Palais Börseplatz - Revitalisierung der ehemaligen k.k. Telegrafen Centrale
Die k.k. Telegrafen Centrale am Börseplatz 1 ist nicht nur ein historisches Gebäude im Zentrum Wiens, sondern auch ein imposantes Monument der Baukunst der Ringstraßenepoche. Stilistisch einem Renaissance-Palais nachempfunden, war die k.k. Telegrafen Centrale seit jeher Schmelztiegel innovativer Technik und Gradmesser eines Zeitalters des sozialen- und gesellschaftlichen Umbruchs in der k. u. k. Donaumonarchie. Die Centrale ist somit Teil einer bewegten Geschichte, die bis ins 21. Jahrhundert reicht und das Gebäude, seine Struktur und Ausstattung massiv geprägt und verändert hat. Auch wenn sie sich von außen nicht viel anmerken lässt, erlebte die Centrale eine Vielzahl von kleinen und großen Umbauten. Knapp 150 Jahre nach Baubeginn durften wir selbst für einige Jahre an der Geschichte des seit 2004 denkmalgeschützten Gebäudes teilhaben und ein neues Konzept für die kommende Nutzungsphase planen. Im Gegensatz zu vielen anderen Projekten in Wien, wo Ideen und Planungen oftmals wieder verworfen werden, konnten wir unseren Vorschlag gemeinsam mit einer Vielzahl von Expert:innen und Fachfirmen tatsächlich umsetzen. Trotz der hochkomplexen, langwierigen und durch Covid-19 und andere Krisen erschwerten Bauphase wichen wir der k.k. Telegrafen Centrale für einige Jahre nicht mehr von der Seite. Als Abschluss dieser über zehn Jahre dauernden, höchst fordernden und aufwendigen Reise wollen wir das Ergebnis und den dazugehörigen Planungs- und Bauprozess, im Sinne der historischen Kontinuität der k.k. Telegrafen Centrale, nun gebührend in diesem Buch festhalten.
Die k.k. Telegrafen Centrale am Börseplatz 1 ist nicht nur ein historisches Gebäude im Zentrum Wiens, sondern auch ein imposantes Monument der Baukunst der Ringstraßenepoche. Stilistisch einem Renaissance-Palais nachempfunden, war die k.k. Telegrafen Centrale seit jeher Schmelztiegel innovativer Technik und Gradmesser eines Zeitalters des sozialen- und gesellschaftlichen Umbruchs in der k. u. k. Donaumonarchie. Die Centrale ist somit Teil einer bewegten Geschichte, die bis ins 21. Jahrhundert reicht und das Gebäude, seine Struktur und Ausstattung massiv geprägt und verändert hat. Auch wenn sie sich von außen nicht viel anmerken lässt, erlebte die Centrale eine Vielzahl von kleinen und großen Umbauten.
Knapp 150 Jahre nach Baubeginn durften wir selbst für einige Jahre an der Geschichte des seit 2004 denkmalgeschützten Gebäudes teilhaben und ein neues Konzept für die kommende Nutzungsphase planen. Im Gegensatz zu vielen anderen Projekten in Wien, wo Ideen und Planungen oftmals wieder verworfen werden, konnten wir unseren Vorschlag gemeinsam mit einer Vielzahl von Expert:innen und Fachfirmen tatsächlich umsetzen. Trotz der hochkomplexen, langwierigen und durch Covid-19 und andere Krisen erschwerten Bauphase wichen wir der k.k. Telegrafen Centrale für einige Jahre nicht mehr von der Seite.
Als Abschluss dieser über zehn Jahre dauernden, höchst fordernden und aufwendigen Reise wollen wir das Ergebnis und den dazugehörigen Planungs- und Bauprozess, im Sinne der historischen Kontinuität der k.k. Telegrafen Centrale, nun gebührend in diesem Buch festhalten.
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Impressum
© 2023 hochform. Architekten
Mariahilfer Straße 19–21/8
1060 Wien, Österreich
www.hochform.com
Herausgeber
hochform. Architekten ZT GmbH
Projektleitung
Wolfgang Ruthensteiner
Johannes Weigl
Bernhard Wolf
Mark Balzar
Redaktion und Text
Silvester Kreil
Lektorat
Claudia Mazanek
Gestaltung
Clara Fidesser
Burak Genc
Coverfoto
Maximilian Haidacher
palais
börseplatz.
Fotodokumentation
Maximilian Haidacher
Revitalisierung der ehemaligen k.k. Telegrafen Centrale
6
7
inhalt.
Vorwort
Thomas Schwed
Willkommen am Börseplatz
15
16
Geschichte und Entwicklung
Ein geschichtsträchtiges Viertel
Claudiu Silvestru
Telegrafie und Rohrpost
Die Aufstockung
Historische Ausstattung
Jüngere Vergangenheit
Ein ereignisreicher Planungsprozess
Thomas Schwed
20
22
26
32
36
38
42
Denkmalschutz und Baumaßnahmen
Bauen im Bestand
Claudiu Silvestru
Erhaltenswerte Bereiche
Rekonstruktionen
Hauptbaumaßnahmen
Aus Sicht der Statik
Klaus Petraschka & Henning Kirmse
Hoch Hinaus
Generalplaner? Generalunternehmer?
Wolfgang Ruthensteiner
50
52
60
61
72
78
84
96
8
9
Qualitäten und Ausstattung
Gebäude
Wohnungen
98
100
108
Projektbeteiligte und Anmerkungen
Projektbeteiligte
Abbildungsverzeichnis
hochform. Architekten
Bauen im Bestand – hochform. Portfolio
120
122
124
130
130
10
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12
13
vorwort.
Thomas Schwed
Geschäftsführender Gesellschafter
hochform. Architekten ZT GmbH
Die k.k. Telegrafen Centrale am Börseplatz 1
ist nicht nur ein historisches Gebäude im
Zentrum Wiens, sondern auch ein imposantes
Monument der Baukunst der Ringstraßenepoche.
Stilistisch einem Renaissance-Palais
nachempfunden, war die k.k. Telegrafen
Centrale seit jeher Schmelztiegel innovativer
Technik und Gradmesser eines Zeitalters des
sozialen- und gesellschaftlichen Umbruchs in
der k. u. k. Donaumonarchie.
Die Centrale ist somit Teil einer bewegten
Geschichte, die bis ins 21. Jahrhundert reicht
und das Gebäude, seine Struktur und Ausstattung
massiv geprägt und verändert hat. Auch wenn
sie sich von außen nicht viel anmerken lässt,
erlebte die Centrale eine Vielzahl von kleinen
und großen Umbauten.
Knapp 150 Jahre nach Baubeginn durften
wir selbst für einige Jahre an der Geschichte
des seit 2004 denkmalgeschützten Gebäudes
teilhaben und ein neues Konzept für die kommende
Nutzungsphase planen. Im Gegensatz
zu vielen anderen Projekten in Wien, wo Ideen
und Planungen oftmals wieder verworfen
werden, konnten wir unseren Vorschlag gemeinsam
mit einer Vielzahl von Expert:innen
und Fachfirmen tatsächlich umsetzen. Trotz
der hochkomplexen, langwierigen und durch
Covid-19 und andere Krisen erschwerten Bauphase,
wichen wir der k.k. Telegrafen Centrale für
einige Jahre nicht mehr von der Seite.
Waren wir zu Planungsbeginn in den 2010er
Jahren noch von den Ansätzen unserer architektonischen
Ziehväter geprägt, insbesondere
von Günther Domenig und Wolf Prix, und von
der Idee besessen, dem Monument als Ausdruck
der Transformation ins 21. Jahrhundert ein
modernes skulpturales Dach aufzusetzen,
entwickelten wir im Laufe der Auseinandersetzung
mit der historischen Bausubstanz
und dem Bundesdenkmalamt einen gänzlich
anderen Zugang.
Das Ergebnis ist eine gestalterisch sanfte und
denkmalpflegerisch höchst präzise Transformation
des ehemaligen Verwaltungsgebäudes
mit großem Repräsentationsanspruch in ein
überwiegend als Wohnhaus genutztes Stadtpalais.
Auf einen skulpturalen Paukenschlag
wurde verzichtet.
Als Abschluss dieser über zehn Jahre
dauernden, höchst fordernden und aufwendigen
Reise wollen wir das Ergebnis und den
dazugehörigen Planungs- und Bauprozess,
im Sinne der historischen Kontinuität der
k.k. Telegrafen Centrale, nun gebührend in
diesem Buch festhalten.
Wie uns das Gebäude und seine lange
Geschichte lehren, wird das sicher nicht die
letzte Episode, der letzte Umbau gewesen
sein!
Thomas Schwed
Besonderen Dank an die Projektleitung und
vor allem Johannes Weigl, der den Überblick
behalten, das Projekt maßgeblich betreut und
den Prozess von Anfang bis Ende begleitet hat.
Weiters gilt unser Dank den Auftraggeber:innen,
dem Bundesdenkmalamt, insbesondere
Landeskonservator Hofrat Franz Dahm,
der MA37BB und allen, die zum Gelingen
des Projekts beigetragen haben.
14
15
willkommen
am börseplatz.
Bevor in den folgenden Kapiteln der Prozess
und die wichtigsten Aspekte genauer
beleuchtet werden, hier die Eckdaten zur
k.k. Telegrafen Centrale und der Publikation.
Historische Verortung
Die k.k. Telegrafen Centrale befindet sich nicht
direkt an der Wiener Ringstraße, sondern ist
Teil der zweiten Gebäudereihe innerhalb des
Rings. Das Baufeld am Börseplatz 1 wird von
der Wipplingerstraße, der Rockhgasse, der
Hohenstaufengasse und der Helferstorferstraße
eingefasst (heutige Straßennamen).
Mit ihrer Errichtung von 1870 bis 1873 ist die
Centrale eines jener Staatsgebäude, die zu
einem frühen Zeitpunkt der Ringstraßenerbauung
fertiggestellt wurden. Die Börse
selbst entstand hingegen erst zwischen 1873
und 1877. Von Theophil Hansen und Carl Tietz
errichtet, folgte diese, wie auch einige der
anderen Gebäude, die das heutige Stadtbild
prägen (Rathaus, Parlament, Burgtheater, das
Kunst- wie auch Naturhistorische Museum
etc.), erst in der nächsten Entwicklungsphase.
Eckdaten Bauwerk
Nach den Plänen des Architekten Josef
Winterhalder errichtet, verfügt das frei stehende
Bauwerk über drei Stiegenhäuser, einen
zusammenhängenden Innenhof und zwei
Einfahrtmöglichkeiten in diesen. Es hat eine
Länge von 54 Metern und ist 42 Meter breit.
Das Erdgeschoß liegt 1,5 Meter über dem
Gehsteigniveau, darüber befinden sich fünf
Obergeschoße sowie ein Dachgeschoß. Drei
weitere Geschoße und ein Technik-Kollektor
bilden die unterirdischen Ebenen. Dem
während der Ringstraßenerbauung beliebten
Neorenaissance-Stil folgend, sind unterschiedliche
Stilelemente in der k.k. Telegrafen Centrale
zu finden. Das Vestibül ist beispielsweise eine
dreischiffige Halle mit ionischen Säulen,
Wandgliederung und Arkaden, während das
Parterre den ehemaligen Kassensaal mit
Stuckdecken und korinthischen Säulen
beherbergt. Im Hauptstiegenhaus wiederum,
erschließt eine monumentale Vierpfeilertreppe
mit kannelierten Säulen toskanischer
Ordnung, den offenen Schacht.
Die Räumlichkeiten waren sowohl architektonisch
als auch technisch stets auf die Nutzung
als zentraler Knotenpunkt des Telegrafie- und
Postnetzwerks in Österreich ausgelegt. Bis
2018 ragte ein ab 1964 errichteter Funkturm
vom Börseplatz 50 Meter in den Himmel des
1. Bezirks.
Projektverlauf
Im Zuge der ab 2003 angestoßenen und 2011
begonnenen Revitalisierung entschieden
sich die Auftraggeber:innen, nach Erprobung
unterschiedlicher Konzepte, das ehemalige
Bürogebäude als Nutzungsmix mit überwiegendem
Wohnanteil im gehobenen Segment
zu entwickeln.
Die Projektphase ab 2011, in die hochform.
Architekten aktiv involviert war, beinhaltete
unter anderem eine intensive Untersuchung
und Beprobung des Bestands, eine vorlaufende
Entkernung der nicht denkmalgeschützten
Bereiche, Studien und Vorentwurf,
Verhandlungen mit dem Bundesdenkmalamt
etc. und mündete 2016 in einem konkreten
Umplanungsauftrag und der Übernahme von
Generalplanung und Örtlicher Bauaufsicht.
In einer Arbeitsgemeinschaft mit Architektur-
Consult wurden so die Leistungen Architekturentwurf,
Denkmalschutz, Tragwerksplanung,
Bauphysik, Einreichung, Ausführungsplanung,
technische Gebäudeausrüstung,
Elektroplanung, Brandschutzplanung und
Bauarbeitenkoordination abgedeckt.
Projekte im denkmalgeschützten Bestand
Der Umbau der ehemaligen k.k. Telegrafen
Centrale – 2004 zur Gänze unter Denkmalschutz
gestellt – ist exemplarisch für die
Herangehensweise und Erfahrung von
hochform. Architekten bei der Revitalisierung
großer Objekte und der Arbeit an denkmalgeschützter
Bausubstanz. In diesem Buch
möchten wir deshalb den Projektverlauf
ausführlich beleuchten und Einblicke in die
Entscheidungsfindung, die notwendigen
Maßnahmen und deren Umsetzung geben.
Vogelperspektive: Börseplatz und Umgebung, 2011
Art des Bauvorhabens
Revitalisierung und
Nutzungstransformation
einer denkmalgeschützten
Bausubstanz
Leistungen
Studien
Vorentwurf
Entwurf
Einreichung
Ausführungsplanung
Generalplanung
Örtliche Bauaufsicht
Gebäudedaten
Erbauung
1870–73
Ort
Börseplatz 1, 1010 Wien
Gesamtfläche
10.600 m²
davon genutzt für
Wohnnutzung
7500 m²
Büronutzung
1400 m²
Sonstiges
1700 m²
16
17
Blick vom Börseplatz auf die
k.k. Telegrafen Centrale,
November 2020
18
19
geschichte &
entwicklung.
20
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Inszenierte Fragmente - Die touristische Interpretation historischer Zusammenhänge am Beispiel des mittelalterlichen Kulturerbes von Wien
Ein geschichtsträchtiges Viertel: Lösegelder,
städtebauliche Verträge und irische Schotten
Börseplatz 1
Claudiu Silvestru
Der Name der 5,2 km langen Wiener Ringstraße
geht auf das Jahr 1895 zurück. Ihre Vorgeschichte
fängt jedoch viel früher an und ist direkt mit der
Geburtsstunde der Stadt Wien verbunden.
Die Verlegung der Babenberger-Residenzstadt
nach Wien, 1155 durch Herzog Heinrich II.
Jasomirgott, beschleunigt die Stadtentwicklung
und führt zu Erweiterungen außerhalb der
Grenzen des ehemaligen römischen Legionslagers
Vindobona. Mit dem Lösegeld für den
1192 auf der Durchreise gefangen genommenen
englischen König Richard I. Löwenherz errichtet
Herzog Leopold V. eine neue Stadtmauer im
Bereich der heutigen innerstädtischen Randbebauung
der Ringstraße. 1291 verleiht Herzog
Albrecht I. Wien das Stadtrecht.
In Folge der 1. Türkenbelagerung 1529 sowie
des Dreißigjährigen Krieges 1618–1648 wird die
Babenberger Mauer durch die Habsburger zu
einer Renaissance-Befestigungsanlage mit Bastionen
und bebauungsfreiem Glacis ertüchtigt.
