mittelspannungsnetzen<br />

Durch die Berücksichtigung<br />

der Versorgungszuverlässigkeit<br />

in der Regulierung<br />

gewinnt die Sicherstellung<br />

kurzer Wiederversorgungsdauern<br />

in Mittelspannungsnetzen<br />

eine hohe Bedeutung.<br />

In diesen Netzen<br />

bestehen bei der Fehlerortung<br />

und den überwiegend manuell vorzunehmenden<br />

Schalthandlungen wesentliche Freiheitsgrade hinsichtlich<br />

der Aktionsauswahl und -reihenfolge. In dieser<br />

Arbeit sollen ermittelte Wiederversorgungsstrategien<br />

für unterschiedliche reale Netze abhängig von der<br />

verwendeten Zielfunktion analysiert und mit bestehenden<br />

Strategien aus der Praxis verglichen werden. Auf<br />

dieser Basis ist auch der angedachte Einsatz des<br />

Verfahrens im Rahmen eines Trainings für das Betriebspersonal<br />

vorzubereiten.<br />

Hongyan Lu<br />

Ermittlung langfristig kostenoptimaler Netzstrukturen<br />

für einen Verteilungsnetzbereich eines<br />

großstädtischen Netzbetreibers<br />

Mit der Arbeitsaufnahme der Bundesnetzagentur als<br />

Regulierungsbehörde in Deutschland steigt der Kostendruck<br />

auf die Netzbetreiber. Vor diesem Hintergrund<br />

stellt sich die Frage nach der<br />

zukünftigen Entwicklung und<br />

den zu erwartenden langfristigen<br />

Kostensenkungspotenzial<br />

der Netze. In dieser Arbeit soll<br />

ein MS-Netzbereich analysiert<br />

und in einer Planung optimiert<br />

werden. In Variantenrechnungen<br />

sollen verschiedene kosteneffiziente<br />

Netzstrukturen bei unterschiedlicher Lage und<br />

Anzahl der Einspeisungen ermittelt werden. Ziel der<br />

Arbeit ist es, die für den gegebenen Netzbereich optimalen<br />

Netzstrukturen zu ermitteln. Dabei sind sowohl<br />

technische wie wirtschaftliche Gesichtspunkte zu<br />

beachten.<br />

Liang Tao<br />

DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />

Bewertung der Auswirkungen von dezentralen<br />

Erzeugungsanlagen auf zukünftige Netzstrukturen<br />

Die derzeitig beobachtete<br />

zunehmende Integration<br />

dezentraler Eigenerzeugungsanlagen<br />

in die Verteilungsnetze<br />

verändert langfristig auch die<br />

Struktur der Netze. Ziel dieser<br />

Arbeit ist die Untersuchung der<br />

technischen und wirtschaftlichen<br />

Auswirkungen einer<br />

hohen Durchdringung von dezentralen Erzeugungsanlagen<br />

in zukünftigen Energieversorgungsnetzen.<br />

Simon Prousch<br />

Grundsatz- und Ausbauplanung von elektrischen<br />

Verteilungsnetzen für einen großstädtischen<br />

Energieversorger<br />

Durch die Liberalisierung in<br />

der Elektrizitätswirtschaft und<br />

der Einführung einer Regulierungsbehörde<br />

für Strom<br />

stehen die Energieversorger<br />

unter einem erhöhten Kostendruck.<br />

Vor diesem Hintergrund<br />

stellen sich die Energieversorger<br />

die Frage nach der<br />

Effizienz ihrer bestehenden Energieversorgungsstrukturen<br />

und deren zukünftigen Entwicklung. Zur Beantwortung<br />

dieser Fragestellung werden vermehrt rechnerbasierte<br />

Netzoptimierungsverfahren eingesetzt. Ziel der<br />

Arbeit ist es, in enger Kooperation mit dem Energieversorger<br />

eine praxisnahe Netzplanung der Mittelspannungsnetze<br />

und Gasverteilungsnetze unter technischen<br />

und wirtschaftlichen Gesichtspunkten durchzuführen.<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 147


DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />

Miguel Wong Georg Honnen-Louven<br />

Visualisierung und Monitoring des dynamischen<br />

Systemverhaltens im Fall von Betriebsmittelausfällen<br />

Im Programmsystem<br />

NETOMAC kann das dynamische<br />

Verhalten von elektrischen<br />

Systemen simuliert<br />

werden. Es wurde eine<br />

automatisch arbeitende<br />

Ausfallsimulation erstellt, die<br />

mittels einem sog. Contingency-builders<br />

die zu simulierenden<br />

Ausfallrechnungen generiert. Mittels eines sog.<br />

Criteria-builders können Kriterien definiert werden,<br />

nach denen die Ausfallsimulationen bewertet werden.<br />

Da das System im Rahmen einer Dynamic Security<br />

Assessment eingesetzt werden soll, muss das Zeitverhalten<br />

optimiert werden. Ziel ist es, die wesentlichen<br />

Informationen des dynamischen Systemverhaltens<br />

schnell und ausreichend für die Beurteilung einer<br />

Ausfallsituation bereit zu stellen und dabei die zeitlichen<br />

Rahmenbedingungen einzuhalten.<br />

Entwicklung eines Verfahrens zur rechnergestützten<br />

Grundsatzplanung von Gasverteilungsnetzen<br />

Bisherige Verfahrensansätze für<br />

die rechnergestützte Optimierung<br />

von Gasverteilungsnetzen sind<br />

nicht in der Lage praxisübliche<br />

Problemgrößen unter Berücksichtigung<br />

der wesentlichen technischen<br />

Randbedingungen und<br />

Freiheitsgrade zu lösen. Ziel<br />

dieser Arbeit ist die Entwicklung<br />

und Implementierung eines kombinatorischen Optimierungsverfahrens<br />

zur langfristig optimalen Gasverteilnetzplanung.<br />

Anschließend soll die Funktionsfähigkeit<br />

des Verfahrens durch exemplarische Untersuchungen<br />

an real existierenden Netzen überprüft werden.<br />

Sebastian Stein<br />

Bewertung der Kosteneinflüsse von Leistungstransporten<br />

in Übertragungsnetzen<br />

Yiping Xu Zur Identifikation der kosten-<br />

Analyse der operativen Vorteile beim Betrieb von<br />

Microgrids<br />

Microgrids sind eigenständige<br />

Verteilungsnetze mit<br />

verteilter Einspeisung,<br />

Energiespeichern und<br />

steuerbaren Verbrauchern.<br />

Sie können sowohl innerhalb<br />

des Verbundsystems aus<br />

auch eigenständig betrieben<br />

werden. Ziel dieser Arbeit ist<br />

die Identifizierung möglicher Vorteile von Microgrids<br />

auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene.<br />

Wesentliche Punkte dabei sind die Bewertung der<br />

Versorgungszuverlässigkeit, der Verluste und möglicher<br />

Vorteile für die angeschlossenen Netzkunden.<br />

treibenden Einflüsse ist als<br />

Analysewerkzeug das Referenznetzverfahren<br />

geeignet und<br />

vielfach praxiserprobt. Als<br />

Eingangsgröße für dieses<br />

Verfahren dient in der Verteilungsnetzebene<br />

die Versorgungsaufgabe<br />

des zu analysierenden<br />

Gebietes. Für die Übertragungsnetzebene ist<br />

dies nicht ausreichend, da zusätzlich Kosteneinflüsse<br />

der Transportaufgabe berücksichtigt werden müssen.<br />

Ziel dieser Arbeit ist zunächst die Analyse realer<br />

Leistungstransporte in Übertragungsnetzen. Danach<br />

sollen diese Leistungstransporte durch eine entsprechende<br />

Transportaufgabe modelliert werden, um<br />

abschließend mit Hilfe der Referenznetzanalyse die<br />

Kosteneinflüsse dieser Leistungstransporte zu bewerten.<br />

148 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


Studienarbeiten<br />

DIPLOM-, MASTER- UND STUDIENARBEITEN<br />

Mindestens eine Studienarbeit mit einem Arbeitsumfang von etwa 6 Wochen ist für alle Diplomstudenten im Fachbereich<br />

Elektrotechnik verpflichtend. Nachfolgend sind die im Berichtszeitraum abgeschlossenen Studienarbeiten aufgelistet.<br />

Fröhlich, Thomas<br />

Instandhaltungsmaßnahmen in den Verteilungsnetzen<br />

eines regionalen Netzbetreibers<br />

Honnen-Louven, Georg<br />

Qualitative Bewertung von Strukturparametern in der<br />

Höchstspannungsebene<br />

Kraft, Matthias<br />

Berücksichtigung von Schutzmaßnahmen bei rechnergestützter<br />

Planung von Niederspannungsnetzen<br />

Preidecker, Benjamin<br />

Zuverlässigkeitsberechnung von Verteilungsnetzen<br />

mittels Monte-Carlo Simulation und GO Methode<br />

Schütze, Tobias<br />

Analyse und Bewertung verschiedener Algorithmen zur<br />

Lastflussberechnung hinsichtlich der Anwendbarkeit für<br />

Gasnetze<br />

Stein, Sebastian<br />

Bewertung des Ressourcenbedarfs für den Betrieb<br />

elektrischer Netze<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 149


ABGESCHLOSSENE DISSERTATIONEN<br />

Liste der abgeschlossenen Dissertationen seit Dienstantritt von Professor Haubrich<br />

Jürgen Dennersmann<br />

Eigenschaften der Spannungs- und Frequenzregelung im Vergleich von Großverbund-<br />

und Inselsystemen<br />

Thomas Seitz Zuverlässigkeitsanalysen von Elektrizitätsversorgungssystemen mit dezentralen<br />

Erzeugungsanlagen unter Einsatz der Fuzzy-Set-Theorie<br />

Ditmar Heinz Erweiterte Anforderungen an die Spannungs-Blindleistungsoptimierung bei<br />

closed-loop-Einsatz<br />

Joachim Schneider Bewertung von Drehstrom- und Gleichstromvarianten für Hochleistungsfernübertragungen<br />

im Großverbund<br />

Guido Wolff Zuverlässigkeitsanalysen von Mittelspannungskabelnetzen unter Berücksichtigung<br />

vorübergehend nutzbarer Übertragungsreserven<br />

Erik Uwe Landeck Zuverlässigkeitsbewertung von Leistungstransiten in Verbundsystemen 1995<br />

