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42. Jahrgang | Heft 1 | März 2005 | G 54747<br />
<strong>ded</strong>Brief<br />
Z EITSCHRIFT DES D EUTSCHEN E NTWICKLUNGSDIENSTES<br />
� Puppentheater für die Umwelt<br />
� Bildungsprogramme<br />
� Laienjuristinnen<br />
Bildung<br />
und Ausbildung
Inhalt und Editorial<br />
Wichtig<br />
An alle Abonnenten<br />
Bitte beachten Sie unsere<br />
Abonnentenumfrage auf der<br />
beigefügten Postkarte in der<br />
Mitte des Heftes.<br />
Füllen Sie sie bitte aus und<br />
senden Sie sie an uns zurück. So<br />
können Sie den DED-Brief auch<br />
weiterhin kostenlos beziehen.<br />
2 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Spektrum<br />
Raja Litwinoff / Antonio Bezerra<br />
Brasilien – Lixo é Luxo –<br />
Überleben durch Müll 4<br />
Peter Röhrig<br />
Palästina – DED engagiert sich<br />
bei Wahlbeobachtung 6<br />
Interview von Sabine Ludwig mit Sahar Khalifa<br />
Ein Gefühl der Ohnmacht 8<br />
Thema:<br />
Bildung und Ausbildung<br />
Klaus-Dieter Seidel<br />
Berufliche Bildung als Leistungsbereich<br />
im DED – hat das noch Zukunft? 9<br />
Jutta Heckel<br />
Armutsminderung durch<br />
entwicklungspolitische Bildungsarbeit 12<br />
Reinhild Schumacher / Dr. Ellen Schmidt<br />
Persönliche Eindrücke<br />
bewirken mehr als Lehrbücher 14<br />
Katrin Koops<br />
Die Faszination des Reisens<br />
in exotische Länder 16<br />
Bettina Kieck<br />
Auf einer Hafenrundfahrt viel<br />
über die Wirklichkeit der Welt erfahren 17<br />
Norbert Remke<br />
„Learning by doing“ 19<br />
Dr. Winfried Zacher<br />
Südliches und Östliches Afrika – Bildung im<br />
Kampf gegen AIDS 21<br />
Peter Böxkes<br />
Lesotho – Ein trauriger Rekord 21<br />
Ulla Tschötschel<br />
Botswana – Berufliche Bildung<br />
und HIV/AIDS 22<br />
Susanne Arbeiter<br />
Vietnam – Spezialität: Auswendiglernen 23<br />
Christina Georgii<br />
Philippinen – Von Prinz-Alfred-Hirschen<br />
und Visaya-Mähnenschweinen 26<br />
Konrad de Bortoli<br />
Philippinen – Jugendlichen<br />
eine Chance geben 30<br />
Dr. Cornelia Ott<br />
Dominikanische Republik – Touristenführer<br />
als Nebenjob 32<br />
Claudia Erb<br />
Honduras – Die Zukunft aller sichern 34<br />
Interview von Claudia Fix mit Vera Guedes<br />
Brasilien – Die Vision von<br />
einer gleichberechtigten Welt 36<br />
Christian Caspar<br />
Äthiopien – Unterstützung non-formaler<br />
Berufsbildungsmaßnahmen 38<br />
Norbert Kather<br />
Kenia – Schritte in die Selbständigkeit 40<br />
Gerd Scheuerpflug<br />
Ruanda – Traumata und Träume 42<br />
Margret Grottenthaler / Katrin Saage-Fain<br />
Sambia – Frauen lernen<br />
ihre Rechte kennen 46<br />
Dominique Thaly<br />
Niger – „Sauberkeit ist die Hälfte<br />
des Glaubens“ 48<br />
Projekte und Programme<br />
Petra Wilken<br />
Chile – „Der andere Blick“ – Die Sicht<br />
der Provinz kommt in die Stadt 50<br />
Alltag im Partnerland<br />
Heike Wolff<br />
Ecuador – „Der liebe Gott<br />
wird’s schon richten!“ 53<br />
André Hartlapp<br />
Kambodscha – Vom Himmel ein Stück 54<br />
Intern<br />
Blickpunkt DED 56<br />
Literatur, etc.<br />
Lesetipps 61<br />
Kochecke 63<br />
Nächste Themen, Impressum 63<br />
Entwicklungshelfer<br />
als Wahlbeobachter<br />
Ein einmaliges Erlebnis<br />
hatten die Entwicklungshelferinnen<br />
und Entwicklungshelfer<br />
in Palästina.<br />
Als internationale Wahlbeobachter<br />
konnten einige<br />
von ihnen die Wahl des<br />
neuen Palästinenser-Chefs<br />
hautnah beobachten. Lesen Sie ihre<br />
Schilderungen und warum Achmed<br />
Muhail glaubt, dass die Wahlen in<br />
Palästina von jetzt an immer besser<br />
werden.<br />
Seite 6
Mit Bildung mehr erreichen<br />
Am 1. März wurde die entwicklungspolitische<br />
Bildungsarbeit des DED mit der Auszeichnung<br />
„Offizielles Projekt der Dekade der Vereinten<br />
Nationen zur Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
2005–2014“ prämiert. Ihr Ziel ist es, den<br />
Menschen in Deutschland ein differenziertes<br />
Bild über das Leben in den Entwicklungsländern<br />
zu geben und auf die globalen<br />
Zusammenhänge aufmerksam zu machen.<br />
Neben dem Schulprogramm in Berlin haben<br />
vier weitere Bildungsstellen ihre Arbeit aufgenommen.<br />
Seite 12<br />
Theater auf philippinisch<br />
Fehlendes Umweltbewusstsein auf den Philippinen<br />
hat Christina Georgii dazu veranlasst,<br />
ein Puppentheater zu schaffen, das mittlerweile<br />
auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt<br />
ist. Die Vorführungen mit Schildkröten,<br />
Fischen, Hirschen und Mähnenschweinen, alle<br />
liebevoll aus Pappmaché gebastelt, sind informativ<br />
und emotional. Das Publikum weint und<br />
lacht nicht nur mit den Figuren, sondern wird<br />
ganz nebenbei auch zum ökologischen Umdenken<br />
angeregt.<br />
Seite 26<br />
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Armutsminderung kann keine Erfolge erzielen, wenn nicht bestimmte<br />
Grundlagen geschaffen sind: Bildung und Ausbildung.<br />
Die Bundesregierung hat mit der Unterstützung der Millenniumsziele,<br />
verabschiedet von den Vereinten Nationen im September<br />
2000, den Fokus wieder stärker auf diesen Bereich gerichtet: Eines<br />
der acht Entwicklungsziele ist, allen Kindern weltweit eine Primarschulbildung<br />
zu ermöglichen.<br />
Der DED ist in der Grundbildung im formalen Bereich nicht<br />
mehr aktiv. Während er in seinen Anfangsjahren durchaus Lehrer<br />
an Schulen in seine Partnerländer entsandt hat, setzte sich in den<br />
vergangenen Jahren eine Aufgabenteilung zwischen den deutschen<br />
Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit durch,<br />
nach der er sich in der non-formalen Bildung im weiteren Sinn<br />
und in der Berufsbildung engagiert. Die vielfältigen Ansätze werden<br />
in diesem DED-Brief dargestellt.<br />
Bei der beruflichen Bildung ist ein Wandel zu verzeichnen. Ging<br />
es früher noch um klassische, duale berufliche Bildung in den uns<br />
bekannten, vor allem handwerklich dominierten Berufsbildern, so<br />
rückt heute mehr und mehr das Engagement im Rahmen<br />
ergebnisorientierter, moderner Bildungssysteme in den Vordergrund.<br />
Statt der klassischen Berufsbilder wie Tischler oder KfZ-<br />
Mechaniker können in modularer Form Qualifikationen und Kompetenzen<br />
erworben werden. Nicht nur, dass sich die Chancen auf<br />
dem Arbeitsmarkt so deutlich erhöhen, dieser Ansatz lässt vor<br />
allem flexible Reaktionen auf die sich permanent verändernde<br />
Arbeitswelt zu. Um vor allem junge Menschen rechtzeitig auf die<br />
späteren Erfordernisse des Berufslebens vorzubereiten, wird daran<br />
gearbeitet, Maßnahmen zur beruflichen Orientierung bereits im<br />
Primarschulbereich zu verankern.<br />
Bildung hat im Inland und in den Partnerländern unterschiedliche<br />
Facetten. In Deutschland engagiert sich der DED in der<br />
entwicklungspolitischen Bildungsarbeit. Zurückgekehrte Entwicklungshelfer<br />
nehmen als Referenten authentisch und qualifiziert<br />
zu entwicklungspolitischen Themen Stellung und berichten über<br />
ihre Erfahrungen in den Partnerländern. Im Rahmen des Aktionsprogramm<br />
2015 der Bundesregierung zur Armutsbekämpfung intensiviert<br />
der DED mit der Initiative „Bildung trifft Entwicklung“<br />
seine Bildungsarbeit in Deutschland.<br />
Lesen Sie, wie im Schulprogramm Berlin der DED Schülerinnen<br />
und Schülern einen Blick über den „deutschen Tellerrand“ bietet.<br />
Die Reaktionen der Schüler und Lehrer sprechen für das Programm.<br />
Anfängliche Skepsis<br />
weicht schnell neugierigem<br />
Nachfragen und begeistertem<br />
Mitmachen.<br />
Viel Freude beim Lesen<br />
wünschen Ihnen<br />
Maria Weitz und<br />
Sabine Ludwig<br />
Befragung von<br />
Straßenkindern in Butare<br />
zur Reintegration in<br />
das Bildungs- und<br />
Ausbildungssystem<br />
Ruandas.<br />
Titelfoto: Timo Weinacht<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 3
Spektrum<br />
Ankunft des<br />
Müllfahrzeugs<br />
auf der Deponie<br />
Foto: Raja Litwinoff<br />
Glasverpackungen<br />
werden für den<br />
Verkauf vorbereitet.<br />
Foto: Raja Litwinoff<br />
4 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Brasilien<br />
Lixo é Luxo – Überleben durch Müll<br />
Durch bewusstes Abfallmanagement zu mehr Einkommen<br />
In Brasilien leben 70 Prozent der 170 Millionen Einwohner in Städten. Das größte<br />
Problem ist die Entsorgung der Abwässer und Abfälle. Dramatische Überschwemmungen<br />
wegen verstopfter Kanäle, verschmutzter Flüsse, Seen und Meere sowie<br />
Infektionskrankheiten gehören zu den Konsequenzen. Die Gemeinden geben bis zu<br />
15 Prozent des Haushaltes aus, um die Abfälle aus den Städten zu schaffen, hin zu<br />
meist zweifelhaften Entsorgungsstätten, denn nur ein geringer Teil der brasilianischen<br />
Gemeinden verfügen über entsprechende Abfalldeponien. Die multinationalen<br />
Unternehmen profitieren von dieser Situation. Sie schließen höchst lukrative<br />
Verträge zur Abfallentsorgung ab.<br />
Raja Litwinoff/<br />
Antonio Bezerra<br />
Die Recyclingwirtschaft in<br />
dem südamerikanischen<br />
Land blüht: große Industrieanlagen<br />
zur Wiederaufbereitung<br />
von Aluminium (90 Prozent<br />
aller Dosen werden recycelt),<br />
Glas, Papier und Plastik haben<br />
sich im gesamten Land ausgebreitet<br />
und ersetzen die natürlichen<br />
und teuren Rohstoffe<br />
durch Ressourcen, die in den<br />
Haushalten, den Straßen, den<br />
Fabriken und auf den Müllbergen<br />
gewonnen werden. Aber<br />
wer liefert diese neuen Rohstoffe,<br />
die beachtliche Profite<br />
abwerfen?<br />
UNICEF erfasste im Jahr<br />
2000 mehr als 500.000 Wertstoffsammlerinnen<br />
und -sammler<br />
allein auf den brasilianischen<br />
Müllbergen, zu denen noch ungefähr<br />
45.000 Kinder und Jugendliche<br />
hinzugezählt werden<br />
müssen. Auf den Strassen arbeiten<br />
mindestens noch einmal so<br />
viele von ihnen. Die hohe Armuts-<br />
und Arbeitslosenrate in<br />
dem doch sehr reichen Land<br />
treibt einen Teil der städtischen<br />
Bevölkerung dazu, das Sammeln<br />
von Wertstoffen als Beruf<br />
auszuüben. Die Wertstoffe, die<br />
für etwas Kleingeld an Zwischenhändler<br />
verkauft werden,<br />
sichern ihr Überleben.<br />
Knallharte Konkurrenz<br />
Eine der benachteiligten Regionen<br />
des Landes ist der<br />
Großraum Recife im Nordosten<br />
Brasiliens. Hier erzielen die<br />
Sammler auf den Strassen mit<br />
monatlich rund 100 Euro bis zu<br />
eineinhalb Mindestlöhnen im<br />
Monat, „falls die Strasse gut<br />
ist“, der Durchschnitt liegt jedoch<br />
mit etwa 70 Euro unter<br />
dem monatlichen Mindestlohn.<br />
Sammler auf Müllbergen, die<br />
oftmals mit der ganzen Familie<br />
arbeiten, „ernten“ zwischen 40<br />
und 120 Euro.<br />
Die Arbeitsbedingungen sind<br />
von Gewalt und Gefahren geprägt<br />
und ein ständiges Thema<br />
der Menschenrechtsberichterstatter.<br />
Die Sammler befinden<br />
sich zudem in großer Abhängig-<br />
keit von den Zwischenhändlern,<br />
die Tiefstpreise diktieren und<br />
keine Aufklärung über den unterschiedlichen<br />
Marktwert der<br />
Wertstoffe leisten.<br />
Zudem stehen sie nicht nur<br />
in ständiger Konkurrenz zu den<br />
Gemeinden, die die Trennmüllsammlung<br />
an Privatfirmen<br />
vergeben und den Recyclingindustrien,<br />
die über Umweltkampagnen<br />
in Schulen, Wohnanlagen,<br />
Gemeinden und Firmen<br />
die Wertstoffe schon „an<br />
der Quelle abschöpfen“, sondern<br />
auch zu den Angestellten<br />
und Arbeitern der Abfallentsorgungsfirmen,<br />
Wächtern der<br />
Wohnanlagen und den Bedienungen<br />
in Restaurants, die bereits<br />
die wertvollsten Stoffe, wie<br />
gebrauchte Aluminiumdosen,<br />
verkaufen.<br />
Aufstrebende<br />
Volksbewegung<br />
Folglich müsste jegliche städtische<br />
Umweltpolitik Maßnahmen<br />
für die soziale Eingliederung<br />
dieser Berufsklasse, die angesichts<br />
der allgemeinen Wirtschaftskrise<br />
immer mehr wächst<br />
und einer immer härteren Konkurrenz<br />
ausgeliefert ist, berücksichtigen.<br />
Die brasilianischen Wertstoffsammler<br />
bilden bereits heute<br />
eine aufstrebende Volksbewegung<br />
(movimento popular). Bedingt<br />
durch die von Konkurrenz<br />
und Individualismus geprägten<br />
Arbeitsbedingungen ist<br />
die Fortbildung dieser Berufsklasse<br />
besonders schwierig.<br />
Hinzu kommen eine hohe Analphabetenrate,<br />
das sehr niedrige<br />
Selbstbewusstsein, mangeln-
de gesellschaftliche Anerkennung,<br />
sowie ein extremer Zeitmangel<br />
bei einer Tätigkeit nach<br />
der Devise „wer zuerst kommt,<br />
mahlt zuerst”.<br />
Das Netzwerk von Basisorganisationen<br />
Retome sua Vida<br />
(Nimm dein Leben wieder in<br />
die Hand), eine Nichtregierungsorganisation<br />
(NRO) in Recife<br />
für die Rechte sozial gefährdeter<br />
Kinder und Jugendlicher,<br />
hat im Jahr 2001, im Rahmen<br />
ihres Programms einkommensschaffender<br />
Maßnahmen, das<br />
Projekt CEPARE (Centro Popular<br />
de Articulação na Reciclagen –<br />
Zentrum der Vernetzung von<br />
Recycling) initiiert.<br />
Hauptzielgruppe sind hier<br />
die Wertstoffsammler. Der Dialog<br />
mit Gemeinden, Firmen<br />
und anderen zivilgesellschaftlichen<br />
Gruppen wird gefördert.<br />
Das Projekt wird von einer Sozialarbeiterin<br />
geleitet, die mit einem<br />
Recyclingtechniker und einer<br />
DED-Entwicklungshelferin<br />
zusammenarbeitet.<br />
Produktion<br />
und Vermarktung<br />
Die fünf Gruppen, mit denen<br />
kontinuierlich gearbeitet wird,<br />
bilden bereits Produktionseinheiten<br />
auf unterschiedlichem<br />
Niveau: Einige Kooperativen<br />
trennen lediglich nach Qualität<br />
und Wert und vermarkten gemeinsam.<br />
Andere dagegen sind<br />
offiziell an der städtischen<br />
Trennmüllsammlung beteiligt,<br />
trennen und pressen das Material<br />
und vermarkten ebenfalls.<br />
Weitere Gruppen schreddern<br />
zusätzlich noch das Plastik als<br />
Granulat für die Recycling-<br />
industrie. Retome sua Vida ist dabei,<br />
eine Produktions- und Vermarktungszentrale<br />
aufzubauen,<br />
die die Wertstoffe aller fünf und<br />
eventuell sogar neuer Gruppen<br />
erfassen soll.<br />
Im Rahmen dieses Projektes<br />
wird seit einer Weile eine alternative<br />
Form der Fortbildung<br />
entwickelt, in der die Aufwertung<br />
der Tätigkeit und eine Vertiefung<br />
der technischen Kenntnisse<br />
und der Arbeitsorganisation<br />
im Mittelpunkt stehen. Eine<br />
soziale und politische Organisation<br />
der Gruppen wird ebenfalls<br />
gefördert.<br />
Abfall schätzen lernen<br />
Es werden zwei Modelle der<br />
Fortbildung angeboten: ein Zyklus<br />
für Gruppen, die bereits<br />
bestehen oder sich im Aufbau<br />
befinden und spezielle Fortbildungen.<br />
Kein Modul dauert<br />
länger als zwei Stunden, um die<br />
Teilnehmer nur kurz von ihrem<br />
Arbeitsplatz fernzuhalten.<br />
Zu den Themen gehören die<br />
Herkunft der Abfälle, die Bedeutung<br />
ihrer Wiederverwertung,<br />
der Unterschied zwischen<br />
einer Deponie und einem Müllberg,<br />
Beschaffenheit und Wert<br />
der Materialien, die Bedeutung<br />
von Schutzkleidung (Handschuhe,<br />
Schuhe, Masken, etc.) und<br />
die Rolle des Wertstoffsammlers<br />
im Umweltmanagement.<br />
Auf spielerische und humorvolle<br />
Art entdecken die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer Unterschiede,Erkennungsmerkmale<br />
und Marktwert. Schnell wird<br />
klar, dass der Wert der Materialien<br />
steigt, wenn sie in größeren<br />
Mengen verkauft werden. Da-<br />
Bei Fortbildungskursen<br />
werden die verschiedenen<br />
Materialeigenschaften<br />
erklärt.<br />
Foto: Raja Litwinoff<br />
mit wird die kollektive Arbeitsorganisation<br />
natürlich gefördert.<br />
Während der Fortbildungen<br />
wechseln Diskussionen, Gruppenarbeit,<br />
Rollenspiele über<br />
Verkaufs- und Sammlungssituationen<br />
mit „akademischen“ Erklärungen<br />
und dem praktischen<br />
Anfassen und Betrachten der<br />
vielen und vielfältigen Materialproben.<br />
All das geschieht in einer<br />
sehr einfachen und bodenständigen<br />
Sprache.<br />
Die Stimmung unter den<br />
Teilnehmern schwankt zwischen<br />
Freude, Frustration, Auflehnung<br />
gegen die Ausbeutung durch die<br />
Zwischenhändler, Stolz und<br />
dem Wunsch, die berufliche<br />
Tätigkeit zu verbessern.<br />
„Nach dem Kurs habe ich alles<br />
meiner Mutter erzählt, mit<br />
der ich zusammenarbeite. Statt<br />
die Plastiksachen wie sonst zusammen<br />
anzubieten, haben wir<br />
kleine Häufchen gemacht und<br />
sie getrennt verkauft. Vorher hat<br />
das ungefähr zwei Reais (0,60<br />
Euro) erbracht. Diesmal konnten<br />
wir fünf Reais (1,50 Euro)<br />
bekommen. Das hilft schon.<br />
Beim nächsten Mal kommt<br />
meine Mutter auch mit!” betont<br />
João, ein Wertstoffsammler aus<br />
Olinda.<br />
Das ist erst der Anfang.<br />
Doch bis zur gerechten Bezahlung<br />
von Materialien und<br />
Sammlerleistung von João und<br />
seiner Mutter sowie zu würdevolleren<br />
Arbeitsbedingungen ist<br />
es noch ein langer Weg.<br />
� Raja Litwinoff ist Pädagogin<br />
und seit 2004 Entwicklungshelferin<br />
des DED in Brasilien<br />
� Antonio Bezerra ist Ausbilder<br />
bei der NRO Retome sua Vida<br />
im Projekt CEPARE.<br />
Lager für<br />
Kunststoffmaterial<br />
der Müll-Kooperative<br />
von Cabo<br />
Foto: Raja Litwinoff<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 5
Spektrum<br />
DED-Entwicklungshelferin<br />
Wiebke Schneider gehörte<br />
dem Team der internationalen<br />
Wahlbeobachter an.<br />
Foto: Hans-Ulrich Wessel<br />
6 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Palästina<br />
DED engagiert sich<br />
bei Wahlbeobachtung<br />
Der Stimmzettel wird ordentlich gefaltet. Keiner kann sehen, welcher<br />
Kandidat gewählt wurde. Dann wirft ihn Achmed Muhail aus<br />
Gaza-Stadt in die Wahlurne und bekommt seinen Registrierungsabschnitt<br />
zurück. „Nein, das war nicht meine erste Wahl“, erzählt der<br />
32-Jährige einem DED-Mitarbeiter, „schon bei der Präsidentenwahl<br />
1996 habe ich gewählt, damals Yasser Arafat. Für wen ich heute gestimmt<br />
habe? Das bleibt geheim.“<br />
Insgesamt sieben Präsidentschaftskandidaten standen am Sonntag,<br />
den 9. Januar 2005, zur Wahl, bei einer der vielleicht wichtigsten<br />
Wahlen im Nahen Osten. Es ging nicht nur um die Nachfolge<br />
von Arafat im Präsidentenamt. Es ging auch um die Frage, wer dem<br />
Friedensprozess mit Israel neue Impulse geben kann. 1,8 Millionen<br />
Palästinenser in der Westbank, dem Gaza-Streifen und Ost-Jerusalem<br />
waren zu den Präsidentenwahlen aufgerufen.<br />
Seit dem Tod von Präsident Arafat am 11. November 2004 liefen<br />
die Vorbereitungen zur Wahl auf Hochtouren. Die unabhängige<br />
palästinensische „Zentrale Wahlkommission“ (CEC) bereitete,<br />
unterstützt von internationaler Hilfe, die Abstimmungen in 1078<br />
Wahlstationen im ganzen Land vor und rechnete im Vorfeld mit<br />
einem ordnungsgemäßen Verlauf der Wahlen.<br />
Ob am Wahlsonntag tatsächlich alles mit rechten Dingen zugegangen<br />
ist, darüber haben neben tausenden von ehrenamtlichen<br />
palästinensischen Beobachtern und Helfern nicht zuletzt auch rund<br />
800 internationale Wahlbeobachter gewacht, offizielle wie inoffizielle,<br />
unter ihnen auch acht Fachkräfte des DED, die Gaza und die<br />
Westbank aus eigenem Erleben schon seit längerem kennen. Sie<br />
berichten von ihren Eindrücken.<br />
Es gab weder Gedrängel noch<br />
Unregelmäßigkeiten bei der<br />
Registrierung. Natürlich wird es<br />
für Europäer immer befremdlich<br />
bleiben, dass in den Wahllokalen<br />
kein Rauchverbot gilt.<br />
Wenn überhaupt irgendetwas<br />
den Anschein einer Unregelmäßigkeit<br />
erweckt hat, dann war<br />
es der Andrang beim Buchstaben<br />
„A“.<br />
In Palästina hat jeder Vater<br />
neben seinem Familiennamen<br />
auch noch eine zweite, vielleicht<br />
sogar geläufigere Anrede.<br />
Er nennt sich Abu... (zu<br />
Deutsch: Vater ...). Danach folgt<br />
der Name seines erstgeborenen<br />
Sohnes. Als wir den großen<br />
Andrang bei der sonst raschen<br />
Abfertigung bemerkten, fragten<br />
wir nach. Ein Mitglied des<br />
Wahlkomitees erklärte: „Die<br />
Wähler ordnen sich nach ihren<br />
Abu-Namen ein.“<br />
� Wiebke Schneider, Entwicklungshelferin<br />
des DED in Gaza<br />
Eine hübsche Karikatur in der<br />
konservativen israelischen<br />
Tageszeitung Jerusalem Post<br />
bringt es auf den Punkt: eine<br />
Wahlurne, um die dicht gedrängt<br />
die internationalen<br />
Wahlbeobachter stehen. Und<br />
ein palästinensischer Wähler<br />
versucht verzweifelt, sich durch<br />
das Gedränge zur Wahlurne<br />
durchzukämpfen, um seine<br />
Stimme abzugeben.<br />
In jedem Wahllokal in Ost-<br />
Jerusalem drängen sich die Beobachter.<br />
Einige Wahllokale in<br />
Jerusalem und Ramallah sind<br />
belagert von Journalisten aus<br />
aller Welt, viele mit Mikrofon,<br />
einige mit Satelliten-Schüsseln.<br />
Hier gibt es kein einziges Wahllokal<br />
ohne internationale Wahlbeobachter.<br />
Nur wenige Kilometer außerhalb<br />
Ramallahs und Jerusalems<br />
besuchen DED-Kollegen in den<br />
beiden, durch israelische Militär-Checkpoints<br />
nur schwer erreichbaren<br />
Dörfern Bitin und<br />
Az Za’ayyem zwei Wahllokale,<br />
in die sich den ganzen Wahlsonntag<br />
über kein einziger internationaler<br />
Beobachter verirrt.<br />
In den sechs Wahllokalen Ost-<br />
Jerusalems gibt es viele Beobachter,<br />
aber wenig Wähler. In<br />
Bitin und Az Za’ayyem ist es<br />
umgekehrt: kein Internationaler,<br />
aber viele Wähler und Wählerinnen.<br />
Die DED-Leute kommen<br />
unangemeldet, sie haben keinen<br />
offiziellen Status, nur eine kleine<br />
Visitenkarte dabei. Man bittet<br />
uns ins Wahllokal, lässt uns<br />
die Wahl beobachten, erklärt<br />
das Verfahren. Wer gewählt hat,<br />
bekommt einen Tintenklecks<br />
auf die Hand. Unregelmäßigkeiten?<br />
Wir bemerken nichts, aber<br />
es gäbe sicher Möglichkeiten,<br />
die wir nicht bemerken würden.<br />
In Bitin, dem 2100-Einwohner-<br />
Dorf außerhalb Ramallahs auf<br />
einem Hügel, sind 700 Wähler<br />
registriert. Nur 700? Weit mehr<br />
als die Hälfte der Einwohner<br />
hat das Wahlalter von 18 noch<br />
nicht erreicht - und fast 70 Prozent<br />
der über 18-Jährigen sind<br />
arbeitslos. Vor dem Wahllokal<br />
stehen acht Jugendliche zwischen<br />
16 und 26 Jahren, darunter<br />
ein sympathischer 25-Jähriger.<br />
Das Eis ist schnell gebrochen.<br />
Haben er und seine<br />
Freunde gewählt? Selbstver-
ständlich! Und wen? Er lächelt,<br />
schweigt und fragt, ob wir Arbeit<br />
für ihn haben. Dann zeigt<br />
er uns Ramallah, vom Dorf aus<br />
drei Kilometer Luftlinie entfernt.<br />
Und er zeigt auf den<br />
Checkpoint des israelischen Militärs<br />
zwischen Dorf und Stadt.<br />
„Das ist ein Problem. Da darf<br />
kein Fußgänger rüber.“ Und wie<br />
käme er nach Ramallah, falls<br />
wir wider Erwarten irgendeinen<br />
Job für ihn finden? „Das ist ein<br />
Problem! Wer nach Ramallah<br />
will, muss einen Umweg von<br />
gut 40 Kilometern machen. Das<br />
dauert sehr lange und ist viel zu<br />
teuer!“ Für fast alle Dörfler.<br />
� Peter Röhrig, DED-Landesdirektor<br />
mit Sitz in Ramallah<br />
Mein Einsatzort ist die Stadt<br />
Jenin, die sich im Norden<br />
des Landes befindet. Dazu<br />
gehört auch das Flüchtlingslager<br />
am Stadtrand. Das Lager bietet<br />
etwa 15.000 Flüchtlingen auf<br />
gut einem Quadratkilometer<br />
eine notdürftige Zuflucht.<br />
Vor der Wahlstation, einer<br />
umfunktionierten Grundschule,<br />
stehen junge Palästinenser beisammen,<br />
lachen und unterhalten<br />
sich lebhaft. Von Bedrohungen<br />
oder Einschüchterungsversuchen<br />
keine Spur. Der Wahlboykott<br />
von Hamas und Islamischer<br />
Dschihad scheint den<br />
friedlichen Wahlvorgang nicht<br />
zu gefährden. Über die Station<br />
donnern israelische Düsenjets.<br />
Die Wahlen finden im Inneren<br />
der Schule statt. Die Wahlhelfer<br />
sind jeweils zu viert. Alles<br />
wirkt sehr gut organisiert. Auch<br />
lange Warteschlangen gibt es –<br />
anders als bei den Kommunalwahlen<br />
– nicht. Vor dem Pausenhof<br />
glaubt der Wähler Abu<br />
Slimane den Grund für den ordentlichen<br />
Wahlablauf zu kennen:<br />
„Die Menschen hier haben<br />
eine Sehnsucht nach Demokratie.<br />
Sie sehen, dass dies der richtige<br />
Weg für sie ist.“<br />
� Julian Felder, Praktikant des<br />
DED in Ramallah<br />
Achmed Muhail sitzt am<br />
Abend vor dem Fernseher<br />
in seiner Wohnung und erfährt<br />
das vorläufige Endergebnis:<br />
Mahmud Abbas (Abu Mazen)<br />
wurde mit 62,3 Prozent der<br />
Stimmen gewählt, die Wahlbeteiligung<br />
soll bei 70 Prozent gelegen<br />
haben. Ob er glaube, die<br />
Wahlen seien fair gewesen?<br />
„Fair sind Wahlen erst, wenn<br />
sich alle Wähler frei bewegen<br />
dürfen. Das ist durch die Besatzung<br />
des israelischen Militärs<br />
aber nicht möglich“, antwortet<br />
er. „Aber wir werden noch viele<br />
Wahlen haben in Palästina, und<br />
sie werden immer besser werden!”<br />
Der nächste Wahltermin:<br />
27. Januar 2005, Kommunalwahlen<br />
in Gaza. Und nicht nur<br />
Achmed Muhail wird dabei<br />
sein, sondern sicherlich auch<br />
wieder Wahlbeobachter vom<br />
DED.<br />
� Peter Röhrig ist Journalist<br />
und seit 2003 Landesdirektor<br />
des DED in Palästina.<br />
Palästinenser im Visier<br />
der Beobachter<br />
bei der Wahl in Ramallah<br />
Junge Fatah-Anhänger<br />
feiern den Wahlsieg<br />
Foto: Hans-Ulrich Wessel<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 7<br />
Foto: Luke McBain
Spektrum<br />
Sahar Khalifa<br />
Foto: Sabine Ludwig<br />
Sahar Khalifa:<br />
Die Verheißung<br />
256 Seiten<br />
Unionsverlag 2004<br />
19,90 Euro<br />
8 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Palästina<br />
Ein Gefühl der Ohnmacht<br />
Sahar Khalifa wurde 1941 in Nablus in Palästina geboren. Mit achtzehn Jahren ging<br />
sie eine traditionelle Ehe ein, die dreizehn Jahre dauerte. Nach der Scheidung<br />
begann sie sich dem Schreiben zu widmen. Sie studierte in den USA und arbeitete<br />
als Dozentin an der Universität Bir Zeit in Ramallah. In Nablus gründete sie ein<br />
palästinensisches Frauenzentrum, das sie neben ihrer schriftstellerischen Arbeit<br />
leitet. Heute lebt sie in Nablus und im jordanischen Amman und gehört zur<br />
führenden Riege der arabischen Frauenliteratur.<br />
Das Interview mit<br />
Sahar Khalifa führte Sabine<br />
Ludwig im Oktober 2004<br />
Was bedeutet für Sie die Mauer, die<br />
Ihr Land trennen soll?<br />
Es ist schrecklich! Sie wird<br />
uns keinen Frieden bringen. Sie<br />
hat nicht nur Auswirkungen auf<br />
uns Palästinenser, sondern auch<br />
auf die gesamte arabische Welt,<br />
die sich dadurch gegängelt<br />
fühlt. Der Fundamentalismus<br />
erhält so nur noch mehr Macht<br />
und Überzeugungskraft. Nicht<br />
nur den Intellektuellen, die sich<br />
der Welt öffnen wollen, erschwert<br />
die Mauer die Kontakte,<br />
nein, auch Frauenbewegungen<br />
werden in ihren Entwicklungen<br />
zurückgeworfen.<br />
Wie beurteilen Sie das israelische<br />
Sicherheitsbedürfnis?<br />
Wir sind es, die Schutz benötigen.<br />
Die Welt spricht immer<br />
nur davon, dass die Israelis<br />
geschützt werden müssen, doch<br />
wer schützt uns? Sie sind es, die<br />
Kampfflugzeuge und Raketen<br />
besitzen. Nur wenn die Besatzung<br />
endet, wird Frieden möglich<br />
sein.<br />
Warum gibt es eine derartige<br />
Gewaltbereitschaft schon bei den<br />
Kindern?<br />
Es passiert aus dem Gefühl<br />
der Ohnmacht heraus. Sie wissen,<br />
dass sie nicht unter der<br />
Kontrolle der israelischen Soldaten<br />
leben wollen. In direkten<br />
Kontakt zu ihnen können sie<br />
nicht treten. Ihren Ärger machen<br />
sie mit Steinewerfen Luft.<br />
Wie könnte der Friedensprozess am<br />
effektivsten umgesetzt werden?<br />
Meiner Meinung nach sollte<br />
sich Europa verstärkt in den<br />
Friedensprozess einbringen, als<br />
ihn hauptsächlich in den Händen<br />
der USA zu lassen. Europa<br />
hat zwei Weltkriege hinter sich.<br />
Schon daher befürwortet die<br />
Staatengemeinschaft mehr den<br />
Frieden als vielleicht andere Nationen.<br />
Wie gehen Sie mit der Ausgangssperre<br />
um?<br />
Nach einer Woche hast du<br />
die Nase voll, nach drei Wochen<br />
fühlst du, wie du langsam<br />
verrückt wirst. Du kannst mit<br />
niemanden mehr kommunizieren,<br />
da sie auch die Telefonverbindungen<br />
unterbrechen.<br />
Manchmal wollen sie uns dadurch<br />
auch einfach nur bestrafen,<br />
manchmal für drei Tage<br />
oder für eine ganze Woche oder<br />
sogar mehrmals im Monat, je<br />
nach Gutdünken. Wir können<br />
nichts planen, da wir nie wissen,<br />
wann es wieder soweit ist. Im<br />
Jahr 2002 hielt die Ausgangssperre<br />
vier Monate an. Alle drei<br />
bis vier Tage erhalten wir dann<br />
die Möglichkeit, für zwei Stunden<br />
einkaufen zu gehen, um<br />
uns Essen zu besorgen. Oft werden<br />
auch Elektrizität und Wasser<br />
gekappt, nicht nur die Telefonleitungen.<br />
Und dann fragt<br />
die Weltöffentlichkeit, warum<br />
so viele unserer jungen Leute<br />
terroristische Aktivitäten planen!<br />
Unter ihnen gibt es soviel<br />
Hass und keine Hoffnung.<br />
Können überhaupt palästinensischisraelische<br />
Freundschaften<br />
geschlossen werden?<br />
Nur wenige, früher waren es<br />
viel mehr. Ich hatte auch israelische<br />
Freunde, doch jetzt nicht<br />
mehr. Sie haben Angst, in unseren<br />
Teil des Landes zu kommen,<br />
uns dagegen ist es ver-<br />
boten, hinüber zu gehen. Die<br />
Situation spitzt sich immer<br />
mehr zu. Wir sind uns fremd<br />
geworden.<br />
Die Liebe zwischen einer palästinensischen<br />
und einer israelischen<br />
Person. Gibt es die Möglichkeit, sich<br />
ungestört zu treffen, beispielsweise<br />
in Haifa als liberaler Stadt?<br />
Ausgeschlossen. Wir haben<br />
doch nicht einmal Kontakt miteinander,<br />
wir sehen von ihnen<br />
doch nur die Panzer, keine<br />
menschlichen Wesen, sondern<br />
nur Maschinen. Und was Haifa<br />
angeht, so kann ich nicht so<br />
einfach dorthin reisen, normalerweise<br />
darf ich nicht einmal<br />
Nablus verlassen. Und die Liebe<br />
zwischen einer Palästinenserin<br />
und einem Israeli, wie ich sie in<br />
einem meiner Bücher thematisiert<br />
habe, würde nicht überleben.<br />
Im Gegenteil, mein Volk<br />
würde die Frau umbringen. So<br />
eine Liebesbeziehung hat es<br />
noch nie gegeben.<br />
Sind Kopftücher eher ein Ausdruck<br />
politischen Protests oder der<br />
Religion?<br />
Noch vor 30 Jahren gab es<br />
keine einzige Frau, die ein<br />
Kopftuch getragen hätte. Das<br />
Tragen steht in starkem Zusammenhang<br />
mit dem Erstarken<br />
des Fundamentalismus. Da<br />
stecken sowohl politische wie<br />
auch religiöse Motive dahinter.<br />
Das Gefühl der Niederlage verursacht<br />
den Rückzug in die Religion.<br />
Dahinter verbirgt sich<br />
auch immer eine politische Botschaft.<br />
Es ist wirklich bedrohlich,<br />
auch für uns.<br />
� Sabine Ludwig ist Redakteurin<br />
des DED-Briefes.