Nach der 2. Türkenbelagerung 1683 verliert die
Stadtmauer an Bedeutung – was letztendlich
dazu führt, dass das Glacis in der zweiten Hälfte
des 18. Jhs. zu einer Art Naherholungsgebiet
mit beleuchteten Alleen und Freiluftwerkstätten
wird. 1809 lässt Napoleon die Burgbastei
sprengen und die Revolution 1848 tut ihr
Übriges, um die nunmehrige Nutzlosigkeit
der Wehranlage zu verdeutlichen.
Mit der Eingemeindung der Vorstädte 1850 wird
die Stadtmauer zunehmend zur stadtentwicklungsbehindernden
Barriere. Dieser Umstand
– und die Vergleichsbeispiele insbesondere aus
Frankreich – bringen Kaiser Franz Josef 1857 zur
Entscheidung, die Stadtmauer schleifen und
stattdessen einen Repräsentationsboulevard
errichten zu lassen.
Der Abbruch beginnt 1858 und zieht sich bis
1875. Es wird – ähnlich wie heute – in Abschnitten
gebaut. Die feierliche Eröffnung der Ringstraße
findet bereits 1865 statt – ebenfalls ähnlich wie
heute – vor der Gesamtfertigstellung. Zu diesem
Zeitpunkt sind unter anderem die Abschnitte
des Universitätsrings sowie des Schottenrings
noch unverbaut.
Die Hoheit über die Projektentwicklung führt zu
einem Disput zwischen Wiener Magistrat und
Staatsregierung. Schließlich wird ein im
Ministerium für Inneres angesiedelter Stadterweiterungsfonds
mit der Aufgabe betraut.
Unter anderem ist dieser für den Verkauf von
Grundstücken und die anfallenden Kosten zur
Errichtung öffentlicher Gebäude zuständig –
sozusagen die Mutter aller städtebaulichen
Verträge in Wien.
Die k.k. Telegrafen Centrale ist eines jener Gebäude,
welche im Verlauf der babenbergischen
Stadtmauer aus dem 13. Jhs. stehen. Der zugehörige
Abschnitt der Ringstraße – der Schottenring
zwischen Schottengasse und Franz-Josefs-Kai
– wird von 1860 bis 1869 errichtet. Der Name
bezieht sich auf das 1155 von Heinrich Jasomirgott
noch außerhalb der Stadtmauer gegründete
Schottenstift, das wiederum auf die damals
übliche Bezeichnung der aus Irland stammenden
Benediktinermönche zurückgeht.
Auf dem gleichen Namen basieren auch die
mittelalterlichen Bezeichnungen des Schottentors
sowie des Schottenviertels. Damit ist
der Schottenring ein Symbol kontinuierlicher
Stadtentwicklung und -erweiterung: von der
Erschließung eines neuen Areals, über städtisches
Grenzgebiet, bis hin zum integrierten
öffentlichen Repräsentationsraum – ganz im
Sinne des außergewöhnlichen universellen
Werts der UNESCO Welterbestätte Wien
Innere Stadt.
Abb. 2.2.2 -
Straßenführung 2012 Wien
Innere Stadt
Abb. 2.2.3 - Vergleich
Stand 2012 mit
Straßenführung um 1547
gemäß dem Grundrissplan
der Stadt Wien von Bonifaz
Wolmuet
Abb. 2.2.4 - Vergleich
Stand 2012 mit
Straßenführung um 1547
gemäß dem Grundrissplan
der Stadt Wien von
Augustin Hirschvogel
74
Stadtplan 2012
Stadtplan 2012
Schottenviertel
Stubenviertel
Widmerviertel
Kärntnerviertel
Stadtplan 1547 Stadtplan - nach 1547 Bonifaz - nach Wolmuet Bonifaz Wolmuet
Schottenviertel
Stubenviertel
Widmerviertel
Kärntnerviertel
Stadtplan 1547 Stadtplan - nach 1547 Augustin - nach Hirschvogel Augustin Hirschvogel
Vergleichende Pläne der mittelalterlichen Stadt
mit historischen Bezeichnungen der umliegenden
Viertel. Stand 2012, überlagert mit zwei
Stadtplänen aus dem Jahr 1547
Aus C. Silvestrus unveröffentlichter
Dissertation (TU Wien, 2014):
Inszenierte Fragmente – Die touristische
Interpretation historischer Zusammenhänge am
Beispiel des mittelalterlichen Kulturerbes von Wien
22
23
Historischer Schnitt durch das Gebäude
samt angedachter Installationen
Plangrafik der Actien-Gesellschaft für
Wasserleitungen, Transport-Brunnen,
Gas- und Heizungsanlagen,
Datum unbekannt
24
25
Telegrafie und Rohrpost: neue Netze und Knoten
Anfang des 19. Jahrhunderts werden die ersten brauchbaren Telegrafen entwickelt, um
1850 hat sich der Schreibtischtelegraf als Standard durchgesetzt, 1870 sind bereits große
Teile der Welt mittels Telegrafie verbunden.
Telegrafie
In seiner Anfangszeit in Österreich dem
Kaiserhaus und Militär vorbehalten, bekommt
das Medium dank der Freigabe für die private
Kommunikation ab 1850 einen größeren Stellenwert.
Um dem technischen Fortschritt und
dem Glauben an die Zukunftsfähigkeit der
elektrischen Telegrafie Ausdruck zu verleihen,
wird folglich von 1870 bis 1873 mit großem
Qualitätsanspruch die k.k. Telegrafen Centrale
im Zentrum Wiens errichtet.
Vom Architekten Josef Winterhalder, der zum
damaligen Zeitpunkt als Oberingenieur im
Baudepartement des Innenministeriums tätig
ist, nach den modernsten Grundsätzen des
19. Jh. geplant, bildet die Centrale ab 1910
den wichtigsten Knotenpunkt des Staatstelegrafennetzes
in der Donaumonarchie.
Zahlreiche Leitungen münden in dem Gebäude
und werden von dort direkt zu Kabelhäusern
bei Bahnhöfen und oberirdisch über Bahnstrecken
weitergeführt. Von den europäischen
Staaten sind zu diesem Zeitpunkt England
und Deutschland federführend, während
sich Frankreich und die k. u. k. Monarchie
Österreich direkt dahinter positionieren.
Rohrpost
Die Centrale am Börseplatz 1 dient parallel
zur Telegrafie damals auch als Hauptknotenpunkt
für das unterirdische Rohrpostnetz in
Wien. Die ersten Anlagen der „pneumatischen
Post“ werden am 15. Februar 1875 in Betrieb
genommen.
Zu Beginn sind zehn Postämter (alle innerhalb
des Gürtels, der zweiten Wiener „Ringstraße“)
im Abstand von maximal drei Kilometern mit
Rohrleitungen verbunden. Ab 1879 wird das
bestehende Netz erweitert und 1883 auch
Rathaus und Parlament angeschlossen.
Die größte Reichweite erlangt es schließlich,
als 1913 das k.k. Kriegsministerium am
Stubenring mit einbezogen wird. Zu diesem
Zeitpunkt verbindet die Wiener Rohrpost mit
einer Netzlänge von 88,5 Kilometern und
53 Rohrpoststationen große Teile der Stadt.
k.k. Post und Telegrafen-Direktion Wien III, um 1900
26
27
Das Wiener Telegrafennetz, 1884
Das Wiener Telegrafennetz in stetiger Erweiterung, 1901
28
29
Blick auf die fertiggestellte Centrale
während die Errichtung der Ringstraße
noch in vollem Gange ist, 1875
Plan des historischen Dachstuhls mit dem exakten
Aufbau der Stahlgespärre, Datum unbekannt
Begehung des Saalgeschoßes und die visuelle
Überlagerung mit dem historischen Zustand, 2011
30
31
Die Aufstockung: eine neue Typologie
Auch wenn die k.k. Post- und Telegrafenverwaltung
zum neuen Kommunikationsmedium
Telefonie nach dessen Einführung
1881 vorerst auf Distanz bleibt, wird neben
Telegrafie, Brief-, Paket- und Rohrpost bereits
zur Jahrhundertwende auch Telefonie als
Dienstleistung am Börseplatz 1 angeboten.
Die Öffnung der Telefonie für Privatpersonen
und die Zusammenlegung aller bestehenden
Telefonnetze in die Obhut der österreichischen
Post- und Telegrafenverwaltung 1895,
führen zu einer stark steigenden Nutzung
und folglich zu einem Ausbau des Netzes. Der
stetige technologische Fortschritt der Kommunikationsmedien
macht nur knapp 30 Jahre
nach der Errichtung eine Erweiterung des
Gebäudes unumgänglich.
Von 1902 bis 1905 wird vom Architekten
Eugen Fassbender schließlich ein sieben
Meter hohes, repräsentatives Saalgeschoß
aufgesetzt und das Dach mitsamt dem
bestehenden Stahlfachwerk angehoben. Der
genietete Dachstuhl stammt von der zu dieser
Zeit äußerst bedeutenden Wiener Schlosserfirma
Ignaz Gridl, welche unter anderem das
Palmenhaus in Schönbrunn und auch die
Dachstühle anderer Telegrafenämter baut.
Der vorspringende Mittelrisalit, ausgerichtet
zum Börseplatz, gekrönt durch die auf einem
Globus sitzende Figurengruppe als
Symbol für die Telegrafie,
November 2022
Auch die Figurengruppe auf dem Mittelrisalit
wird bei der Aufstockung um eine Etage nach
oben gehoben. Die vertikale Verlegung der
30.000 Kilogramm schweren Skulptur stellt
sich als aufwendig dar und ist für die damalige
Zeit eine außergewöhnliche Ingenieursleistung.
In den doppelgeschoßigen Sälen werden von
nun an die Telegrafenapparate untergebracht.
Die enorme Raumhöhe ist notwendig, um die
Abwärme der Apparate abzuführen.
Die k.k. Telegrafen Centrale vor und nach der Aufstockung,
obere Abbildung 1900, untere Abbildung 1910
Die Säle besitzen eine Bodenfläche von insgesamt
1600 m² – der größte ist 13 Meter breit
und 40 Meter lang – und sind Tag und Nacht
Arbeitsplatz für hunderte Personen. Wegen
der Verbreitung der Telegrafie und dem damit
einhergehenden Infrastrukturausbau samt
einer Vielzahl neu errichteter Telegrafenämter,
welche meist dieselben räumlichen Konfigurationen
und Saal-Typologien benötigten,
entsteht in gewisser Weise eine neue
Gebäudetypologie.
32
33
Historischer Plan des Saalgeschoßes, Datum unbekannt
Arbeitendes Personal in einem der Apparaten-Säle,
Abbildung aus einer Publikation des k.k. Handelsministeriums, 1907
34
35
Historische Ausstattung: am Puls der Zeit
Die k.k. Telegrafen Centrale ist Zeit ihres
Bestehens Schauplatz von fortschrittlichen
Technologien und Arbeitsstandards. Die
Apparaten-Säle verfügen beispielsweise über
Lichtdecken und werden zusätzlich durch eine
seitliche Reihe von großen Bogenfenstern
erhellt.
Auch die Belichtungsproblematik in den
Nachtstunden wird innovativ und am Puls der
Zeit gelöst: Für die Notbeleuchtung mittels
Gasinstallation sind 1258 Glühlampen und
66 Bogenlampen erforderlich.
Der monumentale Kellerbereich des Amtsgebäudes
spielt bei der Implementierung der
Arbeitsinfrastruktur eine zentrale Rolle. Er
erstreckt sich über drei Untergeschoße und
bietet Platz für die gesamte Technik der Rohrpostanlage
und die innovative Lüftungs- und
Heizungstechnik.
Das Medium Telefonie erfordert ununterbrochenen
Betrieb – in dem Gebäude gibt
es deshalb nicht nur Räumlichkeiten für den
Dienstleistungsverkehr, die Verwaltung und
die hierfür erforderlichen technischen und
infrastrukturellen Einrichtungen, sondern
auch (Erholungs-)Räumlichkeiten für die
dort tätigen Personen. Es gibt Garderoben,
eine Cafeteria und Schlafräume, die nach
der Aufstockung direkt unter den Sälen im
3. Obergeschoß Platz finden.
Für einen reibungslosen Schichtbetrieb werden
zusätzlich Wendeltreppen eingebaut, die die
Säle und Schlafräume direkt verbinden und
Telegramme mit einer Seilschlittenbahn zur
Rohrpost transportiert. Später füllen Kassen und
Sprechzellen, welche teilweise nur Journalist:innen
zugänglich sind, das Hochparterre.
Ein 32 Meter langer unterirdischer Luftkanal
führt direkt von der Gartenanlage am Börseplatz
in das 3. Untergeschoß und versorgt
das Gebäude konstant mit Frischluft. Baulich
besonders interessant gelöst, gelangt diese
durch eine Vielzahl von Schächten, welche
im Inneren der Außenwände laufen, aus den
Tiefen des Kellers bis in die Säle. Auf diesem
Weg passiert die Luft mehrere Filter aus Segeltuch
sowie einen Wasserzerstäubungsapparat
und ermöglicht es, die Säle im Sommer zu
kühlen und im Winter nicht nur zu erwärmen,
sondern auch zu befeuchten.
Die Sprechzellen waren anfangs ausschließlich
für Journalist:innen zugänglich,
Datum unbekannt
Historischer Schnitt des Gebäudes samt Saalgeschoß
und Dachboden sowie dem Kellerausbau,
Datum unbekannt
36
37
Jüngere Vergangenheit: Leerstand und
Zwischennutzung
Mit dem Auszug der Österreichischen Post AG aus der k.k. Telegrafen Centrale endet 1996
eine bedeutende Ära der Telekommunikation. Bis zu 800 Bedienstete arbeiteten Tag und
Nacht in dem Gebäude, welches mit dem technischen Fortschritt des 20. Jahrhunderts
mitwuchs.
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie
kommt es zu weiteren Umbauten im Inneren
der Centrale. Hauptsächlich geht es darum,
die Anlagen laufend an den technologischen
Fortschritt anzupassen. Der im Stadtbild am
stärksten wahrnehmbare Eingriff erfolgt ab
1964 und inkludiert die Errichtung eines
50 Meter hohen Fernmeldefunkturms.
Eine weitere große Adaptierung wird 1990
bewilligt und größtenteils ausgeführt. Der
Einbau einer mechanischen Lüftungsanlage
macht es damals notwendig, bei drei der
vier Apparaten-Säle Zwischendecken aus
Stahlbeton einzuziehen. Bei diesem Schritt
werden die historischen Stuckdecken und die
Oberlichtkonstruktionen abgebrochen, das
Stahltragwerk wird hingegen ausgespart und
bleibt zur Gänze erhalten.
Um den fortlaufenden Betrieb der neuen
Lüftungsanlagen im Falle eines Stromausfalls
zu sichern, werden außerdem die Kellergeschoße
umgebaut und mit Notstromgeneratoren
bestückt.
1996 wird die Centrale stillgelegt und steht für
mehrere Jahre leer, um schließlich 2003 von
der Post- und Telekom Immobilien GmbH an
die Börseplatz 1 Erwerbs- und Entwicklungs
GmbH verkauft zu werden.
In den Jahren vor dem Beginn der Revitalisierung
wird das Gebäude für diverse kulturelle
Veranstaltungen zwischengenutzt: neben der
Vienna Art Week unter anderem auch für das
von Paulus Manker inszenierte Simultandrama
Alma – A Show Biz ans Ende.
1849
Gründung des k.k. Telegrafenzentralbureaus
im Palais Modena in der Herrengasse;
erste österr. Telegrafenlinie innerhalb Wiens
von Ministerium zu Ministerium und entlang
der Eisenbahn von Wien nach Brünn.
1870–1873
Errichtung der k.k. Telegrafen Centrale
am Börseplatz.
1947
Wiederaufbau und Reparatur,
Gründung des FZA
(Fernmeldetechn. Zentralamt)
in der Centrale am Börseplatz.
bis 1996
wird das Gebäude vom österreichischen
Post- und Telekommunikationsamt genutzt.
