29.12.2012 Aufrufe

giz2011-9435de-ded-brief.pdf

giz2011-9435de-ded-brief.pdf

giz2011-9435de-ded-brief.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

42. Jahrgang | Heft 1 | März 2005 | G 54747<br />

<strong>ded</strong>Brief<br />

Z EITSCHRIFT DES D EUTSCHEN E NTWICKLUNGSDIENSTES<br />

� Puppentheater für die Umwelt<br />

� Bildungsprogramme<br />

� Laienjuristinnen<br />

Bildung<br />

und Ausbildung


Inhalt und Editorial<br />

Wichtig<br />

An alle Abonnenten<br />

Bitte beachten Sie unsere<br />

Abonnentenumfrage auf der<br />

beigefügten Postkarte in der<br />

Mitte des Heftes.<br />

Füllen Sie sie bitte aus und<br />

senden Sie sie an uns zurück. So<br />

können Sie den DED-Brief auch<br />

weiterhin kostenlos beziehen.<br />

2 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Spektrum<br />

Raja Litwinoff / Antonio Bezerra<br />

Brasilien – Lixo é Luxo –<br />

Überleben durch Müll 4<br />

Peter Röhrig<br />

Palästina – DED engagiert sich<br />

bei Wahlbeobachtung 6<br />

Interview von Sabine Ludwig mit Sahar Khalifa<br />

Ein Gefühl der Ohnmacht 8<br />

Thema:<br />

Bildung und Ausbildung<br />

Klaus-Dieter Seidel<br />

Berufliche Bildung als Leistungsbereich<br />

im DED – hat das noch Zukunft? 9<br />

Jutta Heckel<br />

Armutsminderung durch<br />

entwicklungspolitische Bildungsarbeit 12<br />

Reinhild Schumacher / Dr. Ellen Schmidt<br />

Persönliche Eindrücke<br />

bewirken mehr als Lehrbücher 14<br />

Katrin Koops<br />

Die Faszination des Reisens<br />

in exotische Länder 16<br />

Bettina Kieck<br />

Auf einer Hafenrundfahrt viel<br />

über die Wirklichkeit der Welt erfahren 17<br />

Norbert Remke<br />

„Learning by doing“ 19<br />

Dr. Winfried Zacher<br />

Südliches und Östliches Afrika – Bildung im<br />

Kampf gegen AIDS 21<br />

Peter Böxkes<br />

Lesotho – Ein trauriger Rekord 21<br />

Ulla Tschötschel<br />

Botswana – Berufliche Bildung<br />

und HIV/AIDS 22<br />

Susanne Arbeiter<br />

Vietnam – Spezialität: Auswendiglernen 23<br />

Christina Georgii<br />

Philippinen – Von Prinz-Alfred-Hirschen<br />

und Visaya-Mähnenschweinen 26<br />

Konrad de Bortoli<br />

Philippinen – Jugendlichen<br />

eine Chance geben 30<br />

Dr. Cornelia Ott<br />

Dominikanische Republik – Touristenführer<br />

als Nebenjob 32<br />

Claudia Erb<br />

Honduras – Die Zukunft aller sichern 34<br />

Interview von Claudia Fix mit Vera Guedes<br />

Brasilien – Die Vision von<br />

einer gleichberechtigten Welt 36<br />

Christian Caspar<br />

Äthiopien – Unterstützung non-formaler<br />

Berufsbildungsmaßnahmen 38<br />

Norbert Kather<br />

Kenia – Schritte in die Selbständigkeit 40<br />

Gerd Scheuerpflug<br />

Ruanda – Traumata und Träume 42<br />

Margret Grottenthaler / Katrin Saage-Fain<br />

Sambia – Frauen lernen<br />

ihre Rechte kennen 46<br />

Dominique Thaly<br />

Niger – „Sauberkeit ist die Hälfte<br />

des Glaubens“ 48<br />

Projekte und Programme<br />

Petra Wilken<br />

Chile – „Der andere Blick“ – Die Sicht<br />

der Provinz kommt in die Stadt 50<br />

Alltag im Partnerland<br />

Heike Wolff<br />

Ecuador – „Der liebe Gott<br />

wird’s schon richten!“ 53<br />

André Hartlapp<br />

Kambodscha – Vom Himmel ein Stück 54<br />

Intern<br />

Blickpunkt DED 56<br />

Literatur, etc.<br />

Lesetipps 61<br />

Kochecke 63<br />

Nächste Themen, Impressum 63<br />

Entwicklungshelfer<br />

als Wahlbeobachter<br />

Ein einmaliges Erlebnis<br />

hatten die Entwicklungshelferinnen<br />

und Entwicklungshelfer<br />

in Palästina.<br />

Als internationale Wahlbeobachter<br />

konnten einige<br />

von ihnen die Wahl des<br />

neuen Palästinenser-Chefs<br />

hautnah beobachten. Lesen Sie ihre<br />

Schilderungen und warum Achmed<br />

Muhail glaubt, dass die Wahlen in<br />

Palästina von jetzt an immer besser<br />

werden.<br />

Seite 6


Mit Bildung mehr erreichen<br />

Am 1. März wurde die entwicklungspolitische<br />

Bildungsarbeit des DED mit der Auszeichnung<br />

„Offizielles Projekt der Dekade der Vereinten<br />

Nationen zur Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

2005–2014“ prämiert. Ihr Ziel ist es, den<br />

Menschen in Deutschland ein differenziertes<br />

Bild über das Leben in den Entwicklungsländern<br />

zu geben und auf die globalen<br />

Zusammenhänge aufmerksam zu machen.<br />

Neben dem Schulprogramm in Berlin haben<br />

vier weitere Bildungsstellen ihre Arbeit aufgenommen.<br />

Seite 12<br />

Theater auf philippinisch<br />

Fehlendes Umweltbewusstsein auf den Philippinen<br />

hat Christina Georgii dazu veranlasst,<br />

ein Puppentheater zu schaffen, das mittlerweile<br />

auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt<br />

ist. Die Vorführungen mit Schildkröten,<br />

Fischen, Hirschen und Mähnenschweinen, alle<br />

liebevoll aus Pappmaché gebastelt, sind informativ<br />

und emotional. Das Publikum weint und<br />

lacht nicht nur mit den Figuren, sondern wird<br />

ganz nebenbei auch zum ökologischen Umdenken<br />

angeregt.<br />

Seite 26<br />

Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

Armutsminderung kann keine Erfolge erzielen, wenn nicht bestimmte<br />

Grundlagen geschaffen sind: Bildung und Ausbildung.<br />

Die Bundesregierung hat mit der Unterstützung der Millenniumsziele,<br />

verabschiedet von den Vereinten Nationen im September<br />

2000, den Fokus wieder stärker auf diesen Bereich gerichtet: Eines<br />

der acht Entwicklungsziele ist, allen Kindern weltweit eine Primarschulbildung<br />

zu ermöglichen.<br />

Der DED ist in der Grundbildung im formalen Bereich nicht<br />

mehr aktiv. Während er in seinen Anfangsjahren durchaus Lehrer<br />

an Schulen in seine Partnerländer entsandt hat, setzte sich in den<br />

vergangenen Jahren eine Aufgabenteilung zwischen den deutschen<br />

Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit durch,<br />

nach der er sich in der non-formalen Bildung im weiteren Sinn<br />

und in der Berufsbildung engagiert. Die vielfältigen Ansätze werden<br />

in diesem DED-Brief dargestellt.<br />

Bei der beruflichen Bildung ist ein Wandel zu verzeichnen. Ging<br />

es früher noch um klassische, duale berufliche Bildung in den uns<br />

bekannten, vor allem handwerklich dominierten Berufsbildern, so<br />

rückt heute mehr und mehr das Engagement im Rahmen<br />

ergebnisorientierter, moderner Bildungssysteme in den Vordergrund.<br />

Statt der klassischen Berufsbilder wie Tischler oder KfZ-<br />

Mechaniker können in modularer Form Qualifikationen und Kompetenzen<br />

erworben werden. Nicht nur, dass sich die Chancen auf<br />

dem Arbeitsmarkt so deutlich erhöhen, dieser Ansatz lässt vor<br />

allem flexible Reaktionen auf die sich permanent verändernde<br />

Arbeitswelt zu. Um vor allem junge Menschen rechtzeitig auf die<br />

späteren Erfordernisse des Berufslebens vorzubereiten, wird daran<br />

gearbeitet, Maßnahmen zur beruflichen Orientierung bereits im<br />

Primarschulbereich zu verankern.<br />

Bildung hat im Inland und in den Partnerländern unterschiedliche<br />

Facetten. In Deutschland engagiert sich der DED in der<br />

entwicklungspolitischen Bildungsarbeit. Zurückgekehrte Entwicklungshelfer<br />

nehmen als Referenten authentisch und qualifiziert<br />

zu entwicklungspolitischen Themen Stellung und berichten über<br />

ihre Erfahrungen in den Partnerländern. Im Rahmen des Aktionsprogramm<br />

2015 der Bundesregierung zur Armutsbekämpfung intensiviert<br />

der DED mit der Initiative „Bildung trifft Entwicklung“<br />

seine Bildungsarbeit in Deutschland.<br />

Lesen Sie, wie im Schulprogramm Berlin der DED Schülerinnen<br />

und Schülern einen Blick über den „deutschen Tellerrand“ bietet.<br />

Die Reaktionen der Schüler und Lehrer sprechen für das Programm.<br />

Anfängliche Skepsis<br />

weicht schnell neugierigem<br />

Nachfragen und begeistertem<br />

Mitmachen.<br />

Viel Freude beim Lesen<br />

wünschen Ihnen<br />

Maria Weitz und<br />

Sabine Ludwig<br />

Befragung von<br />

Straßenkindern in Butare<br />

zur Reintegration in<br />

das Bildungs- und<br />

Ausbildungssystem<br />

Ruandas.<br />

Titelfoto: Timo Weinacht<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 3


Spektrum<br />

Ankunft des<br />

Müllfahrzeugs<br />

auf der Deponie<br />

Foto: Raja Litwinoff<br />

Glasverpackungen<br />

werden für den<br />

Verkauf vorbereitet.<br />

Foto: Raja Litwinoff<br />

4 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Brasilien<br />

Lixo é Luxo – Überleben durch Müll<br />

Durch bewusstes Abfallmanagement zu mehr Einkommen<br />

In Brasilien leben 70 Prozent der 170 Millionen Einwohner in Städten. Das größte<br />

Problem ist die Entsorgung der Abwässer und Abfälle. Dramatische Überschwemmungen<br />

wegen verstopfter Kanäle, verschmutzter Flüsse, Seen und Meere sowie<br />

Infektionskrankheiten gehören zu den Konsequenzen. Die Gemeinden geben bis zu<br />

15 Prozent des Haushaltes aus, um die Abfälle aus den Städten zu schaffen, hin zu<br />

meist zweifelhaften Entsorgungsstätten, denn nur ein geringer Teil der brasilianischen<br />

Gemeinden verfügen über entsprechende Abfalldeponien. Die multinationalen<br />

Unternehmen profitieren von dieser Situation. Sie schließen höchst lukrative<br />

Verträge zur Abfallentsorgung ab.<br />

Raja Litwinoff/<br />

Antonio Bezerra<br />

Die Recyclingwirtschaft in<br />

dem südamerikanischen<br />

Land blüht: große Industrieanlagen<br />

zur Wiederaufbereitung<br />

von Aluminium (90 Prozent<br />

aller Dosen werden recycelt),<br />

Glas, Papier und Plastik haben<br />

sich im gesamten Land ausgebreitet<br />

und ersetzen die natürlichen<br />

und teuren Rohstoffe<br />

durch Ressourcen, die in den<br />

Haushalten, den Straßen, den<br />

Fabriken und auf den Müllbergen<br />

gewonnen werden. Aber<br />

wer liefert diese neuen Rohstoffe,<br />

die beachtliche Profite<br />

abwerfen?<br />

UNICEF erfasste im Jahr<br />

2000 mehr als 500.000 Wertstoffsammlerinnen<br />

und -sammler<br />

allein auf den brasilianischen<br />

Müllbergen, zu denen noch ungefähr<br />

45.000 Kinder und Jugendliche<br />

hinzugezählt werden<br />

müssen. Auf den Strassen arbeiten<br />

mindestens noch einmal so<br />

viele von ihnen. Die hohe Armuts-<br />

und Arbeitslosenrate in<br />

dem doch sehr reichen Land<br />

treibt einen Teil der städtischen<br />

Bevölkerung dazu, das Sammeln<br />

von Wertstoffen als Beruf<br />

auszuüben. Die Wertstoffe, die<br />

für etwas Kleingeld an Zwischenhändler<br />

verkauft werden,<br />

sichern ihr Überleben.<br />

Knallharte Konkurrenz<br />

Eine der benachteiligten Regionen<br />

des Landes ist der<br />

Großraum Recife im Nordosten<br />

Brasiliens. Hier erzielen die<br />

Sammler auf den Strassen mit<br />

monatlich rund 100 Euro bis zu<br />

eineinhalb Mindestlöhnen im<br />

Monat, „falls die Strasse gut<br />

ist“, der Durchschnitt liegt jedoch<br />

mit etwa 70 Euro unter<br />

dem monatlichen Mindestlohn.<br />

Sammler auf Müllbergen, die<br />

oftmals mit der ganzen Familie<br />

arbeiten, „ernten“ zwischen 40<br />

und 120 Euro.<br />

Die Arbeitsbedingungen sind<br />

von Gewalt und Gefahren geprägt<br />

und ein ständiges Thema<br />

der Menschenrechtsberichterstatter.<br />

Die Sammler befinden<br />

sich zudem in großer Abhängig-<br />

keit von den Zwischenhändlern,<br />

die Tiefstpreise diktieren und<br />

keine Aufklärung über den unterschiedlichen<br />

Marktwert der<br />

Wertstoffe leisten.<br />

Zudem stehen sie nicht nur<br />

in ständiger Konkurrenz zu den<br />

Gemeinden, die die Trennmüllsammlung<br />

an Privatfirmen<br />

vergeben und den Recyclingindustrien,<br />

die über Umweltkampagnen<br />

in Schulen, Wohnanlagen,<br />

Gemeinden und Firmen<br />

die Wertstoffe schon „an<br />

der Quelle abschöpfen“, sondern<br />

auch zu den Angestellten<br />

und Arbeitern der Abfallentsorgungsfirmen,<br />

Wächtern der<br />

Wohnanlagen und den Bedienungen<br />

in Restaurants, die bereits<br />

die wertvollsten Stoffe, wie<br />

gebrauchte Aluminiumdosen,<br />

verkaufen.<br />

Aufstrebende<br />

Volksbewegung<br />

Folglich müsste jegliche städtische<br />

Umweltpolitik Maßnahmen<br />

für die soziale Eingliederung<br />

dieser Berufsklasse, die angesichts<br />

der allgemeinen Wirtschaftskrise<br />

immer mehr wächst<br />

und einer immer härteren Konkurrenz<br />

ausgeliefert ist, berücksichtigen.<br />

Die brasilianischen Wertstoffsammler<br />

bilden bereits heute<br />

eine aufstrebende Volksbewegung<br />

(movimento popular). Bedingt<br />

durch die von Konkurrenz<br />

und Individualismus geprägten<br />

Arbeitsbedingungen ist<br />

die Fortbildung dieser Berufsklasse<br />

besonders schwierig.<br />

Hinzu kommen eine hohe Analphabetenrate,<br />

das sehr niedrige<br />

Selbstbewusstsein, mangeln-


de gesellschaftliche Anerkennung,<br />

sowie ein extremer Zeitmangel<br />

bei einer Tätigkeit nach<br />

der Devise „wer zuerst kommt,<br />

mahlt zuerst”.<br />

Das Netzwerk von Basisorganisationen<br />

Retome sua Vida<br />

(Nimm dein Leben wieder in<br />

die Hand), eine Nichtregierungsorganisation<br />

(NRO) in Recife<br />

für die Rechte sozial gefährdeter<br />

Kinder und Jugendlicher,<br />

hat im Jahr 2001, im Rahmen<br />

ihres Programms einkommensschaffender<br />

Maßnahmen, das<br />

Projekt CEPARE (Centro Popular<br />

de Articulação na Reciclagen –<br />

Zentrum der Vernetzung von<br />

Recycling) initiiert.<br />

Hauptzielgruppe sind hier<br />

die Wertstoffsammler. Der Dialog<br />

mit Gemeinden, Firmen<br />

und anderen zivilgesellschaftlichen<br />

Gruppen wird gefördert.<br />

Das Projekt wird von einer Sozialarbeiterin<br />

geleitet, die mit einem<br />

Recyclingtechniker und einer<br />

DED-Entwicklungshelferin<br />

zusammenarbeitet.<br />

Produktion<br />

und Vermarktung<br />

Die fünf Gruppen, mit denen<br />

kontinuierlich gearbeitet wird,<br />

bilden bereits Produktionseinheiten<br />

auf unterschiedlichem<br />

Niveau: Einige Kooperativen<br />

trennen lediglich nach Qualität<br />

und Wert und vermarkten gemeinsam.<br />

Andere dagegen sind<br />

offiziell an der städtischen<br />

Trennmüllsammlung beteiligt,<br />

trennen und pressen das Material<br />

und vermarkten ebenfalls.<br />

Weitere Gruppen schreddern<br />

zusätzlich noch das Plastik als<br />

Granulat für die Recycling-<br />

industrie. Retome sua Vida ist dabei,<br />

eine Produktions- und Vermarktungszentrale<br />

aufzubauen,<br />

die die Wertstoffe aller fünf und<br />

eventuell sogar neuer Gruppen<br />

erfassen soll.<br />

Im Rahmen dieses Projektes<br />

wird seit einer Weile eine alternative<br />

Form der Fortbildung<br />

entwickelt, in der die Aufwertung<br />

der Tätigkeit und eine Vertiefung<br />

der technischen Kenntnisse<br />

und der Arbeitsorganisation<br />

im Mittelpunkt stehen. Eine<br />

soziale und politische Organisation<br />

der Gruppen wird ebenfalls<br />

gefördert.<br />

Abfall schätzen lernen<br />

Es werden zwei Modelle der<br />

Fortbildung angeboten: ein Zyklus<br />

für Gruppen, die bereits<br />

bestehen oder sich im Aufbau<br />

befinden und spezielle Fortbildungen.<br />

Kein Modul dauert<br />

länger als zwei Stunden, um die<br />

Teilnehmer nur kurz von ihrem<br />

Arbeitsplatz fernzuhalten.<br />

Zu den Themen gehören die<br />

Herkunft der Abfälle, die Bedeutung<br />

ihrer Wiederverwertung,<br />

der Unterschied zwischen<br />

einer Deponie und einem Müllberg,<br />

Beschaffenheit und Wert<br />

der Materialien, die Bedeutung<br />

von Schutzkleidung (Handschuhe,<br />

Schuhe, Masken, etc.) und<br />

die Rolle des Wertstoffsammlers<br />

im Umweltmanagement.<br />

Auf spielerische und humorvolle<br />

Art entdecken die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer Unterschiede,Erkennungsmerkmale<br />

und Marktwert. Schnell wird<br />

klar, dass der Wert der Materialien<br />

steigt, wenn sie in größeren<br />

Mengen verkauft werden. Da-<br />

Bei Fortbildungskursen<br />

werden die verschiedenen<br />

Materialeigenschaften<br />

erklärt.<br />

Foto: Raja Litwinoff<br />

mit wird die kollektive Arbeitsorganisation<br />

natürlich gefördert.<br />

Während der Fortbildungen<br />

wechseln Diskussionen, Gruppenarbeit,<br />

Rollenspiele über<br />

Verkaufs- und Sammlungssituationen<br />

mit „akademischen“ Erklärungen<br />

und dem praktischen<br />

Anfassen und Betrachten der<br />

vielen und vielfältigen Materialproben.<br />

All das geschieht in einer<br />

sehr einfachen und bodenständigen<br />

Sprache.<br />

Die Stimmung unter den<br />

Teilnehmern schwankt zwischen<br />

Freude, Frustration, Auflehnung<br />

gegen die Ausbeutung durch die<br />

Zwischenhändler, Stolz und<br />

dem Wunsch, die berufliche<br />

Tätigkeit zu verbessern.<br />

„Nach dem Kurs habe ich alles<br />

meiner Mutter erzählt, mit<br />

der ich zusammenarbeite. Statt<br />

die Plastiksachen wie sonst zusammen<br />

anzubieten, haben wir<br />

kleine Häufchen gemacht und<br />

sie getrennt verkauft. Vorher hat<br />

das ungefähr zwei Reais (0,60<br />

Euro) erbracht. Diesmal konnten<br />

wir fünf Reais (1,50 Euro)<br />

bekommen. Das hilft schon.<br />

Beim nächsten Mal kommt<br />

meine Mutter auch mit!” betont<br />

João, ein Wertstoffsammler aus<br />

Olinda.<br />

Das ist erst der Anfang.<br />

Doch bis zur gerechten Bezahlung<br />

von Materialien und<br />

Sammlerleistung von João und<br />

seiner Mutter sowie zu würdevolleren<br />

Arbeitsbedingungen ist<br />

es noch ein langer Weg.<br />

� Raja Litwinoff ist Pädagogin<br />

und seit 2004 Entwicklungshelferin<br />

des DED in Brasilien<br />

� Antonio Bezerra ist Ausbilder<br />

bei der NRO Retome sua Vida<br />

im Projekt CEPARE.<br />

Lager für<br />

Kunststoffmaterial<br />

der Müll-Kooperative<br />

von Cabo<br />

Foto: Raja Litwinoff<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 5


Spektrum<br />

DED-Entwicklungshelferin<br />

Wiebke Schneider gehörte<br />

dem Team der internationalen<br />

Wahlbeobachter an.<br />

Foto: Hans-Ulrich Wessel<br />

6 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Palästina<br />

DED engagiert sich<br />

bei Wahlbeobachtung<br />

Der Stimmzettel wird ordentlich gefaltet. Keiner kann sehen, welcher<br />

Kandidat gewählt wurde. Dann wirft ihn Achmed Muhail aus<br />

Gaza-Stadt in die Wahlurne und bekommt seinen Registrierungsabschnitt<br />

zurück. „Nein, das war nicht meine erste Wahl“, erzählt der<br />

32-Jährige einem DED-Mitarbeiter, „schon bei der Präsidentenwahl<br />

1996 habe ich gewählt, damals Yasser Arafat. Für wen ich heute gestimmt<br />

habe? Das bleibt geheim.“<br />

Insgesamt sieben Präsidentschaftskandidaten standen am Sonntag,<br />

den 9. Januar 2005, zur Wahl, bei einer der vielleicht wichtigsten<br />

Wahlen im Nahen Osten. Es ging nicht nur um die Nachfolge<br />

von Arafat im Präsidentenamt. Es ging auch um die Frage, wer dem<br />

Friedensprozess mit Israel neue Impulse geben kann. 1,8 Millionen<br />

Palästinenser in der Westbank, dem Gaza-Streifen und Ost-Jerusalem<br />

waren zu den Präsidentenwahlen aufgerufen.<br />

Seit dem Tod von Präsident Arafat am 11. November 2004 liefen<br />

die Vorbereitungen zur Wahl auf Hochtouren. Die unabhängige<br />

palästinensische „Zentrale Wahlkommission“ (CEC) bereitete,<br />

unterstützt von internationaler Hilfe, die Abstimmungen in 1078<br />

Wahlstationen im ganzen Land vor und rechnete im Vorfeld mit<br />

einem ordnungsgemäßen Verlauf der Wahlen.<br />

Ob am Wahlsonntag tatsächlich alles mit rechten Dingen zugegangen<br />

ist, darüber haben neben tausenden von ehrenamtlichen<br />

palästinensischen Beobachtern und Helfern nicht zuletzt auch rund<br />

800 internationale Wahlbeobachter gewacht, offizielle wie inoffizielle,<br />

unter ihnen auch acht Fachkräfte des DED, die Gaza und die<br />

Westbank aus eigenem Erleben schon seit längerem kennen. Sie<br />

berichten von ihren Eindrücken.<br />

Es gab weder Gedrängel noch<br />

Unregelmäßigkeiten bei der<br />

Registrierung. Natürlich wird es<br />

für Europäer immer befremdlich<br />

bleiben, dass in den Wahllokalen<br />

kein Rauchverbot gilt.<br />

Wenn überhaupt irgendetwas<br />

den Anschein einer Unregelmäßigkeit<br />

erweckt hat, dann war<br />

es der Andrang beim Buchstaben<br />

„A“.<br />

In Palästina hat jeder Vater<br />

neben seinem Familiennamen<br />

auch noch eine zweite, vielleicht<br />

sogar geläufigere Anrede.<br />

Er nennt sich Abu... (zu<br />

Deutsch: Vater ...). Danach folgt<br />

der Name seines erstgeborenen<br />

Sohnes. Als wir den großen<br />

Andrang bei der sonst raschen<br />

Abfertigung bemerkten, fragten<br />

wir nach. Ein Mitglied des<br />

Wahlkomitees erklärte: „Die<br />

Wähler ordnen sich nach ihren<br />

Abu-Namen ein.“<br />

� Wiebke Schneider, Entwicklungshelferin<br />

des DED in Gaza<br />

Eine hübsche Karikatur in der<br />

konservativen israelischen<br />

Tageszeitung Jerusalem Post<br />

bringt es auf den Punkt: eine<br />

Wahlurne, um die dicht gedrängt<br />

die internationalen<br />

Wahlbeobachter stehen. Und<br />

ein palästinensischer Wähler<br />

versucht verzweifelt, sich durch<br />

das Gedränge zur Wahlurne<br />

durchzukämpfen, um seine<br />

Stimme abzugeben.<br />

In jedem Wahllokal in Ost-<br />

Jerusalem drängen sich die Beobachter.<br />

Einige Wahllokale in<br />

Jerusalem und Ramallah sind<br />

belagert von Journalisten aus<br />

aller Welt, viele mit Mikrofon,<br />

einige mit Satelliten-Schüsseln.<br />

Hier gibt es kein einziges Wahllokal<br />

ohne internationale Wahlbeobachter.<br />

Nur wenige Kilometer außerhalb<br />

Ramallahs und Jerusalems<br />

besuchen DED-Kollegen in den<br />

beiden, durch israelische Militär-Checkpoints<br />

nur schwer erreichbaren<br />

Dörfern Bitin und<br />

Az Za’ayyem zwei Wahllokale,<br />

in die sich den ganzen Wahlsonntag<br />

über kein einziger internationaler<br />

Beobachter verirrt.<br />

In den sechs Wahllokalen Ost-<br />

Jerusalems gibt es viele Beobachter,<br />

aber wenig Wähler. In<br />

Bitin und Az Za’ayyem ist es<br />

umgekehrt: kein Internationaler,<br />

aber viele Wähler und Wählerinnen.<br />

Die DED-Leute kommen<br />

unangemeldet, sie haben keinen<br />

offiziellen Status, nur eine kleine<br />

Visitenkarte dabei. Man bittet<br />

uns ins Wahllokal, lässt uns<br />

die Wahl beobachten, erklärt<br />

das Verfahren. Wer gewählt hat,<br />

bekommt einen Tintenklecks<br />

auf die Hand. Unregelmäßigkeiten?<br />

Wir bemerken nichts, aber<br />

es gäbe sicher Möglichkeiten,<br />

die wir nicht bemerken würden.<br />

In Bitin, dem 2100-Einwohner-<br />

Dorf außerhalb Ramallahs auf<br />

einem Hügel, sind 700 Wähler<br />

registriert. Nur 700? Weit mehr<br />

als die Hälfte der Einwohner<br />

hat das Wahlalter von 18 noch<br />

nicht erreicht - und fast 70 Prozent<br />

der über 18-Jährigen sind<br />

arbeitslos. Vor dem Wahllokal<br />

stehen acht Jugendliche zwischen<br />

16 und 26 Jahren, darunter<br />

ein sympathischer 25-Jähriger.<br />

Das Eis ist schnell gebrochen.<br />

Haben er und seine<br />

Freunde gewählt? Selbstver-


ständlich! Und wen? Er lächelt,<br />

schweigt und fragt, ob wir Arbeit<br />

für ihn haben. Dann zeigt<br />

er uns Ramallah, vom Dorf aus<br />

drei Kilometer Luftlinie entfernt.<br />

Und er zeigt auf den<br />

Checkpoint des israelischen Militärs<br />

zwischen Dorf und Stadt.<br />

„Das ist ein Problem. Da darf<br />

kein Fußgänger rüber.“ Und wie<br />

käme er nach Ramallah, falls<br />

wir wider Erwarten irgendeinen<br />

Job für ihn finden? „Das ist ein<br />

Problem! Wer nach Ramallah<br />

will, muss einen Umweg von<br />

gut 40 Kilometern machen. Das<br />

dauert sehr lange und ist viel zu<br />

teuer!“ Für fast alle Dörfler.<br />

� Peter Röhrig, DED-Landesdirektor<br />

mit Sitz in Ramallah<br />

Mein Einsatzort ist die Stadt<br />

Jenin, die sich im Norden<br />

des Landes befindet. Dazu<br />

gehört auch das Flüchtlingslager<br />

am Stadtrand. Das Lager bietet<br />

etwa 15.000 Flüchtlingen auf<br />

gut einem Quadratkilometer<br />

eine notdürftige Zuflucht.<br />

Vor der Wahlstation, einer<br />

umfunktionierten Grundschule,<br />

stehen junge Palästinenser beisammen,<br />

lachen und unterhalten<br />

sich lebhaft. Von Bedrohungen<br />

oder Einschüchterungsversuchen<br />

keine Spur. Der Wahlboykott<br />

von Hamas und Islamischer<br />

Dschihad scheint den<br />

friedlichen Wahlvorgang nicht<br />

zu gefährden. Über die Station<br />

donnern israelische Düsenjets.<br />

Die Wahlen finden im Inneren<br />

der Schule statt. Die Wahlhelfer<br />

sind jeweils zu viert. Alles<br />

wirkt sehr gut organisiert. Auch<br />

lange Warteschlangen gibt es –<br />

anders als bei den Kommunalwahlen<br />

– nicht. Vor dem Pausenhof<br />

glaubt der Wähler Abu<br />

Slimane den Grund für den ordentlichen<br />

Wahlablauf zu kennen:<br />

„Die Menschen hier haben<br />

eine Sehnsucht nach Demokratie.<br />

Sie sehen, dass dies der richtige<br />

Weg für sie ist.“<br />

� Julian Felder, Praktikant des<br />

DED in Ramallah<br />

Achmed Muhail sitzt am<br />

Abend vor dem Fernseher<br />

in seiner Wohnung und erfährt<br />

das vorläufige Endergebnis:<br />

Mahmud Abbas (Abu Mazen)<br />

wurde mit 62,3 Prozent der<br />

Stimmen gewählt, die Wahlbeteiligung<br />

soll bei 70 Prozent gelegen<br />

haben. Ob er glaube, die<br />

Wahlen seien fair gewesen?<br />

„Fair sind Wahlen erst, wenn<br />

sich alle Wähler frei bewegen<br />

dürfen. Das ist durch die Besatzung<br />

des israelischen Militärs<br />

aber nicht möglich“, antwortet<br />

er. „Aber wir werden noch viele<br />

Wahlen haben in Palästina, und<br />

sie werden immer besser werden!”<br />

Der nächste Wahltermin:<br />

27. Januar 2005, Kommunalwahlen<br />

in Gaza. Und nicht nur<br />

Achmed Muhail wird dabei<br />

sein, sondern sicherlich auch<br />

wieder Wahlbeobachter vom<br />

DED.<br />

� Peter Röhrig ist Journalist<br />

und seit 2003 Landesdirektor<br />

des DED in Palästina.<br />

Palästinenser im Visier<br />

der Beobachter<br />

bei der Wahl in Ramallah<br />

Junge Fatah-Anhänger<br />

feiern den Wahlsieg<br />

Foto: Hans-Ulrich Wessel<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 7<br />

Foto: Luke McBain


Spektrum<br />

Sahar Khalifa<br />

Foto: Sabine Ludwig<br />

Sahar Khalifa:<br />

Die Verheißung<br />

256 Seiten<br />

Unionsverlag 2004<br />

19,90 Euro<br />

8 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Palästina<br />

Ein Gefühl der Ohnmacht<br />

Sahar Khalifa wurde 1941 in Nablus in Palästina geboren. Mit achtzehn Jahren ging<br />

sie eine traditionelle Ehe ein, die dreizehn Jahre dauerte. Nach der Scheidung<br />

begann sie sich dem Schreiben zu widmen. Sie studierte in den USA und arbeitete<br />

als Dozentin an der Universität Bir Zeit in Ramallah. In Nablus gründete sie ein<br />

palästinensisches Frauenzentrum, das sie neben ihrer schriftstellerischen Arbeit<br />

leitet. Heute lebt sie in Nablus und im jordanischen Amman und gehört zur<br />

führenden Riege der arabischen Frauenliteratur.<br />

Das Interview mit<br />

Sahar Khalifa führte Sabine<br />

Ludwig im Oktober 2004<br />

Was bedeutet für Sie die Mauer, die<br />

Ihr Land trennen soll?<br />

Es ist schrecklich! Sie wird<br />

uns keinen Frieden bringen. Sie<br />

hat nicht nur Auswirkungen auf<br />

uns Palästinenser, sondern auch<br />

auf die gesamte arabische Welt,<br />

die sich dadurch gegängelt<br />

fühlt. Der Fundamentalismus<br />

erhält so nur noch mehr Macht<br />

und Überzeugungskraft. Nicht<br />

nur den Intellektuellen, die sich<br />

der Welt öffnen wollen, erschwert<br />

die Mauer die Kontakte,<br />

nein, auch Frauenbewegungen<br />

werden in ihren Entwicklungen<br />

zurückgeworfen.<br />

Wie beurteilen Sie das israelische<br />

Sicherheitsbedürfnis?<br />

Wir sind es, die Schutz benötigen.<br />

Die Welt spricht immer<br />

nur davon, dass die Israelis<br />

geschützt werden müssen, doch<br />

wer schützt uns? Sie sind es, die<br />

Kampfflugzeuge und Raketen<br />

besitzen. Nur wenn die Besatzung<br />

endet, wird Frieden möglich<br />

sein.<br />

Warum gibt es eine derartige<br />

Gewaltbereitschaft schon bei den<br />

Kindern?<br />

Es passiert aus dem Gefühl<br />

der Ohnmacht heraus. Sie wissen,<br />

dass sie nicht unter der<br />

Kontrolle der israelischen Soldaten<br />

leben wollen. In direkten<br />

Kontakt zu ihnen können sie<br />

nicht treten. Ihren Ärger machen<br />

sie mit Steinewerfen Luft.<br />

Wie könnte der Friedensprozess am<br />

effektivsten umgesetzt werden?<br />

Meiner Meinung nach sollte<br />

sich Europa verstärkt in den<br />

Friedensprozess einbringen, als<br />

ihn hauptsächlich in den Händen<br />

der USA zu lassen. Europa<br />

hat zwei Weltkriege hinter sich.<br />

Schon daher befürwortet die<br />

Staatengemeinschaft mehr den<br />

Frieden als vielleicht andere Nationen.<br />

Wie gehen Sie mit der Ausgangssperre<br />

um?<br />

Nach einer Woche hast du<br />

die Nase voll, nach drei Wochen<br />

fühlst du, wie du langsam<br />

verrückt wirst. Du kannst mit<br />

niemanden mehr kommunizieren,<br />

da sie auch die Telefonverbindungen<br />

unterbrechen.<br />

Manchmal wollen sie uns dadurch<br />

auch einfach nur bestrafen,<br />

manchmal für drei Tage<br />

oder für eine ganze Woche oder<br />

sogar mehrmals im Monat, je<br />

nach Gutdünken. Wir können<br />

nichts planen, da wir nie wissen,<br />

wann es wieder soweit ist. Im<br />

Jahr 2002 hielt die Ausgangssperre<br />

vier Monate an. Alle drei<br />

bis vier Tage erhalten wir dann<br />

die Möglichkeit, für zwei Stunden<br />

einkaufen zu gehen, um<br />

uns Essen zu besorgen. Oft werden<br />

auch Elektrizität und Wasser<br />

gekappt, nicht nur die Telefonleitungen.<br />

Und dann fragt<br />

die Weltöffentlichkeit, warum<br />

so viele unserer jungen Leute<br />

terroristische Aktivitäten planen!<br />

Unter ihnen gibt es soviel<br />

Hass und keine Hoffnung.<br />

Können überhaupt palästinensischisraelische<br />

Freundschaften<br />

geschlossen werden?<br />

Nur wenige, früher waren es<br />

viel mehr. Ich hatte auch israelische<br />

Freunde, doch jetzt nicht<br />

mehr. Sie haben Angst, in unseren<br />

Teil des Landes zu kommen,<br />

uns dagegen ist es ver-<br />

boten, hinüber zu gehen. Die<br />

Situation spitzt sich immer<br />

mehr zu. Wir sind uns fremd<br />

geworden.<br />

Die Liebe zwischen einer palästinensischen<br />

und einer israelischen<br />

Person. Gibt es die Möglichkeit, sich<br />

ungestört zu treffen, beispielsweise<br />

in Haifa als liberaler Stadt?<br />

Ausgeschlossen. Wir haben<br />

doch nicht einmal Kontakt miteinander,<br />

wir sehen von ihnen<br />

doch nur die Panzer, keine<br />

menschlichen Wesen, sondern<br />

nur Maschinen. Und was Haifa<br />

angeht, so kann ich nicht so<br />

einfach dorthin reisen, normalerweise<br />

darf ich nicht einmal<br />

Nablus verlassen. Und die Liebe<br />

zwischen einer Palästinenserin<br />

und einem Israeli, wie ich sie in<br />

einem meiner Bücher thematisiert<br />

habe, würde nicht überleben.<br />

Im Gegenteil, mein Volk<br />

würde die Frau umbringen. So<br />

eine Liebesbeziehung hat es<br />

noch nie gegeben.<br />

Sind Kopftücher eher ein Ausdruck<br />

politischen Protests oder der<br />

Religion?<br />

Noch vor 30 Jahren gab es<br />

keine einzige Frau, die ein<br />

Kopftuch getragen hätte. Das<br />

Tragen steht in starkem Zusammenhang<br />

mit dem Erstarken<br />

des Fundamentalismus. Da<br />

stecken sowohl politische wie<br />

auch religiöse Motive dahinter.<br />

Das Gefühl der Niederlage verursacht<br />

den Rückzug in die Religion.<br />

Dahinter verbirgt sich<br />

auch immer eine politische Botschaft.<br />

Es ist wirklich bedrohlich,<br />

auch für uns.<br />

� Sabine Ludwig ist Redakteurin<br />

des DED-Briefes.