Bernd Flechner Die notwendige Modellierungsgenauigkeit bei der Energieeinsatzplanung in<br />

hydrothermischen Kraftwerkssystemen<br />

Jürgen Walter Elsing Auswirkungen kommunaler Eigenerzeugung mit KWK-Anlagen auf die Stromerzeugungskosten<br />

der Vorlieferanten<br />

Mohsen Nayebzadeh Platzierung und Auslegung von statischen Kompensatoren zur Dämpfung von<br />

Netzpendelungen<br />

Albert Moser Langfristig optimale Struktur und Betriebsmittelwahl für 110-kV-Überlandnetze 1995<br />

Johannes Gerhard Groß Optimierung von Blockeinsatz und Lastfluss in zentralen Bahnstromversorgungssystemen<br />

Omar Hassan Saleh Al-Sakaf Tageslastprognose mit Hilfe Künstlicher Neuronaler Netze im Vergleich mit<br />

praxisbewährten Verfahren<br />

Oliver Schmitt Grundsätzliche Beurteilung der Übertragungsreserven in Hochspannungs-<br />

Freileitungsnetzen<br />

Johannes Hoffmann Optimale Energieeinsatzplanung in industriellen Kraft-Wärme-<br />

Kopplungssystemen<br />

Guido Daniëls Betrieb von Mittelspannungsnetzen mit hoher Blockheizkraftwerk-Einspeisung 1996<br />

Thomas Tischbein Identifikation der Oberschwingungsimpedanz von Mittelspannungsnetzen 1996<br />

Alexander Montebaur Zuverlässigkeitsanalysen industrieller Elektrizitätsversorgungsnetze unter<br />

Einschluß der Produktionsprozesse<br />

Andreas Heider Technikfolgenbewertung des Elektro-PKW bei geschlossener Betrachtung von<br />

Verkehr und Energieversorgung<br />

Wolfgang Fritz Topologieoptimierung zur Verlustreduktion in Hoch- und Höchstspannungsnetzen<br />

Dirk Biermann Kooperationen beim kommunalen Kraftwerkseinsatz unter Berücksichtigung<br />

der Vorlieferanten<br />

Peter Vossiek Berücksichtigung von Wiederversorgungsstrategien bei der Zuverlässigkeitsanalyse<br />

elektrischer Verteilungsnetze<br />

Stefan Nießen Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung im liberalisierten Strommarkt 1998<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 151<br />

1993<br />

1994<br />

1994<br />

1994<br />

1995<br />

1995<br />

1995<br />

1995<br />

1995<br />

1995<br />

1996<br />

1996<br />

1996<br />

1997<br />

1997<br />

1998<br />

1998


ABGESCHLOSSENE DISSERTATIONEN<br />

Jürgen Tzschoppe Anschlussmöglichkeiten für Windenergieanlagen an Mittelspannungsnetze 1998<br />

Alexander Kox Planung von Mittelspannungsnetzen unter Berücksichtigung betrieblicher<br />

Freiheitsgrade bei der Störungsbeseitigung<br />

Gabriël Clemens Zuverlässigkeitsorientiertes Zusammenwirken von Netz- und Kraftwerksbetreibern<br />

im Verteilungssektor<br />

Martin Rolf Grundsatzuntersuchung zur Bewertung von Durchleitungen in Höchst- und<br />

Hochspannungsnetzen<br />

Michael Fipper Zuverlässigkeitsorientierte Bewertung von Instandhaltungsstrategien für<br />

elektrische Verteilungsnetze<br />

Marc Roggenbau Kooperation der Übertragungsnetzbetreiber zur Minutenreservehaltung in<br />

elektrischen Verbundsystemen<br />

Petr Rudenko Anforderungen an die Primärregelung im transkontinentalen Großverbund 1999<br />

Daniel Greco Bewertung der Zuverlässigkeit elektrischer Verbundsysteme unter Berücksichtigung<br />

wichtiger Netzbeschränkungen<br />

Andreas Ewert Fremdnetzidentifikation für die Überwachung und Steuerung des Netzbetriebes<br />

Johannes Plettner-Marliani Optimierung der Erzeugungsstruktur lokaler Inselsysteme 2000<br />

Gundolf Dany Kraftwerksreserven in elektrischen Verbundsystemen mit hohem Windenergieanteil<br />

Christian Czauderna Zuverlässigkeitsorientierte Bewertung digitaler Sekundärtechniksysteme in<br />

elektrischen Netzen<br />

Gabriele Ripper Vergleich von Steuermechanismen für den kurzfristigen Einsatz hydraulischer<br />

Jahresspeicher<br />

Christian Zimmer Berücksichtigung des internationalen Stromhandels bei der Betriebsplanung<br />

europäischer Übertragungsnetzbetreiber<br />

Klaus Engels Probabilistische Bewertung der Spannungsqualität in Verteilungsnetzen 2000<br />

Eric Jennes Realisierungsmöglichkeiten kurzfristiger Netzzustandsprognosen 2000<br />