Zuletzt ist es Sitz der Post- und
Telegrafenverwaltung.
1850
Telegrafen werden freigegeben für
Privatkorrespondenz.
1902–05
Aufstockung des 4. OGs durch
Architekt Eugen Fassbender.
1964
Bau des Funkturms.
2008–2010, 2012–2013
finden in der ehemaligen Centrale
über die Sommermonate immer
wieder Aufführungen des interaktiven
Dramas „Alma - A Show Biz ans Ende“
von Joshua Sobol in der Inszenierung
von Paulus Manker statt.
1850 1900 1950 2000
16 Jahre leerstehend – viele Besitzer:innenwechsel
1874 1908 1964
2003–2005
Börseplatz 1
Erwerbs- und Entwicklungs GmbH
2006–2010
Pro Loft Immobilienentwicklungs
GmbH
2011
Kauf durch Immovate
diverse Nutzungsstudien
Zeitstrahl zur Entwicklung der k.k. Telegrafen Centrale – vor dem Start der Revitalisierung
38
39
1873 Kommunikation mittels Brief- und Rohrpost sowie Telegrafie: Schnitt durch die neu
1965
errichtete k.k. Telegrafen Centrale samt unterirdischem Frischluftkanal zum Börseplatz
Kommunikation mittels der bereits genannten Kanäle und zusätzlich dem Fernmeldewesen,
weiterhin genutzt als Postgebäude: Schnitt mit gerade errichtetem Funkturm
1905 Kommunikation mittels Brief- und Rohrpost sowie Telegrafie und Telefonie:
2022
Schnitt durch die um ein Saalgeschoß erweiterte k.k. Telegrafen Centrale
Kommunikation hauptsächlich mittels Internet, nun genutzt als Wohn- und
Bürogebäude – Kellergeschoß samt neuer Tiefgarage, dem weiter bestehenden
Frischluftkanal, dem neuen Dachbodenausbau, aber ohne Funkturm
40
41
Ein ereignisreicher Planungsprozess:
Neue Nutzungsideen für die k.k. Telegrafen Centrale
Thomas Schwed
Nach dem Verkauf der Immobilie durch die
Österreichische Post AG wechselt das Gebäude
noch mehrmals den Besitz, zahlreiche Planungsbüros
sind an der langwierigen und komplexen
Projektentwicklung beteiligt, verschiedene
Nutzungsvarianten werden geplant.
Besitzwechsel
Besonders spektakulär war die letzte Episode
der Besitzwechsel. Zum damaligen Zeitpunkt
ist der ehemalige kroatische General und Vize-
Verteidigungsminister Vladimir Zagorec im
Besitz der Immobilie am Börseplatz 1. Nach
dem Jugoslawienkrieg im Jahr 2000 von Kroatien
nach Österreich übersiedelt, vermehrte
dieser in den Folgejahren sein Vermögen als
Immobilienentwickler und auch über Deals
mit der Hypo-Alpe-Adria Bank.
Aufgrund der Verurteilung von Zagorec wegen
Veruntreuung – sowohl in Österreich als auch
in Kroatien liefen diverse Verfahren – und der
schlussendlichen Festnahme und Auslieferung
an Kroatien, wurde das Gebäude 2011
schließlich über die Hypo-Alpe-Adria an die
Grazer Immovate Projektentwicklungs GmbH
verkauft.
Die Immovate ihrerseits ist auf die Revitalisierung
von denkmalgeschützten Gebäuden
spezialisiert. Kurz nach dem Kauf wurden
mein Team und ich – damals noch als Partner
bei Architektur-Consult ZT GmbH und heute
als Geschäftsführer und Partner bei hochform.
Architekten – mit der Ideenfindung und Ausarbeitung
neuer Konzepte beauftragt. Es folgte
eine mehrjährige Entwicklungsphase in enger
Abstimmung mit der Immovate – diverse
Nachnutzungen wurden untersucht und
detaillierte Machbarkeitsstudien durchgeführt.
Diverse Nutzungskonzepte
Im Zuge der ersten Analysen konnte man
feststellen, dass das Gebäude nicht nur aus
Denkmalschutzgründen, sondern vor allem
auch wegen der soliden Bausubstanz erhaltenswert
ist. Eine Weiternutzung des massiven
Ziegelbaus mit seinen bestens adaptierbaren
Grundrissen und der Erschließung mittels
dreier Stiegenhäuser war demnach auch aus
sozial-ökologischer Perspektive sinnvoll.
Eingangs sollten wir Konzepte für die direkte
Weiterführung als Verwaltungs- und Bürogebäude
untersuchen. Die erneute Nutzung
als Bürofläche hätte den Vorteil gehabt, dass
diese relativ schonend und daher kostengünstig
in die bestehende Struktur integrierbar
gewesen wäre und im Vergleich zu einer
Hotel- oder Wohnnutzung nur relativ wenig
zusätzliche Sanitäreinheiten benötigt hätte.
Wegen der vielen Unternehmungen aus der
Finanzbranche, die sich naturgemäß noch
immer im Umfeld der ehemaligen Börse aufhielten,
stand anfangs auch die Transformation
in ein internationales Bankhaus im Raum.
Da man ab 2010 allerdings eine Abwanderung
von Banken aus dem Wiener Zentrum beobachten
konnte, wurde diese Idee rasch wieder
verworfen.
Den Ausschlag für diese Transformation gaben
die 2001 stattfindende Übersiedlung der
Wiener Börse aus dem Hansen-Bau am Börseplatz
in die Wallnerstraße 8 und eine Zuspitzung
durch die Finanzkrise ab 2008.
Dadurch wurde eine Veränderung des ganzen
Börse-Viertels angestoßen, welche noch bis
heute nachwirkt und andauert.
Piktogrammstudie unterschiedlicher Aufteilungs- und
Erschließungsmöglichkeiten, 2011
Anschließend war die Idee, ein Medien- und
Verlagshaus in Kombination mit öffentlichen
bzw. halböffentlichen Kultur-, Bildungs- oder
Forschungseinrichtungen unterzubringen, für
einige Zeit aktuell. Besonders die beeindruckenden
300 bis 400 m² großen Apparaten-
Säle wären für die Nutzung als „Newsroom“
prädestiniert gewesen.
Nach erfolgversprechenden Verhandlungen
mit Interessent:innen wurde der Plan jedoch
von den Projektentwickler:innen wegen potenziell
zu niedrigen Mieteinnahmen abgeblasen.
Ab 2011 wiederum prüften wir erfolglos die
zukünftige Nutzung als Museum. Neben
dem Haus der Geschichte oder dem Simon-
Wiesenthal-Zentrum Wien war auch ein
Forum für die Stiftung der Künstlerin Maria
Lassnig im Gespräch.
42
43
Naheliegend war aufgrund der imperialen
Pracht der k.k. Telegrafen Centrale und der
gut erhaltenen Innenräume auch die Nutzung
als Grand Hotel. Mit der Steigenberger-
Gruppe, welche nur fünf Gehminuten entfernt
bereits ein 5-Sterne-Hotel betreibt, konnte
sich die Immovate grundsätzlich einigen.
Für die Steigenberger-Gruppe wäre ein zweiter
Standort am Börseplatz auch deshalb sehr
interessant gewesen, da neben einhundertfünfzig
5-Sterne Hotelzimmern und Suiten mit
Blick auf den Stephansdom im außergewöhnlichen
Saalgeschoß auch seltener Platz für Veranstaltungssäle
(Ballsaal) samt Nebenflächen
und großzügige Wellness- und Fitnessflächen
bereitstanden.
Nachdem wir bereits detaillierte Raum-
Nutzbarkeitsstudien durchgeführt hatten und
man lange mit der Steigenberger-Gruppe
verhandelte, scheiterte dieser sicher sehr
schöne Ansatz erneut an wirtschaftlichen
Details.
Da die Immovate gemeinsam mit MotelOne
zur selben Zeit auch noch ein anderes Hotelprojekt
bei der Wiener Staatsoper verfolgte,
war es naheliegend, das dort entwickelte
Konzept auch testweise auf den Börseplatz 1
zu übertragen. Kurzfristig mühten sich meine
Kolleg:innen und ich daher mit der Frage, wie
wir weit über 300 Mikrozimmer in die historische
Struktur und vor allem die Apparaten-Säle
einfügen könnten – Veranstaltungsflächen
waren für diese (Budget-)Hotelnutzung keine
vorgesehen.
Unser Vorschlag, die Zimmer in Form von
modernen Mikrostrukturen in die großen Säle
zu integrieren, wurde vom Bundesdenkmalamt
verständlicherweise abgelehnt – somit war
auch die Idee eines MotelOne am Börseplatz
Geschichte.
Studie zur Nutzung als MotelOne Standort,
Modell der Mikrostrukturen im Saalgeschoß,
Juni 2012
Skizze eines Regelgeschoßes, aufgeteilt für die Nutzung als 5-Sterne-
Hotel durch die Steigenberger-Gruppe, 2012
44
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Nachdem das Erweiterungsprojekt der
Universität für angewandte Kunst am Standort
Stubenring endgültig abgesagt wurde
– nach dessen Wettbewerbssieg 2011 vom
Architekten Wolfgang Tschapeller geplant –,
war Universitätsrektor Gerald Bast umtriebig
auf der Suche nach Ersatzflächen.
So wurde im Verlauf von 2012 auch kurzzeitig
eine Expositur der Universität für angewandte
Kunst in der k.k. Telegrafen Centrale angedacht.
Im Konzept für die „Angewandte am Börseplatz“
wäre auch der Funkturm als weithin
sichtbare Landmark erhalten geblieben und
vor allem das Saalgeschoß von der Universität
genutzt worden.
Wohnnutzung
Das finale Vorhaben, die Centrale in ein Wohngebäude
zu transformieren, wurde erst sehr
spät im Prozess als realistisch und umsetzbar
eingestuft – bis zu diesem Zeitpunkt scheiterten
die Überlegungen stets an dem fehlenden
Konzept für eine Wohnnutzung der Saalgeschoße.
Nach einer eingehenden Prüfung
und Bewertung durch Expert:innen aus der
Immobilienbranche sowie weiteren Detailplanungen
unsererseits legte man sich ab
Ende 2012 auf eine gemischte Variante mit
überwiegender Wohnnutzung und einem
Dachgeschoßausbau fest.
Die im Zuge der Entwurfsplanung mit dem
Bundesdenkmalamt geführten Vorgespräche
gestalteten sich dann, in Anbetracht der
Verwertungsziele der Immovate, allerdings als
schwierig und sehr zeitintensiv. Besonders
den Veränderungsabsichten denkmalgeschützter
Gebäudeteile, wie zum Beispiel dem
Totalabbruch der historischen Dachkonstruktion
im Abtausch mit dem kostenintensiven Abriss
des Funkturms aus den 60er Jahren, erteilte
die Behörde eine Absage.
Um dem Bundesdenkmalamt eine alternative
Sichtweise vorzulegen, wurde von Alexander
Petritz, dem damaligen Projektleiter der
Immovate, die Beauftragung des Architekten
und Universitätsprofessors Manfred Wehdorn
in die Wege geleitet. Dieser sollte ein zusätzliches,
externes Denkmalschutz-Gutachten erstellen.
Der Schachzug hatte allerdings nicht den
gewünschten Effekt, vielmehr wurde durch
die Expertise von Universitätsprofessor
Wehdorn der gänzliche Abbruch der Dachkonstruktion
praktisch unmöglich und der
Rückbau des Funkturms verlor im Gegenzug
an Bedeutung.
Anschließend erarbeiteten wir in Absprache
mit dem Bundesdenkmalamt ein Konzept,
bei dem wir die wesentlichen Teile der historischen
Dachkonstruktion erhalten und so den
behördlichen Vorgaben entsprechen konnten.
Durch das Hochsetzen der entkernten, historischen
Stahlfachwerke um ca. einen Meter,
war es folglich möglich, auch im Dachgeschoß
großzügige, mehrgeschoßige Räume für
repräsentative Wohnungen umzusetzen.
Die Einreichung bei der Baubehörde erfolgte
schließlich im Jahr 2013 und umfasste Unterlagen
für den Umbau der k.k. Telegrafen Centrale
in ein Wohnhaus mit 39 Wohnungen in den
Obergeschoßen, vier Büros im Erdgeschoß,
einem Fitnessstudio im ersten und zweiten
Untergeschoß, 60 PKW-Stellplätzen in zwei
Garagengeschoßen (wobei es schlussendlich
50 wurden), einem Weinkeller sowie Nebenund
Technikflächen. Die Genehmigung wurde
der Immovate wie auch den beiden planungsverantwortlichen
Architekturbüros Architektur
-Consult ZT GmbH und Wehdorn Architekten
2014 erteilt.
Nach einer weiteren Pause erfolgte die Fortführung
der Planung erst 2016. Nach längeren
Verhandlungen entschied sich die Immovate,
das ursprüngliche Planungsteam, allerdings
ohne weitere Unterstützung von Wehdorn
Architekten, mit der Generalplanung und der
Örtlichen Bauaufsicht zu betrauen. Durch das
Ausscheiden von meinem Team und mir aus
der Büropartnerschaft mit Architektur-
Consult und der Gründung des eigenen Büros
hochform. Architekten – mit den Partnern Markus
Klausecker und Wolfgang Ruthensteiner in
Wien sowie Johannes Behrens und Damian
Witt in Frankfurt – war die weitere Zusammenarbeit
an der Centrale als Arbeitsgemeinschaft
die logische Folge.
Gemeinsam mit Architektur-Consult wurden so
die Leistungen Architekturentwurf, Denkmalschutz,
Tragwerksplanung, Bauphysik, Einreichung,
Ausführungsplanung, technische Gebäudeausrüstung,
Elektroplanung, Brandschutzplanung
und Bauarbeitenkoordination abgedeckt.
Dachgeschoßausbau mit Teilen des genieteten historischen Stahldachstuhls,
November 2020
Die Federführung für Architektur und Generalplanung
lag nun bei uns hochform. Architekten,
die Leistungen rund um Ausschreibung und
Örtliche Bauaufsicht wurden wiederum von
der Architektur-Consult ZT GmbH übernommen.
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Grundriss des 3. Obergeschoßes mit
räumlicher Aufteilung und beispielhafter
Möblierung der einzelnen Wohnungen
48
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denkmalschutz &
baumaßnahmen.
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Bauen im Bestand: Ressourcenmanagement mit
einer Prise Denkmalschutz
Claudiu Silvestru
„Bauen mit dem Bestand“ hat viele Gesichter:
ungeachtet ob Bewahren, Erhalten, Schützen,
Weiterverwenden, Umgestalten, Erneuern
oder Erweitern – die unterschiedlichen Ansätze
bedürfen immer einer kritischen Auseinandersetzung
mit dem Bestand. Die Wiege der
modernen Denkmalpflege ist Wien – hier hat
Alois Riegl 1903 in seinem Werk „Der moderne
Denkmalkultus“ eine Analytik dieser kritischen
Betrachtung entwickelt.
Das ästhetisch-subjektive, romantische
Verständnis vom historischen Gebäude zwang
er ins Korsett eines Wertesystems. Durch Alterswert,
historischen Wert, Erinnerungswert, aber
auch Gebrauchswert, Kunstwert und relativen
Kunstwert ist die unterschiedliche Bedeutung
jedes einzelnen Denkmals fassbar geworden.
Die Arbeitsweise von hochform. Architekten
ist diesem systematisch-analytischen Ansatz
verpflichtet. Dabei werden nicht nur die Werte
Alois Riegls herangezogen, sondern diesen
bewusste Aspekte der zeitgenössischen
Projektentwicklung und des nachhaltigen
Bauens gegenübergestellt: Repräsentationswert,
Identifikationswert und – im aktuellen
Kontext von zunehmender Bedeutung –
Materialwert.