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Berufliche Bildung als Leistungsbereich<br />
im DED – hat das noch Zukunft?<br />
Im Spannungsfeld hoher Anforderungen der modernen Wirtschaft<br />
und als Basisqualifikation für die Mehrheit der Bevölkerung<br />
Viel härter noch als bei uns betrifft Arbeitslosigkeit die Menschen in unseren<br />
Partnerländern. Im formalen Sektor der Wirtschaft und der Verwaltung erreichen<br />
nur die Besten und Beziehungsreichsten die wenigen Arbeitsstellen. Gar eine<br />
eigene Existenz aufzubauen ist für die meisten Menschen nur ein vager Hoffnungsschimmer.<br />
Es gilt also, sich mit viel Zähigkeit, Flexibilität, Ideen und Optimismus<br />
Nischen zu suchen, um ein ausreichendes Einkommen zum Überleben zu sichern<br />
und eine Zukunftsperspektive zu erarbeiten. Berufliche Aus- und Weiterbildung ist<br />
insofern eine Investition in die Zukunft. Nur wenn auf das Ende einer Ausbildungsmaßnahme<br />
eine Beschäftigung folgt oder gesichert wird, lohnt sich der hohe Einsatz<br />
aller Beteiligten.<br />
Klaus-Dieter Seidel<br />
In seiner Strategie hat sich der<br />
DED zu Recht für die Konzentration<br />
auf bestimmte Arbeitsfelder<br />
entschieden. Im Rahmen<br />
der Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung<br />
gehört<br />
dazu als ein wichtiger Leistungsbereich<br />
die berufliche Bildung.<br />
Immerhin noch 117 Fachkräfte<br />
(Stand 1. Januar 2003), knapp<br />
13 Prozent, sind diesem Bereich<br />
zuzuordnen.<br />
Zuletzt im Jahr 2000 hat sich<br />
das Fachreferat konzeptionell<br />
im Rahmen der Überarbeitung<br />
seiner Fachleitlinie mit diesem<br />
Bereich beschäftigt. Nachdem in<br />
früheren Jahren der TH (Technik-Handwerk)-Bereich<br />
mit<br />
Schwerpunkt in der Berufsbildung<br />
doch deutlich vom KM<br />
(Kleingewerbe, Management)-<br />
Bereich getrennt war, wurden<br />
nun die vorhandenen, sich ergänzenden<br />
Elemente herausgestellt.<br />
Im Fokus all unserer<br />
Bemühungen steht seitdem das<br />
Thema Beschäftigung. Mit all<br />
seinem Tun will der DED entweder<br />
Arbeitsplätze stabilisieren<br />
(Minimalziel) oder aber sogar<br />
zu einer Steigerung von Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
(Wachstumsziel) beitragen. Um<br />
das beispielsweise im Bereich<br />
der Berufsbildung zu erreichen,<br />
gilt es, konsequent nachfrageorientiert,<br />
das heißt, ausgerichtet<br />
an den Bedürfnissen der vorwiegend<br />
lokalen Handwerker- und<br />
Unternehmerschaft vor allem<br />
praxisorientiert auszubilden.<br />
Interessant in diesem Kontext<br />
ist, dass derzeit auch ein<br />
Abstimmungsprozess zwischen<br />
dem für die Entwicklungszusammenarbeit<br />
(EZ) zuständigen<br />
BMZ (Bundesministerium für<br />
wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung) und seinen<br />
Durchführungsorganisationen<br />
DED, GTZ (Deutsche Gesellschaft<br />
für Technische Zusammenarbeit),<br />
INWENT (Internationale<br />
Weiterbildung und<br />
Entwicklung gGmbH) und KfW<br />
(Kreditanstalt für Wiederaufbau)<br />
stattfindet, der als Ergebnis in<br />
einem Positionspapier (das Sek-<br />
torkonzept zu beruflicher Bildung<br />
des BMZ ist mittlerweile<br />
rund zehn Jahre alt) die Richtung<br />
der Berufsbildungszusammenarbeit<br />
in den nächsten Jahren<br />
vorgeben wird.<br />
Schwerpunktregionen<br />
und Länder<br />
Nachdem der DED eigentlich<br />
seit Anbeginn seiner Existenz in<br />
Maßnahmen der beruflichen<br />
Bildung in nahezu allen Partnerländern<br />
tätig war, hat sich in<br />
den letzten Jahren doch eine<br />
deutliche Verringerung und<br />
regionale Konzentration der<br />
Ansätze zur Mitarbeit ergeben.<br />
Die berufliche Bildung<br />
ist ein wichtiger<br />
Leistungsbereich des DED.<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 9<br />
Foto: Timo Weinacht
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Durch gezielte Praktika sollen<br />
die Theoriekenntnisse der<br />
Studenten ergänzt werden.<br />
Foto: Lars Teschke<br />
10 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Diese haben sich zum Teil organisch<br />
entwickelt, zum anderen<br />
sind sie durch die seit einigen<br />
Jahren verfolgte Konzentration<br />
der deutschen EZ auf bestimmte<br />
Sektorschwerpunkte entstanden.<br />
Zwei Beispiele: In Lateinamerika<br />
hat sich der DED bis<br />
Anfang der achtziger Jahre noch<br />
in diversen Ländern an Maßnahmen<br />
der beruflichen Bildung<br />
beteiligt. Bedingt durch<br />
die damaligen gesellschaftlichen<br />
Umbrüche durch Militärdiktaturen<br />
erfolgte eine zunehmende<br />
programmatische Ausrichtung<br />
der DED-Landesprogramme in<br />
Richtung Förderung der Zivilgesellschaft<br />
mit Fokus auf die Unterstützung<br />
demokratischer Prozesse.<br />
Heute kann man feststellen,<br />
dass der formale Berufsbildungsbereich<br />
für den DED<br />
quasi nicht mehr existiert, informelle<br />
Weiterbildungsansätze im<br />
Rahmen von Kleingewerbeförderung<br />
aber nach wie vor vereinzelt<br />
anzutreffen sind.<br />
Als Gegenbeispiel sei hier<br />
Uganda genannt. Während der<br />
DED das Thema Berufsbildung<br />
bis Mitte des Jahres 2000 eher<br />
randständig betrachtete und seinen<br />
Schwerpunkt auf andere<br />
Sektoren legte, erfolgte im Rahmen<br />
der Schwerpunktsetzung<br />
des BMZ nun ein radikaler<br />
Wechsel. Andere Sektoren wurden<br />
konsequent abgebaut, und<br />
heute ist die berufliche Bildung<br />
die tragende Säule im DED-<br />
Landesprogramm.<br />
Wo also liegen die Schwerpunktregionen<br />
und Länder des<br />
DED im Rahmen der beruflichen<br />
Bildung? Lateinamerika<br />
wurde bereits erwähnt. In Westafrika<br />
wird, mit Ausnahme von<br />
Ghana, die Berufsbildung in<br />
Zukunft nicht mehr zu den Sektorschwerpunkten<br />
gehören.<br />
Auch hier ist es eher der<br />
Schwerpunktsetzung des BMZ<br />
geschuldet, als einer eigen bestimmten<br />
Entscheidung des<br />
DED. Bleiben noch die beiden<br />
anderen Regionen, in denen der<br />
DED arbeitet: Asien, sowie das<br />
östliche und südliche Afrika.<br />
Und in der Tat liegen hier momentan<br />
die Schwerpunkte unseres<br />
Engagements. Hervorzuheben<br />
sind dabei in Asien derzeit<br />
die Länder Jemen, Vietnam,<br />
Laos, Philippinen und Afghanistan,<br />
während es im östlichen<br />
und südlichen Afrika vor allem<br />
Äthiopien, Ruanda und Uganda<br />
sind.<br />
Aufgaben der Fachkräfte<br />
Was sind nun die Aufgaben der<br />
Fachkräfte des DED und wie<br />
haben sie sich im Lauf der Zeit<br />
verändert? Heutzutage steht der<br />
Entwicklungshelfer in der Regel<br />
nicht mehr selbst an der Werkbank<br />
oder an der Tafel im Klassenraum.<br />
Einheimische Fachkräfte<br />
haben diese Funktion<br />
längst übernommen. Der Beitrag<br />
des DED besteht nun eher<br />
darin, die einheimischen Kolle-<br />
ginnen und Kollegen in Fragen<br />
der Methodik und Didaktik sowie<br />
in Fragen des Technologietransfers<br />
zu unterstützen und<br />
weiter zu qualifizieren.<br />
Des Weiteren geht es um die<br />
Praxisorientierung der Ausbildung.<br />
Hier wird der Kontakt<br />
zur lokalen Handwerkerschaft<br />
und Industrie gesucht, um für<br />
die Studenten Praxisaufenthalte<br />
in den Betrieben zu ermöglichen,<br />
so dass sie die Realität des<br />
Arbeitslebens kennen lernen.<br />
Manchmal können so schon<br />
Absprachen zur Anstellung von<br />
Studenten nach erfolgreichem<br />
Abschluss erreicht werden. Die<br />
Privatwirtschaft muss darüber<br />
hinaus bei der Festlegung notwendiger<br />
zu erlangender Kompetenzen<br />
im jeweiligen Berufsbild<br />
mit eingebunden werden.<br />
Ein weiterer Aspekt ist die Unterstützung<br />
der Schulleitung<br />
durch Management- und Organisationsberatung.<br />
Schließlich<br />
gehört auch die Entwicklung<br />
von Lehrplänen zu den Aufgabenfeldern<br />
von DED-Fachkräften.<br />
Die Zusammenarbeit im<br />
formalen Bereich findet sowohl<br />
mit staatlichen als auch privaten,<br />
meistens kirchlichen Trägern<br />
statt.<br />
Bei der non-formalen Berufsausbildung<br />
geht es vor allem<br />
um Bedarfsermittlungen, modulare<br />
Kurssysteme und vor allem<br />
um die Einbindung von Unternehmen<br />
in die berufliche Bildung.<br />
Im Rahmen von on-the-
job-trainings stehen beispielsweise<br />
Fortbildungen in den Betrieben<br />
und die Weiterbildung von<br />
Mitarbeitern und Betriebsinhabern<br />
im Fokus des DED-Engagements.<br />
Häufig ergeben sich<br />
dabei Kooperationsmöglichkeiten<br />
mit Berufsschulen, die ihre<br />
Werkstätten und Klassenräume<br />
abends, an Wochenenden oder<br />
in den Ferien für solche Kurse<br />
zur Verfügung stellen. Sie können<br />
so zusätzliche Einnahmen<br />
gewinnen und einen Teil davon<br />
zur besseren Bezahlung der eigenen<br />
Lehrkräfte und Ausbilder<br />
nutzen.<br />
Schließlich gibt es noch den<br />
Bereich der Abgängerbetreuung,<br />
einer weiteren Schnittstelle zur<br />
Kleingewerbeförderung. Im Sinne<br />
von Monitoring sollten Verbleibstatistiken<br />
geführt werden,<br />
denn nur so lässt sich feststellen,<br />
ob denn die Ausgebildeten<br />
auch wirklich dem Bedarf des<br />
nachfragenden Marktes entsprechen<br />
und von ihm angenommen<br />
werden. Darüber hinaus<br />
geht es um Fragen der gezielten<br />
Existenzgründung geeigneter<br />
Kandidaten und der daran<br />
anschließenden notwendigen<br />
Phase der Betriebsberatung.<br />
Herausforderungen<br />
und neue Aufgaben<br />
Berufliche Bildung steht im<br />
Spannungsfeld hoher Qualifikationsanforderungen<br />
der modernen<br />
Wirtschaft einerseits, und<br />
dem Bedarf der Bevölkerungsmehrheit<br />
nach einfachen Basisqualifikationen<br />
andererseits. Es<br />
gilt also den Beitrag des DED<br />
der jeweiligen Situation im Partnerland<br />
anzupassen. Während<br />
es in Afghanistan nach über<br />
zwanzigjährigem Bürgerkrieg<br />
um eine unmittelbar nutzbare<br />
Kurzzeitausbildung zum Einkommenserwerb<br />
geht, stellen<br />
sich in einem Schwellenland<br />
wie den Philippinen mittlerweile<br />
eher Aufgaben im Bereich<br />
moderner Kommunikationstechnologie,<br />
wie Ausbildungskurse<br />
für Angestellte in so genannten<br />
Call-Centern.<br />
Die Wirkungen des DED-<br />
Engagements sind dort deutlich<br />
größer, wo der DED entweder<br />
mit einer gewissen Anzahl an<br />
Entwicklungshelfern in einem<br />
gemeinsamen Programm, bei-<br />
spielsweise im Bereich der beruflichen<br />
Bildung, oder aber im<br />
Rahmen einer sinnvollen Trennung<br />
der Interventionsebenen<br />
(und hier steht der DED für<br />
seine Nähe zur Zielgruppe auf<br />
Mikro- und Mesoebene) eine<br />
Sichtbarkeit auch für Außenstehende<br />
erlangt.<br />
Keine einmalige<br />
Veranstaltung<br />
Berufliche Bildung ist in unseren<br />
Partnerländern keine einmalige<br />
Veranstaltung. Im Rahmen<br />
der Globalisierung der Wirtschaft<br />
finden rasche Veränderungsprozesse<br />
statt, die eine laufende<br />
Ergänzung und Erweiterung<br />
und gegebenenfalls sogar<br />
eine Neuausrichtung des Fachwissens<br />
erfordern. Darüber hinaus<br />
gibt es Verknüpfungen zum<br />
Bereich der Grundbildung im<br />
Sinne von notwendiger Eingangsvoraussetzung<br />
für Berufsbildungsmaßnahmen.Durchlässige<br />
Systeme lebenslangen Lernens<br />
werden hier eine wichtige<br />
Rolle übernehmen müssen.<br />
Und schließlich das duale (deutsche)<br />
System, selbst wenn es<br />
nur in angepasster Form zur<br />
Anwendung kommt, entspricht<br />
nicht immer den Notwendigkeiten<br />
vor Ort. Modulare Systeme<br />
befinden sich auf dem Vormarsch,<br />
und ohne ideologische<br />
Verspannung sollte das jeweils<br />
beste System zur Anwendung<br />
kommen bzw. sollten sie sich<br />
organisch ergänzen.<br />
Beim DED hat die berufliche<br />
Bildung eine Zukunft als<br />
Leistungsbereich. Jedoch mehr<br />
als früher muss sie sich den immer<br />
schneller verändernden<br />
Rahmenbedingungen sowohl<br />
der Globalisierung als auch den<br />
konkreten Erfordernissen im jeweiligen<br />
Partnerland anpassen.<br />
Sinnvollerweise tut sie das nicht<br />
als Einzelkämpfer, sondern im<br />
Rahmen von Kooperationen sowohl<br />
mit den anderen deutschenDurchführungsorganisationen<br />
der EZ als auch mit anderen<br />
internationalen Akteuren<br />
auf diesem Feld.<br />
� Klaus-Dieter Seidel ist<br />
Diplom-Kaufmann und Leiter<br />
des Fachreferates Wirtschafts-<br />
und Beschäftigungsförderung/Entwicklungspartnerschaften<br />
mit der Wirtschaft<br />
beim DED<br />
Die Privatwirtschaft sollte<br />
in die Lehrplanerstellung<br />
mit eingebunden werden.<br />
Foto: Claudia Euen<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 11
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Autorin Jutta Heckel mit<br />
Markus Hirschmann von der<br />
regionalen Bildungsstelle<br />
in Göttingen<br />
Foto: DED<br />
12 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Armutsminderung<br />
durch entwicklungspolitische<br />
Bildungsarbeit<br />
Mut zu schwierigen Themen – auch im eigenen Land<br />
Im September 2003 hat der DED unter dem Motto „Bildung trifft Entwicklung“ seine<br />
entwicklungspolitische Bildungsarbeit in Deutschland systematisch ausgebaut.<br />
Die Initiative „Bildung trifft Entwicklung“ ist Teil des DED-Beitrags zum Aktionsprogramm<br />
2015 (AP 2015) der Bundesregierung zur Armutsbekämpfung und ergänzt<br />
die Projektarbeit in den Partnerländern. Ziel der Arbeit ist es, Menschen in Deutschland<br />
ein differenzierteres Bild über das Leben in Entwicklungsländern zu geben und<br />
auf die globalen Zusammenhänge zwischen Entwicklungs- und Industrieländern<br />
aufmerksam zu machen.<br />
Jutta Heckel<br />
Im Zentrum stehen dabei die<br />
Fragen „Was haben Themen<br />
wie Armut und Globalisierung<br />
mit mir zu tun?“ und „Wie<br />
kann ich selbst etwas zu einer<br />
nachhaltigen und zukunftsfähigen<br />
Entwicklung beitragen?“<br />
Hinter dieser Zielsetzung verbirgt<br />
sich ein hoher Anspruch.<br />
Menschen an komplexe und negativ<br />
besetzte Themen wie Armut<br />
heranzuführen, ohne dabei<br />
Gefühle der Ohnmacht oder<br />
Ablehnung hervorzurufen, son-<br />
dern sie im Gegenteil dazu zu<br />
motivieren, selbst aktiv zu werden,<br />
erfordert mehr als die<br />
„richtigen“ Inhalte und didaktisches<br />
Geschick.<br />
Regionale Bildungsstellen<br />
Deshalb hat der DED zusätzlich<br />
zum Schulprogramm in<br />
Berlin in Düsseldorf, Göttingen,<br />
Reutlingen und Weimar regionale<br />
Bildungsstellen aufgebaut.<br />
Hier entwickeln hauptamtliche<br />
Bildungsreferenten gemeinsam<br />
mit Rückkehrerinnen und Rück-<br />
kehrern spezifische Bildungsangebote<br />
für interessierte Gruppen<br />
aus Erwachsenenbildung, Jugendarbeit<br />
und Schule. Die<br />
Themenschwerpunkte der Angebote<br />
sind „Umwelt und ländliche<br />
Entwicklung“, „Einkommen<br />
schaffen“, „Frauen stärken“,<br />
„Gesellschaftliche Teilhabe von<br />
Armen“, sowie „Konfliktbearbeitung<br />
und Friedensförderung“.<br />
Diese Schwerpunkte ermöglichen<br />
einen direkten Bezug<br />
zur Arbeit des DED in den<br />
Partnerländern. Rückkehrer können<br />
ihre Projekterfahrungen für
die Bildungsarbeit nutzen und<br />
gleichzeitig vielfältige Verknüpfungspunkte<br />
zum Alltag in<br />
Deutschland aufzeigen.<br />
Themen des<br />
globalen Lernens<br />
Gleichzeitig bieten die regionalen<br />
Bildungsstellen, wie auch<br />
das Schulprogramm Berlin, den<br />
Rückkehrern und anderen Multiplikatoren<br />
fachliche und didaktische<br />
Beratung, Weiterbildung<br />
und passende Lernmaterialien<br />
zu diversen Themen des<br />
globalen Lernens an. Die regionalen<br />
Bildungsstellen übernehmen<br />
auch die Vermittlung der<br />
Rückkehrerreferenten.<br />
Hier nur einige Beispiele aus<br />
der Bildungsarbeit:<br />
� in Nordrhein-Westfalen bietet<br />
die regionale Bildungsstelle<br />
in Kooperation mit den Volkshochschulen<br />
Seminare zum<br />
Thema Ökotourismus an<br />
� in Berlin können sich Lehrerinnen<br />
und Lehrer verschiedener<br />
Jahrgangsstufen unter dem<br />
Titel „ Armutsbekämpfung –<br />
eine globale Aufgabe: Das Aktionsprogramm<br />
2015“ fortbilden<br />
� in Reutlingen zeigte die regionale<br />
Bildungsstelle in Kooperation<br />
mit dem Naturkundemuseum<br />
eine Ausstellung zum<br />
Thema Wasser mit zahlreichen<br />
Veranstaltungen für Schüler und<br />
Lehrer<br />
� in Göttingen führt die regionale<br />
Bildungsstelle in Kooperation<br />
mit der Fachhochschule Seminarreihen<br />
für Studenten zum<br />
Thema Partizipation durch<br />
� in Weimar entdecken Kinder,<br />
wie andere Kinder am Amazonas<br />
leben und wie der Regenwald<br />
„funktioniert“<br />
Der DED hat sich zum Ziel gesetzt,<br />
mit seiner Bildungsarbeit<br />
auch auf neue Zielgruppen zuzugehen.<br />
Eine besondere Herausforderung<br />
ist es für „Menschen<br />
im Arbeits- und Wirtschaftsleben“<br />
passende Angebote<br />
zu entwickeln. Erste Schritte<br />
wurden unternommen, um Themen<br />
wie Fairer Handel und<br />
Öko- und Sozialstandards für<br />
Konsumenten, aber auch für<br />
Unternehmer, aufzubereiten.<br />
Hierbei steht die entwicklungs-<br />
politische Bildungsarbeit im engen<br />
Austausch mit dem DED-<br />
Fachreferat Wirtschafts- und<br />
Beschäftigungsförderung.<br />
Runder Tisch<br />
Um Kräfte zu bündeln und der<br />
entwicklungspolitischen Bildungsarbeit<br />
mehr Gewicht zu<br />
verleihen, kooperiert der DED<br />
bei der Gestaltung seiner Bildungsarbeit<br />
mit Nichtregierungsorganisationen,Bildungsträgern<br />
und anderen gesellschaftlichen<br />
Akteuren auf lokaler,<br />
regionaler und bundesweiter<br />
Ebene. So beteiligt sich der<br />
DED auch am Runden Tisch,<br />
einer Initiative, die anlässlich<br />
der UN (Vereinte Nationen)-<br />
Dekade „Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung“ ins Leben gerufen<br />
wurde. Zusammen mit rund<br />
80 anderen gesellschaftlichen<br />
Akteuren wird dort der deutsche<br />
Beitrag zur UN-Dekade „Bildung<br />
für Nachhaltige Entwicklung“<br />
geplant und erste Schritte<br />
zu seiner konkreten Umsetzung<br />
vorbereitet.<br />
Ansprechpartner sind:<br />
� Regionale Bildungsstelle<br />
Düsseldorf – Katrin Koops<br />
Telefon (02 11) 83 68 01 00<br />
duesseldorf@<strong>ded</strong>.de<br />
� Regionale Bildungsstelle Göttingen<br />
– Markus Hirschmann<br />
Telefon (05 51) 3 70 74 80<br />
goettingen@<strong>ded</strong>.de<br />
� Regionale Bildungsstelle<br />
Reutlingen – Sigrid Schell-<br />
Straub<br />
Telefon (0 71 21) 9 47 99 81<br />
reutlingen@<strong>ded</strong>.de<br />
� Regionale Bildungsstelle<br />
Weimar – Elisabeth Bolda<br />
Telefon (0 36 43) 81 18 82<br />
weimar@<strong>ded</strong>.de<br />
� Schulprogramm Berlin –<br />
Mechthild Lensing<br />
Telefon (030) 25 46 45 78<br />
Schulprogrammm.berlin@<strong>ded</strong>.de<br />
� Koordination DED-Zentrale<br />
– Jutta Heckel<br />
Telefon (02 28) 2 43 41 41<br />
Bildung.ap2015@<strong>ded</strong>.de<br />
� Jutta Heckel ist<br />
Koordinatorin der<br />
entwicklungspolitischen<br />
Bildungsarbeit des DED<br />
Spielerisch entdecken<br />
Kinder andere Welten<br />
und Kulturen<br />
Als „faire Früchtchen“<br />
für globales Lernen<br />
unterwegs<br />
Foto: DED<br />
Foto: Ellen Schmidt<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 13
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
soll schon im<br />
Kindesalter gefördert werden.<br />
Foto: Ellen Schmidt<br />
14 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Peru<br />
Persönliche Eindrücke<br />
bewirken mehr als Lehrbücher<br />
Erfahrungen und Perspektiven: das DED-Schulprogramm<br />
Mitten in Berlin – zwischen Potsdamer Platz, Regierungsviertel, Jüdischem<br />
Museum, Tempodrom und Martin-Gropius-Bau, wo Geschichte, Kultur und Politik<br />
aufeinander treffen – befinden sich im Deutschlandhaus die Räume des DED-<br />
Schulprogramms. Hier werden andere Kulturen und Lebensweisen sichtbar, fühlbar,<br />
hörbar und (be)greifbar gemacht.<br />
Reinhild Schumacher/<br />
Dr. Ellen Schmidt<br />
Ehemalige Entwicklungshelferinnen<br />
und Entwicklungshelfer<br />
berichten Schülerinnen,<br />
Schülern und anderen Interessierten<br />
nicht nur von ihrem<br />
Erlebten, sondern diskutieren<br />
auch über aktuelle entwicklungspolitische<br />
Themen.<br />
Interview<br />
Die Rückmeldungen der<br />
Schüler und des Lehrpersonals<br />
sind durchweg positiv und ihre<br />
Begeisterung für die Themen<br />
spürbar. Diese Erfahrung wird<br />
auch von anderen in der Bildungsarbeit<br />
tätigen ehemaligen<br />
Entwicklungshelfern geteilt. Wir<br />
wollten genauer wissen, wie<br />
wichtig es für Schüler und Lehrer<br />
ist, entwicklungspolitische<br />
Themen im Unterricht zu besprechen,<br />
und inwieweit sie die<br />
Unterrichtsgestaltung durch das<br />
DED-Schulprogramm sinnvoll<br />
finden.<br />
Hierzu haben wir am Ende<br />
einiger Veranstaltungen Fragebögen<br />
in den Mittel- und Oberstufen<br />
ausgeteilt. Eine Analyse<br />
der 68 Fragebögen bestätigt die<br />
Eindrücke, die wir aus den Ge-<br />
Interview von Reinhild Schumacher mit Mechthild Lensing<br />
Für Referenten und alle an der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit Interessierten ist Mechthild<br />
Lensing als Leiterin des DED-Schulprogramms in Berlin der Dreh- und Angelpunkt. Im folgenden<br />
Interview gibt sie einen Einblick in ihre Arbeit, ihre Erfahrungen und in die Perspektiven des DED-<br />
Schulprogramms.<br />
Was beschäftigt Sie bei Ihrer Arbeit besonders?<br />
Der Aufbau der neuen Regionalstellen in Reutlingen, Göttingen, Düsseldorf und Weimar. Sie bedeuten<br />
für das Schulprogramm Berlin eine große Chance, aus dem Nischendasein herauszukommen. Die<br />
Umsetzung des Aktionsprogramms 2015 und das Erschließen neuer Zielgruppen, auch aus der Wirtschaft,<br />
das sind Herausforderungen, die wir gemeinsam in der nächsten Zeit angehen werden.<br />
Welche Bedeutung hat das DED-Schulprogramm für die Zielgruppen?<br />
Entwicklungshelfer sind begehrte Referenten, weil sie über ihre konkreten Erfahrungen berichten<br />
können. Für die Teilnehmenden schafft das einen direkteren und lebendigeren Zugang zu den Themen.<br />
Die Fachkräfte haben darüber hinaus ihre Schwerpunktbereiche, in denen sie tätig waren, sei es<br />
Ressourcenschutz, Ökotourismus, fairer Handel, HIV-Prävention und vieles mehr, die mit den Zielgruppen<br />
abgestimmt werden. Die langjährigen Erfahrungen im Bereich des globalen Lernens fließen<br />
auch in die Lehrerfortbildung mit ein.<br />
Welche Hindernisse und Schwierigkeiten gibt es für das DED-Schulprogramm?<br />
Das Schulprogramm hat den Umzug des DED nach Bonn erstaunlich gut verkraftet. Nicht befriedigend<br />
ist, dass wir die Arbeit mit zwei halben Stellen bewältigen müssen, die zudem beide nicht langfristig<br />
abgesichert sind.<br />
Was bedeutet die Arbeit im DED-Schulprogramm für Sie ganz persönlich?<br />
Da ich selbst einmal Entwicklungshelferin war, kann ich nun die Auseinandersetzung mit wichtigen<br />
entwicklungspolitischen Fragen auch beruflich weiter führen. Außerdem bereichern mich die vielen<br />
Kontakte zu den im Bildungsbereich arbeitenden Nichtregierungsorganisationen.<br />
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des DED-Schulprogramms?<br />
Viele Regionalstellen, mit denen ich innovativ und produktiv zusammen arbeiten kann. Und einen<br />
DED, in dem die Bildungsarbeit als dritter Gesellschaftszweck verankert ist.
Wie schmeckt denn Wasser anderswo? Foto: Ellen Schmidt<br />
sprächen mit ihnen gewonnen<br />
haben und fügt interessante<br />
Aspekte hinzu.<br />
Danach schätzen Schüler wie<br />
auch Lehrer die Wichtigkeit entwicklungspolitischer<br />
Themen im<br />
Schulunterricht als sehr hoch<br />
ein. Sie fühlen sich überwiegend<br />
als Weltbürger, für die die<br />
Kenntnis anderer Länder und<br />
Kulturen zum Allgemeinwissen<br />
gehört, um so auch fundiert<br />
mitreden zu können.<br />
Gleiche Herausforderungen<br />
Nur einige wenige Schüler finden<br />
entwicklungspolitische Themen<br />
im Unterricht nicht wichtig.<br />
Die der Oberstufe begründen<br />
es mit dem vollen Stundenplan,<br />
wobei das Thema generell<br />
als interessant und wissenswert<br />
eingestuft wird. In der Mittelstufe<br />
zeigt sich eher, dass Entwicklungshelfer<br />
und Lehrer die<br />
gleichen Herausforderungen teilen:<br />
Einige Schüler seien schwer<br />
zu motivieren.<br />
Die Gestaltung des Unterrichts<br />
durch Referentinnen und<br />
Referenten des DED-Schulprogramms<br />
wird grundsätzlich als<br />
sinnvolle Alternative und Ergänzung<br />
zum regulären Unterricht<br />
betrachtet. Schüler wie<br />
auch Lehrer schätzen die<br />
Authentizität der Unterrichtsgestaltung:<br />
Realitäts- und Praxisnähe<br />
durch das Berichten von<br />
Kinder<br />
Mit Kindern<br />
auf Reisen gehen<br />
Kinder sind offen und neugierig,<br />
wollen die mitgebrachten<br />
Gegenstände betrachten und<br />
berühren, staunen über die Bilder<br />
und fragen immer wieder<br />
nach. Ziel der Veranstaltungen<br />
an Grundschulen ist es, die<br />
Schülerinnen und Schüler in<br />
die Lage zu versetzen, ihre eigene<br />
Lebenswelt als Teil eines<br />
globalen Ganzen zu begreifen<br />
und Toleranz gegenüber fremden<br />
Kulturen zu wecken.<br />
Zu Beginn kann jedes Kind eine<br />
ihm besonders wichtige Frage<br />
stellen. Die eigene Phantasie<br />
wird dabei inspiriert durch<br />
Fotos, eine Weltkarte, Bekleidung,<br />
Musik, religiöse Gegenstände,<br />
Spielzeug und Küchengeräte.<br />
Beim Lernen mit allen<br />
Sinnen darf landestypische Bekleidung<br />
angezogen, an fremden<br />
Gewürzen geschnuppert,<br />
von exotischen Gerichten gekostet<br />
und den Geschichten<br />
von märchenhaften Göttern<br />
gelauscht werden. Die Kinder<br />
kommen so mit auf die Reise,<br />
erleben die fremden Welten als<br />
bunt und Neugier weckend,<br />
eben als einfach anders. Ihre<br />
letzte Frage lautet häufig:<br />
„Wann kommst du wieder?“<br />
Dr. Ellen Schmidt<br />
Erfahrungsbericht<br />
Jugendliche sind besser als ihr Ruf<br />
Als ich mich beim DED-Schulprogramm wegen einer Referentinnen-Tätigkeit<br />
meldete, dachte ich in erster Linie an die Arbeit mit<br />
Kindern oder Erwachsenen. Mechthild Lensing schlägt mir stattdessen<br />
den Termin mit einer Abiturklasse vor. Mein Herzschlag<br />
erhöht sich nicht unbeträchtlich. Die Erinnerung an die eigene<br />
Schulzeit ist auf einmal wieder da: Jugendliche, aufsässig, Anti-<br />
Haltung, desinteressiert und betont gelangweilt. Und dann die<br />
Lehrerschaft: Inkarnation akribischer Wissensansammlung, stets<br />
darauf bedacht, unbequeme Fragen zu stellen, Unwissen zu<br />
identifizieren und mit schlechten Noten zu honorieren.<br />
Mit diesen Bildern im Kopf, einem Rucksack voller Materialien,<br />
mulmigem Gefühl im Bauch und dem festen Entschluss, gemeinsam<br />
mit den Lehrkräften und der Abiturklasse über den Tellerrand<br />
des vorgeschriebenen Lehrplanes zu schauen, mache ich mich auf<br />
den Weg zum ersten Einsatz. Stunden später verlasse ich leicht beflügelt<br />
die Stätte des Wissens, haben sich doch meine Vorurteile in<br />
Luft aufgelöst: Interessierte Schülerinnen und Schüler sowie zwei<br />
Lehrer, die Fragen stellen, nicht um mein Wissen zu prüfen, sondern<br />
weil sie weiße Flecken auf ihren Landkarten haben. Außerdem<br />
habe ich durch die Fragen der Schüler einige Ideen bekommen,<br />
was ich an meinem Programm für das nächste Mal noch verändern<br />
und ergänzen kann.<br />
Damit ausgestattet sind die nächsten Einsätze in Mittel- und<br />
Oberstufenklassen ein wahres Vergnügen. Im Vorfeld werden mit<br />
den Lehrerinnen und Lehrern die inhaltlichen Schwerpunkte der<br />
Veranstaltung abgesprochen, damit es nicht ausschließlich um<br />
Entwicklungszusammenarbeit und die Darstellung des Projektes<br />
geht, sondern – je nach Schwerpunkt – auch über Themen zu<br />
Entstehung und Wandel offizieller Familienplanungspolitik, reproduktiver<br />
Gesundheit, HIV/AIDS und Gesundheitsversorgung in<br />
Krisengebieten. Häufig entstehen Debatten über weibliche<br />
Genitalverstümmelung, Gender, die Entsendung von UN (Vereinte<br />
Nationen)-Truppen in Krisengebiete und vieles mehr.<br />
Reinhild Schumacher<br />
persönlich Erlebtem und Gegenstände<br />
aus den Partnerländern<br />
steigern für sie den Unterhaltungs-<br />
und Informationswert.<br />
Nicht ausschließlich die reine<br />
Sachinformation, sondern das<br />
sinnliche Erleben bleibt für sie<br />
positiv in Erinnerung. Auch die<br />
Bildung einer eigenen Sichtweise<br />
hinsichtlich entwicklungspolitischer<br />
Themen ist für die<br />
Jugendlichen wichtig.<br />
� Reinhild Schumacher ist Gesundheitswissenschaftlerin<br />
und war als Entwicklungshelferin<br />
des DED von 2000<br />
bis 2002 in Ruanda<br />
� Dr. Ellen Schmidt ist Agraringenieurin<br />
und war als Entwicklungshelferin<br />
des DED<br />
von 2000 bis 2002 in Nepal<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 15
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Wer wagt, gewinnt: Das<br />
Reisen aus einem anderen<br />
Blickwinkel betrachten<br />
Foto: DED<br />
Info<br />
Regionale Bildungsstelle<br />
des DED<br />
c/o InWEnt, Katrin Koops<br />
Wallstraße 30<br />
40213 Düsseldorf<br />
Telefon (02 11) 83 68 01 00<br />
duesseldorf@<strong>ded</strong>.de<br />
Der Workshop „Verantwortungsbewusst<br />
Reisen“ findet<br />
am 12. März von 9 bis 17 Uhr<br />
in der VHS Bad Godesberg,<br />
City-Terrassen, Michaelplatz 5,<br />
Raum V1 statt.<br />
Den Hunger nach Exotik<br />
stillen: Touristin auf<br />
Tuchfühlung!<br />
Foto: DED<br />
16 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Peru<br />
Die Faszination<br />
des Reisens in exotische Länder<br />
Eine Bildungsveranstaltung stellt die Seite der Gastgeber dar<br />
„Verantwortungsbewusst Reisen“ lautet das Thema eines eintägigen Workshops,<br />
den die drei DED-Referentinnen und -Referenten Ilse-Margret Luttmann, Martina<br />
Shakya und Ganesh Lal Shakya in Kooperation mit der Volkshochschule (VHS) Bonn<br />
durchführen. Ziel ist es, interessierte Globetrotter zum Nachdenken über ihre Reisegewohnheiten<br />
anzuregen. Dabei sollen die Teilnehmer selbst ihre Reiseerfahrungen<br />
mitteilen und kritisch überdenken.<br />
Katrin Koops<br />
Diese Veranstaltung findet<br />
im Rahmen der entwicklungspolitischen<br />
Bildungsarbeit<br />
der regionalen Bildungsstelle<br />
des DED in Nordrhein-Westfalen<br />
(NRW) statt. Die Autorin<br />
war selbst als Entwicklungshelferin<br />
im Niger und vermittelt nun<br />
ehemalige Entwicklungshelferinnen<br />
und Entwicklungshelfer des<br />
DED in NRW als Bildungsrefe-<br />
renten an Schulen, Kirchengemeinden,<br />
Vereine und auch an<br />
Erwachsenenbildungseinrichtungen.<br />
Dort stellen sie mit den<br />
Methoden des globalen Lernens<br />
Themen der Einen Welt dar,<br />
meist mit Bezug auf ihre eigene<br />
Tätigkeit in einem der Partnerländer<br />
des DED in Lateinamerika,<br />
Asien oder Afrika.<br />
Reiselustige Deutsche<br />
Viele Veranstaltungen finden im<br />
Bereich der Schulbildung statt,<br />
aber auch Erwachsene rücken<br />
immer mehr in den Blickpunkt<br />
des Interesses. So werden auch<br />
für diese Zielgruppe verstärkt<br />
Angebote entworfen. Themen<br />
wie Tourismus bieten sich bei<br />
den reiselustigen Deutschen, die<br />
es immer mehr in ferne und oft<br />
arme Länder zieht, geradezu an.<br />
Verlorenes Paradies<br />
Ilse-Margret Luttmann, die in<br />
einem Ökotourismus-Projekt<br />
des DED im Dogon-Gebiet in<br />
Mali arbeitete, liegt dieses Thema<br />
besonders am Herzen. Sie<br />
beobachtete, wie die Dogon-Bevölkerung<br />
nur allzu gerne den<br />
Durst der Touristen nach Exotik<br />
und dem verlorenen Paradies<br />
stillte, indem sie „Antiquitäten“<br />
produzierte, zum Kauf anbot<br />
und Geschichten erzählte, die<br />
den Mythos der eigenen Kultur<br />
wach halten sollen. Aber auch<br />
positive Auswirkungen hat die<br />
interkulturelle Begegnung –<br />
außer dem offensichtlichen<br />
finanziellen Zugewinn – zur<br />
Folge: Kenntnisse werden vermittelt,<br />
und das Bewusstsein<br />
über sich selbst wird geschärft.<br />
Dieses differenzierte Bild einem<br />
interessierten Publikum hier in<br />
Deutschland zu vermitteln und<br />
damit zu einem bewussteren<br />
Reiseverhalten beizutragen –<br />
dafür engagiert sich Luttmann.<br />
Dabei möchte sie aber auf keinen<br />
Fall den moralischen Zeigefinger<br />
heben, sondern vielmehr<br />
auf die gegenseitigen Erwartungen<br />
und Bedürfnisse der Touristen,<br />
wie auch auf die der einheimischen<br />
Bevölkerung aufmerksam<br />
machen.<br />
Einen weiteren Beitrag leistet<br />
Martina Shakya. Sie arbeitete in<br />
einem Projekt zu Tourismus auf<br />
Gemeindebasis in Nepal. Anhand<br />
eines Films weist sie auf<br />
die alternative Form des Reisens<br />
hin und lädt im Anschluss zur<br />
Diskussion ein. Mit Urlaubstipps<br />
zu alternativen Reisemöglichkeiten<br />
werden die Workshop-Teilnehmer<br />
nach Hause<br />
gehen – und es vielleicht wagen,<br />
einmal anders zu reisen!<br />
� Katrin Koops ist Bildungsreferentin<br />
in der regionalen<br />
Bildungsstelle des DED in<br />
Düsseldorf
Peru<br />
Auf einer Hafenrundfahrt viel über<br />
die Wirklichkeit der Welt erfahren<br />
Die Open School 21 in Hamburg – ein Ort für globales Lernen<br />
Möwengeschrei, das Tuten von Schiffen, das langsame Hin- und Hergleiten der<br />
großen Containerkräne, geschäftiges Treiben im Hamburger Hafen und mittendrin<br />
eine Schulklasse auf Entdeckungsfahrt.<br />
Bettina Kieck<br />
Eine Seefahrt, die ist lustig,<br />
und sogar auf einer alternativen<br />
Hafenrundfahrt mit Themen<br />
wie Plantagenwirtschaft,<br />
Rohstoffimport, Umweltzerstörung,<br />
Kolonialismus und<br />
Weltmarktpreise lässt sich was<br />
erleben. Mit Hafenromantik<br />
haben diese Rundfahrten allerdings<br />
nur wenig gemein. Wer<br />
einmal hinter die Fassaden der<br />
Geschichten, der Container und<br />
der Kaimauern schaut, erfährt<br />
viel über die Wirklichkeit unserer<br />
Welt. Im Hamburger Hafen<br />
werden auch Produkte umgeschlagen,<br />
die von Kindern gefertigt<br />
sind. Das reicht von Teppichen<br />
aus Indien und Pakistan<br />
über Zucker aus Brasilien bis<br />
hin zu Kleidung, die auf Container-Schiffen<br />
Hamburg erreicht.<br />
Aber es gibt auch viele<br />
Kinder und Jugendliche in der<br />
„Dritten Welt“, die keine Arbeit<br />
finden und deswegen aus ihren<br />
Ländern fliehen müssen oder<br />
verschleppt werden. Folgerichtig<br />
werden im Hamburger Hafen<br />
vor allem die aus Afrika ankommenden<br />
„blinden Passagiere“<br />
immer jünger.<br />
Seemann,<br />
lass das Träumen …<br />
Hafenrundfahrten gehören zu<br />
den vielen Aktivitäten, die von<br />
der Open School 21 zum Thema<br />
Globales Lernen organisiert werden.<br />
Für alle Altersstufen werden<br />
sie thematisch passend –<br />
wie beispielsweise „Bananen<br />
und Schokolade“ für die Jüngeren<br />
oder „Kinderarbeit“, „Dritte<br />
Welt-Handel“ und „Migration“<br />
für die höheren Klassen - angeboten.<br />
Die Open School 21 ist das Ergebnis<br />
der jahrzehntelangen An-<br />
strengungen europäischer Nichtregierungsorganisationen,<br />
mit<br />
ihren Angeboten den entwicklungspolitischen<br />
Diskurs und<br />
interkulturellen Austausch innerhalb<br />
der Zivilgesellschaft zu<br />
fördern. Mit ihrem Bildungsauftrag<br />
bezieht sich die Open School<br />
21 auf die Agenda 21, das Abschlussdokument<br />
der UN (Vereinte<br />
Nationen)-Konferenz für<br />
Umwelt und Entwicklung im<br />
Jahr 1992 im brasilianischen<br />
Rio de Janeiro.<br />
Als eine der pädagogischen<br />
Reaktionen in den neunziger<br />
Jahren entwickelte sich daraufhin<br />
das Konzept des Globalen<br />
Lernens. Das Lernkonzept stellt<br />
sich der umfassenden Aufgabe<br />
einer Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung. Auch Education for<br />
Development ist Bestandteil des<br />
pädagogischen Konzepts, das<br />
heißt, bei Kindern und Jugendlichen<br />
Werte wie weltweite Solidarität,<br />
Frieden, Toleranz, soziale<br />
Gerechtigkeit und Umweltbewusstsein<br />
zu fördern. Es sollen<br />
ihnen Kenntnisse und Fähigkeiten<br />
zur Umsetzung dieser Werte<br />
in ihrem Leben und Umfeld<br />
vermittelt werden, um sowohl<br />
regionale als auch globale Veränderungen<br />
herbeiführen zu<br />
können.<br />
Außerschulisches Lernen<br />
Hamburg als praktisches Beispiel<br />
bietet mit seinem Hafen,<br />
verschiedenen Stadtteilen und<br />
seiner Kolonial- und Einwanderergeschichte<br />
eine Menge außerschulischer<br />
Lernorte sowie Verknüpfungen<br />
zum Thema „Eine<br />
Welt“. Das Angebot für Schulklassen<br />
beinhaltet auch Führungen<br />
durch das Süd-Nord-Kontor<br />
zum Thema „Fairer Handel“,<br />
eine Baumwoll-Rallye<br />
durch die Stadt, Workshops zu<br />
Musik, Kultur und Kunsthandwerk<br />
anderer Länder und Veranstaltungen<br />
zu Kinderalltag und<br />
Straßenkindern in Nord und<br />
Süd. Für Lehrkräfte wird Beratung<br />
und Fortbildung zu Themen<br />
des Globalen Lernens, Unterstützung<br />
bei Projekttagen<br />
und -wochen sowie Unterrichtsmaterial<br />
zur Vor- und Nachbereitung<br />
einzelner Themen angeboten.<br />
Bildung<br />
trifft Entwicklung<br />
An dieser Stelle soll die Verknüpfung<br />
zur Initiative des<br />
DED „Bildung trifft Entwicklung“<br />
hergestellt werden. Die<br />
vier DED-Bildungsstellen und<br />
das Schulprogramm in Berlin<br />
haben ein ähnliches Anliegen<br />
wie die Open School 21. Die<br />
Methoden des Globalen Lernens<br />
stehen auch da im Mittelpunkt.<br />
Als ich im Jahr 2003 in<br />
meine Heimatstadt Hamburg<br />
zurückkehrte, wollte ich als<br />
Pädagogin für Erwachsenenbildung<br />
wieder in den Bereich Bildungsarbeit<br />
einsteigen, gerne<br />
auch als Referentin für den<br />
DED. Da es in Hamburg und<br />
Umgebung keine regionale Bildungsstelle<br />
des DED gibt,<br />
knüpfte ich an bestehende Kontakte<br />
und Netzwerke an, sprach<br />
mit anderen Bildungsreferenten<br />
und nahm an den DED-Fortbildungsveranstaltungen<br />
teil. Sporadisch<br />
engagierten mich einige<br />
Bildungsträger in und um Hamburg.<br />
Ich hielt Vorträge und leitete<br />
Seminare zum Thema<br />
„Eine Welt“. Als Referentin für<br />
die Europäische Akademie gestaltete<br />
ich einen Bildungsurlaub<br />
für Eltern mit Kindern<br />
nach dem Motto: „Wir leben in<br />
einer Welt.“ Die Motivation<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 17<br />
Foto: Privat
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Dass wir alle Bewohner der<br />
einen Welt sind, können auch<br />
die Jüngsten verstehen.<br />
Foto: Privat<br />
18 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
und das Interesse der Teilnehmer<br />
bestätigten mich in meiner<br />
Methodenwahl.<br />
Menschen mit<br />
auf den Weg nehmen<br />
Anfängliche Ressentiments gegenüber<br />
der Entwicklungszusammenarbeit<br />
(EZ) weichen oft<br />
gezielten Fragestellungen, gerade<br />
auch bei Jugendlichen. Das<br />
Interesse an meiner persönlichen<br />
Motivation – ich blicke<br />
inzwischen auf fast zehn Jahre<br />
Berufserfahrung in Afrika<br />
zurück – ist auch gemischt mit<br />
Neugierde. Diese Neugierde<br />
nehme ich dann gerne als Mittel<br />
zum Zweck, die Menschen<br />
mit auf den Weg zu nehmen.<br />
Themen wie Armutsbekämpfung<br />
und das Engagement für<br />
die Menschen im Süden berühren<br />
und spornen an, sich<br />
selbst auch zu engagieren. Am<br />
Ende meiner Veranstaltungen<br />
kommen immer einige Menschen<br />
auf mich zu und wollen<br />
wissen, wie sie sich engagieren<br />
können. Für Jugendliche sind<br />
vor allem Praktikumsmöglichkeiten<br />
oder ein ökologisches<br />
Jahr in Projekten der EZ interessant.<br />
Inzwischen habe ich ein Programm<br />
entwickelt, dass sich auf<br />
unterschiedliche Themen der<br />
EZ bezieht, besonders aber die<br />
Projektarbeit und die Menschen<br />
im Süden in den Mittelpunkt<br />
rückt. Das Angebot richtet sich<br />
an Jugendliche und Erwachsene<br />
in Schulen und außerschulischen<br />
Bildungseinrichtungen.<br />
Mehr als nur eine Floskel?<br />
Die Open School 21 hat mein<br />
Seminarangebot als willkommene<br />
Ergänzung zu den bestehenden<br />
Aktivitäten in ihr Programm<br />
aufgenommen. Hinter<br />
der Ankündigung „Entwicklungszusammenarbeit<br />
von A bis<br />
Z – A wie Armutsbekämpfung<br />
und Z wie Zusammenarbeit“<br />
verbirgt sich eine kritische Auseinandersetzung<br />
darüber, ob die<br />
Investitionen der EZ überhaupt<br />
etwas bringen und die „Hilfe<br />
zur Selbsthilfe“ tatsächlich mehr<br />
als nur eine Floskel ist. Authentische<br />
Berichte, unterstützt<br />
durch verschiedene Medien (Filme,<br />
Dias, Bilder, Gegenstände,<br />
Spiele, etc.), bilden die Grundlage<br />
für die Einführung in das<br />
Thema. Mein Seminar kann in<br />
den Veranstaltungsräumen der<br />
Open School 21 oder auch direkt<br />
in der jeweiligen Schule stattfinden,<br />
meist eingebunden in Projekttage<br />
oder spezifische Unterrichtsfächer.<br />
Demnächst sollen auch Handels-<br />
und Berufsschulen angesprochen<br />
werden. Für zurückgekehrte<br />
Fachkräfte des DED ist<br />
die Open School 21 ein ausgezeichneter<br />
Ort, um Kontakte zu<br />
knüpfen und – falls Interesse<br />
besteht – in die Bildungsarbeit<br />
einzusteigen. Bis 2003 wurde sie<br />
von der EU (Europäische Union)<br />
unterstützt, im Moment<br />
sucht sie langfristig neue Kooperationspartner.<br />
Für alle, die<br />
einmal nach Hamburg kommen:<br />
„Machen Sie eine alternative<br />
Hafenrundfahrt und frischen<br />
Sie Ihr Wissen über Globales<br />
Lernen praktisch auf, im<br />
wahrsten Sinne an der frischen<br />
Luft!“<br />
� Bettina Kieck ist Pädagogin<br />
und Entwicklungspolitologin<br />
und war als Entwicklungshelferin<br />
des DED von 2001<br />
bis 2003 in Kamerun. Heute<br />
arbeitet sie als freie Bildungsreferentin<br />
in Hamburg.