Sven Filter Zur Modellgenauigkeit der mittelfristigen Einsatzoptimierung von Querverbundunternehmen<br />

Boris Stern Kraftwerkseinsatz und Stromhandel unter Berücksichtigung von Planungsunsicherheiten<br />

Armin Braun Anlagen- und Strukturoptimierung von 110-kV-Netzen 2001<br />

Jörg Katzfey Probabilistische Bewertung der Netzbetriebsplanung im liberalisierten Strommarkt<br />

Klaus von Sengbusch Einfluss von Planungsunsicherheiten auf die Ausbaustrategie von 110-kV-<br />

Netzen<br />

Benedikt Krasenbrink Integrierte Jahresplanung von Elektrizitätserzeugung und –handel 2001<br />

Haijun Feng Adaptiver Kompensationsregler für erdschlusskompensierte Hochspannungsnetze<br />

Branko Pribicevic Planung der Strombeschaffung kommunaler Energieversorgungsunternehmen 2002<br />

152<br />

1998<br />

1998<br />

1998<br />

1998<br />

1999<br />

1999<br />

1999<br />

2000<br />

2000<br />

2000<br />

2000<br />

2001<br />

2001<br />

2001<br />

2001<br />

2002<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


ABGESCHLOSSENE DISSERTATIONEN<br />

Markus Stobrawe Minimierung von Verlust- und Blindleistungsbezugskosten der Hoch- und<br />

Höchstspannungsnetzbetreiber<br />

Peter Wolffram Ermittlung und Bewertung kostenrelevanter Struktureinflüsse auf 110-kV-<br />

Netze<br />

Stefan Rolauffs Aufwand- und Nutzen-Bewertung einer rechnergeführten Störungsbeseitigung<br />

in Mittelspannungsnetzen<br />

Heiko Neus Integrierte Planung von Brennstoffbeschaffung und Energieeinsatz zur Stromerzeugung<br />

Pariya Cumperayot Effekte der Modellierungsgenauigkeit auf die Ermittlung der Systemgrenzkosten<br />

in liberalisierten Elektrizitätsmärkten<br />

Daniel Schlecht Lastflussbasierte Vergabe von Übertragungsrechten im UCTE-Verbund 2004<br />

Hendrik Vennegeerts Zuverlässigkeitstechnische und wirtschaftliche Bewertung der Instandhaltung<br />

in elektrischen Verteilungsnetzen<br />

Christoph Maurer Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung für Hochspannungsnetze 2004<br />

Markus Obergünner Bewertung und Optimierung des Instandhaltungsaufwands elektrischer<br />

Verteilungsnetze<br />

Hagen Schmöller Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen Stromerzeugungs- und<br />

Handelsplanung<br />

Carsten Matheus Technische und wirtschaftliche Einsatzmöglichkeiten supraleitender Energiekabel<br />

Feng Li Bewertung von Ausbaumaßnahmen zur Engpassbeseitigung im UCTE-<br />

Verbundsystem<br />

Dirk Cremer Nutzbare Übertragungskapazitäten für den kurzfristigen grenzüberschreitenden<br />

Stromhandel unter Berücksichtigung von Prognoseunsicherheiten<br />

Song Cheng Automatische Reduktion der Ausfallkombinationen bei der Zuverlässigkeitsberechnung<br />

großer Netze<br />

Swen Löppen Strukturmerkmale zur vergleichenden Bewertung von Mittelspannungsnetzen 2006<br />

Gerd Hinüber Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an Märkten für Fahrplanenergie<br />

und Reserve<br />

Xiaohu Tao Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen 2006<br />

Boris Bläsig Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung <strong>2007</strong><br />

Thomas Hartmann Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisiertem Strommarkt <strong>2007</strong><br />

Tobias Paulun Strategische Ausbauplanung für Elektrische Netze unter Unsicherheit <strong>2007</strong><br />

Xia Yang Zhao Stochastische Tageseinsatzoptimierung vernetzter Wasserkraftwerke mit Hilfe<br />

Genetischer Algorithmen<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 153<br />

2002<br />

2003<br />

2003<br />

2003<br />

2004<br />

2004<br />

2005<br />

2005<br />

2005<br />

2005<br />

2005<br />

2005<br />

2006<br />

<strong>2007</strong>


Veröffentlichungsreihe<br />

„<strong>Aachen</strong>er Beiträge zur Energieversorgung“ – ABEV<br />

VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />

Seit 1992 werden die wesentlichen Forschungsergebnisse des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der<br />

<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> und der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V. in der Buchreihe "<strong>Aachen</strong>er Beiträge<br />

zur Energieversorgung" (ABEV) veröffentlicht. Die Bände dieser Reihe können über den Buchhandel oder das Institut<br />

bezogen werden. Bisher sind erschienen:<br />

Band 1 Büttgenbach, S.<br />

Erweiterter Einsatz der Spannungs-Blindleistungs-Optimierung in Verbundsystemen<br />

1. Auflage 1992, ISBN 3-86073-056-8<br />

Band 2 Büchner, J.<br />

Zur Frage der Auswirkungen regenerativer Energiequellen auf das dynamische Verhalten von<br />

elektrischen Inselsystemen<br />

1. Auflage 1992, ISBN 3-86073-057-6<br />

Band 3 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 1991 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 1992, ISBN 3-86073-082-7<br />