Zum Portfolio umgesetzter Projekte von
hochform. Architekten gehören mehrere
denkmalgeschützte Gebäude: neben der
zum Wohnbau umgebauten k.k. Telegrafen
Centrale auch der Gebäudekomplex des ehemaligen
Hauptpostamts in Wien, welcher zu
einem multifunktionalen Gebäude mit Hotel,
Fitnessstudio, Büro, Wohnen und Garage
umgestaltet wird, oder das Bienenkorbhaus
in Frankfurt am Main.
hochform. Architekten ist auch federführend
bei Sanierungs- und Umnutzungsprojekten,
bei denen der Schwerpunkt auf Ressourcenschonung
liegt, wie das Jaz Hotel in Wien
oder der Eurotower in Frankfurt am Main.
Eine besondere Stellung im Portfolio nimmt
auch das 2022 eröffnete Museum Heidi Horten
Collection in Wien ein, bei dem der Repräsentationswert
eines nicht denkmalgeschützten
Bestandes im Fokus steht.
Bestand als Ressource
Die Weiternutzung des Bestandes ist eine der
anspruchsvollsten Bauaufgaben unserer Zeit.
Insbesondere durch die globalen Entwicklungen
der letzten Jahre wird sie zum wesentlichen
Teil der Diskussion über Klimaschutz, Rohstoffknappheit
und Ressourcenverwaltung – und
erscheint alternativlos. Alteingesessene
Paradigmen, die viel zu oft wiederholt wurden,
müssen hinterfragt werden:
„Neu bauen ist billiger und besser
kalkulierbar als zu sanieren.“
Die Fliese, die in Wien verbaut wird, wurde in
Spanien aus ukrainischem Ton produziert. Wie
verhält es sich mit Baukosten und Bauzeit,
wenn sich die Bedingungen in den Abbauoder
Produktionsstätten sowie beim Transport
ändern und auf Alternativen zurückgegriffen
werden muss?
„Das Einfamilienhaus ist die größte
Klimasünde im Wohnbau.“
Wie verhält sich das aber, wenn das sanierte
Bestandsgebäude in einer kleinen Ortschaft
mit Mindestinfrastruktur, genutzt von durchgehend
im Homeoffice arbeitenden Bewohner:innen,
einer gleich großen Wohnung im
neu erschlossenen Stadtentwicklungsgebiet
gegenübergestellt wird?
„Ein altes Gebäude verbraucht viel
mehr Energie als ein Neubau.“
Wie verhält es sich aber, wenn zusätzlich
zur Roten Energie der Nutzungsphase auch
die Graue Energie für die Neuerrichtung in
Betracht gezogen wird?
Geringe Abbruch- und Entsorgungskosten,
der billige Abbau von Rohstoffen zur Baustoffherstellung
sowie die niedrigen Lohn- und
Produktionskosten samt langen Transportwegen
haben zur Folge, dass die Bauwirtschaft für
ca. 60 % des Ressourcenverbrauchs und für
ca. 30 % des Feststoff-Abfallaufkommens weltweit
verantwortlich ist. Eine Lebenszyklusbetrachtung
der Belastungen über die gesamte
Nutzungsdauer zeigt, dass beim Bauen die
verbrauchs- und emissionsintensive Phase in
der Produktion von Baustoffen, Bauteilen und
Bauwerken liegt.
Ungeachtet des Denkmalschutzes oder der
soziokulturellen Bedeutung des Bestandes
betrachtet hochform. Architekten die
Konservierung dieser Energie durch die
Weiterverwendung von Gebäudestrukturen
und die Wiederverwendung von Bauteilen als
Grundanforderung des zeitgemäßen Bauens.
Die Erfüllung dieser Prämisse setzt immer eine
Einzelfallbetrachtung voraus. Diese umfasst
sowohl die gründliche Aufnahme von Qualitäten
und Mängel der bestehenden Bausubstanz und
Räume als auch die Erfassung der rechtlichen
Rahmenbedingungen für die Projektentwicklung
und des damit einhergehenden Interpretationsspielraums.
Die Ausnahme ist die Regel
Bauen im Denkmalschutz ist eine Querschnittmaterie.
Während der Denkmalschutz in
Österreich Sache des Bundes ist, sind die
Bauordnung und deren Nebengesetze Sache
der Länder. Ein wesentlicher gemeinsamer
Nenner der Rechtsmaterie ist die Notwendigkeit
zur Betrachtung im Einzelfall und die Begründung
von Abweichungen von standardisierten
Ansätzen.
Das Denkmalschutzgesetz basiert auf dem
Prinzip der Wahrung des öffentlichen
Interesses und der Erhaltung des österreichischen
Kulturguts, welches in ebendiesem
liegt. Insbesondere für Gebäude, die sich
nicht im Besitz der öffentlichen Hand oder
anerkannter Glaubensgemeinschaften befinden,
wird die Auslegung des öffentlichen Interesses
an der Erhaltung, im Gutachten zum
Unterschutzstellungsbescheid begründet.
Die Auseinandersetzung mit dieser soziokulturellen
Ebene des Schutzes ist somit eine
wesentliche Komponente in der Machbarkeitsbeurteilung
einer Intervention.
Zwei weitere Bestandteile liegen im rechtlichen
Regelungsbereich der Länder und betreffen
einerseits die städtebauliche Dimension sowie
die heutzutage gültigen Anforderungen an die
zeitgenössische Nutzung eines historischen
Gebäudes. In der Wiener Bauordnung spiegeln
sich diese zwei Ebenen hauptsächlich in den
Paragrafen §69 bzw. §68 wider.
§69 „Abweichungen von Vorschriften des
Bebauungsplans“ regelt die Umstände und
die Grenzen, für die ein Ausbruch aus dem
Korsett des Bebauungsplans durch den
Bezirksbauausschuss grundsätzlich genehmigt
werden kann. Dabei ist eines der mächtigsten
Argumente das öffentliche Interesse an einer
Abweichung, welches wiederum durch den
Denkmalschutz bereits belegt ist. Ein weiteres
auf städtebaulicher Ebene zu berücksichtigendes
Instrument sind die im Flächenwidmungsund
Bebauungsplan definierten Schutzzonen.
Diese Stadtbereiche mit einem besonders
erhaltenswerten Erscheinungsbild schränken
die Eingriffsmöglichkeiten ein und binden
zusätzliche Instanzen wie die Magistratsabteilung
19 (Architektur und Stadtgestaltung) ein.
Denselben Spielraum, den §69 auf städtebaulicher
Ebene verschafft, bietet §68 auf
Objektebene: „Ausnahmen von den gesetzlich
festgelegten Bauvorschriften“. Hier sind
beispielsweise Abweichungen der Barrierefreiheit
zu begründen. Die rechtlich bindenden
Richtlinien des österreichischen Instituts
52
53
für Bautechnik (OIB) widmen sich ebenfalls
der Objektebene. Mit der Ausgabe von 2019
wird ein zusätzlicher Punkt aufgenommen,
der auf die Möglichkeit von Erleichterungen
bei Baumaßnahmen im Bestand hinweist. Für
bestehende Bauwerksteile werden dadurch
Abweichungen zulässig, soweit diese das
ursprüngliche Anforderungsniveau des rechtmäßigen
Bestandes nicht verschlechtern.
Exkurs: Weltkulturerbe Wien Innere Stadt
Eine besondere Art des Schutzes stellt das
Weltkulturerbe-Prädikat dar. Dabei gilt es,
unter Berücksichtigung von allgemeinen
Kriterien und den spezifischen Attributen,
die den außergewöhnlichen universellen
Wert der jeweiligen Stätte ausmachen, ein
globales öffentliches Interesse zu vertreten.
Die historische Innenstadt von Wien wird im
Dezember 2001 im Rahmen der 25. Versammlung
des Welterbekomitees in Helsinki in die
Welterbeliste aufgenommen. Das eingereichte
Kerngebiet schließt sowohl die Innenstadt
als auch die Ringstraße ein und ist von einer
fast doppelt so großen Fläche als Pufferzone
umgeben. Die Kriterien, über die der außergewöhnliche
universelle Wert argumentiert
wird, sind:
Die Authentizität der Wiener Innenstadt und
ihrer architektonischen Strukturen wird in
den Nominierungsunterlagen unter anderem
mit der Überlagerung unterschiedlicher
Entwicklungsetappen argumentiert. Der
außergewöhnliche universelle Wert, welcher
der Aufnahme zugrunde liegt, ist somit nicht
ausschließlich über die Bausubstanz selbst
zu begründen, sondern muss vielmehr in der
Tradition einer gemäßigten, am vorgefundenen
Bestand angepassten Weiterentwicklung des
Stadtbildes gesucht werden.
Historische Altstädte sind, im Gegensatz zu
einzelnen Bauwerken oder abgelegenen
Ausgrabungsstätten, lebendige Organismen
und müssen es auch weiterhin bleiben – auch
wenn sie in die Welterbeliste der UNESCO
aufgenommen werden. Dabei gilt es, das
Gleichgewicht zwischen Erhaltung und
Entwicklung zu finden, um den „Zeugen der
Vergangenheit“ nicht nur einen Platz, sondern
eine Bedeutung in der Zukunft zu sichern.
Da Wien als Großstadt einen dynamischen,
multifunktionalen Charakter besitzt und
Akteur:innen mit unterschiedlichen Interessen
als Bühne dient, muss diese Balance
immer wieder aufs Neue gesucht und zur
Diskussion gestellt werden.
weiterzuentwickeln und weiterzugeben, und
zwar so, dass das kohärente Gefüge dieses
Stadtbereichs erhalten bleibt.
Das Beispiel der Welterbestätte Wien Innere
Stadt zeigt, dass insbesondere im Kontext
einer lebendigen Baukultur ein Bestandsgebäude
einer Auseinandersetzung mit dessen
soziokultureller Bedeutung in und für die heutige
Gesellschaft bedarf, um nicht zu einem
verfremdeten Exponat zu verkommen.
Diese Auseinandersetzung erscheint – abseits des
amtlichen Denkmalschutzes – umso wichtiger,
da sich ein notwendiger Paradigmenwechsel
nur schleppend bemerkbar macht: Eine Wende
vom Ressourcenverbrauch hin zu einer
„Ästhetik der Verfügbarkeit“ erscheint
unvermeidbar, um den Ablauf von Bauprojekten
abseits internationaler Krisen zu steuern.
Damit alle Akteur:innen Bestandsgebäude
Börseplatz 1
bewusst als Bauteillager und Ressource
einsetzen können, braucht es neue Ansätze im
Kosten-, Termin- sowie Qualitätsmanagement.
hochform. Architekten versteht diese Ansätze
als Ergebnis einer neuen Art der Zusammenarbeit:
Investor:innen als Visionär:innen nicht
naheliegender Produkte, Planer:innen als
Erfinder- und Entwickler:innen nicht naheliegender
Lösungen und Handwerker:innen als
Ausführende nicht naheliegender Bauarten –
alle müssen sich an den Rand der
Standardisierung begeben.
• „Die städtebaulichen und architektonischen
Qualitäten des historischen
Zentrums von Wien sind überragende
Zeugnisse eines fortwährenden Wandels
von Werten während des zweiten
Jahrtausends.“
• „Drei Hauptperioden europäischer Kultur
und politischer Entwicklung – Mittelalter,
Barock und Gründerzeit – werden in
außergewöhnlicher Form durch das
städtebauliche und architektonische
Erbe des historischen Zentrums von Wien
dargestellt.“
• „Seit dem 16. Jahrhundert ist Wien weltweit
als die musikalische Hauptstadt
Europas anerkannt.“
Die Tatsache, dass die Aufnahme der Wiener
Innenstadt in die Welterbeliste unter anderem
über die Architektur aus drei unterschiedlichen,
aufeinander bauenden Entwicklungsetappen
argumentiert wurde – oder werden musste –,
zeigt, dass der außergewöhnliche universelle
Wert der Stätte in der harmonischen Veränderung
des Stadtbilds liegt.
Die Erhaltung der lebendigen Stadt setzt
eine Weiterentwicklung voraus, die mit der
Vergangenheit nicht bricht, sondern die
bereits durch die Stadterweiterung des
13. Jhs. vorgegebene Richtung im Sinne der
gegenwärtigen Gesellschaft weiterführt.
Der Welterbe-Wert der Wiener Innenstadt und
ihrer urbanen und architektonischen Struktur
besteht in der Verbildlichung der Fähigkeit,
Traditionen aufzunehmen, zu deuten, anzupassen,
N
UNESCO-Weltkulturerbe Wien Innere Stadt – Blau: Kernzone, Rot: Pufferzone
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Dokumentation der Deckenkassetten,
Stand der Baustellenarbeiten,
Jänner 2017
Deckenkassetten nach der Sanierung,
Stand der Baustellenarbeiten,
November 2020
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Erhaltenswerte Bereiche:
Rekonstruktionen:
denkmalgeschützte
zwischen Denkmalschutz
Gebäudeteile
und Norm
Der kulturhistorischen Bedeutung der ehemaligen
k.k. Telegrafen Centrale entsprechend,
zielten die planerischen Bestrebungen nicht
allein auf den Erhalt und die visuelle
Erscheinung der Gebäudesubstanz ab, sondern
sollten durch eine sanfte und rücksichtsvolle
Modernisierung des Bauwerks dessen
Charakter und Bedeutung widerspiegeln.
Aufgrund der zahlreichen Um- und Zubauten
bis in die 1990er Jahre wurden Teile der
historischen Substanz der Centrale zerstört.
Den Projektentwickler:innen stellte sich 2003
demnach die Frage, welche Bereiche des
Bestandsgebäudes nun tatsächlich vom
Denkmalschutz umfasst sind.
Seitens des Bundesdenkmalamts wurde
infolgedessen am 1. April 2004 entschieden,
dass das Gebäude in seiner Gesamtheit unter
Denkmalschutz gestellt wird. Die Bauteile und
Bereiche, die trotz der mannigfaltigen Veränderungen
und Umbauten in einem einigermaßen
guten Zustand erhalten blieben, bekamen
besondere Aufmerksamkeit vom Bundesdenkmalamt
und verlangten Fingerspitzengefühl in
der Bearbeitung.
Um den Zustand eines historischen Gebäudes
fundiert einschätzen zu können, sind im
Vorfeld eines solchen Revitalisierungsprozesses
zahlreiche Untersuchungen des Baubestandes
notwendig. Diese wurden durch verschiedene
Restaurator:innen der Materialgruppen Stein,
Metall, Holz und Putz durchgeführt.
Die gut erhaltenen Bereiche beinhalteten:
• das historische Foyer mit Wandgliederung,
Säulen und Stuckdecke
• die Räume der ehemaligen Telegrafenannahme,
die über das Foyer
erschlossen waren
• die historischen Stiegenhäuser und damit
verbundene Elemente
• die Räume unter den später
hinzugefügten Rippendecken
im Saalgeschoß
• der „historische Saal“ mit intakter Saaldecke
und ursprünglicher Tragfunktion
• die genietete Stahlkonstruktion des
Daches
• die Fassade mit Mittelrisalit und
Figurengruppe
• die Balustraden
• einige der historischen Kastenfenster
• die Eingangstreppe vom Börseplatz mit
den als Laternen dargestellten
Belichtungselementen
• die historischen Bodenbeläge im Foyer
und im Bereich der Stiege 1
Die restlichen Gebäudeteile, die wie eingangs
erwähnt ebenfalls unter Schutz stehen, wurden
in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt
renoviert und an die zeitgemäßen Normen und
Nutzungsanforderungen angepasst.
Es gab außerdem die Vermutung, dass Teile
des Gebäudes auf der ehemaligen römischen
Stadtmauer stünden. In Zusammenarbeit mit
der Stadtarchäologie wurde dieser Umstand
bereits bei der Einreichung thematisiert und
nach deren Erfolg im Hof der k.k. Telegrafen
Centrale gegraben. Obwohl man im Beisein
der Stadtarchäologie den ein oder anderen Ziegel
und Porzellanreste fand, erhärtete sich die
Ursprungsvermutung nicht, beziehungsweise
war nichts mehr von der Mauer aufzufinden.
