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„Was kann ich als Züchter dazu beitragen,<br />

ein gesundes, leistungsfähiges<br />

Pferd unter den Sattel zu bekommen?“<br />

AKTUELLES<br />

Thomas Casper<br />

Als Gestütsleiter steht die Verantwortung<br />

für das Wohl unserer Pferde<br />

im Mittelpunkt meiner täglichen<br />

Arbeit. Die Frage, was jeder einzelne<br />

Züchter dazu beitragen kann, um<br />

gesunde und leistungsfähige Pferde<br />

unter den Sattel zu bekommen, ist<br />

dabei von essenzieller Bedeutung.<br />

Die Auswahl der Zuchttiere, die artgerechte<br />

Aufzucht der Fohlen, qualifizierte<br />

tierärztliche Betreuung und<br />

die gezielte, individuelle reiterliche<br />

Förderung – all diese Aspekte spielen<br />

eine entscheidende Rolle.<br />

Ich kann mich dabei auf ein engagiertes,<br />

gut ausgebildetes Team<br />

verlassen, das die Jungtiere in den<br />

verschiedenen Lebensphasen aufmerksam<br />

beobachtet und verantwortlich<br />

betreut. Dabei ist die oft<br />

schon jahrzehntelange Erfahrung<br />

sehr wertvoll.<br />

Gedanken zur Anpaarung<br />

Die Verantwortung eines Züchters<br />

geht weit über die bloße Fortpflanzung<br />

von Pferden hinaus – jeder<br />

Züchter sollte sich selbstkritisch<br />

Gedanken über seine Zuchtstuten<br />

machen.<br />

Ein Blick in die Papiere und eine<br />

Pedigree-Analyse mit der Betrachtung<br />

der Stammbaumdaten ist<br />

wahrscheinlich bei jedem Züchter<br />

der erste Schritt, doch auch die genetische<br />

Vielfalt und die genetische<br />

Gesundheit sollte man nicht aus den<br />

Augen verlieren. Der züchterische<br />

Einsatz von Pferden mit nachweislich<br />

Als Pferdewirtschaftsmeisterin bin<br />

ich für die gestütseigene Stutenherde<br />

mit ihren Fohlen zuständig.<br />

Bis zum sechsten Lebensmonat<br />

liegt das Wohl der Fohlen in meinen<br />

Händen.<br />

Die Basis für ein gesundes Pferdeleben<br />

wird schon im Bauch der Mutter<br />

gelegt. Über die Nabelschnur wird<br />

das Fohlen mit den nötigen Nährstoffen<br />

versorgt, ein Mineralstoffmangel<br />

in der Ernährung der Mutterstute<br />

kann durchaus ein Grund für spätere<br />

Probleme beim Fohlen bzgl. der<br />

Bänder und Knochen sein. Besonders<br />

wichtig ist die Überwachung<br />

der Fohlengeburt. Verschiedene<br />

Überwachungssysteme erleichtern<br />

uns dabei das Leben sehr, vor allem<br />

wenn man mehrere Fohlen erwartet.<br />

Die Anwesenheit eines Tierarztes<br />

ist in der Regel nicht erforderlich, es<br />

sollte jedoch bei eventuellen Problemen<br />

ein Tierarzt erreichbar sein.<br />

Hygiene in der Abfohlbox und eine<br />

zeitnahe Desinfektion des Fohlennabels<br />

verhindern eine Infektion<br />

des Fohlens. Da das Immunsystem<br />

der frischgeborenen Fohlen noch<br />

im Aufbau ist, ist es wichtig, nach<br />

der Geburt sicherzustellen, dass das<br />

Fohlen so früh wie möglich ausreigenetisch<br />

bedingten Krankheiten ist<br />

in der Zucht kritisch zu hinterfragen.<br />

Die Fruchtbarkeit von Stuten ist ein<br />

weiterer entscheidender Faktor in<br />

der Pferdezucht. Stuten, die über<br />

Generationen hinweg eine hohe<br />

Fruchtbarkeit aufweisen, tragen dazu<br />

bei, die Rentabilität zu verbessern.<br />

Bei der Bewertung des Exterieurs<br />

sollte ein besonderes Augenmerk auf<br />

die Korrektheit der Gliedmaßen gelegt<br />

werden. Die langjährige Belastbarkeit<br />

eines Pferdes wird dadurch<br />

oft negativ beeinflusst. Ein gut konstruierter,<br />

stabiler Rücken erleichtert<br />

die spätere reiterliche Förderung.<br />

Wünschenswert, und das wurde in<br />

der Vergangenheit oft vernachlässigt,<br />

ist eine gute konstitutionelle Härte,<br />

die das Pferd belastbar macht und<br />

oft auch andere Schwächen ausgleichen<br />

kann.<br />

Die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft<br />