Band 4 Nick, W. R.<br />

Bewertung redundant geplanter Hoch- und Mittelspannungsverteilungsnetze im Hinblick auf<br />

Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-106-8<br />

Band 5 Drepper, W.<br />

Kraft-Wärme-Kopplung in der kommunalen Energieversorgung bei vollständiger<br />

Berücksichtigung des elektrischen Verbundsystems<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-098-3<br />

Band 6 Sierig, J.<br />

Photovoltaik und Energiespeicher in elektrischen Energieversorgungssystemen<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-151-3<br />

Band 7 Hinz, H.-J.<br />

Planung der Erzeugungs- und Übertragungsreserve in geographisch weit ausgedehnten<br />

elektrischen Energieversorgungssystemen<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-150-5<br />

Band 8 Klafka, P.<br />

Langfristige Betriebsplanung industrieller Kraft-Wärme-Kopplungssysteme unter<br />

Berücksichtigung stochastischer Einflüsse<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-128-9<br />

Band 9 Scholten, J.<br />

Optimale Energieeinsatzplanung thermischer Kraftwerkssysteme<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-162-9<br />

Band 10 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

1. Russisch-Deutsches Zuverlässigkeitsseminar "Zuverlässigkeit elektrischer Energieversorgungssysteme",<br />

Plyos, Russland, 06.09.93 - 11.09.93<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-169-6<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 155


VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />

Band 11 Dennersmann, J.<br />

Eigenschaften der Spannungs- und Frequenzregelung im Vergleich von Großverbund- und Inselsystemen<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-170-X<br />

Band 12 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 1992/93 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong><br />

<strong>Aachen</strong> in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e. V.,<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-175-0<br />

Band 13 Haubrich, H.-J.<br />

Elektrische Energieversorgungssysteme – Technische und wirtschaftliche Zusammenhänge<br />

Skriptum zur Vorlesung "Elektrische Anlagen I"<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-204-8<br />

Band 14 Rassow, J.<br />

Abhilfemaßnahmen gegen Spannungszusammenbrüche in Verbundsystemen<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-220-X<br />

Band 15 Hubert, R.<br />

Untersuchung der Gas- und Feuchteverteilung im Bereich eines Endlager-Bohrloches für radioaktive<br />

wärmefreisetzende Abfälle in Steinsalzformationen<br />

1. Auflage 1993, ISBN 3-86073-221-8<br />

Band 16 Breidenich, G.<br />

Gekoppelte Berechnung der thermomechanischen Feldgrößen in einer Steinsalzformation infolge<br />

der Einlagerung radioaktiver wärmefreisetzender Abfälle<br />

1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-222-6<br />

Band 17 Hoffmann, P.<br />

Berücksichtigung diskreter Steuermöglichkeiten bei der Spannungs-Blindleistungs-Optimierung<br />

1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-223-4<br />

Band 18 Seitz, Th.<br />

Zuverlässigkeitsanalysen von Elektrizitätsversorgungssystemen mit dezentralen Erzeugungsanlagen<br />

unter Einsatz der Fuzzy-Set-Theorie<br />

1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-224-2<br />

Band 19 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>FGE</strong>-Tagung 1993 "Neue Ordnungsrahmen und Systemführungskonzepte in der Elektrizitätswirtschaft",<br />

<strong>Aachen</strong>, 30.09.93 – 01.10.93<br />

1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-225-0<br />

Band 20 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

1. Russisch-Deutsches Zuverlässigkeitsseminar "Zuverlässigkeit elektrischer<br />

Energieversorgungssysteme", Plyos, Russland, 06.09.93 – 11.09.93, Teil 2<br />

1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-226-9<br />

Band 21 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

2. Deutsch-Russisches Zuverlässigkeitsseminar "Zuverlässigkeit elektrischer Energieversorgungssysteme",<br />

<strong>Aachen</strong>, 23.08.94 – 25.08.94<br />

1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-227-7<br />

Band 22 Haubrich, H.-J.<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 1993/94 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong><br />

<strong>Aachen</strong> in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.,<br />

1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-228-5<br />

Band 23 Heinz, D.<br />

Erweiterte Anforderungen an die Spannungs-Blindleistungsoptimierung bei closed-loop-Einsatz<br />

1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-229-3<br />

156 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />

Band 24 Nayebzadeh, M.<br />

Platzierung und Auslegung von statischen Kompensatoren zur Dämpfung von Netzpendelungen<br />

1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-320-6<br />

Band 25 Jürgens, B. P.<br />

Tageseinsatzplanung in hydrothermischen Kraftwerkssystemen – ein Verfahrensvergleich<br />

1. Auflage 1994, ISBN 3-86073-321-4<br />

Band 26 Schneider, J.<br />

Bewertung von Drehstrom- und Gleichstromvarianten für Hochleistungsfernübertragungen im<br />

Großverbund<br />

1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-322-2<br />

Band 27 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 1995 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-323-0<br />

