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Voelkel, Naturwunder Streuobstwiese (Booklet)

Kaum ein anderer Lebensraum ist so abwechslungsreich wie eine Streuobstwiese. Die Kulturlandschaft aus verstreut stehenden, hochstämmigen Obstbäumen auf Wiesenland ähnelt der Baumsavanne, die einst in unseren heimischen Gefilden vorherrschte. Sie gehört zu den artenreichsten Biotopen Mitteleuropas. Licht und Schatten spielen in und unter Baumkronen, Astlöcher bieten Unterschlupf, und neben einer Vielzahl an Blüten und Früchten finden sich Totholz und naturbelassenes Grün. Jede Streuobstwiese ist ein wahrer Hotspot der Biodiversität und beheimatet rund 5.000 Tier- und Pflanzen­arten. Damit ist dieser Lebensraum genauso artenreich wie ein tropischer Regenwald und teilt mit diesem eine weitere Gemeinsamkeit: Beides gibt es leider zunehmend weniger. Auch für uns haben Streuobstwiesen eine besondere Bedeutung: Vor 100 Jahren zog unser Gründerpaar, Margret und Karl Voelkel, mit einer mobilen Saftpresse durch die Dörfer der Elbtalaue, verarbeitete die Früchte der Nachbarschaft und legte so den Grundstein der Naturkostsafterei.

Kaum ein anderer Lebensraum ist so abwechslungsreich wie eine Streuobstwiese. Die Kulturlandschaft aus verstreut stehenden, hochstämmigen Obstbäumen auf Wiesenland ähnelt der Baumsavanne, die einst in unseren heimischen Gefilden vorherrschte. Sie gehört zu den artenreichsten Biotopen Mitteleuropas. Licht und Schatten spielen in und unter Baumkronen, Astlöcher bieten Unterschlupf, und neben einer Vielzahl an Blüten und Früchten finden sich Totholz und naturbelassenes Grün. Jede Streuobstwiese ist ein wahrer Hotspot der Biodiversität und beheimatet rund 5.000 Tier- und Pflanzen­arten. Damit ist dieser Lebensraum genauso artenreich wie ein tropischer Regenwald und teilt mit diesem eine weitere Gemeinsamkeit: Beides gibt es leider zunehmend weniger.

Auch für uns haben Streuobstwiesen eine besondere Bedeutung: Vor 100 Jahren zog unser Gründerpaar, Margret und Karl Voelkel, mit einer mobilen Saftpresse durch die Dörfer der Elbtalaue, verarbeitete die Früchte der Nachbarschaft und legte so den Grundstein der Naturkostsafterei.

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<strong>Naturwunder</strong><br />

<strong>Streuobstwiese</strong>


Die Kultur der Vielfalt<br />

Kaum ein anderer Lebensraum ist so abwechslungsreich<br />

wie eine <strong>Streuobstwiese</strong>. Die Kulturlandschaft<br />

aus verstreut stehenden, hochstämmigen Obstbäumen<br />

auf Wiesenland ähnelt der Baumsavanne, die<br />

einst in unseren heimischen Gefilden vorherrschte.<br />

Sie gehört zu den artenreichsten Biotopen Mitteleuropas.<br />

Licht und Schatten spielen in und unter<br />

Baumkronen, Astlöcher bieten Unterschlupf, und<br />

neben einer Vielzahl an Blüten und Früchten finden<br />

sich Totholz und naturbelassenes Grün. Jede <strong>Streuobstwiese</strong><br />

ist ein wahrer Hotspot der Biodiversität<br />

und beheimatet rund 5.000 Tier- und Pflanzenarten.<br />

Damit ist dieser Lebensraum genauso artenreich<br />

wie ein tropischer Regenwald und teilt mit<br />

diesem eine weitere Gemeinsamkeit: Beides gibt es<br />

leider zunehmend weniger.<br />

Dabei prägten <strong>Streuobstwiese</strong>n noch bis vor wenigen<br />

Jahrzehnten unsere Landschaft. Besonders<br />

an Siedlungsrändern investierten die Menschen<br />

Arbeit und Pflege, um sich mit frischem Obst zu<br />

versorgen und nutzen den Grasertrag für ihr Vieh.<br />

Auch Ausflüge und Picknicks führten hierher. Mit<br />

der Erschließung von Baugebieten und Agrarflächen<br />

sowie dem Aufschwung der industriellen<br />

Obsterzeugung wurden <strong>Streuobstwiese</strong>n jedoch<br />

zunehmend unrentabel. Eine Zeit lang wurden<br />

sogar öffentliche Rodungsprämien gezahlt und<br />

seit den 1960er Jahren gingen bundesweit über 70<br />

Prozent dieser wertvollen Lebensräume verloren.<br />

Heute wächst bei einigen Menschen gottseidank<br />

ein Bewusstsein für die ökologische Bedeutung von<br />

<strong>Streuobstwiese</strong>n, und die traditionelle Bewirtschaftung<br />

von Streubobstwiesen ist seit 2021 in Deutschland<br />

als immaterielles Kulturerbe anerkannt.<br />

Auch für uns haben <strong>Streuobstwiese</strong>n eine besondere<br />

Bedeutung: Vor 100 Jahren zog unser Gründerpaar,<br />

Margret und Karl <strong>Voelkel</strong>, mit einer mobilen<br />

Saftpresse durch die Dörfer der Elbtalaue, verarbeitete<br />

die Früchte der Nachbarschaft und legte<br />

so den Grundstein der Naturkostsafterei.<br />

Köstlichen Direktsaft aus Streuobst machen wir<br />

noch immer. 2001 initiierte Stefan <strong>Voelkel</strong> die Gründung<br />

des Bio-Streuobstvereins Elbtal e.V. und ist<br />

heute mit dem Pflanzmobil im ganzen Land unterwegs.<br />

Überall pflanzt er neue Bäume, darunter<br />

viele alte Sorten, und mit ihnen: Biodiversität und<br />

Zukunft. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass<br />

es noch viel mehr werden und seid eingeladen,<br />

einen kleinen Bruchteil des faszinierenden Kosmos<br />

einer <strong>Streuobstwiese</strong> in diesem Buch zu entdecken!


