Medizin-Journal | Herz und Gefäße
Das Medizin-Journal für Rhein-Main
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<strong>Herz</strong> <strong>und</strong> <strong>Gefäße</strong><br />
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Unser Experte<br />
Wenn das <strong>Herz</strong> schwächelt<br />
Konsequente Therapie ist lebenswichtig<br />
bei <strong>Herz</strong>insuffizienz<br />
PD Dr. med. Christof Weinbrenner<br />
Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie,<br />
Nephrologie <strong>und</strong> internistische Intensivmedizin<br />
Herr Dr. Weinbrenner, hierzulande<br />
leiden r<strong>und</strong> vier Millionen<br />
Menschen unter einer <strong>Herz</strong>insuffizienz,<br />
Tendenz steigend. Die<br />
Erkrankung ist die häufigste Todesursache<br />
in Deutschland. Eine <strong>Herz</strong>schwäche<br />
wird leider nicht selten<br />
erst spät erkannt. Dabei könnte<br />
man den Verlauf der Erkrankung<br />
mit moderner Therapie oft bremsen.<br />
Bei welchen Symptomen sollte<br />
man denn hellhörig werden?<br />
Bei einer <strong>Herz</strong>insuffizienz sinkt die<br />
<strong>Herz</strong>leistung so weit, dass die Organe<br />
nicht mehr ausreichend mit Blut <strong>und</strong><br />
folglich mit Sauerstoff versorgt werden.<br />
Das führt zu ganz typischen Symptomen,<br />
die aber anfangs unspezifisch sind.<br />
Die Patienten werden schnell müde <strong>und</strong><br />
kommen leichter außer Atem. Allgemein<br />
sind sie weniger leistungsfähig. Das beginnt<br />
zunächst schleichend. Der Blutdruck<br />
sinkt, es kann zu Schlafstörungen<br />
bedingt durch Luftnot oder zu Husten<br />
kommen, sobald sich die Betroffenen<br />
hinlegen. Schließlich treten Wassereinlagerungen<br />
im Gewebe vorwiegend in<br />
den Beinen (Ödeme) <strong>und</strong> im weiteren<br />
Verlauf auch in der Lunge auf. Soweit<br />
sollte man es nicht kommen lassen, denn<br />
<strong>Herz</strong>schwäche ist eine schwerwiegende<br />
Erkrankung. Je früher sie erkannt wird,<br />
desto besser die Prognose. Daher sollte<br />
man unbedingt einen Kardiologen aufsuchen,<br />
wenn man unter Luftnot leidet,<br />
die sich zunehmend verschlechtert.<br />
Wie kommt es zu einer <strong>Herz</strong>insuffizienz?<br />
Hauptursachen sind entweder eine Gefäßverengung<br />
am <strong>Herz</strong>en (koronare<br />
<strong>Herz</strong>krankheit /KHK) oder Bluthochdruck,<br />
bzw. eine Kombination aus<br />
beidem. Aber auch seit langem bestehende<br />
<strong>Herz</strong>rhythmusstörungen wie das<br />
Vorhofflimmern oder Erkrankungen<br />
der <strong>Herz</strong>klappen wie die sogenannte<br />
Mitralklappeninsuffizienz oder eine<br />
Aortenklappenstenose können zu einer<br />
<strong>Herz</strong>schwäche führen. In seltenen Fällen<br />
kann sie genetisch bedingt sein <strong>und</strong><br />
bereits in mittlerem Alter auftreten.<br />
Außerdem kann in akuten Fällen auch<br />
eine verschleppte <strong>Herz</strong>muskelentzündung<br />
verantwortlich sein. Dazu gibt es<br />
Risikofaktoren, die eine <strong>Herz</strong>insuffizienz<br />
begünstigen können. Das sind neben<br />
Bluthochdruck auch Übergewicht, Rauchen,<br />
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)<br />
<strong>und</strong> zu hohe Blutfettwerte.<br />
Welche Diagnostik sollte bei Verdacht<br />
auf eine <strong>Herz</strong>insuffizienz<br />
erfolgen?<br />
Der Kardiologe wird zunächst ein EKG<br />
schreiben <strong>und</strong>, um den Verdacht zu bestätigen,<br />
in jedem Fall ein <strong>Herz</strong>echo.<br />
Zuvor wird jedoch das Blut auf NTproBNP<br />
(N-Terminal pro-Brain Natriuretic<br />
Peptide) getestet. Das ist ein wichtiger<br />
Biomarker, der auf eine <strong>Herz</strong>insuffizienz<br />
hindeuten <strong>und</strong> auch erste Hinweise<br />
darauf geben kann, wie schwerwiegend<br />
sie ist. Bei Verdacht auf eine<br />
<strong>Herz</strong>muskelentzündung als Ursache<br />
wird ein MRT erforderlich.<br />
Das <strong>Herz</strong>muskelgewebe ist ja<br />
anders als normales Muskelgewebe,<br />
das heißt, einmal zugr<strong>und</strong>e<br />