Band 28 Landeck, E. U.<br />

Zuverlässigkeitsbewertung von Leistungstransiten in Verbundsystemen<br />

1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-324-9<br />

Band 29 Elsing, J. W.<br />

Auswirkungen kommunaler Eigenerzeugung mit KWK-Anlagen auf die Stromerzeugungskosten<br />

der Vorlieferanten<br />

1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-325-7<br />

Band 30 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

2. Deutsch-Russisches Zuverlässigkeitsseminar "Zuverlässigkeit elektrischer Energieversorgungssysteme",<br />

<strong>Aachen</strong>, 23.08.94 – 25.08.94, Teil 2<br />

1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-226-5<br />

Band 31 Al-Sakaf, O. H. S.<br />

Tageslastprognose mit Hilfe Künstlich Neuronaler Netze im Vergleich mit praxisbewährten<br />

Verfahren<br />

1. Auflage 1995, ISBN 3-86073-327-3<br />

Band 32 Wolff, G. B.<br />

Zuverlässigkeitsanalysen von Mittelspannungskabelnetzen unter Berücksichtigung vorübergehend<br />

nutzbarer Übertragungsreserven<br />

1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-328-1<br />

Band 33 Flechner, B. A.<br />

Die notwendige Modellierungsgenauigkeit bei der Energieeinsatzplanung in hydrothermischen<br />

Kraftwerkssystemen<br />

1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-329-X<br />

Band 34 Groß, J. G.<br />

Optimierung von Blockeinsatz und Lastfluss in zentralen Bahnstromversorgungssystemen<br />

1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-490-3<br />

Band 35 Moser, A.<br />

Langfristig optimale Struktur und Betriebsmittelwahl für 110-kV-Überlandnetze<br />

1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-491-1<br />

Band 36 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Zuverlässigkeitsberechnung von Verteilungsnetzen<br />

1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-492-X<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 157


VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />

Band 37 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 1996 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-493-8<br />

Band 38 Schmitt, O.<br />

Grundsätzliche Beurteilung der Übertragungsreserven in Hochspannungs-Freileitungsnetzen<br />

1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-494-6<br />

Band 39 Daniels, G.<br />

Betrieb von Mittelspannungsnetzen mit hoher Blockheizkraftwerk-Einspeisung<br />

1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-495-4<br />

Band 40 Hoffmann, J.<br />

Optimale Energieeinsatzplanung in industriellen Kraft-Wärme-Kopplungssystemen<br />

1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-496-2<br />

Band 41 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>FGE</strong>-Tagung 1996 "Neue Verfahren und Kriterien der Ausbau- und Betriebsplanung in der Stromversorgung",<br />

<strong>Aachen</strong>, 26.09.96 – 27.09.96<br />

1. Auflage 1996, ISBN 3-86073-497-0<br />

Band 42 Montebaur, A.<br />

Zuverlässigkeitsanalysen industrieller Elektrizitätsversorgungsnetze unter Einschluß der Produktionsprozesse<br />

1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-498-9<br />

Band 43 Tischbein, Th.<br />

Identifikation der Oberschwingungsimpedanz von Mittelspannungsnetzen<br />

1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-499-7<br />

Band 44 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Seminar "110-kV-Netzausbauplanung – Freileitung oder Kabel?" vom 13.11.1996<br />

Eurogress, <strong>Aachen</strong><br />

1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-489-X<br />

Band 45 Heider, A.<br />

Technikfolgenbewertung des Elektro-PKW bei geschlossener Betrachtung von Verkehr und<br />

Energieversorgung<br />

1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-610-8<br />

Band 46 Fritz, W.<br />

Topologieoptimierung zur Verlustreduktion in Hoch- und Höchstspannungsnetzen<br />

1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-611-6<br />

Band 47 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 1997 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 1997, ISBN 3-86073-612-4<br />

Band 48 Vossiek, P.<br />

Berücksichtigung von Wiederversorgungsstrategien bei der Zuverlässigkeitsanalyse elektrischer<br />

Verteilungsnetze<br />

1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-0-1<br />

Band 49 Biermann, D.<br />

Kooperation beim kommunalen Kraftwerkseinsatz unter Berücksichtigung der Vorlieferanten<br />

1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-2-8<br />

158 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />

Band 50 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 1998 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-1-X<br />

Band 51 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Annual Report 1998<br />

Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />

Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />

1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-6-0<br />

Band 52 Tzschoppe, J.<br />

Anschlussmöglichkeiten für Windenergieanlagen an Mittelspannungsnetze<br />

1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-3-6<br />

Band 53 Kox, A.<br />

Planung von Mittelspannungsnetzen unter Berücksichtigung betrieblicher Freiheitsgrade bei der<br />

Störungsbeseitigung<br />

1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-4-4<br />

Band 54 Nießen, S.<br />

Kraftwerkseinsatz- und Handelsplanung im liberalisierten Strommarkt<br />

1. Auflage 1998, ISBN 3-9806394-5-2<br />

Band 55 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Einführung in das Umfeld des Ingenieurberufes<br />

1. Auflage 1998<br />

Band 56 Rolf, M.<br />

Grundsatzuntersuchung zur Bewertung von Durchleitungen in Höchst- und Hochspannungsnetzen<br />