Admiral<br />

Vanessa atalanta<br />

Admirale zählen zu den Wanderfaltern und erschließen durch ihre ausdauernde<br />

Flugfähigkeit mit jeder Generation neue Areale. Dabei können sie,<br />

ähnlich wie Zugvögel, in wenigen Tagen große Distanzen von bis zu tausend<br />

Kilometern zurücklegen. Jedes Frühjahr fliegen Individuen aus wärmeren,<br />

südlichen Gefilden bei uns ein. Die Weibchen legen gleich nach der Ankunft<br />

ihre Eier – und zwar ausschließlich auf die Blätter der Großen Brennnessel.<br />

Jede geschlüpfte Raupe fertigt eine geschlossen Blatttüte als Behausung an.<br />

Mit Spinnfäden klebt sie die Enden eines Blattes so zusammen, dass eine<br />

zeltartige Konstruktion entsteht. In dieser ist sie für Fressfeinde nur schwer<br />

auffindbar, und die Unterkunft bietet zudem Schutz vor Witterung. Nach der<br />

Verpuppung wandert die nächste Generation aus Admiralen zur Überwinterung<br />

wieder in wärmere Regionen. Zog es die Schmetterlinge früher noch in<br />

den Mittelmeerraum, überwintern sie seit den 1990er Jahren immer häufiger<br />

auch bei uns: Im Zuge des Klimawandels wird es hier ja auch immer wärmer.<br />

Eine Besonderheit bei dieser Art ist, dass sowohl der Falter als auch die Eier,<br />

Raupen und Puppen bei uns überwintern können. Durch eine außergewöhnlich<br />

rasche Selektion wurde die hier lebende Population immer kälteresis-<br />

tenter und kann mittlerweile mehrere Wochen anhaltenden<br />

Dauerfrost überstehen. Dadurch weitet sich das Verbreitungsareal<br />

der Art ungewöhnlich schnell immer<br />

weiter nach Nord-Osten aus. Im Herbst saugen die Falter<br />

gerne an Fallobst. Dann kann man die prächtigen<br />

Admirale mit ihrer kontrastreichen Zeichnung beson-<br />

ders oft in <strong>Streuobstwiese</strong>n bewundern.


Blindschleiche<br />

Anguis fragilis<br />

Die Blindschleiche ist keine Schlange: Sie gehört zu<br />

den Echsen und ihre Vorfahren hatten vier Beine.<br />

Ein Röntgenbild würde noch die Becken- und<br />

Schulterknochen an der Wirbelsäule zeigen. Im<br />

Gegensatz zu Schlangen haben Blindschleichen<br />

bewegliche und verschließbare Augenlider. Sie<br />

bewegen sich auch nicht in der typisch s-förmigen<br />

Weise fort. Zum Züngeln öffnen die Tiere ihr Maul<br />

leicht, denn anders als Schlangen haben sie keine<br />

Lücke in der Oberlippe. Trotz der eindeutigen Differenzierung<br />

lädt neben ihrem Erscheinungsbild<br />

auch ihr wissenschaftlicher Gattungsname zum<br />

Verwechseln ein: „Anguis“ heißt nämlich Schlange.<br />

Wird eine Blindschleiche von einem Angreifer<br />

gepackt, kann sie an mehreren Sollbruchstellen<br />

ihren Schwanz abwerfen und erhöht so ihre Überlebenschance.<br />

Dieser Fähigkeit verdankt sie ihren<br />

ergänzenden Artnamen „fragilis“, also zerbrechlich.<br />

Der Schwanz wächst wieder nach, allerdings<br />

nur als verkürzter Stumpf mit kugeligem Ende. Ein<br />

anderer Irrglaube ist, dass die Blindschleiche blind<br />

sei. Ihr landläufiger Name wird jedoch auf das althochdeutsche<br />

Wort „Plintslîcho“ zurückgeführt,<br />

was in etwa „blendender Schleicher“ bedeutet und<br />

sich mit Blick auf den bronzefarbenen Glanz der<br />

glatten Schuppenhaut und ihre schleichende Fortbewegungsmethode<br />

perfekt erklärt.<br />

Blindschleichen legen keine Eier, sondern gebären<br />

ihre Jungen lebend. Diese sind nur von einer dünnen,<br />

durchsichtigen Eihülle umgeben, die sie direkt<br />

nach der Geburt aufbrechen. <strong>Streuobstwiese</strong>n<br />

bieten den Reptilien viele Versteckmöglichkeiten<br />

und ein abwechslungsreiches Nahrungsangebot.<br />

Nachts nehmen sie züngelnd Witterung auf und<br />

pirschen sich an ihre Beute, wie Insekten, Würmer<br />

oder Nacktschnecken heran. Wird eine Blindschleiche<br />

von ihren zahlreichen Fressfeinden verschont,<br />

kann sie ein überraschend hohes Lebensalter von<br />

fünfzig Jahren erreichen.


Braunbrustigel<br />

Erinaceus europaeus<br />

Zwei Igelarten leben hier bei uns in Deutschland:<br />

Da der Nördliche Weißbrustigel jedoch nur<br />

ganz im Osten vorkommt, ist mit „dem Igel“ meist<br />

der flächendeckend vertretene Braunbrustigel<br />

gemeint. Unverwechselbares Merkmal aller Igel:<br />

Die Stacheln! Die verhornten Haare dienen der<br />

Verteidigung und wachsen immer wieder nach.<br />

Jeder Stachel begleitet den Igel etwa ein bis eineinhalb<br />

Jahre und insgesamt besitzt ein erwachsenes<br />

Exemplar etwa 8.000 Stück. Bei Gefahr rollt<br />

sich der Igel zu einer Stachelkugel ein und wird so<br />

unantastbar. Igel zählen zu den sogenannten Insektenfressern,<br />

wie auch Maulwürfe oder Spitzmäuse.<br />

Ihre Beute finden die Einzelgänger bei ihren nächtlichen<br />

Streifzügen mit Hilfe ihres hervorragenden<br />

Geruchssinns. Vielfältige <strong>Streuobstwiese</strong>n bieten<br />

dem Igel einen idealen Lebensraum mit vielen Verstecken<br />

und reichlich Nahrung. Igel legen in ihrem<br />

Revier gleich mehrere Schlafnester aus Laub oder<br />

Gras an und ruhen sich hier immer wieder aus. In<br />

Reisig- oder Laubhaufen halten sie einen fünf- bis<br />

sechsmonatigen Winterschlaf. Die Körpertemperatur<br />

sinkt dabei von 36 Grad auf bis zu ein Grad<br />

und die Herzfrequenz von etwa 300 Schlägen auf<br />

nur noch fünf pro Minute. Der Igel atmet nun auch<br />

viel langsamer, nämlich nur noch ein bis zwei Mal<br />

pro Minute. Eindrucksvoll ist die Igel-Paarung:<br />

Das Weibchen wehrt die Annäherungsversuche des<br />

Männchens mit Kopfstößen ab und dreht sich mit der<br />

stacheligen Flanke immer wieder vom Verehrer weg,<br />

als würde es dessen Fitness und Ausdauer auf die<br />

Probe stellen wollen. Stundenlang können die Beiden<br />

in diesem sogenannten „Igelkarussel“ kreisen.<br />

Mit seinem niedlichen Erscheinungsbild lässt der<br />

Igel viele Herzen höher schlagen: Gleichzeitig sind<br />

wir Menschen seine größte Bedrohung. Nicht nur<br />

schwindende Lebensräume werden dem Igel zum<br />

Verhängnis, auch der Straßenverkehr: Allein in<br />

Deutschland werden jährlich etwa eine halbe Million<br />

Igel totgefahren.