Neben Bausubstanz und historischer Bedeutung,
welche ausschlaggebend für den Denkmalschutzstatus
des Gebäudes sind, veränderte
insbesondere die Widmungsumwandlung
von Büro- zu primärer Wohnnutzung die
Ausgangslage.
Aufgrund dieser neuen Widmungsform und
der dadurch anders gelagerten Anforderungen
änderten sich auch die vollumfänglich zu
erfüllenden Bauvorschriften. Für Planer:innen
bedeutet dieser Umstand ein ständiges
Abwägen im Spannungsfeld zwischen den
Vorstellungen der Auftraggeber:innen, heutzutage
gültigen Normen und Komfortstandards
sowie der bestmöglichen Erhaltung der
historischen Substanz nach den Vorgaben
des Bundesdenkmalamts.
Schad- und Störstoffe
Das Alter des Bauwerks wie auch die unterschiedlichen
Nutzungen der k.k. Telegrafen
Centrale und die dafür notwendigen technischen
Einbauten, wie zum Beispiel die Dieselgeneratoren
für die Notstromversorgung, machten
vor jeglicher Baumaßnahme eine gründliche
Untersuchung auf Schad- und Störstoffe
erforderlich. Im Zuge dieser Untersuchungen
wurden die vorgefundenen Gefahrenquellen
in Absprache mit dem Bundesdenkmalamt
identifiziert und entsorgt.
Vorgezogener Abbruch
In einer weiteren Vorbereitungsphase wurden
grundlegende Untersuchungen zu den Parametern
des Bauwerks durchgeführt und
Provisorien für Baustrom und Wasser eingerichtet.
2016 wurde dann ein Unternehmen mit
vorgezogenen Abbrucharbeiten beauftragt.
Diese waren notwendig, um für den anstehenden
Beginn der Hauptbaumaßnahmen zusätzliche
Erkenntnisse zu erlangen und statisch irrelevante
Bauteile sowie Einbauten und Technikanlagen
zu entfernen. Ziel war, das Gebäude weitestmöglich
zu entkernen und sich dem historischen
Ursprungszustand wieder anzunähern.
Für die neue Wohnnutzung wurden sowohl
die vorhandene Gebäudestatik – geprüft und
berechnet durch die KPPK Ziviltechniker GmbH
– wie auch die bestehenden Bodenaufbauten
von der Baupolizei als rechtmäßiger Bestand
eingestuft. Man durfte diese Gebäudeteile
also weiter nutzen und ließ sie deshalb und
aufgrund von brandschutztechnischen
Überlegungen im Abbruch aus.
60
61
Maßnahmenkatalog
Fassade
Bereits in der Anfangsphase wurden
Restaurator:innen für die Materialgruppen
Stein, Metall, Holz und Putz beauftragt, die
bestehende Bausubstanz anhand etlicher
Versuchs- und Musterflächen zu analysieren.
Gemeinsam mit den Planer:innen, den Auftraggeber:innen
und dem Bundesdenkmalamt
wurden für jede Materialgruppe und dort
jeweils für mehrere Bau- beziehungsweise
Gebäudeteile eigene Maßnahmenkataloge
definiert.
Diese waren folglich die Arbeitsgrundlage für
die später im Prozess einbezogenen Ausführungsfirmen
und wurden durch die Restaurator:innen
als örtliche Fachbauaufsicht weiter
begleitet.
Der allgemein schlechte Zustand der Fassade
zu Projektbeginn war zurückzuführen auf
Bombenschäden aus dem Zweiten Weltkrieg
und eine nur dürftige Instandsetzung derselben.
Alle Projektbeteiligten waren sich daher einig,
dass die historische Fassung in Gänze wiederhergestellt
werden muss, um ein zufriedenstellendes
Endergebnis zu erzielen.
Das Ausmaß der Beschädigung, anfänglich auf
25 % der Oberfläche geschätzt, sollte sich im
weiteren Verlauf der Bauarbeiten als wesentlich
gravierender entpuppen. Ein Hauptproblem
war die Restaurierung der nach Kriegsende nur
notdürftig reparierten Zonen. Die damals dafür
genutzten Ummantelungen und Putze,
beispielsweise bei den Pilastern, Balustraden
und Gesimsen, verhinderten über Jahre, dass
der Stein die notwendige Luftzufuhr erhielt und
so verlor dieser nachhaltig an Festigkeit.
Bei der Wiederinstandsetzung der Sockelflächen
konnte man sich mit dem Bundesdenkmalamt
darauf einigen, dass nicht der gesamte
Steinkörper ausgetauscht werden musste.
Stattdessen durfte man die ursprünglichen
Einbuchtungen und Musterungen mithilfe
eines Stempels nachahmen. Hierfür wurde
eine zusätzliche Schicht Putz aufgetragen
und in diese eingestempelt. Die resultierende
Fassade wahrt ohne großen Materialaufwand
die Authentizität des historischen Gebäudes.
Aufnahmen der bestehenden wie auch der
restaurierten Fliesen, Mai 2020
Instandsetzung der Gesimse, Mai 2020
Restauration der Deckenmalerei in einer Hofeinfahrt,
Stand der Baustellenarbeiten, Mai 2020
62
63
Bestandsfenster
Ein beträchtlicher Anteil der Bestandsfenster
war bereits zu stark beschädigt, um eine
Restaurierung und weitere Nutzung argumentieren
zu können. Jene historischen Kastenfenster,
die zu retten waren, mussten wiederum
nicht nur aufwendig restauriert werden, sondern
auch der zukünftigen Nutzung als Wohngebäude
und den entsprechenden Normen für
Außenfenster entsprechen. Vor allem beim
Schallschutz unterlagen die Fenster strengen
Richtlinien. Thermische Vorgaben bestanden
wegen einer Ausnahme im Gesetzestext
hingegen nicht.
Historische Portale
Da durch die unzähligen Umbauten in den
inneren Nutzungsbereichen keine historischen
Türen mehr vorhanden waren,
beschränkte man sich auf die Restaurierung
der Türen und Tore in den Stiegenhäusern,
den Hofeinfahrten, dem Foyer und der
Fassade. Zwei der historischen Fassadenportale
wurden außerdem mit motorisierten
Antrieben nachgerüstet, um im Brandfall den
Sicherheitsstandards zu entsprechen. Dort, wo
Türen in den allgemein zugänglichen Bereichen
fehlten, wurden diese weitestgehend dem
historischen Vorbild nachempfunden.
Die Kastenfenster wurden unter Anleitung
des Holzrestaurators und unter Einbeziehung
des Bundesdenkmalamts einer 9-stufigen
Testanordnung unterzogen. In einem eigens
errichteten Versuchsaufbau wurden verschiedene
Glasstärken, Aufbaupakete und
Zusatzmaßnahmen vor Ort auf ihre schallschutztechnische
Wirksamkeit und Standfestigkeit
untersucht und so die optimale
Ausführung ermittelt. Infolgedessen wurden
die Flügel ausgebaut, restauriert und mit neuen
Dichtungen und einer dünnen innenliegenden
Isolierverglasung bauphysikalisch ertüchtigt.
Wegen der notwendigen Verstärkung der
Böden und einer Erhöhung derselben um
rund 14 Zentimeter (mehr dazu im folgenden
Abschnitt „Hauptbaumaßnahmen“) verfehlten
die Parapete der Bestandsfenster nunmehr
die erforderliche Höhe, um als Absturzsicherung
anerkannt zu werden.
Um die Vorgaben trotzdem zu erfüllen,
wurden deshalb an der Fensteraußenseite
halbhohe Verbundsicherheitsgläser angebracht.
Zusätzlich wurde im Parapetbereich eine
Innendämmung aufgebracht. Diese Maßnahme
war bei allen Fenstern vom Erdgeschoß bis ins
5. Obergeschoß erforderlich – nur die Saalfenster
verfügten auch ohne weitere Modifizierung
über eine ausreichende Parapethöhe.
Hofeinfahrt von der Helferstorferstraße, beinahe fertiggestellt,
November 2020
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Brandschutz
Die k.k. Telegrafen Centrale wurde aufgrund
der neuen Nutzung des Dachgeschoßes und
der Höhenlage der dort eingefügten Wohnungen,
26 Meter über dem Gehsteigniveau, baurechtlich
von nun an als „kleines“ Hochhaus
eingestuft. Daraus resultieren umfangreiche
Brandschutzbestimmungen und die Notwendigkeit
zusätzlicher sicherheitstechnischer
Maßnahmen.
historische
gusseiserne
Geländer
Glasbrüstung
zur Gewährleistung
des Durchfallschutzes
Fußbodenaufbau
Schüttung
Trittschallsdämmung
Estrich
Verbundzement
Fliesen
Hinzu kamen: eine Sicherheitsbeleuchtung
inklusive einer dafür erforderlichen Notstromanlage,
Feuerwehrlifte, eine Druckbelüftungsanlage
für die Stiegenhäuser, eine Brandmeldeanlage
sowie Maßnahmen für den
organisatorischen Brandschutz. Der Carlift
besitzt seine eigene Notstromanlage.
Ertüchtigung der Bestandsgeländer
und Handläufe
Geländer nach Ertüchtigung und Restaurierung,
November 2020
Aufgrund der Widmungsänderung entsprachen
auch die historischen Brüstungen,
Handläufe und Geländer nicht mehr den
heutigen Vorschriften. Weder wurde die
notwendige Brüstungshöhe erreicht, noch
war die Höhe des Handlaufs korrekt. Man
musste neben der generellen Instandsetzung
und Modernisierung der Stiegenhäuser samt
Lifteinbau, folglich auch eine Ertüchtigung der
Geländer durchführen.
Um der geforderten Absturzsicherung zu
entsprechen, wurde schließlich eine eigenständige
Geländerkonstruktion mit Glasfüllungen
und einem vorgesetzten Handlauf eingebaut.
Diese steht auf den Natursteintreppen und
Podesten auf und ist mithilfe von Klebeankern
verbunden. Das historische Geländer mit den
dekorativen Gusseisenfüllungen steht direkt
dahinter.
Sämtliche Handläufe an der Außenseite der
Stiegenhäuser wurden auf 90 Zentimeter
angehoben und in Stiege 1 dafür die historischen
Handlaufkonsolen aus Gusseisen weiter
verwendet. Für die anderen Stiegenhäuser
wurden neue Konsolen hergestellt.
Einblick in ein restauriertes Stiegenhaus,
November 2020
Geländerertüchtigung: Schnitt- und Grundrissdetail
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Hauptbaumaßnahmen: Mauern und Decken
Im Zuge der Entwicklung als Wohngebäude
wurde festgestellt, dass eine Nutzung des
Dachgeschoßes unumgänglich ist, um das
Verwertungsziel zu erreichen.
Die Dachböden in ihrer Ursprungsform, bisher
als Lagerfläche und für die Unterbringung
notwendiger Betriebstechnik genutzt, konnten
wegen ihrer geringen Raumhöhe allerdings
nicht unmittelbar genutzt werden.
Der Funkturm war aufgrund der bestehenden
Erschließung und der neuen brandschutztechnischen
Anforderungen ebenso problematisch.
Die in die Höhe ragende Struktur
bot keine Möglichkeit, den behördlich notwendigen
zweiten Fluchtweg einzurichten
und wirkte sich zudem statisch ungünstig
auf das restliche Gebäude aus.
Die Absicht der Projektentwickler:innen, den
Funkturm abzubrechen, fand wegen dessen
Störfaktors von Sichtachsen, im Sinne der
Weltkulturerbestätte „Historisches Zentrum
Wien“ und der direkten Umgebung sowohl
bei Bundesdenkmalamt als auch Bezirksvertretung
Anklang. 2018 wurde der Turm
schließlich abgebrochen.
Untergeschoße und Tiefgarage
Decken- und Bodenaufdopplungen
Da die Bodenaufbauten im vorgezogenen
Abbruch nicht entfernt wurden, konnte man
erst im Rahmen der Hauptbaumaßnahmen
ein umfangreicheres Bild zum tatsächlichen
Zustand der darunterliegenden Geschoßdecken
und der Höhenlage ihrer Tragelemente
erlangen. Es handelte sich dabei um Holzbalkendecken,
Kappendecken und Stahlleichtbaudecken
mit Holzträgern.
In vielen Bereichen waren die Tragsysteme
durch frühere Umbauten gestört worden und
machten eine statische Ertüchtigung notwendig.
Diese geschah beispielsweise durch den
Einbau von Holzverbunddecken mit einer
Aufbetonschicht – was wiederum dazu führte,
dass die für den späteren Ausbau erforderlichen
Fußbodenpakete (Leitungsverzüge,
Fußbodenheizung etc.) darüber keinen
Platz mehr fanden.
Mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmt,
konnte man dieser Problematik mit einer
Niveauerhöhung im Stiegenhaus entgegenwirken.
Vom 1. bis zum 4. Obergeschoß wurden
deshalb die Stiegenhauspodeste in einem
aufwendigen Prozess um eine Stufenhöhe
angehoben.
Mauerwerksertüchtigung
Um die neuen Stahlbetondecken im
4. Obergeschoß und die anfallenden Lasten
über die Bestandsmauern ableiten zu können,
waren insbesondere an den Stellungen der
Stützen und in den Ecken des Innenhofs
zusätzliche statische Maßnahmen in Form von
eingeschlitzten Stahlbetonstützen notwendig.
Die Bestandswände vom 3. Untergeschoß bis
ins Erdgeschoß, bei denen die Mörteldruckfestigkeit
nicht ausreichend war, wurden
mittels Injektion verpresst. Solche Injektionen
waren partiell auch in den Obergeschoßen
notwendig.
An den neuralgischen Stellen im Fundament,
da wo die Stützenlasten der Saaldecken auftreffen
und in den Bereichen der Mauerwerksabfangungen
für die Garagendurchfahrten,
waren massive Fundamentertüchtigungen
mittels Lastverteilerplatten und Bohrpfählen
erforderlich.
Im 2. und 3. Untergeschoß wurden mithilfe
von umfangreichen statischen Maßnahmen
eine Parkgarage mit fünfzig Stellplätzen,
Lagerräume für die Haustechnik und weitere
Räumlichkeiten untergebracht. Der bestehende
Frischluftkollektor, der vom Park am Börseplatz
in das 3. Untergeschoß führt, wird auch heute
als Frischluftansaugung verwendet.
Innenhof
Die bestehenden Einbauten, Lüftungsleitungen
und Kamine wurden bereits während des
vorgezogenen Abbruchs entfernt. Im Anschluss
wurden die Innenfassade schlicht renoviert,
der Boden neu gepflastert und als Abschluss
zwei große, mittig platzierte Pflanzenbeete
angelegt.
Auch die von der Post 1990 in drei Sälen im
4. Obergeschoß eingebauten Rippendecken
erwiesen sich aufgrund ihrer Höhenlage und
der geringen statischen Belastbarkeit als
unbrauchbar für die weitere Nutzung.
Die stattdessen neu eingebauten Stahlbetondecken
wurden von der KPPK Ziviltechniker
GmbH schmaler und so konzipiert, dass
es möglich war, diese auch 50 Zentimeter
tiefer zu verankern und zusätzliche Raumhöhe
für das Geschoß darüber zu erzielen.
Vom Bundesdenkmalamt wurde außerdem
erlaubt, die sieben Meter hohen Säle um eine
„Raum-in-Raum“-Galerieebene zu erweitern,
sofern man einen Mindestabstand zu den
Saalwänden und einen dreißigprozentigen
Ausbaugrad nicht überschritt.