Norbert Remke<br />
In den interdisziplinär ausgerichteten,<br />
oft sehr komplexen<br />
Arbeitszusammenhängen spielen<br />
aber gerade auch jüngere<br />
Menschen eine wichtige Rolle.<br />
Denn häufig sind sie Innovationsträger<br />
mit neuen Methodenund<br />
Theoriekenntnissen und<br />
könnten daher gut zur Ergänzung<br />
der berufserfahrenen Fachkräfte<br />
eingesetzt werden.<br />
Mit seinem Nachwuchsförderungsprogramm<br />
(NFP) ermöglicht<br />
der DED fachlich qualifizierten<br />
Berufsanfängern, sowie<br />
Fach- und Hochschulabsolventen<br />
bis zu einem Alter von 28<br />
Jahren, praktische Erfahrungen<br />
in der EZ im Ausland zu sammeln.<br />
Das NFP gibt es seit 1997. In<br />
den vergangenen acht Jahren<br />
sind rund 330 Entwicklungsstipendiaten<br />
(75 Prozent davon<br />
waren Frauen und 25 Prozent<br />
Männer) in 37 Partnerländern<br />
des DED tätig gewesen. Im Jahr<br />
2004 gab es etwa 70 Stipendiatenplätze<br />
im Ausland. Für 2005<br />
ist die Einrichtung von 80 NFP-<br />
Projektplätzen geplant.<br />
Die „Entwicklungsstipendiaten“<br />
(ES) arbeiten ein Jahr lang<br />
weitgehend selbstständig – un-<br />
„Learning by doing“<br />
Mit dem Nachwuchsförderungsprogramm (NFP) in die Partnerländer des DED<br />
Für Berufsanfänger in Deutschland gibt es nur wenige Möglichkeiten, Erfahrungen<br />
in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zu sammeln. Eine fehlende Auslandstätigkeit<br />
erweist sich auch hier –wie in anderen Bereichen – oft als Hindernis bei<br />
der Suche nach einem geeigneten Job.<br />
ter fachlicher Anleitung eines<br />
Mentors – in Projekten der<br />
DED-Partnerorganisationen mit<br />
(learning by doing).<br />
Sie sollen in dieser Zeit<br />
� ihre Landes- und Sprachkenntnisse<br />
verbessern<br />
� sich Teamfähigkeit und<br />
organisatorische Fertigkeiten<br />
aneignen<br />
� soziale Kompetenz für das<br />
Leben und Arbeiten in einer<br />
anderen Kultur erwerben<br />
� die Arbeitsweise des DED<br />
und seiner Partner kennen<br />
lernen.<br />
� in ihrer persönlichen Entwicklung<br />
und beruflichen Erfahrung<br />
einen Zugewinn erzielen.<br />
Der DED erwartet, dass<br />
� die Stipendiaten aufgrund<br />
der Qualifikationen, die sie<br />
durch das NFP erwerben, bessere<br />
Chancen haben, in nationalen<br />
und internationalen Organisationen<br />
tätig zu werden<br />
� ein großer Teil der ES einen<br />
Entwicklungshelfervertrag anstrebt<br />
und somit zu einer „Verjüngung“<br />
des DED beiträgt<br />
� ein Entwicklungsbeitrag für<br />
die Partnerorganisationen geleistet<br />
wird und die Partner mit der<br />
Arbeit der ES zufrieden sind<br />
� die ES nach ihrer Rückkehr<br />
aufgrund ihrer interkulturellen<br />
und entwicklungspolitischen Erfahrungen<br />
motiviert und qualifiziert<br />
sind, sich für die Öffentlichkeits-<br />
und Bildungsarbeit zu<br />
engagieren.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.<strong>ded</strong>.de/nfp<br />
� Norbert Remke ist Gymnasiallehrer<br />
und zuständig für<br />
Weiterentwicklung und Koordination<br />
des NFP und die<br />
Nachbetreuung der Entwicklungsstipendiaten.<br />
Entwicklungsstipendiatin<br />
Anke Kayser unterstützt in<br />
Bolivien die Organisation,<br />
Produktion und Vermarktung<br />
von Körben. Foto: Privat<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 19
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Lernen, wie partizipativ<br />
gearbeitet wird Foto: DED<br />
20 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Zitate<br />
„Das Jahr war eine sehr intensive<br />
Lernphase: Ich konnte mein<br />
Spanisch verbessern und die<br />
Fähigkeit, mit sehr unterschiedlichen<br />
Gruppen von Menschen<br />
zu kommunizieren.“<br />
Ariane Graske, Pädagogin,<br />
Entwicklungsstipendiatin von<br />
2003 bis 2004 in Nicaragua<br />
„Durch verschiedene Veranstaltungen<br />
des DED habe ich gelernt,<br />
wie partizipativ gearbeitet<br />
wird und wie versucht wird, die<br />
Interessen von unterschiedlichen<br />
Gruppen zu berücksichtigen.“<br />
Isabel von Kap-herr, Betriebswirtin,Entwicklungsstipendiatin<br />
von 2003 bis 2004 in der<br />
Dominikanischen Republik<br />
„Das NFP hat es ganz sicher begünstigt,<br />
seit meiner Rückkehr<br />
vor drei Monaten zu fünf Bewerbungsgesprächen<br />
eingeladen<br />
worden zu sein.“<br />
Richard Harnisch, Geoökologe,<br />
Entwicklungsstipendiat von<br />
2003 bis 2004 in Uganda<br />
„Die Zeit war einzigartig. Ich<br />
bin gegen viele Wände gelaufen<br />
und habe mir dabei oft den<br />
Kopf angestoßen. Heute kann<br />
ich rückblickend sagen, dass<br />
dies sehr lehrreiche Erfahrungen<br />
waren. Von der damals entwickelten<br />
Frustrationstoleranz<br />
und dem oft notwenigen diplomatischen,<br />
aber bestimmten<br />
Durchsetzungsvermögen profitiere<br />
ich in meinem heutigen<br />
Job jeden Tag.“<br />
Marc Weegen, Betriebswirt,<br />
Entwicklungsstipendiat von<br />
2001 bis 2002 in Botswana<br />
Kommunikation auf unterschiedliche Art pflegen.<br />
Foto: Richard Harnisch<br />
Leser<strong>brief</strong><br />
Erfahrungen einer Entwicklungsstipendiatin<br />
Ich war im Jahr 1999 als eine der ersten Stipendiaten des Nachwuchsförderungsprogramms<br />
(NFP) in Laos und dort im Bildungsbereich<br />
tätig. Seit meiner Rückkehr sehe ich mich – neben meiner<br />
deutsch-afghanischen Herkunft – auch als Laotin; so eindrucksvoll<br />
war meine Zeit dort. Im abgelegenen Norden des Landes durfte<br />
ich bei der Schulbildung in den Akha-Dörfern mitwirken und war<br />
in der Hauptstadt Vientiane im Ministerium für Forstwirtschaft im<br />
Bereich Bildungsarbeit eingesetzt. Insgesamt war ich sechs Monate<br />
in Laos. Es vergeht keine Woche, in der ich nicht den DED-Stellenanzeiger<br />
durchstöbere. Hoffentlich führt mich mein Lebensweg<br />
noch einmal zum DED!<br />
Nach meiner Rückkehr bin ich wieder in die Jugendarbeit eingestiegen,<br />
um mich von dort aus in den Berliner Bildungsbereich<br />
„hinein zu bewerben“. Die Arbeit als Entwicklungsstipendiatin hat<br />
mir nachdrücklich gezeigt, meinen Arbeitsschwerpunkt als<br />
Diplom-Pädagogin langfristig im Bereich Bildung zu setzen.<br />
Letztendlich bin ich nun seit vier Jahren als Berufsberaterin für<br />
Abiturienten und Hochschüler im Bereich „Akademische Berufe“<br />
der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt. Ich arbeite in der Berliner<br />
Arbeitsagentur Mitte und betreue vorwiegend Kreuzberger<br />
Abiturienten und Studenten hinsichtlich deren Berufswahl und<br />
Karriereplanung.<br />
Im Bereich der Karriereberatung ist die Entwicklungszusammenarbeit<br />
nicht selten ein Thema, und so greife ich gerne auf meine<br />
Erfahrungen beim DED zurück. Dieses Interesse lässt sich in jungen<br />
Jahren geschickt ausbauen und in die Ausbildung oder das<br />
Studium integrieren. Ein grundlegendes und weit verbreitetes<br />
Missverständnis muss jedoch vorerst korrigiert werden – „Entwicklungshelfer“<br />
ist kein Beruf, weder als Ausbildung noch als Diplom-Studiengang.<br />
Ich weise darauf hin, ein „Handwerk“ zu erlernen,<br />
zähle natürlich auch geisteswissenschaftliche Fachrichtungen<br />
dazu, und empfehle dieses „Können“ dann mit Sprachkenntnissen<br />
und Auslandsaufenthalten auszubauen. Da meine Ratsuchenden<br />
zum Teil noch Schüler sind, ist es natürlich wichtig, das Interesse<br />
an einer Tätigkeit im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit<br />
überhaupt erst einmal anzuerkennen. Wenn es mir die Zeit erlaubt,<br />
gehe ich auch gerne mal ins Detail, erzähle von eigenen<br />
Erfahrungen und schwelge in Erinnerungen.<br />
Ich hoffe, dass ich auf diese Weise dem DED ein wenig von dem<br />
zurückgeben kann, was er mir gegeben hat. Vielleicht taucht ja<br />
der eine oder andere meiner Ratsuchenden als gut vorbereiteter<br />
Bewerber im Auswahlverfahren des DED wieder auf!<br />
Leila Bading-Sentürk
Südliches und Östliches Afrika<br />
Bildung im Kampf gegen AIDS<br />
HIV/AIDS ist in den letzten Jahren für viele Staaten ein großes Problem geworden.<br />
In manchen Ländern des südlichen und östlichen Afrika sind bereits 30 Prozent aller<br />
Erwachsenen infiziert. Dort stellt HIV/AIDS mittlerweile ein zentrales Entwicklungshindernis<br />
dar.<br />
Dr. Winfried Zacher<br />
Der Bildungssektor in diesen<br />
Ländern ist in zweifacher<br />
Hinsicht berührt: Einerseits verschlechtert<br />
sich der Unterricht<br />
noch mehr, wenn Lehrer häufig<br />
krank sind, viele von ihnen sterben<br />
und die Anzahl der neu<br />
ausgebildeten Junglehrer hinter<br />
der Anzahl der durch AIDS<br />
wegsterbenden immer mehr<br />
zurückfällt (wie beispielsweise in<br />
Sambia oder Malawi).<br />
Andererseits ist der Bildungssektor<br />
einer der wichtigsten Bereiche<br />
bei der Bekämpfung der<br />
Epidemie. Er hat es mit der<br />
Gruppe zu tun, die noch formbar<br />
und deren Verhalten vergleichsweise<br />
leicht beeinflussbar<br />
ist: Kinder und Jugendliche.<br />
Deswegen ist es von enormer<br />
Bedeutung, HIV/AIDS-Aufklärung<br />
und Anregungen zur individuellen<br />
Verhaltensänderung<br />
an Kinder und Jugendliche heranzutragen.<br />
Dafür bietet sich<br />
die Schule an.<br />
Nachdem der DED erste Erfahrungen<br />
in Kamerun gesammelt<br />
hatte, HIV/AIDS in den<br />
Lehrplan von Pädagogikstudenten<br />
einzubringen, befassen sich<br />
derzeit drei Entwicklungshelfer<br />
und eine Entwicklungsstipendiatin<br />
mit dieser Aufgabe: In Lesotho<br />
am National Teacher Training<br />
College, in Botswana bei der<br />
Botswana Training Authority, die<br />
für die Ausbildung technischer<br />
Berufe zuständig ist, und seit<br />
kurzem im Erziehungsministerium,<br />
wo Gesundheitserziehung<br />
allgemein und damit auch<br />
HIV/AIDS in den Lehrplan der<br />
Grund- und Oberschulausbildung<br />
integriert werden soll.<br />
� Dr. Winfried Zacher ist Leiter<br />
des Fachreferates Gesundheit<br />
und Ärztlicher Dienst des<br />
DED<br />
Lesotho – Ein trauriger Rekord<br />
In Lesotho liegt die HIV/AIDS-Rate in der Altersgruppe zwischen<br />
15 bis 49 Jahren bei über 30 Prozent. Damit weist Lesotho eine<br />
der weltweit höchsten Infektionsraten auf. Ein trauriger Rekord.<br />
Peter Böxkes<br />
Bildungsinhalte sollten die jeweiligen Verhältnisse einer Gesellschaft<br />
berücksichtigen. In einer Gesellschaft, in der jeder dritte<br />
Erwachsene HIV-positiv ist, fast jeder ein- bis zweimal im Monat<br />
zur Beerdigung eines Verwandten oder Bekannten geht, muss die<br />
Aufklärung über HIV/AIDS als ein Grundelement der Bildung betrachtet<br />
werden. In Lesotho ist jeder Bürger und jede Bürgerin in<br />
irgendeiner Form von HIV/AIDS betroffen, und alle müssen lernen,<br />
damit umzugehen.<br />
Daraus ergeben sich drei existentielle Fragen:<br />
1. Wie schütze ich mich?<br />
2. Wie gehe ich mit HIV-positiven Menschen um?<br />
3. Was tue ich, wenn ich HIV-positiv bin?<br />
Mit Unterstützung des DED konnte die HIV/AIDS-Bildung in den<br />
allgemeinen Lehrplan aufgenommen werden. Jeder zukünftige<br />
Pädagoge sollte so in der Lage sein, die drei existentiellen Fragen<br />
zu vermitteln und zu beantworten. Damit wird ein entscheidender<br />
Beitrag zum Regierungsplan geleistet, eine „HIV/AIDS kompetente<br />
Gesellschaft“ aufzubauen.<br />
Mit der formalen Einführung eines HIV/AIDS-Seminars für alle<br />
Studentinnen und Studenten ist es jedoch nicht getan. Auch die<br />
non-formale Bildung, wie Theateraufführungen, Peer Education<br />
durch Mitglieder der HIV/AIDS-Clubs und Social Marketing, bietet<br />
enorme Chancen für eine Beeinflussung von Verhalten. Hinzukommen<br />
muss unbedingt eine medizinische Sprechstunde zur Beratung<br />
und Versorgung infizierter und erkrankter Studenten und<br />
Mitarbeiter.<br />
Peter Böxkes ist Diplom-Pädagoge und Philosoph (M.A.) und arbeitet<br />
als Entwicklungshelfer des DED seit 2002 im Bereich HIV/AIDS-<br />
Beratung an einer pädagogischen Hochschule in Lesotho.<br />
„Enthaltsam sein oder<br />
Kondome benutzen, aber<br />
niemals Kompromisse<br />
eingehen“ – das Motto<br />
des HIV/AIDS-Tages 2004<br />
in Lesotho Foto: Verena Loch<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 21
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Fachheft zu HIV/AIDS<br />
Das DED-Fachheft „AIDS-Arbeit<br />
in der Praxis“ kann kostenlos<br />
bestellt werden.<br />
Telefon: (0228) 24 34-132 oder<br />
E-Mail: karin.mueller@<strong>ded</strong>.de<br />
Werbung gegen AIDS:<br />
für Safer Sex und für<br />
Enthaltsamkeit (unten)<br />
Fotos: Privat<br />
22 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Botswana<br />
Berufliche Bildung und HIV/AIDS<br />
Alle HIV/AIDS-Interventionen auf nationaler Ebene heben Jugendliche und Kinder<br />
als die Zielgruppe hervor, die besonders geschützt werden muss. Gemäß der<br />
nationalen Vision – „Ab 2016 keine Neuinfektionen mehr!“ – werden Jugendliche<br />
und Kinder auf vielen Ebenen aktiv mit einbezogen.<br />
Ulla Tschötschel<br />
Bekannt ist auch, dass Frauen<br />
aufgrund der verschiedensten<br />
Faktoren, insbesondere ihrer<br />
sozio-ökonomischen Situation,<br />
stärker als Männer gefährdet<br />
sind. Im Jahr 2003 waren 67<br />
Prozent der HIV-positiv getesteten<br />
Frauen in keinem festen Arbeitsverhältnis.<br />
Die Notwendigkeit,<br />
Frauen einen gleichberechtigten<br />
Zugang zu beruflicher<br />
Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen,<br />
ist in Botswana er-<br />
kannt worden. Die Botswana<br />
Training Authority (BOTA) will<br />
das AIDS-Thema in ein nationalesBerufsbildungsrahmenwerk<br />
integrieren.<br />
Dennoch gilt es, sich den<br />
Personenkreis der Auszubildenden<br />
näher zu betrachten. Interventionen<br />
müssen effektiv und<br />
zielgruppenorientiert ansetzen<br />
und an bestehendes Wissen anknüpfen.<br />
Bisher sind fast alle<br />
Aufklärungsprogramme für die<br />
Primar- bzw. Sekundarstufe entwickelt<br />
worden und nicht auf<br />
den Berufsbildungssektor abgestimmt.<br />
BOTA hat dies erkannt<br />
und erste Schritte unternommen.<br />
Entsprechende Lehrmaterialien<br />
werden entworfen. Arbeitsplatzprogramme<br />
haben –<br />
nicht nur in Botswana – die<br />
spezielle Situation der Auszubildenden<br />
nicht berücksichtigt. So<br />
ist es unser Anliegen, Auszubildende<br />
stärker in HIV/AIDS-Arbeitsplatzprogramme<br />
mit einzubeziehen.<br />
Die gesamte Planung<br />
von HIV/AIDS-Aktivitäten in<br />
Ausbildungsfirmen muss in dieser<br />
Hinsicht überprüft werden.<br />
Alle HIV/AIDS-Aktivitäten<br />
im Berufsbildungssektor werden<br />
zurzeit noch außerhalb des<br />
Lehrplans durchgeführt. Die<br />
meisten Einrichtungen haben<br />
ihre eigenen Komitees und<br />
einen HIV/AIDS-Koordinator.<br />
Oft werden pro Jahr mehrere<br />
Veranstaltungen zu den verschiedensten<br />
Themen für Auszubildende<br />
und Angestellte angeboten,<br />
doch bleibt es mehr<br />
oder weniger der Motivation<br />
der Ausbilder und Auszubildenden<br />
überlassen, zusätzliche<br />
HIV/AIDS-Aktivitäten durchzuführen.<br />
Eine wesentliche Weiterentwicklung<br />
für den Berufsbildungssektor<br />
sind die HIV/<br />
AIDS-Standards, die BOTA entwickelt<br />
hat. Sie zielen darauf ab,<br />
Auszubildende in die Lage zu<br />
versetzen, eigene Arbeitsplatzprogramme<br />
zu entwickeln, um<br />
sicherzustellen, dass das erlangte<br />
Wissen später im Berufsleben<br />
umgesetzt wird. Dazu muss<br />
HIV/AIDS Pflichtthema in jeder<br />
Grundausbildung und entsprechend<br />
geprüft werden, also<br />
Teil der Lehrpläne sein. Richtlinien<br />
sind bereits von BOTA<br />
entwickelt worden.<br />
� Ulla Tschötschel ist Ethnologin<br />
und seit 2002 Entwicklungshelferin<br />
des DED in<br />
Botswana
Vietnam<br />
Spezialität: Auswendiglernen<br />
Frontalunterricht ist in dem südostasiatischen Land noch immer die Regel<br />
Am frühen Morgen wird die Autorin oft von einem Lautsprecher geweckt: eine<br />
eintönige Stimme doziert Geschichte, Literatur oder ein anderes Schulfach. In ihrer<br />
unmittelbaren Nachbarschaft ist eine private Nachhilfeschule, in der Oberschüler<br />
für ihre Examen getrimmt werden. Morgens um 5.30 Uhr vor der Schule, abends<br />
und an den Wochenenden herrscht dort Hochbetrieb, und besonders gegen Ende<br />
des Schuljahres sitzen bis zu hundert Schüler in einer Klasse und pauken den Stoff<br />
für die Prüfungen.<br />
Susanne Arbeiter<br />
Di hoc bezeichnet etwas, das<br />
viele Vietnamesen, sowohl<br />
Erwachsene als auch Kinder, in<br />
ihrer Arbeitszeit oder Freizeit<br />
regelmäßig tun: lernen gehen.<br />
Lernen ist, sicher auch durch<br />
den Einfluss der Tradition des<br />
Konfuzianismus, in Vietnam<br />
eindeutig positiv besetzt. Eltern<br />
nehmen große Opfer auf sich,<br />
um ihren Kindern eine gute<br />
Schul- und Ausbildung zu ermöglichen.<br />
Die Alphabetisierungsrate<br />
in Vietnam liegt bei<br />
über 90 Prozent. Auch die Angestellten<br />
von Betrieben, Behörden<br />
und Hochschulen werden<br />
regelmäßig auf Kurse und Weiterbildungen<br />
geschickt. Sich<br />
weiterzuqualifizieren gehört<br />
zum guten Ton und gilt selbstverständlich<br />
für Männer und<br />
Frauen gleichermaßen, selbst für<br />
die, die kleine Kinder haben.<br />
Extraverdienst<br />
für Staatsbeamte<br />
Der positive Stellenwert von<br />
Bildung in der vietnamesischen<br />
Gesellschaft sagt aber noch<br />
nichts über die Qualität der Bildungsangebote<br />
aus. Was die<br />
Kinder in der staatlichen Schule<br />
lernen, reicht in der Regel nicht<br />
aus, um die schon in der<br />
Grundschule üblichen jährlichen<br />
Examen zu bestehen. Fast<br />
alle Kinder besuchen daher<br />
schon ab der ersten Klasse zu-<br />
sätzlich noch die privaten Nachhilfeschulen,<br />
in denen häufig<br />
dieselben Lehrer unterrichten,<br />
die auch in den staatlichen<br />
Schulen angestellt sind. Sie<br />
verdienen als Staatsbeamte so<br />
wenig, dass sie einen Extraverdienst<br />
brauchen. Sie wären daher<br />
schlecht beraten und um einen<br />
Job ärmer, wenn sie den<br />
Kindern in der staatlichen Schule<br />
alles beibringen würden, was<br />
diese für die Examen wissen<br />
müssen. Anerkannte Abschlüsse<br />
kann man ausschließlich in<br />
staatlichen Schulen erwerben,<br />
Privatschulen gibt es nur für<br />
den Zweck der Nachhilfe. In<br />
vielen Familien geht das Einkommen<br />
eines Elternteils vollkommen<br />
für die Nachhilfestun-<br />
Kindergärtnerinnen werden<br />
für ein Integrationsprojekt<br />
geschult. Foto: Privat<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 23
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Kunstunterricht in<br />
einer Sonderschule<br />
Foto: Susanne Arbeiter<br />
24 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
den der Kinder drauf. Arme Familien<br />
können sich das nicht<br />
leisten, so dass deren Kinder<br />
keine Chance haben, in der<br />
Schule voranzukommen, und<br />
manchmal ihre Schullaufbahn<br />
schon vor Ende der Grundschulzeit<br />
abbrechen.<br />
So verursacht ein marodes<br />
sozialistisches Bildungssystem<br />
unter dem Deckmantel der<br />
„freien Grundbildung für alle“<br />
ein Zwei-Klassen-System mit<br />
einem florierenden privatwirtschaftlichen<br />
Bildungssektor, von<br />
dem die vietnamesische Mittelund<br />
Oberschicht profitiert, der<br />
aber vor allem die arme ländliche<br />
Bevölkerung außen vor<br />
lässt.<br />
Einheitlicher Lehrstil<br />
Nichtsdestotrotz streben die<br />
Vietnamesen in den Städten in<br />
Abendkurse, um Sprachen,<br />
Computerfertigkeiten oder ähnliches<br />
zu lernen. Man staunt<br />
nur immer wieder, wie viel Zeit,<br />
Energie und Geld auf die Teilnahme<br />
an Kursen verwendet<br />
wird und wie wenig doch dabei<br />
herauskommt. Die Vermutung<br />
liegt nahe, dass das zum Teil an<br />
den Vermittlungsmethoden<br />
liegt. In allen Schultypen, vom<br />
Kindergarten bis zur Universität,<br />
herrscht der einheitliche<br />
Lehrstil des frontalen Dozierens<br />
vor. Von den Schülern, ja auch<br />
von den Studenten, wird erwartet,<br />
den vorgetragenen Stoff<br />
möglichst identisch wiedergeben<br />
zu können. Auch an den Universitäten<br />
ist abschreiben und<br />
auswendig lernen üblich. Viele<br />
Vietnamesen haben daher die<br />
außergewöhnliche Fähigkeit,<br />
lange Texte auswendig zu lernen.<br />
Kritisches Hinterfragen<br />
und Problemlösungsstrategien<br />
sind nicht Gegenstand des Unterrichts.<br />
Dass die Lernenden<br />
den Stoff anwenden können, ist<br />
nicht Aufgabe des Lehrers. Die<br />
Position des Lehrers als Respektperson<br />
verbietet zudem jede Infragestellung<br />
oder Diskussion<br />
von Inhalten. Nur dadurch lässt<br />
sich erklären, dass so viele Universitätsabsolventen<br />
überhaupt<br />
nicht für ihr Sachgebiet qualifiziert<br />
zu sein scheinen: nach einem<br />
vierjährigen Englischstudium<br />
kann diese Person nur mit<br />
Mühe einen englischen Text<br />
verstehen, vom Verfassen ganz<br />
zu schweigen! Ein akademischer<br />
Abschluss qualifiziert daher<br />
auch gar nicht für eine bestimmte<br />
Aufgabe, er ist vielmehr<br />
nur die Eingangstür für<br />
eine fast beliebige Tätigkeit, um<br />
dann on-the-job wie ein Lehrling<br />
angelernt zu werden.<br />
Kritik ist nicht erwünscht<br />
Diesem braven und unkritischen<br />
Publikum, den Studierenden<br />
aller Studienfächer, wird<br />
denn auch heute noch obligatorisch<br />
fortlaufender Unterricht in<br />
Marxismus-Leninismus verordnet.<br />
Diesen zu hinterfragen würde<br />
sicher das Ende der akademischen<br />
Karriere zur Folge haben.<br />
So passt es also ins System, dass<br />
alle folgsam mitmachen, aber es<br />
passt genauso dazu, dass diese<br />
Art von Unterweisung keine<br />
überzeugten und begeisterten<br />
Kommunisten produziert, sondern<br />
hauptsächlich Mitläufer.<br />
Obwohl Bildung in Vietnam<br />
einen so hohen Stellenwert hat,<br />
scheint doch in der Praxis niemand<br />
vom Lernzuwachs wirkliche<br />
Veränderungen zu erwarten.<br />
Wie oft muss man erleben, dass<br />
junge Akademiker, durch ein<br />
Stipendium gefördert, für ein<br />
Aufbaustudium ins Ausland gehen,<br />
aber bei ihrer Rückkehr an<br />
die vietnamesische Universität<br />
weiterhin unter ihrem früheren<br />
Professor arbeiten, der seine<br />
Stellung aus Parteikarrieregründen<br />
und nicht aufgrund fachlicher<br />
Qualifikation erhalten hat.<br />
An dem, was der Nachwuchsakademiker<br />
im Ausland gelernt<br />
hat, hat seine alte Abteilung<br />
kein Interesse, denn es könnte<br />
die Autorität des Professors untergraben.<br />
Der im Ausland erworbene<br />
Abschluss wird gern<br />
vorgezeigt und soll das Prestige<br />
der Abteilung verbessern, aber<br />
wirkliche Veränderungen sind<br />
nicht erwünscht.<br />
Jagd nach Zertifikaten<br />
Ähnliches kann man bei Trainingskursen<br />
und Weiterbildungsangeboten<br />
für Berufstätige<br />
erleben. Vietnamesen sind es<br />
gewohnt, zu Kursen zu gehen,<br />
es ist sogar populär, daran teilzunehmen.<br />
Man geht hin,<br />
schreibt fleißig alles ab, was präsentiert<br />
wird – denn Frontalunterricht<br />
ist auch hier die Regel.<br />
Anschließend empfängt man<br />
sein Zertifikat und seinen „Umschlag“,<br />
der das obligatorische<br />
Tagegeld enthält. In Vietnam ist<br />
es nämlich üblich, dass die Teilnahme<br />
an Kursen bezahlt wird<br />
– auch eine zusätzliche Einnahmequelle<br />
für die notorisch unterbezahlten<br />
Angestellten. Die<br />
Vermutung liegt also nahe, dass<br />
die Teilnahme an Kursen sowohl<br />
wegen der Jagd nach Zertifikaten<br />
als auch aus materiellen<br />
Gründen so attraktiv ist. Aber<br />
lernt man eigentlich etwas, will<br />
und soll man sich dort etwas<br />
aneignen, das danach auch zur<br />
Professionalisierung (und Veränderung)<br />
der Arbeit dient? Es<br />
scheint bei den Veranstaltern,<br />
aber auch bei den Teilnehmern<br />
bzw. bei ihren Arbeitgebern, selten<br />
die Frage aufzukommen, in<br />
welchem Zusammenhang der<br />
Kursinhalt zur Arbeitswirklichkeit<br />
der Teilnehmer steht und<br />
was sie davon eigentlich gebrauchen<br />
können. Und ich habe<br />
noch nie erlebt, dass von vietnamesischer<br />
Seite eine Evaluation<br />
beziehungsweise ein Follow<br />
up durchgeführt wurde, um zu<br />
überprüfen, wie sinnvoll die<br />
Schulung überhaupt für die<br />
Teilnehmer war und ob sie die<br />
Inhalte umsetzen konnten.<br />
In einem Fall nahmen mehrere<br />
junge Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter einer DED-Partnerorganisation<br />
an einer Reihe von<br />
Workshops zu partizipativen<br />
Methoden teil, veranstaltet<br />
durch InWEnt (Internationale<br />
Weiterbildung und Entwicklung<br />
gGmbH). Sie kamen begeistert<br />
und motiviert zurück, aber alles,
was passierte, war, dass ihre Zertifikate<br />
gerahmt an die Wand<br />
des Büros gehängt wurden. Die<br />
Partnerorganisation kehrte zur<br />
Tagesordnung zurück, denn die<br />
Hierarchie ist so stark, der Chef<br />
nicht partizipativ geschult und<br />
an solchen Veränderungen nicht<br />
interessiert, und so bleibt alles<br />
beim Alten.<br />
Nachhaltigkeit<br />
von Trainingsmaßnahmen<br />
Dies ist eine der großen Herausforderungen<br />
auch für den DED.<br />
Der Bereich Ausbildung, Fortund<br />
Weiterbildung ist ein typisches<br />
und vorrangiges Betätigungsfeld<br />
des DED und wird in<br />
Vietnam noch besonders gefördert<br />
durch die enge Zusammenarbeit<br />
mit InWEnt vor Ort.<br />
Selbst wenn andere Projektfördergelder<br />
gekürzt werden, für<br />
Trainingsmaßnahmen finden<br />
sich immer Geldquellen. Es ist<br />
auch unter den Gebern äußerst<br />
populär, Trainingsmaßnahmen<br />
zu finanzieren, denn das wollen<br />
wir ja alle: den lokalen Partnern<br />
zu einem besseren Ausbildungsstand<br />
verhelfen. Es scheint so<br />
plausibel, dass Bildung und<br />
Ausbildung der Schlüssel zu<br />
Entwicklung ist. Die Querschnittsaufgaben<br />
Partizipation,<br />
Gender, Armutsminderung,<br />
Nachhaltigkeit und Do no harm<br />
lassen sich scheinbar mühelos<br />
bei Trainingsmaßnahmen umsetzen.<br />
Aber: wollen wir nicht<br />
mehr erreichen, als nur keinen<br />
Schaden anrichten? Was erwarten<br />
wir von Trainingsmaßnahmen?<br />
Wollen wir dem Trend<br />
folgen, oder wollen wir wirklich<br />
etwas bewirken? Wollen wir einen<br />
Seminartourismus unterstützen?<br />
Wie können wir die<br />
Nachhaltigkeit von Trainingsmaßnahmen<br />
nachweisen?<br />
Sicher ist das gerade in einem<br />
Kontext wie dem vietnamesischen<br />
eine Herausforderung,<br />
da sich auch die Erwartungshaltung<br />
der Teilnehmer an<br />
den gewohnten Verfahren orientiert.<br />
Weder erwarten sie, dass<br />
der Kurs interessant oder relevant<br />
sein könnte, noch dass sie<br />
aktiv daran teilnehmen, Dinge<br />
in Frage stellen oder das Gelernte<br />
später gebrauchen können.<br />
Neue<br />
pädagogische Formen<br />
Dennoch zeigen unsere Erfahrungen,<br />
dass die Teilnehmer<br />
äußerst dankbar auf eine neuartige<br />
Kursstrategie reagieren und<br />
sich gern aktivieren und einbeziehen<br />
lassen. Im DED-Partnerprojekt<br />
in Hue, Zentralvietnam,<br />
zur Weiterbildung von Lehrerinnen<br />
und Kindergärtnerinnen im<br />
Bereich Sonderpädagogik wurden<br />
neue pädagogische Formen<br />
bei der Kursdurchführung ausprobiert.<br />
Die Teilnehmerinnen<br />
sollten selbst erfahren, wie Lernprozesse<br />
sinnvoll gestaltet werden<br />
können. Mehr noch als andere<br />
Lernende brauchen Kinder<br />
mit geistigen Behinderungen ei-<br />
nen individualisierten zielorientierten<br />
Unterricht. Dass Lernen<br />