Zeige den kleinen Igeln, wie sie schnell zu ihrer Mutter kommen.


Erdkröte<br />

Bufo bufo<br />

Mit einer Körperlänge von bis zu zwölf Zentimetern<br />

ist die Erdkröte unsere größte heimische Krötenart.<br />

Tagsüber ruht sie unter Steinen, Totholz, Laub oder<br />

in selbst gegrabenen Erdlöchern. In der kühlen Dunkelheit<br />

der Nacht erbeutet die Erdkröte bei ihren<br />

Streifzügen Schnecken, Würmer, Spinnen und Insekten.<br />

Dieses vielfältige Nahrungsangebot ist typisch<br />

für das Biotop <strong>Streuobstwiese</strong> und ein Grund dafür,<br />

dass Erdkröten sich hier besonders wohl fühlen. Im<br />

zeitigen Frühjahr wandern die Tiere synchron und<br />

in großen Massen an traditionelle Laichgewässer.<br />

Oft schon auf dem Weg dorthin klettern die kleineren<br />

Männchen auf die Rücken der größeren Weibchen<br />

und klammern sich mit kräftigen Armen und<br />

haftenden Paarungsschwielen an ihren Fingern hintern<br />

den Achseln der Weibchen fest. Nebenbuhler<br />

werden mit heftigen Fusstritten in Schach gehalten,<br />

und so kommen sie Huckepack zum Ziel. Männliche<br />

Erdkröten besitzen im Gegensatz zu unseren anderen<br />

Krötenarten keine Schallblase und geben nur<br />

leise Rufe von sich, zum Beispiel um sich von anderen<br />

Männchen zu befreien, von denen sie irrtümlich<br />

umklammert wurden. Im Laichgewässer legen die<br />

Weibchen innerhalb weniger Stunden bis zu 8.000<br />

Eier in Laichschnüren ab, die sie um Wasserpflanzen<br />

wickeln. Die Laichschnüre erreichen dabei eine<br />

Länge von bis zu fünf Metern und sind mit einem<br />

giftigen Schutzschild umzogen, so dass viele Fressfeinde<br />

wie Molche oder Fische sie verschmähen. In<br />

freier Natur können Erdkröten bis zu zwölf Jahre<br />

alt werden, die älteste in Gefangenschaft lebte 36<br />

Jahre. Da sich die wechselwarme Tiere nur langsam<br />

bewegen und die Wanderdistanzen zu ihren Laichgewässern<br />

bis zu drei Kilometer betragen, wird der<br />

Straßenverkehr ihnen oft zum Verhängnis. Selbst<br />

nachts, wenn nur etwa neun Autos pro Stunde eine<br />

Straße befahren, haben querende Kröten nur eine<br />

Überlebenschance von nicht mal zwanzig Prozent.<br />

© Friedrich Rößler


Gartenrotschwanz<br />

Phoenicurus phoenicurus<br />

Alte <strong>Streuobstwiese</strong>n mit knorrigem Baumbestand<br />

sind für prächtige Gartenrotschwänze eine Einladung:<br />

Die Baumhöhlen- und Halbhöhlenbrüter<br />

finden hier ideale Bedingungen für ihren Nachwuchs.<br />

Von Sitzwarten aus halten sie nach Insekten<br />

Ausschau, die sie artistisch im Flug oder auf dem<br />

Boden erbeuten. Sowohl die Weibchen als auch<br />

die Männchen ziert ein auffällig gefärbter, rostroter<br />

Schwanz. Während das Weibchen insgesamt<br />

eher unscheinbar bräunlich gefärbt ist, sticht das<br />

Männchen mit einem auffallend kontrastreichen<br />

Gefieder ins Auge. Seine Brust leuchtet orange, die<br />

Kehle ist schwarz, das Rückengefieder aschgrau<br />

und der markante Überaugenstreif<br />

weiß gefärbt.<br />

Sein klarer, melodiöser Gesang verzaubert<br />

als eine der schönsten<br />

heimischen Vogelstimmen. Die<br />

Komposition beginnt stets mit<br />

einem konstant geflöteten<br />

Einleitungsmotiv und wird<br />

zum Ende hin herrlich<br />

variationsreich. Der Gartenrotschwanz<br />

ist ein<br />

absoluter Frühaufsteher<br />

und gehört mit zu<br />

den ersten Musikanten<br />

auf der Bühne<br />

des morgendlichen<br />

Vogelorchesters:<br />

Bereits eineinhalb<br />

Stunden vor Sonnenaufgang beginnen die Männchen<br />

zu singen.<br />

Der Gartenrotschwanz ist ein sogenannter Langstreckenzieher<br />

und verbringt den Winter südlich<br />

der Sahara in der afrikanischen Savanne. Erst im<br />

April oder Mai erreicht er unsere Gefilde, zieht den<br />

Sommer über hier seine Brut auf und fliegt schon<br />

ab August wieder gen Süden.<br />

Bis in die 1950er Jahre war der Gartenrotschwanz<br />

hier eine häufige Art. Inzwischen trifft man ihn in<br />

vielen Regionen immer seltener an. Hierzulande<br />

gibt es zu wenig alte <strong>Streuobstwiese</strong>n, und auch in<br />

den afrikanischen Überwinterungsgebieten gehen<br />

den Gartenrotschwänzen die Lebensgrundlagen<br />

verloren: Großflächige Monokulturen, z.B. Baumwolle<br />

oder Ananas, verdrängen dort die natürliche<br />

Baumsavanne und der Einsatz von Insektiziden<br />

führt großflächig zu Nahrungsmangel.