1. Auflage 1999, ISBN 3-9806394-8-7<br />

Band 57 Roggenbau, M.<br />

Kooperation der Übertragungsnetzbetreiber zur Minutenreservehaltung in elektrischen Verbundsystemen<br />

1. Auflage 1999, ISBN 3-9806394-7-9<br />

Band 58 Fipper, M.<br />

Zuverlässigkeitsorientierte Bewertung von Instandhaltungsstrategien für elektrische Verteilungsnetze<br />

1. Auflage 1999, ISBN 3-934318-01-0<br />

Band 59 Rudenko, P.<br />

Anforderungen an die Primärregelung im transkontinentalen Großverbund<br />

1. Auflage 1999, ISBN 3-934318-02-9<br />

Band 60 Clemens, G.<br />

Zuverlässigkeitsorientiertes Zusammenwirken von Netz- und Kraftwerksbetreibern im Verteilungssektor<br />

1. Auflage 1999, ISBN 3-934318-00-2<br />

Band 61 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 1999 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 1999, ISBN 3-934318-04-5<br />

Band 62 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Annual Report 1999<br />

Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />

Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />

1. Auflage 1999<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 159


VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />

Band 63 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>FGE</strong>-Tagung 1999 "Netzbetrieb und Stromhandel im freien Markt", <strong>Aachen</strong>,<br />

30.09.99 – 01.10.99<br />

1. Auflage 1999<br />

Band 64 Ewert, A.<br />

Fremdnetzidentifikation für die Überwachung und Steuerung des Netzbetriebes<br />

1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-05-3<br />

Band 65 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2000 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-06-1<br />

Band 66 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Annual Report 2000<br />

Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />

Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />

1. Auflage 2000<br />

Band 67 Plettner-Marliani, J.<br />

Optimierung der Erzeugungsstruktur lokaler Inselsysteme<br />

1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-07-X<br />

Band 68 Edwin, K. W.<br />

Mensch und Technik – Grundgesetze systemtechnischer Planung<br />

1. Auflage 2000<br />

Band 69 Ripper, G.<br />

Vergleich von Steuermechanismen für den kurzfristigen Einsatz hydraulischer<br />

Jahresspeicher<br />

1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-08-8<br />

Band 70 Czauderna, C.<br />

Zuverlässigkeitsorientierte Bewertung digitaler Sekundärtechniksysteme in elektrischen Netzen<br />

1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-09-6<br />

Band 71 Dany, G.<br />

Kraftwerksreserve in elektrischen Verbundsystemen mit hohem Windenergieanteil<br />

1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-10-X<br />

Band 72 Engels, K.<br />

Probabilistische Bewertung der Spannungsqualität in Verteilungsnetzen<br />

1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-11-8<br />

Band 73 Zimmer, C.<br />

Berücksichtigung des internationalen Stromhandels bei der Betriebsplanung europäischer Übertragungsnetzbetreiber<br />

1. Auflage 2000, ISBN 3-934318-12-6<br />

Band 74 Jennes, E.<br />

Realisierungsmöglichkeiten kurzfristiger Netzzustandsprognosen<br />

1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-14-2<br />

Band 75 Filter, S.<br />

Zur Modellgenauigkeit der mittelfristigen Einsatzoptimierung von Querverbundunternehmen<br />

1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-15-0<br />

160 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />

Band 76 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2001 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong><br />

<strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-19-3<br />

Band 77 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Annual Report 2001<br />

Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />

Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />

1. Auflage 2001<br />

Band 78 Stern, B.<br />

Kraftwerkseinsatz und Stromhandel unter Berücksichtigung von Planungsunsicher-<br />

heiten<br />

1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-20-7<br />

Band 79 Katzfey, J.<br />

Probabilistische Bewertung der Netzbetriebsplanung im liberalisierten Strommarkt<br />

1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-29-0<br />

Band 80 Braun, A.<br />

Anlagen- und Strukturoptimierung von 110-kV-Netzen<br />

1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-27-4<br />

Band 81 Krasenbrink, B.<br />

Integrierte Jahresplanung von Elektrizitätserzeugung und -handel<br />

1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-28-2<br />

Band 82 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Analysis of Electricity Network Capacities and Identification of Congestion<br />

1. Auflage 2001<br />

Band 83 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Markt und Netze – Effizienz und Qualität der Stromversorgung<br />

1. Auflage 2001<br />

Band 84 Feng, H.<br />

Adaptiver Kompensationsregler für erdschlusskompensierte Hochspannungsnetze<br />

1. Auflage 2001<br />

Band 85 Stobrawe, M.<br />

Minimierung von Verlust- und Blindleistungsbezugskosten der Hoch- und Höchstspannungsnetzbetreiber<br />

1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-37-1<br />

Band 86 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2002 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-33-9<br />

Band 87 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Annual Report 2002<br />

Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />

Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />

1. Auflage 2002<br />

Band 88 Sengbusch, K. von<br />

Einfluss von Planungsunsicherheiten auf die Ausbaustrategie von 110-kV-Netzen<br />

1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-34-7<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 161


VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />

Band 89 Pribicevic, B.<br />

Planung von Strombeschaffung kommunaler Energieversorgungsunternehmen<br />

1. Auflage 2002, ISBN 3-934318-35-5<br />

Band 90 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Preise und Bedingungen der Nutzung von Stromnetzen in ausgewählten europäischen Ländern<br />

1. Auflage 2002<br />

Band 91 Wolffram, Peter<br />

Ermittlung und Bewertung kostenrelevanter Struktureinflüsse auf 110-kV-Netze<br />

1. Auflage 2003, ISBN 3-934318-39-8<br />

Band 92 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2003 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 2001, ISBN 3-934318-46-0<br />

Band 93 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Annual Report 2003<br />

Institute of Power Systems and Power Economics (IAEW) and Research Society<br />

Energy (<strong>FGE</strong>) at <strong>Aachen</strong> <strong>University</strong> of Technology (<strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong>)<br />

1. Auflage 2003<br />

Band 94 Rolauffs, S.<br />

Aufwand- und Nutzen-Bewertung einer rechnergeführten Störungsbeseitigung in Mittelspannungsnetzen<br />

1. Auflage 2003, ISBN 3-934318-42-8<br />

Band 95 Neus, H.<br />

Integrierte Planung von Brennstoffbeschaffung und Energieeinsatz zur Stromerzeugung<br />

1. Auflage 2003, ISBN 3-934318-472-9<br />

Band 96 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

Markt und Netze – Rechtsrahmen, Effizienz und Qualität der Stromversorgung<br />

1. Auflage 2003<br />

Band 97 Cumperayot, P.<br />

Effects of Modeling Accuracy on the System Marginal Costs Simulation in Deregulated Electricity<br />

Markets<br />

1. Auflage 2004, ISBN 3-934318-50-9<br />

Band 98 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2004 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 2004, ISBN 3-934318-52-5<br />

Band 99 Vennegeerts, H.<br />

Zuverlässigkeitstechnische und wirtschaftliche Bewertung der Instandhaltung in elektrischen<br />

Verteilungsnetzen<br />

1. Auflage 2004, ISBN 3-934318-54-1<br />

Band 100 Schlecht, D.<br />

Lastflussbasierte Vergabe von Übertragungsrechten im UCTE-Verbund<br />

1. Auflage 2004, ISBN 3-934318-55-X<br />

Band 101 Maurer, C.<br />

Integrierte Grundsatz- und Ausbauplanung für Hochspannungsnetze<br />

1. Auflage 2004, ISBN 3-934318-56-8<br />

162 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>


VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />

Band 102 Obergünner, M.<br />

Bewertung und Optimierung des Instandhaltungsaufwands elektrischer Verteilungsnetze<br />

1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-58-4<br />

Band 103 Schmöller, H. K.<br />

Modellierung von Unsicherheiten bei der mittelfristigen Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-59-2<br />

Band 104 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2005 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-60-6<br />

Band 105 Matheus, C.<br />

Technische und wirtschaftliche Einsatzmöglichkeiten supraleitender Energiekabel<br />

1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-66-5<br />

Band 106 Li, F.<br />

Bewertung von Ausbaumaßnahmen zur Engpassbeseitigung im UCTE-Verbundnetz<br />

1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-67-3<br />

Band 107 Cremer, D.<br />

Nutzbare Übertragungskapazitäten für den kurzfristigen grenzüberschreitenden Stromhandel<br />

unter Berücksichtigung von Prognoseunsicherheiten<br />

1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-68-1<br />

Band 108 Cheng, S.<br />

Automatische Reduktion der Ausfallkombinationen bei der Zuverlässigkeitsberechnung großer<br />

Netze<br />

1. Auflage 2005, ISBN 3-934318-70-3<br />

Band 109 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> 2006 des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage 2006, ISBN 3-934318-71-1<br />

Band 110 Löppen, S.<br />

Strukturmerkmale zur vergleichenden Bewertung von Mittelspannungsnetzen<br />

1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-72-4<br />

Band 111 Hinüber, G.<br />

Untertägliche Optimierung des Kraftwerksbetriebs an Märkten für Fahrplanenergie und Reserve<br />

1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-73-1<br />

Band 112 Tao, X.<br />

Automatisierte Grundsatzplanung von Mittelspannungsnetzen<br />

1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-74-8<br />

Band 113 Blaesig, B.<br />

Risikomanagement in der Stromerzeugungs- und Handelsplanung<br />

1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-75-5<br />

Band 114 Hartmann, T.<br />

Bewertung von Kraftwerken und Verträgen im liberalisierten Strommarkt<br />

1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-76-2<br />

IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 163


VERÖFFENTLICHUNGSREIHE ABEV<br />

Band 115 Paulun, T.<br />

Strategische Ausbauplanung für elektrische Netze unter Unsicherheit<br />

1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-77-9<br />

Band 116 Haubrich, H.-J. (Hrsg.)<br />

<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2007</strong> des Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong><br />

in Verbindung mit der Forschungsgesellschaft Energie an der <strong>RWTH</strong> <strong>Aachen</strong> e.V.<br />

1. Auflage <strong>2007</strong>, ISBN 978-3-934318-78-6<br />

164 IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!