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Berufliche Bildung als Leistungsbereich<br />

im DED – hat das noch Zukunft?<br />

Im Spannungsfeld hoher Anforderungen der modernen Wirtschaft<br />

und als Basisqualifikation für die Mehrheit der Bevölkerung<br />

Viel härter noch als bei uns betrifft Arbeitslosigkeit die Menschen in unseren<br />

Partnerländern. Im formalen Sektor der Wirtschaft und der Verwaltung erreichen<br />

nur die Besten und Beziehungsreichsten die wenigen Arbeitsstellen. Gar eine<br />

eigene Existenz aufzubauen ist für die meisten Menschen nur ein vager Hoffnungsschimmer.<br />

Es gilt also, sich mit viel Zähigkeit, Flexibilität, Ideen und Optimismus<br />

Nischen zu suchen, um ein ausreichendes Einkommen zum Überleben zu sichern<br />

und eine Zukunftsperspektive zu erarbeiten. Berufliche Aus- und Weiterbildung ist<br />

insofern eine Investition in die Zukunft. Nur wenn auf das Ende einer Ausbildungsmaßnahme<br />

eine Beschäftigung folgt oder gesichert wird, lohnt sich der hohe Einsatz<br />

aller Beteiligten.<br />

Klaus-Dieter Seidel<br />

In seiner Strategie hat sich der<br />

DED zu Recht für die Konzentration<br />

auf bestimmte Arbeitsfelder<br />

entschieden. Im Rahmen<br />

der Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung<br />

gehört<br />

dazu als ein wichtiger Leistungsbereich<br />

die berufliche Bildung.<br />

Immerhin noch 117 Fachkräfte<br />

(Stand 1. Januar 2003), knapp<br />

13 Prozent, sind diesem Bereich<br />

zuzuordnen.<br />

Zuletzt im Jahr 2000 hat sich<br />

das Fachreferat konzeptionell<br />

im Rahmen der Überarbeitung<br />

seiner Fachleitlinie mit diesem<br />

Bereich beschäftigt. Nachdem in<br />

früheren Jahren der TH (Technik-Handwerk)-Bereich<br />

mit<br />

Schwerpunkt in der Berufsbildung<br />

doch deutlich vom KM<br />

(Kleingewerbe, Management)-<br />

Bereich getrennt war, wurden<br />

nun die vorhandenen, sich ergänzenden<br />

Elemente herausgestellt.<br />

Im Fokus all unserer<br />

Bemühungen steht seitdem das<br />

Thema Beschäftigung. Mit all<br />

seinem Tun will der DED entweder<br />

Arbeitsplätze stabilisieren<br />

(Minimalziel) oder aber sogar<br />

zu einer Steigerung von Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

(Wachstumsziel) beitragen. Um<br />

das beispielsweise im Bereich<br />

der Berufsbildung zu erreichen,<br />

gilt es, konsequent nachfrageorientiert,<br />

das heißt, ausgerichtet<br />

an den Bedürfnissen der vorwiegend<br />

lokalen Handwerker- und<br />

Unternehmerschaft vor allem<br />

praxisorientiert auszubilden.<br />

Interessant in diesem Kontext<br />

ist, dass derzeit auch ein<br />

Abstimmungsprozess zwischen<br />

dem für die Entwicklungszusammenarbeit<br />

(EZ) zuständigen<br />

BMZ (Bundesministerium für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung) und seinen<br />

Durchführungsorganisationen<br />

DED, GTZ (Deutsche Gesellschaft<br />

für Technische Zusammenarbeit),<br />

INWENT (Internationale<br />

Weiterbildung und<br />

Entwicklung gGmbH) und KfW<br />

(Kreditanstalt für Wiederaufbau)<br />

stattfindet, der als Ergebnis in<br />

einem Positionspapier (das Sek-<br />

torkonzept zu beruflicher Bildung<br />

des BMZ ist mittlerweile<br />

rund zehn Jahre alt) die Richtung<br />

der Berufsbildungszusammenarbeit<br />

in den nächsten Jahren<br />

vorgeben wird.<br />

Schwerpunktregionen<br />

und Länder<br />

Nachdem der DED eigentlich<br />

seit Anbeginn seiner Existenz in<br />

Maßnahmen der beruflichen<br />

Bildung in nahezu allen Partnerländern<br />

tätig war, hat sich in<br />

den letzten Jahren doch eine<br />

deutliche Verringerung und<br />

regionale Konzentration der<br />

Ansätze zur Mitarbeit ergeben.<br />

Die berufliche Bildung<br />

ist ein wichtiger<br />

Leistungsbereich des DED.<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 9<br />

Foto: Timo Weinacht


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Durch gezielte Praktika sollen<br />

die Theoriekenntnisse der<br />

Studenten ergänzt werden.<br />

Foto: Lars Teschke<br />

10 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Diese haben sich zum Teil organisch<br />

entwickelt, zum anderen<br />

sind sie durch die seit einigen<br />

Jahren verfolgte Konzentration<br />

der deutschen EZ auf bestimmte<br />

Sektorschwerpunkte entstanden.<br />

Zwei Beispiele: In Lateinamerika<br />

hat sich der DED bis<br />

Anfang der achtziger Jahre noch<br />

in diversen Ländern an Maßnahmen<br />

der beruflichen Bildung<br />

beteiligt. Bedingt durch<br />

die damaligen gesellschaftlichen<br />

Umbrüche durch Militärdiktaturen<br />

erfolgte eine zunehmende<br />

programmatische Ausrichtung<br />

der DED-Landesprogramme in<br />

Richtung Förderung der Zivilgesellschaft<br />

mit Fokus auf die Unterstützung<br />

demokratischer Prozesse.<br />

Heute kann man feststellen,<br />

dass der formale Berufsbildungsbereich<br />

für den DED<br />

quasi nicht mehr existiert, informelle<br />

Weiterbildungsansätze im<br />

Rahmen von Kleingewerbeförderung<br />

aber nach wie vor vereinzelt<br />

anzutreffen sind.<br />

Als Gegenbeispiel sei hier<br />

Uganda genannt. Während der<br />

DED das Thema Berufsbildung<br />

bis Mitte des Jahres 2000 eher<br />

randständig betrachtete und seinen<br />

Schwerpunkt auf andere<br />

Sektoren legte, erfolgte im Rahmen<br />

der Schwerpunktsetzung<br />

des BMZ nun ein radikaler<br />

Wechsel. Andere Sektoren wurden<br />

konsequent abgebaut, und<br />

heute ist die berufliche Bildung<br />

die tragende Säule im DED-<br />

Landesprogramm.<br />

Wo also liegen die Schwerpunktregionen<br />

und Länder des<br />

DED im Rahmen der beruflichen<br />

Bildung? Lateinamerika<br />

wurde bereits erwähnt. In Westafrika<br />

wird, mit Ausnahme von<br />

Ghana, die Berufsbildung in<br />

Zukunft nicht mehr zu den Sektorschwerpunkten<br />

gehören.<br />

Auch hier ist es eher der<br />

Schwerpunktsetzung des BMZ<br />

geschuldet, als einer eigen bestimmten<br />

Entscheidung des<br />

DED. Bleiben noch die beiden<br />

anderen Regionen, in denen der<br />

DED arbeitet: Asien, sowie das<br />

östliche und südliche Afrika.<br />

Und in der Tat liegen hier momentan<br />

die Schwerpunkte unseres<br />

Engagements. Hervorzuheben<br />

sind dabei in Asien derzeit<br />

die Länder Jemen, Vietnam,<br />

Laos, Philippinen und Afghanistan,<br />

während es im östlichen<br />

und südlichen Afrika vor allem<br />

Äthiopien, Ruanda und Uganda<br />

sind.<br />

Aufgaben der Fachkräfte<br />

Was sind nun die Aufgaben der<br />

Fachkräfte des DED und wie<br />

haben sie sich im Lauf der Zeit<br />

verändert? Heutzutage steht der<br />

Entwicklungshelfer in der Regel<br />

nicht mehr selbst an der Werkbank<br />

oder an der Tafel im Klassenraum.<br />

Einheimische Fachkräfte<br />

haben diese Funktion<br />

längst übernommen. Der Beitrag<br />

des DED besteht nun eher<br />

darin, die einheimischen Kolle-<br />

ginnen und Kollegen in Fragen<br />

der Methodik und Didaktik sowie<br />

in Fragen des Technologietransfers<br />

zu unterstützen und<br />

weiter zu qualifizieren.<br />

Des Weiteren geht es um die<br />

Praxisorientierung der Ausbildung.<br />

Hier wird der Kontakt<br />

zur lokalen Handwerkerschaft<br />

und Industrie gesucht, um für<br />

die Studenten Praxisaufenthalte<br />

in den Betrieben zu ermöglichen,<br />

so dass sie die Realität des<br />

Arbeitslebens kennen lernen.<br />

Manchmal können so schon<br />

Absprachen zur Anstellung von<br />

Studenten nach erfolgreichem<br />

Abschluss erreicht werden. Die<br />

Privatwirtschaft muss darüber<br />

hinaus bei der Festlegung notwendiger<br />

zu erlangender Kompetenzen<br />

im jeweiligen Berufsbild<br />

mit eingebunden werden.<br />

Ein weiterer Aspekt ist die Unterstützung<br />

der Schulleitung<br />

durch Management- und Organisationsberatung.<br />

Schließlich<br />

gehört auch die Entwicklung<br />

von Lehrplänen zu den Aufgabenfeldern<br />

von DED-Fachkräften.<br />

Die Zusammenarbeit im<br />

formalen Bereich findet sowohl<br />

mit staatlichen als auch privaten,<br />

meistens kirchlichen Trägern<br />

statt.<br />

Bei der non-formalen Berufsausbildung<br />

geht es vor allem<br />

um Bedarfsermittlungen, modulare<br />

Kurssysteme und vor allem<br />

um die Einbindung von Unternehmen<br />

in die berufliche Bildung.<br />

Im Rahmen von on-the-


job-trainings stehen beispielsweise<br />

Fortbildungen in den Betrieben<br />

und die Weiterbildung von<br />

Mitarbeitern und Betriebsinhabern<br />

im Fokus des DED-Engagements.<br />

Häufig ergeben sich<br />

dabei Kooperationsmöglichkeiten<br />

mit Berufsschulen, die ihre<br />

Werkstätten und Klassenräume<br />

abends, an Wochenenden oder<br />

in den Ferien für solche Kurse<br />

zur Verfügung stellen. Sie können<br />

so zusätzliche Einnahmen<br />

gewinnen und einen Teil davon<br />

zur besseren Bezahlung der eigenen<br />

Lehrkräfte und Ausbilder<br />

nutzen.<br />

Schließlich gibt es noch den<br />

Bereich der Abgängerbetreuung,<br />

einer weiteren Schnittstelle zur<br />

Kleingewerbeförderung. Im Sinne<br />

von Monitoring sollten Verbleibstatistiken<br />

geführt werden,<br />

denn nur so lässt sich feststellen,<br />

ob denn die Ausgebildeten<br />

auch wirklich dem Bedarf des<br />

nachfragenden Marktes entsprechen<br />

und von ihm angenommen<br />

werden. Darüber hinaus<br />

geht es um Fragen der gezielten<br />

Existenzgründung geeigneter<br />

Kandidaten und der daran<br />

anschließenden notwendigen<br />

Phase der Betriebsberatung.<br />

Herausforderungen<br />

und neue Aufgaben<br />

Berufliche Bildung steht im<br />

Spannungsfeld hoher Qualifikationsanforderungen<br />

der modernen<br />

Wirtschaft einerseits, und<br />

dem Bedarf der Bevölkerungsmehrheit<br />

nach einfachen Basisqualifikationen<br />

andererseits. Es<br />

gilt also den Beitrag des DED<br />

der jeweiligen Situation im Partnerland<br />

anzupassen. Während<br />

es in Afghanistan nach über<br />

zwanzigjährigem Bürgerkrieg<br />

um eine unmittelbar nutzbare<br />

Kurzzeitausbildung zum Einkommenserwerb<br />

geht, stellen<br />

sich in einem Schwellenland<br />

wie den Philippinen mittlerweile<br />

eher Aufgaben im Bereich<br />

moderner Kommunikationstechnologie,<br />

wie Ausbildungskurse<br />

für Angestellte in so genannten<br />

Call-Centern.<br />

Die Wirkungen des DED-<br />

Engagements sind dort deutlich<br />

größer, wo der DED entweder<br />

mit einer gewissen Anzahl an<br />

Entwicklungshelfern in einem<br />

gemeinsamen Programm, bei-<br />

spielsweise im Bereich der beruflichen<br />

Bildung, oder aber im<br />

Rahmen einer sinnvollen Trennung<br />

der Interventionsebenen<br />

(und hier steht der DED für<br />

seine Nähe zur Zielgruppe auf<br />

Mikro- und Mesoebene) eine<br />

Sichtbarkeit auch für Außenstehende<br />

erlangt.<br />

Keine einmalige<br />

Veranstaltung<br />

Berufliche Bildung ist in unseren<br />

Partnerländern keine einmalige<br />

Veranstaltung. Im Rahmen<br />

der Globalisierung der Wirtschaft<br />

finden rasche Veränderungsprozesse<br />

statt, die eine laufende<br />

Ergänzung und Erweiterung<br />

und gegebenenfalls sogar<br />

eine Neuausrichtung des Fachwissens<br />

erfordern. Darüber hinaus<br />

gibt es Verknüpfungen zum<br />

Bereich der Grundbildung im<br />

Sinne von notwendiger Eingangsvoraussetzung<br />

für Berufsbildungsmaßnahmen.Durchlässige<br />

Systeme lebenslangen Lernens<br />

werden hier eine wichtige<br />

Rolle übernehmen müssen.<br />

Und schließlich das duale (deutsche)<br />

System, selbst wenn es<br />

nur in angepasster Form zur<br />

Anwendung kommt, entspricht<br />

nicht immer den Notwendigkeiten<br />

vor Ort. Modulare Systeme<br />

befinden sich auf dem Vormarsch,<br />

und ohne ideologische<br />

Verspannung sollte das jeweils<br />

beste System zur Anwendung<br />

kommen bzw. sollten sie sich<br />

organisch ergänzen.<br />

Beim DED hat die berufliche<br />

Bildung eine Zukunft als<br />

Leistungsbereich. Jedoch mehr<br />

als früher muss sie sich den immer<br />

schneller verändernden<br />

Rahmenbedingungen sowohl<br />

der Globalisierung als auch den<br />

konkreten Erfordernissen im jeweiligen<br />

Partnerland anpassen.<br />

Sinnvollerweise tut sie das nicht<br />

als Einzelkämpfer, sondern im<br />

Rahmen von Kooperationen sowohl<br />

mit den anderen deutschenDurchführungsorganisationen<br />

der EZ als auch mit anderen<br />

internationalen Akteuren<br />

auf diesem Feld.<br />

� Klaus-Dieter Seidel ist<br />

Diplom-Kaufmann und Leiter<br />

des Fachreferates Wirtschafts-<br />

und Beschäftigungsförderung/Entwicklungspartnerschaften<br />

mit der Wirtschaft<br />

beim DED<br />

Die Privatwirtschaft sollte<br />

in die Lehrplanerstellung<br />

mit eingebunden werden.<br />

Foto: Claudia Euen<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 11


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Autorin Jutta Heckel mit<br />

Markus Hirschmann von der<br />

regionalen Bildungsstelle<br />

in Göttingen<br />

Foto: DED<br />

12 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Armutsminderung<br />

durch entwicklungspolitische<br />

Bildungsarbeit<br />

Mut zu schwierigen Themen – auch im eigenen Land<br />

Im September 2003 hat der DED unter dem Motto „Bildung trifft Entwicklung“ seine<br />

entwicklungspolitische Bildungsarbeit in Deutschland systematisch ausgebaut.<br />

Die Initiative „Bildung trifft Entwicklung“ ist Teil des DED-Beitrags zum Aktionsprogramm<br />

2015 (AP 2015) der Bundesregierung zur Armutsbekämpfung und ergänzt<br />

die Projektarbeit in den Partnerländern. Ziel der Arbeit ist es, Menschen in Deutschland<br />

ein differenzierteres Bild über das Leben in Entwicklungsländern zu geben und<br />

auf die globalen Zusammenhänge zwischen Entwicklungs- und Industrieländern<br />

aufmerksam zu machen.<br />

Jutta Heckel<br />

Im Zentrum stehen dabei die<br />

Fragen „Was haben Themen<br />

wie Armut und Globalisierung<br />

mit mir zu tun?“ und „Wie<br />

kann ich selbst etwas zu einer<br />

nachhaltigen und zukunftsfähigen<br />

Entwicklung beitragen?“<br />

Hinter dieser Zielsetzung verbirgt<br />

sich ein hoher Anspruch.<br />

Menschen an komplexe und negativ<br />

besetzte Themen wie Armut<br />

heranzuführen, ohne dabei<br />

Gefühle der Ohnmacht oder<br />

Ablehnung hervorzurufen, son-<br />

dern sie im Gegenteil dazu zu<br />

motivieren, selbst aktiv zu werden,<br />

erfordert mehr als die<br />

„richtigen“ Inhalte und didaktisches<br />

Geschick.<br />

Regionale Bildungsstellen<br />

Deshalb hat der DED zusätzlich<br />

zum Schulprogramm in<br />

Berlin in Düsseldorf, Göttingen,<br />

Reutlingen und Weimar regionale<br />

Bildungsstellen aufgebaut.<br />

Hier entwickeln hauptamtliche<br />

Bildungsreferenten gemeinsam<br />

mit Rückkehrerinnen und Rück-<br />

kehrern spezifische Bildungsangebote<br />

für interessierte Gruppen<br />

aus Erwachsenenbildung, Jugendarbeit<br />

und Schule. Die<br />

Themenschwerpunkte der Angebote<br />

sind „Umwelt und ländliche<br />

Entwicklung“, „Einkommen<br />

schaffen“, „Frauen stärken“,<br />

„Gesellschaftliche Teilhabe von<br />

Armen“, sowie „Konfliktbearbeitung<br />

und Friedensförderung“.<br />

Diese Schwerpunkte ermöglichen<br />

einen direkten Bezug<br />

zur Arbeit des DED in den<br />

Partnerländern. Rückkehrer können<br />

ihre Projekterfahrungen für


die Bildungsarbeit nutzen und<br />

gleichzeitig vielfältige Verknüpfungspunkte<br />

zum Alltag in<br />

Deutschland aufzeigen.<br />

Themen des<br />

globalen Lernens<br />

Gleichzeitig bieten die regionalen<br />

Bildungsstellen, wie auch<br />

das Schulprogramm Berlin, den<br />

Rückkehrern und anderen Multiplikatoren<br />

fachliche und didaktische<br />

Beratung, Weiterbildung<br />

und passende Lernmaterialien<br />

zu diversen Themen des<br />

globalen Lernens an. Die regionalen<br />

Bildungsstellen übernehmen<br />

auch die Vermittlung der<br />

Rückkehrerreferenten.<br />

Hier nur einige Beispiele aus<br />

der Bildungsarbeit:<br />

� in Nordrhein-Westfalen bietet<br />

die regionale Bildungsstelle<br />

in Kooperation mit den Volkshochschulen<br />

Seminare zum<br />

Thema Ökotourismus an<br />

� in Berlin können sich Lehrerinnen<br />

und Lehrer verschiedener<br />

Jahrgangsstufen unter dem<br />

Titel „ Armutsbekämpfung –<br />

eine globale Aufgabe: Das Aktionsprogramm<br />

2015“ fortbilden<br />

� in Reutlingen zeigte die regionale<br />

Bildungsstelle in Kooperation<br />

mit dem Naturkundemuseum<br />

eine Ausstellung zum<br />

Thema Wasser mit zahlreichen<br />

Veranstaltungen für Schüler und<br />

Lehrer<br />

� in Göttingen führt die regionale<br />

Bildungsstelle in Kooperation<br />

mit der Fachhochschule Seminarreihen<br />

für Studenten zum<br />

Thema Partizipation durch<br />

� in Weimar entdecken Kinder,<br />

wie andere Kinder am Amazonas<br />

leben und wie der Regenwald<br />

„funktioniert“<br />

Der DED hat sich zum Ziel gesetzt,<br />

mit seiner Bildungsarbeit<br />

auch auf neue Zielgruppen zuzugehen.<br />

Eine besondere Herausforderung<br />

ist es für „Menschen<br />

im Arbeits- und Wirtschaftsleben“<br />

passende Angebote<br />

zu entwickeln. Erste Schritte<br />

wurden unternommen, um Themen<br />

wie Fairer Handel und<br />

Öko- und Sozialstandards für<br />

Konsumenten, aber auch für<br />

Unternehmer, aufzubereiten.<br />

Hierbei steht die entwicklungs-<br />

politische Bildungsarbeit im engen<br />

Austausch mit dem DED-<br />

Fachreferat Wirtschafts- und<br />

Beschäftigungsförderung.<br />

Runder Tisch<br />

Um Kräfte zu bündeln und der<br />

entwicklungspolitischen Bildungsarbeit<br />

mehr Gewicht zu<br />

verleihen, kooperiert der DED<br />

bei der Gestaltung seiner Bildungsarbeit<br />

mit Nichtregierungsorganisationen,Bildungsträgern<br />

und anderen gesellschaftlichen<br />

Akteuren auf lokaler,<br />

regionaler und bundesweiter<br />

Ebene. So beteiligt sich der<br />

DED auch am Runden Tisch,<br />

einer Initiative, die anlässlich<br />

der UN (Vereinte Nationen)-<br />

Dekade „Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung“ ins Leben gerufen<br />

wurde. Zusammen mit rund<br />

80 anderen gesellschaftlichen<br />

Akteuren wird dort der deutsche<br />

Beitrag zur UN-Dekade „Bildung<br />

für Nachhaltige Entwicklung“<br />

geplant und erste Schritte<br />

zu seiner konkreten Umsetzung<br />

vorbereitet.<br />

Ansprechpartner sind:<br />

� Regionale Bildungsstelle<br />

Düsseldorf – Katrin Koops<br />

Telefon (02 11) 83 68 01 00<br />

duesseldorf@<strong>ded</strong>.de<br />

� Regionale Bildungsstelle Göttingen<br />

– Markus Hirschmann<br />

Telefon (05 51) 3 70 74 80<br />

goettingen@<strong>ded</strong>.de<br />

� Regionale Bildungsstelle<br />

Reutlingen – Sigrid Schell-<br />

Straub<br />

Telefon (0 71 21) 9 47 99 81<br />

reutlingen@<strong>ded</strong>.de<br />

� Regionale Bildungsstelle<br />

Weimar – Elisabeth Bolda<br />

Telefon (0 36 43) 81 18 82<br />

weimar@<strong>ded</strong>.de<br />

� Schulprogramm Berlin –<br />

Mechthild Lensing<br />

Telefon (030) 25 46 45 78<br />

Schulprogrammm.berlin@<strong>ded</strong>.de<br />

� Koordination DED-Zentrale<br />

– Jutta Heckel<br />

Telefon (02 28) 2 43 41 41<br />

Bildung.ap2015@<strong>ded</strong>.de<br />

� Jutta Heckel ist<br />

Koordinatorin der<br />

entwicklungspolitischen<br />

Bildungsarbeit des DED<br />

Spielerisch entdecken<br />

Kinder andere Welten<br />

und Kulturen<br />

Als „faire Früchtchen“<br />

für globales Lernen<br />

unterwegs<br />

Foto: DED<br />

Foto: Ellen Schmidt<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 13


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

soll schon im<br />

Kindesalter gefördert werden.<br />

Foto: Ellen Schmidt<br />

14 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Peru<br />

Persönliche Eindrücke<br />

bewirken mehr als Lehrbücher<br />

Erfahrungen und Perspektiven: das DED-Schulprogramm<br />

Mitten in Berlin – zwischen Potsdamer Platz, Regierungsviertel, Jüdischem<br />

Museum, Tempodrom und Martin-Gropius-Bau, wo Geschichte, Kultur und Politik<br />

aufeinander treffen – befinden sich im Deutschlandhaus die Räume des DED-<br />

Schulprogramms. Hier werden andere Kulturen und Lebensweisen sichtbar, fühlbar,<br />

hörbar und (be)greifbar gemacht.<br />

Reinhild Schumacher/<br />

Dr. Ellen Schmidt<br />

Ehemalige Entwicklungshelferinnen<br />

und Entwicklungshelfer<br />

berichten Schülerinnen,<br />

Schülern und anderen Interessierten<br />

nicht nur von ihrem<br />

Erlebten, sondern diskutieren<br />

auch über aktuelle entwicklungspolitische<br />

Themen.<br />

Interview<br />

Die Rückmeldungen der<br />

Schüler und des Lehrpersonals<br />

sind durchweg positiv und ihre<br />

Begeisterung für die Themen<br />

spürbar. Diese Erfahrung wird<br />

auch von anderen in der Bildungsarbeit<br />

tätigen ehemaligen<br />

Entwicklungshelfern geteilt. Wir<br />

wollten genauer wissen, wie<br />

wichtig es für Schüler und Lehrer<br />

ist, entwicklungspolitische<br />

Themen im Unterricht zu besprechen,<br />

und inwieweit sie die<br />

Unterrichtsgestaltung durch das<br />

DED-Schulprogramm sinnvoll<br />

finden.<br />

Hierzu haben wir am Ende<br />

einiger Veranstaltungen Fragebögen<br />

in den Mittel- und Oberstufen<br />

ausgeteilt. Eine Analyse<br />

der 68 Fragebögen bestätigt die<br />

Eindrücke, die wir aus den Ge-<br />

Interview von Reinhild Schumacher mit Mechthild Lensing<br />

Für Referenten und alle an der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit Interessierten ist Mechthild<br />

Lensing als Leiterin des DED-Schulprogramms in Berlin der Dreh- und Angelpunkt. Im folgenden<br />

Interview gibt sie einen Einblick in ihre Arbeit, ihre Erfahrungen und in die Perspektiven des DED-<br />

Schulprogramms.<br />

Was beschäftigt Sie bei Ihrer Arbeit besonders?<br />

Der Aufbau der neuen Regionalstellen in Reutlingen, Göttingen, Düsseldorf und Weimar. Sie bedeuten<br />

für das Schulprogramm Berlin eine große Chance, aus dem Nischendasein herauszukommen. Die<br />

Umsetzung des Aktionsprogramms 2015 und das Erschließen neuer Zielgruppen, auch aus der Wirtschaft,<br />

das sind Herausforderungen, die wir gemeinsam in der nächsten Zeit angehen werden.<br />

Welche Bedeutung hat das DED-Schulprogramm für die Zielgruppen?<br />

Entwicklungshelfer sind begehrte Referenten, weil sie über ihre konkreten Erfahrungen berichten<br />

können. Für die Teilnehmenden schafft das einen direkteren und lebendigeren Zugang zu den Themen.<br />

Die Fachkräfte haben darüber hinaus ihre Schwerpunktbereiche, in denen sie tätig waren, sei es<br />

Ressourcenschutz, Ökotourismus, fairer Handel, HIV-Prävention und vieles mehr, die mit den Zielgruppen<br />

abgestimmt werden. Die langjährigen Erfahrungen im Bereich des globalen Lernens fließen<br />

auch in die Lehrerfortbildung mit ein.<br />

Welche Hindernisse und Schwierigkeiten gibt es für das DED-Schulprogramm?<br />

Das Schulprogramm hat den Umzug des DED nach Bonn erstaunlich gut verkraftet. Nicht befriedigend<br />

ist, dass wir die Arbeit mit zwei halben Stellen bewältigen müssen, die zudem beide nicht langfristig<br />

abgesichert sind.<br />

Was bedeutet die Arbeit im DED-Schulprogramm für Sie ganz persönlich?<br />

Da ich selbst einmal Entwicklungshelferin war, kann ich nun die Auseinandersetzung mit wichtigen<br />

entwicklungspolitischen Fragen auch beruflich weiter führen. Außerdem bereichern mich die vielen<br />

Kontakte zu den im Bildungsbereich arbeitenden Nichtregierungsorganisationen.<br />

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des DED-Schulprogramms?<br />

Viele Regionalstellen, mit denen ich innovativ und produktiv zusammen arbeiten kann. Und einen<br />

DED, in dem die Bildungsarbeit als dritter Gesellschaftszweck verankert ist.