Großer Abendsegler<br />

Nyctalus noctula<br />

Der Große Abendsegler jagt bereits in der frühen<br />

Abenddämmerung. Seine Flügelspannweite von<br />

etwa 40 Zentimetern macht ihn zu einer der größten<br />

heimischen Fledermausarten. Mit seinen schmalen,<br />

spitzen Flügeln und dem eng anliegenden,<br />

kurzen Fell ist sein Körper aerodynamisch optimal<br />

an das Jagen in der Luft angepasst. Bei nächtlichen<br />

Beutezügen erreicht ein Abendsegler mühelos<br />

Geschwindigkeiten von 60 bis 70 Stundenkilometern.<br />

Dank dieser Schnelligkeit erobert der er freie<br />

Lufträume und streift auf Nahrungssuche gern über<br />

den Baumkronendächern einer <strong>Streuobstwiese</strong><br />

umher. Für vorausschauende Orientierung sorgt bei<br />

diesen Geschwindigkeiten ein Echoortungssystem<br />

mit sehr hohem Schalldruck. Über den Mund stößt<br />

der Große Abendsegler Schallwellen aus, die mit<br />

150 Metern eine enorme Reichweite haben. Dabei<br />

wird eine Lautstärke von über 120 Dezibel erreicht:<br />

Das entspricht in etwa einem Presslufthammer.<br />

Ein Glück, dass sich das Ganze im Ultraschallbereich<br />

abspielt und wir Menschen diese Töne ohne<br />

Hilfsmittel gar nicht wahrnehmen können. Die<br />

Geräusche, die ein Abendsegler macht, erinnern an<br />

einen springenden Flummi oder das rhythmische<br />

„Plipp-plopp“ eines Tischtennis-Matchs. Während<br />

wir die Echoortungsrufe von Fledermäusen nicht<br />

hören können, sind viele ihrer sogenannten Soziallaute<br />

aber gut zu vernehmen. Im Herbst zum Beispiel<br />

trillert der Große Abendsegler seine Balzrufe,<br />

die durchaus auch von einem Singvogel stammen<br />

könnten. Das Männchen ruft das Weibchen in seine<br />

„Balzhöhle“, ein Liebesnest in einem alten Baum,<br />

wie er auf vielen <strong>Streuobstwiese</strong>n zu finden ist. In<br />

diesen Höhlen verweilen die Tiere auch tagsüber.<br />

© Kamran Safi


Grünes Heupferd<br />

Tettigonia viridissima<br />

Das Grüne Heupferd ist mit einer reinen Körperlänge<br />

von bis zu vier Zentimetern und einer<br />

Spannweite von zehn Zentimetern unsere größte<br />

heimische Heuschreckenart. Der Kopf ähnelt dem<br />

eines Pferdes, daher der Name. Das Grüne Heupferd<br />

gehört zu den Langfühlerschrecken, was an<br />

den rund fünf Zentimeter langen Antennen auf den<br />

ersten Blick erkennbar ist. Weibliche Heupferde<br />

haben eine etwa drei Zentimeter lange Legeröhre,<br />

mit der sie ein Loch in den Boden bohren und dann<br />

– eins nach dem anderen – etwa 300 Eier einzeln<br />

dort ablegen. Die Eier überwintern in der Regel bis<br />

zum nächsten Frühling, können aber auch mehrere<br />

Jahre in der Erde überdauern und sogar eine Austrocknung<br />

überstehen. Die Entwicklung der Larven<br />

kann so bis zu fünf Jahre dauern. Ab dem Spätsommer<br />

bis in den November hinein kann man die<br />

Männchen noch 100 Meter von <strong>Streuobstwiese</strong>n<br />

entfernt hören. Vom späten Nachmittag bis in die<br />

tiefe Nacht nehmen sie günstig gelegene Singwarten<br />

ein, bis hin zu Baumwipfeln, um sich gegenseitig<br />

zu überbieten. Ihre schwirrenden Sounds erzeugen<br />

sie durch das rasche, gegenläufige Bewegen ihrer<br />

Flügel: Eine gezahnte Schrillleiste unter dem linken<br />

So groß kann ein Grünes Heupferd werden.<br />

Flügel wird über die Schrillkante des rechten Flügels<br />

gerieben. Verstärkt wird der so entstehende<br />

Ton über einen spiegelartigen Resonanzkörper<br />

innerhalb des Flügels. Das „Rattern“ des Grünen<br />

Heupferds ist vergleichbar mit dem gleichmäßigen<br />

Geräusch eines Rasensprengers oder eines<br />

Fahrrad-Leerlaufes. Die Hörorgane der Heupferde<br />

befinden sich in den Schienen der Vorderbeine und<br />

sind sogar mit bloßem Auge erkennbar. Ebenfalls<br />

dort sitzt ein Organ, das bereits kleinste Erschütterungen<br />

wahrnimmt und so vor Fressfeinden warnt.<br />

© Friedrich Böhringer, oben: © Joadl / Cc-by-sa-3.0-at


Grünspecht<br />

Picus viridis<br />

Der Grünspecht zählt zu den sogenannten „Erdspechten“<br />

und sucht seine Nahrung fast ausschließlich<br />

auf dem Boden. Seine absolute Leibspeise sind<br />

Ameisen: Bis zu 2.000 davon vertilgt er an einem<br />

Tag. Mit seinem Schnabel meißelt der Grünspecht<br />

geschickt Löcher in den Boden und steckt seine<br />

Zunge – übrigens die längste aller europäischen<br />

Spechtarten – bis zu zehn Zentimeter tief in die<br />

Ameisengänge hinein. Das sensible Tastorgan ist<br />

praktischerweise mit klebrigen Wiederhaken ausgestattet,<br />

so dass die Beute direkt hängenbleibt.<br />

Angesichts der vielen Insekten, die sich in der<br />

naturnahen und von Pestiziden verschonten Kulturlandschaft<br />

<strong>Streuobstwiese</strong> tummeln, verwundert<br />

es nicht, dass der Grünspecht sich in diesem<br />

Lebensraum extrem wohl fühlt. Neben dem breiten<br />

Nahrungsangebot kommt ihm auch die Struktur<br />

mit großen Bäumen entgegen, denn es finden sich<br />

immer Astlöcher, die er zu Bruthöhlen ausbauen<br />

kann. Grünspecht-Paare zimmern in Teamarbeit<br />

aber auch ganz neue Bruthöhlen und binden sich<br />

bei diesem Akt dauerhaft aneinander. Häufig beginnen<br />

sie gleich mehrere Höhlen gleichzeitig, stellen<br />

einige aber erst Jahre später fertig, wenn das Holz<br />

morsch geworden ist und die Bauarbeiten entsprechend<br />

leichter fallen. Manchmal tragen die Vögel<br />

mit ihren Schnäbeln sogar gezielt Pilzsporen ein,<br />

um die Fäulnisprozesse zu beschleunigen. Strenge<br />

Winter sind auch für diese Tiere eine harte Zeit.<br />

Bei geschlossener Schneedecke graben die Vögel<br />

gezielt Tunnel in den Schnee, um an Ameisenhügel<br />

zu gelangen und kehren zu diesen Futterquellen<br />

auch immer wieder zurück. Der markante Revierruf<br />

des Grünsprechts, ein lautes, rasch aneinander<br />

gereihtes gleichtöniges „klü-klü-klü-klü“, erinnert<br />

erstaunlich stark an das gellende Lachen eines<br />

Menschen. Männchen und Weibchen dieser Art<br />

kann kann man übrigens gut an dem roten Wangenfleck<br />

unterscheiden, der nur das Männchen ziert.