Spaß machen muss und erst damit<br />
zum Erfolg führt, erfährt<br />
die Lehrerin sofort. Die Kinder<br />
werden als Lernende ernst genommen,<br />
Lernfortschritte werden<br />
individuell gemessen und<br />
Förderpläne regelmäßig angepasst.<br />
Die Lehrerinnen übernehmen<br />
Verantwortung und erkennen<br />
ihre eigene Bedeutung für<br />
die Bildungslaufbahn der einzelnen<br />
Kinder. Die Teilnehmerinnen<br />
an unseren Kursen erleben<br />
am eigenen Leib, wie spielerisches,<br />
handlungsorientiertes<br />
Lernen funktioniert, wie wenig<br />
man dafür braucht und vor allem,<br />
dass dieser Unterricht der<br />
Lehrerin selbst viel mehr Spaß<br />
macht als dozierender Frontalunterricht.<br />
Die Wechselwirkung<br />
durch die gleichzeitige Erfahrung<br />
als Lehrerin und als Kursteilnehmerin<br />
in einem Kurs, der<br />
handlungsorientiert und praktisch<br />
ist und die Bedürfnisse<br />
und Fragen der Teilnehmerinnen<br />
einbezieht und regelmäßig<br />
reflektiert, wurde sehr positiv erlebt.<br />
Über die Jahre hinweg sind<br />
diese von uns ausgebildeten<br />
Frauen selbst zu Verfechterinnen<br />
anderer pädagogischer Formen<br />
geworden.<br />
� Susanne Arbeiter ist Sonderpädagogin<br />
für Geistigbehinderte<br />
und arbeitet seit 2000<br />
für den DED als Entwicklungshelferin<br />
in Vietnam.<br />
Geistig behinderte Kinder<br />
beim Gruppenspiel in<br />
einem Kindergarten<br />
Foto: Susanne Arbeiter<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 25
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Der Hirsch aus Papier<br />
fordert mehr<br />
Umweltbewusstsein.<br />
Fotos: Christina Georgii<br />
Mit viel Liebe und<br />
Hingabe werden die<br />
einzelnen Figuren<br />
hergestellt.<br />
26 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Philippinen<br />
Von Prinz-Albrecht-Hirschen<br />
und Visaya-Mähnenschweinen<br />
Spannung und Spaß mit einem außergewöhnlichen Puppentheater<br />
Mitten auf dem Basketballfeld eines kleinen Fischerdorfes im Süden von Negros<br />
stecken knapp 20 Jugendliche zwischen 13 und 25 Jahren Metallrohre zusammen<br />
und tragen große bunte Puppen herum. Was am Anfang wie ein Zelt aussieht, stellt<br />
sich als eine große Puppentheaterbühne heraus, drei Meter hoch und sechs Meter<br />
breit, verziert mit blau-roten Samtvorhängen. Kinder wie Erwachsene bleiben<br />
stehen, um dem Treiben der Jugendlichen zuzusehen, die sich für die Show vorbereiten:<br />
Puppen werden hinter der Bühne versteckt, farbige Scheinwerfer aufgebaut,<br />
Bühnenhintergründe aufgehängt und die Tontechnik getestet. Bald haben sich<br />
etwa 150 Leute versammelt, die vor der Bühne sitzen und stehen und auf den<br />
Beginn der Vorführung warten. Musik beginnt zu spielen, dann öffnen sich die Vorhänge<br />
und die Lichter gehen an. Fasziniert folgt das Publikum den Bewegungen der<br />
etwa einen Meter großen Puppen vor dem fantasievoll bemalten Hintergrund. Die<br />
knapp halbstündige Show in der Lokalsprache ist emotional. Das Publikum weint<br />
und lacht mit den Figuren.<br />
Christina Georgii<br />
Was zuerst wie eine reine<br />
Unterhaltungsveranstaltung<br />
aussieht, hat sich als effizientes<br />
Mittel zur Umweltbildung<br />
herausgestellt. Die Philippinen<br />
gelten weltweit als eines von<br />
zehn Gebieten mit der höchsten<br />
Priorität für den Artenschutz.<br />
Lebensraumzerstörung, exzessive<br />
Jagd und extrem hohes<br />
Bevölkerungswachstum sind die<br />
Hauptursachen für die dortigen<br />
Umweltprobleme, mit schwerwiegenden<br />
Konsequenzen für<br />
die Lebensqualität der Bevölkerung.<br />
Dazu kommt das beinahe<br />
vollständige Fehlen jeglichen<br />
Umweltbewusstseins, so dass<br />
auch existierende Umwelt-
schutzinitiativen nur schwer<br />
vorankommen. Schulen und<br />
Universitäten integrieren nur<br />
selten Umweltthemen in ihren<br />
Lehrplan; Lehrer und Erzieher<br />
haben oft nur bruchstückhaftes<br />
Wissen und fördern selten die<br />
aktive Teilnahme Jugendlicher<br />
an Aktivitäten mit Umweltbezug.<br />
Wo Ansätze zur Umwelterziehung<br />
existieren, sind sie oft<br />
auf traditionelle Lehr- und Umsetzungsmethoden<br />
festgelegt.<br />
All das macht eine Umkehrung<br />
des anhaltenden Trends zur Umweltzerstörung<br />
sehr schwierig.<br />
Direkte Konfrontation<br />
vermeiden<br />
Die Vorführungen der Animo<br />
Puppet Theater Group kommen<br />
bei den Zuschauern gut an, weil<br />
Puppentheater auf den Philippinen<br />
noch relativ unbekannt ist.<br />
Zum anderen handelt es sich<br />
um ein Medium, das die Konfrontation<br />
mit dem Publikum<br />
vermeidet – ein Aspekt, der be-<br />
sonders in Asien sehr wichtig<br />
ist. Die Neugier der Zuschauer<br />
wird geweckt und gleichzeitig<br />
werden Informationen über umweltrelevante<br />
Konflikte und<br />
ökologische Zusammenhänge<br />
auf spielerische Art vermittelt,<br />
die in einer gegenüber offenen<br />
Das Theaterprogramm wird<br />
von Jugendlichen gestaltet<br />
und umgesetzt.<br />
Fotos: Christina Georgii<br />
Konflikten sehr sensiblen Kultur<br />
gut aufgenommen wird.<br />
Animo versucht, den Jugendlichen<br />
durch die Bildungskampagnen<br />
die Möglichkeit zur aktiven<br />
Teilnahme am Prozess der<br />
Umweltbildung zu geben. Eine<br />
der wichtigsten Lehren des Projekts<br />
ist, dass auch der Einzelne<br />
einen bedeutenden Beitrag zum<br />
Umweltschutz leisten kann. Als<br />
Bildungsinstrument fördert das<br />
Theaterspiel nicht nur Führungsqualitäten,<br />
kritisches Den-<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 27
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Informationen zu Umweltkonflikten<br />
und ökologische<br />
Zusammenhänge werden<br />
spielerisch erklärt.<br />
Fotos: Christina Georgii<br />
28 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
ken und Teamarbeit, sondern<br />
auch das Verantwortungsbewusstsein<br />
für den Naturschutz<br />
unter den Teilnehmern.<br />
„Das Projekt entstand während<br />
eines Treffens, als die DED-Entwicklungshelferin<br />
Christina Georgii<br />
das Konzept eines Puppentheaters<br />
als Bildungsinstrument<br />
erklärte“, sagt Dionisio Dela<br />
Cruz, Koordinator der Animo<br />
Puppet Theater Group. „Als Stadtteilvorsteher<br />
reizte mich der<br />
Versuch, Freiwillige für eine Probe<br />
zu gewinnen. Zu dieser Zeit<br />
hatte unsere Gemeinde Probleme<br />
mit der Trinkwasserknappheit.<br />
Deshalb behandelte unser<br />
erstes Drehbuchskript auch das<br />
Thema Wasser. Die erste Vorführung<br />
fand dann anlässlich<br />
der Einweihung unseres Wasserversorgungsprojekts<br />
statt.“<br />
Charaktere definieren<br />
Die Entstehung eines Stückes ist<br />
interessant. „Wir erfinden die<br />
Vorstellung gemeinsam mit den<br />
Teilnehmern“, erklärt Dionisio.<br />
„Zuerst entscheiden wir über<br />
das Thema der nächsten Vorführungsreihe<br />
und versuchen<br />
anschließend die Situation mit<br />
ihren Problemen zu verstehen -<br />
mit Hilfe von Besichtigungen<br />
und Leuten, die sich damit auskennen<br />
und das jeweilige Thema<br />
kompetent diskutieren können.<br />
Dann setzen wir unser Bildungsziel<br />
fest, schreiben die<br />
passende Geschichte, definieren<br />
die Charaktere und erfinden<br />
Dialoge. Der nächste Schritt ist<br />
die Herstellung der Puppen und<br />
Requisiten, während die ande-<br />
ren sich um die Vertonung<br />
kümmern. Am Ende muss die<br />
Geschichte geprobt werden, um<br />
Bewegungen und Beleuchtung<br />
mit dem Soundtrack zu koordinieren.<br />
Erst dann sind wir bereit<br />
für die Premiere.“ Somit ist das<br />
fertige Programm ganz aus der<br />
Arbeit der Jugendlichen entstanden,<br />
mit dem sie sich identifizieren<br />
können. Natürlich löst<br />
das Freude und Stolz aus.<br />
Mitmachen ist alles<br />
Die Jugendlichen entwickeln<br />
auch untereinander und als<br />
Gruppe eine außergewöhnliche<br />
Beziehung. „Für die Leute in<br />
unserer Gemeinde sind sie<br />
schon etwas Besonderes. Deswegen<br />
gibt es auch immer mehr,<br />
die mitmachen möchten“, sagt<br />
Dionisio. „Die Teilnehmer stärken<br />
ganz erheblich ihr Selbstwertgefühl<br />
und gewinnen in der<br />
Persönlichkeitsentwicklung.“<br />
Die Produktionen sind natürlich<br />
nicht umsonst zu haben.<br />
Für Materialien und technische<br />
Ausrüstung war die Gruppe bisher<br />
hauptsächlich auf die Unterstützung<br />
durch DED-Mittel angewiesen.<br />
„Für den Transport zu<br />
den Proben kommen die Teilnehmer<br />
oft selbst auf, oder können<br />
manchmal auch einen Zuschuss<br />
organisieren. Für die oftmals<br />
weiter entfernten Vorführungen<br />
erwarten wir aber<br />
von den Gastgebern die Übernahme<br />
der Transportkosten,<br />
eine Kleinigkeit zu essen, und je<br />
nach den Möglichkeiten des<br />
Gastgebers auch einen kleinen<br />
Zuschuss für Material und In-<br />
standhaltung der Ausrüstung.“<br />
Dela Cruz ist bei einer Nichtregierungsorganisation<br />
(NRO)<br />
fest angestellt, weshalb die Zeit,<br />
die er für das Projekt aufbringen<br />
kann, sich auf Feierabend und<br />
Wochenenden beschränkt. Das<br />
reduziert natürlich nicht nur die<br />
Zahl der Aufführungen, sondern<br />
auch die mögliche Weiterverbreitung<br />
der Idee und damit<br />
auch das Wachstum der Gruppe.<br />
Bildung durch Puppenspiel<br />
Seit 2001 wächst die Gruppe<br />
ständig und produziert durchschnittlich<br />
ein Programm pro<br />
Jahr, das in rund hundert Aufführungen<br />
vor insgesamt etwa<br />
30.000 Zuschauern gezeigt wird.<br />
Animo hat zwei grundlegende<br />
Arten der Partnerschaft mit örtlichen<br />
Organisationen: Zum einen<br />
mit Bildungseinrichtungen,<br />
NRO und Bürgervereinen, die<br />
die Gruppe für Vorführungen<br />
im Rahmen verschiedener Veranstaltungen<br />
einladen. Zum anderen<br />
gibt es seit Beginn des<br />
Projekts im Jahr 2002 die feste<br />
Einbindung des Mediums Puppentheater<br />
in das Programm<br />
lokaler Institutionen. Schon im<br />
zweiten Jahr, zur Produktion<br />
von Abian Kagulangan (Freunde<br />
aus dem Wald), stießen die<br />
Gruppe Kalingaw-Ang Teatro Hiligaynon<br />
vom West Negros College,<br />
die schon länger Theaterstücke<br />
in der Lokalsprache Ilonggo aufführt<br />
und die NGO Forests, Inc.<br />
dazu. Victoria Demonteverde,<br />
Direktorin von Forest, Inc. und<br />
Lehrerin am West Negros College,<br />
führt den geringen Wert der
Umwelt für die meisten Filipinos,<br />
sowie die schlechte Beteiligung<br />
an traditionellen Umweltschutzmaßnahmen<br />
auf die geringen<br />
Kenntnisse zurück. Sie<br />
erinnert an die koloniale Geschichte<br />
der Philippinen und<br />
ihren Einfluss auf das Bildungssystem:<br />
„Die meisten unserer<br />
Lehrbücher, insbesondere die<br />
auf Grundschulniveau, beziehen<br />
sich auf andere Länder und exotische<br />
Fauna. Zum Beispiel wissen<br />
die meisten Grundschüler<br />
über Löwen und Giraffen,<br />
Bären und Kamele Bescheid,<br />
während nur ganz wenige die<br />
Prinz-Alfred-Hirsche oder Visaya-Mähnenschweine<br />
kennen,<br />
die beinahe vor ihrer Haustür<br />
leben.“ Um wirkliches Bewusstsein<br />
für die lokale Umwelt zu<br />
fördern, hält auch sie die Einführung<br />
neuer Bildungsmethoden,<br />
die das Interesse der Schüler<br />
und Studenten wecken können,<br />
für notwendig. „Es ist für<br />
die Studenten einfach langweilig,<br />
stundenlang dem Lehrer<br />
beim Frontalunterricht zuzuhören.<br />
So entwickelt sich kein<br />
echter Bezug zum Lehrstoff.<br />
Um unsere Botschaft zu vermitteln,<br />
müssen wir neue Methoden<br />
im Bildungssystem einführen<br />
und uns mit Themen<br />
vor Ort auseinandersetzen: Wie<br />
funktionieren die Ökosysteme<br />
in unseren Meeren? Was gibt es<br />
hier an Wildtieren, und was bedeuten<br />
sie für uns? Was machen<br />
wir momentan in Bezug auf<br />
Müllmanagement? Darauf ist<br />
das Puppentheater genau zugeschnitten.“<br />
Umwelt geht alle an<br />
Im dritten Projektjahr kam zur<br />
Produktion von Kaharian sa Kadagatan<br />
(Königreich unter Wasser)<br />
die Philippine Reef and Rainforest<br />
Conservation Foundation,<br />
Inc. (PRRCFI) hinzu. Dadurch<br />
erhöhte sich nicht nur die Zahl<br />
der beteiligten Jugendlichen auf<br />
50, sondern es erweiterte sich<br />
auch der Einzugsbereich der<br />
Kampagne erheblich, da die<br />
neuen Teilnehmer aus dem Süden<br />
der Provinz stammten.<br />
„Wir sind überzeugt, dass die<br />
Umwelt alle angeht, und nicht<br />
nur die Regierung“, ergänzt<br />
PRRCFI-Präsident Gerardo Ledesma.<br />
Besonders besorgt ist er<br />
über die Abholzung auf Negros,<br />
wo gerade noch 50.000 Hektar<br />
Wald von ursprünglich fast 81,3<br />
Millionen übrig sind. Wenn es<br />
die Regierung hier schon nicht<br />
schafft, das existierende Schutzgebiet<br />
und den Nationalpark<br />
adäquat zu schützen, kann man<br />
sich vorstellen, wie es in den<br />
Landesteilen aussieht, die nicht<br />
einmal formell geschützt sind.<br />
Das eigentliche Problem ist,<br />
dass Arten- und Umweltschutz<br />
ganz unten auf der Liste der offiziellen<br />
Prioritäten stehen. Armutsbekämpfung<br />
hat Priorität,<br />
Artenschutz gilt als unwichtig.<br />
Allerdings wird die verbreitete<br />
Armut durch Mangel an verfügbarem<br />
Land und natürlichen<br />
Ressourcen mit verursacht. Deshalb<br />
kommt den NRO eine<br />
entscheidende Rolle bei den<br />
Artenschutzinitiativen zu. Der<br />
private Sektor sollte dort auch<br />
stärker mit eingebunden<br />
werden.<br />
Kinder und Teenager<br />
als Zielgruppe<br />
„Regierung, NRO und Privatleute<br />
müssen zusammenhalten“,<br />
betont Ledesma. Die Bemühungen<br />
aus dem Ausland seien<br />
schon sehr hilfreich, aber allein<br />
nicht ausreichend, um die Situation<br />
grundlegend zu ändern.<br />
„Wir glauben, dass Bildung zu<br />
einen der wichtigsten Faktoren<br />
gehört, um bestehende Artenschutzprogramme<br />
zu ergänzen<br />
und den destruktiven Trend<br />
umzukehren. Wir glauben, dass<br />
man bei Erwachsenen nicht viel<br />
erreichen kann. Sie hören zu,<br />
nicken brav, tun aber eigentlich<br />
gar nichts. Wir konzentrieren<br />
uns bei der Bildungsarbeit auf<br />
Kinder und Teenager, auch die<br />
aus den höheren sozialen<br />
Schichten, denn das werden unsere<br />
zukünftigen Entscheidungsträger<br />
sein.“<br />
Die Puppentheatergruppen<br />
haben auch schon das Interesse<br />
der lokalen Medien erregt. Sogar<br />
Fernsehberichte wurden darüber<br />
produziert. „Ich beobachte<br />
immer häufiger, dass das nicht<br />
nur Kinder interessiert. Man<br />
sieht Leute aller Altersgruppen<br />
bei den Shows. Viele sagen,<br />
dass unsere Botschaft leicht verständlich<br />
sei“, schließt Dionisio.<br />
Ergänzend zu den Vorführungen<br />
entwickelt Animo mittlerweile<br />
auch Hefte und Comics<br />
zu lokalen Umweltthemen.<br />
� Christina Georgii ist Tierärztin<br />
und arbeitet seit 2000<br />
als Entwicklungshelferin des<br />
DED auf den Philippinen<br />
Durch das Puppentheater<br />
erkennen die Zuschauer, dass<br />
jeder einzelne von ihnen<br />
aktiv am Umweltschutz<br />
teilhaben kann.<br />
Foto: Christina Georgii<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 29
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Schülerinnen des<br />
Berufsausbildungszentrums<br />
der Mary Help of<br />
Christians-Schwestern.<br />
Foto: Angela Kolsdorf<br />
30 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Philippinen<br />
Jugendlichen eine Chance geben<br />
Beschäftigungsorientierte Berufsbildung in Verbindung mit der Privatwirtschaft zeigt Erfolge<br />
Seit 1991 ist der DED auf den Philippinen im Bereich technisch handwerklicher<br />
Berufsausbildung tätig. Der Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung von Partnerorganisationen,<br />
die an einer engen Zusammenarbeit mit der lokalen Industrie<br />
interessiert sind, um so die Schülerinnen und Schüler nach den von der Industrie<br />
geforderten Fähigkeiten auszubilden. Dies führt zu einer deutlich höheren<br />
Beschäftigungsrate bei den Schulabgängern.<br />
Konrad de Bortoli<br />
Zurzeit arbeitet der DED mit<br />
elf Fachkräften an berufsbildenden<br />
Schulen, in Trainingszentren<br />
von Industrieverbänden<br />
und bei der staatlichen Berufsbildungsbehörde,<br />
um diesen erfolgreichen<br />
Ansatz weiterzuentwickeln.<br />
Gleichgewicht anstreben<br />
Die Vermittlung von Wissen<br />
und Fertigkeiten sowie Persönlichkeitsbildung<br />
sind im Wesentlichen<br />
die zwei Komponenten<br />
der Ausbildung, die eng<br />
miteinander verbunden sind.<br />
Akteure sind die Auszubildenden,<br />
die Bildungsinstitute und<br />
die Arbeitgeber. Wenn möglich<br />
werden die Jugendlichen in dem<br />
Beruf ausgebildet, der ihrer Persönlichkeit<br />
entspricht. Auf den<br />
Philippinen ist diese Situation,<br />
wie in vielen anderen Ländern<br />
auch, keineswegs ausgewogen.<br />
Qualifizierte Techniker, Industriearbeiter<br />
oder gut ausgebildete<br />
Handwerker stehen<br />
nicht zur Verfügung, da nur wenige<br />
Ausbildungsstätten existieren.<br />
Darüber hinaus ist das soziale<br />
Ansehen dieser Berufsgruppen<br />
niedrig, so dass die<br />
meisten Jugendlichen nach College-<br />
und Universitäts-Diplomen<br />
streben. Dies hat zur Folge, dass<br />
es einen Überschuss an Absolventen<br />
gibt und somit vor allem<br />
die Abgänger von besseren und<br />
teureren Schulen eine Beschäftigung<br />
finden.<br />
Gerade die ärmeren Jugendlichen,<br />
deren ganze Familie arbeitet<br />
und spart, um wenigstens<br />
einem Kind die Ausbildung zu<br />
ermöglichen, stehen oft am Ende<br />
genau so chancenlos da wie vor<br />
ihrer Ausbildung. Dies führt zu<br />
Taxi fahrenden Akademikern,<br />
Prostituierten mit College-Abschluss<br />
und einem Mangel an<br />
entsprechend ausgebildeten Technikerinnen<br />
und Technikern.<br />
„Maria hilf!“<br />
... haben die Schwestern der<br />
Mary Help of Christians in Mabalacat<br />
Ende der neunziger Jahre<br />
nicht gerufen, als sie ihr Schulangebot<br />
für Schulabbrecherinnen<br />
und Aussteigerinnen aus<br />
dem Rotlichtmilieu erweitern<br />
wollten. Vielmehr haben sie<br />
den Bedarf der umliegenden Industrie<br />
analysiert und statt der<br />
sonst für diese Gruppe üblichen<br />
Ausbildungen wie Nähen und<br />
Kochen einen zweijährigen Kurs<br />
in Elektronik angeboten.<br />
Gemeinsam mit dem DED<br />
und InWEnt (Internationale<br />
Weiterbildung und Entwicklung<br />
gGmbH) wurden Lehrer weitergebildet<br />
und Unterrichtsmaterialien<br />
erstellt, die dem Bedarf<br />
der Industrie entsprechen. Zwei<br />
Industriekoordinatoren arbeiten<br />
am ständigen Austausch mit der<br />
Industrie, nicht nur in Bezug<br />
auf die Ausbildungsinhalte, sondern<br />
auch, wenn es um den<br />
Einsatz der Schülerinnen im Betrieb<br />
geht oder wenn Probleme<br />
am Arbeitplatz entstehen.<br />
Fast alle Abgängerinnen bekommen<br />
eine Anstellung, weil<br />
die Betriebe mittlerweile feststellen,<br />
dass die Absolventinnen<br />
der Mary Help-Schule praktisches<br />
Wissen und Fertigkeiten<br />
mitbringen, das College-Abgängerinnen<br />
normalerweise fehlt.<br />
Verbindungen herstellen<br />
Eigene Industriekoordinatoren<br />
sind das Bindeglied zwischen<br />
Schule und lokaler Industrie.
Sie bieten ihre Firmen an, müssen<br />
aber auch die Rückmeldungen<br />
der Industrie an die Schule<br />
weitergeben, um Veränderungen<br />
einleiten zu können.<br />
Ein zweites Beispiel für hervorragende<br />
Kontakte bietet das<br />
Centre for Industry, Technology and<br />
Enterprise (CITE) in Cebu-City,<br />
der zweitgrößten Stadt der Philippinen.<br />
Hier werden jugendliche<br />
Hauptschulabgänger aus<br />
armen Familien in zweijährigen<br />
Kursen zu Technikern in den<br />
Bereichen Elektronik, Computertechnologie<br />
und Metallverarbeitung<br />
ausgebildet. Das Schulmanagement<br />
hat bei der Einführung<br />
des dualen Ausbildungssystems<br />
mit der Schule<br />
und dem Betrieb als Lernorten<br />
mehrere Industriekoordinatoren<br />
eingesetzt, die in engstem Kontakt<br />
zur Industrie stehen und<br />
die Schüler in ihrer Praktikumszeit<br />
in den Firmen begleiten.<br />
Durch den engen und professionellen<br />
Kontakt zur Industrie genießt<br />
die Schule nicht nur bei<br />
den Industriepartnern sondern<br />
auch bei den Schülern ein hohes<br />
Ansehen. Die Bewerbungen<br />
liegen weit über der Aufnahmekapazität<br />
der Schule.<br />
Das philippinische Gesetz<br />
zur Einführung dualer Ausbildung<br />
sieht vor, dass die Firmen<br />
während der Praktikumszeit 75<br />
Prozent des gesetzlichen Mindestlohnes<br />
an die Ausbildungsstätte<br />
zu zahlen haben. Sowohl<br />
CITE als auch die Ordensschwestern<br />
sahen dies als Chance,<br />
die Industrie an den Ausbildungskosten<br />
zu beteiligen. Die<br />
Firmen waren zunächst nicht<br />
bereit, diese Summe überhaupt<br />
aufzubringen, da es nicht üblich<br />
ist, für Praktikanten zu zahlen<br />
(rund 2,50 Euro am Tag). Nur<br />
durch die Qualität der Ausbildung<br />
und durch den intensiven<br />
Kontakt der Industriekoordinatoren<br />
und des Managements<br />
zur lokalen Industrie war es<br />
überhaupt möglich, die Firmen<br />
zu überzeugen. So ist es nicht<br />
nur gelungen, das Ansehen der<br />
technischen Berufsausbildung<br />
anzuheben, sondern auch die<br />
Industrie finanziell mit einzubeziehen,<br />
um Jugendlichen aus<br />
unterprivilegierten Familien<br />
eine Chance zu geben.<br />
Der DED arbeitet mit CITE,<br />
die mittlerweile auch Software-<br />
Entwickler ausbilden, im Bereich<br />
Lehrerweiterbildung, Lehrplangestaltung<br />
und bei der Erstellung<br />
von Datenbanken für<br />
Schulverwaltungen mit. CITE<br />
spielt als Bildungseinrichtung<br />
eine Vorreiterrolle und ist bemüht<br />
sein Wissen und seine<br />
Fähigkeiten an andere Bildungsträger<br />
zu vermitteln. Zurzeit<br />
arbeiten CITE, DED und GTZ<br />
(Deutsche Gesellschaft für Technische<br />
Zusammenarbeit) an<br />
einem solarbetriebenen Internetcafé<br />
auf einer abgelegenen<br />
Insel in den Visayas. In enger<br />
Zusammenarbeit mit der örtlichen<br />
Schule, der Gemeinde<br />
und den lokalen Tourismusanbietern<br />
wird dieses Internetcafé<br />
während der Schulstunden als<br />
Computer-Labor intensiv genutzt.<br />
Softskills vermitteln<br />
Um die Entwicklung des Landes<br />
wirtschaftlich zu unterstützen<br />
sind Fachkräfte notwendig, die<br />
innovativ, flexibel und mit technischen<br />
Kenntnissen ausgestattet<br />
auf die Anforderungen des<br />
Marktes reagieren. Der DED<br />
arbeitet daher mit solchen Partnerorganisationen<br />
zusammen,<br />
die den Jugendlichen über eine<br />
fundierte technische Ausbildung<br />
hinaus auch die so genannten<br />
Softskills vermitteln, wie beispielsweise<br />
das Verhalten am<br />
Arbeitsplatz hinsichtlich Sauberkeit,<br />
Pünktlichkeit, Lernfähigkeit,<br />
etc. Zusätzlich bedeutet<br />
dies aber auch das Erkennen<br />
von Problemen und das selbständige<br />
Anstreben von Lösungen.<br />
Die Industriepartner der mit<br />
uns kooperierenden Schulen<br />
schätzen neben dem technischen<br />
Wissen der Abgänger genau<br />
diese Fähigkeiten. Eben die<br />
Schulen, die nicht nur ein Interesse<br />
an der technischen Weiterbildung<br />
haben, sondern auch an<br />
der Persönlichkeitsbildung der<br />
Schülerinnen und Schüler. Diese<br />
Qualitäten lassen sich nicht<br />
durch Schnellkurse vermitteln,<br />
sondern brauchen in der Regel<br />
mindestens zwei Jahre. Der Beitrag<br />
des DED fällt hier auf<br />
fruchtbaren Boden, da die technische<br />
und pädagogische Weiterbildung<br />
der Lehrer eine direkte<br />
Wirkung auf die Beschäftigungsmöglichkeit<br />
der Schulabgänger<br />
hat.<br />
Veränderungen bewirken<br />
Die Bereitschaft der Industrie,<br />
sich an der Ausbildung zu beteiligen,<br />
ist bei den Partnerbetrieben<br />
der oben genannten Schulen<br />
eindeutig gestiegen. Durch<br />
das Streben der Schulen nach<br />
neuen, kreativen und umsetzbaren<br />
Lösungen haben etliche<br />
Auszubildende einen Arbeitsplatz<br />
erhalten und konnten die<br />
Lebensbedingungen ihrer Familien<br />
verbessern.<br />
� Konrad De Bortoli ist Tischler<br />
und seit 1998 Entwicklungshelfer<br />
des DED auf den<br />
Philippinen<br />
Jugendliche bei<br />
der Ausbildung<br />
zu KfZ-Mechanikern.<br />
Foto: Angela Kolsdorf<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 31
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
32 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Dominikanische Republik<br />
Touristenführer als Nebenjob<br />
Wer jetzt an Sonne und Strand denkt, hat sich geirrt. Es gibt in der<br />
Dominikanischen Republik auch Regenwald, Flüsse und Berge zu entdecken.<br />
In dem Reservat Loma Quita Espuela in der Nähe von San Francisco de Macorís hat<br />
die Stiftung gleichen Namens ein Ökotourismus-Projekt initiiert, das Naturschutz<br />
und Einkommen schaffende Maßnahmen für die Anrainer verbindet.<br />
Dr. Cornelia Ott<br />
Die Arbeit der Fundación<br />
Loma Quita Espuela wird<br />
seit Jahren vom DED begleitet.<br />
Neben dem Anlegen eines Lehrpfades<br />
wurden Beschilderungen<br />
errichtet, ein Aussichtsturm gebaut,<br />
Informationsmaterial erarbeitet<br />
und eine Gruppe von<br />
Führern ausgebildet. Das entsprechende<br />
Lehrmaterial umfasst<br />
die verschiedensten Wissensge-<br />
biete, wie Flora und Fauna,<br />
Ökologie, Informationen über<br />
Reservat, Stiftung und Kultur,<br />
Landeskunde, Besucherservice<br />
und Erste Hilfe. Um den Ausweis<br />
mit Lichtbild zu erhalten,<br />
muss eine Prüfung mit je einem<br />
schriftlichen, mündlichen und<br />
praktischen Teil gemacht werden.<br />
Martín Jimenez ist einer<br />
der Führer, die in dem Projekt<br />
arbeiten. „Ich habe viel gelernt<br />
in dem Kurs, besonders interes-<br />
sieren mich die Vögel des Reservats“,<br />
sagt er. „Mir macht es<br />
Spaß, mit Leuten umzugehen,<br />
am lustigsten ist es mit Gruppen<br />
von Kindern und Jugendlichen.“<br />
Die kleine Gruppe von Führern<br />
setzt sich zusammen aus<br />
Schülern, Studenten, Arbeitern<br />
und Bauern der umliegenden<br />
Dörfer. Für sie bringt die Betätigung<br />
einen guten Nebenverdienst.<br />
Als Haupteinnahmequelle<br />
ist das Projekt (noch)<br />
nicht geeignet. Die Besucherzahlen<br />
von bisher rund 2.000<br />
Personen pro Jahr sollen erhöht<br />
werden. Juan Miguel Amarante<br />
hat gerade seine Prüfung abgelegt.<br />
„Normalerweise verdiene<br />
ich 150 Pesos pro Tag, hier sind<br />
es 300 Pesos. Das ist nur gerecht,<br />
da ich viel lernen musste,<br />
um die Fragen der Besucher beantworten<br />
zu können.“<br />
Den Betreuern des Projekts<br />
fällt auf, dass die beteiligten<br />
Männer selbstbewusster und unbefangener<br />
im Umgang mit<br />
Fremden geworden sind und<br />
angefangen haben, sich auch für<br />
andere Weiterbildungsangebote<br />
zu interessieren. Claudio Garcia<br />
hat nach der Ausbildung die<br />
Chance eines Stipendiums für<br />
einen Englischkurs wahrgenommen<br />
und an einem landesweiten<br />
Seminar zur Ausbildung<br />
von Beratern für Ökotourismus<br />
teilgenommen. Die Projekt-Führer<br />
sind auch bei anderen speziellen<br />
Veranstaltungsangeboten<br />
der Fundación Loma Quita Espuela<br />
anwesend, die Themen wie<br />
Verwaltung, Buchführung, Verbesserung<br />
des Besucherservices<br />
sowie Hygiene im Arbeitsbereich,<br />
etc. ansprechen.<br />
� Dr. Cornelia Ott ist Biologin<br />
und seit 2001 Entwicklungshelferin<br />
des DED in der<br />
Dominikanischen Republik.