Wie schmeckt denn Wasser anderswo? Foto: Ellen Schmidt<br />

sprächen mit ihnen gewonnen<br />

haben und fügt interessante<br />

Aspekte hinzu.<br />

Danach schätzen Schüler wie<br />

auch Lehrer die Wichtigkeit entwicklungspolitischer<br />

Themen im<br />

Schulunterricht als sehr hoch<br />

ein. Sie fühlen sich überwiegend<br />

als Weltbürger, für die die<br />

Kenntnis anderer Länder und<br />

Kulturen zum Allgemeinwissen<br />

gehört, um so auch fundiert<br />

mitreden zu können.<br />

Gleiche Herausforderungen<br />

Nur einige wenige Schüler finden<br />

entwicklungspolitische Themen<br />

im Unterricht nicht wichtig.<br />

Die der Oberstufe begründen<br />

es mit dem vollen Stundenplan,<br />

wobei das Thema generell<br />

als interessant und wissenswert<br />

eingestuft wird. In der Mittelstufe<br />

zeigt sich eher, dass Entwicklungshelfer<br />

und Lehrer die<br />

gleichen Herausforderungen teilen:<br />

Einige Schüler seien schwer<br />

zu motivieren.<br />

Die Gestaltung des Unterrichts<br />

durch Referentinnen und<br />

Referenten des DED-Schulprogramms<br />

wird grundsätzlich als<br />

sinnvolle Alternative und Ergänzung<br />

zum regulären Unterricht<br />

betrachtet. Schüler wie<br />

auch Lehrer schätzen die<br />

Authentizität der Unterrichtsgestaltung:<br />

Realitäts- und Praxisnähe<br />

durch das Berichten von<br />

Kinder<br />

Mit Kindern<br />

auf Reisen gehen<br />

Kinder sind offen und neugierig,<br />

wollen die mitgebrachten<br />

Gegenstände betrachten und<br />

berühren, staunen über die Bilder<br />

und fragen immer wieder<br />

nach. Ziel der Veranstaltungen<br />

an Grundschulen ist es, die<br />

Schülerinnen und Schüler in<br />

die Lage zu versetzen, ihre eigene<br />

Lebenswelt als Teil eines<br />

globalen Ganzen zu begreifen<br />

und Toleranz gegenüber fremden<br />

Kulturen zu wecken.<br />

Zu Beginn kann jedes Kind eine<br />

ihm besonders wichtige Frage<br />

stellen. Die eigene Phantasie<br />

wird dabei inspiriert durch<br />

Fotos, eine Weltkarte, Bekleidung,<br />

Musik, religiöse Gegenstände,<br />

Spielzeug und Küchengeräte.<br />

Beim Lernen mit allen<br />

Sinnen darf landestypische Bekleidung<br />

angezogen, an fremden<br />

Gewürzen geschnuppert,<br />

von exotischen Gerichten gekostet<br />

und den Geschichten<br />

von märchenhaften Göttern<br />

gelauscht werden. Die Kinder<br />

kommen so mit auf die Reise,<br />

erleben die fremden Welten als<br />

bunt und Neugier weckend,<br />

eben als einfach anders. Ihre<br />

letzte Frage lautet häufig:<br />

„Wann kommst du wieder?“<br />

Dr. Ellen Schmidt<br />

Erfahrungsbericht<br />

Jugendliche sind besser als ihr Ruf<br />

Als ich mich beim DED-Schulprogramm wegen einer Referentinnen-Tätigkeit<br />

meldete, dachte ich in erster Linie an die Arbeit mit<br />

Kindern oder Erwachsenen. Mechthild Lensing schlägt mir stattdessen<br />

den Termin mit einer Abiturklasse vor. Mein Herzschlag<br />

erhöht sich nicht unbeträchtlich. Die Erinnerung an die eigene<br />

Schulzeit ist auf einmal wieder da: Jugendliche, aufsässig, Anti-<br />

Haltung, desinteressiert und betont gelangweilt. Und dann die<br />

Lehrerschaft: Inkarnation akribischer Wissensansammlung, stets<br />

darauf bedacht, unbequeme Fragen zu stellen, Unwissen zu<br />

identifizieren und mit schlechten Noten zu honorieren.<br />

Mit diesen Bildern im Kopf, einem Rucksack voller Materialien,<br />

mulmigem Gefühl im Bauch und dem festen Entschluss, gemeinsam<br />

mit den Lehrkräften und der Abiturklasse über den Tellerrand<br />

des vorgeschriebenen Lehrplanes zu schauen, mache ich mich auf<br />

den Weg zum ersten Einsatz. Stunden später verlasse ich leicht beflügelt<br />

die Stätte des Wissens, haben sich doch meine Vorurteile in<br />

Luft aufgelöst: Interessierte Schülerinnen und Schüler sowie zwei<br />

Lehrer, die Fragen stellen, nicht um mein Wissen zu prüfen, sondern<br />

weil sie weiße Flecken auf ihren Landkarten haben. Außerdem<br />

habe ich durch die Fragen der Schüler einige Ideen bekommen,<br />

was ich an meinem Programm für das nächste Mal noch verändern<br />

und ergänzen kann.<br />

Damit ausgestattet sind die nächsten Einsätze in Mittel- und<br />

Oberstufenklassen ein wahres Vergnügen. Im Vorfeld werden mit<br />

den Lehrerinnen und Lehrern die inhaltlichen Schwerpunkte der<br />

Veranstaltung abgesprochen, damit es nicht ausschließlich um<br />

Entwicklungszusammenarbeit und die Darstellung des Projektes<br />

geht, sondern – je nach Schwerpunkt – auch über Themen zu<br />

Entstehung und Wandel offizieller Familienplanungspolitik, reproduktiver<br />

Gesundheit, HIV/AIDS und Gesundheitsversorgung in<br />

Krisengebieten. Häufig entstehen Debatten über weibliche<br />

Genitalverstümmelung, Gender, die Entsendung von UN (Vereinte<br />

Nationen)-Truppen in Krisengebiete und vieles mehr.<br />

Reinhild Schumacher<br />

persönlich Erlebtem und Gegenstände<br />

aus den Partnerländern<br />

steigern für sie den Unterhaltungs-<br />

und Informationswert.<br />

Nicht ausschließlich die reine<br />

Sachinformation, sondern das<br />

sinnliche Erleben bleibt für sie<br />

positiv in Erinnerung. Auch die<br />

Bildung einer eigenen Sichtweise<br />

hinsichtlich entwicklungspolitischer<br />

Themen ist für die<br />

Jugendlichen wichtig.<br />

� Reinhild Schumacher ist Gesundheitswissenschaftlerin<br />

und war als Entwicklungshelferin<br />

des DED von 2000<br />

bis 2002 in Ruanda<br />

� Dr. Ellen Schmidt ist Agraringenieurin<br />

und war als Entwicklungshelferin<br />

des DED<br />

von 2000 bis 2002 in Nepal<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 15


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Wer wagt, gewinnt: Das<br />

Reisen aus einem anderen<br />

Blickwinkel betrachten<br />

Foto: DED<br />

Info<br />

Regionale Bildungsstelle<br />

des DED<br />

c/o InWEnt, Katrin Koops<br />

Wallstraße 30<br />

40213 Düsseldorf<br />

Telefon (02 11) 83 68 01 00<br />

duesseldorf@<strong>ded</strong>.de<br />

Der Workshop „Verantwortungsbewusst<br />

Reisen“ findet<br />

am 12. März von 9 bis 17 Uhr<br />

in der VHS Bad Godesberg,<br />

City-Terrassen, Michaelplatz 5,<br />

Raum V1 statt.<br />

Den Hunger nach Exotik<br />

stillen: Touristin auf<br />

Tuchfühlung!<br />

Foto: DED<br />

16 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Peru<br />

Die Faszination<br />

des Reisens in exotische Länder<br />

Eine Bildungsveranstaltung stellt die Seite der Gastgeber dar<br />

„Verantwortungsbewusst Reisen“ lautet das Thema eines eintägigen Workshops,<br />

den die drei DED-Referentinnen und -Referenten Ilse-Margret Luttmann, Martina<br />

Shakya und Ganesh Lal Shakya in Kooperation mit der Volkshochschule (VHS) Bonn<br />

durchführen. Ziel ist es, interessierte Globetrotter zum Nachdenken über ihre Reisegewohnheiten<br />

anzuregen. Dabei sollen die Teilnehmer selbst ihre Reiseerfahrungen<br />

mitteilen und kritisch überdenken.<br />

Katrin Koops<br />

Diese Veranstaltung findet<br />

im Rahmen der entwicklungspolitischen<br />

Bildungsarbeit<br />

der regionalen Bildungsstelle<br />

des DED in Nordrhein-Westfalen<br />

(NRW) statt. Die Autorin<br />

war selbst als Entwicklungshelferin<br />

im Niger und vermittelt nun<br />

ehemalige Entwicklungshelferinnen<br />

und Entwicklungshelfer des<br />

DED in NRW als Bildungsrefe-<br />

renten an Schulen, Kirchengemeinden,<br />

Vereine und auch an<br />

Erwachsenenbildungseinrichtungen.<br />

Dort stellen sie mit den<br />

Methoden des globalen Lernens<br />

Themen der Einen Welt dar,<br />

meist mit Bezug auf ihre eigene<br />

Tätigkeit in einem der Partnerländer<br />

des DED in Lateinamerika,<br />

Asien oder Afrika.<br />

Reiselustige Deutsche<br />

Viele Veranstaltungen finden im<br />

Bereich der Schulbildung statt,<br />

aber auch Erwachsene rücken<br />

immer mehr in den Blickpunkt<br />

des Interesses. So werden auch<br />

für diese Zielgruppe verstärkt<br />

Angebote entworfen. Themen<br />

wie Tourismus bieten sich bei<br />

den reiselustigen Deutschen, die<br />

es immer mehr in ferne und oft<br />

arme Länder zieht, geradezu an.<br />

Verlorenes Paradies<br />

Ilse-Margret Luttmann, die in<br />

einem Ökotourismus-Projekt<br />

des DED im Dogon-Gebiet in<br />

Mali arbeitete, liegt dieses Thema<br />

besonders am Herzen. Sie<br />

beobachtete, wie die Dogon-Bevölkerung<br />

nur allzu gerne den<br />

Durst der Touristen nach Exotik<br />

und dem verlorenen Paradies<br />

stillte, indem sie „Antiquitäten“<br />

produzierte, zum Kauf anbot<br />

und Geschichten erzählte, die<br />

den Mythos der eigenen Kultur<br />

wach halten sollen. Aber auch<br />

positive Auswirkungen hat die<br />

interkulturelle Begegnung –<br />

außer dem offensichtlichen<br />

finanziellen Zugewinn – zur<br />

Folge: Kenntnisse werden vermittelt,<br />

und das Bewusstsein<br />

über sich selbst wird geschärft.<br />

Dieses differenzierte Bild einem<br />

interessierten Publikum hier in<br />

Deutschland zu vermitteln und<br />

damit zu einem bewussteren<br />

Reiseverhalten beizutragen –<br />

dafür engagiert sich Luttmann.<br />

Dabei möchte sie aber auf keinen<br />

Fall den moralischen Zeigefinger<br />

heben, sondern vielmehr<br />

auf die gegenseitigen Erwartungen<br />

und Bedürfnisse der Touristen,<br />

wie auch auf die der einheimischen<br />

Bevölkerung aufmerksam<br />

machen.<br />

Einen weiteren Beitrag leistet<br />

Martina Shakya. Sie arbeitete in<br />

einem Projekt zu Tourismus auf<br />

Gemeindebasis in Nepal. Anhand<br />

eines Films weist sie auf<br />

die alternative Form des Reisens<br />

hin und lädt im Anschluss zur<br />

Diskussion ein. Mit Urlaubstipps<br />

zu alternativen Reisemöglichkeiten<br />

werden die Workshop-Teilnehmer<br />

nach Hause<br />

gehen – und es vielleicht wagen,<br />

einmal anders zu reisen!<br />

� Katrin Koops ist Bildungsreferentin<br />

in der regionalen<br />

Bildungsstelle des DED in<br />

Düsseldorf


Peru<br />

Auf einer Hafenrundfahrt viel über<br />

die Wirklichkeit der Welt erfahren<br />

Die Open School 21 in Hamburg – ein Ort für globales Lernen<br />

Möwengeschrei, das Tuten von Schiffen, das langsame Hin- und Hergleiten der<br />

großen Containerkräne, geschäftiges Treiben im Hamburger Hafen und mittendrin<br />

eine Schulklasse auf Entdeckungsfahrt.<br />

Bettina Kieck<br />

Eine Seefahrt, die ist lustig,<br />

und sogar auf einer alternativen<br />

Hafenrundfahrt mit Themen<br />

wie Plantagenwirtschaft,<br />

Rohstoffimport, Umweltzerstörung,<br />

Kolonialismus und<br />

Weltmarktpreise lässt sich was<br />

erleben. Mit Hafenromantik<br />

haben diese Rundfahrten allerdings<br />

nur wenig gemein. Wer<br />

einmal hinter die Fassaden der<br />

Geschichten, der Container und<br />

der Kaimauern schaut, erfährt<br />

viel über die Wirklichkeit unserer<br />

Welt. Im Hamburger Hafen<br />

werden auch Produkte umgeschlagen,<br />

die von Kindern gefertigt<br />

sind. Das reicht von Teppichen<br />

aus Indien und Pakistan<br />

über Zucker aus Brasilien bis<br />

hin zu Kleidung, die auf Container-Schiffen<br />

Hamburg erreicht.<br />

Aber es gibt auch viele<br />

Kinder und Jugendliche in der<br />

„Dritten Welt“, die keine Arbeit<br />

finden und deswegen aus ihren<br />

Ländern fliehen müssen oder<br />

verschleppt werden. Folgerichtig<br />

werden im Hamburger Hafen<br />

vor allem die aus Afrika ankommenden<br />

„blinden Passagiere“<br />

immer jünger.<br />

Seemann,<br />

lass das Träumen …<br />

Hafenrundfahrten gehören zu<br />

den vielen Aktivitäten, die von<br />

der Open School 21 zum Thema<br />

Globales Lernen organisiert werden.<br />

Für alle Altersstufen werden<br />

sie thematisch passend –<br />

wie beispielsweise „Bananen<br />

und Schokolade“ für die Jüngeren<br />

oder „Kinderarbeit“, „Dritte<br />

Welt-Handel“ und „Migration“<br />

für die höheren Klassen - angeboten.<br />

Die Open School 21 ist das Ergebnis<br />

der jahrzehntelangen An-<br />

strengungen europäischer Nichtregierungsorganisationen,<br />

mit<br />

ihren Angeboten den entwicklungspolitischen<br />

Diskurs und<br />

interkulturellen Austausch innerhalb<br />

der Zivilgesellschaft zu<br />

fördern. Mit ihrem Bildungsauftrag<br />

bezieht sich die Open School<br />

21 auf die Agenda 21, das Abschlussdokument<br />

der UN (Vereinte<br />

Nationen)-Konferenz für<br />

Umwelt und Entwicklung im<br />

Jahr 1992 im brasilianischen<br />

Rio de Janeiro.<br />

Als eine der pädagogischen<br />

Reaktionen in den neunziger<br />

Jahren entwickelte sich daraufhin<br />

das Konzept des Globalen<br />

Lernens. Das Lernkonzept stellt<br />

sich der umfassenden Aufgabe<br />

einer Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung. Auch Education for<br />

Development ist Bestandteil des<br />

pädagogischen Konzepts, das<br />

heißt, bei Kindern und Jugendlichen<br />

Werte wie weltweite Solidarität,<br />

Frieden, Toleranz, soziale<br />

Gerechtigkeit und Umweltbewusstsein<br />

zu fördern. Es sollen<br />

ihnen Kenntnisse und Fähigkeiten<br />

zur Umsetzung dieser Werte<br />

in ihrem Leben und Umfeld<br />

vermittelt werden, um sowohl<br />

regionale als auch globale Veränderungen<br />

herbeiführen zu<br />

können.<br />

Außerschulisches Lernen<br />

Hamburg als praktisches Beispiel<br />

bietet mit seinem Hafen,<br />

verschiedenen Stadtteilen und<br />

seiner Kolonial- und Einwanderergeschichte<br />

eine Menge außerschulischer<br />

Lernorte sowie Verknüpfungen<br />

zum Thema „Eine<br />

Welt“. Das Angebot für Schulklassen<br />

beinhaltet auch Führungen<br />

durch das Süd-Nord-Kontor<br />

zum Thema „Fairer Handel“,<br />

eine Baumwoll-Rallye<br />

durch die Stadt, Workshops zu<br />

Musik, Kultur und Kunsthandwerk<br />

anderer Länder und Veranstaltungen<br />

zu Kinderalltag und<br />

Straßenkindern in Nord und<br />

Süd. Für Lehrkräfte wird Beratung<br />

und Fortbildung zu Themen<br />

des Globalen Lernens, Unterstützung<br />

bei Projekttagen<br />

und -wochen sowie Unterrichtsmaterial<br />

zur Vor- und Nachbereitung<br />

einzelner Themen angeboten.<br />

Bildung<br />

trifft Entwicklung<br />

An dieser Stelle soll die Verknüpfung<br />

zur Initiative des<br />

DED „Bildung trifft Entwicklung“<br />

hergestellt werden. Die<br />

vier DED-Bildungsstellen und<br />

das Schulprogramm in Berlin<br />

haben ein ähnliches Anliegen<br />

wie die Open School 21. Die<br />

Methoden des Globalen Lernens<br />

stehen auch da im Mittelpunkt.<br />

Als ich im Jahr 2003 in<br />

meine Heimatstadt Hamburg<br />

zurückkehrte, wollte ich als<br />

Pädagogin für Erwachsenenbildung<br />

wieder in den Bereich Bildungsarbeit<br />

einsteigen, gerne<br />

auch als Referentin für den<br />

DED. Da es in Hamburg und<br />

Umgebung keine regionale Bildungsstelle<br />

des DED gibt,<br />

knüpfte ich an bestehende Kontakte<br />

und Netzwerke an, sprach<br />

mit anderen Bildungsreferenten<br />

und nahm an den DED-Fortbildungsveranstaltungen<br />

teil. Sporadisch<br />

engagierten mich einige<br />

Bildungsträger in und um Hamburg.<br />

Ich hielt Vorträge und leitete<br />

Seminare zum Thema<br />

„Eine Welt“. Als Referentin für<br />

die Europäische Akademie gestaltete<br />

ich einen Bildungsurlaub<br />

für Eltern mit Kindern<br />

nach dem Motto: „Wir leben in<br />

einer Welt.“ Die Motivation<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 17<br />

Foto: Privat


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Dass wir alle Bewohner der<br />

einen Welt sind, können auch<br />

die Jüngsten verstehen.<br />

Foto: Privat<br />

18 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

und das Interesse der Teilnehmer<br />

bestätigten mich in meiner<br />

Methodenwahl.<br />

Menschen mit<br />

auf den Weg nehmen<br />

Anfängliche Ressentiments gegenüber<br />

der Entwicklungszusammenarbeit<br />

(EZ) weichen oft<br />

gezielten Fragestellungen, gerade<br />

auch bei Jugendlichen. Das<br />

Interesse an meiner persönlichen<br />

Motivation – ich blicke<br />

inzwischen auf fast zehn Jahre<br />

Berufserfahrung in Afrika<br />

zurück – ist auch gemischt mit<br />

Neugierde. Diese Neugierde<br />

nehme ich dann gerne als Mittel<br />

zum Zweck, die Menschen<br />

mit auf den Weg zu nehmen.<br />

Themen wie Armutsbekämpfung<br />

und das Engagement für<br />

die Menschen im Süden berühren<br />

und spornen an, sich<br />

selbst auch zu engagieren. Am<br />

Ende meiner Veranstaltungen<br />

kommen immer einige Menschen<br />

auf mich zu und wollen<br />

wissen, wie sie sich engagieren<br />

können. Für Jugendliche sind<br />

vor allem Praktikumsmöglichkeiten<br />

oder ein ökologisches<br />

Jahr in Projekten der EZ interessant.<br />

Inzwischen habe ich ein Programm<br />

entwickelt, dass sich auf<br />

unterschiedliche Themen der<br />

EZ bezieht, besonders aber die<br />

Projektarbeit und die Menschen<br />

im Süden in den Mittelpunkt<br />

rückt. Das Angebot richtet sich<br />

an Jugendliche und Erwachsene<br />

in Schulen und außerschulischen<br />

Bildungseinrichtungen.<br />

Mehr als nur eine Floskel?<br />

Die Open School 21 hat mein<br />

Seminarangebot als willkommene<br />

Ergänzung zu den bestehenden<br />

Aktivitäten in ihr Programm<br />

aufgenommen. Hinter<br />

der Ankündigung „Entwicklungszusammenarbeit<br />

von A bis<br />

Z – A wie Armutsbekämpfung<br />

und Z wie Zusammenarbeit“<br />

verbirgt sich eine kritische Auseinandersetzung<br />

darüber, ob die<br />

Investitionen der EZ überhaupt<br />

etwas bringen und die „Hilfe<br />

zur Selbsthilfe“ tatsächlich mehr<br />

als nur eine Floskel ist. Authentische<br />

Berichte, unterstützt<br />

durch verschiedene Medien (Filme,<br />

Dias, Bilder, Gegenstände,<br />

Spiele, etc.), bilden die Grundlage<br />

für die Einführung in das<br />

Thema. Mein Seminar kann in<br />

den Veranstaltungsräumen der<br />

Open School 21 oder auch direkt<br />

in der jeweiligen Schule stattfinden,<br />

meist eingebunden in Projekttage<br />

oder spezifische Unterrichtsfächer.<br />

Demnächst sollen auch Handels-<br />

und Berufsschulen angesprochen<br />

werden. Für zurückgekehrte<br />

Fachkräfte des DED ist<br />

die Open School 21 ein ausgezeichneter<br />

Ort, um Kontakte zu<br />

knüpfen und – falls Interesse<br />

besteht – in die Bildungsarbeit<br />

einzusteigen. Bis 2003 wurde sie<br />

von der EU (Europäische Union)<br />

unterstützt, im Moment<br />

sucht sie langfristig neue Kooperationspartner.<br />

Für alle, die<br />

einmal nach Hamburg kommen:<br />

„Machen Sie eine alternative<br />

Hafenrundfahrt und frischen<br />

Sie Ihr Wissen über Globales<br />

Lernen praktisch auf, im<br />

wahrsten Sinne an der frischen<br />

Luft!“<br />

� Bettina Kieck ist Pädagogin<br />

und Entwicklungspolitologin<br />

und war als Entwicklungshelferin<br />

des DED von 2001<br />

bis 2003 in Kamerun. Heute<br />

arbeitet sie als freie Bildungsreferentin<br />

in Hamburg.


Norbert Remke<br />

In den interdisziplinär ausgerichteten,<br />

oft sehr komplexen<br />

Arbeitszusammenhängen spielen<br />

aber gerade auch jüngere<br />

Menschen eine wichtige Rolle.<br />

Denn häufig sind sie Innovationsträger<br />

mit neuen Methodenund<br />

Theoriekenntnissen und<br />

könnten daher gut zur Ergänzung<br />

der berufserfahrenen Fachkräfte<br />

eingesetzt werden.<br />

Mit seinem Nachwuchsförderungsprogramm<br />

(NFP) ermöglicht<br />

der DED fachlich qualifizierten<br />

Berufsanfängern, sowie<br />

Fach- und Hochschulabsolventen<br />

bis zu einem Alter von 28<br />

Jahren, praktische Erfahrungen<br />

in der EZ im Ausland zu sammeln.<br />

Das NFP gibt es seit 1997. In<br />

den vergangenen acht Jahren<br />

sind rund 330 Entwicklungsstipendiaten<br />

(75 Prozent davon<br />

waren Frauen und 25 Prozent<br />

Männer) in 37 Partnerländern<br />

des DED tätig gewesen. Im Jahr<br />

2004 gab es etwa 70 Stipendiatenplätze<br />

im Ausland. Für 2005<br />

ist die Einrichtung von 80 NFP-<br />

Projektplätzen geplant.<br />

Die „Entwicklungsstipendiaten“<br />

(ES) arbeiten ein Jahr lang<br />

weitgehend selbstständig – un-<br />

„Learning by doing“<br />

Mit dem Nachwuchsförderungsprogramm (NFP) in die Partnerländer des DED<br />

Für Berufsanfänger in Deutschland gibt es nur wenige Möglichkeiten, Erfahrungen<br />

in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zu sammeln. Eine fehlende Auslandstätigkeit<br />

erweist sich auch hier –wie in anderen Bereichen – oft als Hindernis bei<br />

der Suche nach einem geeigneten Job.<br />

ter fachlicher Anleitung eines<br />

Mentors – in Projekten der<br />

DED-Partnerorganisationen mit<br />

(learning by doing).<br />

Sie sollen in dieser Zeit<br />

� ihre Landes- und Sprachkenntnisse<br />

verbessern<br />

� sich Teamfähigkeit und<br />

organisatorische Fertigkeiten<br />

aneignen<br />

� soziale Kompetenz für das<br />

Leben und Arbeiten in einer<br />

anderen Kultur erwerben<br />

� die Arbeitsweise des DED<br />

und seiner Partner kennen<br />

lernen.<br />

� in ihrer persönlichen Entwicklung<br />

und beruflichen Erfahrung<br />

einen Zugewinn erzielen.<br />

Der DED erwartet, dass<br />

� die Stipendiaten aufgrund<br />

der Qualifikationen, die sie<br />

durch das NFP erwerben, bessere<br />

Chancen haben, in nationalen<br />

und internationalen Organisationen<br />

tätig zu werden<br />

� ein großer Teil der ES einen<br />

Entwicklungshelfervertrag anstrebt<br />

und somit zu einer „Verjüngung“<br />

des DED beiträgt<br />

� ein Entwicklungsbeitrag für<br />

die Partnerorganisationen geleistet<br />

wird und die Partner mit der<br />

Arbeit der ES zufrieden sind<br />

� die ES nach ihrer Rückkehr<br />

aufgrund ihrer interkulturellen<br />

und entwicklungspolitischen Erfahrungen<br />

motiviert und qualifiziert<br />

sind, sich für die Öffentlichkeits-<br />

und Bildungsarbeit zu<br />

engagieren.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.<strong>ded</strong>.de/nfp<br />

� Norbert Remke ist Gymnasiallehrer<br />

und zuständig für<br />

Weiterentwicklung und Koordination<br />

des NFP und die<br />

Nachbetreuung der Entwicklungsstipendiaten.<br />

Entwicklungsstipendiatin<br />

Anke Kayser unterstützt in<br />

Bolivien die Organisation,<br />

Produktion und Vermarktung<br />

von Körben. Foto: Privat<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 19


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Lernen, wie partizipativ<br />

gearbeitet wird Foto: DED<br />

20 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Zitate<br />

„Das Jahr war eine sehr intensive<br />

Lernphase: Ich konnte mein<br />

Spanisch verbessern und die<br />

Fähigkeit, mit sehr unterschiedlichen<br />

Gruppen von Menschen<br />

zu kommunizieren.“<br />

Ariane Graske, Pädagogin,<br />

Entwicklungsstipendiatin von<br />

2003 bis 2004 in Nicaragua<br />

„Durch verschiedene Veranstaltungen<br />

des DED habe ich gelernt,<br />

wie partizipativ gearbeitet<br />

wird und wie versucht wird, die<br />

Interessen von unterschiedlichen<br />

Gruppen zu berücksichtigen.“<br />

Isabel von Kap-herr, Betriebswirtin,Entwicklungsstipendiatin<br />

von 2003 bis 2004 in der<br />

Dominikanischen Republik<br />

„Das NFP hat es ganz sicher begünstigt,<br />

seit meiner Rückkehr<br />

vor drei Monaten zu fünf Bewerbungsgesprächen<br />

eingeladen<br />

worden zu sein.“<br />

Richard Harnisch, Geoökologe,<br />

Entwicklungsstipendiat von<br />

2003 bis 2004 in Uganda<br />

„Die Zeit war einzigartig. Ich<br />

bin gegen viele Wände gelaufen<br />

und habe mir dabei oft den<br />

Kopf angestoßen. Heute kann<br />

ich rückblickend sagen, dass<br />

dies sehr lehrreiche Erfahrungen<br />

waren. Von der damals entwickelten<br />

Frustrationstoleranz<br />

und dem oft notwenigen diplomatischen,<br />

aber bestimmten<br />

Durchsetzungsvermögen profitiere<br />

ich in meinem heutigen<br />

Job jeden Tag.“<br />

Marc Weegen, Betriebswirt,<br />

Entwicklungsstipendiat von<br />

2001 bis 2002 in Botswana<br />

Kommunikation auf unterschiedliche Art pflegen.<br />

Foto: Richard Harnisch<br />

Leser<strong>brief</strong><br />

Erfahrungen einer Entwicklungsstipendiatin<br />

Ich war im Jahr 1999 als eine der ersten Stipendiaten des Nachwuchsförderungsprogramms<br />

(NFP) in Laos und dort im Bildungsbereich<br />

tätig. Seit meiner Rückkehr sehe ich mich – neben meiner<br />

deutsch-afghanischen Herkunft – auch als Laotin; so eindrucksvoll<br />

war meine Zeit dort. Im abgelegenen Norden des Landes durfte<br />

ich bei der Schulbildung in den Akha-Dörfern mitwirken und war<br />

in der Hauptstadt Vientiane im Ministerium für Forstwirtschaft im<br />

Bereich Bildungsarbeit eingesetzt. Insgesamt war ich sechs Monate<br />

in Laos. Es vergeht keine Woche, in der ich nicht den DED-Stellenanzeiger<br />

durchstöbere. Hoffentlich führt mich mein Lebensweg<br />

noch einmal zum DED!<br />

Nach meiner Rückkehr bin ich wieder in die Jugendarbeit eingestiegen,<br />

um mich von dort aus in den Berliner Bildungsbereich<br />

„hinein zu bewerben“. Die Arbeit als Entwicklungsstipendiatin hat<br />

mir nachdrücklich gezeigt, meinen Arbeitsschwerpunkt als<br />

Diplom-Pädagogin langfristig im Bereich Bildung zu setzen.<br />

Letztendlich bin ich nun seit vier Jahren als Berufsberaterin für<br />

Abiturienten und Hochschüler im Bereich „Akademische Berufe“<br />

der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt. Ich arbeite in der Berliner<br />

Arbeitsagentur Mitte und betreue vorwiegend Kreuzberger<br />

Abiturienten und Studenten hinsichtlich deren Berufswahl und<br />

Karriereplanung.<br />

Im Bereich der Karriereberatung ist die Entwicklungszusammenarbeit<br />

nicht selten ein Thema, und so greife ich gerne auf meine<br />

Erfahrungen beim DED zurück. Dieses Interesse lässt sich in jungen<br />

Jahren geschickt ausbauen und in die Ausbildung oder das<br />

Studium integrieren. Ein grundlegendes und weit verbreitetes<br />

Missverständnis muss jedoch vorerst korrigiert werden – „Entwicklungshelfer“<br />

ist kein Beruf, weder als Ausbildung noch als Diplom-Studiengang.<br />

Ich weise darauf hin, ein „Handwerk“ zu erlernen,<br />

zähle natürlich auch geisteswissenschaftliche Fachrichtungen<br />

dazu, und empfehle dieses „Können“ dann mit Sprachkenntnissen<br />

und Auslandsaufenthalten auszubauen. Da meine Ratsuchenden<br />

zum Teil noch Schüler sind, ist es natürlich wichtig, das Interesse<br />

an einer Tätigkeit im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit<br />

überhaupt erst einmal anzuerkennen. Wenn es mir die Zeit erlaubt,<br />

gehe ich auch gerne mal ins Detail, erzähle von eigenen<br />

Erfahrungen und schwelge in Erinnerungen.<br />

Ich hoffe, dass ich auf diese Weise dem DED ein wenig von dem<br />

zurückgeben kann, was er mir gegeben hat. Vielleicht taucht ja<br />

der eine oder andere meiner Ratsuchenden als gut vorbereiteter<br />

Bewerber im Auswahlverfahren des DED wieder auf!<br />

Leila Bading-Sentürk


Südliches und Östliches Afrika<br />

Bildung im Kampf gegen AIDS<br />

HIV/AIDS ist in den letzten Jahren für viele Staaten ein großes Problem geworden.<br />

In manchen Ländern des südlichen und östlichen Afrika sind bereits 30 Prozent aller<br />

Erwachsenen infiziert. Dort stellt HIV/AIDS mittlerweile ein zentrales Entwicklungshindernis<br />

dar.<br />

Dr. Winfried Zacher<br />

Der Bildungssektor in diesen<br />

Ländern ist in zweifacher<br />

Hinsicht berührt: Einerseits verschlechtert<br />

sich der Unterricht<br />

noch mehr, wenn Lehrer häufig<br />

krank sind, viele von ihnen sterben<br />

und die Anzahl der neu<br />

ausgebildeten Junglehrer hinter<br />

der Anzahl der durch AIDS<br />

wegsterbenden immer mehr<br />

zurückfällt (wie beispielsweise in<br />

Sambia oder Malawi).<br />

Andererseits ist der Bildungssektor<br />

einer der wichtigsten Bereiche<br />

bei der Bekämpfung der<br />

Epidemie. Er hat es mit der<br />

Gruppe zu tun, die noch formbar<br />

und deren Verhalten vergleichsweise<br />

leicht beeinflussbar<br />

ist: Kinder und Jugendliche.<br />

Deswegen ist es von enormer<br />

Bedeutung, HIV/AIDS-Aufklärung<br />

und Anregungen zur individuellen<br />

Verhaltensänderung<br />

an Kinder und Jugendliche heranzutragen.<br />

Dafür bietet sich<br />

die Schule an.<br />

Nachdem der DED erste Erfahrungen<br />

in Kamerun gesammelt<br />

hatte, HIV/AIDS in den<br />

Lehrplan von Pädagogikstudenten<br />

einzubringen, befassen sich<br />

derzeit drei Entwicklungshelfer<br />

und eine Entwicklungsstipendiatin<br />

mit dieser Aufgabe: In Lesotho<br />

am National Teacher Training<br />

College, in Botswana bei der<br />

Botswana Training Authority, die<br />

für die Ausbildung technischer<br />

Berufe zuständig ist, und seit<br />

kurzem im Erziehungsministerium,<br />

wo Gesundheitserziehung<br />

allgemein und damit auch<br />

HIV/AIDS in den Lehrplan der<br />

Grund- und Oberschulausbildung<br />

integriert werden soll.<br />

� Dr. Winfried Zacher ist Leiter<br />

des Fachreferates Gesundheit<br />

und Ärztlicher Dienst des<br />

DED<br />

Lesotho – Ein trauriger Rekord<br />

In Lesotho liegt die HIV/AIDS-Rate in der Altersgruppe zwischen<br />

15 bis 49 Jahren bei über 30 Prozent. Damit weist Lesotho eine<br />

der weltweit höchsten Infektionsraten auf. Ein trauriger Rekord.<br />

Peter Böxkes<br />

Bildungsinhalte sollten die jeweiligen Verhältnisse einer Gesellschaft<br />

berücksichtigen. In einer Gesellschaft, in der jeder dritte<br />

Erwachsene HIV-positiv ist, fast jeder ein- bis zweimal im Monat<br />

zur Beerdigung eines Verwandten oder Bekannten geht, muss die<br />

Aufklärung über HIV/AIDS als ein Grundelement der Bildung betrachtet<br />

werden. In Lesotho ist jeder Bürger und jede Bürgerin in<br />

irgendeiner Form von HIV/AIDS betroffen, und alle müssen lernen,<br />

damit umzugehen.<br />

Daraus ergeben sich drei existentielle Fragen:<br />

1. Wie schütze ich mich?<br />

2. Wie gehe ich mit HIV-positiven Menschen um?<br />

3. Was tue ich, wenn ich HIV-positiv bin?<br />

Mit Unterstützung des DED konnte die HIV/AIDS-Bildung in den<br />

allgemeinen Lehrplan aufgenommen werden. Jeder zukünftige<br />

Pädagoge sollte so in der Lage sein, die drei existentiellen Fragen<br />

zu vermitteln und zu beantworten. Damit wird ein entscheidender<br />

Beitrag zum Regierungsplan geleistet, eine „HIV/AIDS kompetente<br />

Gesellschaft“ aufzubauen.<br />

Mit der formalen Einführung eines HIV/AIDS-Seminars für alle<br />

Studentinnen und Studenten ist es jedoch nicht getan. Auch die<br />

non-formale Bildung, wie Theateraufführungen, Peer Education<br />

durch Mitglieder der HIV/AIDS-Clubs und Social Marketing, bietet<br />

enorme Chancen für eine Beeinflussung von Verhalten. Hinzukommen<br />

muss unbedingt eine medizinische Sprechstunde zur Beratung<br />

und Versorgung infizierter und erkrankter Studenten und<br />

Mitarbeiter.<br />

Peter Böxkes ist Diplom-Pädagoge und Philosoph (M.A.) und arbeitet<br />

als Entwicklungshelfer des DED seit 2002 im Bereich HIV/AIDS-<br />

Beratung an einer pädagogischen Hochschule in Lesotho.<br />

„Enthaltsam sein oder<br />

Kondome benutzen, aber<br />

niemals Kompromisse<br />

eingehen“ – das Motto<br />

des HIV/AIDS-Tages 2004<br />

in Lesotho Foto: Verena Loch<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 21