Gestatten, Meister Schleck! Wäre deine Zunge im Verhältnis<br />

zu deiner Körpergröße so lang wie die eines Grünspechts,<br />

könntest du sie etwa einen halben Meter herausstrecken.<br />

Ein wahres Wunder der Natur: Die extrem lange Zunge des Grünspechts windet sich hinter seinem Schädel entlang, über die Augen und ins<br />

Nasenloch. Ihre Länge beträgt etwa ein Drittel der Körperlänge des Vogels und würde ohne diese Wickeltechnik überhaupt nicht in seinen<br />

Kopf passen! Der Grund für diese lange Laune der Natur ist klar: Der Grünspecht will an seine Leibspeise, Ameisen, herankommen und deren<br />

Nester liegen im Boden.<br />

Hilfe!


Wer ist auf deiner <strong>Streuobstwiese</strong> zuhause?<br />

Male und klebe hier die Tiere ein, die dich am meisten faszinieren!


Hornisse<br />

Vespa crabro<br />

Die Hornisse ist das größte staatenbildende Insekt<br />

in unseren Gefilden: Eine Königin kann die beachtliche<br />

Länge von 3,5 Zentimeter erreichen.<br />

Begattete Königinnen überwintern in Spalten oder<br />

selbst geschaffenen Hohlräumen in Totholz. Im<br />

Frühjahr machen sie sich auf die Suche nach einem<br />

passenden Ort für ein neues Nest und finden in<br />

<strong>Streuobstwiese</strong>n dafür ideale Bedingungen. Besonders<br />

beliebt sind witterungsgeschützte Baumhöhlen:<br />

Aus zerkauten Holzfasern baut die Königin<br />

hier erste Waben und legt in diese je ein Ei hinein.<br />

© Wikimedia / Flugwapsch62<br />

Hornissenkönigin in Originalgröße<br />

Ihre schlüpfenden Larven füttert die Hornisse ausschließlich<br />

mit tierischer Kost, zum Beispiel Insekten,<br />

die sie bei Streifzügen erbeutet. Erwachsene<br />

Hornissen ernähren sich von zuckerhaltigen Säften,<br />

die sie meist an Baumwunden finden. Die ersten<br />

Arbeiterinnen eines Staates schlüpfen im Juni. Von<br />

diesem Moment an verlässt die Königin selbst das<br />

Nest nicht mehr und widmet sich sich nur noch der<br />

Eiablage. Ihre Arbeiterinnen füttern sie und legen<br />

neue Waben an. Auf diese Weise wächst das papyrusartige<br />

Nest rasch an: Es kann über 200 Tiere<br />

gleichzeitig beherbergen und ganze 60 cm groß<br />

werden. Im Spätsommer, ab August, produziert die<br />

Königin gezielt nur noch Eier, aus denen männliche<br />

Drohnen und Jungköniginnen schlüpfen. Letztere<br />

werden im Herbst begattet und überstehen den<br />

Winter, während die Lebenszeit des alten Volkes<br />

und auch der Königin nun zu Ende geht. Für uns<br />

Menschen interessieren sich Hornissen übrigens<br />

nicht, außer natürlich man attackiert ihr Nest. Auch<br />

der Aberglaube, dass sieben Stiche der Hornisse ein<br />

Pferd, und drei Stiche einen Menschen töten können,<br />

ist vollkommen unberechtigt. Die Giftmenge,<br />

die eine Hornisse beim Stechen abgibt, ist sogar<br />

geringer als die einer stechenden Honigbiene.


Kirschprachtkäfer<br />

Anthaxia candens<br />

Der Kirschprachtkäfer in seiner metallisch-glänzenden,<br />

smaragdgrünen, kupferroten und schwarzblauen<br />

Farbigkeit ist wahrlich ein Juwel. Auch sein<br />

wissenschaftlicher Name „candens“ beschreibt ihn<br />

als „funkelnd“. Um ihn in der vielfältigen Umgebung<br />

einer <strong>Streuobstwiese</strong> zu entdecken, muss man<br />

trotzdem genau hinschauen: Denn dieser Edelstein<br />

auf sechs Beinen wird nur sieben bis elf Millimeter<br />

lang. Das Weibchen kann man gut an der blauen<br />

Färbung des Kopfes erkennen. Beim Männchen ist<br />

dieser grün. Einst bewohnte der Kirschprachtkäfer<br />

trockene Lebensräume mit spärlichem Baumbestand.<br />

Solche Baumsteppen findet er heute noch<br />

in Form von alten <strong>Streuobstwiese</strong>n. Seine Larven<br />

leben hier unter der Rinde von schwachen, in die<br />

Jahre gekommenen Süßkirschen, manchmal auch<br />

auf Sauer- oder Weichselkirschen und Zwetschgen.<br />

Nach zwei bis drei Jahren legt die Larve am<br />

Ende des Sommers eine Kammer im Holz an und<br />

verpuppt sich dort. Kurz darauf schon schlüpft der<br />

Käfer, bleibt aber den ganzen Winter bis in den Mai<br />

des nächsten Jahres hinein noch in seiner „Puppenwiege“.<br />

In dieser Zeit schafft er charakteristische<br />

Ausflugslöcher, die seiner Körperform entsprechen.<br />

Da die Larve nur beschädigte und absterbende<br />

Pflanzenteile frisst, ist der Kirschprachtkäfer jedoch<br />

So klein ist der Kirschprachtkäfer<br />

in Wirklichkeit!<br />

kein „Schädling“ und ein gutes Beispiel dafür, dass<br />

zu viel menschliche Fürsorge den Lebensraum<br />

verschiedener Arten vernichtet. Als Kulturlandschaft<br />

bedarf eine <strong>Streuobstwiese</strong> zum Erhalt zwar<br />

Pflege, diese muss jedoch wohl dosiert sein. Das<br />

übermäßige Kappen abgestorbener Äste und die<br />

Beseitigung von Totholz zum Beispiel sind für den<br />

funkelnden Käfer eine Katastrophe, weil er diese<br />

zum Leben braucht. Der Kirschpracht käfer wird in<br />

der Roten Liste Deutschlands als „stark gefährdet“<br />

eingestuft. Für seinen Fortbestand ist Diversität<br />

bei den <strong>Streuobstwiese</strong>n entscheidend: Der Kirschprachtkäfer<br />

fühlt sich dort wohl, wo wir der Natur<br />

auch mal ihren Lauf lassen.