sind eng mit dem<br />

Temperament und dem Charakter<br />

verbunden. Sollte die Stute in einem<br />

Bereich Defizite haben, muss bei<br />

der Wahl des <strong>Hengst</strong>es besonderes<br />

Augenmerk darauf gelegt werden.<br />

Da <strong>Hengst</strong>e in Zeiten der künstlichen<br />

Besamung in der Regel mit einer Vielzahl<br />

von Stuten angepaart werden,<br />

beeinflussen sie die Zucht in einem<br />

viel breiteren Maßstab als Stuten.<br />

Dabei sollte man sich nicht von aktuellen<br />

Modetrends blenden lassen.<br />

Svenja Petersen, Pferdewirtschaftsmeisterin<br />

chend Kolostrum von seiner Mutter<br />

trinkt, da die Magen-Darmpassage<br />

für die lebensnotwendigen stallspezifischen<br />

Immunglobuline mit der<br />

Zeit abnimmt. Wenn ein Fohlen aus<br />

irgendeinem Grund keinen Zugang<br />

zum Kolostrum hat, kann dies zu<br />

erheblichen Gesundheitsproblemen<br />

führen. In solchen Fällen kann es<br />

notwendig sein, Ersatz-Kolostrum zu<br />

verabreichen. Auch ein schlechtes<br />

Parasitenmanagement der Zuchtstute<br />

kann schon nach wenigen Tagen<br />

beim Fohlen zu Problemen führen,<br />

da sich Würmer über die Muttermilch<br />

auf das Fohlen übertragen können.<br />

Starke Durchfälle können ohne<br />

Behandlung für junge Fohlen schnell<br />

lebensbedrohlich werden.<br />

Weitere wichtige Punkte zur<br />

gesunden Aufzucht<br />

Fütterung: In den ersten Wochen<br />

ist die Nährstoffversorgung mit der<br />

Muttermilch ausreichend. Nach<br />

und nach muss die Ration jedoch<br />

über spezielle Zusatzfutter ergänzt<br />

werden. Besonders der erhöhte Be-<br />

darf an Mineralien und essenziellen<br />

Aminosäuren muss dabei im Auge<br />

behalten werden. Das Fohlen sollte<br />

jedoch auch nicht gemästet sein.<br />

Bewegung: Regelmäßige Bewegung<br />

auf den unterschiedlichsten Untergründen<br />

ist wichtig für die Entwicklung<br />

der Sehnen und Bänder. Kommt<br />

das Fohlen mit leichten Unregelmäßigkeiten<br />

in der Gliedmaßenstellungen<br />

auf die Welt, muss das den<br />

Züchter nicht übermäßig beunruhigen,<br />

da sich bei regelmäßiger Bewegung<br />

auf hartem Boden noch viel<br />

zurechtwächst. Anders ist es bei der<br />

Hufform und der Stellung der Hufe.<br />

Vor allem in sehr trockenen Sommern<br />

kann es schnell zur Bildung<br />

eines Bockhufes kommen, der im<br />

schlimmsten Fall operativ behandelt<br />

werden muss. Der Hufschmied<br />

kann dies durch regelmäßiges und<br />

häufiges Raspeln der Trachten und<br />

eventuell durch ein halbmondförmiges<br />

Klebeeisen verhindern.<br />

Soziale Aspekte: Soziale Kontakte<br />

sind für die psychische Entwicklung<br />

entscheidend. Das Fohlen sollte frühzeitig<br />

den Umgang mit Artgenossen<br />

lernen und in einer Herde aufwachsen.<br />

Gewöhnung an den Menschen und<br />

Grunderziehung des Fohlens<br />

Durch regelmäßiges, spielerisches<br />

und beiläufiges Herantreten, zum<br />

Beispiel durch kurzes Kraulen<br />

während der Stallarbeit, kann der<br />

Kontakt zu anfangs scheuen Fohlen<br />

schnell aufgebaut werden. Es ist<br />

wichtig, Halftertraining, das Anbinden<br />

und regelmäßiges Anheben<br />

der Hufe in die Grundausbildung<br />

einzubeziehen. Ein ruhiges Umfeld,<br />

Geduld, aber auch Konsequenz sind<br />

dabei entscheidend. Einmal erlernt,<br />

wird das Fohlen diese Fähigkeiten<br />

nicht vergessen und die Zusammenarbeit<br />

in den kommenden Jahren<br />

wird dadurch viel einfacher.<br />

Kurz zusammengefasst sind also eine<br />

angepasste Futterration, regelmäßige<br />

Hufkontrolle, Bewegung und ein<br />

gutes Parasitenmanagment die beste<br />

Grundlage für ein gesundes, langes<br />

Pferdeleben!<br />

„Soziale Kontakte sind für<br />

die psychische Entwicklung<br />

entscheidend.“<br />

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