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Fachheft zu HIV/AIDS<br />

Das DED-Fachheft „AIDS-Arbeit<br />

in der Praxis“ kann kostenlos<br />

bestellt werden.<br />

Telefon: (0228) 24 34-132 oder<br />

E-Mail: karin.mueller@<strong>ded</strong>.de<br />

Werbung gegen AIDS:<br />

für Safer Sex und für<br />

Enthaltsamkeit (unten)<br />

Fotos: Privat<br />

22 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Botswana<br />

Berufliche Bildung und HIV/AIDS<br />

Alle HIV/AIDS-Interventionen auf nationaler Ebene heben Jugendliche und Kinder<br />

als die Zielgruppe hervor, die besonders geschützt werden muss. Gemäß der<br />

nationalen Vision – „Ab 2016 keine Neuinfektionen mehr!“ – werden Jugendliche<br />

und Kinder auf vielen Ebenen aktiv mit einbezogen.<br />

Ulla Tschötschel<br />

Bekannt ist auch, dass Frauen<br />

aufgrund der verschiedensten<br />

Faktoren, insbesondere ihrer<br />

sozio-ökonomischen Situation,<br />

stärker als Männer gefährdet<br />

sind. Im Jahr 2003 waren 67<br />

Prozent der HIV-positiv getesteten<br />

Frauen in keinem festen Arbeitsverhältnis.<br />

Die Notwendigkeit,<br />

Frauen einen gleichberechtigten<br />

Zugang zu beruflicher<br />

Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen,<br />

ist in Botswana er-<br />

kannt worden. Die Botswana<br />

Training Authority (BOTA) will<br />

das AIDS-Thema in ein nationalesBerufsbildungsrahmenwerk<br />

integrieren.<br />

Dennoch gilt es, sich den<br />

Personenkreis der Auszubildenden<br />

näher zu betrachten. Interventionen<br />

müssen effektiv und<br />

zielgruppenorientiert ansetzen<br />

und an bestehendes Wissen anknüpfen.<br />

Bisher sind fast alle<br />

Aufklärungsprogramme für die<br />

Primar- bzw. Sekundarstufe entwickelt<br />

worden und nicht auf<br />

den Berufsbildungssektor abgestimmt.<br />

BOTA hat dies erkannt<br />

und erste Schritte unternommen.<br />

Entsprechende Lehrmaterialien<br />

werden entworfen. Arbeitsplatzprogramme<br />

haben –<br />

nicht nur in Botswana – die<br />

spezielle Situation der Auszubildenden<br />

nicht berücksichtigt. So<br />

ist es unser Anliegen, Auszubildende<br />

stärker in HIV/AIDS-Arbeitsplatzprogramme<br />

mit einzubeziehen.<br />

Die gesamte Planung<br />

von HIV/AIDS-Aktivitäten in<br />

Ausbildungsfirmen muss in dieser<br />

Hinsicht überprüft werden.<br />

Alle HIV/AIDS-Aktivitäten<br />

im Berufsbildungssektor werden<br />

zurzeit noch außerhalb des<br />

Lehrplans durchgeführt. Die<br />

meisten Einrichtungen haben<br />

ihre eigenen Komitees und<br />

einen HIV/AIDS-Koordinator.<br />

Oft werden pro Jahr mehrere<br />

Veranstaltungen zu den verschiedensten<br />

Themen für Auszubildende<br />

und Angestellte angeboten,<br />

doch bleibt es mehr<br />

oder weniger der Motivation<br />

der Ausbilder und Auszubildenden<br />

überlassen, zusätzliche<br />

HIV/AIDS-Aktivitäten durchzuführen.<br />

Eine wesentliche Weiterentwicklung<br />

für den Berufsbildungssektor<br />

sind die HIV/<br />

AIDS-Standards, die BOTA entwickelt<br />

hat. Sie zielen darauf ab,<br />

Auszubildende in die Lage zu<br />

versetzen, eigene Arbeitsplatzprogramme<br />

zu entwickeln, um<br />

sicherzustellen, dass das erlangte<br />

Wissen später im Berufsleben<br />

umgesetzt wird. Dazu muss<br />

HIV/AIDS Pflichtthema in jeder<br />

Grundausbildung und entsprechend<br />

geprüft werden, also<br />

Teil der Lehrpläne sein. Richtlinien<br />

sind bereits von BOTA<br />

entwickelt worden.<br />

� Ulla Tschötschel ist Ethnologin<br />

und seit 2002 Entwicklungshelferin<br />

des DED in<br />

Botswana


Vietnam<br />

Spezialität: Auswendiglernen<br />

Frontalunterricht ist in dem südostasiatischen Land noch immer die Regel<br />

Am frühen Morgen wird die Autorin oft von einem Lautsprecher geweckt: eine<br />

eintönige Stimme doziert Geschichte, Literatur oder ein anderes Schulfach. In ihrer<br />

unmittelbaren Nachbarschaft ist eine private Nachhilfeschule, in der Oberschüler<br />

für ihre Examen getrimmt werden. Morgens um 5.30 Uhr vor der Schule, abends<br />

und an den Wochenenden herrscht dort Hochbetrieb, und besonders gegen Ende<br />

des Schuljahres sitzen bis zu hundert Schüler in einer Klasse und pauken den Stoff<br />

für die Prüfungen.<br />

Susanne Arbeiter<br />

Di hoc bezeichnet etwas, das<br />

viele Vietnamesen, sowohl<br />

Erwachsene als auch Kinder, in<br />

ihrer Arbeitszeit oder Freizeit<br />

regelmäßig tun: lernen gehen.<br />

Lernen ist, sicher auch durch<br />

den Einfluss der Tradition des<br />

Konfuzianismus, in Vietnam<br />

eindeutig positiv besetzt. Eltern<br />

nehmen große Opfer auf sich,<br />

um ihren Kindern eine gute<br />

Schul- und Ausbildung zu ermöglichen.<br />

Die Alphabetisierungsrate<br />

in Vietnam liegt bei<br />

über 90 Prozent. Auch die Angestellten<br />

von Betrieben, Behörden<br />

und Hochschulen werden<br />

regelmäßig auf Kurse und Weiterbildungen<br />

geschickt. Sich<br />

weiterzuqualifizieren gehört<br />

zum guten Ton und gilt selbstverständlich<br />

für Männer und<br />

Frauen gleichermaßen, selbst für<br />

die, die kleine Kinder haben.<br />

Extraverdienst<br />

für Staatsbeamte<br />

Der positive Stellenwert von<br />

Bildung in der vietnamesischen<br />

Gesellschaft sagt aber noch<br />

nichts über die Qualität der Bildungsangebote<br />

aus. Was die<br />

Kinder in der staatlichen Schule<br />

lernen, reicht in der Regel nicht<br />

aus, um die schon in der<br />

Grundschule üblichen jährlichen<br />

Examen zu bestehen. Fast<br />

alle Kinder besuchen daher<br />

schon ab der ersten Klasse zu-<br />

sätzlich noch die privaten Nachhilfeschulen,<br />

in denen häufig<br />

dieselben Lehrer unterrichten,<br />

die auch in den staatlichen<br />

Schulen angestellt sind. Sie<br />

verdienen als Staatsbeamte so<br />

wenig, dass sie einen Extraverdienst<br />

brauchen. Sie wären daher<br />

schlecht beraten und um einen<br />

Job ärmer, wenn sie den<br />

Kindern in der staatlichen Schule<br />

alles beibringen würden, was<br />

diese für die Examen wissen<br />

müssen. Anerkannte Abschlüsse<br />

kann man ausschließlich in<br />

staatlichen Schulen erwerben,<br />

Privatschulen gibt es nur für<br />

den Zweck der Nachhilfe. In<br />

vielen Familien geht das Einkommen<br />

eines Elternteils vollkommen<br />

für die Nachhilfestun-<br />

Kindergärtnerinnen werden<br />

für ein Integrationsprojekt<br />

geschult. Foto: Privat<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 23


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Kunstunterricht in<br />

einer Sonderschule<br />

Foto: Susanne Arbeiter<br />

24 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

den der Kinder drauf. Arme Familien<br />

können sich das nicht<br />

leisten, so dass deren Kinder<br />

keine Chance haben, in der<br />

Schule voranzukommen, und<br />

manchmal ihre Schullaufbahn<br />

schon vor Ende der Grundschulzeit<br />

abbrechen.<br />

So verursacht ein marodes<br />

sozialistisches Bildungssystem<br />

unter dem Deckmantel der<br />

„freien Grundbildung für alle“<br />

ein Zwei-Klassen-System mit<br />

einem florierenden privatwirtschaftlichen<br />

Bildungssektor, von<br />

dem die vietnamesische Mittelund<br />

Oberschicht profitiert, der<br />

aber vor allem die arme ländliche<br />

Bevölkerung außen vor<br />

lässt.<br />

Einheitlicher Lehrstil<br />

Nichtsdestotrotz streben die<br />

Vietnamesen in den Städten in<br />

Abendkurse, um Sprachen,<br />

Computerfertigkeiten oder ähnliches<br />

zu lernen. Man staunt<br />

nur immer wieder, wie viel Zeit,<br />

Energie und Geld auf die Teilnahme<br />

an Kursen verwendet<br />

wird und wie wenig doch dabei<br />

herauskommt. Die Vermutung<br />

liegt nahe, dass das zum Teil an<br />

den Vermittlungsmethoden<br />

liegt. In allen Schultypen, vom<br />

Kindergarten bis zur Universität,<br />

herrscht der einheitliche<br />

Lehrstil des frontalen Dozierens<br />

vor. Von den Schülern, ja auch<br />

von den Studenten, wird erwartet,<br />

den vorgetragenen Stoff<br />

möglichst identisch wiedergeben<br />

zu können. Auch an den Universitäten<br />

ist abschreiben und<br />

auswendig lernen üblich. Viele<br />

Vietnamesen haben daher die<br />

außergewöhnliche Fähigkeit,<br />

lange Texte auswendig zu lernen.<br />

Kritisches Hinterfragen<br />

und Problemlösungsstrategien<br />

sind nicht Gegenstand des Unterrichts.<br />

Dass die Lernenden<br />

den Stoff anwenden können, ist<br />

nicht Aufgabe des Lehrers. Die<br />

Position des Lehrers als Respektperson<br />

verbietet zudem jede Infragestellung<br />

oder Diskussion<br />

von Inhalten. Nur dadurch lässt<br />

sich erklären, dass so viele Universitätsabsolventen<br />

überhaupt<br />

nicht für ihr Sachgebiet qualifiziert<br />

zu sein scheinen: nach einem<br />

vierjährigen Englischstudium<br />

kann diese Person nur mit<br />

Mühe einen englischen Text<br />

verstehen, vom Verfassen ganz<br />

zu schweigen! Ein akademischer<br />

Abschluss qualifiziert daher<br />

auch gar nicht für eine bestimmte<br />

Aufgabe, er ist vielmehr<br />

nur die Eingangstür für<br />

eine fast beliebige Tätigkeit, um<br />

dann on-the-job wie ein Lehrling<br />

angelernt zu werden.<br />

Kritik ist nicht erwünscht<br />

Diesem braven und unkritischen<br />

Publikum, den Studierenden<br />

aller Studienfächer, wird<br />

denn auch heute noch obligatorisch<br />

fortlaufender Unterricht in<br />

Marxismus-Leninismus verordnet.<br />

Diesen zu hinterfragen würde<br />

sicher das Ende der akademischen<br />

Karriere zur Folge haben.<br />

So passt es also ins System, dass<br />

alle folgsam mitmachen, aber es<br />

passt genauso dazu, dass diese<br />

Art von Unterweisung keine<br />

überzeugten und begeisterten<br />

Kommunisten produziert, sondern<br />

hauptsächlich Mitläufer.<br />

Obwohl Bildung in Vietnam<br />

einen so hohen Stellenwert hat,<br />

scheint doch in der Praxis niemand<br />

vom Lernzuwachs wirkliche<br />

Veränderungen zu erwarten.<br />

Wie oft muss man erleben, dass<br />

junge Akademiker, durch ein<br />

Stipendium gefördert, für ein<br />

Aufbaustudium ins Ausland gehen,<br />

aber bei ihrer Rückkehr an<br />

die vietnamesische Universität<br />

weiterhin unter ihrem früheren<br />

Professor arbeiten, der seine<br />

Stellung aus Parteikarrieregründen<br />

und nicht aufgrund fachlicher<br />

Qualifikation erhalten hat.<br />

An dem, was der Nachwuchsakademiker<br />

im Ausland gelernt<br />

hat, hat seine alte Abteilung<br />

kein Interesse, denn es könnte<br />

die Autorität des Professors untergraben.<br />

Der im Ausland erworbene<br />

Abschluss wird gern<br />

vorgezeigt und soll das Prestige<br />

der Abteilung verbessern, aber<br />

wirkliche Veränderungen sind<br />

nicht erwünscht.<br />

Jagd nach Zertifikaten<br />

Ähnliches kann man bei Trainingskursen<br />

und Weiterbildungsangeboten<br />

für Berufstätige<br />

erleben. Vietnamesen sind es<br />

gewohnt, zu Kursen zu gehen,<br />

es ist sogar populär, daran teilzunehmen.<br />

Man geht hin,<br />

schreibt fleißig alles ab, was präsentiert<br />

wird – denn Frontalunterricht<br />

ist auch hier die Regel.<br />

Anschließend empfängt man<br />

sein Zertifikat und seinen „Umschlag“,<br />

der das obligatorische<br />

Tagegeld enthält. In Vietnam ist<br />

es nämlich üblich, dass die Teilnahme<br />

an Kursen bezahlt wird<br />

– auch eine zusätzliche Einnahmequelle<br />

für die notorisch unterbezahlten<br />

Angestellten. Die<br />

Vermutung liegt also nahe, dass<br />

die Teilnahme an Kursen sowohl<br />

wegen der Jagd nach Zertifikaten<br />

als auch aus materiellen<br />

Gründen so attraktiv ist. Aber<br />

lernt man eigentlich etwas, will<br />

und soll man sich dort etwas<br />

aneignen, das danach auch zur<br />

Professionalisierung (und Veränderung)<br />

der Arbeit dient? Es<br />

scheint bei den Veranstaltern,<br />

aber auch bei den Teilnehmern<br />

bzw. bei ihren Arbeitgebern, selten<br />

die Frage aufzukommen, in<br />

welchem Zusammenhang der<br />

Kursinhalt zur Arbeitswirklichkeit<br />

der Teilnehmer steht und<br />

was sie davon eigentlich gebrauchen<br />

können. Und ich habe<br />

noch nie erlebt, dass von vietnamesischer<br />

Seite eine Evaluation<br />

beziehungsweise ein Follow<br />

up durchgeführt wurde, um zu<br />

überprüfen, wie sinnvoll die<br />

Schulung überhaupt für die<br />

Teilnehmer war und ob sie die<br />

Inhalte umsetzen konnten.<br />

In einem Fall nahmen mehrere<br />

junge Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter einer DED-Partnerorganisation<br />

an einer Reihe von<br />

Workshops zu partizipativen<br />

Methoden teil, veranstaltet<br />

durch InWEnt (Internationale<br />

Weiterbildung und Entwicklung<br />

gGmbH). Sie kamen begeistert<br />

und motiviert zurück, aber alles,


was passierte, war, dass ihre Zertifikate<br />

gerahmt an die Wand<br />

des Büros gehängt wurden. Die<br />

Partnerorganisation kehrte zur<br />

Tagesordnung zurück, denn die<br />

Hierarchie ist so stark, der Chef<br />

nicht partizipativ geschult und<br />

an solchen Veränderungen nicht<br />

interessiert, und so bleibt alles<br />

beim Alten.<br />

Nachhaltigkeit<br />

von Trainingsmaßnahmen<br />

Dies ist eine der großen Herausforderungen<br />

auch für den DED.<br />

Der Bereich Ausbildung, Fortund<br />

Weiterbildung ist ein typisches<br />

und vorrangiges Betätigungsfeld<br />

des DED und wird in<br />

Vietnam noch besonders gefördert<br />

durch die enge Zusammenarbeit<br />

mit InWEnt vor Ort.<br />

Selbst wenn andere Projektfördergelder<br />

gekürzt werden, für<br />

Trainingsmaßnahmen finden<br />

sich immer Geldquellen. Es ist<br />

auch unter den Gebern äußerst<br />

populär, Trainingsmaßnahmen<br />

zu finanzieren, denn das wollen<br />

wir ja alle: den lokalen Partnern<br />

zu einem besseren Ausbildungsstand<br />

verhelfen. Es scheint so<br />

plausibel, dass Bildung und<br />

Ausbildung der Schlüssel zu<br />

Entwicklung ist. Die Querschnittsaufgaben<br />

Partizipation,<br />

Gender, Armutsminderung,<br />

Nachhaltigkeit und Do no harm<br />

lassen sich scheinbar mühelos<br />

bei Trainingsmaßnahmen umsetzen.<br />

Aber: wollen wir nicht<br />

mehr erreichen, als nur keinen<br />

Schaden anrichten? Was erwarten<br />

wir von Trainingsmaßnahmen?<br />

Wollen wir dem Trend<br />

folgen, oder wollen wir wirklich<br />

etwas bewirken? Wollen wir einen<br />

Seminartourismus unterstützen?<br />

Wie können wir die<br />

Nachhaltigkeit von Trainingsmaßnahmen<br />

nachweisen?<br />

Sicher ist das gerade in einem<br />

Kontext wie dem vietnamesischen<br />

eine Herausforderung,<br />

da sich auch die Erwartungshaltung<br />

der Teilnehmer an<br />

den gewohnten Verfahren orientiert.<br />

Weder erwarten sie, dass<br />

der Kurs interessant oder relevant<br />

sein könnte, noch dass sie<br />

aktiv daran teilnehmen, Dinge<br />

in Frage stellen oder das Gelernte<br />

später gebrauchen können.<br />

Neue<br />

pädagogische Formen<br />

Dennoch zeigen unsere Erfahrungen,<br />

dass die Teilnehmer<br />

äußerst dankbar auf eine neuartige<br />

Kursstrategie reagieren und<br />

sich gern aktivieren und einbeziehen<br />

lassen. Im DED-Partnerprojekt<br />

in Hue, Zentralvietnam,<br />

zur Weiterbildung von Lehrerinnen<br />

und Kindergärtnerinnen im<br />

Bereich Sonderpädagogik wurden<br />

neue pädagogische Formen<br />

bei der Kursdurchführung ausprobiert.<br />

Die Teilnehmerinnen<br />

sollten selbst erfahren, wie Lernprozesse<br />

sinnvoll gestaltet werden<br />

können. Mehr noch als andere<br />

Lernende brauchen Kinder<br />

mit geistigen Behinderungen ei-<br />

nen individualisierten zielorientierten<br />

Unterricht. Dass Lernen<br />

Spaß machen muss und erst damit<br />

zum Erfolg führt, erfährt<br />

die Lehrerin sofort. Die Kinder<br />

werden als Lernende ernst genommen,<br />

Lernfortschritte werden<br />

individuell gemessen und<br />

Förderpläne regelmäßig angepasst.<br />

Die Lehrerinnen übernehmen<br />

Verantwortung und erkennen<br />

ihre eigene Bedeutung für<br />

die Bildungslaufbahn der einzelnen<br />

Kinder. Die Teilnehmerinnen<br />

an unseren Kursen erleben<br />

am eigenen Leib, wie spielerisches,<br />

handlungsorientiertes<br />

Lernen funktioniert, wie wenig<br />

man dafür braucht und vor allem,<br />

dass dieser Unterricht der<br />

Lehrerin selbst viel mehr Spaß<br />

macht als dozierender Frontalunterricht.<br />

Die Wechselwirkung<br />

durch die gleichzeitige Erfahrung<br />

als Lehrerin und als Kursteilnehmerin<br />

in einem Kurs, der<br />

handlungsorientiert und praktisch<br />

ist und die Bedürfnisse<br />

und Fragen der Teilnehmerinnen<br />

einbezieht und regelmäßig<br />

reflektiert, wurde sehr positiv erlebt.<br />

Über die Jahre hinweg sind<br />

diese von uns ausgebildeten<br />

Frauen selbst zu Verfechterinnen<br />

anderer pädagogischer Formen<br />

geworden.<br />

� Susanne Arbeiter ist Sonderpädagogin<br />

für Geistigbehinderte<br />

und arbeitet seit 2000<br />

für den DED als Entwicklungshelferin<br />

in Vietnam.<br />

Geistig behinderte Kinder<br />

beim Gruppenspiel in<br />

einem Kindergarten<br />

Foto: Susanne Arbeiter<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 25


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Der Hirsch aus Papier<br />

fordert mehr<br />

Umweltbewusstsein.<br />

Fotos: Christina Georgii<br />

Mit viel Liebe und<br />

Hingabe werden die<br />

einzelnen Figuren<br />

hergestellt.<br />

26 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Philippinen<br />

Von Prinz-Albrecht-Hirschen<br />

und Visaya-Mähnenschweinen<br />

Spannung und Spaß mit einem außergewöhnlichen Puppentheater<br />

Mitten auf dem Basketballfeld eines kleinen Fischerdorfes im Süden von Negros<br />

stecken knapp 20 Jugendliche zwischen 13 und 25 Jahren Metallrohre zusammen<br />

und tragen große bunte Puppen herum. Was am Anfang wie ein Zelt aussieht, stellt<br />

sich als eine große Puppentheaterbühne heraus, drei Meter hoch und sechs Meter<br />

breit, verziert mit blau-roten Samtvorhängen. Kinder wie Erwachsene bleiben<br />

stehen, um dem Treiben der Jugendlichen zuzusehen, die sich für die Show vorbereiten:<br />

Puppen werden hinter der Bühne versteckt, farbige Scheinwerfer aufgebaut,<br />

Bühnenhintergründe aufgehängt und die Tontechnik getestet. Bald haben sich<br />

etwa 150 Leute versammelt, die vor der Bühne sitzen und stehen und auf den<br />

Beginn der Vorführung warten. Musik beginnt zu spielen, dann öffnen sich die Vorhänge<br />

und die Lichter gehen an. Fasziniert folgt das Publikum den Bewegungen der<br />

etwa einen Meter großen Puppen vor dem fantasievoll bemalten Hintergrund. Die<br />

knapp halbstündige Show in der Lokalsprache ist emotional. Das Publikum weint<br />

und lacht mit den Figuren.<br />

Christina Georgii<br />

Was zuerst wie eine reine<br />

Unterhaltungsveranstaltung<br />

aussieht, hat sich als effizientes<br />

Mittel zur Umweltbildung<br />

herausgestellt. Die Philippinen<br />

gelten weltweit als eines von<br />

zehn Gebieten mit der höchsten<br />

Priorität für den Artenschutz.<br />

Lebensraumzerstörung, exzessive<br />

Jagd und extrem hohes<br />

Bevölkerungswachstum sind die<br />

Hauptursachen für die dortigen<br />

Umweltprobleme, mit schwerwiegenden<br />

Konsequenzen für<br />

die Lebensqualität der Bevölkerung.<br />

Dazu kommt das beinahe<br />

vollständige Fehlen jeglichen<br />

Umweltbewusstseins, so dass<br />

auch existierende Umwelt-


schutzinitiativen nur schwer<br />

vorankommen. Schulen und<br />

Universitäten integrieren nur<br />

selten Umweltthemen in ihren<br />

Lehrplan; Lehrer und Erzieher<br />

haben oft nur bruchstückhaftes<br />

Wissen und fördern selten die<br />

aktive Teilnahme Jugendlicher<br />

an Aktivitäten mit Umweltbezug.<br />

Wo Ansätze zur Umwelterziehung<br />

existieren, sind sie oft<br />

auf traditionelle Lehr- und Umsetzungsmethoden<br />

festgelegt.<br />

All das macht eine Umkehrung<br />

des anhaltenden Trends zur Umweltzerstörung<br />

sehr schwierig.<br />

Direkte Konfrontation<br />

vermeiden<br />

Die Vorführungen der Animo<br />

Puppet Theater Group kommen<br />

bei den Zuschauern gut an, weil<br />

Puppentheater auf den Philippinen<br />

noch relativ unbekannt ist.<br />

Zum anderen handelt es sich<br />

um ein Medium, das die Konfrontation<br />

mit dem Publikum<br />

vermeidet – ein Aspekt, der be-<br />

sonders in Asien sehr wichtig<br />

ist. Die Neugier der Zuschauer<br />

wird geweckt und gleichzeitig<br />

werden Informationen über umweltrelevante<br />

Konflikte und<br />

ökologische Zusammenhänge<br />

auf spielerische Art vermittelt,<br />

die in einer gegenüber offenen<br />

Das Theaterprogramm wird<br />

von Jugendlichen gestaltet<br />

und umgesetzt.<br />

Fotos: Christina Georgii<br />

Konflikten sehr sensiblen Kultur<br />

gut aufgenommen wird.<br />

Animo versucht, den Jugendlichen<br />

durch die Bildungskampagnen<br />

die Möglichkeit zur aktiven<br />

Teilnahme am Prozess der<br />

Umweltbildung zu geben. Eine<br />

der wichtigsten Lehren des Projekts<br />

ist, dass auch der Einzelne<br />

einen bedeutenden Beitrag zum<br />

Umweltschutz leisten kann. Als<br />

Bildungsinstrument fördert das<br />

Theaterspiel nicht nur Führungsqualitäten,<br />

kritisches Den-<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 27


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Informationen zu Umweltkonflikten<br />