Sicht auf einen Teil der neuen Stahlbetondecke, die neu eingebauten
Podeste für die Galerieebene sowie eine restaurierte historische und
eine neu eingezogene Wand, November 2020
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Einbau der Galerieebene im Saalgeschoß,
März 2020
Unrestaurierte Wände im Saalgeschoß,
März 2020
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Aus Sicht der Statik: Erdbeben und Erdarbeiten
Klaus Petraschka & Henning Kirmse
KPPK Ziviltechniker GmbH
Aus Sicht der Tragwerksplanung, der statischen
Berechnungen und vor allem der baulichen
Umsetzung waren beim Bauvorhaben Börseplatz
1 mehrere besondere Herausforderungen
zu bewältigen.
Erdbebenanalyse
Im Zuge einer umfassenden Erdbebenanalyse
wurde das gesamte Objekt in einer komplexen
3-dimensionalen Untersuchung geprüft.
Dabei wurden der Zustand vor und nach den
Umbaumaßnahmen untersucht. Im Zuge
einer ingenieurmäßigen Auswertung konnten
die maßgebenden Elemente der Struktur in
beiden Zuständen festgestellt werden. In
diesem Zusammenhang wurden entsprechende
Verstärkungsmaßnahmen definiert, um den
Nachweis der erforderlichen Zuverlässigkeit
des Gebäudes zu erbringen.
Parkgarage
Für den Einbau der Parkgarage im 2. und
3. Untergeschoß wurden diese komplett
umgebaut, mit neuen Stahlbetondecken
versehen und große Unterfangungsträger
unter den massiven Ziegelmauern eingezogen,
um die kompletten Gebäudelasten abzutragen.
Technik (Kollektor) Untergeschoß
Es sei noch auf den Kollektor verwiesen,
der das komplette Gebäude unterhalb des
3. Untergeschoßes quert, um alle haustechnisch
erforderlichen Leitungen unterzubringen.
Dieser Bereich ist nach der Fertigstellung
nur noch für Wartungspersonal sicht- und
begehbar, stellte jedoch in der Planung und
Umsetzung eine große Herausforderung dar
und verlangte nach einer entsprechenden
Unterteilung in Bauabschnitte.
Deckenausbau 4. Obergeschoß
Ein weiteres wesentliches Bauteil war die
neu eingezogene Stahlbetondecke über dem
4. Obergeschoß. Im Verhältnis zur Spannweite
musste mit einer relativ geringen Konstruktionshöhe
gearbeitet werden, um die erforderliche
Raumhöhe für die Galerien in den
Saalgeschoßen und den darüber befindlichen
Dachgeschoßausbau zu erzielen. Es wurde
eine Stahlbetondecke mit Unterzügen von
sehr geringer Eigenhöhe vorgesehen, sodass
diese eine Bewehrungsführung ermöglichen,
ohne mit der flächigen Deckenbewehrung zu
kollidieren. Die Verformungsnachweise der
Konstruktion waren auch hier maßgebend.
3D-Modell der Erdbebenanalyse
im Programm 3muri
Da ein Einbau von Stahlträgern aufgrund der
erforderlichen Größe, des Gewichtes und der
eingeschränkten Erreichbarkeit ausschied,
wurden die Unterfangungsträger in Stahlbeton
geplant und ausgeführt. Besonders die
Verformungen der Träger im Zusammenspiel
mit dem darüber befindlichen Mauerwerk
waren dabei zu berücksichtigen.
Zudem fanden aufgrund der relativ knapp
angesetzten Bauzeit in allen Geschoßebenen
des Gebäudes unterschiedliche Baumaßnahmen
gleichzeitig statt, was eine enge Abstimmung
zwischen dem Planungsteam und den
ausführenden Baufirmen erforderte.
Systematische 3D-Darstellung eines Unterfangungsträgers
mit Bewehrung im Inneren
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Hoch Hinaus: Dach- und Wohnungsausbau
Anheben des Daches
Trotz des Austauschs der vormals bestehenden
Decken über drei Apparaten-Sälen und der
dadurch neu gewonnenen Raumhöhe im Dachgeschoß,
konnte man unter dem Dachstuhl noch
immer keine sinnvollen Wohnungsgrundrisse
entwickeln. Als Lösungsvorschlag wurde beim
Bundesdenkmalamt angefragt, ob man das
Dach mitsamt der ursprünglichen und denkmalgeschützten
Stahlgespärre von der Schlosserfirma
Ignaz Griedl anheben dürfe, ohne diese
zu beschädigen. Darüber sollten ein neues
Stahl- (Primärkonstruktion) beziehungsweise
Holztragwerk (Sekundärkonstruktion) errichtet
und zusätzlich die massiven Steinplatten des
Hauptgesimses statisch gesichert werden.
Da das Gebäude schon sichtlich unter dem
anhaltenden Leerstand gelitten hatte und das
Bundesdenkmalamt an einer kontinuierlichen
Nutzung und somit dem Schutz und der
Konservierung der historisch wertvollen
Bestandteile interessiert war, wurde dem
Vorhaben, den Dachstuhl um ca. 1 Meter
anzuheben, zugestimmt. Da auch die Bezirksvertretung
eine weitere Schwächung der
Substanz verhindern wollte und einer Wohnnutzung
grundlegend positiv gegenüberstand,
wurde dem Bauvorhaben auch von dieser
Seite Unterstützung zugesichert.
Der Dachbereich über dem historischen Saal
sollte dabei unangetastet bleiben. Um dennoch
eine einheitliche Außenansicht zu schaffen,
wurde auch hier der äußere Dachstuhl kosmetisch
angehoben. Die nunmehr erforderliche
Verlängerung der Stiegenhäuser ins Dachgeschoß
erfolgte in Stahlbetonmassivbauweise.
Historischer Saal
Der historisch wertvolle Raum wurde ein weiteres
Mal von einem Restaurator untersucht, um
mehr Informationen über dessen Qualität und
Beschaffenheit einzuholen. Dabei stellte sich
heraus, dass die dortigen Wände mit Teerkorkplatten
verkleidet waren.
Solche Platten sind häufig in Wiener Bestandsgebäuden
aus dieser Zeit zu finden und
wurden meist als Dämmung eingesetzt.
Um sie langlebiger zu machen, wurden die
per se gut dämmenden Korkplatten damals in
Teer getränkt, wodurch, wie wir heute wissen,
ein kritischer Stoff eingebracht wurde.
Neben den Restaurationsexpert:innen, dem
Bundesdenkmalamt, einem Gesundheitsprüfer
und anderen Expert:innen, bedurfte es vor allem
Zeit, um zu klären, wie gesundheitsschädlich
diese Verkleidungen tatsächlich sind und ob
hier im Sinne der zukünftigen Nutzbarkeit der
Säle die Denkmalschutzvorgaben ausgehebelt
werden könnten. Diese relativ spät im Prozess
gemachte Entdeckung verzögerte die allgemeine
Bauzeit erheblich.
Mit dem Bundesdenkmalamt wurde hierzu
abgesprochen, dass die Teile des historischen
Saals, die Teerkork beinhalten, entfernt werden.
Weiters wurde abgestimmt, dass jener Teil des
Daches, der die historische Saaldecke trug,
ebenfalls abgebrochen und dafür flacher, mit
weniger Bogen, aber dem historischen
Original nachempfunden, rekonstruiert
werden darf. Dieser Auflage wurde mithilfe
von Trockenbauplatten nachgekommen.
In der Zone über dem historischen Saal befindet
sich daher im 5. Obergeschoß ein erhöhter
Rohboden, der einen Dachgeschoßausbau
aber immer noch zuließ. Die dazugewonnene
Fläche wurde den angrenzenden Wohnungen
als Erweiterung zugeschlagen, da eine eigene
Erschließung derselben nicht möglich war.
Die Entscheidung, den Dachbereich über
dem historischen Saal nun doch auszubauen,
machte auch erneute Druckfestigkeitsproben
erforderlich. Dabei stellte sich heraus, dass in
weiten Teilen des umlaufenden Randträgers
der Decke zusätzliche Mauerwerksertüchtigungen
notwendig sein würden.
Das bestehende Dachgeschoß vor den Umbauarbeiten,
Mai 2017
und nach dem Ausbau mitsamt historischem Dachstuhl und neuen Glaseinbauten,
November 2020
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Adaptierung der Wohngeschoße
In den Regelgeschoßen adaptierte man die
Raumgrundrisse der ehemaligen Bürobereiche
für die Wohnnutzung, bestehende Durchbrüche
wurden soweit möglich genutzt, stellenweise
tragendes Mauerwerk auch durch Stahlrahmen
oder Stahlbetonunterzüge ersetzt. Die Unterteilung
der Wohnräume erfolgte weitgehend
in Leichtbauweise, notwendige Sanitär- und
Haustechnikleitungen wurden bestandsschonend
in Vorsatzschalen geführt.
Die Wohnungen im Dachgeschoß wurden
ebenfalls in Leichtbauweise errichtet. Der
Entwurfsidee folgend wurde das Dach zum
Innenhof aufgeklappt und so eine moderne
Dachlandschaft geschaffen. Vier der sechs
Dachgeschoßwohnungen erhielten ein
Galeriegeschoß und höher gelegte zusätzliche
Terrassenflächen – wiederum vier der
Wohnungen außerdem beheizte Wintergärten.
Auch das historisch wertvolle und reich
gegliederte Saalgeschoß wurde möglichst
schonend adaptiert. Der Ausbau zu Wohnungen
erfolgte durch ein frei im Raum stehendes
Boxensystem in Leichtbauweise und Galerieebenen,
welche stellenweise ebenfalls mit
Boxen versehen wurden.
Dachbodenausbau über dem historischen Saal mit erhöhtem Rohboden,
November 2020
Modellstudien für eine Wohnnutzung der Säle,
Februar 2013
Statische Ertüchtigung und Sanierung des Saalgeschoßbestands durch
Aufspritzen von Kunstharz, November 2020
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Einfassung der neuen Dachstuhlkonstruktion unter Berücksichtigung
der weiterhin frei liegenden Stahlgespärre, November 2020
Vorher-Nachher, die gesteigerte Raumhöhe ermöglicht
die Planung von Wohnungen im Dachgeschoß –
Detail zur Anhebung des Dachstuhls
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Generalplaner? Generalunternehmer?
Wolfgang Ruthensteiner
Für die Planung eines modernen Gebäudes
ist das koordinierte Zusammenwirken einer
Vielzahl von Planern, Technikern, Konsulenten
und Experten erforderlich.
Ein grundlegender Teil der Planung und der
Projektorganisation, insbesondere die
Projektleitung, muss unweigerlich in der
Sphäre der Bauherren abgewickelt werden.
Dabei geht es beispielsweise um die Erstellung
der Bedarfsplanung, das Festlegen eines
Kostenrahmens, die Klärung der Finanzierung
oder die Beauftragung der Planer.
Damit die Bauherren nicht alleine für die
Koordination aller Projektbeteiligten verantwortlich
sind, sehen die üblichen Leistungsbilder
vor, dass der Architekt die Koordination
aller Planungsbeteiligten übernimmt und als
Örtliche Bauaufsicht die ausführenden
Baufirmen koordiniert.
In der Planersphäre des Architekten ist dabei
vorwiegend eine inhaltliche und terminliche
Koordinationspflicht gegeben. Die Beauftragung
der einzelnen Sonderfachleute (Tragwerksplaner,
Haustechnikplaner, Brandschutzplaner,
Bauphysiker usw.) inklusive
Leistungsdefinition, Honorarverhandlung,
Vertragsmanagement usw. liegt im klassischen
Fall aber weiterhin bei den Bauherren.
Fehler oder Lücken in der Leistungsdefinition
können leicht zu Problemen im Planungsablauf
führen, mit entsprechenden Auswirkungen
auf Termine und Kosten. Bei Leistungsänderungen
durch die Bauherren müssen jedes
Mal erneut Honorarverhandlungen mit allen
Sonderfachleuten geführt werden.
Um diesen Aufwand und die verbundenen
Risiken zu vermeiden, wünschen sich die
meisten Bauherren und Projektentwickler
heutzutage einen „Generalplaner“. Gemeint
ist damit typischerweise ein Architekt, der alle
notwendigen Sonderfachleute als Subunternehmer
beauftragt und den Bauherren die
gesamte Planung aus einer Hand anbietet.
Der Architekt übernimmt damit auch zusätzliche
Koordinationsaufgaben und Risiken, die
natürlich zusätzlich vergütet werden müssen.
Aufschläge auf die Leistungen der Subunternehmer
in der Größenordnung von 12 % bis
15 % sind in diesem Fall üblich.
Unter den Bauherren scheint sich die Meinung
durchgesetzt zu haben, dass diese Mehrkosten
in einem guten Verhältnis zum reduzierten
Risiko stehen. Dass die meisten Architekten
gerne auf die Rolle des Risiko- und Vertragsmanagers
verzichten würden, steht auf einem
anderen Blatt. In der Praxis können sich die
Architekten dem Generalplanermodell kaum
mehr entziehen, wenn sie an größere Aufträge
kommen wollen.
Deshalb ist es aus Sicht der Architekten
besonders schade, dass die Meinung der
Bauherren zum Generalunternehmermodell
weit weniger eindeutig ausfällt. In der Sphäre
der ausführenden Baufirmen ist es genauso
möglich, sämtliche Leistungen bei einem
Generalunternehmer zu bündeln. Auch die
Höhe der Aufschläge ist jenen des Generalplaners
sehr ähnlich.
Die Vorteile des Generalunternehmermodells
für die Bauherren werden immer wieder
unterschätzt und fälschlicherweise wird
davon ausgegangen, dass die entsprechende
Koordination und Überwachung durch eine
gute Örtliche Bauaufsicht die Risiken der
Einzelvergabe ausgleichen kann. Gleichzeitig
hofft man durch Einzelvergaben bessere
Preise zu erzielen.
Kann aber nur eines der separat beauftragten
Unternehmen aus irgendeinem Grund sein
Gewerk nicht wie vereinbart liefern, hat
das oft gravierende Auswirkungen auf den
gesamten Bauablauf. Die Örtliche Bauaufsicht
ist in so einem Fall machtlos und die anderen
Baufirmen werden berechtigterweise
Mehrkosten anmelden, sobald sie in ihrer
eigenen Leistungserbringung behindert sind
– Terminpläne verlieren ihre Gültigkeit. Ob
alle Mehrkosten, die in so einem Fall in einer
Kettenreaktion entstehen, am Ende vom
ursprünglichen Verursacher zurückgeholt
werden können, ist mehr als fraglich – im Fall
einer Insolvenz jedenfalls unmöglich.
Das klassische Generalunternehmermodell
hat vor allem zwei Nachteile. Zum einen ist
die Ausbauplanung oft noch gar nicht vollständig
ausgearbeitet und ausschreibungsreif, wenn
man mit den Rohbauarbeiten schon längst
beginnen könnte. Zum anderen sind die
Generalunternehmer oft dazu gezwungen,
deutlich höhere Risikoaufschläge in ihre
Kalkulation zu übernehmen. Das gilt vor allem
für große Projekte und lange Laufzeiten.
Mit leichten Modifikationen des Generalunternehmermodells,
die unter Bezeichnungen wie
„Allianzvertrag“ oder „Open-Book-Modell“ in
verschiedenen neuen Bauvertragsmodellen
Einzug finden, soll eine Risikoteilung zwischen
Bauherren und Generalunternehmern
angestrebt werden.
Der Generalunternehmer übernimmt dabei
die Gesamtkoordination aller Gewerke auf
Basis vereinbarter Aufschläge und letztlich
die Gewährleistung für das gesamte Bauwerk.
Ausschreibungen und die Vergabe aller
erforderlichen Subunternehmerleistungen
erfolgten schrittweise und gemeinsam mit
dem Auftraggeber auf Basis eines vereinbarten
Bestbieterprinzips und anhand von Ausschreibungsunterlagen
aus der Planersphäre. Diese
Modelle scheinen sich zu bewähren.