Fotos: Cornelia Ott<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 33
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Wieder einmal gibt es zur<br />
Erntezeit beunruhigende<br />
Nachrichten in den lokalen<br />
Tageszeitungen.<br />
Foto: Claudia Erb<br />
34 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Honduras<br />
Die Zukunft aller sichern<br />
Durch Umweltbildung gemeinsam überleben lernen<br />
Mit Wasser ist es wie mit so vielem: seine Bedeutsamkeit für unser Leben erkennen<br />
wir erst, wenn wir den Mangel spüren. Am Berg Puca im Westen von Honduras ist<br />
es bereits soweit: Dürre, Ernteausfälle und Durchfallerkrankungen sind hier gelebte<br />
Wirklichkeit. Das Problem lässt sich auf einen einfachen Nenner bringen: keine<br />
Bäume – kein Wasser. Den Betroffenen diesen Zusammenhang zu verdeutlichen<br />
und gemeinsame Lösungen zu finden, hat sich die Stiftung Puca zum Ziel gesetzt.<br />
Dabei unterstützt wird sie seit nunmehr vier Jahren vom DED.<br />
Claudia Erb<br />
El Heraldo, die größte Tageszeitung<br />
in Honduras titelt<br />
auch zur letzten Erntezeit wieder<br />
„Dürre – Hungersnot betrifft<br />
30.000 Menschen“. Tagelang<br />
sind die Zeitungen voll mit<br />
Berichten aus den betroffenen<br />
Regionen: Ob und wie die Regierung<br />
den Notstand ausruft,<br />
wie viele Tonnen Lebensmittel<br />
von den Vereinten Nationen zugesagt<br />
wurden, die Höhe der<br />
Ernteausfälle, etc. Über die<br />
möglichen Ursachen für das fast<br />
jährlich wiederkehrende Übel<br />
steht allerdings kaum etwas geschrieben.<br />
Land- und Wasserkonflikte<br />
Dabei lassen sich diese mit<br />
bloßem Auge erkennen: Abgeholzte<br />
Wälder. „Bevölkerungswachstum<br />
und extensive Bewirtschaftung<br />
erhöhen den Druck<br />
auf die natürlichen Ressourcen“,<br />
erklärt Suyapa Díaz, Präsidentin<br />
der Fundación Comunitaria Puca<br />
(Kommunale Stiftung Puca),<br />
„Land- und Wasserkonflikte<br />
sind in unseren Dörfern an der<br />
Tagesordnung.“<br />
Seit mehr als fünf Jahren arbeitet<br />
die Stiftung, der neben den<br />
Lokalregierungen auch Basisorganisationen<br />
und Interessenverbände<br />
angehören, im Landkreis<br />
Lempira. In der ärmsten und<br />
von Trockenheit stark betroffenen<br />
honduranischen Region hat<br />
sie sich die Förderung einer<br />
nachhaltigen Entwicklung und<br />
dabei vor allem die Sicherstellung<br />
der Wasserversorgung für<br />
die Anwohner am Puca auf die<br />
Fahnen geschrieben. Knapp<br />
30.000 Menschen sind es, die<br />
von den sieben Wassereinzugsgebieten<br />
des als Schutzgebiet<br />
ausgewiesenen „Hausbergs“ der<br />
Region abhängen.<br />
Keine romantischen<br />
Umweltaktivisten<br />
Das Wasser am Puca fließt allerdings<br />
schon lange nicht mehr<br />
klar und reichlich. Dass sich etwas<br />
ändern muss, wissen die<br />
Menschen am Berg: „Umweltbewusstsein<br />
ist für uns keine<br />
Option, sondern eine Überlebensnotwendigkeit“,<br />
betont die<br />
42-Jährige. „Wir sind daher auch<br />
keine romantischen Umweltaktivisten.<br />
Wir setzen uns für den<br />
Schutz der Natur ein, weil wir<br />
das Leben der Menschen am<br />
Berg schützen wollen. Im Vordergrund<br />
stehen immer die<br />
Menschen. Wir machen gewissermaßen<br />
sozialen Umweltschutz.“<br />
Und so sind es dann auch<br />
diese Menschen, die entscheiden<br />
sollen, was mit ihnen und<br />
ihrem Berg passiert: die Viehzüchter,<br />
deren Herden nicht nur<br />
Weideflächen brauchen, sondern<br />
mit ihrem Dung auch das<br />
Grundwasser verschmutzen, die<br />
Kleinbauern, die auf der Suche<br />
nach fruchtbarem Boden Wald<br />
abholzen, die Kaffeeproduzen-<br />
ten, deren Düngemittel und<br />
Verarbeitungsrückstände sich in<br />
übel riechenden Kloaken sammeln,<br />
die Betroffenen von<br />
Darmerkrankungen und verunreinigtem<br />
Trinkwasser. Sie sind<br />
es, die ihre Zukunft gestalten,<br />
selbst organisiert und partizipativ.<br />
Und mit etwas Unterstützung<br />
seitens der Fundación, die<br />
sich als Koordinationsinstanz in<br />
diesem gemeinschaftlichen<br />
Lernprozess begreift. Denn wer<br />
Lösungen finden will, muss<br />
zunächst das Problem kennen<br />
und verstehen lernen.<br />
Politische und<br />
wirtschaftliche<br />
Einflussnahme<br />
Es geht also um das Vermitteln<br />
von Wissen, Zusammenhängen<br />
und Hintergründen zu Umweltfragen,<br />
kurz: es geht um Umweltbildung.<br />
Darüber hinaus<br />
will die Stiftung den 28 Dorfgemeinschaften<br />
am Berg auch<br />
ressourcenschonende Handlungsoptionen<br />
aufzeigen, sie bei<br />
der Lösung von Konflikten unterstützen<br />
sowie ihr Potential<br />
der politischen und wirtschaftlichen<br />
Einflussnahme erhöhen.<br />
„Dabei lernen wir von den Leuten<br />
in den Gemeinden genauso<br />
viel wie sie von uns. Sie kennen<br />
ihre Probleme und sind nicht<br />
selten fortschrittlicher als das<br />
Gesetz. Wir bestärken sie lediglich<br />
dabei, sich gezielt zu organisieren<br />
und ihre Ideen umzusetzen“,<br />
bekräftigt Díaz.<br />
Bildung zur nachhaltigen<br />
Entwicklung beginnt in Lempira<br />
also nicht erst mit der Anfang<br />
dieses Jahres ausgerufenen UN<br />
(Vereinte Nationen)-Dekade.<br />
Partizipation, Selbstorganisation<br />
und Kooperation mit allen In-
teressengruppen auf dem Weg<br />
zum sozialen Konsens werden<br />
hier bereits erfolgreich praktiziert.<br />
Den Leuten am Puca ist es<br />
gelungen, den globalen Anspruch<br />
mit lokalen und projektorientierten<br />
Einzellösungen zu<br />
verbinden.<br />
Umwelt-Wanderungen<br />
Zum Beispiel mit Caminatas<br />
Ambientales, den „Umwelt-Wanderungen“:<br />
Bei Besuchen in den<br />
Dorfgemeinschaften erläutert<br />
das Team der Stiftung nicht nur<br />
die Zusammenhänge zwischen<br />
Abholzung, Viehwirtschaft,<br />
Kaffeeanbau, Erosion und<br />
schlechter Wasserqualität. Sie<br />
laden die Bewohnerinnen und<br />
Bewohner ein, sich selbst ein<br />
Bild von der Situation zu machen<br />
und im direkten Austausch<br />
mit allen Beteiligten deren<br />
unterschiedliche Vorstellungen<br />
und Interessen kennen zu<br />
lernen, um schließlich das eigene<br />
kreative Potenzial bei der<br />
Suche von Lösungen zu entdecken.<br />
Und so „begehen“ sie dann<br />
ihren Berg: die von „unten“ sehen,<br />
woher das Wasser kommt,<br />
die von „oben“, wohin es geht.<br />
„Allen wird klar, dass sie im<br />
gleichen Boot sitzen. Niemand<br />
will die Umwelt zerstören, aber<br />
alle müssen sie irgendwie unter<br />
den schwierigen Bedingungen<br />
überleben. Zufriedenstellende<br />
Lösungen werden sie nur gemeinsam<br />
finden“, berichtet<br />
DED-Entwicklungshelfer Matthias<br />
Webendörfer über seine<br />
Erfahrungen bei den Wanderungen,<br />
von denen bisher schon<br />
über 20 mit jeweils bis zu 40<br />
Anwohnern stattgefunden haben.<br />
Die gemeinsamen Rundgänge<br />
waren dabei nur der Anfang:<br />
am runden Tisch wurde unter<br />
Einbeziehung aller Interessengruppen<br />
beschlossen, die nicht<br />
nutzbare Kernzone des Schutzgebietes<br />
von 960 auf über 3.000<br />
Hektar auszuweiten. Über 85<br />
Prozent des Gebietes konnten<br />
räumlich geordnet werden, um<br />
einerseits eine optimale Entwicklung<br />
und andererseits einen<br />
möglichst weitgehenden Schutz<br />
zu gewährleisten. Der Druck auf<br />
die Wasserquellen ließ sich dadurch<br />
effektiv reduzieren.<br />
Sozialen Konsens finden<br />
Die Leute der Fundación Puca<br />
sind überzeugt: Erst durch die<br />
gemeinsame Auseinandersetzung<br />
mit den vorhandenen Problemen<br />
und das Kennenlernen<br />
der unterschiedlichen Sichtweisen<br />
konnten Gegensätze überbrückt<br />
und ein sozialer Konsens<br />
gefunden werden. Doch allen<br />
ist auch klar, dass sich die Ausweitung<br />
der landwirtschaftlichen<br />
Nutzfläche und somit weitere<br />
Abholzung über Bildungsmaßnahmen<br />
und runde Tische alleine<br />
nicht verhindern lassen.<br />
Dazu sind die Lebensumstände<br />
in Lempira zu schwierig, der<br />
Bevölkerungsdruck zu hoch und<br />
die Zukunftsperspektiven zu<br />
gering.<br />
Es gilt daher, Alternativen anzubieten,<br />
seien diese technischer<br />
Natur – verbesserte Anbauverfahren<br />
und ökologische Landwirtschaft<br />
– oder ökonomisch<br />
motiviert – sanfter Tourismus<br />
und Umweltdienstleistungen.<br />
Die Agraringenieure der Stiftung<br />
demonstrieren in den Dörfern,<br />
wie mit einfachen Maßnahmen<br />
die Bodenfruchtbarkeit<br />
erhöht, natürlich gedüngt und<br />
die Erosionsgefahr vermindert<br />
werden kann. Sie verschaffen<br />
der Landbevölkerung Zugang<br />
zu verbessertem Saatgut, bilden<br />
so genannte Agrarberater und<br />
-beraterinnen aus und veranschaulichen<br />
ihre Anregungen in<br />
Modell-Betrieben.<br />
Nachhaltige<br />
Entwicklungschancen<br />
Besonderes Augenmerk legt die<br />
Stiftung auf die Fortbildung<br />
von Frauen und Jugendlichen.<br />
Als Verantwortliche für den<br />
Haushalt sind Frauen die<br />
Hauptnutzerinnen von Wasser<br />
und somit auch die Hauptleidtragenden,<br />
wenn die Wege zu<br />
den Quellen immer weiter werden<br />
und an Durchfall erkrankte<br />
Kinder zu pflegen sind. Und<br />
die junge Generation braucht<br />
Arbeits- und Einkommensperspektiven,<br />
wenn ihr Abwandern<br />
in die Städte verhindert werden<br />
soll. Daher haben Jugendliche<br />
aus verschiedenen Gemeinden<br />
mit Unterstützung der Fundación<br />
ein Ökotourismus-Projekt<br />
auf die Beine gestellt: Die ersten<br />
„Umwelt-Zeltlager” wurden bereits<br />
durchgeführt, die Ausweisung<br />
von Wanderwegen ist für<br />
dieses Jahr geplant und mittelfristig<br />
soll sogar eine Ausbil-<br />
dung zum Touristenführer angeboten<br />
werden.<br />
Umweltbildung bedeutet im<br />
Westen von Honduras also<br />
mehr als die Wertschätzung der<br />
natürlichen Ressourcen: Es geht<br />
um nachhaltige Nutzbarmachung<br />
zum Wohle der Bevölkerung.<br />
Sie soll erkennen, dass<br />
mit dem Gleichgewicht der Natur<br />
auch die Gesundheit aller<br />
auf dem Spiel steht. Und mehr<br />
noch: Dass sich Zukunft nur sichern<br />
lässt, wenn der begonnene<br />
Weg bis zu Ende gegangen<br />
wird und schließlich eine gerechte<br />
Verteilung von Besitz<br />
und Einkommen nachhaltige<br />
Entwicklungschancen für alle<br />
möglich macht.<br />
� Claudia Erb ist Sozialwirtin<br />
und seit 2002 als DED-<br />
Entwicklungshelferin für<br />
Informations- und Bildungsarbeit<br />
in Honduras<br />
Suyapa Diaz: „Land- und<br />
Wasserkonflikte sind an der<br />
Tagesordnung.“<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 35<br />
Foto: Claudia Erb<br />
Sozialer Umweltschutz<br />
heißt für die Aktivisten,<br />
sich für Mensch und Natur<br />
einzusetzen.<br />
Foto: Claudia Erb
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Interview<br />
Vera Guedes (rechts) bei<br />
ihrer Arbeit in Zona da Mata.<br />
Foto: Claudia Fix<br />
36 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Brasilien<br />
Die Vision von einer<br />
gleichberechtigten Welt<br />
Frauenpower lokal: Wie eine engagierte Pädagogin ihre Ideale umsetzen kann<br />
Vera Guedes arbeitet als Pädagogin mit der Entwicklungshelferin Heike Friedhoff in<br />
Projekten der feministischen Frauenorganisation SOS Corpo-Gênero e Cidadania aus<br />
Recife im Nordosten Brasiliens zusammen. Vera Guedes ist 40 Jahre alt und hat<br />
zwei Töchter. Sie stammt aus dem Morro da Conceição, einer Favela, die sich durch<br />
das Engagement ihrer Bewohnerinnen und Bewohner in den letzten 25 Jahren zu<br />
einem Wohnviertel (Bairro Popular) gewandelt hat. Als junge Frau gehörte Vera<br />
Guedes selbst zur Zielgruppe der Nichtregierungsorganisation, die im Morro da<br />
Conceição seit den achtziger Jahren regelmäßig Schulungen für die Frauen des<br />
Bürgerkomitees durchführt.<br />
Das Interview mit Vera Guedes<br />
führte Claudia Fix<br />
SOS Corpo begann seine<br />
Arbeit im Morro da Conceição<br />
in den achtziger Jahren mit Weiterbildungen.<br />
Wann begann Ihr Kontakt<br />
zu dieser Frauenorganisation?<br />
Ich war eine der Frauen, die<br />
von SOS Corpo betreut wurden.<br />
Damals war ich noch sehr jung.<br />
Die Organisation hat mir die<br />
feministische Welt erschlossen<br />
und mir gezeigt, dass man<br />
selbst als Frau ein anderes Leben<br />
haben kann, ein glücklicheres<br />
und mit mehr Würde. Ich<br />
bin zu den Veranstaltungen gegangen,<br />
zu denen SOS Corpo<br />
einlud und habe mich so weitergebildet.<br />
Ich wurde später gebeten,<br />
im Bereich reproduktiver<br />
Gesundheit mitzuarbeiten. Die<br />
erste Unterstützung vom DED<br />
hatte ich in Form einer Fahrkarte,<br />
um in São Paulo an einem<br />
Fortbildungskurs zur Gesundheitsvorsorge<br />
teilzunehmen.<br />
1999 starteten wir, die Frauengruppe<br />
vom Morro, gemeinsam<br />
mit SOS Corpo ein Projekt, das<br />
wir „Frauen im Kampf gegen<br />
AIDS“ nannten.<br />
Wie sahen die Fortbildungen bei<br />
SOS Corpo aus?<br />
Alle Seminare, die SOS Corpo<br />
veranstaltete, hatten mit Themen<br />
wie Krebsvorsorge oder sexuell<br />
übertragbarer Krankheiten<br />
zu tun. 1987 fand in Pernambuco<br />
das „Neunte Nationale Frauentreffen“<br />
statt. SOS Corpo war<br />
eine von den Organisatoren<br />
und lud die Frauengruppe vom<br />
Morro zur Teilnahme ein. In Seminaren,<br />
Arbeitskreisen und<br />
Treffen haben wir uns fortgebildet.<br />
So lernt man im Lauf der<br />
Zeit immer mehr dazu.<br />
Haben Sie gleich nach dieser<br />
informellen Ausbildung Pädagogik<br />
studiert?<br />
Ich wollte schon als kleines<br />
Kind Lehrerin werden. Ich be-<br />
suchte eine öffentliche Schule<br />
wie jedes arme Kind. Mit fünfzehn<br />
Jahren wurde ich Mutter,<br />
bin aber weiter zur Schule gegangen.<br />
Als meine zweite Tochter<br />
geboren wurde, habe ich mit<br />
der Schule aufgehört und erst<br />
wieder angefangen, als sie drei<br />
Jahre alt war. Ich war schon 27,<br />
als ich anfing zu studieren. Warum<br />
ging ich an die Universität?<br />
Vor allem, weil ich fest entschlossen<br />
war, Pädagogin zu<br />
werden. Ich war bereits Grundschullehrerin,<br />
arbeitete mit<br />
Frauen im Gesundheitswesen,<br />
regte die Frauen an, sich zu organisieren<br />
und diskutierte mit<br />
ihnen über ihre Rechte in der<br />
eigenen Gemeinde. Aber ich<br />
wollte ein Diplom, deswegen<br />
habe ich die Aufnahmeprüfung<br />
an der Uni gemacht und<br />
Pädagogik studiert. Ich musste<br />
an eine private Universität, und<br />
es war sehr hart für mich, sie zu<br />
bezahlen. Für das normalerweise<br />
vierjährige Studium brauchte
ich sieben Jahre. Ich machte alles<br />
langsamer, weil ich kein<br />
Geld hatte.<br />
Warum werden die Leute im Morro<br />
da Conceição ermutigt, auf die Universität<br />
zu gehen?<br />
Wir glauben, dass formale<br />
Ausbildung und Information<br />
Macht bedeuten. Das heißt, wer<br />
eine höhere Bildung hat, den<br />
kann man nicht so leicht übers<br />
Ohr hauen, den kann die Regierung<br />
nicht so einfach betrügen.<br />
In unserer Gemeinde werden<br />
die jungen Leute aufgefordert,<br />
etwas zu lernen und zu studieren.<br />
Denn wenn man arm ist,<br />
dann können sich die Lebensbedingungen<br />
nur dadurch ändern.<br />
Mit einer guten Ausbildung<br />
sind auch die Chancen höher,<br />
Arbeit zu finden.<br />
Welche von Ihren Ausbildungen<br />
war für Sie die Wichtigere?<br />
Die Ausbildung im Sozialbereich.<br />
Die Universität allein<br />
zählt nicht so viel, dadurch erhält<br />
man keine kritische Sichtweise.<br />
So sehe ich das. Wenn<br />
man bei einer sozialen Bewegung<br />
mitmacht und die Universität<br />
besucht, begreift man erst,<br />
wie anders man ist und wie sehr<br />
man sich von den anderen unterscheidet.<br />
Ich wusste vorher schon viel,<br />
musste aber auf die Universität,<br />
um mein Wissen anerkannt zu<br />
bekommen. Oft habe ich mich<br />
mit den Professoren gestritten<br />
und gesagt: „Ich kann hier nicht<br />
meine Zeit verschwenden! Aber<br />
ich brauchte das Diplom, und<br />
es ist wichtig für mich, dass ich,<br />
obwohl ich die Tochter einer<br />
Arbeiterin und ohne Vater groß<br />
geworden bin, als einzige aus<br />
einer Familie mit vier Geschwistern<br />
auf die Universität gehen<br />
konnte. Das bedeutet sowohl<br />
für meine Familie sehr viel wie<br />
auch für die Leute vom Morro.“<br />
Heute bilden Sie andere Frauen in<br />
einem Projekt in der Zona da Mata<br />
(Zuckerrohranbaugebiet im Nordosten<br />
Brasiliens) aus, das vom<br />
DED und der Heinrich-Böll-<br />
Stiftung unterstützt wird. Was<br />
machen Sie da genau?<br />
Wir diskutieren in zwölf<br />
Frauenzentren in zwölf verschiedenen<br />
Städten über lokale<br />
und regionale Entwicklungen.<br />
Wir beschäftigen uns mit sozialen<br />
Rechten und sozialer Kontrolle<br />
von Entwicklungsvorhaben.<br />
Wir ermutigen die Frauen,<br />
die soziale Kontrolle der Entwicklungsprojekte<br />
in der Zona<br />
da Mata selbst auszuüben.<br />
Mit diesem Projekt haben<br />
wir schon 2001 begonnen. Am<br />
Anfang wussten die Frauen<br />
nicht einmal, was soziale Kontrolle<br />
ist. Im Rahmen unseres<br />
Projekts haben die Frauen angefangen,<br />
bei den kommunalen<br />
Haushaltsplanungen und bei<br />
der Planung von PROMATA,<br />
einem regionalen Investitionsprogramm,<br />
mitzuwirken. Jede<br />
Stadt- oder Kommunalverwaltung<br />
muss einen Investitionsplan<br />
für die Gemeinde gemeinsam<br />
mit der Bevölkerung auf-<br />
stellen, um die Finanzierung<br />
von PROMATA zu bekommen.<br />
Die Frauen haben an diesem<br />
Prozess teilgenommen und die<br />
Vorschläge eingebracht, die wir<br />
im Projekt mit ihnen ausgearbeitet<br />
haben. In vielen Gemeinden<br />
wurden sie sogar als Vertreterinnen<br />
der Zivilbevölkerung<br />
in den conselho gestor local, den<br />
Planungs- und Kontrollbeirat<br />
von PROMATA, gewählt.<br />
Haben Sie aufgrund Ihrer Ausbildung<br />
einen besseren Zugang zu<br />
den Frauen bzw. hat sie sich auf<br />
Ihre Arbeit positiv ausgewirkt?<br />
Es fällt mir leicht, mit den<br />
Frauen zu reden, vor allem mit<br />
den einfachen Frauen aus der<br />
sozialen Schicht, aus der ich<br />
selbst komme und zu der ich<br />
gehöre. Ich liebe meine Arbeit<br />
und ich mag es, Frauen zu organisieren<br />
und sie zu ermutigen,<br />
eine neue Welt zu entdecken.<br />
Wir leben in einer vom Machismo<br />
geprägten Welt, in der alles<br />
auf den Mann ausgerichtet ist.<br />
Deshalb will ich Frauen ermutigen,<br />
die Vision einer gleichberechtigten<br />
Welt zu haben und<br />
diese Gleichberechtigung mit<br />
aufzubauen. Ich fühle mich mit<br />
diesen Frauen sehr verbunden,<br />
denn sie sind meine Freundinnen,<br />
mein Volk.<br />
� Claudia Fix ist Publizistin und<br />
Lateinamerikanistin und<br />
arbeitet seit 2002 als DED-<br />
Entwicklungshelferin für<br />
Informations- und Bildungsarbeit<br />
in Brasilien.<br />
Die engagierte Pädagogin<br />
Vera Guedes will ihre<br />
Ideale umsetzen.<br />
Foto: Claudia Fix<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 37
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Fördermaßnahmen<br />
sollen an den<br />
Interessen,<br />
Erfahrungen und<br />
Kenntnissen<br />
orientiert sein.<br />
Foto: DED-Archiv<br />
38 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Äthiopien<br />
Unterstützung non-formaler<br />
Berufsbildungsmaßnahmen<br />
Privatwirtschaft kann Ausbildungsinhalte mitbestimmen<br />
Zwischen Anfang 2002 und Ende 2003 wurden Nichtregierungsorganisationen<br />
(NRO) in der Durchführung von konkreten non-formalen Berufsbildungsmaßnahmen<br />
unterstützt. Seit Ende 2003 werden zunehmend Maßnahmen zur Konzeptund<br />
Kapazitätsentwicklung als auch zur Interessenvertretung und politischen<br />
Artikulation durchgeführt.<br />
Christian Caspar<br />
Der folgende Artikel gliedert<br />
sich in drei Abschnitte. Im<br />
ersten werden die politischen<br />
Rahmenbedingungen skizziert,<br />
innerhalb derer non-formale berufliche<br />
Bildung in Äthiopien<br />
stattfindet. Im zweiten Abschnitt<br />
werden zentrale Probleme<br />
von NRO aufgezeigt, die in<br />
der Durchführung der genannten<br />
Ausbildungsmaßnahmen<br />
entstehen. Im dritten Teil wird<br />
der Prozess der Konzeptentwicklung<br />
im politischen System dargestellt.<br />
Politische<br />
Rahmenbedingungen<br />
Schon in der ersten Projektphase<br />
des Berufsbildungsvorhabens<br />
von 1999 bis 2003 haben sich<br />
die deutschen Durchführungsorganisationen<br />
mit dem innovativen<br />
und integrierten Ansatz bei<br />
der äthiopischen Regierung profiliert.<br />
So wurde die staatlich<br />
dominierte berufliche Ausbildung<br />
für nicht-staatliche Trainingsanbieter<br />
geöffnet und der<br />
Privatwirtschaft Raum zur Mitbestimmung<br />
von Ausbildungsinhalten<br />
gegeben. Daraufhin<br />
hat die äthiopische Regierung<br />
der GTZ (Deutsche Gesellschaft<br />
für Technische Zusammenarbeit)<br />
die Federführung in der<br />
Weiterentwicklung des Berufsbildungssystems<br />
angetragen.<br />
In der laufenden zweiten<br />
Phase des Programms werden<br />
Ausbildungsmöglichkeiten nun<br />
nicht mehr nur für Jugendliche<br />
geschaffen, die einen formalen<br />
Schulabschluss nach der zehnten<br />
Klasse haben, sondern zunehmend<br />
auch für Schulabbrecher,<br />
zu denen die Mehrzahl<br />
der Jugendlichen, vor allem in<br />
den ländlichen Regionen, zählt.<br />
Ziel ist es, den Anteil von<br />
Schulabbrechern, insbesondere<br />
von Mädchen, an den Programmen<br />
der non-formalen Ausbildung<br />
bis 2008 bedeutend zu erhöhen.<br />
Da die äthiopische Regierung<br />
zu der Einsicht gelangte,<br />
dass sie alleine nicht in der<br />
Lage sei, Ausbildungsmöglichkeiten<br />
landesweit und flächendeckend<br />
zur Verfügung zu stellen,<br />
wurden profit- und gemeinwohlorientierteTrainingsanbieter<br />
in die Durchführung integriert.<br />
So können sich Trainingsanbieter<br />
mittlerweile bei der Regierung<br />
akkreditieren lassen und<br />
Ausbildungskurse in bislang<br />
mehr als 24 verschiedenen technischen<br />
Berufen anbieten. Dieses<br />
Angebot gilt aus Qualitätsgründen<br />
jedoch nur für Schul-<br />
abgänger. Für Schulabbrecher<br />
wurden bislang im Berufsbildungsprogramm<br />
noch keine<br />
hinreichenden Angebote geschaffen.<br />
Die überwältigende Mehrheit<br />
der registrierten gemeinwohlorientierten,<br />
also nicht-kommerziellen<br />
Trainingsanbieter bzw.<br />
NRO nehmen die Rolle als alternativeDurchführungsorganisationen<br />
an. Zahlreichen NRO<br />
ist jedoch bewusst, dass benachteiligte<br />
Zielgruppen, wie Arme,<br />
Straßenkinder, Behinderte oder<br />
Prostituierte, mit denen sie sowohl<br />
in den ländlichen als auch<br />
in den städtischen Gebieten arbeiten,<br />
von diesen Angeboten<br />
ausgeschlossen sind. Eine besondere<br />
Bedeutung in dem<br />
staatlichen Programm kommt<br />
daher den so genannten regionalen<br />
Berufsbildungsräten<br />
(TVET-Councils) zu, in denen<br />
regional und lokal angepasste<br />
Strategien entwickelt werden.<br />
Problemanalyse von<br />
gemeinwohlorientierten<br />
Trainingsanbietern<br />
Zwischen Anfang 2002 und<br />
Ende 2003 wurden NRO in der<br />
Durchführung von konkreten<br />
non-formalen Berufsbildungsmaßnahmen<br />
unterstützt, um<br />
deren Möglichkeiten und Grenzen<br />
zu erkennen. Durch eine<br />
gemeinsam mit den NRO<br />
durchgeführte begleitende Aktionsforschung<br />
liegt eine detaillierte<br />
Problemanalyse vor, die<br />
Ende 2003 mit mehr als 20<br />
NRO mit zum Teil langjähriger<br />
praktischer Erfahrung diskutiert<br />
wurde.<br />
Leider findet nur ein kleiner<br />
Teil der Jugendlichen dauerhaft<br />
eine Beschäftigung oder kann
sich längerfristig mit der selbständigen<br />
Tätigkeit ein Einkommen<br />
erwirtschaften.<br />
Auswahl von<br />
Trainingsinhalten<br />
Ein Großteil der NRO wandte<br />
sich anfangs mit Projektanträgen<br />
an den DED, die nicht nur traditionelle,<br />
sondern auch stereotype<br />
Inhalte hatten: So sollten<br />
Maßnahmen wie Holz- und<br />
Metallarbeit für Jungen oder<br />
Nähen und Frisieren für Mädchen<br />
realisiert werden. Es stellte<br />
sich heraus, dass den NRO<br />
Fachwissen fehlt, Marktnachfrage<br />
und Trainingsbedarfe zu<br />
identifizieren.<br />
Strategien der NRO<br />
So sehr Ausbildung auch dazu<br />
beitragen kann, ein Einkommen<br />
zu erwirtschaften, so wenig ist es<br />
zutreffend, dass mangelnde Ausbildung<br />
der alleinige Grund für<br />
(Jugend-)Arbeitslosigkeit ist.<br />
Dementsprechend ist die Vermittlung<br />
von technischen Fertigkeiten<br />
zwar ein notwendiges Element,<br />
jedoch keine hinreichende<br />
Lösung. Grundlegende betriebswirtschaftliche<br />
Kenntnisse fehlen<br />
den meisten Jugendlichen wie<br />
auch den NRO-Mitarbeitern.<br />
Entgegen den Erwartungen<br />
bezüglich der Partizipation von<br />
Jugendlichen verfahren auch<br />
NRO häufig angebotsorientiert,<br />
indem sie Ausbildungskurse<br />
oder -stipendien anbieten, für<br />
die sie dann interessierte Jugendliche<br />
suchen. So wurden in<br />
den Bewerbungsgesprächen deren<br />
Interessen, Erfahrungen und<br />
Kenntnisse nicht hinreichend<br />
abgefragt. Dennoch nehmen<br />
viele Jugendliche an Maßnahmen<br />
teil, die nicht ihren primären<br />
Wünschen entsprechen.<br />
Motivationsfördernd ist, dass<br />
viele NRO während des Trainings<br />
ein Taschengeld auszahlen<br />
und häufig eine Startfinanzierung<br />
aus Bar- oder Sachmitteln<br />
nach erfolgreichem Abschluss<br />
bereitstellen.<br />
Den Mitarbeitern von NRO<br />
ist zwar das Problem der nonformalen<br />
Berufsbildung und<br />
Klein(st)gewerbeförderung bewusst,<br />
doch verfügen sie nicht<br />
über das nötige konzeptionelle<br />
und fachliche Know-how, vielschichtigere<br />
Projekte zu entwickeln.<br />
Konzeptentwicklung<br />
und politische Artikulation<br />
Seit Ende 2003 wird in Zusammenarbeit<br />
mit mehr als 20<br />
NRO an der Entwicklung von<br />
geeigneten Konzepten für<br />
Schulabbrecher gearbeitet. Angestrebt<br />
wird dabei eine Erhöhung<br />
der Einkommens- und<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten für<br />
diese Zielgruppe. Ebenso werden<br />
Fortbildungen für die Mitarbeiter<br />
der NRO organisiert,<br />
um ihnen die notwenigen<br />
Kenntnisse zu vermitteln<br />
(Markt- und Trainingsbedarfsanalysen,<br />
CEFE, Business Development<br />
Services, Verhandlung<br />
mit Anbietern von<br />
Klein(st)krediten, u.a.).<br />
Interessenvertretung<br />
In fünf Bundesländern Äthiopiens<br />
wurden Berufsbildungsräte<br />
ins Leben gerufen, in denen<br />
neben zuständigen staatlichen<br />
Behörden auch Berufsverbände,<br />
Unternehmer, sowie profit- und<br />
gemeinwohlorientierte Trainingsanbieter<br />
vertreten sind,<br />
um regional und lokal angepasste<br />
Strategien zu entwickeln.<br />
Die zukünftigen zentralen<br />
Aufgaben in der Förderung von<br />
NRO in der non-formalen beruflichen<br />
Bildung sind: In Zusammenarbeit<br />
mit dem NRO-<br />
Dachverband wird ein Großteil<br />
der relevanten NRO identifiziert,<br />
regional vernetzt und in<br />
die Konzept- und Kapazitätsentwicklung<br />
eingebunden. Interessierte<br />
NRO werden in der Beantragung<br />
von zusätzlichen finanziellen<br />
Ressourcen unterstützt.<br />
Ziel ist die Durchführung des<br />
entwickelten Konzeptes mit unterschiedlichen<br />
Zielgruppen, in<br />
verschiedenen Regionen (Stadt,<br />
Land) unter Einbeziehung von<br />
verschiedenen Dienstleistungsanbietern<br />
und wissenschaftlicher<br />
Begleitforschung. Schließlich<br />
werden NRO unterstützt, ihre<br />
Interessen in den Berufsbildungsräten<br />
zu artikulieren und<br />
die regionale Strategieentwicklung<br />
in ihrem Sinn zu beeinflussen.<br />
� Christian Caspar ist Soziologe<br />
und seit 2000 Entwicklungshelfer<br />
des DED in Äthiopien.<br />
Foto: DED-Archiv<br />
Ausbildungsmöglichkeiten<br />
sollen auch für Jugendliche<br />
ohne formalen Schulabschluss<br />
geschaffen werden.<br />
Foto: DED-Archiv<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 39
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Die Braille-Schrift, das<br />
Blindenalphabet, wird mit<br />
Hilfe von aufgenagelten<br />
Kronkorken gelernt.<br />
Foto: Privat<br />
Sehbehinderte Schüler<br />
lernen die handwerkliche<br />
Bearbeitung von Leder.<br />
Foto: Privat<br />
40 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Kenia<br />
Schritte in die Selbständigkeit<br />
Schulische und berufliche Ausbildung für Sehgeschädigte<br />
Kenia ist ein Land mit 42 Volksgruppen und ebenso vielen Sprachen und die Unterschiede<br />
zwischen Stadt und Land sind extrem groß. Weniger als fünf Prozent der<br />
behinderten Kinder besuchen eine Schule, von den blinden Kindern sind es rund 20<br />
Prozent. Es gibt einige „Vorzeige-Blinde“, wie Rechtsanwälte, Universitätsdozenten,<br />
Parlamentsabgeordnete oder einen Musiker, der auch schon zu Konzerten in<br />
Deutschland war. Die große Mehrheit der Sehgeschädigten erhält aber weder eine<br />
schulische noch eine berufliche Ausbildung. Auch als Erwachsene sind sie somit von<br />
der Fürsorge der Familie oder Dorfgemeinschaft abhängig. Unter normalen Bedingungen<br />
klappt das auch. Schwierig wird es dann, wenn eine Regenzeit ausfällt und<br />
die Lebensmittel knapp werden.<br />
Norbert Kather<br />
In Kenia gibt es sechs Grundschulen<br />
und eine weiterführende<br />
Schule für Blinde mit<br />
angeschlossenem Internat. Vier<br />
der sieben Schulen werden von<br />
der Heilsarmee getragen, zwei<br />
von katholischen Missionsstationen<br />
und eine geht auf eine<br />
private Gründung zurück und<br />
wird jetzt von der Kirche weitergeführt.<br />
Die beiden Schulen in<br />
katholischer Trägerschaft sind<br />
solide und gut geführt, und<br />
auch das Niveau der Ausbildung<br />
ist dort um einiges besser<br />
als in den anderen Blindenschulen.<br />
Lebensperspektive<br />
verbessern<br />
Daneben gibt es in 32 von 68<br />
Bezirken integrierte Programme<br />
für sehgeschädigte Kinder und<br />
Jugendliche (Special Units). Diese<br />
sind an örtliche Grundschulen<br />
bzw. weiterführende Schulen<br />
angegliedert und ermöglichen<br />
einen Schulbesuch nahe der<br />
Heimatregion. In den Units sind<br />
die sehgeschädigten Kinder in<br />
den ersten drei Jahren in eigenen<br />
Klassen, lernen Lesen und<br />
Schreiben der Braille und erhalten<br />
den ersten Unterricht in<br />
Mathematik, Englisch und Suaheli.<br />
In den Schulalltag sind sie<br />
insoweit integriert, dass sie Mittagessen<br />
und Freizeit mit den<br />
nicht behinderten Kindern verbringen.<br />
Ab dem vierten Schuljahr<br />
werden dann alle Kinder in<br />
gemeinsamen Klassen unterrichtet.<br />
Machakos war einer der Distrikte,<br />
in denen es zwar Special<br />
Units für verschiedene Behindertengruppen<br />
gab, aber nicht für<br />
Sehgeschädigte. Das bedeutete,<br />
dass in einem Gebiet von der<br />
Größe eines deutschen Bundeslandes<br />
keine angemessene<br />
Schulausbildung für Blinde<br />
möglich war.<br />
Bürokratische Hürden<br />
Für den Start einer Special Unit<br />
setzte ich mich ein. Sie würde<br />
die Lebensperspektive blinder<br />
Kinder jetzt und in Zukunft<br />
deutlich verbessern.<br />
Die Inspektorin für Sonderschulen,<br />
Angelica Wausi, hatte<br />
ich auf meiner Seite. Wenn sie<br />
es nicht übernommen hätte, die<br />
bürokratischen Hürden aus dem<br />
Weg zu räumen, würde es die<br />
Unit wohl bis heute nicht geben.<br />
Schließlich wurde eine<br />
Schule gefunden, an der Eltern,<br />
Lehrer und der Direktor Interesse<br />
und Engagement für dieses<br />
Projekt zeigten: die DEB Primary<br />
School in Kangundo, einer<br />
kleinen Stadt mit etwa 5.000<br />
Einwohnern.<br />
Als künftiges Heim stand auf<br />
dem Schulgrundstück ein altes<br />
Lehrerhaus in schlechtem baulichem<br />
Zustand zur Verfügung.<br />
Bald hatten wir 2.000 Euro für<br />
die Renovierung beisammen.<br />
Das Haus hat je einen Schlafraum<br />
für Mädchen und Jungen,<br />
eine kleine Kammer für die Erzieherin,<br />
einen Ess- und Aufenthaltsraum.<br />
Neben den baulichen Maßnahmen<br />
war es auch wichtig,<br />
Erzieherinnen und einen Lehrer<br />
für die Arbeit mit sehgeschädigten<br />
Kindern auszubilden. Für<br />
Theorie und Praxis wählte ich<br />
das Integrated Program in Kitui.<br />
Es wurde 1985 von der Christoffel<br />
Blindenmission als eines<br />
der ersten Integrationsprojekte<br />
in Kenia begonnen und hat<br />
auch heute noch Vorbildcharakter.<br />
Dort leben etwa 70 blinde<br />
und sehbehinderte Kinder und
Jugendliche, die den Kindergarten,<br />
eine Grund- oder eine weiterführende<br />
Schule besuchen.<br />
Die zweiwöchige Ausbildung<br />
war zwar kurz, aber durch den<br />
Einsatz der dortigen Mitarbeiter<br />
nutzten wir die Zeit gut. Die<br />
Erzieherinnen, der Lehrer und<br />
Direktor wurden für den Start<br />
in Kangundo sehr motiviert.<br />
Ab der vierten Klasse werden<br />
die Sehgeschädigten in den normalen<br />
Schulablauf integriert<br />
und erhalten bei Bedarf Unterrichtstexte<br />
in Punktschrift oder<br />
andere Unterstützung. Da im<br />
Lauf der Zeit viele Lehrerinnen<br />
und Lehrer einmal Blinde unterrichten<br />
werden, nahmen an<br />
dem von mir angebotenen<br />
Punktschriftkurs mit zehn Lehrerinnen<br />
und Lehrern ein Drittel<br />
des Kollegiums teil.<br />
Schulgelände als Freiraum<br />
Im Mai 2002 begann die Unit<br />
mit nur zwei Kindern, inzwischen<br />
sind es mit vier Mädchen<br />
und acht Jungen zwölf Schülerinnen<br />
und Schüler. Die meisten<br />
sind zwischen sechs und<br />
acht Jahre alt und sprechen fast<br />
ausschließlich die Lokalsprache<br />
Kikamba. Da viele Eltern kaum<br />
wissen, wie sie ihr blindes Kind<br />
gut fördern können neigen viele<br />
zu extremen Behüten und wollen<br />
am liebsten jede Bewegung<br />
ihres Kindes kontrollieren. Das<br />
Schulgelände ist für diese Kinder<br />
ein Freiraum, in dem sie<br />
sich frei und selbständig zu bewegen<br />
lernen und dies auch<br />
sehr auskosten. Der Älteste in<br />
der Unit ist ein sehbehinderter<br />
14-jähriger Junge, der in seinem<br />
Heimatort sechsmal die erste<br />
Klasse besucht hatte, da niemand<br />
auf seine Behinderung<br />
eingegangen war und ihm keine<br />
Hilfsmittel zur Verfügung standen.<br />
Heute ist eine Lupe sein<br />
bestgehüteter Schatz, denn mit<br />
ihr kann er Druckschrift gut lesen<br />
und hat inzwischen in der<br />
Regelklasse gute Lernfortschritte<br />
erreicht. Nur zwei Eltern hätten<br />
das Geld gehabt, ihr Kind auf<br />
eine andere Schule – also auf<br />
eine in einem anderen Distrikt<br />
gelegene Blindenschule – zu<br />
schicken. Die anderen Kinder<br />
hätten diese Chance wohl nie<br />
gehabt.<br />
Die Unit wird sich, zumindest<br />
in den ersten Jahren, nicht<br />
selbst tragen können. Die Lehrerstellen<br />
werden über das Erziehungsministerium<br />
finanziert,<br />
nicht aber die beiden Erzieherinnen,<br />
die sich wöchentlich abwechseln.<br />
Deren Gehalt und<br />
auch das Geld für Lebensmittel<br />
sollen durch Schulgebühren getragen<br />
werden. Doch das funktioniert<br />
nicht. Mindestens 1.500<br />
Euro jährlich werden benötigt,<br />
um das Gehalt der beiden Erzieherinnen<br />
und einen Teil der<br />
laufenden Kosten zu sichern.<br />
Durch Gemüseanbau, Hühnerzucht<br />
oder das Halten einer<br />
Milchkuh sollte die Schule in<br />
der Lage sein, das Gehalt der<br />
Erzieherinnen selbst zu erwirtschaften.<br />
Für den Gemüseanbau<br />
steht ein größeres Stück Land<br />
zur Verfügung, das aber bewässert<br />
werden müsste. Die Hühnerhaltung<br />
hat den Vorteil, dass<br />
sie nicht so arbeitsintensiv ist.<br />
Milch erzielt auf dem lokalen<br />
Markt einen guten Preis, aber<br />
eine gute Milchkuh kostet in<br />
Kenia etwa 500 Euro. Alle drei<br />
Projekte könnten die Ernährung<br />
der Kinder verbessern und die<br />
Unit finanziell unabhängig machen.<br />
An der Ausbildungssituation<br />
in Kangundo gibt es sicher<br />
noch einiges zu verbessern, aber<br />
in den vergangenen zwei Jahren<br />
wurde durchaus viel Positives<br />
geleistet. Ich habe das Wachstum<br />
der Unit bei Besuchen beobachtet<br />
und besonders die engagierte<br />
Arbeit der Erzieherinnen<br />
und die gute Atmosphäre<br />
unter den Kindern zu schätzen<br />
gelernt. Für die nächsten Jahre<br />
ist bei steigender Schülerzahl<br />
der Ausbau eines zweiten Hauses<br />
als Heim erforderlich. Ein<br />
weiteres wichtiges Vorhaben ist<br />
der Kauf einer Milchkuh.<br />
� Norbert Kather ist Sozialarbeiter<br />
und blind. Er war mit<br />
dem Britischen Entwicklungsdienst<br />
VSO von 1999 bis<br />
2002 in der Behindertenarbeit<br />
in Kenia tätig.<br />
