2023_16_mein_monat
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Weihnachten, wie es früher war…<br />
Ferdinand Reitmaier,<br />
seines Zeichens ehemaliger<br />
BORG-Direktor<br />
und späterer Landesschulinspektor,<br />
ist<br />
seit jeher nie um Worte<br />
verlegen, sei es als<br />
»Teilzeit-Journalist«,<br />
der auch <strong>mein</strong> <strong>monat</strong><br />
immer wieder mit interessanten<br />
Geschichten<br />
und Hintergründen<br />
versorgt oder auch als<br />
langjähriger Moderator<br />
bei Radio Maria. Er<br />
teilt gerne seine Erinnerungen<br />
an Weihnachten<br />
mit uns.<br />
Momente und Erinnerungen rund um Weihnachten<br />
V<br />
„Meine Erinnerung betrifft<br />
<strong>mein</strong>e Heimat in<br />
Oberösterreich und reicht etwa 80<br />
Jahre bis 1944 zurück. 1945 wurde<br />
ich in Maria Schmolln eingeschult<br />
und begann im September<br />
dieses Jahres mit der Schule. Meine<br />
Weihnachtserinnerungen sind<br />
stark geprägt vom „Hl. Abend“, der<br />
damals nicht so hieß, sondern<br />
„Fastweihnachtstag“, weil es bis<br />
Mittag ein strenger Fasttag war.<br />
Den ganzen Tag wurde noch geputzt<br />
und alles sauber gemacht.<br />
Ein Friedhofsbesuch durfte nicht<br />
fehlen. Am Abend gab es eine einfache<br />
Suppe und erst nach „der<br />
Mette“, die wir alle (ich als Ministrant)<br />
besuchten, gab es erst<br />
das richtige Weihnachtsessen: ge -<br />
backenen Fisch mit Kartoffelsalat.<br />
(Schon gegen 1.30 Uhr!)<br />
Familienidylle unterm Christbaum bei Familie Reitmair und<br />
»Ausschau nach dem Christkind« beim Winterspaziergang (Foto rechts)<br />
Die Bescherung, die im „Schönen<br />
Zimmer“, das nur für solche Festlichkeiten<br />
reserviert war, sonst<br />
höchstens noch für Gäste zum<br />
Übernachten bestimmt, war bescheiden<br />
und einfach: 3 Strophen<br />
„Stille Nacht“ und dann kleine<br />
selbstgebastelte Spielsachen,<br />
(Lastauto aus Holz), neue selbst<br />
gestrickte Socken, einen Schal<br />
oder Handschuhe, für die Mädchen<br />
eine selbstgebastelte Puppe,<br />
ein paar Kekse und ein paar Äpfel<br />
(1945). Wir haben uns auch über<br />
solche Kleinigkeiten gefreut. Wieder<br />
in der Schule habe ich zwar<br />
manchmal mit Neid festgestellt,<br />
dass einige Mitschüler einen neuen<br />
Pullover, einen Schianzug oder<br />
gar eine neue Rodel bekommen<br />
hatten, warum nicht auch ich etwas<br />
Neues??-<br />
Am Weihnachtstag gab es ein<br />
„Festmahl“: Braten, im Schmalz<br />
Gebackenes wie Äpfelkiachl und<br />
Krapfen. Fleisch gab es ja sonst<br />
selten!<br />
Den Weihnachtsbaum hatte man<br />
einfach aus dem Wald geholt, meistens<br />
sogenannte „Untersteher“,<br />
die sehr dürftig waren und auch<br />
keine stattlichen Bäume zu werden<br />
versprachen. Das galt daher auch<br />
nicht als Diebstahl. Große Christbäume<br />
waren damals nicht der<br />
Brauch! Der Schmuck bestand<br />
hauptsächlich in vielem silbernen<br />
Lametta, Glaskugeln, Strohsternen<br />
und Kekserln. Für die jährlich neu<br />
aufgebaute Krippe haben wir das<br />
notwendige Moos oft aus dem<br />
Schnee gekratzt, denn die Winter<br />
begannen damals früher und hef -<br />
tiger. Weihnachten ohne Schnee<br />
gab es nie!!<br />
Ohne Vergangenheitslob und Gegenwartsschelte<br />
darf ich sagen,<br />
dass ich mich nur an bescheidene,<br />
harmonische und fröhliche Weihnachten<br />
erinnere, ausgenommen<br />
später in der eigenen Familie, in<br />
der wir die traurigsten Weihnachten<br />
nach dem frühen Sterben unserer<br />
geliebten Reingard erleben<br />
mussten, auch wenn die Jungen<br />
heute nicht beten und singen wie<br />
„die Alten sungen“ (so zwitschern<br />
auch die Jungen).<br />
Vielen Dank für den Beitrag und die<br />
persönlichen Erinnerungen!<br />
Fotos: Privat<br />
14. DEZEMBER <strong>2023</strong> 27