Im Projekt k.k. Telegrafen Centrale haben
sich die Auftraggeber für das Generalplanermodell
und die Einzelvergabe entschieden.
Die Bauherren haben außerdem die Rolle der
geschäftlichen Oberleitung selbst übernommen
und nicht wie üblich an den Architekten
übertragen. In Anbetracht der unzähligen
Projektänderungen – praktisch jede Wohnung
wurde mit Sonderwünschen des jeweiligen
Käufers abgewickelt und teilweise umgebaut
– und auch in Anbetracht der Erfahrungen
mit dem denkmalgeschützten Bestand, ist es
möglich, dass die Auftraggeber im Nachhinein
anders entschieden hätten.
*Das in diesem Text gewählte generische
Maskulinum bezieht sich – sofern nicht anders
kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.
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qualitäten &
ausstattung.
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Gebäude: Erschließung und Nutzungsbereiche
Die nutzbare Gesamtfläche in der revitalisierten k.k. Telegrafen Centrale macht insgesamt
rund 10.600 m² aus und teilt sich auf in 7500 m² für die Wohnnutzung, ca. 1400 m² für
gewerbliche Nutzungen und rund 1700 m² für sonstige Nutzungen, Nebenräume und die
Haustechnik.
Erschließung
Nutzungsbereiche
Direkt vom Börseplatz aus erreicht man eine
repräsentative Freitreppe, den Hauptzugang
der k.k. Telegrafen Centrale. Diese führt hinauf
in die Eingangshalle samt Portierloge, welche
auf erhöhtem Erdgeschoßniveau liegt, und
weiter zur Stiege 1 und über den Innenhof
zu den zwei anderen Stiegenhäusern. Rechts
neben der Freitreppe ist ein barrierefreier
Zugang auf Gehsteigniveau gegeben. Mithilfe
eines Podestlifts erreicht man den Verbindungsgang
im 1. Untergeschoß. Von hier
aus sind wiederum alle drei Stiegenhäuser
zugänglich.
Stiegenhaus 1 ist das umfangreichste und
hat einen rechteckigen, die Stiegenhäuser
2 und 3 hingegen einen viertelkreisförmigen
Grundriss. Alle drei Stiegenhäuser wurden
im Rahmen der Revitalisierung mit Liften
nachgerüstet und verfügen über eine
Druckbelüftungsanlage.
Technik Kollektor
Ver- und Entsorgungsschächte
Druckbelüftungsanlage
Untergeschoße 2–3
Tiefgarage mit 50 Stellplätzen
Lagerflächen und Frischluftansaugung
Wein- und Degustationskeller
Aufenthaltsraum Concierge-Service
Haustechnik
Untergeschoß 1
Barrierefreier Zugang
Nebenräume
Kinderwagenraum
Fahrradraum
Kellerabteile
Haustechnik
Erdgeschoß
Eingangshalle mit Portierloge
5 Büros à 65 m² bis 800 m²
Innenhof
Obergeschoße 1–3
27 Wohnungen
78 m² bis 225 m²
Saalgeschoße 4–5
6 Wohnungen
zweigeschoßiger Ausbau
225 m² bis 510 m²
Dachgeschoße 6–7
6 Wohnungen
beheizte Wintergärten
Terrassenflächen
zusätzliche Galeriegeschoße
130 m² bis 484 m²
Die historischen Hofdurchfahrten an der
Helferstorferstraße und der Hohenstaufengasse
können als Nebeneingänge genutzt werden.
Die Zu- und Ausfahrt der Tiefgarage befindet
sich neben dem Haupteingang und ist ebenerdig
über eine diskret gehaltene Einfahrt zu
erreichen.
Mithilfe eines Carlifts werden die Autos zu
den Stellplätzen in den Untergeschoßen 2–3
gebracht. Um die Einspurigkeit der Wipplingerstraße
am Börseplatz und ein weiterhin
flüssiges Verkehrsaufkommen zu gewährleisten,
wurde keine eigene Abbiegespur
für die Garageneinfahrt vorgesehen.
Grundriss der Erschließung im Erdgeschoß
Einblicke in den Wein- und Degustationskeller,
November 2020
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Wohnungen: Qualitäten und Ausstattung
Die Grundausstattung und Bemusterung der Wohnungen folgte zwei unterschiedlichen
Designlinien: „Modern Classic“ in den Regelgeschoßen und Sälen, „Urban Cool“ in den
Dachgeschoßwohnungen.
Der Zielgruppe der Immovate entsprechend
wurden alle Wohnungen für die Verwertung
im Luxussegment geplant. Mit der aktuellsten
Technik ausgestattet, verfügen diese
beispielsweise über Heizanstriche und
Kühldecken sowie eine Wohnraumlüftung,
Smart-Home-Automation und ein Beleuchtungssystem,
die jeweils über Tablets und
Steuerpaneele bedienbar sind.
Die Wohnungen verfügen weiters über
Holzparkettböden und einen elektronischen
Antrieb der Jalousien. Alle Eingangstüren
sind mit Freilauftürschließern ausgestattet,
an die Brandmeldeanlage angeschlossen und
als Sicherheitstüren des höchsten Standards
ausgeführt.
Bemusterung
Mit der Bemusterung für die Inneneinrichtung
und Möbelausstattung wurde der Wiener
Nobel-Innenausstatter Einwaller & Partner
von der Immovate beauftragt. In Absprache
mit den Projektentwickler:innen erstellte
dieser einen Musterkatalog für Oberflächen,
Armaturen, die Möblierung und sonstige
Einrichtungsgegenstände. Potenzielle und
zukünftige Wohnungseigentümer:innen
konnten und können sich daraus ihre Grundausstattung
zusammenstellen oder diese
ergänzen.
Exemplarische Wohnung im Regelgeschoß mit Blick auf den Börseplatz, Wohnzimmer
nach Sonderwunschplanung und Einrichtung durch die Besitzer:innen, November 2022
Küchenzeile und Essbereich derselben Wohnung,
November 2022
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Modern Classic
Alle Wohnungen, die als „Modern Classic“
ausgeführt wurden, orientieren sich an den
repräsentativen Bestandsräumen und dem
Charme der historischen Umgebung. Trotz der
Prolongierung des „Altwiener-Stils“, den
sanierten Kastenfenstern und Altwiener Holztüren,
sind die Wohnungen technisch am Puls
der Zeit und erfüllen die aktuellen Komfortstandards.
Urban Cool
Der historische Stahldachstuhl ist prominent
in die Wohnungen integriert. Der industrielle
Charme wird durch die Kombination mit zeitgenössischen,
öffenbaren Dachelementen und
flächenbündigen Türen zusätzlich unterstrichen.
Durchgängige Glasflächen im unteren Drittel
des Daches lassen den Blick ungehindert über
die Wiener Innenstadt schweifen und werden
mithilfe eines motorgestützten Systems
geöffnet. Alle Schrägverglasungen sind dabei
mit außenliegenden Rollos versehen.
Büroausstattung
Die Grundausstattung der Büroflächen ist
hochwertig, Kühldecken sorgen für eine
zugluftfreie Vollklimatisierung und die
Fußbodenheizung unter dem Vollholzparkett
für eine ganzjährig komfortable Nutzung.
Schlafzimmer mit Blick auf den Zugang zum Badezimmer, November 2022
Detail einer Umkleide, November 2022
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Beispielwohnung Saalgeschoß
Beispielhaft möblierte Grundrisse der großzügigsten
Wohnung in der k.k. Telegrafen Centrale
im Saalgeschoß. „The Aurora Loft“ kommt
mit umfangreichen Loftflächen, abgetrennten
Räumlichkeiten innerhalb des Boxensystems
und einer Galerieebene auf knapp über 500 m².
Eine besonders großzügige Wohnküche, fünf
Schlafzimmer mit Ankleiden, Zusatzräumlichkeiten
und fünf Bäder verteilen sich auf
zwei Ebenen.
4.Obergeschoß
level 01
4.Obergeschoß
level 02
Foyer 10,77 m2
Garderobe 9,03 m2
WC 7,82 m2
Wohnküche 258,82 m2
Schlafzimmer 34,97 m2
Ankleide 4,02 m2
Bad 5,42 m2
Schlafzimmer 14,09 m2
Ankleide 5,57 m2
Bad 25,18 m2
Abstellraum 3,71 m2
Vorraum 10,65 m2
Schlafzimmer 11,71 m2
Bad 4,78 m2
Galerie 47,79 m2
Schlafzimmer 15,13 m2
Ankleide 4,86 m2
Bad ensuite 5,42 m2
Treppe 6,75 m2
Schlafzimmer 13,42 m2
Ankleide 5,85 m2
Bad ensuite 6,57 m2
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Wohnung im Saalgeschoß, Blick auf die Küche und die Galeriebene darüber (Abbildung oben)
und Räume innerhalb des Boxensystems auf der Galeriebene, September 2022
Wohnung im Saalgeschoß, die außergewöhnliche Raumhöhe von sieben Metern wurde erhalten
wie auch die sanierten historischen Fenster und Wandverzierungen, September 2022
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Sonderwunschplanung
Bereits während die allgemeine Fertigstellung
des Gebäudes noch in vollem Gange war, lief
die kommunikationsintensive Sonderwunschplanung
an. Sie wurde von den Projektentwickler:innen
wie auch von einzelnen damals
schon feststehenden Wohnungseigentümer:innen
in Anspruch genommen. Dabei
ging es um individuelle Änderungswünsche
und Ergänzungen, die sich außerhalb der
angebotenen Grundausstattung befanden.
Bei den Sonderwünschen der Projektentwickler:innen
handelte es sich in den meisten
Fällen um Anpassungen und Nachbearbeitungen
des Hauptauftrags. Die Anliegen der
Wohnungseigentümer:innen umfassten
einerseits massive Eingriffe (Decken- und
Wanddurchbrüche, Wandverschiebungen wie
auch Lüftungsverlegungen) und andererseits
typische Ausstattungs- und Innenausbauaufgaben,
Haustechnik- und Elektroniknachrüstungen
sowie die Auswechslung von in der
Grundausstattung vorgesehenen Armaturen
und Oberflächenmaterialien. Im Rahmen
dieser Maßnahmen wurden beispielsweise
Steckdosen versetzt, Türen und Beschläge
ausgetauscht und Schaltrelais, Vorhangsysteme
und Inneneinrichtungen hinzugefügt.
Im Zeitraum von Frühling 2019 bis Weihnachten
2021 wurden 32 Sonderwünsche beauftragt
und vom Architekten Marc Balzar im Namen
von hochform. Architekten ausgearbeitet –
zwanzig davon schlussendlich ausgeführt.
Gab es einen Sonderwunsch, wurden zuerst
das Veränderungspotenzial und die bestehenden
Grundlagen der Wohnung ermittelt und im
Anschluss zwei bis drei unterschiedliche
Lösungsansätze ausgearbeitet. Folgte daraus
eine konkrete Beauftragung, übernahm Balzar
für hochform. Architekten die Organisation
und Kommunikation mit den Fachexpert:innen
wie auch die Detailplanung und begleitete jeden
Sonderwunsch bis zur Einreichungs- und
Polierplanung.
Einige der Wohnungseigentümer:innen zogen
für den Wohnungsausbau auch externe
Ausstattungsfirmen und Handwerksbetriebe
hinzu. Die finanzielle wie auch kommunikative
Abwicklung mit den Wohnungseigentümer:innen
wurde von den Projektentwickler:innen selbst
übernommen.
Badezimmer in einer
Dachgeschoßwohnung,
Ausstattung nach
Musterkatalog,
November 2020
Eine Wohnung im umgebauten Dachgeschoß mit freiliegendem historischen
Stahldachstuhl, November 2020
116
117
118
119
projektbeteiligte
& anmerkungen.
120
121
Projektbeteiligte
Die erfolgreiche Umsetzung eines solch
komplexen Projekts und die Lösung aller
im Prozess auftretenden Problemstellungen
erfordert die Einbindung vieler Fachexpert:innen
und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
hochform. Architekten bedankt sich bei allen
Partner:innen und Beteiligten!
Bauwerberin
Börseplatz 1 GmbH&Co.KG
z.H.: Herr Mag. Benedikt Zankel
Pilgramgasse 1/4/4, 1050 Wien
Grundeigentümerin
Börseplatz 1 GmbH&Co.KG
Pilgramgasse 1/4/4, 1050 Wien
Projektsteuerung
BauConsult real estate
projectmanagement GmbH
VIERTEL ZWEI
Vorgartenstraße 206 C, 1020 Wien
Architektur und Generalplanung
ARGE Architekten Börseplatz 1
Mariahilferstraße 19 – 21 / 8, 1060 Wien
bestehend aus den Büros:
hochform. Architekten ZT GmbH
Mariahilfer Straße 19–21 / 8, 1060 Wien
Projekt Direktor
Wolfgang Ruthensteiner
Projektleitung
Johannes Weigl, Bernhard Wolf
Sonderwunschkoordination/-planung
Mark Balzar
Projektleitung Ausschreibung &
Örtliche Bauaufsicht
Avin Fathulla, Liliana Negrila
Projekt Team
Susanne Boyer, Verena Boyer, Anna Rita
Cedroni, Juan Herrera Corena, Martin Jelinek,
Ivana Kotanová, Franz Kreczy, Anita Lischka,
Sandra Martinez, Denise Michlits, Alexa
Nolden, Patrick Olczykowski, Milica Paunovic,
Akvile Rimantaite, Hazal Sarikaya, Thomas
Schwed, Severin Türk, Christoph Wassmann
Architektur-Consult ZT GmbH
Gurkgasse 50, 1140 Wien
Projekt Direktor
Georg Böhm
Projektleitung Ausschreibung &
Örtliche Bauaufsicht
Johannes Hiebl, Herwig Stern
Projekt Team
Ernst Plank, Theresa Schneeweiss, Herbert
Sechser, Angelika Viertler, Clemens Werb,
Isabel Zapata-Sanchez
Denkmalschutz,
Restaurationskoordination
Arch. Georg Töpfer
Matznergasse 4, 1140 Wien
Statik
KPPK Ziviltechniker GmbH
Schottenfeldgasse 65/10, 1070 Wien
Haustechnik
Allplan GMBH
Schwindgasse 10, 1040 Wien
Elektrotechnik
Allplan GMBH
Schwindgasse 10, 1040 Wien
Fördertechnik
Allplan GMBH
Schwindgasse 10, 1040 Wien
Bauphysik
Allplan GMBH
Schwindgasse 10, 1040 Wien
Brandschutz
Brandschutz Rabl ZT
Uhlandgasse 16, 8010 Graz
Verkehrsplanung
(Prüfung Garageneinfahrt und
Verkehrsaufkommen)
Zieritz + Partner ZT GmbH
Bergmillergasse 5/1/3, 1140 Wien
Verkehrsplanung
(Befahrbarkeitssimulation Carlift)
Rosinak & Partner ZT GmbH
Schloßgasse 11, 1050 Wien
122
123
Abbildungsverzeichnis
Aufgrund von fehlenden Informationen zu einigen der in dieser Publikation verwendeten
Abbildungen, ist es uns nicht immer möglich, die vollständigen Copyright-Referenzen anzugeben.