und ökologische<br />

Zusammenhänge werden<br />

spielerisch erklärt.<br />

Fotos: Christina Georgii<br />

28 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

ken und Teamarbeit, sondern<br />

auch das Verantwortungsbewusstsein<br />

für den Naturschutz<br />

unter den Teilnehmern.<br />

„Das Projekt entstand während<br />

eines Treffens, als die DED-Entwicklungshelferin<br />

Christina Georgii<br />

das Konzept eines Puppentheaters<br />

als Bildungsinstrument<br />

erklärte“, sagt Dionisio Dela<br />

Cruz, Koordinator der Animo<br />

Puppet Theater Group. „Als Stadtteilvorsteher<br />

reizte mich der<br />

Versuch, Freiwillige für eine Probe<br />

zu gewinnen. Zu dieser Zeit<br />

hatte unsere Gemeinde Probleme<br />

mit der Trinkwasserknappheit.<br />

Deshalb behandelte unser<br />

erstes Drehbuchskript auch das<br />

Thema Wasser. Die erste Vorführung<br />

fand dann anlässlich<br />

der Einweihung unseres Wasserversorgungsprojekts<br />

statt.“<br />

Charaktere definieren<br />

Die Entstehung eines Stückes ist<br />

interessant. „Wir erfinden die<br />

Vorstellung gemeinsam mit den<br />

Teilnehmern“, erklärt Dionisio.<br />

„Zuerst entscheiden wir über<br />

das Thema der nächsten Vorführungsreihe<br />

und versuchen<br />

anschließend die Situation mit<br />

ihren Problemen zu verstehen -<br />

mit Hilfe von Besichtigungen<br />

und Leuten, die sich damit auskennen<br />

und das jeweilige Thema<br />

kompetent diskutieren können.<br />

Dann setzen wir unser Bildungsziel<br />

fest, schreiben die<br />

passende Geschichte, definieren<br />

die Charaktere und erfinden<br />

Dialoge. Der nächste Schritt ist<br />

die Herstellung der Puppen und<br />

Requisiten, während die ande-<br />

ren sich um die Vertonung<br />

kümmern. Am Ende muss die<br />

Geschichte geprobt werden, um<br />

Bewegungen und Beleuchtung<br />

mit dem Soundtrack zu koordinieren.<br />

Erst dann sind wir bereit<br />

für die Premiere.“ Somit ist das<br />

fertige Programm ganz aus der<br />

Arbeit der Jugendlichen entstanden,<br />

mit dem sie sich identifizieren<br />

können. Natürlich löst<br />

das Freude und Stolz aus.<br />

Mitmachen ist alles<br />

Die Jugendlichen entwickeln<br />

auch untereinander und als<br />

Gruppe eine außergewöhnliche<br />

Beziehung. „Für die Leute in<br />

unserer Gemeinde sind sie<br />

schon etwas Besonderes. Deswegen<br />

gibt es auch immer mehr,<br />

die mitmachen möchten“, sagt<br />

Dionisio. „Die Teilnehmer stärken<br />

ganz erheblich ihr Selbstwertgefühl<br />

und gewinnen in der<br />

Persönlichkeitsentwicklung.“<br />

Die Produktionen sind natürlich<br />

nicht umsonst zu haben.<br />

Für Materialien und technische<br />

Ausrüstung war die Gruppe bisher<br />

hauptsächlich auf die Unterstützung<br />

durch DED-Mittel angewiesen.<br />

„Für den Transport zu<br />

den Proben kommen die Teilnehmer<br />

oft selbst auf, oder können<br />

manchmal auch einen Zuschuss<br />

organisieren. Für die oftmals<br />

weiter entfernten Vorführungen<br />

erwarten wir aber<br />

von den Gastgebern die Übernahme<br />

der Transportkosten,<br />

eine Kleinigkeit zu essen, und je<br />

nach den Möglichkeiten des<br />

Gastgebers auch einen kleinen<br />

Zuschuss für Material und In-<br />

standhaltung der Ausrüstung.“<br />

Dela Cruz ist bei einer Nichtregierungsorganisation<br />

(NRO)<br />

fest angestellt, weshalb die Zeit,<br />

die er für das Projekt aufbringen<br />

kann, sich auf Feierabend und<br />

Wochenenden beschränkt. Das<br />

reduziert natürlich nicht nur die<br />

Zahl der Aufführungen, sondern<br />

auch die mögliche Weiterverbreitung<br />

der Idee und damit<br />

auch das Wachstum der Gruppe.<br />

Bildung durch Puppenspiel<br />

Seit 2001 wächst die Gruppe<br />

ständig und produziert durchschnittlich<br />

ein Programm pro<br />

Jahr, das in rund hundert Aufführungen<br />

vor insgesamt etwa<br />

30.000 Zuschauern gezeigt wird.<br />

Animo hat zwei grundlegende<br />

Arten der Partnerschaft mit örtlichen<br />

Organisationen: Zum einen<br />

mit Bildungseinrichtungen,<br />

NRO und Bürgervereinen, die<br />

die Gruppe für Vorführungen<br />

im Rahmen verschiedener Veranstaltungen<br />

einladen. Zum anderen<br />

gibt es seit Beginn des<br />

Projekts im Jahr 2002 die feste<br />

Einbindung des Mediums Puppentheater<br />

in das Programm<br />

lokaler Institutionen. Schon im<br />

zweiten Jahr, zur Produktion<br />

von Abian Kagulangan (Freunde<br />

aus dem Wald), stießen die<br />

Gruppe Kalingaw-Ang Teatro Hiligaynon<br />

vom West Negros College,<br />

die schon länger Theaterstücke<br />

in der Lokalsprache Ilonggo aufführt<br />

und die NGO Forests, Inc.<br />

dazu. Victoria Demonteverde,<br />

Direktorin von Forest, Inc. und<br />

Lehrerin am West Negros College,<br />

führt den geringen Wert der


Umwelt für die meisten Filipinos,<br />

sowie die schlechte Beteiligung<br />

an traditionellen Umweltschutzmaßnahmen<br />

auf die geringen<br />

Kenntnisse zurück. Sie<br />

erinnert an die koloniale Geschichte<br />

der Philippinen und<br />

ihren Einfluss auf das Bildungssystem:<br />

„Die meisten unserer<br />

Lehrbücher, insbesondere die<br />

auf Grundschulniveau, beziehen<br />

sich auf andere Länder und exotische<br />

Fauna. Zum Beispiel wissen<br />

die meisten Grundschüler<br />

über Löwen und Giraffen,<br />

Bären und Kamele Bescheid,<br />

während nur ganz wenige die<br />

Prinz-Alfred-Hirsche oder Visaya-Mähnenschweine<br />

kennen,<br />

die beinahe vor ihrer Haustür<br />

leben.“ Um wirkliches Bewusstsein<br />

für die lokale Umwelt zu<br />

fördern, hält auch sie die Einführung<br />

neuer Bildungsmethoden,<br />

die das Interesse der Schüler<br />

und Studenten wecken können,<br />

für notwendig. „Es ist für<br />

die Studenten einfach langweilig,<br />

stundenlang dem Lehrer<br />

beim Frontalunterricht zuzuhören.<br />

So entwickelt sich kein<br />

echter Bezug zum Lehrstoff.<br />

Um unsere Botschaft zu vermitteln,<br />

müssen wir neue Methoden<br />

im Bildungssystem einführen<br />

und uns mit Themen<br />

vor Ort auseinandersetzen: Wie<br />

funktionieren die Ökosysteme<br />

in unseren Meeren? Was gibt es<br />

hier an Wildtieren, und was bedeuten<br />

sie für uns? Was machen<br />

wir momentan in Bezug auf<br />

Müllmanagement? Darauf ist<br />

das Puppentheater genau zugeschnitten.“<br />

Umwelt geht alle an<br />

Im dritten Projektjahr kam zur<br />

Produktion von Kaharian sa Kadagatan<br />

(Königreich unter Wasser)<br />

die Philippine Reef and Rainforest<br />

Conservation Foundation,<br />

Inc. (PRRCFI) hinzu. Dadurch<br />

erhöhte sich nicht nur die Zahl<br />

der beteiligten Jugendlichen auf<br />

50, sondern es erweiterte sich<br />

auch der Einzugsbereich der<br />

Kampagne erheblich, da die<br />

neuen Teilnehmer aus dem Süden<br />

der Provinz stammten.<br />

„Wir sind überzeugt, dass die<br />

Umwelt alle angeht, und nicht<br />

nur die Regierung“, ergänzt<br />

PRRCFI-Präsident Gerardo Ledesma.<br />

Besonders besorgt ist er<br />

über die Abholzung auf Negros,<br />

wo gerade noch 50.000 Hektar<br />

Wald von ursprünglich fast 81,3<br />

Millionen übrig sind. Wenn es<br />

die Regierung hier schon nicht<br />

schafft, das existierende Schutzgebiet<br />

und den Nationalpark<br />

adäquat zu schützen, kann man<br />

sich vorstellen, wie es in den<br />

Landesteilen aussieht, die nicht<br />

einmal formell geschützt sind.<br />

Das eigentliche Problem ist,<br />

dass Arten- und Umweltschutz<br />

ganz unten auf der Liste der offiziellen<br />

Prioritäten stehen. Armutsbekämpfung<br />

hat Priorität,<br />

Artenschutz gilt als unwichtig.<br />

Allerdings wird die verbreitete<br />

Armut durch Mangel an verfügbarem<br />

Land und natürlichen<br />

Ressourcen mit verursacht. Deshalb<br />

kommt den NRO eine<br />

entscheidende Rolle bei den<br />

Artenschutzinitiativen zu. Der<br />

private Sektor sollte dort auch<br />

stärker mit eingebunden<br />

werden.<br />

Kinder und Teenager<br />

als Zielgruppe<br />

„Regierung, NRO und Privatleute<br />

müssen zusammenhalten“,<br />

betont Ledesma. Die Bemühungen<br />

aus dem Ausland seien<br />

schon sehr hilfreich, aber allein<br />

nicht ausreichend, um die Situation<br />

grundlegend zu ändern.<br />

„Wir glauben, dass Bildung zu<br />

einen der wichtigsten Faktoren<br />

gehört, um bestehende Artenschutzprogramme<br />

zu ergänzen<br />

und den destruktiven Trend<br />

umzukehren. Wir glauben, dass<br />

man bei Erwachsenen nicht viel<br />

erreichen kann. Sie hören zu,<br />

nicken brav, tun aber eigentlich<br />

gar nichts. Wir konzentrieren<br />

uns bei der Bildungsarbeit auf<br />

Kinder und Teenager, auch die<br />

aus den höheren sozialen<br />

Schichten, denn das werden unsere<br />

zukünftigen Entscheidungsträger<br />

sein.“<br />

Die Puppentheatergruppen<br />

haben auch schon das Interesse<br />

der lokalen Medien erregt. Sogar<br />

Fernsehberichte wurden darüber<br />

produziert. „Ich beobachte<br />

immer häufiger, dass das nicht<br />

nur Kinder interessiert. Man<br />

sieht Leute aller Altersgruppen<br />

bei den Shows. Viele sagen,<br />

dass unsere Botschaft leicht verständlich<br />

sei“, schließt Dionisio.<br />

Ergänzend zu den Vorführungen<br />

entwickelt Animo mittlerweile<br />

auch Hefte und Comics<br />

zu lokalen Umweltthemen.<br />

� Christina Georgii ist Tierärztin<br />

und arbeitet seit 2000<br />

als Entwicklungshelferin des<br />

DED auf den Philippinen<br />

Durch das Puppentheater<br />

erkennen die Zuschauer, dass<br />

jeder einzelne von ihnen<br />

aktiv am Umweltschutz<br />

teilhaben kann.<br />

Foto: Christina Georgii<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 29


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Schülerinnen des<br />

Berufsausbildungszentrums<br />

der Mary Help of<br />

Christians-Schwestern.<br />

Foto: Angela Kolsdorf<br />

30 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Philippinen<br />

Jugendlichen eine Chance geben<br />

Beschäftigungsorientierte Berufsbildung in Verbindung mit der Privatwirtschaft zeigt Erfolge<br />

Seit 1991 ist der DED auf den Philippinen im Bereich technisch handwerklicher<br />

Berufsausbildung tätig. Der Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung von Partnerorganisationen,<br />

die an einer engen Zusammenarbeit mit der lokalen Industrie<br />

interessiert sind, um so die Schülerinnen und Schüler nach den von der Industrie<br />

geforderten Fähigkeiten auszubilden. Dies führt zu einer deutlich höheren<br />

Beschäftigungsrate bei den Schulabgängern.<br />

Konrad de Bortoli<br />

Zurzeit arbeitet der DED mit<br />

elf Fachkräften an berufsbildenden<br />

Schulen, in Trainingszentren<br />

von Industrieverbänden<br />

und bei der staatlichen Berufsbildungsbehörde,<br />

um diesen erfolgreichen<br />

Ansatz weiterzuentwickeln.<br />

Gleichgewicht anstreben<br />

Die Vermittlung von Wissen<br />

und Fertigkeiten sowie Persönlichkeitsbildung<br />

sind im Wesentlichen<br />

die zwei Komponenten<br />

der Ausbildung, die eng<br />

miteinander verbunden sind.<br />

Akteure sind die Auszubildenden,<br />

die Bildungsinstitute und<br />

die Arbeitgeber. Wenn möglich<br />

werden die Jugendlichen in dem<br />

Beruf ausgebildet, der ihrer Persönlichkeit<br />

entspricht. Auf den<br />

Philippinen ist diese Situation,<br />

wie in vielen anderen Ländern<br />

auch, keineswegs ausgewogen.<br />

Qualifizierte Techniker, Industriearbeiter<br />

oder gut ausgebildete<br />

Handwerker stehen<br />

nicht zur Verfügung, da nur wenige<br />

Ausbildungsstätten existieren.<br />

Darüber hinaus ist das soziale<br />

Ansehen dieser Berufsgruppen<br />

niedrig, so dass die<br />

meisten Jugendlichen nach College-<br />

und Universitäts-Diplomen<br />

streben. Dies hat zur Folge, dass<br />

es einen Überschuss an Absolventen<br />

gibt und somit vor allem<br />

die Abgänger von besseren und<br />

teureren Schulen eine Beschäftigung<br />

finden.<br />

Gerade die ärmeren Jugendlichen,<br />

deren ganze Familie arbeitet<br />

und spart, um wenigstens<br />

einem Kind die Ausbildung zu<br />

ermöglichen, stehen oft am Ende<br />

genau so chancenlos da wie vor<br />

ihrer Ausbildung. Dies führt zu<br />

Taxi fahrenden Akademikern,<br />

Prostituierten mit College-Abschluss<br />

und einem Mangel an<br />

entsprechend ausgebildeten Technikerinnen<br />

und Technikern.<br />

„Maria hilf!“<br />

... haben die Schwestern der<br />

Mary Help of Christians in Mabalacat<br />

Ende der neunziger Jahre<br />

nicht gerufen, als sie ihr Schulangebot<br />

für Schulabbrecherinnen<br />

und Aussteigerinnen aus<br />

dem Rotlichtmilieu erweitern<br />

wollten. Vielmehr haben sie<br />

den Bedarf der umliegenden Industrie<br />

analysiert und statt der<br />

sonst für diese Gruppe üblichen<br />

Ausbildungen wie Nähen und<br />

Kochen einen zweijährigen Kurs<br />

in Elektronik angeboten.<br />

Gemeinsam mit dem DED<br />

und InWEnt (Internationale<br />

Weiterbildung und Entwicklung<br />

gGmbH) wurden Lehrer weitergebildet<br />

und Unterrichtsmaterialien<br />

erstellt, die dem Bedarf<br />

der Industrie entsprechen. Zwei<br />

Industriekoordinatoren arbeiten<br />

am ständigen Austausch mit der<br />

Industrie, nicht nur in Bezug<br />

auf die Ausbildungsinhalte, sondern<br />

auch, wenn es um den<br />

Einsatz der Schülerinnen im Betrieb<br />

geht oder wenn Probleme<br />

am Arbeitplatz entstehen.<br />

Fast alle Abgängerinnen bekommen<br />

eine Anstellung, weil<br />

die Betriebe mittlerweile feststellen,<br />

dass die Absolventinnen<br />

der Mary Help-Schule praktisches<br />

Wissen und Fertigkeiten<br />

mitbringen, das College-Abgängerinnen<br />

normalerweise fehlt.<br />

Verbindungen herstellen<br />

Eigene Industriekoordinatoren<br />

sind das Bindeglied zwischen<br />

Schule und lokaler Industrie.


Sie bieten ihre Firmen an, müssen<br />

aber auch die Rückmeldungen<br />

der Industrie an die Schule<br />

weitergeben, um Veränderungen<br />

einleiten zu können.<br />

Ein zweites Beispiel für hervorragende<br />

Kontakte bietet das<br />

Centre for Industry, Technology and<br />

Enterprise (CITE) in Cebu-City,<br />

der zweitgrößten Stadt der Philippinen.<br />

Hier werden jugendliche<br />

Hauptschulabgänger aus<br />

armen Familien in zweijährigen<br />

Kursen zu Technikern in den<br />

Bereichen Elektronik, Computertechnologie<br />

und Metallverarbeitung<br />

ausgebildet. Das Schulmanagement<br />

hat bei der Einführung<br />

des dualen Ausbildungssystems<br />

mit der Schule<br />

und dem Betrieb als Lernorten<br />

mehrere Industriekoordinatoren<br />

eingesetzt, die in engstem Kontakt<br />

zur Industrie stehen und<br />

die Schüler in ihrer Praktikumszeit<br />

in den Firmen begleiten.<br />

Durch den engen und professionellen<br />

Kontakt zur Industrie genießt<br />

die Schule nicht nur bei<br />

den Industriepartnern sondern<br />

auch bei den Schülern ein hohes<br />

Ansehen. Die Bewerbungen<br />

liegen weit über der Aufnahmekapazität<br />

der Schule.<br />

Das philippinische Gesetz<br />

zur Einführung dualer Ausbildung<br />

sieht vor, dass die Firmen<br />

während der Praktikumszeit 75<br />

Prozent des gesetzlichen Mindestlohnes<br />

an die Ausbildungsstätte<br />

zu zahlen haben. Sowohl<br />

CITE als auch die Ordensschwestern<br />

sahen dies als Chance,<br />

die Industrie an den Ausbildungskosten<br />

zu beteiligen. Die<br />

Firmen waren zunächst nicht<br />

bereit, diese Summe überhaupt<br />

aufzubringen, da es nicht üblich<br />

ist, für Praktikanten zu zahlen<br />

(rund 2,50 Euro am Tag). Nur<br />

durch die Qualität der Ausbildung<br />

und durch den intensiven<br />

Kontakt der Industriekoordinatoren<br />

und des Managements<br />

zur lokalen Industrie war es<br />

überhaupt möglich, die Firmen<br />

zu überzeugen. So ist es nicht<br />

nur gelungen, das Ansehen der<br />

technischen Berufsausbildung<br />

anzuheben, sondern auch die<br />

Industrie finanziell mit einzubeziehen,<br />

um Jugendlichen aus<br />

unterprivilegierten Familien<br />

eine Chance zu geben.<br />

Der DED arbeitet mit CITE,<br />

die mittlerweile auch Software-<br />

Entwickler ausbilden, im Bereich<br />

Lehrerweiterbildung, Lehrplangestaltung<br />

und bei der Erstellung<br />

von Datenbanken für<br />

Schulverwaltungen mit. CITE<br />

spielt als Bildungseinrichtung<br />

eine Vorreiterrolle und ist bemüht<br />

sein Wissen und seine<br />

Fähigkeiten an andere Bildungsträger<br />

zu vermitteln. Zurzeit<br />

arbeiten CITE, DED und GTZ<br />

(Deutsche Gesellschaft für Technische<br />

Zusammenarbeit) an<br />

einem solarbetriebenen Internetcafé<br />

auf einer abgelegenen<br />

Insel in den Visayas. In enger<br />

Zusammenarbeit mit der örtlichen<br />

Schule, der Gemeinde<br />

und den lokalen Tourismusanbietern<br />

wird dieses Internetcafé<br />

während der Schulstunden als<br />

Computer-Labor intensiv genutzt.<br />

Softskills vermitteln<br />

Um die Entwicklung des Landes<br />

wirtschaftlich zu unterstützen<br />

sind Fachkräfte notwendig, die<br />

innovativ, flexibel und mit technischen<br />

Kenntnissen ausgestattet<br />

auf die Anforderungen des<br />

Marktes reagieren. Der DED<br />

arbeitet daher mit solchen Partnerorganisationen<br />

zusammen,<br />

die den Jugendlichen über eine<br />

fundierte technische Ausbildung<br />

hinaus auch die so genannten<br />

Softskills vermitteln, wie beispielsweise<br />

das Verhalten am<br />

Arbeitsplatz hinsichtlich Sauberkeit,<br />

Pünktlichkeit, Lernfähigkeit,<br />

etc. Zusätzlich bedeutet<br />

dies aber auch das Erkennen<br />

von Problemen und das selbständige<br />

Anstreben von Lösungen.<br />

Die Industriepartner der mit<br />

uns kooperierenden Schulen<br />

schätzen neben dem technischen<br />

Wissen der Abgänger genau<br />

diese Fähigkeiten. Eben die<br />

Schulen, die nicht nur ein Interesse<br />

an der technischen Weiterbildung<br />

haben, sondern auch an<br />

der Persönlichkeitsbildung der<br />

Schülerinnen und Schüler. Diese<br />

Qualitäten lassen sich nicht<br />

durch Schnellkurse vermitteln,<br />

sondern brauchen in der Regel<br />

mindestens zwei Jahre. Der Beitrag<br />

des DED fällt hier auf<br />

fruchtbaren Boden, da die technische<br />

und pädagogische Weiterbildung<br />

der Lehrer eine direkte<br />

Wirkung auf die Beschäftigungsmöglichkeit<br />

der Schulabgänger<br />

hat.<br />

Veränderungen bewirken<br />

Die Bereitschaft der Industrie,<br />

sich an der Ausbildung zu beteiligen,<br />

ist bei den Partnerbetrieben<br />

der oben genannten Schulen<br />

eindeutig gestiegen. Durch<br />

das Streben der Schulen nach<br />

neuen, kreativen und umsetzbaren<br />

Lösungen haben etliche<br />

Auszubildende einen Arbeitsplatz<br />

erhalten und konnten die<br />

Lebensbedingungen ihrer Familien<br />

verbessern.<br />

� Konrad De Bortoli ist Tischler<br />

und seit 1998 Entwicklungshelfer<br />

des DED auf den<br />

Philippinen<br />

Jugendliche bei<br />

der Ausbildung<br />

zu KfZ-Mechanikern.<br />

Foto: Angela Kolsdorf<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 31


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

32 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Dominikanische Republik<br />

Touristenführer als Nebenjob<br />

Wer jetzt an Sonne und Strand denkt, hat sich geirrt. Es gibt in der<br />

Dominikanischen Republik auch Regenwald, Flüsse und Berge zu entdecken.<br />

In dem Reservat Loma Quita Espuela in der Nähe von San Francisco de Macorís hat<br />

die Stiftung gleichen Namens ein Ökotourismus-Projekt initiiert, das Naturschutz<br />

und Einkommen schaffende Maßnahmen für die Anrainer verbindet.<br />

Dr. Cornelia Ott<br />

Die Arbeit der Fundación<br />

Loma Quita Espuela wird<br />

seit Jahren vom DED begleitet.<br />

Neben dem Anlegen eines Lehrpfades<br />

wurden Beschilderungen<br />

errichtet, ein Aussichtsturm gebaut,<br />

Informationsmaterial erarbeitet<br />

und eine Gruppe von<br />

Führern ausgebildet. Das entsprechende<br />

Lehrmaterial umfasst<br />

die verschiedensten Wissensge-<br />

biete, wie Flora und Fauna,<br />

Ökologie, Informationen über<br />

Reservat, Stiftung und Kultur,<br />

Landeskunde, Besucherservice<br />

und Erste Hilfe. Um den Ausweis<br />

mit Lichtbild zu erhalten,<br />

muss eine Prüfung mit je einem<br />

schriftlichen, mündlichen und<br />

praktischen Teil gemacht werden.<br />

Martín Jimenez ist einer<br />

der Führer, die in dem Projekt<br />

arbeiten. „Ich habe viel gelernt<br />

in dem Kurs, besonders interes-<br />

sieren mich die Vögel des Reservats“,<br />

sagt er. „Mir macht es<br />

Spaß, mit Leuten umzugehen,<br />

am lustigsten ist es mit Gruppen<br />

von Kindern und Jugendlichen.“<br />

Die kleine Gruppe von Führern<br />

setzt sich zusammen aus<br />

Schülern, Studenten, Arbeitern<br />

und Bauern der umliegenden<br />

Dörfer. Für sie bringt die Betätigung<br />

einen guten Nebenverdienst.<br />

Als Haupteinnahmequelle<br />

ist das Projekt (noch)<br />

nicht geeignet. Die Besucherzahlen<br />

von bisher rund 2.000<br />

Personen pro Jahr sollen erhöht<br />

werden. Juan Miguel Amarante<br />

hat gerade seine Prüfung abgelegt.<br />

„Normalerweise verdiene<br />

ich 150 Pesos pro Tag, hier sind<br />

es 300 Pesos. Das ist nur gerecht,<br />

da ich viel lernen musste,<br />

um die Fragen der Besucher beantworten<br />

zu können.“<br />

Den Betreuern des Projekts<br />

fällt auf, dass die beteiligten<br />

Männer selbstbewusster und unbefangener<br />

im Umgang mit<br />

Fremden geworden sind und<br />

angefangen haben, sich auch für<br />

andere Weiterbildungsangebote<br />

zu interessieren. Claudio Garcia<br />

hat nach der Ausbildung die<br />

Chance eines Stipendiums für<br />

einen Englischkurs wahrgenommen<br />

und an einem landesweiten<br />

Seminar zur Ausbildung<br />

von Beratern für Ökotourismus<br />

teilgenommen. Die Projekt-Führer<br />

sind auch bei anderen speziellen<br />

Veranstaltungsangeboten<br />

der Fundación Loma Quita Espuela<br />

anwesend, die Themen wie<br />

Verwaltung, Buchführung, Verbesserung<br />

des Besucherservices<br />

sowie Hygiene im Arbeitsbereich,<br />

etc. ansprechen.<br />

� Dr. Cornelia Ott ist Biologin<br />

und seit 2001 Entwicklungshelferin<br />

des DED in der<br />

Dominikanischen Republik.


Fotos: Cornelia Ott<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 33


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Wieder einmal gibt es zur<br />

Erntezeit beunruhigende<br />

Nachrichten in den lokalen<br />

Tageszeitungen.<br />

Foto: Claudia Erb<br />

34 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Honduras<br />

Die Zukunft aller sichern<br />

Durch Umweltbildung gemeinsam überleben lernen<br />

Mit Wasser ist es wie mit so vielem: seine Bedeutsamkeit für unser Leben erkennen<br />

wir erst, wenn wir den Mangel spüren. Am Berg Puca im Westen von Honduras ist<br />

es bereits soweit: Dürre, Ernteausfälle und Durchfallerkrankungen sind hier gelebte<br />

Wirklichkeit. Das Problem lässt sich auf einen einfachen Nenner bringen: keine<br />

Bäume – kein Wasser. Den Betroffenen diesen Zusammenhang zu verdeutlichen<br />

und gemeinsame Lösungen zu finden, hat sich die Stiftung Puca zum Ziel gesetzt.<br />

Dabei unterstützt wird sie seit nunmehr vier Jahren vom DED.<br />

Claudia Erb<br />

El Heraldo, die größte Tageszeitung<br />

in Honduras titelt<br />

auch zur letzten Erntezeit wieder<br />

„Dürre – Hungersnot betrifft<br />

30.000 Menschen“. Tagelang<br />

sind die Zeitungen voll mit<br />

Berichten aus den betroffenen<br />

Regionen: Ob und wie die Regierung<br />

den Notstand ausruft,<br />

wie viele Tonnen Lebensmittel<br />

von den Vereinten Nationen zugesagt<br />

wurden, die Höhe der<br />

Ernteausfälle, etc. Über die<br />

möglichen Ursachen für das fast<br />

jährlich wiederkehrende Übel<br />

steht allerdings kaum etwas geschrieben.<br />

Land- und Wasserkonflikte<br />

Dabei lassen sich diese mit<br />

bloßem Auge erkennen: Abgeholzte<br />

Wälder. „Bevölkerungswachstum<br />

und extensive Bewirtschaftung<br />

erhöhen den Druck<br />

auf die natürlichen Ressourcen“,<br />

erklärt Suyapa Díaz, Präsidentin<br />

der Fundación Comunitaria Puca<br />

(Kommunale Stiftung Puca),<br />

„Land- und Wasserkonflikte<br />

sind in unseren Dörfern an der<br />

Tagesordnung.“<br />

Seit mehr als fünf Jahren arbeitet<br />

die Stiftung, der neben den<br />

Lokalregierungen auch Basisorganisationen<br />

und Interessenverbände<br />

angehören, im Landkreis<br />

Lempira. In der ärmsten und<br />

von Trockenheit stark betroffenen<br />

honduranischen Region hat<br />

sie sich die Förderung einer<br />

nachhaltigen Entwicklung und<br />

dabei vor allem die Sicherstellung<br />

der Wasserversorgung für<br />

die Anwohner am Puca auf die<br />

Fahnen geschrieben. Knapp<br />

30.000 Menschen sind es, die<br />

von den sieben Wassereinzugsgebieten<br />

des als Schutzgebiet<br />

ausgewiesenen „Hausbergs“ der<br />

Region abhängen.<br />

Keine romantischen<br />

Umweltaktivisten<br />

Das Wasser am Puca fließt allerdings<br />

schon lange nicht mehr<br />

klar und reichlich. Dass sich etwas<br />

ändern muss, wissen die<br />

Menschen am Berg: „Umweltbewusstsein<br />

ist für uns keine<br />

Option, sondern eine Überlebensnotwendigkeit“,<br />

betont die<br />

42-Jährige. „Wir sind daher auch<br />

keine romantischen Umweltaktivisten.<br />

Wir setzen uns für den<br />

Schutz der Natur ein, weil wir<br />

das Leben der Menschen am<br />

Berg schützen wollen. Im Vordergrund<br />

stehen immer die<br />

Menschen. Wir machen gewissermaßen<br />

sozialen Umweltschutz.“<br />

Und so sind es dann auch<br />

diese Menschen, die entscheiden<br />

sollen, was mit ihnen und<br />

ihrem Berg passiert: die Viehzüchter,<br />

deren Herden nicht nur<br />

Weideflächen brauchen, sondern<br />

mit ihrem Dung auch das<br />

Grundwasser verschmutzen, die<br />

Kleinbauern, die auf der Suche<br />

nach fruchtbarem Boden Wald<br />

abholzen, die Kaffeeproduzen-<br />

ten, deren Düngemittel und<br />

Verarbeitungsrückstände sich in<br />

übel riechenden Kloaken sammeln,<br />

die Betroffenen von<br />

Darmerkrankungen und verunreinigtem<br />

Trinkwasser. Sie sind<br />

es, die ihre Zukunft gestalten,<br />

selbst organisiert und partizipativ.<br />

Und mit etwas Unterstützung<br />

seitens der Fundación, die<br />

sich als Koordinationsinstanz in<br />

diesem gemeinschaftlichen<br />

Lernprozess begreift. Denn wer<br />

Lösungen finden will, muss<br />

zunächst das Problem kennen<br />

und verstehen lernen.<br />

Politische und<br />

wirtschaftliche<br />

Einflussnahme<br />

Es geht also um das Vermitteln<br />

von Wissen, Zusammenhängen<br />

und Hintergründen zu Umweltfragen,<br />

kurz: es geht um Umweltbildung.<br />

Darüber hinaus<br />

will die Stiftung den 28 Dorfgemeinschaften<br />

am Berg auch<br />

ressourcenschonende Handlungsoptionen<br />

aufzeigen, sie bei<br />

der Lösung von Konflikten unterstützen<br />

sowie ihr Potential<br />

der politischen und wirtschaftlichen<br />

Einflussnahme erhöhen.<br />

„Dabei lernen wir von den Leuten<br />

in den Gemeinden genauso<br />

viel wie sie von uns. Sie kennen<br />

ihre Probleme und sind nicht<br />

selten fortschrittlicher als das<br />

Gesetz. Wir bestärken sie lediglich<br />

dabei, sich gezielt zu organisieren<br />

und ihre Ideen umzusetzen“,<br />

bekräftigt Díaz.<br />

Bildung zur nachhaltigen<br />

Entwicklung beginnt in Lempira<br />

also nicht erst mit der Anfang<br />

dieses Jahres ausgerufenen UN<br />

(Vereinte Nationen)-Dekade.<br />

Partizipation, Selbstorganisation<br />

und Kooperation mit allen In-


teressengruppen auf dem Weg<br />

zum sozialen Konsens werden<br />

hier bereits erfolgreich praktiziert.<br />

Den Leuten am Puca ist es<br />

gelungen, den globalen Anspruch<br />

mit lokalen und projektorientierten<br />

Einzellösungen zu<br />

verbinden.<br />

Umwelt-Wanderungen<br />

Zum Beispiel mit Caminatas<br />

Ambientales, den „Umwelt-Wanderungen“:<br />

Bei Besuchen in den<br />

Dorfgemeinschaften erläutert<br />

das Team der Stiftung nicht nur<br />

die Zusammenhänge zwischen<br />

Abholzung, Viehwirtschaft,<br />

Kaffeeanbau, Erosion und<br />

schlechter Wasserqualität. Sie<br />

laden die Bewohnerinnen und<br />

Bewohner ein, sich selbst ein<br />

Bild von der Situation zu machen<br />

und im direkten Austausch<br />

mit allen Beteiligten deren<br />

unterschiedliche Vorstellungen<br />

und Interessen kennen zu<br />

lernen, um schließlich das eigene<br />

kreative Potenzial bei der<br />

Suche von Lösungen zu entdecken.<br />

Und so „begehen“ sie dann<br />

ihren Berg: die von „unten“ sehen,<br />

woher das Wasser kommt,<br />

die von „oben“, wohin es geht.<br />

„Allen wird klar, dass sie im<br />

gleichen Boot sitzen. Niemand<br />

will die Umwelt zerstören, aber<br />

alle müssen sie irgendwie unter<br />

den schwierigen Bedingungen<br />

überleben. Zufriedenstellende<br />

Lösungen werden sie nur gemeinsam<br />

finden“, berichtet<br />

DED-Entwicklungshelfer Matthias<br />

Webendörfer über seine<br />

Erfahrungen bei den Wanderungen,<br />

von denen bisher schon<br />

über 20 mit jeweils bis zu 40<br />

Anwohnern stattgefunden haben.<br />

Die gemeinsamen Rundgänge<br />

waren dabei nur der Anfang:<br />

am runden Tisch wurde unter<br />

Einbeziehung aller Interessengruppen<br />

beschlossen, die nicht<br />

nutzbare Kernzone des Schutzgebietes<br />

von 960 auf über 3.000<br />

Hektar auszuweiten. Über 85<br />

Prozent des Gebietes konnten<br />

räumlich geordnet werden, um<br />

einerseits eine optimale Entwicklung<br />

und andererseits einen<br />

möglichst weitgehenden Schutz<br />

zu gewährleisten. Der Druck auf<br />

die Wasserquellen ließ sich dadurch<br />

effektiv reduzieren.<br />

Sozialen Konsens finden<br />

Die Leute der Fundación Puca<br />

sind überzeugt: Erst durch die<br />

gemeinsame Auseinandersetzung<br />

mit den vorhandenen Problemen<br />

und das Kennenlernen<br />

der unterschiedlichen Sichtweisen<br />

konnten Gegensätze überbrückt<br />

und ein sozialer Konsens<br />

gefunden werden. Doch allen<br />

ist auch klar, dass sich die Ausweitung<br />

der landwirtschaftlichen<br />

Nutzfläche und somit weitere<br />

Abholzung über Bildungsmaßnahmen<br />

und runde Tische alleine<br />

nicht verhindern lassen.<br />

Dazu sind die Lebensumstände<br />

in Lempira zu schwierig, der<br />

Bevölkerungsdruck zu hoch und<br />

die Zukunftsperspektiven zu<br />

gering.<br />

Es gilt daher, Alternativen anzubieten,<br />

seien diese technischer<br />

Natur – verbesserte Anbauverfahren<br />

und ökologische Landwirtschaft<br />

– oder ökonomisch<br />

motiviert – sanfter Tourismus<br />

und Umweltdienstleistungen.<br />

Die Agraringenieure der Stiftung<br />

demonstrieren in den Dörfern,<br />

wie mit einfachen Maßnahmen<br />

die Bodenfruchtbarkeit<br />

erhöht, natürlich gedüngt und<br />

die Erosionsgefahr vermindert<br />

werden kann. Sie verschaffen<br />

der Landbevölkerung Zugang<br />

zu verbessertem Saatgut, bilden<br />

so genannte Agrarberater und<br />

-beraterinnen aus und veranschaulichen<br />

ihre Anregungen in<br />

Modell-Betrieben.<br />

Nachhaltige<br />

Entwicklungschancen<br />

Besonderes Augenmerk legt die<br />

Stiftung auf die Fortbildung<br />

von Frauen und Jugendlichen.<br />

Als Verantwortliche für den<br />

Haushalt sind Frauen die<br />

Hauptnutzerinnen von Wasser<br />

und somit auch die Hauptleidtragenden,<br />

wenn die Wege zu<br />

den Quellen immer weiter werden<br />

und an Durchfall erkrankte<br />

Kinder zu pflegen sind. Und<br />

die junge Generation braucht<br />

Arbeits- und Einkommensperspektiven,<br />

wenn ihr Abwandern<br />

in die Städte verhindert werden<br />

soll. Daher haben Jugendliche<br />

aus verschiedenen Gemeinden<br />

mit Unterstützung der Fundación<br />

ein Ökotourismus-Projekt<br />

auf die Beine gestellt: Die ersten<br />

„Umwelt-Zeltlager” wurden bereits<br />

durchgeführt, die Ausweisung<br />

von Wanderwegen ist für<br />

dieses Jahr geplant und mittelfristig<br />

soll sogar eine Ausbil-<br />

dung zum Touristenführer angeboten<br />

werden.<br />

Umweltbildung bedeutet im<br />

Westen von Honduras also<br />

mehr als die Wertschätzung der<br />

natürlichen Ressourcen: Es geht<br />

um nachhaltige Nutzbarmachung<br />

zum Wohle der Bevölkerung.<br />

Sie soll erkennen, dass<br />

mit dem Gleichgewicht der Natur<br />

auch die Gesundheit aller<br />

auf dem Spiel steht. Und mehr<br />

noch: Dass sich Zukunft nur sichern<br />

lässt, wenn der begonnene<br />

Weg bis zu Ende gegangen<br />

wird und schließlich eine gerechte<br />

Verteilung von Besitz<br />

und Einkommen nachhaltige<br />

Entwicklungschancen für alle<br />

möglich macht.<br />

� Claudia Erb ist Sozialwirtin<br />

und seit 2002 als DED-<br />

Entwicklungshelferin für<br />

Informations- und Bildungsarbeit<br />

in Honduras<br />

Suyapa Diaz: „Land- und<br />

Wasserkonflikte sind an der<br />

Tagesordnung.“<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 35<br />

Foto: Claudia Erb<br />

Sozialer Umweltschutz<br />

heißt für die Aktivisten,<br />

sich für Mensch und Natur<br />

einzusetzen.<br />

Foto: Claudia Erb


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Interview<br />

Vera Guedes (rechts) bei<br />

ihrer Arbeit in Zona da Mata.<br />

Foto: Claudia Fix<br />

36 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Brasilien<br />

Die Vision von einer<br />

gleichberechtigten Welt<br />

Frauenpower lokal: Wie eine engagierte Pädagogin ihre Ideale umsetzen kann<br />

Vera Guedes arbeitet als Pädagogin mit der Entwicklungshelferin Heike Friedhoff in<br />

Projekten der feministischen Frauenorganisation SOS Corpo-Gênero e Cidadania aus<br />

