sporting hamburg MÄRZ 2024
Stadtsportmagazin
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Hochseesegeln<br />
© Fotos: Felix Diemer<br />
Voll euphorisch<br />
Wir sind ja richtig gute Freundinnen,<br />
die Sanni und die <strong>sporting</strong>. Beide<br />
extrem Female Empowerment.<br />
Und deswegen schnacken wir<br />
regelmäßig.<br />
Sanni, 14 Grad, Frankreich, die Sonne scheint und das Haar sitzt<br />
wahrscheinlich auch; und wir im Hamburger Winter, 5 genieselte<br />
Grad. Egal. Sie freut sich über die Welle, wir so, wir dachten, Du<br />
segelst?! „Neee, ich surfe auch“, und „wir haben Periode 15“, das ist<br />
ein toller Abstand zwischen Wellen, steht für gute Welle, kompakt,<br />
hoch, klasse zu surfen. Wir sind schon wieder bedient, aber auch<br />
schlauer. Ob sie ein tolles Leben hat, wollen wir wissen. „Toll und<br />
voll“, die Antwort. „Heute bin ich voller Euphorie, wie beschwippst“,<br />
erklärt sie und wir unterstellen Alkoholmissbrauch. „Beschwippst<br />
von der Regatta gestern, mein erster Sieg, Nachtregatta, …“, und<br />
das ist wie zu viel Zucker für Kids auf Kindergeburtstagen – Euphorie,<br />
überdreht. Susann Beucke ist irgendwie offensichtlich angekommen.<br />
Die Regatta war zwar nur innerhalb ihrer Trainingsgruppe, aber das<br />
allein sind schon 10 Boote. „Der Trainer ist die ersten zwei, drei<br />
Stunden dabei, dann sind wir zu weit draußen“, beschreibt sie die<br />
Trainings- und Wettkampfsituation. „Nachts segeln ist sehr komplex“,<br />
abgesehen davon, dass sie nach wie vor nur zwei Hände hat für viel<br />
zu viele Handgriffe. „Und allein auf dem Schiff, Du kannst niemanden<br />
fragen.“ Sie beschreibt weiter: „Nachts sind die Lichter, die man<br />
dann sieht, extrem hell, ein Fischerboot sieht sehr gruselig aus, und<br />
man muss Distanzen neu lernen, weil dadurch nämlich alles viel<br />
dichter erscheint. Da kommt dann schnell Panik auf.“ Unheimlich,<br />
Sanni ist inzwischen entspannt. Seit zwei Jahren ist sie raus aus<br />
dem olympischen Segeln und während der einen oder anderen<br />
Durststrecke hat sie das durchaus auch bereut,<br />
sagt sie, „aber gerade heute Nacht habe ich<br />
das Boot richtig gespürt“, und sie hat natürlich<br />
nicht geschlafen. „Insgesamt habe ich einen großen Rückstand, denn<br />
meine Gegner, viele Pros, segeln seit zehn Jahren offshore, ich seit<br />
zwei. Aber ich komme langsam“, freut sie sich. „Und mein Französisch<br />
wird auch immer besser.“ Muss sein, die Gruppe ist französisch, der<br />
Trainer auch. „Hochseesegeln ist hier total populär, hier ist eine echte<br />
Szene“, abgesehen von einem sehr anspruchsvollen Revier. Zurzeit<br />
segelt Sanni eine Figaro, geht mit der im Herbst auch wieder auf einer<br />
großen Regatta an den Start, liebäugelt aber mit dem Ocean Race<br />
oder dem Ocean Race Europe, „das ist ein Wechsel von Formel 2 zu<br />
Formel 1“, versucht sie, die Dimensionen zu erklären. Dort wird auf<br />
einer IMOCA gesegelt, Boris Herrmanns Malizia ist auch so eine. „Die<br />
Teams sind größer, da ist mehr Technik am Start, viel anspruchsvoller“,<br />
weswegen ihr Bestreben eben auch mehr wirtschaftliche Chancen<br />
offenbart, weil medial spannender, bekannter, … „Da will ich hin“,<br />
sagt sie und muss Geld und Sponsoren einsammeln. Das Vendée<br />
Globe 2028 ist ihr Ziel, das Ocean Race 2027 nun auch. »<br />
Nach ihrer Silbermedaille 2021 wechselte Seglerin Sanni Beucke Anfang 2022 zum Hochseesegeln.<br />
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