Siebenschläfer<br />

Glis glis<br />

Der Siebenschläfer ist ein nachtaktives Nagetier<br />

aus der Familie der Bilche. Er verdankt seinen<br />

Namen einem extrem langen Winterschlaf, der oft<br />

sogar länger als sieben Monate andauert: Meist<br />

legt er sich im September aufs Ohr und lässt sich bis<br />

zum Mai nicht aus der Ruhe bringen. Erwachen die<br />

Siebenschläfer im Frühjahr und finden kaum ölhaltige<br />

Baumfrüchte, fallen sie zurück in den Schlaf<br />

und träumen weiter, bis zu elf Monate lang. Die<br />

Tiere pflanzen sich auch nur in sogenannten Mastjahren<br />

fort, wenn die Bäume verschwenderisch<br />

viele Bucheckern, Eicheln und Haselnüsse tragen<br />

und es genug zu fressen gibt. Nur dann nämlich<br />

haben die Jungen die Chance, sich ein ausreichendes<br />

Fettpolster anzufressen, um den ersten Winter<br />

zu überstehen. Allein in Jahren, die zur Herbstzeit<br />

ein üppiges Angebot an Früchten bereithalten werden,<br />

sind die Männchen überhaupt zeugungsfähig.<br />

Woher sie schon im Frühjahr wissen, dass es ein<br />

„Mastjahr“ werden wird, ist wissenschaftlich noch<br />

ein Rätsel.<br />

Auch wenn Siebenschläfer viel schlafen, sind sie<br />

doch äußerst aufgeweckte Kletterer und turnen<br />

gerne in Gruppen durch die Baumwipfel. Mit langen,<br />

gelenkigen Zehen und klebrigen Sohlenballen<br />

finden sie mühelos Halt: Das haftende Sekret ihrer<br />

Füße erzeugt einen Saugnapfeffekt und ermöglicht<br />

es den Nagern, selbst an senkrechten Flächen<br />

hochzuklettern.<br />

Packt ein Feind den Siebenschläfer am Schweif,<br />

reißt seine Schwanzhaut samt Haaren an einer<br />

Sollbruchstelle ab und wird vom Schwanzskelett<br />

abgezogen. Nach kurzer Zeit jedoch wachsen<br />

Haut und Fell wieder nach. <strong>Streuobstwiese</strong>n mit<br />

vielen Schlafquartieren in Baumhöhlen und einem<br />

abwechslungsreichen Angebot aus Fallobst sind für<br />

Siebenschläfer ein echter Lebens(t)raum.


Wer mag was? Hilf den Tieren, ihre Nahrung zu finden.


Steinkauz<br />

Athene noctua<br />

Die kleine Eulenart fühlt sich in offenen, reichen Landschaften mit Bruthöhlen, Tagesverstrukturstecken<br />

und Sitzwarten zuhause. Die niedrige<br />

Vegetation von Wiesen begünstigt ihre Beutezüge<br />

auf kleine Säugetiere. Der liebevoll auch „Kobold<br />

der Nacht“ genannte Steinkauz findet all das hierzulande<br />

nur noch in Kulturlandschaften wie der<br />

<strong>Streuobstwiese</strong>. Dank seines witzigen Erscheinungsbilds<br />

und den menschlich anmutenden, sehr<br />

beweglichen Augen, kennen viele ihn aus lustigen<br />

Videoclips. Einen Steinkauz in freier Wildbahn<br />

anzutreffen, ist jedoch ein weitaus faszinierendes,<br />

beinahe mystisches Erlebnis.<br />

Bereits im antiken Griechenland war der Steinkauz<br />

das Symbol der Weisheit und das Sinnbild der<br />

Göttin Athene. Er ist also tief in unserer Kulturgeschichte<br />

verwurzelt und auch sein wissenschaftlicher<br />

Name Athene noctua, was in etwa „nächtliche<br />

Athene“ bedeutet, rührt daher. Noch immer schreiben<br />

wir diesen Tieren eine gewisse Klugheit und<br />

Überlegtheit zu. Vielleicht deshalb zierte ihr Antlitz<br />

die Drachmen-Münzen, die vor über 2.500 Jahren<br />

in Athen als Zahlungsmittel eingesetzt wurden.<br />

Weil es diese Silbermünzen dort im Überfluss gab<br />

und Athen eine „Stadt des Geldes“ war, entstand<br />

die Redewendung „Eulen nach Athen tragen“, die<br />

für die Überflüssigkeit einer Handlung steht. Noch<br />

heute findet man die historische Steinkauz-Darstellung<br />

vom antiken „Tetradrachmon“ auf griechischen<br />

1-Euro-Münzen.<br />

Sein deutscher Name verrät, dass er neben Baumhöhlen<br />

auch Scheunen oder Kapellen aus Stein<br />

zum Brüten nutzt. Auf seinem Hinterkopf hat der<br />

kleine Kauz eine Federzeichnung aus hellen Flecken,<br />

die an ein Muster aus Augen, Augenbrauen<br />

und Schnabel erinnern. Dieses sogenannte „Occipitalgesicht“<br />

ist ein raffinierter Trick der Natur: Denn<br />

es suggeriert eine ständige Aufmerksamkeit in alle<br />

Richtungen und schreckt so vermutlich Fressfeinde<br />

des Steinkauzes ab, die sich ihm von hinten nähern.


Wo verstecken sich die Steinkäuze?<br />

In diesem alten Apfelbaum haben es sich gleich<br />

drei kleine Eulen gemütlich gemacht.