Blinde Kinder in der DEB<br />
Primary School in Kangundo<br />
Foto: Privat<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 41
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Die Wunden der<br />
Vergangenheit<br />
schmerzen noch immer.<br />
Foto: Timo Weinacht<br />
42 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Ruanda<br />
Traumata und Träume<br />
Berufsausbildung und Versöhnung<br />
Vor über zehn Jahren wütete in dem kleinen zentralafrikanischen Land ein von<br />
staatlicher Seite organisierter Völkermord, dem in nur drei Monaten über eine<br />
Million Menschen zum Opfer fielen. Die meisten von ihnen stammen aus der<br />
Bevölkerungsgruppe der Tutsis, aber auch zahlreiche regimekritische Hutus waren<br />
unter den Toten. Die grauenvollen Bilder des auf offener Straße vollzogenen<br />
Mordens sind unvergessen. Und dessen Tote sind bis heute noch nicht alle gezählt.<br />
Gerd Scheuerpflug<br />
Viele Ruander nahmen den<br />
Trubel um die gewaltvolle<br />
Geschichte ihres Landes mit<br />
durchaus gemischten Gefühlen<br />
wahr. Einerseits begegneten sie<br />
dem internationalen Interesse<br />
mit Wohlwollen und freuten<br />
sich über das bekundete Mitgefühl,<br />
andererseits fürchteten sie,<br />
dass ihre blutigen Erinnerungen<br />
an die Vergangenheit in den<br />
Bücherregalen von Historikern<br />
und Soziologen abgelegt würden.<br />
Wunden<br />
der Vergangenheit<br />
Dieses Misstrauen kommt nicht<br />
von ungefähr, da die Ereignisse<br />
von 1994 längst nicht bewältigt<br />
sind. Die Wunden der Vergangenheit,<br />
ob körperlicher oder<br />
seelischer Natur, sind zwar vernarbt,<br />
bei vielen Betroffenen<br />
aber verursachen sie noch heute<br />
unermessliche Schmerzen.<br />
Hinzu kommt, dass das am<br />
dichtesten besiedelte Land Afrikas<br />
trotz seiner erstaunlichen<br />
Wiederaufbauleistung wirtschaftlich<br />
in einer äußerst kriti-<br />
schen Lage ist. Über 60 Prozent<br />
der Bevölkerung muss nämlich<br />
mit weniger als einem Dollar<br />
pro Tag auskommen und lebt<br />
damit unterhalb der Armutsgrenze.<br />
Wenn man zudem statistische<br />
Werte wie die Alphabetisierungsrate,<br />
das Bevölkerungswachstum<br />
und die Kindersterblichkeit<br />
in Betracht zieht, wird<br />
deutlich, warum Ruanda zu den<br />
so genannten Least-Developed-<br />
Countries gehört, den am wenigsten<br />
entwickelten Ländern der<br />
Welt.<br />
Klassifizierung der Armut<br />
Um dem Elend in ihrem Land<br />
Konturen zu geben, hat die<br />
ruandische Regierung eine poetisch<br />
anmutende Klassifizierung<br />
der Armut entwickelt. Nach dieser<br />
Einteilung haben die Ärmsten<br />
der Armen „nicht einmal<br />
einen Fingernagel, um sich am<br />
Kopf zu kratzen“. Weniger<br />
schlecht gestellt sind all die, die<br />
mehr besitzen als ihr Hemd auf<br />
dem Leib, freilich noch nicht<br />
genug, um offiziell als arm eingestuft<br />
zu werden. Denn erst<br />
die dritte Kategorie der Bürgerinnen<br />
und Bürger qualifiziert<br />
sich dafür, sie können nämlich<br />
immerhin etwas Hab und Gut<br />
vorweisen. Zusammen mit der<br />
folgenden Gruppe, den Armen<br />
mit Grund und Boden, bilden<br />
diese allerdings schon den Mittelstand<br />
des Landes. Sie können<br />
es sich in der Regel leisten, ihre<br />
Kinder in die Schule zu schicken,<br />
womit das größte Kapital<br />
des Landes beim Namen genannt<br />
wird: Junge Menschen<br />
unter fünfundzwanzig Jahren.<br />
Sie machen rund 70 Prozent der<br />
Bevölkerung aus.<br />
Für die politischen Entscheidungsträger<br />
liegt in der Entwick-
lung des so genannten Human<br />
Capital die größte Hoffnung –<br />
zugleich aber auch eine immense<br />
Herausforderung. Bildung<br />
hat für das Land mit einer Bevölkerung<br />
von acht Millionen<br />
Menschen daher geradezu eine<br />
tragische Bedeutung.<br />
Aus gutem Grund hat die<br />
ruandische Regierung bereits in<br />
der Frühphase der Konsolidierung<br />
nach dem Genozid bei<br />
ihren Kooperationspartnern um<br />
Unterstützung im Bildungssektor<br />
nachgefragt. So wurde die<br />
deutsche Bundesregierung 1996<br />
um eine detaillierte Expertise<br />
im Bereich der berufsorientierten<br />
Ausbildung gebeten. Als besondere<br />
Zielgruppe wurden dabei<br />
die über eine Million Jugendlichen<br />
ohne Einkommen<br />
schaffende Beschäftigung genannt,<br />
die nach Ansicht der<br />
Verantwortlichen einen hohen<br />
Risikofaktor für die soziale und<br />
wirtschaftliche Stabilität des<br />
Landes darstellten.<br />
Integration verwirklichen<br />
Nach eingehenden Beratungen<br />
wurde Ende 1997 von der Gesellschaft<br />
für Technische Zusammenarbeit<br />
(GTZ) und dem<br />
DED mit der Durchführung des<br />
Vorhabens „Beschäftigungsför-<br />
derung für Jugendliche“ begonnen.<br />
Das Projektziel ist, junge<br />
Ruander dabei zu unterstützen,<br />
Initiativen zu ihrer ökonomischen<br />
und sozialen Integration<br />
sowie zur nationalen Versöhnung<br />
und zum Frieden in der<br />
Region der Großen Seen zu verwirklichen.<br />
Spezielles Augenmerk<br />
wird dabei auf den Wiederaufbau<br />
und die Qualitätsverbesserung<br />
der Jugendausbildungszentren<br />
(Centre de Formation<br />
des Jeunes – CFJ) gelegt, die<br />
auf junge Menschen mit und<br />
ohne Primarschulabschluss zugeschnitten<br />
sind. Aber auch die<br />
formalen berufsbildenden Schulen<br />
auf Sekundarebene, genannt<br />
ETO (Ecoles Techniques Officielle),<br />
gehören in den Durchführungsbereich<br />
der deutsch-ruandischen<br />
Kooperation.<br />
Der DED ist an diesem Vorhaben<br />
mit vier Projektplätzen<br />
beteiligt, die sich allesamt in<br />
ländlichen Regionen befinden.<br />
Entsprechend ihrer komplexen<br />
Aufgabenstellung, nämlich sowohl<br />
für Aspekte der Berufsausbildung<br />
als auch für Versöhnungsarbeit<br />
zuständig zu sein,<br />
wird von den Entwicklungshelferinnen<br />
und -helfern eine besondere<br />
Sensibilität im Umgang<br />
mit ihrer Zielgruppe verlangt.<br />
Zukunftsperspektiven<br />
entwickeln<br />
Eine der DED-Fachkräfte ist<br />
Ruth Pester-Hettche, die seit<br />
zweieinhalb Jahren im Ausbildungszentrum<br />
Nyanza im Süden<br />
des Landes tätig ist. Auf die<br />
Frage, ob ihr bei der Arbeit ihre<br />
Doppelqualifizierung als Grafikdesignerin<br />
und Kunsttherapeutin<br />
zu Gute komme, antwortet<br />
sie: „Auf dem Papier ja, obwohl<br />
im Umgang mit den Auszubildenden<br />
weniger Konzepte gefragt<br />
sind als Persönlichkeit. Wir<br />
machen hier ja keine Therapie,<br />
sondern wir bilden aus. Vielleicht<br />
sind wir ja therapeutisch<br />
wirksam, indem wir ausbilden.<br />
Ich hoffe es, aber darüber<br />
möchte ich mir letztlich kein<br />
Urteil erlauben. In erster Linie<br />
wollen wir Kompetenzen vermitteln<br />
und mit jungen Menschen<br />
Zukunftsperspektiven entwickeln.<br />
Gerade in der künstlerischen<br />
Arbeit mit den Auszubildenden<br />
ist es spannend mitzuerleben,<br />
wie es zutiefst unsichere<br />
Menschen lernen, über<br />
ihre eng gesetzten Grenzen hinauszugehen.<br />
Die meisten meiner<br />
Schülerinnen und Schüler<br />
wagen es zunächst nämlich<br />
nicht, ihre Ideen, ihre Kreativität<br />
und letztendlich sich sel-<br />
Junge Korbflechterinnen<br />
bei der Arbeit.<br />
Foto: Timo Weinacht<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 43
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Den Auszubildenden<br />
hilft es, wenn die<br />
Lehrer zuhören und<br />
ihnen Mut machen.<br />
Foto: Timo Weinacht<br />
44 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
ber ernst zu nehmen. Doch genau<br />
darauf kommt es an: die eigenen<br />
Phantasien und Gefühle<br />
wahrnehmen, erleben und mit<br />
anderen teilen. Wie sollen sie<br />
sonst eine mündige Persönlichkeit<br />
entwickeln, die sich in der<br />
Gesellschaft behaupten und zu<br />
deren Entwicklung beitragen<br />
kann?“<br />
Die auslandserfahrene Lehrerin<br />
unterstreicht, dass sie bei<br />
ihren Auszubildenden weder<br />
Nachforschungen anstellt noch<br />
Therapiemethoden ausprobiert:<br />
„Ich versuche, für sie da zu sein,<br />
wenn sie mich brauchen und<br />
mache ihnen Mut, sich auszudrücken.“<br />
Sie spielt damit auf<br />
eine Tugend an, die in der sozialtherapeutischen<br />
Arbeit unabdingbar<br />
ist: Zuhören können,<br />
wenn jemand reden will, anstatt<br />
reden zu lassen, wenn mal gerade<br />
jemand zuhören kann.<br />
Auch für Torsten Gerbitz, der<br />
in der Nähe des Dreiländerecks<br />
Ruanda-Tansania-Burundi für<br />
den DED als Automechanikermeister<br />
in der Technischen<br />
Fachschule Kibungo tätig ist,<br />
hat diese Regel Gewicht: „Die<br />
Ruander gelten als verschlossen,<br />
und da ist etwas dran. Was hilft<br />
es da, wenn ich meine Leute<br />
mit Fragen löchere. Dann machen<br />
sie erst recht dicht.“<br />
Um die sozialintegrativen<br />
und friedensfördernden Komponenten<br />
seiner Arbeit will der<br />
Schweriner freilich nicht viel<br />
Aufhebens machen: „Ich achte<br />
darauf, dass sich die Jugendlichen<br />
gegenseitig respektieren<br />
und anständig miteinander umgehen,<br />
womit wir in der Regel<br />
keine Probleme haben.“ Und<br />
wenn ihm dann – wie im letzten<br />
Ausbildungsjahr – ein Auszubildender<br />
von sich aus davon<br />
erzählt, dass er seine Eltern im<br />
April 1994 verloren hat, darf<br />
dies als ein Indiz gelten, dass<br />
die behutsame, menschliche Art<br />
des Lehrers gut bei den Schülern<br />
ankommt.<br />
Volk von Traumatisierten?<br />
Die in der internationalen Presse<br />
immer wieder aufgestellte<br />
These, dass die Ruander ein<br />
Volk von Traumatisierten seien,<br />
zielt aus der Sicht der beiden<br />
Berufsschullehrer am ruandischen<br />
Lebensalltag vorbei. „Die<br />
jungen Leute tragen ihr Trauma<br />
doch nicht wie ein Schild vor<br />
sich her. Natürlich müssen wir<br />
davon ausgehen, dass fast alle,<br />
die im Frühjahr 1994 im Land<br />
waren, Schreckliches gesehen<br />
oder gar miterlebt haben. Aber<br />
jeder verarbeitet so etwas auf<br />
seine Weise. Wer will entscheiden,<br />
wo die Gesundheit aufhört<br />
und die Krankheit beginnt?“,<br />
ergänzt Ruth Pester-Hettche.<br />
In der Klasse von Torsten<br />
Gerbitz finden sich sogar ein<br />
paar junge Leute, die sich zu<br />
diesem Thema äußern wollen.<br />
Das Stichwort „Vergangenheitsbewältigung“<br />
scheint sie aus der<br />
Reserve gelockt zu haben. Als<br />
erster spricht Olivier, der an der<br />
burundischen Grenze aufgewachsen<br />
ist und seinerzeit nicht<br />
enden wollende Flüchtlingsströme<br />
an seinem Elternhaus<br />
hat vorbeiziehen sehen. Irgendwann<br />
seien die Flüchtlinge<br />
dann in die andere Richtung gegangen,<br />
wieder zurück nach<br />
Ruanda. Das Morden hatte endlich<br />
ein Ende gefunden.<br />
Nicht daran denken<br />
Der forsche 20-Jährige, der in<br />
seiner Freizeit bei einer Jazzdance-Gruppe<br />
mitmacht, gesteht<br />
lächelnd: „Ich denke nie<br />
an diese Zeiten und kann gut<br />
damit leben. Am liebsten würde<br />
ich alles vergessen.“ Olivia, zwei<br />
Jahre älter als er und das einzige<br />
Mädchen in der Klasse, pflichtet<br />
ihrem Mitschüler in holprigem<br />
Französisch bei: „Meine sieben<br />
Geschwister und ich konnten<br />
monatelang nicht aus dem<br />
Haus, weil wir alle Angst hatten.<br />
Nachts sind wir dann zum<br />
Kartoffelholen auf die Felder.<br />
Eine schreckliche Zeit. Warum<br />
soll ich daran zurückdenken?“<br />
Neben den Automechanikern<br />
gibt es in Kibungo noch<br />
eine ganze Reihe anderer Ausbildungszweige:<br />
Maurer, Schreiner,<br />
Dreher, Elektrotechniker<br />
und andere. Insgesamt sind es<br />
dreihundert Jugendliche, die<br />
alle in einem an die Werkstätten<br />
angrenzenden Internat untergebracht<br />
sind. Finanziert wird die<br />
dreijährige Ausbildung, die pro
Jahr umgerechnet etwa 80 Euro<br />
kostet, entweder von den Eltern<br />
oder vom Staat. Für eine Förderung<br />
durch die öffentliche<br />
Hand müssen jedoch soziale<br />
Gründe geltend gemacht werden,<br />
über die in den Heimatgemeinden<br />
der Schüler entschieden<br />
wird – ein nicht unumstrittener<br />
Modus, da die lokalen<br />
Autoritäten dabei nicht immer<br />
nach objektiven Kriterien vorgehen.<br />
Seit dem letzten Schuljahr<br />
gibt es noch eine dritte Finanzierungsform:<br />
die Unterstützung<br />
durch FARG (Fonds zur<br />
Förderung der Überlebenden<br />
des Genozids). In Kibungo werden<br />
48 Schüler durch diese Organisation<br />
finanziert, die meisten<br />
von ihnen sind Waisen, die<br />
im Genozid zum Teil sämtliche<br />
Angehörige verloren haben.<br />
Ein Stück Jugend<br />
zurückbekommen<br />
Alphonsine, die das Maschinenschlosser-Handwerk<br />
lernt, ist<br />
eine von ihnen. Immerhin steht<br />
sie nicht ganz allein im Leben,<br />
denn außer ihr sind auch zwei<br />
ihrer jüngeren Geschwister den<br />
Massakern entgangen. Allerdings<br />
haben sich die drei aus<br />
wirtschaftlichen Gründen voneinander<br />
trennen müssen. So<br />
leben ihr Bruder bei Nachbarn<br />
und ihre Schwester bei Verwandten.<br />
„Wenn wir zusammen<br />
geblieben wären“, erklärt die 19-<br />
Jährige, „hätte uns keiner helfen<br />
können, denn zu dritt wären<br />
wir allen eine Last gewesen.“<br />
Gedankenverloren ergänzt sie:<br />
„Ich war doch selber noch ein<br />
Kind und musste mich schon<br />
um meine eigenen Geschwister<br />
kümmern.“<br />
Dank der Unterstützung<br />
durch FARG hat die junge Frau<br />
aus Kigali ein Stück ihrer Jugend<br />
zurückbekommen. Denn<br />
das Internatsleben in der ETO<br />
Kibungo entlastet sie in vielen<br />
praktischen Dingen und nimmt<br />
ihr viel Verantwortung ab. Dadurch<br />
kann sie sich ungestört<br />
auf ihre Ausbildung konzentrieren<br />
und sich langsam ein Bild<br />
von der Zukunft machen. „Hier<br />
habe ich gelernt, dass es überhaupt<br />
so etwas wie eine Zukunft<br />
gibt. Zuvor bestand mein ganzes<br />
Leben aus meiner Vergan-<br />
genheit, auch das Heute und<br />
das Morgen.“<br />
Unbeschwertes<br />
Internatsleben<br />
In Kibungo hat sie angefangen,<br />
Träume zu haben. Als Vorstandsmitglied<br />
des Clubs der<br />
FARG-Auszubildenden, einer<br />
Art Selbsthilfegruppe für Genozidwaisen,<br />
möchte sie ihren<br />
Schicksalsgenossinnen helfen,<br />
und wenn sie später im Berufsleben<br />
steht, will sie ihre beiden<br />
Geschwister wieder zu sich holen.<br />
„Ich weiß, dass das unbeschwerte<br />
Internatsleben wieder<br />
zu Ende gehen wird, aber ich<br />
genieße jeden Tag, den ich hier<br />
bin“.<br />
Die Traumata aus ihrer Vergangenheit<br />
und die Träume für<br />
ihre Zukunft haben im geschützten<br />
Raum der Schule nebeneinander<br />
Bestand und können<br />
dort aufeinander einwirken.<br />
Anders als die Automechaniker-<br />
Lehrlinge Olivier und Olivia ist<br />
Alphonsine davon überzeugt,<br />
dass ihre Erinnerungen, so grausam<br />
und schmerzlich sie auch<br />
waren, zu ihr gehören und Teil<br />
ihrer selbst sind. Sie hat sich<br />
darüber schon viele Gedanken<br />
gemacht und oft darüber diskutiert.<br />
Insbesondere an den<br />
Samstagen, wenn sie sich mit<br />
ihren Freundinnen und Freunden<br />
vom FARG-Club trifft,<br />
nehmen sie es manchmal mit<br />
den schweren Fragen des Lebens<br />
und Überlebens auf. Im<br />
Brustton der Überzeugung stellt<br />
sie fest: „Die Vergangenheit<br />
lässt sich vielleicht vergessen<br />
machen, auslöschen aber lässt<br />
sie sich nicht.“<br />
� Gerd Scheuerpflug ist<br />
Diplom-Psychologe und seit<br />
2002 für den ZFD in Ruanda<br />
tätig<br />
Jeder verarbeitet die<br />
Geschehnisse auf seine Weise.<br />
Foto: Timo Weinacht<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 45
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Helen Banda, Koordinatorin<br />
des Programms für<br />
Rechtsberatung.<br />
Foto: Margret Grottenthaler<br />
Das Rechtsberatungsprogramm<br />
stößt auf<br />
großes Interesse.<br />
Foto: Privat<br />
46 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Sambia<br />
Frauen lernen ihre Rechte kennen<br />
Laienjuristinnen kämpfen gegen den Rechtsanalphabetismus<br />
Eine Gruppe von Frauen sitzt unter einem Baum und hört aufmerksam den<br />
Ausführungen in ihrer lokalen Sprache Chinyanja zu. Es geht um Themen wie „Wie<br />
beende ich eine Ehe?“ und „Gesetze über Misshandlungen in der Ehe.“<br />
Margret Grottenthaler/<br />
Katrin Saage-Fain<br />
Wer Einblick in die stark<br />
verankerte patriarchalische<br />
Kultur Sambias hat, weiß, dass<br />
solche Themen ein Tabu brechen<br />
und von den Männern als<br />
radikale Bedrohung empfunden<br />
werden. Dass die Treffen immer<br />
häufiger vor mehr als 100 Zuhörerinnen<br />
und Zuhörern stattfinden,<br />
ist ein Verdienst von<br />
EPWDA, dem provinzweiten<br />
Landfrauenverband im Osten<br />
Sambias.<br />
Mit einem Rechtsberatungsprogramm<br />
setzen die Akteurinnen<br />
„Aufklärung und Sensibilisierung“<br />
gegen „Rechtsanalphabetismus“.<br />
Dabei stoßen sie in<br />
Dorfversammlungen auf großes<br />
Interesse, oft aber auch auf Widerspruch,<br />
doch nicht selten auf<br />
Unterstützung der Männer. Ein<br />
wichtiger Grund liegt darin,<br />
dass die von EPWDA ausgebildeten<br />
Laienjuristinnen die<br />
Grundzüge von Partizipation<br />
und Empowerment nicht als erlernte<br />
Methode präsentieren,<br />
sondern den eigenen Emanzi-<br />
pationsprozess verkörpern.<br />
Neben dem so genannten modernen<br />
Recht existiert noch immer<br />
das traditionelle, also das<br />
ungeschriebene, mündlich weitergegebene<br />
Recht der verschiedenen<br />
Ethnien Sambias. Ehe<br />
und Scheidung werden überwiegend<br />
durch das traditionelle<br />
Recht geregelt, das Frauen und<br />
Mädchen schlechter stellt als<br />
Männer.<br />
Mittlerweile klären 132 Laienjuristinnen<br />
in acht Regionen<br />
der Ostprovinz auf und beraten<br />
in Konfliktfällen. Ihre eigene<br />
Ausbildung umfasste mehrere<br />
einwöchige Workshops, die neben<br />
Grundlagen in Familien-,<br />
Erb- und Vertragsrecht auch sozialpädagogischeBeratungsmethoden<br />
umfassten.<br />
Helen Banda, Koordinatorin<br />
des Programms für Rechtsberatung,<br />
nennt als besonders kritischen<br />
Fall die Erbberechtigung<br />
von außerehelichen Kindern<br />
nach dem Tod des Vaters. Das<br />
subjektive Gerechtigkeitsempfinden<br />
der Betroffenen - und<br />
vielleicht auch der Laienjuristin<br />
– steht oftmals im Konflikt mit<br />
dem Gesetz.<br />
Laienjuristinnen haben keine<br />
leichte Aufgabe. Sie entscheiden<br />
die Art des vorgebrachten Konflikts<br />
und stellen, wenn nötig,<br />
den Kontakt zu Rechtsanwälten<br />
her. Sie informieren über<br />
Rechtswege und begleiten die<br />
Betroffenen vor Gericht. Dass<br />
der Rat von Laienjuristinnen immer<br />
häufiger auch von Männern<br />
in Anspruch genommen wird,<br />
beweist ihre Anerkennung.<br />
Keine leichte Aufgabe<br />
Rechtsaufklärung in Dorfversammlungen<br />
und Beratung<br />
durch Laienjuristinnen sind<br />
jedoch nicht die einzigen Aktivitäten,<br />
die EPWDA gegen<br />
Rechtsanalphabetismus zu Felde<br />
führt. Zusammen mit dem lokalen<br />
Radiosender Breeze produziert<br />
der Dachverband bereits in<br />
mehreren Auflagen Sendebeiträge,<br />
die einen überwältigenden<br />
Zuspruch erfahren haben. Zeugnis<br />
davon geben die Zuschriften<br />
und die Besucher, die sich dann<br />
nach den Sendungen im Büro<br />
in Chipata einfinden. Als besonders<br />
pfiffig erweist sich die<br />
Idee eines Quiz am Ende der<br />
Sendung. Die richtige Beantwortung<br />
von Fragen, wie „Wie<br />
schreibe ich ein Testament?“<br />
oder „Welcher Anteil am Erbe<br />
steht den Kindern zu?“ nimmt<br />
an einer Verlosung teil.<br />
Als Spezialistin in Sachen<br />
Traditionsrecht muss sich Helen<br />
Banda nun nicht mehr ausweisen.<br />
Ihre Stimme ist weit über<br />
Chipata hinaus bekannt. Dass<br />
sie bei Besuchen in anderen Regionen<br />
erkannt wird, zeigt deutlich,<br />
wie viel Aufmerksamkeit<br />
die Radiotipps erhalten.<br />
Wenn sich Laienjuristinnen<br />
aus acht Distrikten und verschiedenen<br />
Volksgruppen zum<br />
Erfahrungsaustausch treffen,<br />
werden die Unterschiede deut-
lich sichtbar. In Chama wird<br />
Frauen Landbesitz durch das<br />
traditionelle Recht erlaubt. In<br />
Katete dagegen verhindert es,<br />
dass Frauen selbst nach dem<br />
Tod des Ehemannes das Jahrzehnte<br />
lang angebaute Feld behalten<br />
können. Auch innerhalb<br />
einer Ethnie können sich Traditionen<br />
in kurzer Zeit verändern:<br />
Die Wiederverheiratung der<br />
Witwe mit dem Bruder des Verstorbenen,<br />
ebenso die Sorge für<br />
die Kinder und die Vererbung<br />
aller zugehörigen Besitztümer<br />
an den Bruder war bei den Chewas<br />
Tradition. Neben der sozialen<br />
Absicherung führte das zur<br />
Verbreitung von AIDS in den<br />
abgelegenen ländlichen Gebieten<br />
der Ostprovinz. Die<br />
Laienjuristinnen treffen mit ihrer<br />
Aufklärung den richtigen<br />
Ton.<br />
Wirkung über<br />
Provinzgrenzen hinaus<br />
Es steht außer Frage, dass sich<br />
die EPWDA-Akteurinnen viel<br />
vorgenommen haben. Dass sie<br />
von Beginn an nicht nur auf die<br />
eigene Stärke bauten, sondern<br />
gezielt Bündnispartner einbezogen<br />
und gleichzeitig eine Vernetzung<br />
mit Rechtsberatungsorganisationen<br />
in anderen Provinzen<br />
anstrebten, zeigt Wirkung<br />
über die eigenen Provinzgrenzen<br />
hinaus. So hatte sich ebenfalls<br />
in der Südprovinz mit der<br />
Law and Development Association<br />
(LADA) eine basisorientierte<br />
Rechtsberatungsorganisation<br />
entwickelt. Besuche und gemeinsame<br />
Workshops hinterließen<br />
Spuren, wie die Einführung<br />
von Ansprechpartnern<br />
oder die Errichtung von Legal<br />
Desks – meist kleine Strohhütten<br />
– als „Rechtsberatungsbüros“<br />
in den Dörfern.<br />
Auch einige Richter unterstützen<br />
die Arbeit der Laienjuristinnen.<br />
Mickias Somglayo Jere<br />
in Chipata gibt ein Beispiel:<br />
„Ein Mann will sich von seiner<br />
Frau scheiden lassen. Als Grund<br />
gibt er an, dass sie weder für<br />
ihn Wasser holen noch kochen<br />
will. Aber ein Mann kann das<br />
selbst tun! Ist es nicht so? Es<br />
gibt also keinen Grund für die<br />
Scheidung. Oder wenn ich heute<br />
sterben würde, dann wäre<br />
nach dem traditionellen Recht<br />
alles Eigentum an meine Familie<br />
übergegangen. Darauf hätten<br />
alle bestanden. Sie würden alles<br />
von meiner Frau und meinen<br />
Kindern nehmen und sie alleine<br />
lassen – das hat sich nun geändert.“<br />
Frauen im Richteramt<br />
Jere nimmt ohne Berührungsängste<br />
an den Workshops teil<br />
und hat dazu beigetragen, dass<br />
sich sieben Laienjuristinnen<br />
auch auf Stellen als Richterinnen<br />
beworben haben. Richter<br />
am Untersten Gericht zu werden<br />
setzt neben einer formalen<br />
Schulbildung nur ein Mindestalter<br />
von über 40 Jahren und<br />
die Akzeptanz traditioneller Autoritäten<br />
voraus. Von insgesamt<br />
900 Richtern am Untersten Gericht<br />
in Sambia sind nur etwa<br />
40 Frauen.<br />
Die Unterstützung von<br />
Bündnispartnern, der provinzweite<br />
Aktionsradius und die unterschiedlichen<br />
Ebenen, die das<br />
Rechtsberatungsprogramm mit<br />
seinen Aktivitäten erreicht, bieten<br />
Anlass zur optimistischen<br />
Annahme, dass in der Ostprovinz<br />
Sambias ein Prozess zur<br />
Veränderung von Rechtsbewusstsein<br />
und Verhalten begonnen<br />
hat.<br />
Dazu tragen seit dem Jahr<br />
2000 auch DED und GTZ<br />
(Deutsche Gesellschaft für Technische<br />
Zusammenarbeit) in<br />
Sambia gemeinsam bei. Eine<br />
Entwicklungshelferin des DED<br />
unterstützt EPWDA bei der<br />
Durchführung des Programms<br />
für Rechtsberatung. Das GTZ-<br />
Projekt Improvement of the Legal<br />
Status of Women and Girls in<br />
Zambia finanziert nicht nur die<br />
Aktivitäten, sondern gestaltet<br />
auch das Ausbildungsprogramm<br />
für Laienjuristinnen mit.<br />
Helen Banda zieht aus den<br />
bisherigen Erfahrungen ihre<br />
eigenen Schlussfolgerungen:<br />
„Manchmal können die Laienjuristinnen<br />
in der Beratung dem<br />
Problem nicht gerecht werden,<br />
weil sie nur eine Sichtweise kennen<br />
lernen.“ Daher schlägt sie<br />
eine traditionelle sambische Methode<br />
der Konfliktbewältigung<br />
vor: „Mediation als Vermittlung<br />
zwischen beiden Parteien im<br />
Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung.“<br />
Auch die Ein-<br />
beziehung von Chiefs – den traditionellen<br />
Autoritäten in Sambia<br />
– gilt nicht mehr als problematisch.<br />
Mittlerweile werden sie<br />
als eigene Zielgruppe für die<br />
Rechtsaufklärung angesprochen.<br />
� Margret Grottenthaler ist<br />
Diplom-Sozialarbeiterin und<br />
arbeitet seit 2000 als DED-<br />
Koordinatorin in Sambia<br />
� Katrin Saage-Fain ist Juristin<br />
und seit 2000 Leiterin des<br />
GTZ-Projektes zur Verbesserung<br />
der rechtlichen Situation<br />
von Frauen und Mädchen<br />
in Sambia<br />
Das persönliche Gerechtigkeitsempfinden<br />
steht oft im<br />
Konflikt mit dem Gesetz.<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 47<br />
Foto: Privat
Thema: Bildung und Ausbildung<br />
Eine „moderne“ Koranschule<br />
mit Tischen und Bänken<br />
Foto: Dominique Thaly<br />
48 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Niger<br />
„Sauberkeit ist<br />
die Hälfte des Glaubens“<br />
Umwelt- und Gesundheitsunterricht an Koranschulen<br />
Inmitten eines Schulgeländes fällt der sauber gefegte Hof direkt ins Auge. Zu hören<br />
sind die Stimmen der zahlreichen Schüler, die singend den Koran lernen. In einem<br />
der Räume stehen fünf große Tische und Bänke. Der Deckenventilator dreht sich<br />
langsam und hilft dabei, die Luft im engen Raum ein klein wenig zirkulieren zu<br />
lassen.<br />
Dominique Thaly<br />
Heute sitzen an den Tischen<br />
und Bänken zehn Mädchen<br />
und 17 Jungen im Alter<br />
zwischen acht und achtzehn<br />
Jahren. Ordnungsgemäß voneinander<br />
getrennt, die Jungen in<br />
den vorderen, die Mädchen in<br />
den hinteren Reihen. An der<br />
Tafel steht der Lehrer im traditionellen<br />
Baumwollgewand,<br />
dem Boubou. Daneben ist ein<br />
Stück Stoff aufgehängt, das mit<br />
einem Bild bemalt ist: Frauen<br />
haben an einer Straße ihre Garküchen<br />
neben „stehendem“<br />
Wasser aufgebaut. Daneben erkennt<br />
man den Marabout, einen<br />
Korangelehrten, der seine Schüler<br />
unter einem Baum sitzend<br />
unterrichtet.<br />
Wir befinden uns in einer so genannten<br />
„reformierten Koranschule“<br />
in Zinder, einer Großstadt<br />
im Süden des Niger, etwa<br />
1.000 Kilometer von der Hauptstadt<br />
Niamey entfernt und unweit<br />
der Grenze zu Nigeria. Unter<br />
einer „reformierten Koranschule“<br />
versteht man eine „moderne“<br />
Schule, die mit Tischen<br />
und Bänken ausgestattet ist und<br />
über einen Stromanschluss verfügt.<br />
Koranverse und<br />
Gesundheitserziehung<br />
In der Regel sind die rund<br />
50.000 Koranschulen im Niger<br />
viel einfacher, eher dürftig oder<br />
gar nicht ausgestattet, etwa so,<br />
wie es das Bild auf dem Baum-<br />
wolltuch darstellt. Sicher ist die<br />
Koranschule auch deswegen<br />
modern, weil manchmal ein ungewöhnlicher<br />
Unterricht stattfindet.<br />
Anstatt des üblichen<br />
Auswendiglernens der 60 Koranverse<br />
wird über Hygiene und<br />
Umwelt gesprochen. Jeder der<br />
Schüler hält ein Heft in den<br />
Händen, in dem viele Informationen<br />
zu Körper- und Haushaltshygiene,<br />
zu Gesundheit<br />
und gesunder Nahrung zu finden<br />
sind. Auch wie man eine<br />
Malaria oder Bilharziose vermeiden<br />
kann, ist anschaulich<br />
beschrieben. Sogar über den<br />
Umgang mit und die Entsorgung<br />
von Plastiktüten wird informiert.<br />
Diese Hefte für den Umweltund<br />
Hygieneunterricht sind in<br />
zwei Versionen gefasst: einmal<br />
auf französisch und einmal auf<br />
Haussa, aber in arabischer<br />
Schrift, in so genannten Ajami.<br />
Die Schüler haben sich die Hefte<br />
in Ajami zu Hause angeschaut<br />
und beantworten nun<br />
die Fragen des Lehrers. Sie sind<br />
sehr begeistert, insbesondere die<br />
Mädchen, die bei jeder Frage<br />
ihren Finger schnipsen, um die<br />
Aufmerksamkeit des Lehrers auf<br />
sich zu lenken.<br />
Informationen<br />
für die ganze Familie<br />
Umweltunterricht in einer Koranschule<br />
zu etablieren und zu<br />
integrieren ist der Versuch der<br />
lokalen Nichtregierungsorganisation<br />
(NRO) ONEE (Organisation<br />
nigérienne pour l’éducation environnementale:<br />
Nigrische Organisation<br />
für Umwelterziehung).<br />
Einen Teil ihrer Zielgruppe über<br />
diesen ungewöhnlichen Weg zu<br />
erreichen ist eine kluge Ent-
scheidung von ONEE, denn 80<br />
Prozent der Erwachsenen in<br />
Zinder sind dank dem Koranlernen<br />
in der Lage, die arabische<br />
Schrift zu lesen. Wenn ONEE<br />
den Kindern ein solches Heft in<br />
Ajami gibt, ist die Wirkung vielseitig,<br />
da die ganze Familie und<br />
auch Freunde davon profitieren.<br />
Sie sind daran gewöhnt, Dokumente<br />
aus Nigeria zu lesen, warum<br />
also nicht auch ein Informationsblatt<br />
über Hygiene und<br />
Umweltschutz?<br />
Umwelterziehung<br />
und Islam<br />
„Außerdem ist die Verbindung<br />
zwischen Umwelterziehung und<br />
Islam selbstverständlich“, so Fatima<br />
Altiné, die Hauptanimateurin<br />
der NRO. „Sauberkeit ist<br />
die Hälfte des Glaubens“, lautet<br />
ein berühmter Hadith (ein belegter<br />
Ausspruch oder eine Tat)<br />
des Propheten Mohamed. Ein<br />
guter Moslem müsse gesund<br />
und sauber sein. Dieser Grundsatz<br />
dürfe nicht an der Hofoder<br />
Grundstücksgrenze enden.<br />
Die Umsetzung hierfür sei „eine<br />
wahre Herausforderung in diesem<br />
Land.“<br />
Im Jahr 1993 wurde die Idee,<br />
Umweltbewusstsein und entsprechende<br />
Informationen über<br />
die Koranschulen zu verbreiten,<br />
von der IUCN (International<br />
Union for the Conservation of<br />
Nature) initiiert. Aus der ehemaligen<br />
IUCN ist ONEE entstanden,<br />
die nun die erfolgreiche<br />
Arbeit fortsetzt.<br />
Der DED im Niger unterstützt<br />
ONEE im Rahmen des<br />
Programms zur Förderung einheimischer<br />
Organisationen seit<br />
zwei Jahren in Kooperation mit<br />
FEMPOL (Fonds pour l’exécution<br />
des micro-projéts par les organisations<br />
locales) der niederländischen<br />
Botschaft in Ouagadougou,<br />
Burkina Faso. Auch die beratende<br />
Unterstützung bei der<br />
Projektabwicklung wird durch<br />
den DED in Zinder sichergestellt.<br />
Es ist ein Experiment des<br />
DED, um zu sehen, ob und inwieweit<br />
man mit den Koranschulen<br />
zusammenarbeiten<br />
kann.<br />
Immer mehr Eltern ziehen<br />
die Koranschulen für die schulische<br />
Erziehung ihrer Kinder<br />
vor. Die staatlichen Schulen bie-<br />
ten, nicht zuletzt wegen des<br />
niedrigen Niveaus, häufigen<br />
Unterrichtsausfällen durch<br />
Streiks und den wenig attraktiven<br />
Unterrichtszeiten im ländlichen<br />
Raum, nicht wirklich eine<br />
Alternative zu den Koranschulen.<br />
Hinzu kommt, dass in<br />
staatlichen Schulen in der Unterrichtssprache<br />
Französisch gelehrt<br />
wird, einer Sprache, die<br />
von einem Großteil der Bevölkerung<br />
nicht gesprochen wird.<br />
Auch die Nähe zum Norden<br />
Nigerias, in dem die Scharia als<br />
Rechtssystem existiert, beeinflusst<br />
die Entscheidung der<br />
Eltern.<br />
Schlechte Manieren<br />
„Die Koranschulen vermitteln<br />
neben dem Erlernen der 60 Suren<br />
auch die Grundregeln für<br />
das Zusammenleben“, betont<br />
die sechzehnjährige Awa Umusa,<br />
Schülerin der siebten Klasse.<br />
Dank dieses Unterrichts könne<br />
sie für ihr Leben besser beurteilen,<br />
was gut und was schlecht<br />
für sie sei. Das sei für sie das<br />
Wichtigste. „Die Koranschulen<br />
sind für Mädchen besser als die<br />
staatlichen Schulen“, ergänzt<br />
sie. „In diesen lernt man doch<br />
nur schlechte Manieren.“ Die<br />
Koranschule hingegen lehre, wie<br />
sich eine Frau richtig zu benehmen<br />
habe.<br />
Gerade wegen des starken Einflusses<br />
der Koranschulen auf<br />
den Alltag der Bevölkerung werden<br />
immer häufiger Korangelehrte,<br />
so genannte Imane, in<br />
Projekte zum Dialog und Austausch<br />
mit eingebunden.<br />
Am Beispiel der Schülerin<br />
Awa Umusa zeigen sich erste<br />
Erfolge. Sie möchte gerne zusätzlich<br />
Haushaltsunterricht haben.<br />
Am liebsten würde sie daher<br />
parallel auch die staatliche<br />
Schule besuchen. „Dafür werde<br />
ich mich auf jeden Fall bei meinen<br />
Kindern einsetzen!“, erklärt<br />
sie.<br />
� Dominique Thaly ist Politologin<br />
und seit 2003 DED-<br />
Entwicklungshelferin für<br />
Informations- und Bildungsarbeit<br />
im Niger<br />
Mädchen und Jungen sitzen<br />
in der Koranschule streng<br />
voneinder getrennt.<br />
Foto: Dominique Thaly<br />
Neben dem<br />
Auswendiglernen der Suren<br />
wird Umwelt- und<br />
Hygieneunterricht erteilt.<br />
Foto: Dominique Thaly<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 49
Projekte und Programme<br />
Die Getreideernte ist die<br />
Zeit gemeinsamer Arbeit<br />
und Feste. Foto: Privat<br />
Am Wochenende wird<br />
zum Tanz aufgespielt.<br />
Foto: Privat<br />
50 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Chile<br />
„Der andere Blick“ – Die Sicht<br />
der Provinz kommt in die Stadt<br />
Sozialfotografie im Süden Chiles<br />
Ein Drittel aller Chileninnen und Chilenen lebt in Santiago. Aus Sicht der sechs<br />
Millionen smoggeplagten Hauptstädter ist der Rest des Landes Provinz. Das ist dort,<br />
wo man in den Sommermonaten hinfährt, um sich zu erholen – an den Fuß eines<br />
Vulkans, ans Ufer eines Bergsees oder an den Strand. Provinz ist auch dort, wo das<br />
deutsch-chilenische Kooperationsvorhaben zu nachhaltiger Naturwaldbewirtschaftung<br />
mit tausenden von Kleinbauern arbeitet, nicht nur bis zu zweitausend<br />
Kilometer von Santiago entfernt, sondern oftmals auch weit entlegen von den<br />
urbanen Zentren der Regionen.<br />
Petra Wilken<br />
Um auf die Lebensweise<br />
dieser Kleinbauern in den<br />
Städten aufmerksam zu machen,<br />
hat das Naturwaldprojekt<br />
eine Reihe von Sozialfotografie-<br />
Workshops durchgeführt, in denen<br />
die Kleinbauern die Protagonisten<br />
hinter und vor den Kameras<br />
sind. Mit dieser Initiative<br />
soll gezeigt werden, dass eine<br />
nachhaltige Waldbewirtschaftung<br />
nur in Zusammenarbeit<br />
mit den betroffenen Menschen<br />
möglich ist. Das Projekt, bei<br />
dem Wanderausstellungen in<br />
fünf Regionen des Landes entstehen<br />
und das mit einer<br />
großen Ausstellung in Santiago<br />
endet, heißt La Otra Mirada –<br />
La visión del campo viene a la ciudad<br />
(„Der andere Blick“ – Die<br />
Sicht der Provinz kommt in die<br />
Stadt).<br />
Automatik-Kameras<br />
und Schwarz-Weiß-Filme<br />
Der Fotograf Aliosha Márquez<br />
steigt morgens um neun Uhr<br />
auf dem Marktplatz von Curacautín<br />
aus dem Bus. Er kommt<br />
aus Santiago und ist die ganze<br />
Nacht durchgefahren, um sich<br />
hier mit dem Beraterteam der<br />
Forstbehörde CONAF zu treffen.<br />
Sie lassen ihn in ihren Pickup<br />
einsteigen und fahren weiter<br />
hoch in die Andenkordilliere zu<br />
den Familien Angulo, Guajardo,<br />
Huilcal und Mardones, die in<br />
der Neunten Region die Teilnehmer<br />
am Projekt Sozialfotografie<br />
„Der andere Blick“ sind.<br />
Bei früheren Besuchen hat<br />
Aliosha ihnen Automatik-<br />
Kameras und Schwarz-Weiß-<br />
Filme übergeben und ihnen die<br />
Grundbegriffe der Fotografie<br />
erklärt. Heute, an diesem sonnigen,<br />
aber eiskalten Wintermorgen<br />
wird er ihnen die Bilder<br />
zeigen, die sie gemacht haben.<br />
Die Familien gehören zur<br />
Zielgruppe des Projektes zu<br />
nachhaltiger Naturwaldbewirtschaftung.<br />
Sie leben von Landwirtschaft<br />
und dem, was ihre<br />
Wälder hergeben, haben ein<br />
paar Rinder und Kleintiere und<br />
bauen Gemüse an. Ihre Aktivitäten<br />
sind auf die Produktion<br />
von Lebensmitteln zur Selbstversorgung<br />
ausgerichtet. An<br />
einem systematischen Foto-<br />
Workshop teilzunehmen, erscheint<br />
ihnen zunächst merkwürdig.<br />
„Die ersten Arbeiten sind absolut<br />
frei, damit sie sich an die<br />
Kameras gewöhnen. Danach beginne<br />
ich, sie anzuleiten. Am<br />
Anfang finden sie es nicht besonders<br />
attraktiv, ihre tägliche<br />
Arbeit zu fotografieren, weil sie<br />
so einfachen Dingen wie Kühe<br />
füttern oder Holz schlagen keinen<br />
besonderen Wert beimessen.<br />
Mit der Zeit aber verstehen<br />
sie, dass es für die Betrachter<br />
später interessant sein wird, genau<br />
diese Dinge zu sehen“, erklärt<br />
Márquez.