Recife im Nordosten Brasiliens zusammen. Vera Guedes ist 40 Jahre alt und hat<br />

zwei Töchter. Sie stammt aus dem Morro da Conceição, einer Favela, die sich durch<br />

das Engagement ihrer Bewohnerinnen und Bewohner in den letzten 25 Jahren zu<br />

einem Wohnviertel (Bairro Popular) gewandelt hat. Als junge Frau gehörte Vera<br />

Guedes selbst zur Zielgruppe der Nichtregierungsorganisation, die im Morro da<br />

Conceição seit den achtziger Jahren regelmäßig Schulungen für die Frauen des<br />

Bürgerkomitees durchführt.<br />

Das Interview mit Vera Guedes<br />

führte Claudia Fix<br />

SOS Corpo begann seine<br />

Arbeit im Morro da Conceição<br />

in den achtziger Jahren mit Weiterbildungen.<br />

Wann begann Ihr Kontakt<br />

zu dieser Frauenorganisation?<br />

Ich war eine der Frauen, die<br />

von SOS Corpo betreut wurden.<br />

Damals war ich noch sehr jung.<br />

Die Organisation hat mir die<br />

feministische Welt erschlossen<br />

und mir gezeigt, dass man<br />

selbst als Frau ein anderes Leben<br />

haben kann, ein glücklicheres<br />

und mit mehr Würde. Ich<br />

bin zu den Veranstaltungen gegangen,<br />

zu denen SOS Corpo<br />

einlud und habe mich so weitergebildet.<br />

Ich wurde später gebeten,<br />

im Bereich reproduktiver<br />

Gesundheit mitzuarbeiten. Die<br />

erste Unterstützung vom DED<br />

hatte ich in Form einer Fahrkarte,<br />

um in São Paulo an einem<br />

Fortbildungskurs zur Gesundheitsvorsorge<br />

teilzunehmen.<br />

1999 starteten wir, die Frauengruppe<br />

vom Morro, gemeinsam<br />

mit SOS Corpo ein Projekt, das<br />

wir „Frauen im Kampf gegen<br />

AIDS“ nannten.<br />

Wie sahen die Fortbildungen bei<br />

SOS Corpo aus?<br />

Alle Seminare, die SOS Corpo<br />

veranstaltete, hatten mit Themen<br />

wie Krebsvorsorge oder sexuell<br />

übertragbarer Krankheiten<br />

zu tun. 1987 fand in Pernambuco<br />

das „Neunte Nationale Frauentreffen“<br />

statt. SOS Corpo war<br />

eine von den Organisatoren<br />

und lud die Frauengruppe vom<br />

Morro zur Teilnahme ein. In Seminaren,<br />

Arbeitskreisen und<br />

Treffen haben wir uns fortgebildet.<br />

So lernt man im Lauf der<br />

Zeit immer mehr dazu.<br />

Haben Sie gleich nach dieser<br />

informellen Ausbildung Pädagogik<br />

studiert?<br />

Ich wollte schon als kleines<br />

Kind Lehrerin werden. Ich be-<br />

suchte eine öffentliche Schule<br />

wie jedes arme Kind. Mit fünfzehn<br />

Jahren wurde ich Mutter,<br />

bin aber weiter zur Schule gegangen.<br />

Als meine zweite Tochter<br />

geboren wurde, habe ich mit<br />

der Schule aufgehört und erst<br />

wieder angefangen, als sie drei<br />

Jahre alt war. Ich war schon 27,<br />

als ich anfing zu studieren. Warum<br />

ging ich an die Universität?<br />

Vor allem, weil ich fest entschlossen<br />

war, Pädagogin zu<br />

werden. Ich war bereits Grundschullehrerin,<br />

arbeitete mit<br />

Frauen im Gesundheitswesen,<br />

regte die Frauen an, sich zu organisieren<br />

und diskutierte mit<br />

ihnen über ihre Rechte in der<br />

eigenen Gemeinde. Aber ich<br />

wollte ein Diplom, deswegen<br />

habe ich die Aufnahmeprüfung<br />

an der Uni gemacht und<br />

Pädagogik studiert. Ich musste<br />

an eine private Universität, und<br />

es war sehr hart für mich, sie zu<br />

bezahlen. Für das normalerweise<br />

vierjährige Studium brauchte


ich sieben Jahre. Ich machte alles<br />

langsamer, weil ich kein<br />

Geld hatte.<br />

Warum werden die Leute im Morro<br />

da Conceição ermutigt, auf die Universität<br />

zu gehen?<br />

Wir glauben, dass formale<br />

Ausbildung und Information<br />

Macht bedeuten. Das heißt, wer<br />

eine höhere Bildung hat, den<br />

kann man nicht so leicht übers<br />

Ohr hauen, den kann die Regierung<br />

nicht so einfach betrügen.<br />

In unserer Gemeinde werden<br />

die jungen Leute aufgefordert,<br />

etwas zu lernen und zu studieren.<br />

Denn wenn man arm ist,<br />

dann können sich die Lebensbedingungen<br />

nur dadurch ändern.<br />

Mit einer guten Ausbildung<br />

sind auch die Chancen höher,<br />

Arbeit zu finden.<br />

Welche von Ihren Ausbildungen<br />

war für Sie die Wichtigere?<br />

Die Ausbildung im Sozialbereich.<br />

Die Universität allein<br />

zählt nicht so viel, dadurch erhält<br />

man keine kritische Sichtweise.<br />

So sehe ich das. Wenn<br />

man bei einer sozialen Bewegung<br />

mitmacht und die Universität<br />

besucht, begreift man erst,<br />

wie anders man ist und wie sehr<br />

man sich von den anderen unterscheidet.<br />

Ich wusste vorher schon viel,<br />

musste aber auf die Universität,<br />

um mein Wissen anerkannt zu<br />

bekommen. Oft habe ich mich<br />

mit den Professoren gestritten<br />

und gesagt: „Ich kann hier nicht<br />

meine Zeit verschwenden! Aber<br />

ich brauchte das Diplom, und<br />

es ist wichtig für mich, dass ich,<br />

obwohl ich die Tochter einer<br />

Arbeiterin und ohne Vater groß<br />

geworden bin, als einzige aus<br />

einer Familie mit vier Geschwistern<br />

auf die Universität gehen<br />

konnte. Das bedeutet sowohl<br />

für meine Familie sehr viel wie<br />

auch für die Leute vom Morro.“<br />

Heute bilden Sie andere Frauen in<br />

einem Projekt in der Zona da Mata<br />

(Zuckerrohranbaugebiet im Nordosten<br />

Brasiliens) aus, das vom<br />

DED und der Heinrich-Böll-<br />

Stiftung unterstützt wird. Was<br />

machen Sie da genau?<br />

Wir diskutieren in zwölf<br />

Frauenzentren in zwölf verschiedenen<br />

Städten über lokale<br />

und regionale Entwicklungen.<br />

Wir beschäftigen uns mit sozialen<br />

Rechten und sozialer Kontrolle<br />

von Entwicklungsvorhaben.<br />

Wir ermutigen die Frauen,<br />

die soziale Kontrolle der Entwicklungsprojekte<br />

in der Zona<br />

da Mata selbst auszuüben.<br />

Mit diesem Projekt haben<br />

wir schon 2001 begonnen. Am<br />

Anfang wussten die Frauen<br />

nicht einmal, was soziale Kontrolle<br />

ist. Im Rahmen unseres<br />

Projekts haben die Frauen angefangen,<br />

bei den kommunalen<br />

Haushaltsplanungen und bei<br />

der Planung von PROMATA,<br />

einem regionalen Investitionsprogramm,<br />

mitzuwirken. Jede<br />

Stadt- oder Kommunalverwaltung<br />

muss einen Investitionsplan<br />

für die Gemeinde gemeinsam<br />

mit der Bevölkerung auf-<br />

stellen, um die Finanzierung<br />

von PROMATA zu bekommen.<br />

Die Frauen haben an diesem<br />

Prozess teilgenommen und die<br />

Vorschläge eingebracht, die wir<br />

im Projekt mit ihnen ausgearbeitet<br />

haben. In vielen Gemeinden<br />

wurden sie sogar als Vertreterinnen<br />

der Zivilbevölkerung<br />

in den conselho gestor local, den<br />

Planungs- und Kontrollbeirat<br />

von PROMATA, gewählt.<br />

Haben Sie aufgrund Ihrer Ausbildung<br />

einen besseren Zugang zu<br />

den Frauen bzw. hat sie sich auf<br />

Ihre Arbeit positiv ausgewirkt?<br />

Es fällt mir leicht, mit den<br />

Frauen zu reden, vor allem mit<br />

den einfachen Frauen aus der<br />

sozialen Schicht, aus der ich<br />

selbst komme und zu der ich<br />

gehöre. Ich liebe meine Arbeit<br />

und ich mag es, Frauen zu organisieren<br />

und sie zu ermutigen,<br />

eine neue Welt zu entdecken.<br />

Wir leben in einer vom Machismo<br />

geprägten Welt, in der alles<br />

auf den Mann ausgerichtet ist.<br />

Deshalb will ich Frauen ermutigen,<br />

die Vision einer gleichberechtigten<br />

Welt zu haben und<br />

diese Gleichberechtigung mit<br />

aufzubauen. Ich fühle mich mit<br />

diesen Frauen sehr verbunden,<br />

denn sie sind meine Freundinnen,<br />

mein Volk.<br />

� Claudia Fix ist Publizistin und<br />

Lateinamerikanistin und<br />

arbeitet seit 2002 als DED-<br />

Entwicklungshelferin für<br />

Informations- und Bildungsarbeit<br />

in Brasilien.<br />

Die engagierte Pädagogin<br />

Vera Guedes will ihre<br />

Ideale umsetzen.<br />

Foto: Claudia Fix<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 37


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Fördermaßnahmen<br />

sollen an den<br />

Interessen,<br />

Erfahrungen und<br />

Kenntnissen<br />

orientiert sein.<br />

Foto: DED-Archiv<br />

38 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Äthiopien<br />

Unterstützung non-formaler<br />

Berufsbildungsmaßnahmen<br />

Privatwirtschaft kann Ausbildungsinhalte mitbestimmen<br />

Zwischen Anfang 2002 und Ende 2003 wurden Nichtregierungsorganisationen<br />

(NRO) in der Durchführung von konkreten non-formalen Berufsbildungsmaßnahmen<br />

unterstützt. Seit Ende 2003 werden zunehmend Maßnahmen zur Konzeptund<br />

Kapazitätsentwicklung als auch zur Interessenvertretung und politischen<br />

Artikulation durchgeführt.<br />

Christian Caspar<br />

Der folgende Artikel gliedert<br />

sich in drei Abschnitte. Im<br />

ersten werden die politischen<br />

Rahmenbedingungen skizziert,<br />

innerhalb derer non-formale berufliche<br />

Bildung in Äthiopien<br />

stattfindet. Im zweiten Abschnitt<br />

werden zentrale Probleme<br />

von NRO aufgezeigt, die in<br />

der Durchführung der genannten<br />

Ausbildungsmaßnahmen<br />

entstehen. Im dritten Teil wird<br />

der Prozess der Konzeptentwicklung<br />

im politischen System dargestellt.<br />

Politische<br />

Rahmenbedingungen<br />

Schon in der ersten Projektphase<br />

des Berufsbildungsvorhabens<br />

von 1999 bis 2003 haben sich<br />

die deutschen Durchführungsorganisationen<br />

mit dem innovativen<br />

und integrierten Ansatz bei<br />

der äthiopischen Regierung profiliert.<br />

So wurde die staatlich<br />

dominierte berufliche Ausbildung<br />

für nicht-staatliche Trainingsanbieter<br />

geöffnet und der<br />

Privatwirtschaft Raum zur Mitbestimmung<br />

von Ausbildungsinhalten<br />

gegeben. Daraufhin<br />

hat die äthiopische Regierung<br />

der GTZ (Deutsche Gesellschaft<br />

für Technische Zusammenarbeit)<br />

die Federführung in der<br />

Weiterentwicklung des Berufsbildungssystems<br />

angetragen.<br />

In der laufenden zweiten<br />

Phase des Programms werden<br />

Ausbildungsmöglichkeiten nun<br />

nicht mehr nur für Jugendliche<br />

geschaffen, die einen formalen<br />

Schulabschluss nach der zehnten<br />

Klasse haben, sondern zunehmend<br />

auch für Schulabbrecher,<br />

zu denen die Mehrzahl<br />

der Jugendlichen, vor allem in<br />

den ländlichen Regionen, zählt.<br />

Ziel ist es, den Anteil von<br />

Schulabbrechern, insbesondere<br />

von Mädchen, an den Programmen<br />

der non-formalen Ausbildung<br />

bis 2008 bedeutend zu erhöhen.<br />

Da die äthiopische Regierung<br />

zu der Einsicht gelangte,<br />

dass sie alleine nicht in der<br />

Lage sei, Ausbildungsmöglichkeiten<br />

landesweit und flächendeckend<br />

zur Verfügung zu stellen,<br />

wurden profit- und gemeinwohlorientierteTrainingsanbieter<br />

in die Durchführung integriert.<br />

So können sich Trainingsanbieter<br />

mittlerweile bei der Regierung<br />

akkreditieren lassen und<br />

Ausbildungskurse in bislang<br />

mehr als 24 verschiedenen technischen<br />

Berufen anbieten. Dieses<br />

Angebot gilt aus Qualitätsgründen<br />

jedoch nur für Schul-<br />

abgänger. Für Schulabbrecher<br />

wurden bislang im Berufsbildungsprogramm<br />

noch keine<br />

hinreichenden Angebote geschaffen.<br />

Die überwältigende Mehrheit<br />

der registrierten gemeinwohlorientierten,<br />

also nicht-kommerziellen<br />

Trainingsanbieter bzw.<br />

NRO nehmen die Rolle als alternativeDurchführungsorganisationen<br />

an. Zahlreichen NRO<br />

ist jedoch bewusst, dass benachteiligte<br />

Zielgruppen, wie Arme,<br />

Straßenkinder, Behinderte oder<br />

Prostituierte, mit denen sie sowohl<br />

in den ländlichen als auch<br />

in den städtischen Gebieten arbeiten,<br />

von diesen Angeboten<br />

ausgeschlossen sind. Eine besondere<br />

Bedeutung in dem<br />

staatlichen Programm kommt<br />

daher den so genannten regionalen<br />

Berufsbildungsräten<br />

(TVET-Councils) zu, in denen<br />

regional und lokal angepasste<br />

Strategien entwickelt werden.<br />

Problemanalyse von<br />

gemeinwohlorientierten<br />

Trainingsanbietern<br />

Zwischen Anfang 2002 und<br />

Ende 2003 wurden NRO in der<br />

Durchführung von konkreten<br />

non-formalen Berufsbildungsmaßnahmen<br />

unterstützt, um<br />

deren Möglichkeiten und Grenzen<br />

zu erkennen. Durch eine<br />

gemeinsam mit den NRO<br />

durchgeführte begleitende Aktionsforschung<br />

liegt eine detaillierte<br />

Problemanalyse vor, die<br />

Ende 2003 mit mehr als 20<br />

NRO mit zum Teil langjähriger<br />

praktischer Erfahrung diskutiert<br />

wurde.<br />

Leider findet nur ein kleiner<br />

Teil der Jugendlichen dauerhaft<br />

eine Beschäftigung oder kann


sich längerfristig mit der selbständigen<br />

Tätigkeit ein Einkommen<br />

erwirtschaften.<br />

Auswahl von<br />

Trainingsinhalten<br />

Ein Großteil der NRO wandte<br />

sich anfangs mit Projektanträgen<br />

an den DED, die nicht nur traditionelle,<br />

sondern auch stereotype<br />

Inhalte hatten: So sollten<br />

Maßnahmen wie Holz- und<br />

Metallarbeit für Jungen oder<br />

Nähen und Frisieren für Mädchen<br />

realisiert werden. Es stellte<br />

sich heraus, dass den NRO<br />

Fachwissen fehlt, Marktnachfrage<br />

und Trainingsbedarfe zu<br />

identifizieren.<br />

Strategien der NRO<br />

So sehr Ausbildung auch dazu<br />

beitragen kann, ein Einkommen<br />

zu erwirtschaften, so wenig ist es<br />

zutreffend, dass mangelnde Ausbildung<br />

der alleinige Grund für<br />

(Jugend-)Arbeitslosigkeit ist.<br />

Dementsprechend ist die Vermittlung<br />

von technischen Fertigkeiten<br />

zwar ein notwendiges Element,<br />

jedoch keine hinreichende<br />

Lösung. Grundlegende betriebswirtschaftliche<br />

Kenntnisse fehlen<br />

den meisten Jugendlichen wie<br />

auch den NRO-Mitarbeitern.<br />

Entgegen den Erwartungen<br />

bezüglich der Partizipation von<br />

Jugendlichen verfahren auch<br />

NRO häufig angebotsorientiert,<br />

indem sie Ausbildungskurse<br />

oder -stipendien anbieten, für<br />

die sie dann interessierte Jugendliche<br />

suchen. So wurden in<br />

den Bewerbungsgesprächen deren<br />

Interessen, Erfahrungen und<br />

Kenntnisse nicht hinreichend<br />

abgefragt. Dennoch nehmen<br />

viele Jugendliche an Maßnahmen<br />

teil, die nicht ihren primären<br />

Wünschen entsprechen.<br />

Motivationsfördernd ist, dass<br />

viele NRO während des Trainings<br />

ein Taschengeld auszahlen<br />

und häufig eine Startfinanzierung<br />

aus Bar- oder Sachmitteln<br />

nach erfolgreichem Abschluss<br />

bereitstellen.<br />

Den Mitarbeitern von NRO<br />

ist zwar das Problem der nonformalen<br />

Berufsbildung und<br />

Klein(st)gewerbeförderung bewusst,<br />

doch verfügen sie nicht<br />

über das nötige konzeptionelle<br />

und fachliche Know-how, vielschichtigere<br />

Projekte zu entwickeln.<br />

Konzeptentwicklung<br />

und politische Artikulation<br />

Seit Ende 2003 wird in Zusammenarbeit<br />

mit mehr als 20<br />

NRO an der Entwicklung von<br />

geeigneten Konzepten für<br />

Schulabbrecher gearbeitet. Angestrebt<br />

wird dabei eine Erhöhung<br />

der Einkommens- und<br />

Beschäftigungsmöglichkeiten für<br />

diese Zielgruppe. Ebenso werden<br />

Fortbildungen für die Mitarbeiter<br />

der NRO organisiert,<br />

um ihnen die notwenigen<br />

Kenntnisse zu vermitteln<br />

(Markt- und Trainingsbedarfsanalysen,<br />

CEFE, Business Development<br />

Services, Verhandlung<br />

mit Anbietern von<br />

Klein(st)krediten, u.a.).<br />

Interessenvertretung<br />

In fünf Bundesländern Äthiopiens<br />

wurden Berufsbildungsräte<br />

ins Leben gerufen, in denen<br />

neben zuständigen staatlichen<br />

Behörden auch Berufsverbände,<br />

Unternehmer, sowie profit- und<br />

gemeinwohlorientierte Trainingsanbieter<br />

vertreten sind,<br />

um regional und lokal angepasste<br />

Strategien zu entwickeln.<br />

Die zukünftigen zentralen<br />

Aufgaben in der Förderung von<br />

NRO in der non-formalen beruflichen<br />

Bildung sind: In Zusammenarbeit<br />

mit dem NRO-<br />

Dachverband wird ein Großteil<br />

der relevanten NRO identifiziert,<br />

regional vernetzt und in<br />

die Konzept- und Kapazitätsentwicklung<br />

eingebunden. Interessierte<br />

NRO werden in der Beantragung<br />

von zusätzlichen finanziellen<br />

Ressourcen unterstützt.<br />

Ziel ist die Durchführung des<br />

entwickelten Konzeptes mit unterschiedlichen<br />

Zielgruppen, in<br />

verschiedenen Regionen (Stadt,<br />

Land) unter Einbeziehung von<br />

verschiedenen Dienstleistungsanbietern<br />

und wissenschaftlicher<br />

Begleitforschung. Schließlich<br />

werden NRO unterstützt, ihre<br />

Interessen in den Berufsbildungsräten<br />

zu artikulieren und<br />

die regionale Strategieentwicklung<br />

in ihrem Sinn zu beeinflussen.<br />

� Christian Caspar ist Soziologe<br />

und seit 2000 Entwicklungshelfer<br />

des DED in Äthiopien.<br />

Foto: DED-Archiv<br />

Ausbildungsmöglichkeiten<br />

sollen auch für Jugendliche<br />

ohne formalen Schulabschluss<br />

geschaffen werden.<br />

Foto: DED-Archiv<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 39


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Die Braille-Schrift, das<br />

Blindenalphabet, wird mit<br />

Hilfe von aufgenagelten<br />

Kronkorken gelernt.<br />

Foto: Privat<br />

Sehbehinderte Schüler<br />

lernen die handwerkliche<br />

Bearbeitung von Leder.<br />

Foto: Privat<br />

40 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Kenia<br />

Schritte in die Selbständigkeit<br />

Schulische und berufliche Ausbildung für Sehgeschädigte<br />

Kenia ist ein Land mit 42 Volksgruppen und ebenso vielen Sprachen und die Unterschiede<br />

zwischen Stadt und Land sind extrem groß. Weniger als fünf Prozent der<br />

behinderten Kinder besuchen eine Schule, von den blinden Kindern sind es rund 20<br />

Prozent. Es gibt einige „Vorzeige-Blinde“, wie Rechtsanwälte, Universitätsdozenten,<br />

Parlamentsabgeordnete oder einen Musiker, der auch schon zu Konzerten in<br />

Deutschland war. Die große Mehrheit der Sehgeschädigten erhält aber weder eine<br />

schulische noch eine berufliche Ausbildung. Auch als Erwachsene sind sie somit von<br />

der Fürsorge der Familie oder Dorfgemeinschaft abhängig. Unter normalen Bedingungen<br />

klappt das auch. Schwierig wird es dann, wenn eine Regenzeit ausfällt und<br />

die Lebensmittel knapp werden.<br />

Norbert Kather<br />

In Kenia gibt es sechs Grundschulen<br />

und eine weiterführende<br />

Schule für Blinde mit<br />

angeschlossenem Internat. Vier<br />

der sieben Schulen werden von<br />

der Heilsarmee getragen, zwei<br />

von katholischen Missionsstationen<br />

und eine geht auf eine<br />

private Gründung zurück und<br />

wird jetzt von der Kirche weitergeführt.<br />

Die beiden Schulen in<br />

katholischer Trägerschaft sind<br />

solide und gut geführt, und<br />

auch das Niveau der Ausbildung<br />

ist dort um einiges besser<br />

als in den anderen Blindenschulen.<br />

Lebensperspektive<br />

verbessern<br />

Daneben gibt es in 32 von 68<br />

Bezirken integrierte Programme<br />

für sehgeschädigte Kinder und<br />

Jugendliche (Special Units). Diese<br />

sind an örtliche Grundschulen<br />

bzw. weiterführende Schulen<br />

angegliedert und ermöglichen<br />

einen Schulbesuch nahe der<br />

Heimatregion. In den Units sind<br />

die sehgeschädigten Kinder in<br />

den ersten drei Jahren in eigenen<br />

Klassen, lernen Lesen und<br />

Schreiben der Braille und erhalten<br />

den ersten Unterricht in<br />

Mathematik, Englisch und Suaheli.<br />

In den Schulalltag sind sie<br />

insoweit integriert, dass sie Mittagessen<br />

und Freizeit mit den<br />

nicht behinderten Kindern verbringen.<br />

Ab dem vierten Schuljahr<br />

werden dann alle Kinder in<br />

gemeinsamen Klassen unterrichtet.<br />

Machakos war einer der Distrikte,<br />

in denen es zwar Special<br />

Units für verschiedene Behindertengruppen<br />

gab, aber nicht für<br />

Sehgeschädigte. Das bedeutete,<br />

dass in einem Gebiet von der<br />

Größe eines deutschen Bundeslandes<br />

keine angemessene<br />

Schulausbildung für Blinde<br />

möglich war.<br />

Bürokratische Hürden<br />

Für den Start einer Special Unit<br />

setzte ich mich ein. Sie würde<br />

die Lebensperspektive blinder<br />

Kinder jetzt und in Zukunft<br />

deutlich verbessern.<br />

Die Inspektorin für Sonderschulen,<br />

Angelica Wausi, hatte<br />

ich auf meiner Seite. Wenn sie<br />

es nicht übernommen hätte, die<br />

bürokratischen Hürden aus dem<br />

Weg zu räumen, würde es die<br />

Unit wohl bis heute nicht geben.<br />

Schließlich wurde eine<br />

Schule gefunden, an der Eltern,<br />

Lehrer und der Direktor Interesse<br />

und Engagement für dieses<br />

Projekt zeigten: die DEB Primary<br />

School in Kangundo, einer<br />

kleinen Stadt mit etwa 5.000<br />

Einwohnern.<br />

Als künftiges Heim stand auf<br />

dem Schulgrundstück ein altes<br />

Lehrerhaus in schlechtem baulichem<br />

Zustand zur Verfügung.<br />

Bald hatten wir 2.000 Euro für<br />

die Renovierung beisammen.<br />

Das Haus hat je einen Schlafraum<br />

für Mädchen und Jungen,<br />

eine kleine Kammer für die Erzieherin,<br />

einen Ess- und Aufenthaltsraum.<br />

Neben den baulichen Maßnahmen<br />

war es auch wichtig,<br />

Erzieherinnen und einen Lehrer<br />

für die Arbeit mit sehgeschädigten<br />

Kindern auszubilden. Für<br />

Theorie und Praxis wählte ich<br />

das Integrated Program in Kitui.<br />

Es wurde 1985 von der Christoffel<br />

Blindenmission als eines<br />

der ersten Integrationsprojekte<br />

in Kenia begonnen und hat<br />

auch heute noch Vorbildcharakter.<br />

Dort leben etwa 70 blinde<br />

und sehbehinderte Kinder und


Jugendliche, die den Kindergarten,<br />

eine Grund- oder eine weiterführende<br />

Schule besuchen.<br />

Die zweiwöchige Ausbildung<br />

war zwar kurz, aber durch den<br />

Einsatz der dortigen Mitarbeiter<br />

nutzten wir die Zeit gut. Die<br />

Erzieherinnen, der Lehrer und<br />

Direktor wurden für den Start<br />

in Kangundo sehr motiviert.<br />

Ab der vierten Klasse werden<br />

die Sehgeschädigten in den normalen<br />

Schulablauf integriert<br />

und erhalten bei Bedarf Unterrichtstexte<br />

in Punktschrift oder<br />

andere Unterstützung. Da im<br />

Lauf der Zeit viele Lehrerinnen<br />

und Lehrer einmal Blinde unterrichten<br />

werden, nahmen an<br />

dem von mir angebotenen<br />

Punktschriftkurs mit zehn Lehrerinnen<br />

und Lehrern ein Drittel<br />

des Kollegiums teil.<br />

Schulgelände als Freiraum<br />

Im Mai 2002 begann die Unit<br />

mit nur zwei Kindern, inzwischen<br />

sind es mit vier Mädchen<br />

und acht Jungen zwölf Schülerinnen<br />

und Schüler. Die meisten<br />

sind zwischen sechs und<br />

acht Jahre alt und sprechen fast<br />

ausschließlich die Lokalsprache<br />

Kikamba. Da viele Eltern kaum<br />

wissen, wie sie ihr blindes Kind<br />

gut fördern können neigen viele<br />

zu extremen Behüten und wollen<br />

am liebsten jede Bewegung<br />

ihres Kindes kontrollieren. Das<br />

Schulgelände ist für diese Kinder<br />

ein Freiraum, in dem sie<br />

sich frei und selbständig zu bewegen<br />

lernen und dies auch<br />

sehr auskosten. Der Älteste in<br />

der Unit ist ein sehbehinderter<br />

14-jähriger Junge, der in seinem<br />

Heimatort sechsmal die erste<br />

Klasse besucht hatte, da niemand<br />

auf seine Behinderung<br />

eingegangen war und ihm keine<br />

Hilfsmittel zur Verfügung standen.<br />

Heute ist eine Lupe sein<br />

bestgehüteter Schatz, denn mit<br />

ihr kann er Druckschrift gut lesen<br />

und hat inzwischen in der<br />

Regelklasse gute Lernfortschritte<br />

erreicht. Nur zwei Eltern hätten<br />

das Geld gehabt, ihr Kind auf<br />

eine andere Schule – also auf<br />

eine in einem anderen Distrikt<br />

gelegene Blindenschule – zu<br />

schicken. Die anderen Kinder<br />

hätten diese Chance wohl nie<br />

gehabt.<br />

Die Unit wird sich, zumindest<br />

in den ersten Jahren, nicht<br />

selbst tragen können. Die Lehrerstellen<br />

werden über das Erziehungsministerium<br />

finanziert,<br />

nicht aber die beiden Erzieherinnen,<br />

die sich wöchentlich abwechseln.<br />

Deren Gehalt und<br />

auch das Geld für Lebensmittel<br />

sollen durch Schulgebühren getragen<br />

werden. Doch das funktioniert<br />

nicht. Mindestens 1.500<br />

Euro jährlich werden benötigt,<br />

um das Gehalt der beiden Erzieherinnen<br />

und einen Teil der<br />

laufenden Kosten zu sichern.<br />

Durch Gemüseanbau, Hühnerzucht<br />

oder das Halten einer<br />

Milchkuh sollte die Schule in<br />

der Lage sein, das Gehalt der<br />

Erzieherinnen selbst zu erwirtschaften.<br />

Für den Gemüseanbau<br />

steht ein größeres Stück Land<br />

zur Verfügung, das aber bewässert<br />

werden müsste. Die Hühnerhaltung<br />

hat den Vorteil, dass<br />

sie nicht so arbeitsintensiv ist.<br />

Milch erzielt auf dem lokalen<br />

Markt einen guten Preis, aber<br />

eine gute Milchkuh kostet in<br />

Kenia etwa 500 Euro. Alle drei<br />

Projekte könnten die Ernährung<br />

der Kinder verbessern und die<br />

Unit finanziell unabhängig machen.<br />

An der Ausbildungssituation<br />

in Kangundo gibt es sicher<br />

noch einiges zu verbessern, aber<br />

in den vergangenen zwei Jahren<br />

wurde durchaus viel Positives<br />

geleistet. Ich habe das Wachstum<br />

der Unit bei Besuchen beobachtet<br />

und besonders die engagierte<br />

Arbeit der Erzieherinnen<br />

und die gute Atmosphäre<br />

unter den Kindern zu schätzen<br />

gelernt. Für die nächsten Jahre<br />

ist bei steigender Schülerzahl<br />

der Ausbau eines zweiten Hauses<br />

als Heim erforderlich. Ein<br />

weiteres wichtiges Vorhaben ist<br />

der Kauf einer Milchkuh.<br />

� Norbert Kather ist Sozialarbeiter<br />

und blind. Er war mit<br />

dem Britischen Entwicklungsdienst<br />

VSO von 1999 bis<br />

2002 in der Behindertenarbeit<br />

in Kenia tätig.<br />

Blinde Kinder in der DEB<br />

Primary School in Kangundo<br />

Foto: Privat<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 41


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Die Wunden der<br />

Vergangenheit<br />

schmerzen noch immer.<br />

Foto: Timo Weinacht<br />

42 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Ruanda<br />

Traumata und Träume<br />

Berufsausbildung und Versöhnung<br />

Vor über zehn Jahren wütete in dem kleinen zentralafrikanischen Land ein von<br />

staatlicher Seite organisierter Völkermord, dem in nur drei Monaten über eine<br />

Million Menschen zum Opfer fielen. Die meisten von ihnen stammen aus der<br />

Bevölkerungsgruppe der Tutsis, aber auch zahlreiche regimekritische Hutus waren<br />

unter den Toten. Die grauenvollen Bilder des auf offener Straße vollzogenen<br />

Mordens sind unvergessen. Und dessen Tote sind bis heute noch nicht alle gezählt.<br />