Falls Abbildungen verwendet wurden, die Ihre Urheberrechte verletzen, bitten wir Sie um ein Mail an:
pr@hochform.com
Seite Art Beschreibung und Urheberrecht
Cover innen Grafik Ansicht der Gebäudevorderseite, 2023
© hochform. Architekten
6/7 Fotografie Sicht vom Börseplatz: Eingangsportal und restaurierte
Fassade, November 2022, © Maximilian Haidacher
8 Fotografie Blick aus dem Innenhof auf Stiegenhaus 1 und die
restaurierten Fenster und Türen, November 2020
© Maximilian Haidacher
11 Fotografie Sicht vom Börseplatz: restaurierte Fassade
und Mittelrisalit mit Figurengruppe, November 2020
© Maximilian Haidacher
12/13 Fotografie Innenhof nach der Revitalisierung: Blick auf die
instandgesetzte Fassade und den Dachgeschoßausbau,
November 2020, © Maximilian Haidacher
14 Fotografie Porträt Geschäftsführer, 2022, © hochform. Architekten
17 Vogelperspektive Blick auf Börseplatz und Umgebung, 2011
© hochform. Architekten
18/19 Fotografie Blick auf die k.k. Telegrafen Centrale, die Wipplinger- und
Helferstorferstraße, November 2020, © Maximilian Haidacher
20/21 historische Fotografie Blick in einen voll besetzten Apparaten-Saal in der
k.k. Telegrafen Centrale zwischen 1905 und 1906
Fotograf:in und © unbekannt
23 Grafik Das mittelalterliche Zentrum Wiens, vergleichende Stadtpläne
aus Silvestrus unveröffentlichter Dissertation an der TU Wien,
Fakultät für Architektur und Raumplanung (2014):
Inszenierte Fragmente – Die touristische Interpretation
historischer Zusammenhänge am Beispiel des mittelalterlichen
Kulturerbes von Wien, © Claudiu Silvestru
24/25 historischer Schnitt Schnitt durch das Gebäude samt Wasserinstallationen.
Hergestellt von der Actien-Gesellschaft für Wasserleitungen,
Transport-Brunnen, Gas- und Heizungsanlagen,
Datum unbekannt, © unbekannt
27 Ansichtskarte Sperlings Postkartenverlag (M. M. S.)
Inv.-Nr. 58891/64, CC0
Post- und Telegrafendirektion, Ansichtskarte um 1900
© Wien Museum (Hersteller), Hintere Zollamtsstraße 13
(https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/117421/)
28/29 Karten Karten von 1884 und 1901 zum Ausbau des
Telegrafennetzes in Wien
© Österreichische Nationalbibliothek
Sign. 10.467-C (1884) und 10.468-C (1901)
30 historischer Plan Plan des Dachstuhls mit exakter Position der Stahlgespärre.
Hergestellt von der Actien-Gesellschaft für Wasserleitungen,
Transport-Brunnen, Gas- und Heizungsanlagen,
Datum unbekannt, © Unbekannt
31 historische Fotografie Errichtung des Rings: Blick auf die fertiggestellte k.k.
Telegrafen Centrale und die umliegende Baustelle, um 1875
Fotograf:in unbekannt © Wien Museum, Inv.-Nr. 93021/1, CC0
(https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/159485/)
Bildcollage
Gegenüberstellung Saalgeschoß damals und heute,
aufgenommen 2011, © Christoph Wassmann
© Unbekannt (historische Fotografie)
32 historische Fotografie Fernmeldetechnisches Zentralamt, Fassade von rechts mit
steiler Schrägansicht der Front, Aufnahme Fred Hennings
nach Reproduktion um 1900
© Österreichische Nationalbibliothek, Sign. 31A-32
historische Fotografie
Gesamtansicht der k.k. Telegrafen Centrale nach der
Aufstockung durch Eugen Fassbender,
Fotografiert von Czezik-Müller um 1910
© Österreichische Nationalbibliothek, Sign. 146518 C
33 Fotografie Detailaufnahme der Figurengruppe auf dem Mittelrisalit,
November 2022, © Maximilian Haidacher
34 Scan historischer Plan Plan vom 4. Obergeschoß / Saalgeschoß
© Unbekannt (Scan: hochform. Architekten)
historische Fotografie
Arbeit in einem Apparaten-Saal, Abbildung aus einer
Publikation des k.k. Handelsministeriums, um 1907
© Unbekannt
35 Fotografie Sicht vom Börseplatz: Eingangsportal und restaurierte
Fassade, November 2022, © Maximilian Haidacher
36 historische Fotografie Sprechzellen für Journalist:innen
Datum und Autor der Aufnahme unbekannt
© Unbekannt
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125
37 historischer Schnitt Historischer Schnitt des Gebäudes samt Saalgeschoß,
Dachboden und Kellerausbau,
Datum der Erstellung unbekannt
© Unbekannt
38/39 Grafik Zeitleiste bis zum Revitalisierungsstart, 2023
© hochform. Architekten
historische Fotografie
k. k. Telegraphenanstalt: Fassade von rechts vor Erbauung
der Börse (1874–1877), Fotograf:in unbekannt, 1874
© Österreichische Nationalbibliothek, Sign. 505.601-B
Ansichtskarte k. k. Telegrafen-Anstalt. Zentral Station. Wien I., Börseplatz 1.
Carl (Karl) Ledermann jun. (Hersteller), um 1908
© Wien Museum Inv.-Nr. 58891/270, CC0
https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/94625
historische Fotografie
Der Funkturm kurz vor Fertigstellung
Fotograf:in unbekannt, um 1964, © Unbekannt
historische Fotografie Alma Mahler Löwy, Fotograf:in Franz Löwy, um 1920
© Österreichische Nationalbibliothek, CC0
Bildarchiv und Grafiksammlung, Pf. 11714
40/41 Grafik Entwicklungsstadien der Centrale, 2023
© hochform. Architekten
43 Piktogramm Erschließungsmöglichkeiten, 2011, © hochform. Architekten
44 Plan-Skizze Mögliche Aufteilung eines Regelgeschoßes, Steigenberger 5*,
2012, © Architektur-Consult
45 Modellstudie Nutzungsstudie des Saalgeschoßes als zukünftiger
MotelOne Standort, 2011, © hochform. Architekten
47 Fotografie Ausbau des Dachgeschoßes, Verkleidung und Stahlgespärre
November 2020, © Maximilian Haidacher
48/49 Grundriss Beispiel 3. Obergeschoß, 2023, © hochform. Architekten
50/51 Fotografie Blick auf eines der revitalisierten halbrunden Stiegenhäuser
November 2020, © Maximilian Haidacher
55 Stadtplan Kern- und Pufferzone des UNESCO-Weltkulturerbes Wien
© wien.gv.at – Stadt Wien
56 Fotografie Dokumentation der Deckenkassette, Baustellenstand, 2017
© Roman Bönsch
57 Fotografie Deckenkassetten nach Sanierung, November 2020
© Maximilian Haidacher
58/59 Fotografie Säulendetail nach Sanierung des Eingangsbereichs,
November 2020, © Maximilian Haidacher
62 Fotografie Baustellendokumentation des Fließenwerks:
Vorher/Nachher, Mai 2020, © hochform. Architekten
Fotografie Baustellendokumentation des Fließenwerks, Mai 2020
© hochform. Architekten
Fotografie
Baustellendokumentation Instandsetzung der Gesimse,
Mai 2020, © hochform. Architekten
63 Fotografie Restauration der Hofeinfahrten und Deckenmalereien,
Mai 2020, © hochform. Architekten
64 Fotografie Eine der Hofeinfahrten, beinahe fertiggestellt,
November 2020, © Maximilian Haidacher
65 Fotografie Fertig saniertes Eingangsportal in der Hohenstaufengasse,
November 2020, © Maximilian Haidacher
66/67 Fotografie Blick hinab in das restaurierte Stiegenhaus 1
November 2020, © Maximilian Haidacher
68 Fotografie Säulendetail samt neu eingebautem Geländer in Stiegenhaus 1,
November 2020, © Maximilian Haidacher
69 Fotografie Detail eines restaurierten Säulenkapitells,
November 2020, © Maximilian Haidacher
70 Fotografie Geländer nach Ertüchtigung und Restaurierung,
November 2020, © Maximilian Haidacher
Fotografie Ansicht des restaurierten Stiegenhauses 1,
November 2020, © Maximilian Haidacher
71 Schnitt- und Ankerpunkte des modifizierten Geländers
und technischer Fußbodenaufbau, 2023
Grundrissdetail Mustergeschoß des sanierten Stiegenhaus 1, 2023
© hochform. Architekten
73 Fotografie Stand der Baustellenarbeiten im Saalgeschoß,
November 2020, © Maximilian Haidacher
74 Fotografie Baustellenbesuch Saalgeschoß, März 2020, © Burak Genc
75 Fotografie Baustellenbesuch Saalgeschoß, März 2020, © Burak Genc
76/77 Fotografie Sicht auf die Bauarbeiten in den Kellergeschoßen
und im Kollektor, 2017
© KPPK Ziviltechniker GmbH
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79 Grafik 3D-Darstellung eines Erdbebenanalysemodells in dem
Programm 3muri, 2023, © KPPK Ziviltechniker GmbH
102 Fotografie Detail Eingangsbereich, November 2020
© Maximilian Haidacher
Grafik
Systemische 3D Darstellung eines Unterfangungsträgers,
2023, © KPPK Ziviltechniker GmbH
103 Fotografie Detail Eingangsbereich, September 2022
© Petar Uljarevic
80/81 Fotografie Das Saalgeschoß während der Revitalisierung,
November 2020, © Maximilian Haidacher
82/83 Fotografie Das Saalgeschoß während der Revitalisierung,
November 2020, © Maximilian Haidacher
85 Fotografie (oben) Bestehendes Dachgeschoß vor den Umbauarbeiten, Mai 2017
© Roman Bönsch
Fotografie
Dachgeschoß während dem Umbau,
November 2020, © Maximilian Haidacher
86 Modellstudien Studien einer möglichen Wohnnutzung des historischen Saals
und der anderen Säle, 2013, © hochform. Architekten
87 Fotografie Dachboden über historischem Saal mit erhöhtem Rohboden,
November 2020, © hochform. Architekten
Fotografie
Sanierung des Saalgeschoßbestands, Aufspritzen von
Kunstharz, November 2020, © Maximilian Haidacher
88/89 Fotografie Blick in den Innenhof und auf die neuen
Dachgeschoßwohnungen, November 2020
© Maximilian Haidacher
90/01 Fotografie Blick auf die ursprünglichen Stahlgespärre, Baustellenbesuch,
November 2020, © Maximilian Haidacher
92 Fotografie Einfassung der neuen und alten Dachstuhlkonstruktion,
November 2020, © Maximilian Haidacher
93 Detailplan Plan zur Anhebung des Dachstuhls, © hochform. Architekten
94/95 Fotografie Fertig ausgebaute Dachgeschoßwohnung,
November 2020, © Maximilian Haidacher
98/99 Fotografie Blick in eine Wohnung im Saalgeschoß und den Innenhof,
September 2022, © Petar Uljarevic
100 Plangrafik Grundriss der Zugänge und Erschließung im Erdgeschoß,
2023, © hochform. Architekten
101 Fotografien Wein- und Degustationskeller, November 2020,
© Maximilian Haidacher
104/105 Fotografie Blick in den Eingangsbereich, September 2022
© Petar Uljarevic
106/107 Fotografie Blick in die Tiefgarage, November 2020,
dieses wie auch die Fotografien auf den Seiten 108–111 von
© Maximilian Haidacher
108 Fotografie Blick in eine Wohnung im Regelgeschoß eingerichtet vom
Eigentümer, November 2022, © MH
109 Fotografie Blick auf Küchenzeile, November 2022, © MH
110 Fotografie Blick in ein Schlafzimmer, November 2022, © MH
111 Fotografie Detail Umkleide im Regelgeschoß, November 2022, © MH
112/113 Grundrisse Beispielwohnung im Saalgeschoß, 2023
© hochform. Architekten
114/115 Fotografien Wohnung im Saalgeschoß, September 2022
© Petar Uljarevic
116 Fotografie Blick in eine Dachgeschoßwohnung, November 2020,
dieses wie auch die Fotografien auf den Seiten 117–121 von
© Maximilian Haidacher
117 Fotografie Bad nach Musterkatalog, November 2020, © MH
118/119 Fotografie Blick von einer Dachterrasse über die Dächer des 1. Bezirks,
November 2020, © MH
120/121 Fotografie Detail der Wandverzierungen innen, November 2020, © MH
131/132 Fotografien und Projektindex hochform. Architekten, Stand März 2023
Visualisierungen
© hochform. Architekten
133 Fotografie Palais Börseplatz,
November 2022, © Maximilian Haidacher
134/135 Fotografie Eckdetail Rückseite,
November 2022, © Maximilian Haidacher
Cover innen Grafik Ansicht der Gebäuderückseite, 2023
© hochform. Architekten
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hochform. Architekten
Ob Städtebau, Hochhäuser, Denkmalschutz
oder ein Gemeindezentrum – für jedes Szenario
findet sich seit 2015 bei hochform. Architekten
ein Team mit langjähriger Erfahrung.
Gemeinsam mit unseren knapp 70 Mitarbeiter:innen
an zwei Standorten, in Wien und
Frankfurt am Main, arbeiten wir an einer
Vielzahl unterschiedlichster Bauaufgaben.
Historische Kontinuität, die bewusste
Auseinandersetzung mit dem Ort und die
gesellschaftliche Relevanz von Architektur
sind Eckpfeiler unseres gestalterischen
Zugangs.
Bauen im Bestand – hochform. Portfolio
Erhalten wir Architektur, oder erhalten wir
Geschichte? Für uns gilt – wir wollen Geschichte
bewahren. Bewahren heißt gleichzeitig erhalten,
überliefern und weiterführen.
Die nächsten Generationen sollen die
Vergangenheit verstehen und sehen können,
Gebäude repräsentieren diese. Der Eingriff in
historische Architekturen ermöglicht – durch
die zeitgemäße Weiternutzung der Gebäude –
die gelebte Auseinandersetzung mit Geschichte.
Die Bewahrung des Baubestandes ist vielleicht
eine der anspruchsvollsten Architekturaufgaben
unserer Zeit und erfordert Intelligenz,
Präzision sowie Kreativität, ohne dass man
die Erwartung eines großen Spektakels
erfüllen muss.
Es geht um Konzepte statt um Effekte. Planen
im Bestand ist eine Gratwanderung. Es gilt
zwischen öffentlichen und kommerziellen
Interessen zu vermitteln und neben der
Bewahrung des Baubestands ebenso zeitgenössische
Interventionen und zukunftsorientierte
Nutzungen zu ermöglichen.
Folgend eine Auswahl von Projekten aus dem
hochform. Architekten Portfolio, die sich mit
bestehender Bausubstanz und deren Weiterverwendung
beschäftigt haben oder gerade
eben umgesetzt werden.
Die alte Post
2015 –
in Bau
Postgasse 8
1010 Wien (AT)
Bienenkorbhaus
2019 –
in Bau
Objekt Zeil 65
60313 Frankfurt am Main (DE)
Heidi Horten Collection
2019 – 2022
Hanuschgasse 3
1010 Wien (AT)
Am Spitz
2015 –
in Bau
Am Spitz 2–3, Schlosshofer Straße 2–6
1210 Wien (AT)
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Jaz in the City
2019 – 2021
Windmühlgasse 28
1060 Wien (AT)
Central European University
2021
Wettbewerb
Baumgartner Höhe 1
1140 Wien (AT)
Eurotower
2014 – 2016
Kaiserstraße 29, Willy-Brandt-Platz 2
60311 Frankfurt am Main (DE)
Hochhaus am Park
2018 –
in Bau
Grüneburgweg 102
60323 Frankfurt am Main (DE)
Palais Börseplatz
2011 – 2021
Börseplatz 1
1010 Wien (AT)
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134
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Buchdruck
Überzug
Vienna Leinen
Nr. 1114
Papier
Umschlag:
IQ Color Intensiv
intensivgelb
230g/m²
Vor - und Nachsatz:
IQ Color Intensiv
intensivgelb
120g/m²
Kern:
Munken Pure
120g/m²
Druck
Druckerei Hans Jentzsch & Co GmbH
Scheydgasse 31, 1210 Wien
EU-Ecolabel
PEFC (HFA-COC-0677/10)
ISO 12647-2
Print CO2 geprüft
Träger des Österreichischen
Umweltzeichens
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