Der Wert<br />
der einfachen Dinge<br />
Aliosha Márquez ist der Moderator<br />
der Fotografie-Workshops<br />
„Der andere Blick“, die in den<br />
fünf Regionen stattfinden, in<br />
denen das Naturwaldprojekt<br />
umgesetzt wird. Zwischen dem<br />
nördlichsten und dem südlichsten<br />
Punkt des Projektgebietes<br />
liegen mehr als tausend Kilometer<br />
Entfernung. Von jeder Region<br />
nehmen etwa 15 Personen<br />
teil, meistens sind es vier bis<br />
fünf Familien, die sich die gleiche<br />
Anzahl von einfachen Automatik-Kameras<br />
mit Normalobjektiv<br />
teilen. Jeder Workshop<br />
besteht aus sechs bis acht Sitzungen<br />
und dauert etwa zwei<br />
Monate. Während dieser Zeit<br />
entstehen rund 900 Fotografien,<br />
von denen 35 für eine Ausstellung<br />
ausgewählt werden. Sie<br />
wird in der jeweiligen Regionalhauptstadt<br />
gezeigt und geht<br />
dann wiederum als Wanderausstellung<br />
in die Dörfer der Provinzen.<br />
„Es ist die Ausstellung eines<br />
Familienalbums, der kleinen<br />
persönlichen Geschichten, des<br />
Dorfes, der Nachbarschaft und<br />
des Wertes der einfachen Dinge,<br />
die uns so beeindrucken. Es ist<br />
der Blick der Menschen, die wir<br />
normalerweise nicht sehen, die<br />
nicht an der neuen Informationstechnologie<br />
teilhaben, die<br />
aber in dieser Geschichte die<br />
wahren Protagonisten sind”, sagt<br />
Aliosha Márquez.<br />
In der Familie Mardones<br />
sind es zum Beispiel die 13jährigen<br />
Zwillinge Carlos und<br />
Carmen Gloria, die sich der Ka-<br />
mera bemächtigt haben. Sie fotografieren<br />
nachmittags, wenn<br />
sie aus der Schule zurückkommen<br />
und dem Vater bei der<br />
Landarbeit helfen. Es macht ihnen<br />
Spaß, alles zu porträtieren,<br />
Mähen mit Viehantrieb<br />
Foto: Privat<br />
Alle Familienmitglieder<br />
helfen bei der Waldarbeit mit.<br />
Foto: Privat<br />
Holzhacken,<br />
bevor der Winter kommt<br />
Foto: Privat<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 51
Projekte und Programme / Alltag im Partnerland<br />
Zeigen,<br />
was wichtig ist<br />
im Leben<br />
Verlosung<br />
Gewinnen Sie den<br />
Foto-Wandkalender 2005<br />
„La Otra Mirada”<br />
Stichwort: Der andere Blick<br />
Postkarte an DED-Redaktion<br />
bis 29. April 2005<br />
Foto: Privat<br />
Info<br />
Nachhaltige Naturwaldbewirtschaftung<br />
Vor allem die Campesinos –<br />
Kleinbauern – spielen eine<br />
wichtige Rolle beim Schutz der<br />
einheimischen Wälder. Rund<br />
5,8 Millionen Hektar produktive<br />
Naturwälder soll es geben,<br />
von denen 2,3 Millionen Hektar<br />
in Besitz von Kleinbauern<br />
mit Subsistenzwirtschaft sind.<br />
Die Land- und Viehwirtschaft<br />
sind die Haupteinnahmequellen,<br />
wobei auch die<br />
Wälder immer wirtschaftlich<br />
genutzt werden. In der Regel<br />
sind sie durch Waldweide und<br />
Plünderhiebe so weit degradiert,<br />
dass zurzeit fast ausschließlich<br />
Brennholz „geerntet”<br />
werden kann. Das Kooperationsvorhaben<br />
„Nachhaltige<br />
Naturwaldbewirtschaftung in<br />
Chile“ in Zusammenarbeit mit<br />
der Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />
(KfW), der Deutschen<br />
Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit<br />
(GTZ) und dem<br />
DED will mit geeigneten waldbaulichen<br />
Maßnahmen die<br />
nachhaltige Produktion von<br />
hochwertigen Hölzern sicherstellen<br />
und in Verbindung mit<br />
anderen alternativen Formen<br />
der Nutzung den Zustand der<br />
Wälder verbessern und so zum<br />
Einkommen der Landbevölkerung<br />
beitragen.<br />
Tulpenfeld 7, 53113 Bonn. Alle<br />
Einsendungen nehmen teil, der<br />
Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
52 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
was ihnen in ihrer Welt wichtig<br />
erscheint: den Hund Rumpy als<br />
Bewacher des Hauses und beim<br />
Zusammentreiben der Kühe, sowie<br />
Carlos auf der Heumähmaschine,<br />
die von einem Bullen<br />
gezogen wird.<br />
Internationales<br />
Fotografie-Festival<br />
„Man muss aufpassen, wann das<br />
Licht schön ist und dann ein<br />
Foto machen. Letztens bin ich<br />
schnell ins Haus gelaufen und<br />
habe die Kamera geholt. Als ich<br />
wieder raus kam, war das tolle<br />
Licht schon weg”, erzählt Carlos.<br />
„Dann wollten wir die Geburt<br />
eines Kalbes fotografieren,<br />
aber wir haben es vergessen.<br />
Bald wird wieder eines geboren,<br />
dann machen wir das Foto”.<br />
Vielleicht hat er ja Glück,<br />
und sein Foto wird in Santiago<br />
in der großen Gesamtausstellung<br />
mit 50 Bildern aus allen<br />
fünf Regionen gezeigt. Das wird<br />
im Dezember sein, wenn die<br />
Sicht der Provinz in die Haupt-<br />
stadt kommt und im Rahmen<br />
eines internationalen Fotografie-<br />
Festivals in der Universidad de<br />
Chile ausgestellt wird.<br />
� Petra Wilken ist Journalistin<br />
und als Entwicklungshelferin<br />
des DED seit 2001 in Chile<br />
Die immer<br />
wiederkehrenden<br />
Hausarbeiten<br />
Foto: Privat
Ecuador<br />
„Der liebe Gott wird’s schon richten!”<br />
Von der Landnutzungsplanung und ihren Schwierigkeiten<br />
Die Autorin arbeitete ein Jahr in der Fundación Podocarpus, einer kleinen<br />
Nichtregierungsorganisation (NRO) in Loja. Gemeinsam mit der betroffenen<br />
Landbevölkerung erstellte sie einen Landnutzungsplan für eine Gemeinde in der<br />
Pufferzone des Nationalparks Podocarpus.<br />
Heike Wolff<br />
9Uhr morgens: Ein paar<br />
Stücke süßer Maniok und<br />
fettglänzende Schweinehaut liegen<br />
auf meinem Teller. Leider<br />
sind meine kulinarischen Vorlieben<br />
immer noch etwas anders<br />
als die meiner ecuadorianischen<br />
Kollegen, und so ist es wohl<br />
nicht nur der Aufregung geschuldet,<br />
dass ich fast alles liegen<br />
lasse. Heute ist der Tag der<br />
Präsentation des Landnutzungsplans<br />
von Numbala, an dem ich<br />
ein dreiviertel Jahr mitgearbeitet<br />
habe. Es erscheinen letztendlich<br />
über 80 Bauern, das Umweltministerium,<br />
Regionalfernsehen,<br />
die Stadtverwaltung und weitere<br />
NRO. Der Vortrag verläuft gut.<br />
Nun gilt es, für die vorgeschlagenen<br />
Nutzungsprojekte auch<br />
die entsprechende Finanzierung<br />
zu bekommen.<br />
Meine Heimat für ein Jahr<br />
wurde die kleine, auf 2000<br />
Höhenmetern gelegene Andenstadt<br />
Loja im Süden Ecuadors.<br />
In der Nähe erstreckt sich der<br />
südlichste der acht Nationalparks<br />
des Landes: Podocarpus.<br />
Dieser gehört mit über 600 Vogelarten,<br />
Brillenbären, Tapiren<br />
und Jaguaren sowie einer außerordentlichen<br />
botanischen Vielfalt<br />
zu den artenreichsten Bergregenwäldern<br />
des Landes. Seinen<br />
Namen erhielt er nach der<br />
markanten Steineibe (Podocarpus).<br />
Die letzten großflächigen<br />
und intakten Steineibenwälder<br />
liegen in der landwirtschaftlich<br />
genutzten Pufferzone des<br />
Parks. Daher sind sie stark<br />
durch illegale Abholzung und<br />
Ausweitung der Weideflächen<br />
für die Rinderzucht durch lokale<br />
Bauern bedroht. Ziel war, die<br />
Nutzung zu ordnen, um einerseits<br />
das Abholzen zu verhindern<br />
und andererseits die Lebensmöglichkeiten<br />
der Einwohner<br />
zu verbessern.<br />
Schon bald merkte ich, dass<br />
dies keine einfache Aufgabe<br />
werden würde. Numbala ist nur<br />
nach sechsstündigem Fußmarsch<br />
zu erreichen, die Wege<br />
sind aufgrund von Viehtrieb<br />
und Niederschlägen ständig verschlammt.<br />
Extreme Hangneigungen<br />
beeinträchtigen die Nutzung<br />
und führen zu Erdrutschen.<br />
Die Bauern leben in ärmlichen<br />
Häusern, ohne Trinkwasser<br />
und ohne Latrinen. Gekocht<br />
wird mit Feuerholz. Als ich<br />
dann abends völlig durchnässt<br />
in einer klammen Hütte saß,<br />
dachte ich daran, dass ich mir<br />
vorher die Arbeit im Regenwald<br />
doch etwas romantischer vorgestellt<br />
hatte!<br />
Gott hilft!<br />
Beim Erarbeiten des Plans entsprach<br />
der Arbeitsstil nicht immer<br />
meinen deutschen Gepflogenheiten.<br />
Die Projekttreffen<br />
fingen grundsätzlich zu spät an,<br />
und vorher wurde nichts gründlich<br />
vorbereitet. Wenn ich zweifelte,<br />
ob es überhaupt klappen<br />
wird, bekam ich meist von meinen<br />
etwas entspannteren Kollegen<br />
zur Antwort: „Dios proveerá!”<br />
(„Der liebe Gott wird’s<br />
schon richten!”). Das stimmte<br />
auch meistens!<br />
Vertrauen aufbauen<br />
Mit den Bauern, die in den Planungsablauf<br />
mit einbezogen waren,<br />
hielten wir regelmäßige<br />
Workshops zur Entscheidungsfindung<br />
ab. Viele von ihnen<br />
konnten sich nicht vorstellen,<br />
welche Vorteile eine Landnutzungsplanung<br />
bringt oder waren<br />
einfach misstrauisch gegenüber<br />
öffentlichen Organisationen.<br />
Insbesondere das Umweltministerium<br />
hat durch seine Politik<br />
in der Vergangenheit viel an<br />
Glaubwürdigkeit verspielt, wo-<br />
durch zahlreiche Konflikte auftraten.<br />
Behutsam musste dann<br />
erst wieder Vertrauen aufgebaut<br />
oder zu etwas unkonventionelleren<br />
Methoden gegriffen werden<br />
– zum Beispiel dem Kauf<br />
eines Schweins, das dann gemeinsam<br />
verspeist wird und die<br />
Partizipation bedeutend erhöht.<br />
Im Verlauf der Arbeit machten<br />
wir die Bauern mit dem Instrument<br />
des Landnutzungsplans<br />
bekannt und besprachen<br />
die einzelnen Planungsschritte.<br />
So erarbeiteten wir gemeinsam<br />
unter Zuhilfenahme von Luftbildern<br />
und GPS (satellitengestütztes<br />
Navigationssystem)-<br />
Daten eine Landbesitzkarte. Es<br />
folgten eine Zonierung, eine<br />
Chancen-Risiken-Analyse, eine<br />
Vision und Empfehlungen für<br />
Entwicklungsmaßnahmen (Nutzungsintensivierung<br />
auf kleinerer<br />
Fläche, Aufforstung erosionsgefährdeter<br />
Hänge, sanfter<br />
Tourismus, etc.). Für einige Projekte<br />
ist die Finanzierung bereits<br />
gesichert. Es bleibt zu hoffen,<br />
dass damit ein erster Schritt<br />
zum Erhalt der letzten Podocarpus-Wälder,<br />
wie auch zu einem<br />
besseren Lebensstandard für die<br />
Bauern Numbalas getan ist.<br />
Fazit nach einem Jahr<br />
Die Arbeit in einem Entwicklungsland<br />
ist äußerst spannend,<br />
weil man das Gefühl hat, noch<br />
etwas bewegen zu können. Die<br />
Ecuadorianer sind sehr motiviert,<br />
ihr Land zum Positiven zu<br />
verändern. Doch stößt man leider<br />
oft durch Korruption, Engstirnigkeit<br />
und Ressourcenmangel<br />
an seine Grenzen. Frustration<br />
und Hoffnung wechseln sich<br />
daher häufig ab.<br />
� Heike Wolff ist Geoökologin<br />
und war von 2002 bis 2003<br />
Entwicklungsstipendiatin des<br />
DED in Ecuador<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 53
Alltag im Partnerland<br />
In der Pagode<br />
kann man<br />
die Stille finden.<br />
Foto: Jana Franke<br />
54 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Kambodscha<br />
Vom Himmel ein Stück<br />
Religiöses Leben kann neben einem Stückchen Beschaulichkeit auch die nötige Zufriedenheit vermitteln<br />
Morgendämmerung in Phnom Penh. Die ersten Sonnenstrahlen tanzen auf den<br />
prunkvollen Dächern der Silberpagode und tauchen den mit Wolken fast verdeckten<br />
Horizont in ein leuchtendes Purpur.<br />
André Hartlapp<br />
Ich sitze auf meinem kleinen<br />
Balkon im obersten Stock<br />
unseres französisch anmutenden<br />
Wohnhauses an der Riverside<br />
und lasse den Blick über die<br />
facettenreiche Skyline der Stadt<br />
und die dicht bewaldeten Inseln<br />
auf der anderen Seite des Flusses<br />
schweifen. Unter mir spiegeln<br />
sich die ufernahen Zuckerpalmen<br />
in den braunen Fluten<br />
des Tonle Sap, der sich wenige<br />
Kilometer weiter südlich mit<br />
dem Mekong River verbindet<br />
und als reißender Strom in den<br />
Golf von Thailand mündet.<br />
Die Regenzeit<br />
hat begonnen<br />
Seit beinahe einer Woche öffnet<br />
der Himmel täglich um die Mittagszeit<br />
für ein bis zwei Stunden<br />
seine Schleusen und überflutet<br />
das Land mit dem von<br />
den Reisbauern so lange ersehnten<br />
Regen. Wasserbüffel ziehen<br />
hölzerne Pflüge oder Karren mit<br />
Saatgut hinter sich her. Frische<br />
Stecklinge werden dicht an<br />
dicht in die lehmige Erde gepflanzt<br />
und lassen bald die<br />
weitläufigen Anbaugebiete in einem<br />
saftigen Grün erscheinen.<br />
Und überall entdeckt man<br />
Strohpuppen als Vogelscheuchen<br />
auf den Feldern, die hungrige<br />
Spatzen und, dem Aberglauben<br />
nach, diebische Nachbarn<br />
fernhalten sollen.<br />
Auch die Stadt verändert ihr<br />
Gesicht. Unaufhaltsam dringen<br />
die Wassermassen in jeden<br />
Spalt, jeden Winkel und jede<br />
noch so kleine Ritze vor und<br />
spülen den Staub und hartnäckigen<br />
Schmutz der Trockenzeit<br />
die Hauswände und den<br />
Bordstein hinunter in das verrottete<br />
Abwassersystem Phnom<br />
Penhs. Bald sind die Abflüsse<br />
verstopft, die Kanäle übergelaufen,<br />
und binnen kürzester Zeit<br />
stehen Straßen und Hauseingänge<br />
unter Wasser. Kinder<br />
tummeln sich in kniehohen<br />
Pfützen, Motorräder peitschen<br />
durch überflutete Gassen, hinterlassen<br />
regenbogenartig schimmernde<br />
Ölflecken auf der Wasseroberfläche<br />
und Bettler retten<br />
sich und ihr spärliches Hab und<br />
Gut – zumeist ein paar Decken,<br />
ausgefranste Hüte und Lumpenkleidung<br />
in Plastiktüten – unter<br />
die ausgeblichenen Jalousien<br />
der Straßencafés.<br />
Drei Monate beten<br />
In Orange gekleidete Mönche<br />
waten vorsichtig durch den<br />
Schlamm oder lassen sich von<br />
einem der zahlreichen Rikschafahrer<br />
durch die braune Lache<br />
zu ihren Pagoden kutschieren.<br />
Dort werden sie, getreu ihrer<br />
Religion, die nächsten drei Monate<br />
ausharren, beten und auf<br />
die flammenden Kerzen achten,<br />
die ihnen von hohen Adligen<br />
bis hin zu einfachen Bauern anvertraut<br />
wurden. Solange ihr<br />
Feuer brennt, bringt es dem<br />
gläubigen Spender Glück. Erlischt<br />
es – so die Überlieferung -<br />
tritt Böses ein. Dabei spielen<br />
Reichtum und Armut keine<br />
Rolle.<br />
Vor Buddha sind<br />
alle Menschen gleich<br />
Ich beschließe, mich auf den<br />
Weg zu einer der kleineren Pagoden<br />
außerhalb der Stadt zu<br />
machen. Dort soll alles noch wie<br />
früher sein, ursprünglich, unberührt<br />
und nicht touristisch.<br />
Vorbei an Fischmärkten und<br />
Motorradwerkstätten fahre ich<br />
durch Pfützen und Schlaglöcher<br />
die Nationalroute Nummer zwei<br />
hinunter bis nach Russey Keo,<br />
einer Gemeinde im Süden der<br />
Stadt, deren Name soviel wie<br />
„Gläserner Bambus“ bedeutet.<br />
Schon wenige Kilometer hinter<br />
der Stadtgrenze lässt der Verkehr<br />
nach und nur noch vereinzelt<br />
säumen die städtetypischen<br />
Kolonialhäuser den Straßenrand.<br />
Allmählich werden sie<br />
von einfachen Holz- und Blechhütten<br />
abgelöst und verschwinden<br />
schließlich ganz. Dafür erheben<br />
sich nun mit Gras bewachsene<br />
Hügelketten, von deren<br />
Kämmen es hier und da rotgolden<br />
herüberblitzt. Bei genauerem<br />
Hinsehen erkenne ich<br />
Pagodendächer.<br />
Nach einer weiteren halben<br />
Stunde und einer nicht ganz<br />
mühelosen Fahrt über Schotterwege<br />
und sandige Pfade stehe<br />
ich endlich vor einem der Hügel.<br />
Eine steinerne Treppe führt<br />
weit hinauf zur Naga Pagoda,<br />
der Schlangenpagode.<br />
Ich parke mein Moped im<br />
Schatten eines Fliederbuschs<br />
und erklimme die Jahrhunderte<br />
alten Stufen. Oben angekommen<br />
begrüßt mich am Eingang<br />
ein greiser Mönch im dunkelbraunen<br />
Gewand. In gebückter<br />
Haltung gibt er mir mit gefalteten<br />
Händen und einem Kopfnicken<br />
zu verstehen, dass ich<br />
willkommen bin. Zögernd trete<br />
ich ein.<br />
Ein Leben für die Religion<br />
Der Innenhof offenbart die alte<br />
traditionelle Baukunst der<br />
Khmer. Kunstvoll bemalte Säulen<br />
aus Kalkstein tragen wuchtige,<br />
mit Schnitzereien verzierte<br />
Balken, die das hölzerne Pagodendach<br />
stützen. Fünfköpfige<br />
Schlangen besetzen Ecken und<br />
Winkel, dienen als Fassadenschmuck<br />
und Abflussrinnen.<br />
Unter den Köpfen stehen steinerne<br />
Kübel, in denen sich Regenwasser<br />
gesammelt hat. Ein<br />
junger Mönch wäscht sich darin.<br />
Er ist um die zwanzig, kahl<br />
geschoren und trägt die orangefarbene<br />
Robe eines Auszubildenden.<br />
Später einmal, wenn
seine Lehre beendet und ein gewisses<br />
Alter erreicht ist, wird er<br />
diese ablegen und das braune<br />
Gewand der Meister überstreifen<br />
dürfen. Doch bis dahin ist<br />
es noch ein weiter Weg.<br />
Hinter mir öffnet sich erneut<br />
das schwere eisenbeschlagene<br />
Tor und einige Bauern betreten<br />
ehrfürchtig den Hof. Sie tragen<br />
Säcke mit Reis und riesige Bastkörbe<br />
mit Früchten und werden<br />
von dem alten Mönch freundschaftlich<br />
empfangen. Er führt<br />
sie zum Altar auf der gegenüberliegenden<br />
Seite, wo sie<br />
unter seinem Segen die Speisen<br />
einer goldenen Buddhastatue zu<br />
Füßen legen. Solange sich die<br />
Mönche in ihre Pagoden zurückziehen,<br />
sind sie auf diese<br />
Opfergaben angewiesen. Da sie<br />
die Gebetsstätten nicht verlassen<br />
dürfen, liegt es in der Verantwortung<br />
der jeweiligen Gemeinde,<br />
ihr geistliches Zentrum<br />
mit Lebensmitteln zu versorgen.<br />
Plötzlich schweben gebetsartige<br />
Gesänge durch die Luft.<br />
Die eindringlichen Melodien<br />
dröhnen aus quäkenden Lautsprechern,<br />
die versteckt unter<br />
Dachbalken und Mauervorsprüngen<br />
angebracht sind. Ihr<br />
monotoner Klang dient der Meditation<br />
und erfüllt jeden Tag<br />
über Stunden hinweg die Mauern<br />
der Pagode. Dabei sammeln<br />
sich die Mönche in Gruppen<br />
vor dem Altar, zünden Räucherstäbchen<br />
an und beten zu<br />
Buddha, während sie ununterbrochen<br />
die unterschiedlichen<br />
Gesänge wiederholen und so<br />
deren Aussprache und Intonation<br />
erlernen – ein Hauptbestandteil<br />
ihrer Ausbildung.<br />
Ein Stück weit gelassener<br />
Nach gut drei Stunden ist das<br />
Schauspiel vorüber und mit einem<br />
dumpfen Gongschlag werden<br />
die Geistlichen in den Speisesaal<br />
gerufen. Decken und<br />
Wände sind hier mit riesigen<br />
Gemälden geschmückt, die verschiedene<br />
Stationen aus dem<br />
Leben Buddhas wiedergeben,<br />
angefangen bei seiner Geburt<br />
bis hin zu seinem Tod.<br />
Nachdem die Mönche an der<br />
langen Tafel Platz genommen<br />
haben, werden Schüsseln mit<br />
Reis und gebratenem Fisch aufgetragen.<br />
Aus Tonkrügen gießt<br />
man sich gegenseitig frisches<br />
Quellwasser ein und greift zu<br />
den hölzernen Stäbchen, die<br />
eingeschlagen in wollene Tücher<br />
neben jedem Teller liegen. Ab<br />
und zu hört man ein Schmatzen,<br />
hier und da klappert Geschirr,<br />
doch ansonsten ist es<br />
ruhig unter den rund vierzig<br />
Mönchen. Vielleicht aus Wertschätzung<br />
über den gedeckten<br />
Tisch, vielleicht aus Dankbarkeit,<br />
ausreichend speisen und<br />
den Hunger stillen zu können,<br />
redet niemand ein Wort. So enden<br />
ihr Tag und mein Besuch in<br />
der Pagode.<br />
Ich verabschiede mich und<br />
verlasse diesen Ort der Stille,<br />
tauche ein in das laute Stadtleben<br />
und das Verkehrschaos<br />
von Phnom Penh. Doch diesmal<br />
rege ich mich nicht auf, fluche<br />
und schimpfe nicht über<br />
die rücksichtslosen Mopedfahrer<br />
und falsch geparkten Autos.<br />
Nein, ich bin ein Stück weit<br />
gelassener als sonst. Dank<br />
Buddha?<br />
� André Hartlapp ist Medieningenieur<br />
und seit 2004 Entwicklungsstipendiat<br />
des DED<br />
in Kambodscha<br />
Bis ein junger Mönch<br />
zu einem Meister wird,<br />
ist es ein langer Weg.<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 55<br />
Foto: Jana Franke
Intern<br />
So wie hier auf dem von der<br />
örtlichen Stadtverwaltung<br />
aufgestellten Schild<br />
gefordert, warten noch<br />
Dutzende unkontrollierter<br />
Müllkippen der Insel auf<br />
„Reinigung“. Sie gefährden<br />
Trinkwasserbrunnen und<br />
Gewässer.<br />
Foto: Martin Falke<br />
56 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Blickpunkt<br />
DED<br />
DED im Ausland<br />
I<strong>ded</strong>@rt.com in Mali. Am 12.<br />
November 2004 wurde in<br />
den Büroräumen des DED<br />
der vierte Teil der Ausstellungsreihe<br />
eröffnet. Seit 2002 finden<br />
hier in unregelmäßigen Abständen<br />
Ausstellungen malischer<br />
Künstler statt. Ziel der Veranstaltungen<br />
ist es, einerseits den<br />
einheimischen Künstlern – Malern,<br />
Fotografen, Bildhauern,<br />
Marionettenkünstlern, Musikern<br />
– den Zugang zu einem aufgeschlossenen<br />
Publikum zu ermöglichen,<br />
andererseits aber<br />
auch den oft in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
(EZ) vernachlässigten<br />
Bereich Kultur zu<br />
betonen.<br />
Waren die Ausstellenden in<br />
der Vergangenheit ausschließlich<br />
malische Künstler, wurden nun<br />
zum ersten Mal die künstlerischen<br />
Arbeiten eines Entwicklungshelfers<br />
präsentiert. Neben<br />
dem international anerkannten<br />
Maler Ismael Diabaté und dem<br />
Fotografen Alioune Bâ stellte<br />
Martin Winterer, Berater der<br />
Handwerksorganisation in Kayes,<br />
seine Objekte aus. Die Lampen<br />
und Bilder, meist Kombinationen<br />
natürlich vorgefundener<br />
und technisch bearbeiteter Materialien<br />
(Holz, Metall, Glas,<br />
Perlen), fanden viel Anerkennung<br />
und begeisterte Käufer.<br />
Inzwischen wird der DED in<br />
Mali im „offiziellen“ malischen<br />
Künstler-Handbuch als Ausstellungsort<br />
erwähnt.<br />
� Ulrike Bossler, Ehefrau des<br />
DED-Landesdirektors in Mali<br />
IFestmüll-Management auf<br />
den Philippinen. Der DED<br />
unterstützt die Entwicklung<br />
und Umsetzung von Konzepten<br />
und Systemen des kommunalen<br />
Umweltmanagements mit<br />
Schwerpunkt auf der Inselgruppe<br />
Visayas. Auf Negros entwickeln<br />
Kommunen unter Anleitung<br />
von DED-Entwicklungshelfern<br />
Programme zur Kontrolle<br />
und Schließung bestehender<br />
umweltgefährdender Müllkippen,<br />
zur umweltschützenden<br />
Müll-Lagerung auf geordneten<br />
Deponien mit Kompostierung<br />
und Abfall-Recycling sowie der<br />
Wiederverwendung von Festmüll.<br />
Hinzu kommen begleitende<br />
bewusstseinschaffende Maßnahmen<br />
im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit<br />
für Entscheidungsträger<br />
an Schulen sowie in<br />
lokalen Medien.<br />
� Dr. Martin Falke, DED-<br />
Entwicklungshelfer auf den<br />
Philippinen<br />
IDokumentarfilmprojekt auf<br />
den Philippinen. Vom DED<br />
unterstützte Fachkräfte und<br />
ihre Projekte sind die Stars von<br />
vier Dokumentarfilmen, die der<br />
DED auf den Philippinen produzieren<br />
ließ. Die neun bis 13<br />
Minuten langen Streifen Wild<br />
over Wildlife, Basket of Hope,<br />
Mangrove of Life und Treasures in<br />
Trash erzählen die Geschichte jeweils<br />
eines Projektes und seiner<br />
Fachkraft. Um die Filme für ein<br />
breites Publikum attraktiv zu<br />
machen, engagierte das DED-<br />
Landesbüro den preisgekrönten<br />
philippinischen Dokumentarfilmer<br />
Kidlat de Guia. Er schrieb<br />
die Drehbücher und wählte die<br />
Projekte aus. Ursprünglich für<br />
Oktober 2004, den Deutschen<br />
Monat in der Hauptstadt Manila,<br />
konzipiert, fanden die Filme<br />
inzwischen eine weite Verbreitung.<br />
� Christoph Dehn, DED-Landesdirektor<br />
auf den Philippinen<br />
IKampagne gegen Menschenhandel<br />
in Brasilien.<br />
„Vorsicht mit den Träumen,<br />
die sie verkaufen“ – unter diesem<br />
Titel lancierte die Nichtregierungsorganisation<br />
(NRO)<br />
Coletivo Mulher Vida gemeinsam<br />
mit dem DED am 26. November<br />
2004 auf der „3. Expo Brasil<br />
für lokale Entwicklung“ in Olin-<br />
da/Pernambuco eine Kampagne<br />
gegen Menschenhandel. Vor allem<br />
richtet sie sich an Frauen<br />
und Jugendliche und wird in<br />
Schulen, an Flughäfen, Stränden<br />
und bei Veranstaltungen<br />
eingesetzt.<br />
In Brasilien sind vor allem<br />
Frauen ohne Ausbildung aus<br />
den Küstenstädten, die, motiviert<br />
durch Job- oder Heiratsangebote<br />
und dem Versprechen einer<br />
Verbesserung ihrer Lebensumstände,<br />
Brasilien legal oder<br />
illegal verlassen, die Opfer.<br />
Die NRO arbeitet in Recife<br />
und Olinda mit rund 1.000<br />
Menschen (Frauen, Familien, Jugendlichen<br />
und Kindern) in der<br />
Aufarbeitung von Gewalterfahrungen<br />
und der Prävention von<br />
sexueller Ausbeutung und Menschenhandel.<br />
Sie bietet psychologische<br />
Beratung und, in zwei<br />
Programmen der Aus- und Weiterbildung,<br />
Workshops, Kunsterziehung,<br />
Tanz und Theater sowie<br />
Sport- und Computerkurse<br />
an. Voraussetzung für die Teilnahme<br />
der Kinder ist der regelmäßige<br />
Schulbesuch.<br />
Das Coletivo Mulher Vida<br />
wurde 1991 von einer Gruppe<br />
von Frauen gegründet, die häuslicher<br />
Gewalt und dem völligen<br />
Fehlen staatlicher Politik in diesem<br />
Bereich etwas entgegensetzen<br />
wollten. 1998 und 2001<br />
wurde ihre Arbeit von UNICEF<br />
bzw. UNESCO ausgezeichnet.<br />
Der DED unterstützt die Kampagne<br />
als Teil seiner Arbeit zur<br />
Förderung der ökonomischen,<br />
sozialen und kulturellen Menschenrechte.<br />
� Claudia Fix, DED-Entwicklungshelferin<br />
für Informationsund<br />
Bildungsarbeit in Brasilien<br />
IEinrichtung von zwei Nutzreservaten<br />
in Brasilien. Riosinho<br />
do Anfrísio mit<br />
736.000 Hektar und Verde Para<br />
Sempre mit 1,28 Millionen<br />
Hektar werden seit November<br />
2004 als Nutzreservate im Bundesstaat<br />
Pará eingerichtet. Sie<br />
kommen 2.600 Familien zugute,<br />
die ihre Produkte unter<br />
besseren Bedingungen vermarkten<br />
können. Gleichzeitig wird<br />
der tropische Regenwald geschützt.<br />
Die brasilianische Umweltministerin<br />
Marina Silva bestätigte,<br />
dass die Einrichtung<br />
der Reservate ein Erfolg für die
egionale Bevölkerung sei: „Wir<br />
werden den Schutz der Gebiete<br />
garantieren und der illegalen<br />
Besitznahme des Waldes ein<br />
Ende setzen.“<br />
Verde Para Sempre ist ein<br />
großer Erfolg der Arbeit des<br />
„Komitees für nachhaltige Entwicklung<br />
in Porto de Moz“, ein<br />
Zusammenschluss von lokalen<br />
Gruppen und Verbänden der Zivilgesellschaft,<br />
die sich für die<br />
Verbesserung ihrer Lebensbedingungen<br />
und den Schutz des Regenwaldes<br />
einsetzen. Der DED<br />
hat das Komitee seit 1999 durch<br />
den Einsatz von Entwicklungshelfern<br />
und institutioneller<br />
Förderung unterstützt. Zurzeit<br />
wird der Einsatz von drei einheimischen<br />
Fachkräften beim<br />
Komitee von Porto de Moz gefördert.<br />
� Claudia Fix, DED-Entwicklungshelferin<br />
für Informationsund<br />
Bildungsarbeit in Brasilien<br />
I25 Jahre Zusammenarbeit<br />
des DED im Niger. DED-<br />
Landesdirektor Bernhard Alberti<br />
zog in seiner Festrede am<br />
8. Dezember 2004 eine positive<br />
Bilanz der bisher geleisteten<br />
Arbeit des DED in Niger, wies<br />
aber auch gleichzeitig auf zahlreiche<br />
neue Herausforderungen<br />
hin.<br />
In den letzten 25 Jahren seien<br />
rund 250 Entwicklungshelferinnen<br />
und Entwicklungshelfer<br />
im Niger zum Einsatz gekommen.<br />
Insbesondere die Einbindung<br />
vieler von ihnen in nigrische<br />
NRO sei als eine der besonderen<br />
Stärken des DED-Landesprogramms<br />
anzusehen. Diese<br />
anerkannt gute Arbeit habe<br />
dazu beigetragen, den Bekanntheitsgrad<br />
des DED im Land zu<br />
erhöhen und sein Profil zu<br />
schärfen. Kora Gouré–Bi, DED-<br />
Referatsleiterin für West- und<br />
Zentralafrika, lobte die gute Zusammenarbeit<br />
mit den nigrischen<br />
Partnerorganisationen<br />
und staatlichen Institutionen.<br />
„Gut“, sei sie gewesen, „eng,<br />
problemlos und vor allem über<br />
25 Jahre ununterbrochen“. Insbesondere<br />
wies sie darauf hin,<br />
dass Niger durch die in 2004 erfolgreich<br />
durchgeführten Kommunal-,<br />
Präsidentschafts- und<br />
Parlamentswahlen einen wichtigen<br />
Schritt in Richtung Dezentralisierung<br />
gemacht habe.<br />
Heike Thiele, deutsche Botschafterin,<br />
würdigte die spezifische<br />
Arbeitsweise des DED, die<br />
sich insbesondere durch „Basisnähe“<br />
auszeichne. „Das Engagement<br />
des DED lebt von der<br />
Motivation, der Einsatzbereitschaft<br />
und dem Idealismus seiner<br />
Entwicklungshelfer.“<br />
� Dominique Thaly, DED-<br />
Entwicklungshelferin für Informations-<br />
und Bildungsarbeit<br />
im Niger<br />
IHeidemarie Wieczorek-Zeul,<br />
Bundesministerin für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung, in der Demokratischen<br />
Republik Kongo<br />
(DRC) und Ruanda. Die Reise<br />
vom 28. Oktober bis 2. November<br />
2004 sollte zeigen, dass<br />
Deutschland mit seiner EZ den<br />
Stabilisierungs- und Friedensprozess<br />
in der Region der großen<br />
Seen unterstützt. „Der Friedenprozess<br />
und die Bekämpfung<br />
der Armut müssen Hand<br />
in Hand gehen“ erklärte die<br />
Bundesministerin, die sich<br />
durch diese Reise einen unmittelbaren<br />
Eindruck von der Situation<br />
vor Ort verschaffen<br />
wollte.<br />
Ein Ergebnis war, dass die<br />
seit Anfang der neunziger Jahre<br />
eingestellte finanzielle EZ mit<br />
der Demokratischen Republik<br />
Kongo wieder aufgenommen<br />
wurde.<br />
In Ruanda stand der Besuch<br />
unter dem Motto: „Versöhnung<br />
und Perspektiven für die Jugend.“<br />
Erste Station war die Genozidgedenkstätte<br />
in Murambi.<br />
Diese Gedenkstätte wurde mit<br />
Unterstützung der deutschen<br />
EZ errichtet. Hier gedachte die<br />
Ministerin der Opfer des Völkermordes:<br />
„Die Toten, deren<br />
Angehörige und die Überlebenden<br />
haben ein Recht darauf,<br />
dass ihr Schicksal nicht vergessen<br />
wird.“<br />
Sie führte Gespräche mit Präsident<br />
Paul Kagame, zahlreichen<br />
Ministern und hochrangigen<br />
Vertretern der ruandischen Regierung.<br />
Der Friedensprozess in<br />
der Region der großen Seen<br />
und die Rolle Ruandas standen<br />
im Mittelpunkt der Gespräche.<br />
Ein weiterer Programmpunkt<br />
war ein Treffen mit Vertretern<br />
der deutschen EZ. Von besonderem<br />
Interesse war dabei das<br />
Engagement des ZFD des DED<br />
in Ruanda zum Thema Friedens-<br />
und Versöhnungsarbeit.<br />
Die Ministerin lobte das Engagement<br />
und konnte sich davon<br />
überzeugen, dass die Ruanda<br />
zukommenden Mittel der<br />
bilateralen Kooperation verantwortungsbewusst<br />
verwendet<br />
werden und die deutsche EZ<br />
einen sinnvollen Beitrag zur<br />
Armutsbekämpfung leistet.<br />
� Claudia Lormann-Nsengiyumva,<br />
DED-Landesdirektorin<br />
in Ruanda<br />
Veranstaltungen<br />
IZusammenarbeit mit AFVP)<br />
(Association Française des<br />
Volontaires du Progrès) im<br />
Rahmen des Europäischen Freiwilligenprogramms<br />
(EFP). DED<br />
und AFVP führten gemeinsam<br />
eine Konferenz zum Thema<br />
„Zwischen Professionalität und<br />
Solidarität – Bilanz und Perspektiven<br />
des Freiwilligendienstes“<br />
am 9. und 10. November<br />
2004 im französischen Außenministerium<br />
in Paris durch. Von<br />
deutscher Seite nahmen ASA<br />
(Arbeits- und Studienaufenthalte)-Programm,<br />
AKLHÜ<br />
(Arbeitskreis Lernen und Helfen<br />
in Übersee), AGEH (Arbeitsgemeinschaft<br />
für Entwicklungshilfe),<br />
EED (Evangelischer Entwicklungsdienst),<br />
GTZ (Deutsche<br />
Gesellschaft für Technische<br />
Zusammenarbeit) und WFD<br />
(Weltfriedensdienst) teil. Das<br />
BMZ (Bundesministerium für<br />
wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung) war durch<br />
den ehemaligen Abteilungsdirektor<br />
Michael Bohnet sowie<br />
Referentin Susanne Schröder<br />
und der DED durch Otti Stein,<br />
Abteilungsleiterin des DED,<br />
Kora Gouré Bi, Referatsleiterin<br />
West- und Zentralafrika und<br />
Thomas Schmidt vom Kooperationsreferat<br />
vertreten. Auch<br />
nahmen Vertreter von Slowakei<br />
und Lettland teil. Die positiven<br />
Erfahrungen der deutsch-französischen<br />
Zusammenarbeit als<br />
Modell für neue Formen der<br />
Kooperation mit Freiwilligendiensten<br />
der neuen Beitrittsländer<br />
zu nutzen, fand Zustimmung.<br />
Die Teilnehmer bekräftigten,<br />
dass Freiwilligendienste<br />
nicht nur Jugendlichen eine<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 57
Intern<br />
Podiumsdiskussion zu<br />
Themen der EZ anlässlich<br />
der Verabschiedung von<br />
Jürgen Hopp.<br />
Foto: Daniela Baum<br />
58 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
Chance für den Erwerb von<br />
Auslandserfahrung bieten,<br />
sondern dass ihre dabei erworbenen<br />
Erfahrungen insbesondere<br />
bei der Rückkehr auch notwendig<br />
für die Gestaltung weltoffener<br />
Gesellschaften in<br />
Europa seien.<br />
� Red.<br />
ITag des Entwicklungshelfers<br />
2004. Der Zivile Friedensdienst<br />
(ZFD) stand im Zentrum<br />
der Veranstaltung in Köln<br />
am 5. Dezember 2004. Anlässlich<br />
des Themenschwerpunktes<br />
„Friedensdienst“ zeigte die<br />
Stadtsparkasse Köln zwei Wochen<br />
lang die Fotoausstellung<br />
„Der lange Weg zum Frieden.“<br />
Die Ausstellung wurde von<br />
Staatssekretär Erich Stather,<br />
DED-Geschäftsführer Jürgen<br />
Wilhelm und Bürgermeister<br />
Josef Müller eröffnet. Stather<br />
betonte in seiner Rede, der<br />
ZFD sei sehr wichtig für eine<br />
nachhaltige Entwicklung.<br />
Eine Podiumsdiskussion, die<br />
am folgenden Tag innerhalb der<br />
Reihe „Talk am Dom“ im Domforum<br />
stattfand, beschäftigte<br />
sich mit den „Chancen und<br />
Grenzen zivil-militärischer Zusammenarbeit“<br />
in Konfliktregionen.<br />
An der kontroversen<br />
Diskussion beteiligten sich<br />
Angelika Beer, Mitglied des<br />
Europäischen Parlaments und<br />
frühere verteidigungspolitische<br />
Sprecherin der Bundestagsfraktion<br />