Gerd Scheuerpflug<br />

Viele Ruander nahmen den<br />

Trubel um die gewaltvolle<br />

Geschichte ihres Landes mit<br />

durchaus gemischten Gefühlen<br />

wahr. Einerseits begegneten sie<br />

dem internationalen Interesse<br />

mit Wohlwollen und freuten<br />

sich über das bekundete Mitgefühl,<br />

andererseits fürchteten sie,<br />

dass ihre blutigen Erinnerungen<br />

an die Vergangenheit in den<br />

Bücherregalen von Historikern<br />

und Soziologen abgelegt würden.<br />

Wunden<br />

der Vergangenheit<br />

Dieses Misstrauen kommt nicht<br />

von ungefähr, da die Ereignisse<br />

von 1994 längst nicht bewältigt<br />

sind. Die Wunden der Vergangenheit,<br />

ob körperlicher oder<br />

seelischer Natur, sind zwar vernarbt,<br />

bei vielen Betroffenen<br />

aber verursachen sie noch heute<br />

unermessliche Schmerzen.<br />

Hinzu kommt, dass das am<br />

dichtesten besiedelte Land Afrikas<br />

trotz seiner erstaunlichen<br />

Wiederaufbauleistung wirtschaftlich<br />

in einer äußerst kriti-<br />

schen Lage ist. Über 60 Prozent<br />

der Bevölkerung muss nämlich<br />

mit weniger als einem Dollar<br />

pro Tag auskommen und lebt<br />

damit unterhalb der Armutsgrenze.<br />

Wenn man zudem statistische<br />

Werte wie die Alphabetisierungsrate,<br />

das Bevölkerungswachstum<br />

und die Kindersterblichkeit<br />

in Betracht zieht, wird<br />

deutlich, warum Ruanda zu den<br />

so genannten Least-Developed-<br />

Countries gehört, den am wenigsten<br />

entwickelten Ländern der<br />

Welt.<br />

Klassifizierung der Armut<br />

Um dem Elend in ihrem Land<br />

Konturen zu geben, hat die<br />

ruandische Regierung eine poetisch<br />

anmutende Klassifizierung<br />

der Armut entwickelt. Nach dieser<br />

Einteilung haben die Ärmsten<br />

der Armen „nicht einmal<br />

einen Fingernagel, um sich am<br />

Kopf zu kratzen“. Weniger<br />

schlecht gestellt sind all die, die<br />

mehr besitzen als ihr Hemd auf<br />

dem Leib, freilich noch nicht<br />

genug, um offiziell als arm eingestuft<br />

zu werden. Denn erst<br />

die dritte Kategorie der Bürgerinnen<br />

und Bürger qualifiziert<br />

sich dafür, sie können nämlich<br />

immerhin etwas Hab und Gut<br />

vorweisen. Zusammen mit der<br />

folgenden Gruppe, den Armen<br />

mit Grund und Boden, bilden<br />

diese allerdings schon den Mittelstand<br />

des Landes. Sie können<br />

es sich in der Regel leisten, ihre<br />

Kinder in die Schule zu schicken,<br />

womit das größte Kapital<br />

des Landes beim Namen genannt<br />

wird: Junge Menschen<br />

unter fünfundzwanzig Jahren.<br />

Sie machen rund 70 Prozent der<br />

Bevölkerung aus.<br />

Für die politischen Entscheidungsträger<br />

liegt in der Entwick-


lung des so genannten Human<br />

Capital die größte Hoffnung –<br />

zugleich aber auch eine immense<br />

Herausforderung. Bildung<br />

hat für das Land mit einer Bevölkerung<br />

von acht Millionen<br />

Menschen daher geradezu eine<br />

tragische Bedeutung.<br />

Aus gutem Grund hat die<br />

ruandische Regierung bereits in<br />

der Frühphase der Konsolidierung<br />

nach dem Genozid bei<br />

ihren Kooperationspartnern um<br />

Unterstützung im Bildungssektor<br />

nachgefragt. So wurde die<br />

deutsche Bundesregierung 1996<br />

um eine detaillierte Expertise<br />

im Bereich der berufsorientierten<br />

Ausbildung gebeten. Als besondere<br />

Zielgruppe wurden dabei<br />

die über eine Million Jugendlichen<br />

ohne Einkommen<br />

schaffende Beschäftigung genannt,<br />

die nach Ansicht der<br />

Verantwortlichen einen hohen<br />

Risikofaktor für die soziale und<br />

wirtschaftliche Stabilität des<br />

Landes darstellten.<br />

Integration verwirklichen<br />

Nach eingehenden Beratungen<br />

wurde Ende 1997 von der Gesellschaft<br />

für Technische Zusammenarbeit<br />

(GTZ) und dem<br />

DED mit der Durchführung des<br />

Vorhabens „Beschäftigungsför-<br />

derung für Jugendliche“ begonnen.<br />

Das Projektziel ist, junge<br />

Ruander dabei zu unterstützen,<br />

Initiativen zu ihrer ökonomischen<br />

und sozialen Integration<br />

sowie zur nationalen Versöhnung<br />

und zum Frieden in der<br />

Region der Großen Seen zu verwirklichen.<br />

Spezielles Augenmerk<br />

wird dabei auf den Wiederaufbau<br />

und die Qualitätsverbesserung<br />

der Jugendausbildungszentren<br />

(Centre de Formation<br />

des Jeunes – CFJ) gelegt, die<br />

auf junge Menschen mit und<br />

ohne Primarschulabschluss zugeschnitten<br />

sind. Aber auch die<br />

formalen berufsbildenden Schulen<br />

auf Sekundarebene, genannt<br />

ETO (Ecoles Techniques Officielle),<br />

gehören in den Durchführungsbereich<br />

der deutsch-ruandischen<br />

Kooperation.<br />

Der DED ist an diesem Vorhaben<br />

mit vier Projektplätzen<br />

beteiligt, die sich allesamt in<br />

ländlichen Regionen befinden.<br />

Entsprechend ihrer komplexen<br />

Aufgabenstellung, nämlich sowohl<br />

für Aspekte der Berufsausbildung<br />

als auch für Versöhnungsarbeit<br />

zuständig zu sein,<br />

wird von den Entwicklungshelferinnen<br />

und -helfern eine besondere<br />

Sensibilität im Umgang<br />

mit ihrer Zielgruppe verlangt.<br />

Zukunftsperspektiven<br />

entwickeln<br />

Eine der DED-Fachkräfte ist<br />

Ruth Pester-Hettche, die seit<br />

zweieinhalb Jahren im Ausbildungszentrum<br />

Nyanza im Süden<br />

des Landes tätig ist. Auf die<br />

Frage, ob ihr bei der Arbeit ihre<br />

Doppelqualifizierung als Grafikdesignerin<br />

und Kunsttherapeutin<br />

zu Gute komme, antwortet<br />

sie: „Auf dem Papier ja, obwohl<br />

im Umgang mit den Auszubildenden<br />

weniger Konzepte gefragt<br />

sind als Persönlichkeit. Wir<br />

machen hier ja keine Therapie,<br />

sondern wir bilden aus. Vielleicht<br />

sind wir ja therapeutisch<br />

wirksam, indem wir ausbilden.<br />

Ich hoffe es, aber darüber<br />

möchte ich mir letztlich kein<br />

Urteil erlauben. In erster Linie<br />

wollen wir Kompetenzen vermitteln<br />

und mit jungen Menschen<br />

Zukunftsperspektiven entwickeln.<br />

Gerade in der künstlerischen<br />

Arbeit mit den Auszubildenden<br />

ist es spannend mitzuerleben,<br />

wie es zutiefst unsichere<br />

Menschen lernen, über<br />

ihre eng gesetzten Grenzen hinauszugehen.<br />

Die meisten meiner<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

wagen es zunächst nämlich<br />

nicht, ihre Ideen, ihre Kreativität<br />

und letztendlich sich sel-<br />

Junge Korbflechterinnen<br />

bei der Arbeit.<br />

Foto: Timo Weinacht<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 43


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Den Auszubildenden<br />

hilft es, wenn die<br />

Lehrer zuhören und<br />

ihnen Mut machen.<br />

Foto: Timo Weinacht<br />

44 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

ber ernst zu nehmen. Doch genau<br />

darauf kommt es an: die eigenen<br />

Phantasien und Gefühle<br />

wahrnehmen, erleben und mit<br />

anderen teilen. Wie sollen sie<br />

sonst eine mündige Persönlichkeit<br />

entwickeln, die sich in der<br />

Gesellschaft behaupten und zu<br />

deren Entwicklung beitragen<br />

kann?“<br />

Die auslandserfahrene Lehrerin<br />

unterstreicht, dass sie bei<br />

ihren Auszubildenden weder<br />

Nachforschungen anstellt noch<br />

Therapiemethoden ausprobiert:<br />

„Ich versuche, für sie da zu sein,<br />

wenn sie mich brauchen und<br />

mache ihnen Mut, sich auszudrücken.“<br />

Sie spielt damit auf<br />

eine Tugend an, die in der sozialtherapeutischen<br />

Arbeit unabdingbar<br />

ist: Zuhören können,<br />

wenn jemand reden will, anstatt<br />

reden zu lassen, wenn mal gerade<br />

jemand zuhören kann.<br />

Auch für Torsten Gerbitz, der<br />

in der Nähe des Dreiländerecks<br />

Ruanda-Tansania-Burundi für<br />

den DED als Automechanikermeister<br />

in der Technischen<br />

Fachschule Kibungo tätig ist,<br />

hat diese Regel Gewicht: „Die<br />

Ruander gelten als verschlossen,<br />

und da ist etwas dran. Was hilft<br />

es da, wenn ich meine Leute<br />

mit Fragen löchere. Dann machen<br />

sie erst recht dicht.“<br />

Um die sozialintegrativen<br />

und friedensfördernden Komponenten<br />

seiner Arbeit will der<br />

Schweriner freilich nicht viel<br />

Aufhebens machen: „Ich achte<br />

darauf, dass sich die Jugendlichen<br />

gegenseitig respektieren<br />

und anständig miteinander umgehen,<br />

womit wir in der Regel<br />

keine Probleme haben.“ Und<br />

wenn ihm dann – wie im letzten<br />

Ausbildungsjahr – ein Auszubildender<br />

von sich aus davon<br />

erzählt, dass er seine Eltern im<br />

April 1994 verloren hat, darf<br />

dies als ein Indiz gelten, dass<br />

die behutsame, menschliche Art<br />

des Lehrers gut bei den Schülern<br />

ankommt.<br />

Volk von Traumatisierten?<br />

Die in der internationalen Presse<br />

immer wieder aufgestellte<br />

These, dass die Ruander ein<br />

Volk von Traumatisierten seien,<br />

zielt aus der Sicht der beiden<br />

Berufsschullehrer am ruandischen<br />

Lebensalltag vorbei. „Die<br />

jungen Leute tragen ihr Trauma<br />

doch nicht wie ein Schild vor<br />

sich her. Natürlich müssen wir<br />

davon ausgehen, dass fast alle,<br />

die im Frühjahr 1994 im Land<br />

waren, Schreckliches gesehen<br />

oder gar miterlebt haben. Aber<br />

jeder verarbeitet so etwas auf<br />

seine Weise. Wer will entscheiden,<br />

wo die Gesundheit aufhört<br />

und die Krankheit beginnt?“,<br />

ergänzt Ruth Pester-Hettche.<br />

In der Klasse von Torsten<br />

Gerbitz finden sich sogar ein<br />

paar junge Leute, die sich zu<br />

diesem Thema äußern wollen.<br />

Das Stichwort „Vergangenheitsbewältigung“<br />

scheint sie aus der<br />

Reserve gelockt zu haben. Als<br />

erster spricht Olivier, der an der<br />

burundischen Grenze aufgewachsen<br />

ist und seinerzeit nicht<br />

enden wollende Flüchtlingsströme<br />

an seinem Elternhaus<br />

hat vorbeiziehen sehen. Irgendwann<br />

seien die Flüchtlinge<br />

dann in die andere Richtung gegangen,<br />

wieder zurück nach<br />

Ruanda. Das Morden hatte endlich<br />

ein Ende gefunden.<br />

Nicht daran denken<br />

Der forsche 20-Jährige, der in<br />

seiner Freizeit bei einer Jazzdance-Gruppe<br />

mitmacht, gesteht<br />

lächelnd: „Ich denke nie<br />

an diese Zeiten und kann gut<br />

damit leben. Am liebsten würde<br />

ich alles vergessen.“ Olivia, zwei<br />

Jahre älter als er und das einzige<br />

Mädchen in der Klasse, pflichtet<br />

ihrem Mitschüler in holprigem<br />

Französisch bei: „Meine sieben<br />

Geschwister und ich konnten<br />

monatelang nicht aus dem<br />

Haus, weil wir alle Angst hatten.<br />

Nachts sind wir dann zum<br />

Kartoffelholen auf die Felder.<br />

Eine schreckliche Zeit. Warum<br />

soll ich daran zurückdenken?“<br />

Neben den Automechanikern<br />

gibt es in Kibungo noch<br />

eine ganze Reihe anderer Ausbildungszweige:<br />

Maurer, Schreiner,<br />

Dreher, Elektrotechniker<br />

und andere. Insgesamt sind es<br />

dreihundert Jugendliche, die<br />

alle in einem an die Werkstätten<br />

angrenzenden Internat untergebracht<br />

sind. Finanziert wird die<br />

dreijährige Ausbildung, die pro


Jahr umgerechnet etwa 80 Euro<br />

kostet, entweder von den Eltern<br />

oder vom Staat. Für eine Förderung<br />

durch die öffentliche<br />

Hand müssen jedoch soziale<br />

Gründe geltend gemacht werden,<br />

über die in den Heimatgemeinden<br />

der Schüler entschieden<br />

wird – ein nicht unumstrittener<br />

Modus, da die lokalen<br />

Autoritäten dabei nicht immer<br />

nach objektiven Kriterien vorgehen.<br />

Seit dem letzten Schuljahr<br />

gibt es noch eine dritte Finanzierungsform:<br />

die Unterstützung<br />

durch FARG (Fonds zur<br />

Förderung der Überlebenden<br />

des Genozids). In Kibungo werden<br />

48 Schüler durch diese Organisation<br />

finanziert, die meisten<br />

von ihnen sind Waisen, die<br />

im Genozid zum Teil sämtliche<br />

Angehörige verloren haben.<br />

Ein Stück Jugend<br />

zurückbekommen<br />

Alphonsine, die das Maschinenschlosser-Handwerk<br />

lernt, ist<br />

eine von ihnen. Immerhin steht<br />

sie nicht ganz allein im Leben,<br />

denn außer ihr sind auch zwei<br />

ihrer jüngeren Geschwister den<br />

Massakern entgangen. Allerdings<br />

haben sich die drei aus<br />

wirtschaftlichen Gründen voneinander<br />

trennen müssen. So<br />

leben ihr Bruder bei Nachbarn<br />

und ihre Schwester bei Verwandten.<br />

„Wenn wir zusammen<br />

geblieben wären“, erklärt die 19-<br />

Jährige, „hätte uns keiner helfen<br />

können, denn zu dritt wären<br />

wir allen eine Last gewesen.“<br />

Gedankenverloren ergänzt sie:<br />

„Ich war doch selber noch ein<br />

Kind und musste mich schon<br />

um meine eigenen Geschwister<br />

kümmern.“<br />

Dank der Unterstützung<br />

durch FARG hat die junge Frau<br />

aus Kigali ein Stück ihrer Jugend<br />

zurückbekommen. Denn<br />

das Internatsleben in der ETO<br />

Kibungo entlastet sie in vielen<br />

praktischen Dingen und nimmt<br />

ihr viel Verantwortung ab. Dadurch<br />

kann sie sich ungestört<br />

auf ihre Ausbildung konzentrieren<br />

und sich langsam ein Bild<br />

von der Zukunft machen. „Hier<br />

habe ich gelernt, dass es überhaupt<br />

so etwas wie eine Zukunft<br />

gibt. Zuvor bestand mein ganzes<br />

Leben aus meiner Vergan-<br />

genheit, auch das Heute und<br />

das Morgen.“<br />

Unbeschwertes<br />

Internatsleben<br />

In Kibungo hat sie angefangen,<br />

Träume zu haben. Als Vorstandsmitglied<br />

des Clubs der<br />

FARG-Auszubildenden, einer<br />

Art Selbsthilfegruppe für Genozidwaisen,<br />

möchte sie ihren<br />

Schicksalsgenossinnen helfen,<br />

und wenn sie später im Berufsleben<br />

steht, will sie ihre beiden<br />

Geschwister wieder zu sich holen.<br />

„Ich weiß, dass das unbeschwerte<br />

Internatsleben wieder<br />

zu Ende gehen wird, aber ich<br />

genieße jeden Tag, den ich hier<br />

bin“.<br />

Die Traumata aus ihrer Vergangenheit<br />

und die Träume für<br />

ihre Zukunft haben im geschützten<br />

Raum der Schule nebeneinander<br />

Bestand und können<br />

dort aufeinander einwirken.<br />

Anders als die Automechaniker-<br />

Lehrlinge Olivier und Olivia ist<br />

Alphonsine davon überzeugt,<br />

dass ihre Erinnerungen, so grausam<br />

und schmerzlich sie auch<br />

waren, zu ihr gehören und Teil<br />

ihrer selbst sind. Sie hat sich<br />

darüber schon viele Gedanken<br />

gemacht und oft darüber diskutiert.<br />

Insbesondere an den<br />

Samstagen, wenn sie sich mit<br />

ihren Freundinnen und Freunden<br />

vom FARG-Club trifft,<br />

nehmen sie es manchmal mit<br />

den schweren Fragen des Lebens<br />

und Überlebens auf. Im<br />

Brustton der Überzeugung stellt<br />

sie fest: „Die Vergangenheit<br />

lässt sich vielleicht vergessen<br />

machen, auslöschen aber lässt<br />

sie sich nicht.“<br />

� Gerd Scheuerpflug ist<br />

Diplom-Psychologe und seit<br />

2002 für den ZFD in Ruanda<br />

tätig<br />

Jeder verarbeitet die<br />

Geschehnisse auf seine Weise.<br />

Foto: Timo Weinacht<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 45


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Helen Banda, Koordinatorin<br />

des Programms für<br />

Rechtsberatung.<br />

Foto: Margret Grottenthaler<br />

Das Rechtsberatungsprogramm<br />

stößt auf<br />

großes Interesse.<br />

Foto: Privat<br />

46 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Sambia<br />

Frauen lernen ihre Rechte kennen<br />

Laienjuristinnen kämpfen gegen den Rechtsanalphabetismus<br />

Eine Gruppe von Frauen sitzt unter einem Baum und hört aufmerksam den<br />

Ausführungen in ihrer lokalen Sprache Chinyanja zu. Es geht um Themen wie „Wie<br />

beende ich eine Ehe?“ und „Gesetze über Misshandlungen in der Ehe.“<br />

Margret Grottenthaler/<br />

Katrin Saage-Fain<br />

Wer Einblick in die stark<br />

verankerte patriarchalische<br />

Kultur Sambias hat, weiß, dass<br />

solche Themen ein Tabu brechen<br />

und von den Männern als<br />

radikale Bedrohung empfunden<br />

werden. Dass die Treffen immer<br />

häufiger vor mehr als 100 Zuhörerinnen<br />

und Zuhörern stattfinden,<br />

ist ein Verdienst von<br />

EPWDA, dem provinzweiten<br />

Landfrauenverband im Osten<br />

Sambias.<br />

Mit einem Rechtsberatungsprogramm<br />

setzen die Akteurinnen<br />

„Aufklärung und Sensibilisierung“<br />

gegen „Rechtsanalphabetismus“.<br />

Dabei stoßen sie in<br />

Dorfversammlungen auf großes<br />

Interesse, oft aber auch auf Widerspruch,<br />

doch nicht selten auf<br />

Unterstützung der Männer. Ein<br />

wichtiger Grund liegt darin,<br />

dass die von EPWDA ausgebildeten<br />

Laienjuristinnen die<br />

Grundzüge von Partizipation<br />

und Empowerment nicht als erlernte<br />

Methode präsentieren,<br />

sondern den eigenen Emanzi-<br />

pationsprozess verkörpern.<br />

Neben dem so genannten modernen<br />

Recht existiert noch immer<br />

das traditionelle, also das<br />

ungeschriebene, mündlich weitergegebene<br />

Recht der verschiedenen<br />

Ethnien Sambias. Ehe<br />

und Scheidung werden überwiegend<br />

durch das traditionelle<br />

Recht geregelt, das Frauen und<br />

Mädchen schlechter stellt als<br />

Männer.<br />

Mittlerweile klären 132 Laienjuristinnen<br />

in acht Regionen<br />

der Ostprovinz auf und beraten<br />

in Konfliktfällen. Ihre eigene<br />

Ausbildung umfasste mehrere<br />

einwöchige Workshops, die neben<br />

Grundlagen in Familien-,<br />

Erb- und Vertragsrecht auch sozialpädagogischeBeratungsmethoden<br />

umfassten.<br />

Helen Banda, Koordinatorin<br />

des Programms für Rechtsberatung,<br />

nennt als besonders kritischen<br />

Fall die Erbberechtigung<br />

von außerehelichen Kindern<br />

nach dem Tod des Vaters. Das<br />

subjektive Gerechtigkeitsempfinden<br />

der Betroffenen - und<br />

vielleicht auch der Laienjuristin<br />

– steht oftmals im Konflikt mit<br />

dem Gesetz.<br />

Laienjuristinnen haben keine<br />

leichte Aufgabe. Sie entscheiden<br />

die Art des vorgebrachten Konflikts<br />

und stellen, wenn nötig,<br />

den Kontakt zu Rechtsanwälten<br />

her. Sie informieren über<br />

Rechtswege und begleiten die<br />

Betroffenen vor Gericht. Dass<br />

der Rat von Laienjuristinnen immer<br />

häufiger auch von Männern<br />

in Anspruch genommen wird,<br />

beweist ihre Anerkennung.<br />

Keine leichte Aufgabe<br />

Rechtsaufklärung in Dorfversammlungen<br />

und Beratung<br />

durch Laienjuristinnen sind<br />

jedoch nicht die einzigen Aktivitäten,<br />

die EPWDA gegen<br />

Rechtsanalphabetismus zu Felde<br />

führt. Zusammen mit dem lokalen<br />

Radiosender Breeze produziert<br />

der Dachverband bereits in<br />

mehreren Auflagen Sendebeiträge,<br />

die einen überwältigenden<br />

Zuspruch erfahren haben. Zeugnis<br />

davon geben die Zuschriften<br />

und die Besucher, die sich dann<br />

nach den Sendungen im Büro<br />

in Chipata einfinden. Als besonders<br />

pfiffig erweist sich die<br />

Idee eines Quiz am Ende der<br />

Sendung. Die richtige Beantwortung<br />

von Fragen, wie „Wie<br />

schreibe ich ein Testament?“<br />

oder „Welcher Anteil am Erbe<br />

steht den Kindern zu?“ nimmt<br />

an einer Verlosung teil.<br />

Als Spezialistin in Sachen<br />

Traditionsrecht muss sich Helen<br />

Banda nun nicht mehr ausweisen.<br />

Ihre Stimme ist weit über<br />

Chipata hinaus bekannt. Dass<br />

sie bei Besuchen in anderen Regionen<br />

erkannt wird, zeigt deutlich,<br />

wie viel Aufmerksamkeit<br />

die Radiotipps erhalten.<br />

Wenn sich Laienjuristinnen<br />

aus acht Distrikten und verschiedenen<br />

Volksgruppen zum<br />

Erfahrungsaustausch treffen,<br />

werden die Unterschiede deut-


lich sichtbar. In Chama wird<br />

Frauen Landbesitz durch das<br />

traditionelle Recht erlaubt. In<br />

Katete dagegen verhindert es,<br />

dass Frauen selbst nach dem<br />

Tod des Ehemannes das Jahrzehnte<br />

lang angebaute Feld behalten<br />

können. Auch innerhalb<br />

einer Ethnie können sich Traditionen<br />

in kurzer Zeit verändern:<br />

Die Wiederverheiratung der<br />

Witwe mit dem Bruder des Verstorbenen,<br />

ebenso die Sorge für<br />

die Kinder und die Vererbung<br />

aller zugehörigen Besitztümer<br />

an den Bruder war bei den Chewas<br />

Tradition. Neben der sozialen<br />

Absicherung führte das zur<br />

Verbreitung von AIDS in den<br />

abgelegenen ländlichen Gebieten<br />

der Ostprovinz. Die<br />

Laienjuristinnen treffen mit ihrer<br />

Aufklärung den richtigen<br />

Ton.<br />

Wirkung über<br />

Provinzgrenzen hinaus<br />

Es steht außer Frage, dass sich<br />

die EPWDA-Akteurinnen viel<br />

vorgenommen haben. Dass sie<br />

von Beginn an nicht nur auf die<br />

eigene Stärke bauten, sondern<br />

gezielt Bündnispartner einbezogen<br />

und gleichzeitig eine Vernetzung<br />

mit Rechtsberatungsorganisationen<br />

in anderen Provinzen<br />

anstrebten, zeigt Wirkung<br />

über die eigenen Provinzgrenzen<br />

hinaus. So hatte sich ebenfalls<br />

in der Südprovinz mit der<br />

Law and Development Association<br />

(LADA) eine basisorientierte<br />

Rechtsberatungsorganisation<br />

entwickelt. Besuche und gemeinsame<br />

Workshops hinterließen<br />

Spuren, wie die Einführung<br />

von Ansprechpartnern<br />

oder die Errichtung von Legal<br />

Desks – meist kleine Strohhütten<br />

– als „Rechtsberatungsbüros“<br />

in den Dörfern.<br />

Auch einige Richter unterstützen<br />

die Arbeit der Laienjuristinnen.<br />

Mickias Somglayo Jere<br />

in Chipata gibt ein Beispiel:<br />

„Ein Mann will sich von seiner<br />

Frau scheiden lassen. Als Grund<br />

gibt er an, dass sie weder für<br />

ihn Wasser holen noch kochen<br />

will. Aber ein Mann kann das<br />

selbst tun! Ist es nicht so? Es<br />

gibt also keinen Grund für die<br />

Scheidung. Oder wenn ich heute<br />

sterben würde, dann wäre<br />

nach dem traditionellen Recht<br />

alles Eigentum an meine Familie<br />

übergegangen. Darauf hätten<br />

alle bestanden. Sie würden alles<br />

von meiner Frau und meinen<br />

Kindern nehmen und sie alleine<br />

lassen – das hat sich nun geändert.“<br />

Frauen im Richteramt<br />

Jere nimmt ohne Berührungsängste<br />

an den Workshops teil<br />

und hat dazu beigetragen, dass<br />

sich sieben Laienjuristinnen<br />

auch auf Stellen als Richterinnen<br />

beworben haben. Richter<br />

am Untersten Gericht zu werden<br />

setzt neben einer formalen<br />

Schulbildung nur ein Mindestalter<br />

von über 40 Jahren und<br />

die Akzeptanz traditioneller Autoritäten<br />

voraus. Von insgesamt<br />

900 Richtern am Untersten Gericht<br />

in Sambia sind nur etwa<br />

40 Frauen.<br />

Die Unterstützung von<br />

Bündnispartnern, der provinzweite<br />

Aktionsradius und die unterschiedlichen<br />

Ebenen, die das<br />

Rechtsberatungsprogramm mit<br />

seinen Aktivitäten erreicht, bieten<br />

Anlass zur optimistischen<br />

Annahme, dass in der Ostprovinz<br />

Sambias ein Prozess zur<br />

Veränderung von Rechtsbewusstsein<br />

und Verhalten begonnen<br />

hat.<br />

Dazu tragen seit dem Jahr<br />

2000 auch DED und GTZ<br />

(Deutsche Gesellschaft für Technische<br />

Zusammenarbeit) in<br />

Sambia gemeinsam bei. Eine<br />

Entwicklungshelferin des DED<br />

unterstützt EPWDA bei der<br />

Durchführung des Programms<br />

für Rechtsberatung. Das GTZ-<br />

Projekt Improvement of the Legal<br />

Status of Women and Girls in<br />

Zambia finanziert nicht nur die<br />

Aktivitäten, sondern gestaltet<br />

auch das Ausbildungsprogramm<br />

für Laienjuristinnen mit.<br />

Helen Banda zieht aus den<br />

bisherigen Erfahrungen ihre<br />

eigenen Schlussfolgerungen:<br />

„Manchmal können die Laienjuristinnen<br />

in der Beratung dem<br />

Problem nicht gerecht werden,<br />

weil sie nur eine Sichtweise kennen<br />

lernen.“ Daher schlägt sie<br />

eine traditionelle sambische Methode<br />

der Konfliktbewältigung<br />

vor: „Mediation als Vermittlung<br />

zwischen beiden Parteien im<br />

Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung.“<br />

Auch die Ein-<br />

beziehung von Chiefs – den traditionellen<br />

Autoritäten in Sambia<br />

– gilt nicht mehr als problematisch.<br />

Mittlerweile werden sie<br />

als eigene Zielgruppe für die<br />

Rechtsaufklärung angesprochen.<br />

� Margret Grottenthaler ist<br />

Diplom-Sozialarbeiterin und<br />

arbeitet seit 2000 als DED-<br />

Koordinatorin in Sambia<br />

� Katrin Saage-Fain ist Juristin<br />

und seit 2000 Leiterin des<br />

GTZ-Projektes zur Verbesserung<br />

der rechtlichen Situation<br />

von Frauen und Mädchen<br />

in Sambia<br />

Das persönliche Gerechtigkeitsempfinden<br />

steht oft im<br />

Konflikt mit dem Gesetz.<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 47<br />

Foto: Privat


Thema: Bildung und Ausbildung<br />

Eine „moderne“ Koranschule<br />

mit Tischen und Bänken<br />

Foto: Dominique Thaly<br />

48 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Niger<br />

„Sauberkeit ist<br />

die Hälfte des Glaubens“<br />

Umwelt- und Gesundheitsunterricht an Koranschulen<br />

Inmitten eines Schulgeländes fällt der sauber gefegte Hof direkt ins Auge. Zu hören<br />

sind die Stimmen der zahlreichen Schüler, die singend den Koran lernen. In einem<br />

der Räume stehen fünf große Tische und Bänke. Der Deckenventilator dreht sich<br />

langsam und hilft dabei, die Luft im engen Raum ein klein wenig zirkulieren zu<br />

lassen.<br />

Dominique Thaly<br />

Heute sitzen an den Tischen<br />

und Bänken zehn Mädchen<br />

und 17 Jungen im Alter<br />

zwischen acht und achtzehn<br />

Jahren. Ordnungsgemäß voneinander<br />

getrennt, die Jungen in<br />

den vorderen, die Mädchen in<br />

den hinteren Reihen. An der<br />

Tafel steht der Lehrer im traditionellen<br />

Baumwollgewand,<br />

dem Boubou. Daneben ist ein<br />

Stück Stoff aufgehängt, das mit<br />

einem Bild bemalt ist: Frauen<br />

haben an einer Straße ihre Garküchen<br />

neben „stehendem“<br />

Wasser aufgebaut. Daneben erkennt<br />

man den Marabout, einen<br />

Korangelehrten, der seine Schüler<br />

unter einem Baum sitzend<br />

unterrichtet.<br />

Wir befinden uns in einer so genannten<br />

„reformierten Koranschule“<br />

in Zinder, einer Großstadt<br />

im Süden des Niger, etwa<br />

1.000 Kilometer von der Hauptstadt<br />

Niamey entfernt und unweit<br />

der Grenze zu Nigeria. Unter<br />

einer „reformierten Koranschule“<br />

versteht man eine „moderne“<br />

Schule, die mit Tischen<br />

und Bänken ausgestattet ist und<br />

über einen Stromanschluss verfügt.<br />

Koranverse und<br />

Gesundheitserziehung<br />

In der Regel sind die rund<br />

50.000 Koranschulen im Niger<br />

viel einfacher, eher dürftig oder<br />

gar nicht ausgestattet, etwa so,<br />

wie es das Bild auf dem Baum-<br />

wolltuch darstellt. Sicher ist die<br />

Koranschule auch deswegen<br />

modern, weil manchmal ein ungewöhnlicher<br />

Unterricht stattfindet.<br />

Anstatt des üblichen<br />

Auswendiglernens der 60 Koranverse<br />

wird über Hygiene und<br />

Umwelt gesprochen. Jeder der<br />

Schüler hält ein Heft in den<br />

Händen, in dem viele Informationen<br />

zu Körper- und Haushaltshygiene,<br />

zu Gesundheit<br />

und gesunder Nahrung zu finden<br />

sind. Auch wie man eine<br />

Malaria oder Bilharziose vermeiden<br />

kann, ist anschaulich<br />

beschrieben. Sogar über den<br />

Umgang mit und die Entsorgung<br />

von Plastiktüten wird informiert.<br />

Diese Hefte für den Umweltund<br />

Hygieneunterricht sind in<br />

zwei Versionen gefasst: einmal<br />

auf französisch und einmal auf<br />

Haussa, aber in arabischer<br />

Schrift, in so genannten Ajami.<br />

Die Schüler haben sich die Hefte<br />

in Ajami zu Hause angeschaut<br />

und beantworten nun<br />

die Fragen des Lehrers. Sie sind<br />

sehr begeistert, insbesondere die<br />

Mädchen, die bei jeder Frage<br />

ihren Finger schnipsen, um die<br />

Aufmerksamkeit des Lehrers auf<br />

sich zu lenken.<br />

Informationen<br />

für die ganze Familie<br />

Umweltunterricht in einer Koranschule<br />

zu etablieren und zu<br />

integrieren ist der Versuch der<br />

lokalen Nichtregierungsorganisation<br />

(NRO) ONEE (Organisation<br />

nigérienne pour l’éducation environnementale:<br />

Nigrische Organisation<br />

für Umwelterziehung).<br />

Einen Teil ihrer Zielgruppe über<br />

diesen ungewöhnlichen Weg zu<br />

erreichen ist eine kluge Ent-


scheidung von ONEE, denn 80<br />

Prozent der Erwachsenen in<br />

Zinder sind dank dem Koranlernen<br />

in der Lage, die arabische<br />

Schrift zu lesen. Wenn ONEE<br />

den Kindern ein solches Heft in<br />

Ajami gibt, ist die Wirkung vielseitig,<br />

da die ganze Familie und<br />

auch Freunde davon profitieren.<br />

Sie sind daran gewöhnt, Dokumente<br />

aus Nigeria zu lesen, warum<br />

also nicht auch ein Informationsblatt<br />

über Hygiene und<br />

Umweltschutz?<br />

Umwelterziehung<br />

und Islam<br />

„Außerdem ist die Verbindung<br />

zwischen Umwelterziehung und<br />

Islam selbstverständlich“, so Fatima<br />

Altiné, die Hauptanimateurin<br />

der NRO. „Sauberkeit ist<br />

die Hälfte des Glaubens“, lautet<br />

ein berühmter Hadith (ein belegter<br />

Ausspruch oder eine Tat)<br />

des Propheten Mohamed. Ein<br />

guter Moslem müsse gesund<br />

und sauber sein. Dieser Grundsatz<br />

dürfe nicht an der Hofoder<br />

Grundstücksgrenze enden.<br />

Die Umsetzung hierfür sei „eine<br />

wahre Herausforderung in diesem<br />

Land.“<br />

Im Jahr 1993 wurde die Idee,<br />

Umweltbewusstsein und entsprechende<br />

Informationen über<br />

die Koranschulen zu verbreiten,<br />

von der IUCN (International<br />

Union for the Conservation of<br />

Nature) initiiert. Aus der ehemaligen<br />

IUCN ist ONEE entstanden,<br />

die nun die erfolgreiche<br />

Arbeit fortsetzt.<br />

Der DED im Niger unterstützt<br />

ONEE im Rahmen des<br />

Programms zur Förderung einheimischer<br />

Organisationen seit<br />

zwei Jahren in Kooperation mit<br />

FEMPOL (Fonds pour l’exécution<br />

des micro-projéts par les organisations<br />

locales) der niederländischen<br />

Botschaft in Ouagadougou,<br />

Burkina Faso. Auch die beratende<br />

Unterstützung bei der<br />

Projektabwicklung wird durch<br />

den DED in Zinder sichergestellt.<br />

Es ist ein Experiment des<br />

DED, um zu sehen, ob und inwieweit<br />

man mit den Koranschulen<br />

zusammenarbeiten<br />

kann.<br />

Immer mehr Eltern ziehen<br />

die Koranschulen für die schulische<br />

Erziehung ihrer Kinder<br />

vor. Die staatlichen Schulen bie-<br />

ten, nicht zuletzt wegen des<br />

niedrigen Niveaus, häufigen<br />

Unterrichtsausfällen durch<br />

Streiks und den wenig attraktiven<br />

Unterrichtszeiten im ländlichen<br />

Raum, nicht wirklich eine<br />

Alternative zu den Koranschulen.<br />

Hinzu kommt, dass in<br />

staatlichen Schulen in der Unterrichtssprache<br />

Französisch gelehrt<br />

wird, einer Sprache, die<br />

von einem Großteil der Bevölkerung<br />

nicht gesprochen wird.<br />

Auch die Nähe zum Norden<br />

Nigerias, in dem die Scharia als<br />

Rechtssystem existiert, beeinflusst<br />

die Entscheidung der<br />

Eltern.<br />

Schlechte Manieren<br />

„Die Koranschulen vermitteln<br />

neben dem Erlernen der 60 Suren<br />

auch die Grundregeln für<br />

das Zusammenleben“, betont<br />

die sechzehnjährige Awa Umusa,<br />

Schülerin der siebten Klasse.<br />

Dank dieses Unterrichts könne<br />

sie für ihr Leben besser beurteilen,<br />

was gut und was schlecht<br />

für sie sei. Das sei für sie das<br />

Wichtigste. „Die Koranschulen<br />

sind für Mädchen besser als die<br />

staatlichen Schulen“, ergänzt<br />

sie. „In diesen lernt man doch<br />

nur schlechte Manieren.“ Die<br />

Koranschule hingegen lehre, wie<br />

sich eine Frau richtig zu benehmen<br />

habe.<br />

Gerade wegen des starken Einflusses<br />

der Koranschulen auf<br />

den Alltag der Bevölkerung werden<br />

immer häufiger Korangelehrte,<br />

so genannte Imane, in<br />

Projekte zum Dialog und Austausch<br />

mit eingebunden.<br />

Am Beispiel der Schülerin<br />

Awa Umusa zeigen sich erste<br />

Erfolge. Sie möchte gerne zusätzlich<br />

Haushaltsunterricht haben.<br />

Am liebsten würde sie daher<br />

parallel auch die staatliche<br />

Schule besuchen. „Dafür werde<br />

ich mich auf jeden Fall bei meinen<br />

Kindern einsetzen!“, erklärt<br />

sie.<br />

� Dominique Thaly ist Politologin<br />

und seit 2003 DED-<br />

Entwicklungshelferin für<br />

Informations- und Bildungsarbeit<br />

im Niger<br />

Mädchen und Jungen sitzen<br />

in der Koranschule streng<br />

voneinder getrennt.<br />

Foto: Dominique Thaly<br />

Neben dem<br />

Auswendiglernen der Suren<br />

wird Umwelt- und<br />

Hygieneunterricht erteilt.<br />

Foto: Dominique Thaly<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 49


Projekte und Programme<br />

Die Getreideernte ist die<br />

Zeit gemeinsamer Arbeit<br />

und Feste. Foto: Privat<br />

Am Wochenende wird<br />

zum Tanz aufgespielt.<br />

Foto: Privat<br />

50 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Chile<br />

„Der andere Blick“ – Die Sicht<br />

der Provinz kommt in die Stadt<br />

Sozialfotografie im Süden Chiles<br />

Ein Drittel aller Chileninnen und Chilenen lebt in Santiago. Aus Sicht der sechs<br />

