PBS Report 11-12 2023
PBS Report - das Magazin für die PBS-Branche
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Dialog #Kolumne<br />
Früher war mehr Weihnachtspost<br />
Wenn diese Ausgabe erscheint, schreiten wir mit Meilenstiefeln auf das Jahresende zu. Kommt es<br />
Ihnen auch so vor, als hätten wir vor vier Wochen erst die Reste des letzten Sylvester-Feuerwerks<br />
von der Straße gekehrt? Aber bei einem Satz sträuben sich bei Anja Kuhn die Nackenhaare.<br />
Auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen:<br />
Der Dezember klopft schon an die<br />
Tür und mit ihm die Zeit der verführerischen<br />
Weihnachtsplätzchen, der Schokoladen-Nikoläuse<br />
und der Weihnachtspost.<br />
Mit einem lachenden und einem weinenden<br />
Auge stelle ich Jahr für Jahr<br />
fest: Früher war mehr Weihnachtspost.<br />
Mit jedem Jahr, das ins Land geht, ist<br />
die Zahl der Weihnachtsbriefe und<br />
Weihnachtskarten, die in meinem<br />
Briefkasten darauf warten, von mir gelesen<br />
zu werden, kleiner. So sehr ich die<br />
digitale Welt schätze, so sehr freue ich<br />
mich über handgeschriebene Zeilen in<br />
meinem Briefkasten.<br />
Postkarten mit Urlaubsmotiv: Her damit!<br />
Ein farbiger Umschlag mit einer<br />
aufwendigen Geburtstagskarte – wunderbar.<br />
Und dann der Höhepunkt: Die<br />
Weihnachtspost. Ein wenig Gold hier,<br />
Rot und Grün - dort naturfarben und<br />
schlichte Eleganz – wie wunderbar.<br />
Doch es gibt einen Satz, bei dem sich<br />
meine Nackenhaare hochstellen, sobald<br />
ich die ersten zwei Worte lese. Ein<br />
Satz, der sich im Gegensatz zu der<br />
schwindenden Weihnachtspost immer<br />
weiter ausbreitet, denn auch gesprochen<br />
wird er gerne eingesetzt. Sie merken<br />
schon: Ich drücke mich ein wenig<br />
darum, diesen Satz mit Ihnen zu teilen.<br />
Dieser ganz bestimmte Satz heißt: „Das<br />
Jahr neigt sich dem Ende entgegen.“<br />
10 von 20 Briefen oder Karten, die mit<br />
diesem Satz begonnen haben.<br />
Sobald ich ihn lese – oder auch höre –<br />
frage ich mich, warum so viele Menschen<br />
ihre Weihnachtsgrüße mit ihm<br />
einleiten. Irgendwie klingt er nach einem<br />
Seufzer und so wenig nach Fröhlichkeit<br />
oder festlicher Stimmung. Vielleicht<br />
liegt es daran, dass viele Menschen<br />
am Ende des Jahres müde sind<br />
und einfach alles gesagt ist. Ihnen fällt<br />
schlicht nichts Kreatives mehr ein.<br />
Vielleicht liegt es auch daran, dass sie<br />
sich selbst vor dem Jahr verneigen.<br />
Denn wenn wir ehrlich sind, kann sich<br />
das Jahr gar nicht verneigen. Es geht<br />
einfach zu Ende und wir wechseln am<br />
nächsten Tag die Jahreszahl. Vielleicht<br />
kommt dieser Satz auch daher, dass ein<br />
Wein zur Neige geht und wir bedauern,<br />
dass – ähnlich wie bei einem guten<br />
Tropfen – das ein Jahr vorbei ist.<br />
Oder aber das Jahr beugt sich, weil es<br />
so viele negative Ereignisse hervorgebracht<br />
hat. Ok, wenn ich mir die Nachrichtenlage<br />
anschaue, aber lassen wir<br />
das. Das ist nicht Thema. Mein Thema<br />
ist es dagegen, Ihnen wieder mehr Lust<br />
auf individuell geschriebene Zeilen zu<br />
machen.<br />
Gerade weil um uns herum so viel in Bewegung<br />
ist, empfinde ich handschriftliches<br />
als besonderes wertvoll. Handschrift<br />
ist individuell. Handschrift ist<br />
persönlich. Handschrift ist manchmal<br />
herausfordernd zu lesen (meine übrigens<br />
auch sagen jedenfalls diejenigen,<br />
die meine Zeilen im Briefkasten finden).<br />
Und doch hat sie einen ganz besonderen<br />
Reiz. Sie zeigt, dass sich der Schreibende<br />
Zeit nimmt. Das fängt bei der<br />
Auswahl des Materials an. Wir müssen<br />
uns entscheiden: Karte oder Briefpapier?<br />
Farbiger Umschlag oder Umschlag<br />
mit Seidenfutter - das knistert so<br />
schön und ist doppelt verheißungsvoll<br />
– finde ich.<br />
Dann kommt der vermeintlich schwierigste<br />
Teil: die Gedanken darüber, was<br />
wir zu Papier bringen wollen. Steht der<br />
erste Satz, folgt der zweite schon viel<br />
schneller. Vielleicht ist das der Grund,<br />
das „das Jahr neigt sich dem Ende entgegen“<br />
so gerne geschrieben oder gesagt<br />
wird: Er fällt uns schnell ein und ist<br />
vermeintlich ein guter Anfang für die<br />
Weihnachtsgrüße.<br />
Ich habe einen Vorschlag für sie: Wie<br />
wäre es, wenn Sie sich bei jedem, dem<br />
Sie schreiben wollen, überlegen, was<br />
Sie miteinander verbindet. Was haben<br />
Ich weiß gar nicht so genau, seit wann<br />
ich auf diesen Satz mit Antipathie reagiere.<br />
Ich glaube, es ist schon mehr als<br />
zehn Jahre her, als er mir das erste Mal<br />
auffiel. Im Jahr darauf habe ich mit geradezu<br />
kriminalistischem Gespür meine<br />
Weihnachtspost nach diesem Satz<br />
durchsucht. Da waren es schon gefühlt<br />
Mein Name ist Anja Kuhn. Ich bin Kommunikations-Profi und<br />
Story-Coach. In meinem Leben dreht sich alles um Kommunikation<br />
und um gute Geschichten! Deshalb schreibe ich in dieser Kolumne darüber, wie Ihre Kommunikation<br />
zu einem Erlebnis wird. In meinem Podcast „Share your Story“ - auf Spotify oder überall da,<br />
wo es Podcasts gibt - spreche ich mit erfolgreichen Unternehmer*innen über ihren persönlichen<br />
und beruflichen Weg. Die Gespräche stecken voller Lebensgeschichten, die bewegen, die<br />
inspirieren und Mut machen, den eigenen Weg weiterzugehen. Es sind die Geschichten, die wir<br />
erzählen, mit denen wir in Erinnerung bleiben. Wenn Sie mehr über mich und meine Arbeit erfahren<br />
wollen, besuchen Sie meine Webseite www.anjakuhn.com<br />
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