gegangen, kann sich der <strong>Herz</strong>muskel<br />
nicht regenerieren. Daher trifft<br />
die Diagnose Betroffene erst einmal<br />
sehr hart. Welche Therapieoptionen<br />
gibt es denn?<br />
Das ist leider so, <strong>und</strong> eine nicht behandelte<br />
<strong>Herz</strong>insuffizienz schreitet immer<br />
weiter fort. Die moderne <strong>Medizin</strong> bietet<br />
glücklicherweise eine ganze Reihe von<br />
Möglichkeiten, um die Erkrankung in<br />
den Griff zu bekommen <strong>und</strong> die Lebensqualität<br />
zu erhalten. Hierzu bieten wir<br />
bei uns in Hanau das gesamte Spektrum<br />
der kardiovaskulären diagnostischen <strong>und</strong><br />
therapeutischen Möglichkeiten an. Zunächst<br />
sollte möglichst die Gr<strong>und</strong>erkrankung<br />
behandelt werden. Liegt der Insuffizienz<br />
eine KHK zugr<strong>und</strong>e, können<br />
die Verengungen der <strong>Herz</strong>kranzgefäße<br />
mittels eines Ballonkatheters aufgedehnt<br />
<strong>und</strong> mit einem Stent stabilisiert werden.<br />
Oder es werden Bypässe gesetzt. Liegen<br />
Rhythmusstörungen vor, so wird man<br />
alles daransetzen, das <strong>Herz</strong> wieder in den<br />
richtigen Takt zu bringen. Das erfolgt<br />
meistens über eine sogenannte elektrische<br />
Kardioversion, manchmal mit Medikamenten<br />
unterstützt. Bei schnellem<br />
Vorhofflimmern kann dann durch eine<br />
Ablation mit Hitze (Hochfrequenzablation)<br />
oder Kälte (Kryoablation) eine<br />
längerfristige Heilung erreicht werden.<br />
Eventuell kann auch die Implantation<br />
eines <strong>Herz</strong>schrittmachers oder eines<br />
Defibrillators erforderlich sein. Selbstverständlich<br />
müssen gleichzeitig alle<br />
potentiellen Risikofaktoren reduziert<br />
werden, besonders der Blutdruck muss<br />
gesenkt <strong>und</strong> normalisiert werden. Bei<br />
einer <strong>Herz</strong>klappeninsuffizienz kann eine<br />
sogenannte Raffung helfen oder auch ein<br />
Mitraclip. Bei der Aortenklappenstenose<br />
muss die Klappe ersetzt werden.<br />
Mit der Behandlung der Ursache<br />
wird eine <strong>Herz</strong>insuffizienz aber nur<br />
aufgehalten, nicht beseitigt …<br />
Sehr richtig. Daher kommt neben der<br />
ursächlichen Behandlung der Therapie<br />
der bereits vorhandenen Symptome eine<br />
große Rolle zu. Wir verfügen heute über<br />
eine Reihe von Medikamenten, die bei<br />
eingeschränkter Pumpleistung des <strong>Herz</strong>ens<br />
sehr gut wirksam sind <strong>und</strong> die erwiesenermaßen<br />
nicht nur die Lebensqualität<br />
verbessern, sondern auch die<br />
Lebenserwartung deutlich verlängern<br />
kann. Mittlerweile gibt es sogar ein gut<br />
wirksames Medikament bei <strong>Herz</strong>schwäche<br />
mit erhaltener Pumpleistung. Diese<br />
war bisher nicht behandelbar.<br />
Leben mit <strong>Herz</strong>insuffizienz –<br />
bedeutet das ein Leben im Schongang?<br />
Ganz im Gegenteil! Regelmäßiger Sport<br />
<strong>und</strong> Bewegung sind für die Prognose<br />
sehr wichtig. Tatsächlich können bei<br />
einer <strong>Herz</strong>insuffizienz viele Sportarten<br />
mit Ausnahme von extremem Ausdauersport<br />
betrieben werden. Die Skelettmuskulatur,<br />
die ja ein wichtiger Sauerstoffträger<br />
ist, darf keinesfalls verkümmern.<br />
Daher sollte mindestens fünf<br />
Mal die Woche eine halbe St<strong>und</strong>e Sport<br />
gemacht werden. Die Regelmäßigkeit ist<br />
wichtig: lieber mal nur zehn Minuten<br />
trainieren, wenn man wenig Zeit hat, als<br />
nur am Wochenende zu trainieren <strong>und</strong><br />
das dann exzessiv. Das gilt auch zur<br />
Vorbeugung, <strong>und</strong> betrifft natürlich auch<br />
die Einstellung der Risikofaktoren <strong>und</strong><br />
den Rauchstopp. Nicht zuletzt sollte<br />
man bei <strong>Herz</strong>insuffizienz möglichst auf<br />
Alkohol verzichten.<br />
Kontakt<br />
Klinikum Hanau<br />
Leimenstraße 20 · 63450 Hanau<br />
Telefon: (0 61 81) 2 96-41 10 · Fax: (0 61 81) 2 96-41 11<br />
www.klinikum-hanau.de<br />
Das <strong>Medizin</strong>-<strong>Journal</strong> für Rhein-Main l November 2023<br />
www.rmm.de