Waldhummel<br />

Bombus sylvarum<br />

Die Waldhummel ist unter den 41 Hummelarten,<br />

die in Deutschland vorkommen, eine der prächtigsten.<br />

Ihr Namen führt in die Irre, denn sie lebt nicht<br />

etwa im Wald, sondern im Offenland. Vielfältige<br />

<strong>Streuobstwiese</strong>n sind ihr typischer Lebensraum.<br />

Die Waldhummel wird wegen ihrer pastelligen Farbigkeit<br />

aus zarten Gelb-, Braun- und Orangetönen<br />

auch „Bunte Hummel“ genannt.<br />

Sie zählen zu den Wildbienen und sind schon im<br />

zeitigen Frühjahr unterwegs. Bereits ab Temperaturen<br />

von zwei bis vier Grad Celsius sind die Vorboten<br />

des Sommers zu beobachten. Möglich macht<br />

das der pelzige „Wintermantel“ und eine kräftige<br />

Flugmuskulatur, die den Körper aufheizen kann.<br />

Unglaubliche 100 mal pro Sekunde schlägt die<br />

Waldhummel mit ihren kleinen Flügeln und hält so<br />

ihren bulligen Körper in der Luft.<br />

Waldhummeln ernähren sich vom Nektar und<br />

Pollen verschiedenster Blüten. Um über das Jahr<br />

hinweg genug Nahrung zu finden, benötigen sie<br />

reichstrukturierte Lebensräume, wie die <strong>Streuobstwiese</strong>.<br />

Für die Nahrungsaufnahme haben die<br />

faszinierenden Brummer einige Tricks auf Lager.<br />

Mit ihren scharfen Mundwerkzeugen beißen sie<br />

seitlich Löcher in die Blüten tiefkelchiger Pflanzen<br />

und gelangen so an den Nektar ohne die Pflanze<br />

zu bestäuben. Die Waldhummel kann zudem Pollen<br />

auf sich regnen lassen, indem sie ihre extrem<br />

starke Flugmuskulatur vibrieren lässt, nachdem sie<br />

auf einer Blüte gelandet ist. Mit ihrem Pelz kann sie<br />

außerdem elektrische Felder erspüren und so schon<br />

vor dem Anflug feststellen, ob sich ein Besuch lohnt<br />

oder ob die Blüte gerade schon abgeerntet wurde.<br />

Waldhummeln bilden Völker mit bis zu 150 Arbeiterinnen<br />

und einer Königin. Am liebsten legen sie<br />

ihre Nester unterirdisch an, zum Beispiel in ehemaligen<br />

Mäusenestern.<br />

© Arnstein Staverløkk, Norsk institutt for naturforskning


Wendehals<br />

Jynx torquilla<br />

Wer im Frühjahr auf einer <strong>Streuobstwiese</strong> ein<br />

durchdringendes, mehrsilbiges „gjä-gjä-gjä-gjä“<br />

vernimmt, der hat es mit einem Wendehals auf<br />

der Balz zu tun. Dieser typische <strong>Streuobstwiese</strong>nbewohner<br />

ist mit einer der prägnantesten Vogelstimmen<br />

ausgestattet und geht dort, wo er sich am<br />

wohlsten fühlt, auf Partnersuche. Die Tiere meiden<br />

geschlossene Wälder genau wie ganz baumlose<br />

Flächen. Denn die faszinierende Vogelart zählt zur<br />

Familie der Spechtvögel, zimmert ihre Bruthöhlen<br />

jedoch nicht selbst, sondern bezieht als Nachmieter<br />

die verlassenen Höhlen anderer Spechtarten.<br />

Mit seinem rindenfarbenen Gefieder und<br />

der feinen, marmorierten Musterung verschmilzt<br />

der Wendehals optisch nahezu perfekt mit einem<br />

Baumstamm. Seine Nahrung sucht er hauptsächlich<br />

auf dem Boden: Ameisen sind seine Leibspeise.<br />

Als einzige heimische Spechtart ist der Wendehals<br />

ein echter Zugvogel und verbringt den Winter in<br />

Zentralafrika. Seinen Namen verdankt er der spektakulären<br />

Fähigkeit, den Kopf um bis zu 180 Grad<br />

drehen zu können. Bei Bedrohung zeigt der Wendehals<br />

zudem ein einzigartiges „Schlangenmimikry“-<br />

Verhalten: Er windet seinen Körper schlängelnd,<br />

wirft den Kopf hin und her und gibt dabei Zischlaute<br />

von sich. Dazu stellt er seine Kopffedern auf,<br />

spreizt die Schwanzfedern und schleudert seine<br />

Zunge hervor. Dieser eindrucksvollen Vorführung<br />

verdankt der Wendehals auch seinen wissenschaftlichen<br />

Namen, Jynx torquilla. Im Lateinischen steht<br />

„torquere“ für „winden“ oder „drehen“.<br />

Der Wendehals steht als gefährdete Art auf der<br />

Roten Liste und benötigt dringend mehr Lebensräume<br />

wie <strong>Streuobstwiese</strong>n, damit seine Bestände<br />

sich erholen können.


Wiedehopf<br />

Upupa epops<br />

Mit seinem auffällig gebänderten Gefieder, dem<br />

schmetterlingshaften Flug und der eindrucksvollen<br />

Federhaube ist der Wiedehopf unverwechselbar.<br />

Die markante Haube richtet er auf, wenn er gerade<br />

gelandet ist. Seinen lautmalerischen wissenschaftlichen<br />

Namen Upupa epops verdankt er seinen<br />

dumpfen, meist dreisilbigen „Hu-wu-wup“-Balzrufen.<br />

<strong>Streuobstwiese</strong>n sind für Wiedehopfe wahre<br />

Paradiese. Hier in den hochstämmigen Obstbäumen<br />

finden sie ausreichend Bruthöhlen und in<br />

den Wiesen und auf dem Boden jede Menge Großinsekten.<br />

Durch Stochern mit seinem langen, pinzettenartigen<br />

Schnabel spürt der Wiedehopf auch<br />

im Boden verborgene Nahrung auf. Der leicht nach<br />

unten gebogene Schnabel eignet sich dazu ideal:<br />

Um die Öffnung eines Loches zu vergrößern, läuft<br />

der Vogel mit im Boden steckendem Schnabel im<br />

Kreis. Seine Beute wirft der Wiedehopf oft in triumphaler<br />

Manier ein Stück nach oben, um sie dann<br />

mit weit geöffnetem Schnabel in seinen Rachen<br />

fallen zu lassen. Fühlen sich ein brütendes Weibchen<br />

oder ihre Nestlinge selbst bedroht, können sie<br />

über ihre Bürzeldrüse ein äußerst übelriechendes<br />

Sekret abgeben. Das verdirbt so manchem Angreifer<br />

gehörig den Appetit, so dass er von seiner Beute<br />

ablässt. Da dieser stark unangenehme Geruch<br />

häufig von Wiedehopfbrutstätten ausgeht, nutzen<br />

wir in unserem Sprachgebrauch die Redewendung:<br />

„Du stinkst wie ein Wiedehopf“.<br />

Wiedehopfe sind Langstreckenzieher und überwintern<br />

in Zentralafrika. Nach einer Brut verlassen<br />

sie bereits Ende Juli schon wieder unsere heimischen<br />

<strong>Streuobstwiese</strong>n und ziehen gen Süden. Leider<br />

haben die kontinuierliche Zerstörung seines<br />

Lebensraums und der Einsatz von Insektiziden<br />

in den letzten Jahrzehnten in Europa zu herben<br />

Bestandsverlusten bei dieser wunderschönen<br />

Art geführt. In Deutschland allerdings nimmt der<br />

Bestand dieser wärmeliebenden Tiere aktuell wieder<br />

zu, was klar auf die Erderwärmung zurückzuführen<br />

ist.