Bündnis 90/Die Grünen,<br />
Oberst Gerhard Klose vom<br />
Bundesverteidigungsministerium,<br />
Jürgen Wilhelm sowie die<br />
Geschäftsführerin von Pax<br />
Christi Deutschland, Christa<br />
Weber.<br />
� Daniela Baum, DED-Online-<br />
Redakteurin<br />
IPodiumsdiskussion zu EZ<br />
aus einem Guss. Anlässlich<br />
der Verabschiedung von Jürgen<br />
Hopp, Leiter des DED-<br />
Referats Ländliche Entwicklung<br />
und Ressourcenschutz, trafen<br />
sich am 22. Februar Vertreter<br />
verschiedener EZ-Organisationen<br />
und des BMZ zu einem<br />
Fachgespräch zum Thema „Lernende<br />
Institutionen in einer EZ<br />
aus einem Guss“. Zwei Podiumsdiskussionen<br />
unter Moderation<br />
von Professor Jens-Uwe<br />
Nagel erfüllten den ehemaligen<br />
Bundespressesaal mit neuem<br />
Leben.<br />
„Qualität zeigen im Rahmen<br />
einer international ausgerichteten<br />
Politik und die Entwicklungspolitik<br />
als unverzichtbaren<br />
Bereich besser etablieren“,<br />
forderte DED-Geschäftsführer<br />
Jürgen Wilhelm in seiner Begrüßungsansprache.<br />
Jürgen Hopp, der nach nunmehr<br />
20 Jahren von Bord des<br />
DED-Schiffs geht, erinnerte an<br />
die EZ-Verhältnisse aus seiner<br />
Anfangszeit: „Damals musste<br />
man noch nicht auf Unmengen<br />
an Verfahren Rücksicht nehmen,<br />
sondern konnte unbeschwert<br />
denken.“ Nichtsdestotrotz<br />
kamen in dieser Zeit<br />
erstmals Ansätze zum institutionen-übergreifenden<br />
Lernen auf.<br />
Die erste Podiumsdiskussion<br />
warf deshalb einen Blick zurück<br />
auf das Sektorvorhaben „Ressourcenmanagement<br />
über<br />
Selbsthilfeansätze“ (RMSH).<br />
„Doch wozu brauchen wir<br />
EZ aus einem Guss heute?“,<br />
fragte Nagel, und eröffnete damit<br />
die Runde am Nachmittag.<br />
Lilli Löbsack, stellvertretende<br />
DED-Geschäftsführerin und<br />
Leiterin der Programmabteilung,<br />
bewertete die gegenwärtige<br />
Situation als ambivalent. Zwar<br />
seien klare ordnungspolitische<br />
Vorgaben des BMZ längst über-<br />
fällig gewesen. Doch auch die<br />
Erfahrungen der Vorfeldorganisationen<br />
müssen stärker in die<br />
politische Rahmensetzung des<br />
BMZ einfließen. „Positive Kompetenzvermutung“<br />
nenne man<br />
das beim DED. Günter Dresrüsse<br />
von der GTZ hingegen<br />
ließ sich bei seiner Einschätzung<br />
nicht von Landesgrenzen<br />
aufhalten: „Im internationalen<br />
Kontext sollten wir die deutsche<br />
EZ-Kultur stärker ins Blickfeld<br />
rücken.“ Arbeit aus einem Guss<br />
könne es nur schwer geben, da<br />
die politischen Realitäten sich<br />
galoppierend veränderten. Er<br />
forderte stattdessen die Schaffung<br />
von Plattformen, da Erfahrungswissen<br />
an Menschen gekoppelt<br />
und nur schwer zu digitalisieren<br />
sei. „Eine EZ aus<br />
einem Guss ist praktisch nicht<br />
möglich“, sagte Manfred Hochwald<br />
von der Deutschen Welthungerhilfe<br />
(DWHH) und verwies<br />
auf die Erfahrungen der<br />
DWHH als einer Not- und Entwicklungshilfeinstitution.<br />
Guido<br />
Ashoff vom DIE (Deutsches<br />
Institut für Entwicklungspolitik)<br />
wies darauf hin, dass das Konzept<br />
einer EZ aus einem Guss<br />
seit über 14 Jahren im Gespräch<br />
sei und seinen Anfang genommen<br />
habe mit den Länderkonzepten<br />
des BMZ. Professor<br />
Hans-Rembert Hemmer von<br />
der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau)<br />
ergänzte, dass im<br />
BMZ viele Menschen arbeiten,<br />
die sehr unterschiedliche Meinungen,<br />
auch in diesem Zusammenhang,<br />
vertreten. Hans-Peter<br />
Schipulle vom BMZ brachte<br />
das Problem mit einem afrikanischen<br />
Sprichwort auf den<br />
Punkt: „Reden ist sicher gut,<br />
aber Hühner legen Eier!“<br />
� Philippa Albring, Praktikantin<br />
im Referat Kommunikation<br />
des DED
IEinladung zum Nepal-Rückkehrer-Treffen.<br />
Vom 6. bis 8.<br />
Mai 2005 findet das Treffen<br />
in Königsberg in Bayern mit<br />
Unterkunft statt. Das Programm<br />
beinhaltet neben aktuellen Informationen<br />
zum DED und zu<br />
Nepal auch ein Kulturprogramm<br />
mit Erfahrungsaustausch.<br />
Information bei Sonja<br />
Weikam-Baur, Telefon (0 95 21)<br />
6 16 12 und Andreas Baur, Telefon<br />
(0 95 21) 6 96-111<br />
� Red.<br />
IEinladung zum Benin-Rückkehrer-Treffen.Vom<br />
17. bis<br />
19. Juni findet das Treffen in<br />
Magdeburg mit Unterkunft in<br />
der Jugendherberge statt. Neben<br />
einer Stadtführung stehen auch<br />
die Jahreshauptversammlung<br />
des Vereins Pro Benin und der<br />
Besuch des beninischen Botschafters<br />
auf dem Programm.<br />
Information bei Martin Dietz,<br />
Telefon (0 60 81) 53 42, E-Mail:<br />
dietz.probenin@gmx.de<br />
� Red.<br />
Bildungsarbeit<br />
IDED-Initiative „Bildung<br />
trifft Entwicklung“. Mit einem<br />
Filmbeitrag präsentierte<br />
sie sich bei der deutschen Auftaktveranstaltung<br />
zur UN (Vereinte<br />
Nationen)-Dekade „Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung“<br />
am 13. Januar in Mainz.<br />
Der Film stellte die Seminarreihe<br />
„Partizipation – Teilhabe der<br />
Armen“ vor, die an der Fakultät<br />
Ressourcenmanagement der<br />
Fachhochschule Hildesheim belegt<br />
werden kann. Die Kurse gestalten<br />
DED-Fachkräfte, die aus<br />
Entwicklungsländern zurückgekehrt<br />
sind. Konzipiert wurde<br />
die Reihe von der Fachhochschule<br />
gemeinsam mit der regionalen<br />
Bildungsstelle des<br />
DED in Göttingen. Der DED<br />
beteiligt sich außerdem am<br />
Runden Tisch „Allianz Nachhaltigkeit<br />
Lernen“, der rund 80<br />
staatliche und gesellschaftliche<br />
Akteure vereinigt. Er plant den<br />
deutschen Beitrag zur UN-Dekade<br />
und bereitet erste Schritte<br />
zu seiner konkreten Umsetzung<br />
vor.<br />
Am 1. März wurde die entwicklungspolitischeBildungsarbeit<br />
des DED mit der Auszeichnung<br />
„Offizielles Projekt der<br />
Dekade der Vereinten Nationen<br />
zur Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung 2005–2014“ prämiert.<br />
� Jutta Heckel, DED-<br />
Koordinatorin für entwicklungspolitische<br />
Bildungsarbeit<br />
IEröffnung der regionalen<br />
Bildungsstelle des DED in<br />
Weimar am 22. Februar. Interessierte<br />
Gruppen aus Schulen,<br />
Jugendarbeit und Erwachsenenbildung<br />
finden hier qualifizierte<br />
und engagierte Ansprechpartner,<br />
die sie zu Nord-Südund<br />
zu entwicklungspolitischen<br />
Themen informieren und beraten.<br />
Zurückgekehrte Entwicklungshelfer<br />
werden in ganz<br />
Thüringen als Referenten für<br />
Veranstaltungen oder Projekttage<br />
vermittelt. „Unser entwicklungspolitisches<br />
Engagement in<br />
Entwicklungsländern ist nur in<br />
dem Maße glaubwürdig, wie wir<br />
uns auch hier für eine gerechte<br />
Gestaltung der Globalisierung<br />
einsetzen. Dafür steht auch unser<br />
Engagement in Thüringen“<br />
erklärte Otti Stein, Abteilungsleiterin<br />
des DED. Kooperationspartner<br />
der regionalen Bildungsstelle<br />
des DED in Thüringen ist<br />
der „Aktionskreis Globales Lernen<br />
e.V.“ in Weimar.<br />
� Red.<br />
PPPPublic Private Partnership<br />
IDED und FLP (Flower Label<br />
Program) fördern sozialverträgliche<br />
Arbeitsplätze. Auf<br />
der Internationalen Pflanzenmesse<br />
in Essen stellten am 27.<br />
Januar Jürgen Wilhelm, DED-<br />
Geschäftsführer, Silke Peters,<br />
Geschäftsführerin des FLP, Enrique<br />
Hidrobo, Vertreter der FLP-<br />
Rosenproduzenten in Ecuador<br />
und Dieter Reinecke, Hauptgeschäftsführer<br />
des Fachverbands<br />
deutscher Floristen der Fachpresse<br />
ihre Zusammenarbeit bei<br />
der Unterstützung ecuadorianischer<br />
Blumenproduzenten vor.<br />
Diese soll dazu beitragen, die<br />
Arbeitsbedingungen in der dortigen<br />
Blumenindustrie zu verbessern<br />
und sozial und ökologisch<br />
vertretbare Standards für<br />
die Arbeiterinnen und Arbeiter<br />
zu schaffen. So sind der Einsatz<br />
von Pestiziden und Kinderbzw.<br />
Zwangsarbeit bei zertifi-<br />
zierten Betrieben verboten.<br />
Die „Ecuadorianische Rose“<br />
ist ein bedeutender Devisenbringer<br />
für das südamerikanische<br />
Land. Durch die Zertifizierung<br />
erhofft man sich einen<br />
Nachfragedruck bei Konsumenten,<br />
damit sich das Projekt auch<br />
langfristig durchsetzen kann.<br />
Adressen von Floristen, die<br />
FLP-zertifizierte Blumen führen,<br />
sind unter www.flower-labelprogram.org<br />
zu finden.<br />
� Markus Sterr, DED-Fachreferat<br />
Wirtschafts- und<br />
Beschäftigungsförderung/<br />
Entwicklungspartnerschaften<br />
mit der Wirtschaft<br />
IPflanzenöl als Dieselersatz.<br />
„Wie kommt das Öl in den<br />
Tank?“ war eine der offenen<br />
Fragen des Werkstattseminars<br />
„Pflanzenöl als Dieselersatz“.<br />
Am 11. Februar trafen sich die<br />
PPP-Teams von DED und<br />
InWEnt (Internationale Weiterbildung<br />
und Entwicklung<br />
gGmbH) mit Vertretern der Privatwirtschaft,<br />
um sich zur mittlerweile<br />
fortgeschrittenen Technologie<br />
des Einsatzes von Pflanzenöl<br />
als Ersatz fossiler Brennstoffe<br />
zu informieren.<br />
In einem zweiten Schritt<br />
wurde eine PPP-Strategie für die<br />
Implementierung einer einjährigen<br />
Pilotphase in Peru verabredet.<br />
Hierbei wird der Einsatz<br />
von Pflanzenölen bei städtischen<br />
Transportunternehmen<br />
und zur dezentralen Stromgewinnung<br />
abgelegener Gemeinden<br />
des Amazonasgebiets gefördert.<br />
Klimaschutz und Erneuerbare<br />
Energie als einen Schritt<br />
aus der Armut stehen bei dieser<br />
PPP-Projektidee im Vordergrund.<br />
� Markus Sterr, DED-Fachreferat<br />
Wirtschafts- und<br />
Beschäftigungsförderung/<br />
Entwicklungspartnerschaften<br />
mit der Wirtschaft<br />
IDED kooperiert in Sambia<br />
mit der Privatwirtschaft.<br />
Der DED wird enger mit<br />
dem sambischen Paprika-Produzenten<br />
Cheetah Zambia Limited<br />
(CZL) zusammenarbeiten. Einen<br />
entsprechenden Vertrag mit<br />
CZL unterzeichnete der DED-<br />
Regionaldirektor für Sambia<br />
und Malawi, Manfred Dassio,<br />
im Dezember. Das Kooperati-<br />
Ecuadorianische Rosen –<br />
nun auch in Deutschland.<br />
Foto: Sabine Ludwig<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 59
Intern / Literatur<br />
60 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
onsabkommen beinhaltet auch<br />
eine Förderung des gemeinsamen<br />
Projektes Smallholder Paprika<br />
& Diversification Project, das<br />
die Kleinbauern in Sambia unterstützt.<br />
Aufgrund der anhaltend<br />
schwierigen politischen Situation<br />
im Nachbarland Simbabwe,<br />
ehemals führender Paprika-Produzent,<br />
besteht in Sambia ein<br />
enormes Wachstumspotential in<br />
diesem Sektor. Im Rahmen der<br />
Public Private Partnership mit<br />
CZL soll deshalb der Einsatz<br />
einer Entwicklungshelferin dazu<br />
beitragen, dass mehr sambische<br />
Kleinbauern Paprika unter Vertragsanbau<br />
produzieren und damit<br />
ihr Haushaltseinkommen<br />
verbessern. Die getrockneten Paprika<br />
werden von CZL in Lusaka<br />
weiterverarbeitet und als Paprikapulver<br />
nach Europa exportiert,<br />
wo es in der Lebensmittelverarbeitung<br />
und als natürlicher<br />
Farbstoff Verwendung finden<br />
wird.<br />
� Matthias Reusing, DED-<br />
Entwicklungshelfer in Sambia<br />
EZ-News<br />
IErster gemeinsamer Medientag<br />
der deutschen EZ in<br />
Afghanistan. Erstmals seit<br />
dem Neustart der EZ nach dem<br />
Sturz der Taliban haben DED,<br />
GTZ und KfW (Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau) ihre Arbeit<br />
auf einem gemeinsamen Medientag<br />
in Kabul am 28. November<br />
2004 vorgestellt. Über<br />
70 afghanische Journalistinnen<br />
und Journalisten informierten<br />
sich auf dem Gelände des<br />
DED-Büros über das bisher Erreichte<br />
und die künftige Programmplanung<br />
am Hindukusch.<br />
Afghanisches Fernsehen<br />
und Radio berichteten über den<br />
Medientag in den Hauptnachrichten.<br />
Ziel der Veranstaltung<br />
war es, das deutsche Engagement<br />
als „EZ aus einem Guss“<br />
darzustellen. Die Repräsentanten<br />
von DED, GTZ und KfW<br />
sowie der deutschen Botschaft<br />
berichteten organisationsübergreifend<br />
über die Landesschwerpunkte<br />
„Wirtschaftsreform“<br />
(GTZ), „Wasser & Energie“<br />
(KfW) sowie „Zivilgesellschaft,<br />
Good Governance, Friedensförderung<br />
und Konfliktvermeidung“<br />
(DED). Die drei Organisationen<br />
traten erstmals mit einem gemeinsamen<br />
Corporate Design für<br />
Afghanistan auf, das unter der<br />
Federführung des DED entwickelt<br />
wurde.<br />
� Florian Weigand, DED-<br />
Entwicklungshelfer für Informations-<br />
und Bildungsarbeit in<br />
Afghanistan<br />
Nachrufe<br />
INach schwerer Krankheit<br />
verstarb am 11. November<br />
2004 Bernhard Schweiger<br />
im Alter von 70 Jahren. Vom<br />
1. April 1969 bis 31. August<br />
1971 war er Geschäftsführer des<br />
DED. Anschließend kehrte er<br />
zum damaligen Bundesministerium<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
zurück, von dem er<br />
zur Wahrnehmung seiner Aufgaben<br />
beurlaubt war.<br />
Engagiert, sachkundig und<br />
erfahren setzte er sich ein und<br />
gab dem DED mit großer Energie<br />
und schöpferischer Initiative<br />
wesentliche Impulse in der Gestaltung<br />
und Ausrichtung der<br />
Arbeit. Er trug maßgeblich zu<br />
seiner hohen internationalen<br />
Anerkennung bei. Der DED<br />
trauert mit den Angehörigen.<br />
� Red.<br />
Wolfram<br />
Brünger<br />
Foto: Privat<br />
INach schwerer Krankheit<br />
verstarb am 19. Januar<br />
2005 unser ehemaliger Mitarbeiter<br />
Wolfram Brünger im<br />
Alter von 55 Jahren. Vom 1.<br />
April 1979 bis 30. Juni 1984 war<br />
er – mit Unterbrechungen – in<br />
der Vorbereitungsabteilung des<br />
DED als Regionaltutor für den<br />
Bereich Ostafrika beschäftigt.<br />
Mit seiner Vorbereitung von<br />
Entwicklungshelferinnen und<br />
Entwicklungshelfern auf ihren<br />
Aufenthalt in Afrika leistete er<br />
einen wichtigen Beitrag zur<br />
Qualität unserer Arbeit in den<br />
Partnerländern. Der DED trauert<br />
um einen langjährigen und<br />
von allen geschätzten Kollegen.<br />
Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen.<br />
� Red.<br />
Kooperationen<br />
IHaitianisch-dominikanisches<br />
Grenzprojekt mit DED-Beteiligung.<br />
Als Kooperationsvorhaben<br />
mit der dominikanischen<br />
und der haitianischen Regierung<br />
sowie DED, GTZ, CIDA (Canadian<br />
International Development<br />
Agency) und UNDP (United Nations<br />
Development Programme)<br />
wurde am 21. Januar das Projektbüro<br />
in Pedro Santana eingeweiht.<br />
Dadurch soll in der<br />
Grenzregion eine nachhaltige<br />
Nutzung natürlicher Ressourcen<br />
im Einzugsgebiet des Rio Artibonito<br />
zur Armutsminderung<br />
der dort lebenden Bevölkerung<br />
erzielt werden. Nach Angaben<br />
der Regierung werden allein auf<br />
dominikanischer Seite etwa 350<br />
Familien mit einbezogen.<br />
Der DED wird mit zwei<br />
Fachkräften mit Schwerpunkt<br />
Gemeindeentwicklung und<br />
Basisgruppenförderung auf der<br />
dominikanischen und haitianischen<br />
Seite der Grenze kooperieren.<br />
Ziel ist es, eine grenzübergreifendeKommunalverwaltung<br />
zu unterstützen und einen<br />
Beitrag zur Gemeindeentwicklung<br />
und zum nachhaltigen<br />
Schutz der natürlichen Ressourcen<br />
zu leisten.<br />
Ein DED-Kurzzeitexperte<br />
hat bisher an der Vorbereitung<br />
des gemeinsamen Vorhabens<br />
mitgearbeitet. Das Projekt Artibonito<br />
soll auf zwei Ebenen tätig<br />
werden: einerseits durch die<br />
Entwicklung von Betriebsmodellen<br />
im land- und forstwirtschaftlichen<br />
Bereich, forstlicher<br />
Beratung sowie durch die Stärkung<br />
lokaler Organisationen<br />
der Zivilgesellschaft und andererseits<br />
durch die Beratung der<br />
politischen Träger und Kommunalentwicklung.<br />
Die Kosten des<br />
Projekts sind auf rund 20 Millionen<br />
Dollar mit einer Gesamtlaufzeit<br />
von neun Jahren festgelegt.<br />
Die erste Förderphase beträgt<br />
drei Jahre (2004 bis 2006),<br />
wobei sich der deutsche Beitrag<br />
auf 1.500.000 Euro beläuft.<br />
� Inge Lamberz, DED-<br />
Entwicklungshelferin in der<br />
Dominikanischen Republik
Bücher<br />
Waldzertifizierung<br />
Im Rahmen der DED-Kooperation<br />
mit der chilenischen<br />
Naturschutzorganisation CO-<br />
DEFF ist eine neue Publikation<br />
zum Thema FSC (Forest Stewardship<br />
Council) erschienen.<br />
Das Buch Maletin de Comunicaciones<br />
Certificación FSC. Abriendo<br />
un Debate (Handbuch der<br />
Öffentlichkeitsarbeit zur Zertifikation<br />
FSC. Eine Debatte eröffnen)<br />
umfasst zehn Artikel verschiedener<br />
Autoren, die über<br />
ihre Erfahrungen mit Öffentlichkeitsarbeit<br />
im Bereich Waldzertifizierung<br />
aus verschiedenen<br />
Ländern berichten. Sie präsentieren<br />
Meinungen, Ergebnisse,<br />
Aktivitäten und Kampagnen<br />
von Forstbetrieben, Nichtregierungsorganisationen,<br />
nationalen<br />
Initiativen des FSC und von PR<br />
(Public Relations)-Agenturen mit<br />
dem Ziel, das Waldzertifizierungssystem<br />
FSC bekannt zu<br />
machen<br />
Mehr Infos und Bestellung:<br />
E-Mail: comunica@codeff.cl.<br />
Wird Afrika<br />
nur von Männern<br />
geprägt?<br />
Die Autoren versuchen, ein<br />
kleines Lexikon über einen<br />
äußerst heterogenen Kontinent<br />
herauszugeben. Unterstützt<br />
wurden sie dabei von über 50<br />
Afrika-Wissenschaftlern, die<br />
Beiträge sowohl zu jedem afrikanischen<br />
Staat südlich der Sahara<br />
verfassten, als auch zu gängigen<br />
Begriffen aus der Entwicklungszusammenarbeit<br />
und den<br />
Sozialwissenschaften. Die Palette<br />
reicht hier von A, wie African<br />
Development Bank, bis zu Z, wie<br />
Zivilgesellschaft. Die einzelnen<br />
Artikel bestechen dabei durch<br />
Aktualität und eine knappe<br />
differenzierte Analyse, die es<br />
ermöglicht, einen schnellen<br />
Überblick über das Thema zu<br />
gewinnen. Wer tiefer gehen will,<br />
dem wird mit Literaturhinweisen<br />
geholfen. Mehr zu Afrika ist<br />
auf den über 350 Seiten des<br />
Kompendiums nicht zu leisten.<br />
Was dem Band fehlt ist ein<br />
Sachregister oder ein Verzeichnis<br />
der einzelnen Artikel, um<br />
ein schnelles Suchen nach verschiedenen<br />
Schlagworten zu ermöglichen.<br />
Schade nur, dass es<br />
ein solches Werk nicht schafft,<br />
in dem Verzeichnis wichtiger<br />
afrikanischer Persönlichkeiten<br />
auch nur eine Frau zu erwähnen.<br />
Wird Afrika wirklich nur<br />
von großen Männern geprägt?<br />
Die Herausgeber sollten auch<br />
mit diesem Klischee aufräumen!<br />
Jigal Beez, DED-Entwicklungsstipendiat<br />
von 1999-2000 in Uganda<br />
Kleines Afrika-Lexikon: Politik,<br />
Wirtschaft, Kultur, Beck Verlag,<br />
München 2004, 359 Seiten<br />
14,90 Euro<br />
ISBN 3-406-51071-X<br />
„Hexerei“<br />
in Westafrika<br />
Was ist Realität? Wer eine<br />
Zeit lang in Westafrika gelebt<br />
hat weiß, dass dies mehr als<br />
eine Frage ist. „Hexerei“ als sozialer<br />
Wirklichkeit begegnet<br />
man zwangsläufig. Ohne dass<br />
man an Geister glauben muss,<br />
wird man in ein System hineingezogen,<br />
das menschliche Beziehungen<br />
und das Verhältnis von<br />
Ursache und Wirkung definiert.<br />
Der Autor hat es selbst erfahren:<br />
zuerst als Klient von Marabouts<br />
und Fetischeuren, später<br />
als „Assistent“ – nach ihm die<br />
einzige Möglichkeit, es zu erforschen,<br />
denn aus der Distanz eines<br />
europäischen Beobachters<br />
heraus erfährt man nichts. Neugierde<br />
und Faszination, dazu<br />
ein fundiertes Studium der Ethnologie,<br />
Psychologie und Linguistik,<br />
brachten ihn dazu,<br />
mehrere Jahre lang immer wieder<br />
Fetischeure und Marabouts<br />
zu besuchen und intensive Beziehungen<br />
zu unterhalten. Ein<br />
Großteil des Buches besteht aus<br />
den Beschreibungen der Kontakte<br />
und ist zugleich eine spannend<br />
geschriebene Reportage,<br />
wie auch eine ethnologische<br />
Studie. Beklemmend sind auch<br />
seine Ausführungen über die<br />
Hintergründe der Hexerei als<br />
Teil westafrikanischer Kultur. Es<br />
gibt unzählige gute Schüler, die<br />
vor dem Examen aus unerklär-<br />
lichen Gründen versagen oder<br />
Geschäftsleute, die aus Angst<br />
vor Hexerei Geschenke an die<br />
ganze Familie machen und dabei<br />
Pleite gehen. Neid ist die<br />
Quelle, aus der sich dieses System<br />
speist. Es führt dazu, dass<br />
nur die Mittelmäßigen sicher<br />
sein können. Dieses Buch ist<br />
voller Diskussionsstoff – über<br />
soziales Zusammenleben,<br />
Macht und Wirtschaftsbeziehungen.<br />
Regina Riepe, selbständige Consultant<br />
in der entwicklungspolitischen<br />
Bildungsarbeit<br />
David Signer: Die Ökonomie<br />
der Hexerei oder Warum es in<br />
Afrika keine Wolkenkratzer<br />
gibt, Peter Hammer Verlag,<br />
Wuppertal 2004, 456 Seiten<br />
22,– Euro<br />
ISBN 3-77950-017-5<br />
apple Stichwort: Marabout<br />
Kurzweilige Briefe<br />
Als mitausreisender Ehemann<br />
und beurlaubter Professor<br />
für Planungs- und Entscheidungstheorie<br />
beschreibt Manfred<br />
Glagow den Alltag und<br />
seine Gastheimat Malawi, in der<br />
er dreieinhalb Jahre lebte.<br />
Die Geschichten über die<br />
Schwierigkeiten der Personalsteuerung<br />
und des „Chefseins“<br />
wechseln mit messerscharfen<br />
Analysen über Gewalt gegen<br />
Frauen, Korruption auf Regierungsebene,<br />
gescheiterten Entwicklungsansätzen,<br />
und, wie<br />
kann es anders sein, Entscheidungsfindungsprozessen<br />
im<br />
häuslichen Kontext ab. Als Arbeitgeber<br />
erlebt der Autor die<br />
Ambivalenz einer privilegierten<br />
Lebenssituation in einem Umfeld,<br />
in dem die Mehrheit der<br />
Bevölkerung die wichtigsten<br />
Grundbedürfnisse nicht befriedigen<br />
kann. Angereichert mit<br />
vielseitigen Sachinformationen<br />
über Bildungsstand, Gesundheitswesen<br />
und die Entwicklung<br />
einer Demokratie wird die<br />
Komplexität malawischer Alltagskultur<br />
näher gebracht.<br />
Die kurzweiligen Briefe sollten<br />
Erstausreisende nach Afrika<br />
zur Vorbereitung des Haushaltsmanagements<br />
im Partnerland<br />
lesen. Für Malawi-Freunde<br />
und an der Entwicklungszusammenarbeit<br />
Interessierte bietet<br />
das Buch eine kompakte Dar-<br />
Lesetipps<br />
Verlosung<br />
Gewinnen Sie ein Exemplar<br />
der vorgestellten Bücher (die mit<br />
einem apple markiert sind).<br />
Wählen Sie eines aus! –<br />
Stichwort:<br />
Marabout<br />
Sahara<br />
Spielzeug<br />
Träume<br />
Märchen<br />
Postkarte an DED-Redaktion<br />
bis 29. April 2005<br />
Tulpenfeld 7, 53113 Bonn. Alle<br />
Einsendungen nehmen teil, der<br />
Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 61
Literatur / Rezept / Impressum<br />
Die Gewinner der<br />
letzten Buchverlosung:<br />
Katharina Elwert, Berlin; Niels<br />
Nobiling, Berlin; Marita Palme,<br />
Röllbach; Josef Ranker, Kerpen;<br />
Lisa Schneider, Frechen; Joachim<br />
Vorneweg, Herne<br />
62 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />
stellung der Historie und gegenwärtigen<br />
Problematik des Landes.<br />
Dr. Christina Alff, DED-Entwicklungshelferin<br />
von 1998 bis 2002 in<br />
Niger und Mali<br />
Manfred Glagow: Briefe aus<br />
Malawi – Beobachtungen in<br />
einem afrikanischen Entwicklungsland,<br />
transcript-Verlag,<br />
Bielefeld 2003, 272 Seiten<br />
24,80 Euro<br />
ISBN 3-89942-175-2<br />
Spuren<br />
in der Wüste<br />
Ein aufwühlendes Buch über<br />
das Schicksal berühmter Persönlichkeiten,<br />
die während der<br />
französischen Kolonialzeit in<br />
der Sahara gelebt haben. Der<br />
Autor verwebt in seinem autobiografischen<br />
Reisebericht Szenen<br />
aus seiner eigenen Vita mit<br />
biografischen Fragmenten aus<br />
dem Leben von Antoine de<br />
Saint-Exupéry, Michel Vieuchange,<br />
Eugène Fromentin, Pierre<br />
Loti, Isabelle Eberhardt und<br />
André Gide. Er folgt ihren Spuren<br />
in der Wüste und referiert<br />
historische und aktuelle politische<br />
und wirtschaftliche Vorgänge<br />
von den Brutalitäten der Kolonialkriege<br />
bis zu den Ölfunden<br />
des 20. Jahrhunderts. Dazwischen<br />
gibt es Schilderungen<br />
von den Naturschauspielen in<br />
der Sahara und philosophische<br />
Exkurse. Ein schaurig-schönes<br />
Lesevergnügen!<br />
Friedrich Zipf, DED-Entwicklungshelfer<br />
von 1995-1999 in Laos<br />
Sven Lindqvist: Wüstentaucher.<br />
Auf den Spuren von Dichtern,<br />
Träumern und Generälen.<br />
Unionsverlag, Zürich 2004<br />
144 Seiten, 8,90 Euro<br />
ISBN 3-293-20282-9.<br />
apple Stichwort: Sahara<br />
Spielzeug<br />
als Kritik<br />
am Konsum?<br />
Viele kennen sie: die zum Teil<br />
sehr bemerkenswerten,<br />
selbst gebastelten Blech-Spielzeuge<br />
aus Afrika. Dieses Buch<br />
nähert sich dem Thema Recycling-Spielzeug<br />
aus unterschiedlichen<br />
Blickwinkeln. Auf über<br />
200 Seiten präsentieren die Autoren<br />
rund 200 Farbabbildungen<br />
ausgewählter Modelle der Recycling-Kunst.<br />
Zugleich thematisieren<br />
sie jedoch auch die Hintergründe<br />
und Rahmenbedingungen<br />
der Produktion dieser auch<br />
in Europa beliebten Spielzeuge.<br />
Hier werden sowohl die Motive<br />
der Handwerker und Händler,<br />
als auch die Bedürfnisse und Interessen<br />
der Kunstliebhaber in<br />
Europa kritisch hinterfragt.<br />
Nicht zuletzt wird auch der<br />
globale Symbolgehalt der Spielzeuge<br />
ausgeleuchtet und die<br />
Stellung Afrikas innerhalb der<br />
weltweiten Konsumordnung in<br />
den Blick genommen.<br />
In der Auseinandersetzung<br />
mit weltanschaulichen Inhalten<br />
lassen die Autoren den Lesern<br />
ihre Freiräume, entwicklungspolitische<br />
Fragen um Kunst, kulturelle<br />
Verhältnisse und Ungerechtigkeit<br />
selbst zu beantworten.<br />
Assetou Elabo, DED-Entwicklungshelferin<br />
von 2000 bis 2004 in<br />
Burkina Faso<br />
J./H. Froidevaux, P. Pfiffner:<br />
Afrika bewegt sich, Arnoldsche<br />
Art Publishers, Stuttgart 2004,<br />
216 Seiten, 226 Abbildungen<br />
29,80 Euro<br />
ISBN 3-89790-213-3<br />
apple Stichwort: Spielzeug<br />
Mit Koffern<br />
voller Träume<br />
Nur vorübergehend wollten<br />
sie ihre Heimat verlassen,<br />
ihre Träume verwirklichen und<br />
dann wieder zurück nach Bosnien,<br />
Griechenland, Italien, Marokko,<br />
Portugal, Spanien oder<br />
in die Türkei. Aber dann blieben<br />
sie viel länger und heute<br />
sind es Erinnerungen, die bleiben.<br />
Migration hat viele verschiedene<br />
Ursachen, aber anscheinend<br />
immer den gleichen<br />
Rhythmus: Hoffnungen und<br />
Träume sind die Triebfedern,<br />
um die Heimat zu verlassen. Es<br />
macht den Eindruck, als wären<br />
die Anfangsschwierigkeiten<br />
nicht zu bewältigen. Aber Strategien<br />
lassen sich entwickeln<br />
und Anpassung will gelernt sein<br />
und schließlich sind alle froh,<br />
eine zweite Heimat gewonnen<br />
zu haben und stolz auf ihre Erfahrungen.<br />
Lesende Entwicklungshelfer<br />
erkennen sich wie-<br />
der und verstehen die unkonventionellen<br />
Lebensgeschichten,<br />
die Gedichte und Interviews.<br />
Ein kurzweiliges Lesebuch für<br />
alle, die schon mal ihre Träume<br />
eingepackt haben und aufgebrochen<br />
sind.<br />
Joachim Vorneweg, DED-Entwicklungshelfer<br />
von 1998 bis 2000 in<br />
Togo<br />
„Mit Koffern voller Träume ... “.<br />
Ältere Migrantinnen und Migranten<br />
erzählen. Herausgeber:<br />
Amt für multikulturelle Angelegenheiten<br />
Frankfurt, Brandes &<br />
Apsel Verlag, Frankfurt 2004<br />
171 Seiten, 12,80 Euro<br />
ISBN 3-86099-207-4.<br />
apple Stichwort: Träume<br />
Kinderrechte –<br />
(k)eine Priorität?<br />
Seit Jahren beklagen Kinderrechtsorganisationen<br />
das immer<br />
gleiche Problem: In den so<br />
genannten Strategiepapieren zur<br />
Armutsbekämpfung (PRSP), die<br />
mittlerweile von über 53 Staaten<br />
in Afrika, Asien und Lateinamerika<br />
entweder als komplette<br />
Dokumente – oder zumindest<br />
als Entwürfe – erstellt wurden,<br />
kommen Kinder und Jugendliche<br />
nur am Rande vor. Dabei<br />
sind sie es, deren Lebensbedingungen<br />
und -perspektiven am<br />
unmittelbarsten und existenziellsten<br />
von wachsender Armut,<br />
der Verschlechterung sozialer<br />
Bedingungen und eskalierender<br />
Gewalt betroffen sind.<br />
Klaus Heidel hat für die Kindernothilfe<br />
und die Heidelberger<br />
Werkstatt Ökonomie die<br />
vorliegenden PRSP analysiert,<br />
auf deren Grundlage Entwicklungs-<br />
und TransformationsländerEntschuldungsverhandlungen<br />
mit den internationalen Finanzinstitutionen<br />
führen und<br />
sich um Mittel aus der Entwicklungszusammenarbeitbemühen.<br />
Sein Fazit: Kinder (und<br />
noch seltener Jugendliche) tauchen<br />
in den Strategiepapieren<br />
bestenfalls als von Unterernährung,<br />
Krankheit und anderen<br />
Armutsproblemen bedrohte<br />
und daher zu schützende Objekte<br />
auf.<br />
Von ihren Rechten ist nicht<br />
die Rede. Selbst afrikanische<br />
Staaten, in denen die unter 18-<br />
Jährigen über 50 Prozent der
Bevölkerung ausmachen und<br />
durch ihre Arbeitskraft einen<br />
wesentlichen Beitrag zum ökonomischen<br />
Überleben erwirtschaften,<br />
bieten in ihrem Strategiepapieren<br />
weder eine ausreichende<br />
noch eine kohärente<br />
Analyse zu Umfang und Formen<br />
der Kinderarbeit noch Vorschläge<br />
zur Verbesserung. Zwei<br />
Forderungen ergeben sich dadurch<br />
für den Autor: PRSP-Prozesse<br />
müssen partizipatorisch<br />
gestaltet werden und (arbeitende)<br />
Kinder und Jugendliche<br />
müssen so gestärkt werden, dass<br />
sie sich an derartigen Prozessen<br />
beteiligen können. Außerdem<br />
sollten nationale und internationale<br />
Geberorganisationen die<br />
Rechte von Kindern ausgestalten<br />
und absichern.<br />
Jürgen Schübelin, AGEH-<br />
Entwicklungshelfer von 1991 bis<br />
1998 in Chile<br />
Klaus Heidel: Poverty Reduction<br />
Strategy Papers – blind to<br />
the rights of the (working)<br />
child?<br />
The (I-)PRSP’s perception of<br />
child labour – A problem outline<br />
and annotated collection<br />
of source material<br />
Hrsg.: Kindernothilfe/Werkstatt<br />
Ökonomie. Duisburg/<br />
Heidelberg 2004, 78 Seiten.<br />
Bestellung:<br />
info@kindernothilfe.de<br />
Schlange mit<br />
sieben Köpfen<br />
Nelson Mandelas Lieblingsmärchen<br />
aus den verschiedenen<br />
Ländern Afrikas geben<br />
Einblick in eine phantastische,<br />
oftmals mythische Welt. Sie erzählen<br />
beispielsweise vom Jäger<br />
Mthiyane, der in eine Schlange<br />
mit sieben Köpfen verwandelt<br />
wird oder von einer Mutter, die<br />
trickreich versucht, ihren Sohn<br />
von Frauen fernzuhalten. Bei einigen<br />
Erzählungen handelt es<br />
Kochecke<br />
Für Sie probiert ...<br />
… ein Gericht aus Benin<br />
Maistô mit Hühnchenfleisch in<br />
Tomatensauce (für 4 Personen)<br />
300 g Maisgrieß (wie bei der<br />
Zubereitung von Polenta)<br />
500 g Hühnchenfleisch<br />
70 g Tomaten<br />
1 große Zwiebel<br />
1 Zitrone<br />
1 Esslöffel Butter<br />
1 Fleischbrühwürfel<br />
1 Pfefferschote<br />
Öl, Salz, Pfeffer<br />
In einer Schüssel drei Esslöffel<br />
Maisgrieß mit einem Glas kaltem<br />
sich um Schöpfungsmythen,<br />
in denen man erfährt, wie die<br />
Tiere zu ihrem Aussehen kamen<br />
oder warum die Katze ein<br />
zahmes Haustier wurde. Die<br />
Geschichten führen die Welt<br />
Afrikas plastisch vor Augen.<br />
Red.<br />
Nelson Mandela: Meine<br />
afrikanischen Lieblingsmärchen,<br />
3 CDs, Hoffmann und<br />
Campe-Verlag, Hamburg 2004<br />
24,90 Euro<br />
ISBN: 3-455-30369-2<br />
apple Stichwort: Märchen<br />
Nächste<br />
Themen:<br />
2/2005<br />
Millennium-<br />
Entwicklungsziele<br />
3/2005<br />
Kommunikation<br />
Redaktionsschluss:<br />
17. Mai 2005<br />
Wasser verrühren. Zwei weitere<br />
Gläser Wasser und den Saft einer<br />
Zitrone in einem Topf kochen und<br />
den Brühwürfel darin auflösen.<br />
Den verdünnten Maisgrieß dem<br />
Sud hinzufügen, aufkochen lassen<br />
und unter ständigem Rühren den<br />
restlichen Grieß löffelweise beigeben,<br />
bis ein dicker Brei entsteht.<br />
Danach noch weitere zehn Minuten<br />
auf kleiner Flamme unter<br />
ständigem Rühren köcheln lassen.<br />
Dabei die Butter unterrühren. Den<br />
Topf vom Herd nehmen und mit<br />
einem Tuch zugedeckt ziehen<br />
lassen.<br />
In der Zwischenzeit in einer Pfanne<br />
das mit Salz und Pfeffer gewürzte<br />
Hühnchenfleisch in etwas<br />
Öl anbraten. Die klein geschnittene<br />
Zwiebel, die Pfefferschote und<br />
danach die geschälten Tomaten<br />
hinzugeben. Das Ganze mit Salz<br />
und Pfeffer abschmecken.<br />
Aus „Matoke, Quinoa und Co. Eine<br />
Reise durch die Töpfe der Welt.“<br />
Herausgegeben vom Deutschen<br />
Entwicklungsdienst, Bonn, 19,90<br />
Euro zzgl. Porto und Verpackung,<br />
ISBN: 3-00-011636-2,<br />
Bestellung: DED, Ref. 02.101,<br />
Tulpenfeld 7, 53113 Bonn<br />
oder per Fax: (02 28)-24 34-139<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Deutscher Entwicklungsdienst,<br />
gemeinnützige Gesellschaft mbH,<br />
Tulpenfeld 7, 53113 Bonn<br />
Geschäftsführung: Dr. Jürgen Wilhelm<br />
Redaktion: Maria Weitz (V.i.S.d.P.),<br />
Sabine Ludwig<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />
geben die persönliche Meinung der<br />
Verfasser wieder.<br />
Redaktionsbeirat: Angela Kolsdorf,<br />
Horst Peters, Dr. Ralf Sanftenberg,<br />
Martina Schaub, Dr. Iris Schöninger,<br />
Barbara Weber<br />
Layout: silber-design.de,<br />
Dietmar Silber, Berlin<br />
CD: MediaCompany, Astrid Ostrowicki,<br />
Bonn<br />
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Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem<br />
Papier<br />
Redaktionsadresse: Deutscher<br />
Entwicklungsdienst, DED-Brief,<br />
Tulpenfeld 7, 53113 Bonn,<br />
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<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 63