Du stinkst wie<br />

ein Wiedehopf!<br />

Warum sagt man das?<br />

Um die Wiedehopf-Küken vor Nesträubern wie Waschbären, Katzen oder Eulen zu<br />

schützen, hat die Natur ihnen eine gute „Verteidigungswaffe“ mitgegeben. Sobald<br />

sich Gefahr nähert, ahmen die Küken laut zischend eine Schlange nach. Lässt sich der<br />

Nesträuber davon nicht abschrecken, kommt ihre wirksamste Verteidigungsmethode<br />

zum Einsatz. Die Küken drehen dem Eindringling den Rücken zu und strecken ihre<br />

Hinterteile nach oben. Sie bespritzen den Angreifer mit einem Strahl gelblich-brauner<br />

Flüssigkeit, die bestialisch stinkt. So müffelt sonst nur ein Stinktier! Wer mit dieser<br />

Flüssigkeit in Berührung gekommen ist, wird den Geruch kaum noch los.


Zitronenfalter<br />

Gonepteryx rhamni<br />

Das kräftige Zitronengelb der männlichen Falter<br />

verleiht dieser bekannten Art ihren Namen. Die<br />

Weibchen dagegen sind weißlich-grün gefärbt und<br />

verraten, dass die Schmetterlinge zur Familie der<br />

Weißlinge gehören. Die mattgrünen Raupen ernähren<br />

sich ausschließlich von Blättern der Kreuzdorngewächse,<br />

sehr gern zum Beispiel vom Faulbaum,<br />

wo sie auf der Mittelrippe der Blattoberseite<br />

bestens getarnt sind. Erwachsene Zitronenfalter<br />

haben die höchste Lebenserwartung aller mitteleuropäischen<br />

Schmetterlinge: Bis zu 13 Monate<br />

können sie umher flattern, was für einen Schmetterling<br />

wirklich lang ist. Zitronenfalter sind mit die<br />

ersten fliegenden Tagfalter im Frühjahr. Sie überdauern<br />

den Winter hier bei uns in einer Starre und<br />

starten bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen.<br />

Schon zeitig sind sie daher auf Streubostwiesen zu<br />

bewundern. Im Gegensatz zu anderen Arten, die<br />

ebenfalls bei uns überwintern, suchen Zitronenfalter<br />

keine Verstecke auf, sondern harren frei in der<br />

eisigen Vegetation aus. Wer genau hinschaut, kann<br />

die Falter auch bei Temperaturen von bis zu zwanzig<br />

Grad minus entdecken, wie sie sich an Zweigen<br />

festklammern. Zum Überstehen dieser Eiszeiten<br />

besitzen Zitronenfalter mit Glyzerin ein körpereigenes<br />

Frostschutzmittel, was ein Gefrieren der Körperflüssigkeit<br />

nahezu unmöglich macht. Außerdem<br />

scheiden sie zu Beginn des Winters einen Großteil<br />

ihrer Körperflüssigkeit aus und trennen sich von<br />

allem Wasser, was nicht unbedingt für wichtige<br />

Lebensvorgänge benötigt wird. Wo kein Wasser ist,<br />

kann es auch nicht gefrieren, und selbst eine dicke<br />

Schneedecke macht dem Zitronenfalter nichts aus.<br />

© Zeynel Cebeci


Falter falten!<br />

So geht‘s.<br />

1<br />

2 3<br />

Für diesen Schmetterling benötigst du ein gelbes<br />

Papier im Format DIN A6: Das entspricht einer<br />

Postkarte (105 x 148mm).<br />

4<br />

5 / 6<br />

1. Lege die kurzen Seiten des Blattes übereinander und falte es.<br />

2. Falte das Blatt auf diese Weise noch einmal: die kurzen Seiten aufeinander.<br />

3. Falte den Knick aus Schritt 2 wieder auf: In der Mitte ist nun ein Falz.<br />

4. Führe die beiden Ecken der geschlossenen Seite zum Falz in der Mitte und streiche fest darüber: Vor dir liegt nun eine Form, die an ein<br />

umgedrehtes Haus mit Dach erinnert.<br />

5. Klappe das Dach auf der einen Seite auf, stülpe die dreieckige Form nach innen und klappe die Seite wieder zurück. Das Ganze sieht nun<br />

aus wie vorher, aber das Dreieck des Dachs ist nun nach innen gefaltet.<br />

6. Wiederhole Schritt 5 auf der anderen Seite: Wenn du das Faltergebnis von oben betrachtest, erinnert es an den Buchstaben X.<br />

7. Klappe die rechts oben liegende Seite nach links rüber, so dass sie deckungsgleich aufeinander liegen.<br />

8<br />

9 10<br />

8. Knicke das rechteckig rausstehende Papier schräg nach<br />

unten und streiche den Kniff fest.<br />

9. Wiederhole Schritt 8 auf der anderen Seite und klappe beide<br />

gefalteten Dreiecke wieder auf, um sie nach innen zu stülpen:<br />

Verstecke sie sozusagen jeweils zwischen den größeren<br />

Dreiecken.<br />

10. Falte nun die obenauf liegende Ecke zur Mittelfalz bzw. in<br />

Richtung der Dreiecksspitze und wiederhole das auf der<br />

anderen Seite!<br />

Fertig! Wenn du möchtest, kannst du dem Schmetterling noch Fühler dazu<br />

basteln, zum Beispiel aus Draht, und ihn mit einem Muster verzieren.


Text:<br />

Dominik Eulberg<br />

Gestaltung und Satz:<br />

<strong>Voelkel</strong> GmbH<br />

Fährstr. 1<br />

29478 Höhbeck/OT Pevestorf<br />

www.voelkeljuice.de 41378

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