Millionen smoggeplagten Hauptstädter ist der Rest des Landes Provinz. Das ist dort,<br />

wo man in den Sommermonaten hinfährt, um sich zu erholen – an den Fuß eines<br />

Vulkans, ans Ufer eines Bergsees oder an den Strand. Provinz ist auch dort, wo das<br />

deutsch-chilenische Kooperationsvorhaben zu nachhaltiger Naturwaldbewirtschaftung<br />

mit tausenden von Kleinbauern arbeitet, nicht nur bis zu zweitausend<br />

Kilometer von Santiago entfernt, sondern oftmals auch weit entlegen von den<br />

urbanen Zentren der Regionen.<br />

Petra Wilken<br />

Um auf die Lebensweise<br />

dieser Kleinbauern in den<br />

Städten aufmerksam zu machen,<br />

hat das Naturwaldprojekt<br />

eine Reihe von Sozialfotografie-<br />

Workshops durchgeführt, in denen<br />

die Kleinbauern die Protagonisten<br />

hinter und vor den Kameras<br />

sind. Mit dieser Initiative<br />

soll gezeigt werden, dass eine<br />

nachhaltige Waldbewirtschaftung<br />

nur in Zusammenarbeit<br />

mit den betroffenen Menschen<br />

möglich ist. Das Projekt, bei<br />

dem Wanderausstellungen in<br />

fünf Regionen des Landes entstehen<br />

und das mit einer<br />

großen Ausstellung in Santiago<br />

endet, heißt La Otra Mirada –<br />

La visión del campo viene a la ciudad<br />

(„Der andere Blick“ – Die<br />

Sicht der Provinz kommt in die<br />

Stadt).<br />

Automatik-Kameras<br />

und Schwarz-Weiß-Filme<br />

Der Fotograf Aliosha Márquez<br />

steigt morgens um neun Uhr<br />

auf dem Marktplatz von Curacautín<br />

aus dem Bus. Er kommt<br />

aus Santiago und ist die ganze<br />

Nacht durchgefahren, um sich<br />

hier mit dem Beraterteam der<br />

Forstbehörde CONAF zu treffen.<br />

Sie lassen ihn in ihren Pickup<br />

einsteigen und fahren weiter<br />

hoch in die Andenkordilliere zu<br />

den Familien Angulo, Guajardo,<br />

Huilcal und Mardones, die in<br />

der Neunten Region die Teilnehmer<br />

am Projekt Sozialfotografie<br />

„Der andere Blick“ sind.<br />

Bei früheren Besuchen hat<br />

Aliosha ihnen Automatik-<br />

Kameras und Schwarz-Weiß-<br />

Filme übergeben und ihnen die<br />

Grundbegriffe der Fotografie<br />

erklärt. Heute, an diesem sonnigen,<br />

aber eiskalten Wintermorgen<br />

wird er ihnen die Bilder<br />

zeigen, die sie gemacht haben.<br />

Die Familien gehören zur<br />

Zielgruppe des Projektes zu<br />

nachhaltiger Naturwaldbewirtschaftung.<br />

Sie leben von Landwirtschaft<br />

und dem, was ihre<br />

Wälder hergeben, haben ein<br />

paar Rinder und Kleintiere und<br />

bauen Gemüse an. Ihre Aktivitäten<br />

sind auf die Produktion<br />

von Lebensmitteln zur Selbstversorgung<br />

ausgerichtet. An<br />

einem systematischen Foto-<br />

Workshop teilzunehmen, erscheint<br />

ihnen zunächst merkwürdig.<br />

„Die ersten Arbeiten sind absolut<br />

frei, damit sie sich an die<br />

Kameras gewöhnen. Danach beginne<br />

ich, sie anzuleiten. Am<br />

Anfang finden sie es nicht besonders<br />

attraktiv, ihre tägliche<br />

Arbeit zu fotografieren, weil sie<br />

so einfachen Dingen wie Kühe<br />

füttern oder Holz schlagen keinen<br />

besonderen Wert beimessen.<br />

Mit der Zeit aber verstehen<br />

sie, dass es für die Betrachter<br />

später interessant sein wird, genau<br />

diese Dinge zu sehen“, erklärt<br />

Márquez.


Der Wert<br />

der einfachen Dinge<br />

Aliosha Márquez ist der Moderator<br />

der Fotografie-Workshops<br />

„Der andere Blick“, die in den<br />

fünf Regionen stattfinden, in<br />

denen das Naturwaldprojekt<br />

umgesetzt wird. Zwischen dem<br />

nördlichsten und dem südlichsten<br />

Punkt des Projektgebietes<br />

liegen mehr als tausend Kilometer<br />

Entfernung. Von jeder Region<br />

nehmen etwa 15 Personen<br />

teil, meistens sind es vier bis<br />

fünf Familien, die sich die gleiche<br />

Anzahl von einfachen Automatik-Kameras<br />

mit Normalobjektiv<br />

teilen. Jeder Workshop<br />

besteht aus sechs bis acht Sitzungen<br />

und dauert etwa zwei<br />

Monate. Während dieser Zeit<br />

entstehen rund 900 Fotografien,<br />

von denen 35 für eine Ausstellung<br />

ausgewählt werden. Sie<br />

wird in der jeweiligen Regionalhauptstadt<br />

gezeigt und geht<br />

dann wiederum als Wanderausstellung<br />

in die Dörfer der Provinzen.<br />

„Es ist die Ausstellung eines<br />

Familienalbums, der kleinen<br />

persönlichen Geschichten, des<br />

Dorfes, der Nachbarschaft und<br />

des Wertes der einfachen Dinge,<br />

die uns so beeindrucken. Es ist<br />

der Blick der Menschen, die wir<br />

normalerweise nicht sehen, die<br />

nicht an der neuen Informationstechnologie<br />

teilhaben, die<br />

aber in dieser Geschichte die<br />

wahren Protagonisten sind”, sagt<br />

Aliosha Márquez.<br />

In der Familie Mardones<br />

sind es zum Beispiel die 13jährigen<br />

Zwillinge Carlos und<br />

Carmen Gloria, die sich der Ka-<br />

mera bemächtigt haben. Sie fotografieren<br />

nachmittags, wenn<br />

sie aus der Schule zurückkommen<br />

und dem Vater bei der<br />

Landarbeit helfen. Es macht ihnen<br />

Spaß, alles zu porträtieren,<br />

Mähen mit Viehantrieb<br />

Foto: Privat<br />

Alle Familienmitglieder<br />

helfen bei der Waldarbeit mit.<br />

Foto: Privat<br />

Holzhacken,<br />

bevor der Winter kommt<br />

Foto: Privat<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 51


Projekte und Programme / Alltag im Partnerland<br />

Zeigen,<br />

was wichtig ist<br />

im Leben<br />

Verlosung<br />

Gewinnen Sie den<br />

Foto-Wandkalender 2005<br />

„La Otra Mirada”<br />

Stichwort: Der andere Blick<br />

Postkarte an DED-Redaktion<br />

bis 29. April 2005<br />

Foto: Privat<br />

Info<br />

Nachhaltige Naturwaldbewirtschaftung<br />

Vor allem die Campesinos –<br />

Kleinbauern – spielen eine<br />

wichtige Rolle beim Schutz der<br />

einheimischen Wälder. Rund<br />

5,8 Millionen Hektar produktive<br />

Naturwälder soll es geben,<br />

von denen 2,3 Millionen Hektar<br />

in Besitz von Kleinbauern<br />

mit Subsistenzwirtschaft sind.<br />

Die Land- und Viehwirtschaft<br />

sind die Haupteinnahmequellen,<br />

wobei auch die<br />

Wälder immer wirtschaftlich<br />

genutzt werden. In der Regel<br />

sind sie durch Waldweide und<br />

Plünderhiebe so weit degradiert,<br />

dass zurzeit fast ausschließlich<br />

Brennholz „geerntet”<br />

werden kann. Das Kooperationsvorhaben<br />

„Nachhaltige<br />

Naturwaldbewirtschaftung in<br />

Chile“ in Zusammenarbeit mit<br />

der Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />

(KfW), der Deutschen<br />

Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit<br />

(GTZ) und dem<br />

DED will mit geeigneten waldbaulichen<br />

Maßnahmen die<br />

nachhaltige Produktion von<br />

hochwertigen Hölzern sicherstellen<br />

und in Verbindung mit<br />

anderen alternativen Formen<br />

der Nutzung den Zustand der<br />

Wälder verbessern und so zum<br />

Einkommen der Landbevölkerung<br />

beitragen.<br />

Tulpenfeld 7, 53113 Bonn. Alle<br />

Einsendungen nehmen teil, der<br />

Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

52 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

was ihnen in ihrer Welt wichtig<br />

erscheint: den Hund Rumpy als<br />

Bewacher des Hauses und beim<br />

Zusammentreiben der Kühe, sowie<br />

Carlos auf der Heumähmaschine,<br />

die von einem Bullen<br />

gezogen wird.<br />

Internationales<br />

Fotografie-Festival<br />

„Man muss aufpassen, wann das<br />

Licht schön ist und dann ein<br />

Foto machen. Letztens bin ich<br />

schnell ins Haus gelaufen und<br />

habe die Kamera geholt. Als ich<br />

wieder raus kam, war das tolle<br />

Licht schon weg”, erzählt Carlos.<br />

„Dann wollten wir die Geburt<br />

eines Kalbes fotografieren,<br />

aber wir haben es vergessen.<br />

Bald wird wieder eines geboren,<br />

dann machen wir das Foto”.<br />

Vielleicht hat er ja Glück,<br />

und sein Foto wird in Santiago<br />

in der großen Gesamtausstellung<br />

mit 50 Bildern aus allen<br />

fünf Regionen gezeigt. Das wird<br />

im Dezember sein, wenn die<br />

Sicht der Provinz in die Haupt-<br />

stadt kommt und im Rahmen<br />

eines internationalen Fotografie-<br />

Festivals in der Universidad de<br />

Chile ausgestellt wird.<br />

� Petra Wilken ist Journalistin<br />

und als Entwicklungshelferin<br />

des DED seit 2001 in Chile<br />

Die immer<br />

wiederkehrenden<br />

Hausarbeiten<br />

Foto: Privat


Ecuador<br />

„Der liebe Gott wird’s schon richten!”<br />

Von der Landnutzungsplanung und ihren Schwierigkeiten<br />

Die Autorin arbeitete ein Jahr in der Fundación Podocarpus, einer kleinen<br />

Nichtregierungsorganisation (NRO) in Loja. Gemeinsam mit der betroffenen<br />

Landbevölkerung erstellte sie einen Landnutzungsplan für eine Gemeinde in der<br />

Pufferzone des Nationalparks Podocarpus.<br />

Heike Wolff<br />

9Uhr morgens: Ein paar<br />

Stücke süßer Maniok und<br />

fettglänzende Schweinehaut liegen<br />

auf meinem Teller. Leider<br />

sind meine kulinarischen Vorlieben<br />

immer noch etwas anders<br />

als die meiner ecuadorianischen<br />

Kollegen, und so ist es wohl<br />

nicht nur der Aufregung geschuldet,<br />

dass ich fast alles liegen<br />

lasse. Heute ist der Tag der<br />

Präsentation des Landnutzungsplans<br />

von Numbala, an dem ich<br />

ein dreiviertel Jahr mitgearbeitet<br />

habe. Es erscheinen letztendlich<br />

über 80 Bauern, das Umweltministerium,<br />

Regionalfernsehen,<br />

die Stadtverwaltung und weitere<br />

NRO. Der Vortrag verläuft gut.<br />

Nun gilt es, für die vorgeschlagenen<br />

Nutzungsprojekte auch<br />

die entsprechende Finanzierung<br />

zu bekommen.<br />

Meine Heimat für ein Jahr<br />

wurde die kleine, auf 2000<br />

Höhenmetern gelegene Andenstadt<br />

Loja im Süden Ecuadors.<br />

In der Nähe erstreckt sich der<br />

südlichste der acht Nationalparks<br />

des Landes: Podocarpus.<br />

Dieser gehört mit über 600 Vogelarten,<br />

Brillenbären, Tapiren<br />

und Jaguaren sowie einer außerordentlichen<br />

botanischen Vielfalt<br />

zu den artenreichsten Bergregenwäldern<br />

des Landes. Seinen<br />

Namen erhielt er nach der<br />

markanten Steineibe (Podocarpus).<br />

Die letzten großflächigen<br />

und intakten Steineibenwälder<br />

liegen in der landwirtschaftlich<br />

genutzten Pufferzone des<br />

Parks. Daher sind sie stark<br />

durch illegale Abholzung und<br />

Ausweitung der Weideflächen<br />

für die Rinderzucht durch lokale<br />

Bauern bedroht. Ziel war, die<br />

Nutzung zu ordnen, um einerseits<br />

das Abholzen zu verhindern<br />

und andererseits die Lebensmöglichkeiten<br />

der Einwohner<br />

zu verbessern.<br />

Schon bald merkte ich, dass<br />

dies keine einfache Aufgabe<br />

werden würde. Numbala ist nur<br />

nach sechsstündigem Fußmarsch<br />

zu erreichen, die Wege<br />

sind aufgrund von Viehtrieb<br />

und Niederschlägen ständig verschlammt.<br />

Extreme Hangneigungen<br />

beeinträchtigen die Nutzung<br />

und führen zu Erdrutschen.<br />

Die Bauern leben in ärmlichen<br />

Häusern, ohne Trinkwasser<br />

und ohne Latrinen. Gekocht<br />

wird mit Feuerholz. Als ich<br />

dann abends völlig durchnässt<br />

in einer klammen Hütte saß,<br />

dachte ich daran, dass ich mir<br />

vorher die Arbeit im Regenwald<br />

doch etwas romantischer vorgestellt<br />

hatte!<br />

Gott hilft!<br />

Beim Erarbeiten des Plans entsprach<br />

der Arbeitsstil nicht immer<br />

meinen deutschen Gepflogenheiten.<br />

Die Projekttreffen<br />

fingen grundsätzlich zu spät an,<br />

und vorher wurde nichts gründlich<br />

vorbereitet. Wenn ich zweifelte,<br />

ob es überhaupt klappen<br />

wird, bekam ich meist von meinen<br />

etwas entspannteren Kollegen<br />

zur Antwort: „Dios proveerá!”<br />

(„Der liebe Gott wird’s<br />

schon richten!”). Das stimmte<br />

auch meistens!<br />

Vertrauen aufbauen<br />

Mit den Bauern, die in den Planungsablauf<br />

mit einbezogen waren,<br />

hielten wir regelmäßige<br />

Workshops zur Entscheidungsfindung<br />

ab. Viele von ihnen<br />

konnten sich nicht vorstellen,<br />

welche Vorteile eine Landnutzungsplanung<br />

bringt oder waren<br />

einfach misstrauisch gegenüber<br />

öffentlichen Organisationen.<br />

Insbesondere das Umweltministerium<br />

hat durch seine Politik<br />

in der Vergangenheit viel an<br />

Glaubwürdigkeit verspielt, wo-<br />

durch zahlreiche Konflikte auftraten.<br />

Behutsam musste dann<br />

erst wieder Vertrauen aufgebaut<br />

oder zu etwas unkonventionelleren<br />

Methoden gegriffen werden<br />

– zum Beispiel dem Kauf<br />

eines Schweins, das dann gemeinsam<br />

verspeist wird und die<br />

Partizipation bedeutend erhöht.<br />

Im Verlauf der Arbeit machten<br />

wir die Bauern mit dem Instrument<br />

des Landnutzungsplans<br />

bekannt und besprachen<br />

die einzelnen Planungsschritte.<br />

So erarbeiteten wir gemeinsam<br />

unter Zuhilfenahme von Luftbildern<br />

und GPS (satellitengestütztes<br />

Navigationssystem)-<br />

Daten eine Landbesitzkarte. Es<br />

folgten eine Zonierung, eine<br />

Chancen-Risiken-Analyse, eine<br />

Vision und Empfehlungen für<br />

Entwicklungsmaßnahmen (Nutzungsintensivierung<br />

auf kleinerer<br />

Fläche, Aufforstung erosionsgefährdeter<br />

Hänge, sanfter<br />

Tourismus, etc.). Für einige Projekte<br />

ist die Finanzierung bereits<br />

gesichert. Es bleibt zu hoffen,<br />

dass damit ein erster Schritt<br />

zum Erhalt der letzten Podocarpus-Wälder,<br />

wie auch zu einem<br />

besseren Lebensstandard für die<br />

Bauern Numbalas getan ist.<br />

Fazit nach einem Jahr<br />

Die Arbeit in einem Entwicklungsland<br />

ist äußerst spannend,<br />

weil man das Gefühl hat, noch<br />

etwas bewegen zu können. Die<br />

Ecuadorianer sind sehr motiviert,<br />

ihr Land zum Positiven zu<br />

verändern. Doch stößt man leider<br />

oft durch Korruption, Engstirnigkeit<br />

und Ressourcenmangel<br />

an seine Grenzen. Frustration<br />

und Hoffnung wechseln sich<br />

daher häufig ab.<br />

� Heike Wolff ist Geoökologin<br />

und war von 2002 bis 2003<br />

Entwicklungsstipendiatin des<br />

DED in Ecuador<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 53


Alltag im Partnerland<br />

In der Pagode<br />

kann man<br />

die Stille finden.<br />

Foto: Jana Franke<br />

54 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Kambodscha<br />

Vom Himmel ein Stück<br />

Religiöses Leben kann neben einem Stückchen Beschaulichkeit auch die nötige Zufriedenheit vermitteln<br />

Morgendämmerung in Phnom Penh. Die ersten Sonnenstrahlen tanzen auf den<br />

prunkvollen Dächern der Silberpagode und tauchen den mit Wolken fast verdeckten<br />

Horizont in ein leuchtendes Purpur.<br />

André Hartlapp<br />

Ich sitze auf meinem kleinen<br />

Balkon im obersten Stock<br />

unseres französisch anmutenden<br />

Wohnhauses an der Riverside<br />

und lasse den Blick über die<br />

facettenreiche Skyline der Stadt<br />

und die dicht bewaldeten Inseln<br />

auf der anderen Seite des Flusses<br />

schweifen. Unter mir spiegeln<br />

sich die ufernahen Zuckerpalmen<br />

in den braunen Fluten<br />

des Tonle Sap, der sich wenige<br />

Kilometer weiter südlich mit<br />

dem Mekong River verbindet<br />

und als reißender Strom in den<br />

Golf von Thailand mündet.<br />

Die Regenzeit<br />

hat begonnen<br />

Seit beinahe einer Woche öffnet<br />

der Himmel täglich um die Mittagszeit<br />

für ein bis zwei Stunden<br />

seine Schleusen und überflutet<br />

das Land mit dem von<br />

den Reisbauern so lange ersehnten<br />

Regen. Wasserbüffel ziehen<br />

hölzerne Pflüge oder Karren mit<br />

Saatgut hinter sich her. Frische<br />

Stecklinge werden dicht an<br />

dicht in die lehmige Erde gepflanzt<br />

und lassen bald die<br />

weitläufigen Anbaugebiete in einem<br />

saftigen Grün erscheinen.<br />

Und überall entdeckt man<br />

Strohpuppen als Vogelscheuchen<br />

auf den Feldern, die hungrige<br />

Spatzen und, dem Aberglauben<br />

nach, diebische Nachbarn<br />

fernhalten sollen.<br />

Auch die Stadt verändert ihr<br />

Gesicht. Unaufhaltsam dringen<br />

die Wassermassen in jeden<br />

Spalt, jeden Winkel und jede<br />

noch so kleine Ritze vor und<br />

spülen den Staub und hartnäckigen<br />

Schmutz der Trockenzeit<br />

die Hauswände und den<br />

Bordstein hinunter in das verrottete<br />

Abwassersystem Phnom<br />

Penhs. Bald sind die Abflüsse<br />

verstopft, die Kanäle übergelaufen,<br />

und binnen kürzester Zeit<br />

stehen Straßen und Hauseingänge<br />

unter Wasser. Kinder<br />

tummeln sich in kniehohen<br />

Pfützen, Motorräder peitschen<br />

durch überflutete Gassen, hinterlassen<br />

regenbogenartig schimmernde<br />

Ölflecken auf der Wasseroberfläche<br />

und Bettler retten<br />

sich und ihr spärliches Hab und<br />

Gut – zumeist ein paar Decken,<br />

ausgefranste Hüte und Lumpenkleidung<br />

in Plastiktüten – unter<br />

die ausgeblichenen Jalousien<br />

der Straßencafés.<br />

Drei Monate beten<br />

In Orange gekleidete Mönche<br />

waten vorsichtig durch den<br />

Schlamm oder lassen sich von<br />

einem der zahlreichen Rikschafahrer<br />

durch die braune Lache<br />

zu ihren Pagoden kutschieren.<br />

Dort werden sie, getreu ihrer<br />

Religion, die nächsten drei Monate<br />

ausharren, beten und auf<br />

die flammenden Kerzen achten,<br />

die ihnen von hohen Adligen<br />

bis hin zu einfachen Bauern anvertraut<br />

wurden. Solange ihr<br />

Feuer brennt, bringt es dem<br />

gläubigen Spender Glück. Erlischt<br />

es – so die Überlieferung -<br />

tritt Böses ein. Dabei spielen<br />

Reichtum und Armut keine<br />

Rolle.<br />

Vor Buddha sind<br />

alle Menschen gleich<br />

Ich beschließe, mich auf den<br />

Weg zu einer der kleineren Pagoden<br />

außerhalb der Stadt zu<br />

machen. Dort soll alles noch wie<br />

früher sein, ursprünglich, unberührt<br />

und nicht touristisch.<br />

Vorbei an Fischmärkten und<br />

Motorradwerkstätten fahre ich<br />

durch Pfützen und Schlaglöcher<br />

die Nationalroute Nummer zwei<br />

hinunter bis nach Russey Keo,<br />

einer Gemeinde im Süden der<br />

Stadt, deren Name soviel wie<br />

„Gläserner Bambus“ bedeutet.<br />

Schon wenige Kilometer hinter<br />

der Stadtgrenze lässt der Verkehr<br />

nach und nur noch vereinzelt<br />

säumen die städtetypischen<br />

Kolonialhäuser den Straßenrand.<br />

Allmählich werden sie<br />

von einfachen Holz- und Blechhütten<br />

abgelöst und verschwinden<br />

schließlich ganz. Dafür erheben<br />

sich nun mit Gras bewachsene<br />

Hügelketten, von deren<br />

Kämmen es hier und da rotgolden<br />

herüberblitzt. Bei genauerem<br />

Hinsehen erkenne ich<br />

Pagodendächer.<br />

Nach einer weiteren halben<br />

Stunde und einer nicht ganz<br />

mühelosen Fahrt über Schotterwege<br />

und sandige Pfade stehe<br />

ich endlich vor einem der Hügel.<br />

Eine steinerne Treppe führt<br />

weit hinauf zur Naga Pagoda,<br />

der Schlangenpagode.<br />

Ich parke mein Moped im<br />

Schatten eines Fliederbuschs<br />

und erklimme die Jahrhunderte<br />

alten Stufen. Oben angekommen<br />

begrüßt mich am Eingang<br />

ein greiser Mönch im dunkelbraunen<br />

Gewand. In gebückter<br />

Haltung gibt er mir mit gefalteten<br />

Händen und einem Kopfnicken<br />

zu verstehen, dass ich<br />

willkommen bin. Zögernd trete<br />

ich ein.<br />

Ein Leben für die Religion<br />

Der Innenhof offenbart die alte<br />

traditionelle Baukunst der<br />

Khmer. Kunstvoll bemalte Säulen<br />

aus Kalkstein tragen wuchtige,<br />

mit Schnitzereien verzierte<br />

Balken, die das hölzerne Pagodendach<br />

stützen. Fünfköpfige<br />

Schlangen besetzen Ecken und<br />

Winkel, dienen als Fassadenschmuck<br />

und Abflussrinnen.<br />

Unter den Köpfen stehen steinerne<br />

Kübel, in denen sich Regenwasser<br />

gesammelt hat. Ein<br />

junger Mönch wäscht sich darin.<br />

Er ist um die zwanzig, kahl<br />

geschoren und trägt die orangefarbene<br />

Robe eines Auszubildenden.<br />

Später einmal, wenn


seine Lehre beendet und ein gewisses<br />

Alter erreicht ist, wird er<br />

diese ablegen und das braune<br />

Gewand der Meister überstreifen<br />

dürfen. Doch bis dahin ist<br />

es noch ein weiter Weg.<br />

Hinter mir öffnet sich erneut<br />

das schwere eisenbeschlagene<br />

Tor und einige Bauern betreten<br />

ehrfürchtig den Hof. Sie tragen<br />

Säcke mit Reis und riesige Bastkörbe<br />

mit Früchten und werden<br />

von dem alten Mönch freundschaftlich<br />

empfangen. Er führt<br />

sie zum Altar auf der gegenüberliegenden<br />

Seite, wo sie<br />

unter seinem Segen die Speisen<br />

einer goldenen Buddhastatue zu<br />

Füßen legen. Solange sich die<br />

Mönche in ihre Pagoden zurückziehen,<br />

sind sie auf diese<br />

Opfergaben angewiesen. Da sie<br />

die Gebetsstätten nicht verlassen<br />

dürfen, liegt es in der Verantwortung<br />

der jeweiligen Gemeinde,<br />

ihr geistliches Zentrum<br />

mit Lebensmitteln zu versorgen.<br />

Plötzlich schweben gebetsartige<br />

Gesänge durch die Luft.<br />

Die eindringlichen Melodien<br />

dröhnen aus quäkenden Lautsprechern,<br />

die versteckt unter<br />

Dachbalken und Mauervorsprüngen<br />

angebracht sind. Ihr<br />

monotoner Klang dient der Meditation<br />

und erfüllt jeden Tag<br />

über Stunden hinweg die Mauern<br />

der Pagode. Dabei sammeln<br />

sich die Mönche in Gruppen<br />

vor dem Altar, zünden Räucherstäbchen<br />

an und beten zu<br />

Buddha, während sie ununterbrochen<br />

die unterschiedlichen<br />

Gesänge wiederholen und so<br />

deren Aussprache und Intonation<br />

erlernen – ein Hauptbestandteil<br />

ihrer Ausbildung.<br />

Ein Stück weit gelassener<br />

Nach gut drei Stunden ist das<br />

Schauspiel vorüber und mit einem<br />

dumpfen Gongschlag werden<br />

die Geistlichen in den Speisesaal<br />

gerufen. Decken und<br />

Wände sind hier mit riesigen<br />

Gemälden geschmückt, die verschiedene<br />

Stationen aus dem<br />

Leben Buddhas wiedergeben,<br />

angefangen bei seiner Geburt<br />

bis hin zu seinem Tod.<br />

Nachdem die Mönche an der<br />

langen Tafel Platz genommen<br />

haben, werden Schüsseln mit<br />

Reis und gebratenem Fisch aufgetragen.<br />

Aus Tonkrügen gießt<br />

man sich gegenseitig frisches<br />

Quellwasser ein und greift zu<br />

den hölzernen Stäbchen, die<br />

eingeschlagen in wollene Tücher<br />

neben jedem Teller liegen. Ab<br />

und zu hört man ein Schmatzen,<br />

hier und da klappert Geschirr,<br />

doch ansonsten ist es<br />

ruhig unter den rund vierzig<br />

Mönchen. Vielleicht aus Wertschätzung<br />

über den gedeckten<br />

Tisch, vielleicht aus Dankbarkeit,<br />

ausreichend speisen und<br />

den Hunger stillen zu können,<br />

redet niemand ein Wort. So enden<br />

ihr Tag und mein Besuch in<br />

der Pagode.<br />

Ich verabschiede mich und<br />

verlasse diesen Ort der Stille,<br />

tauche ein in das laute Stadtleben<br />

und das Verkehrschaos<br />

von Phnom Penh. Doch diesmal<br />

rege ich mich nicht auf, fluche<br />

und schimpfe nicht über<br />

die rücksichtslosen Mopedfahrer<br />

und falsch geparkten Autos.<br />

Nein, ich bin ein Stück weit<br />

gelassener als sonst. Dank<br />

Buddha?<br />

� André Hartlapp ist Medieningenieur<br />

und seit 2004 Entwicklungsstipendiat<br />

des DED<br />

in Kambodscha<br />

Bis ein junger Mönch<br />

zu einem Meister wird,<br />

ist es ein langer Weg.<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 55<br />

Foto: Jana Franke


Intern<br />

So wie hier auf dem von der<br />

örtlichen Stadtverwaltung<br />

aufgestellten Schild<br />

gefordert, warten noch<br />

Dutzende unkontrollierter<br />

Müllkippen der Insel auf<br />

„Reinigung“. Sie gefährden<br />

Trinkwasserbrunnen und<br />

Gewässer.<br />

Foto: Martin Falke<br />

56 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Blickpunkt<br />

DED<br />

DED im Ausland<br />

I<strong>ded</strong>@rt.com in Mali. Am 12.<br />

November 2004 wurde in<br />

den Büroräumen des DED<br />

der vierte Teil der Ausstellungsreihe<br />

eröffnet. Seit 2002 finden<br />

hier in unregelmäßigen Abständen<br />

Ausstellungen malischer<br />

Künstler statt. Ziel der Veranstaltungen<br />

ist es, einerseits den<br />

einheimischen Künstlern – Malern,<br />

Fotografen, Bildhauern,<br />

Marionettenkünstlern, Musikern<br />

– den Zugang zu einem aufgeschlossenen<br />

Publikum zu ermöglichen,<br />

andererseits aber<br />

auch den oft in der Entwicklungszusammenarbeit<br />

(EZ) vernachlässigten<br />

Bereich Kultur zu<br />

betonen.<br />

Waren die Ausstellenden in<br />

der Vergangenheit ausschließlich<br />

malische Künstler, wurden nun<br />

zum ersten Mal die künstlerischen<br />

Arbeiten eines Entwicklungshelfers<br />

präsentiert. Neben<br />

dem international anerkannten<br />

Maler Ismael Diabaté und dem<br />

Fotografen Alioune Bâ stellte<br />

Martin Winterer, Berater der<br />

Handwerksorganisation in Kayes,<br />

seine Objekte aus. Die Lampen<br />

und Bilder, meist Kombinationen<br />

natürlich vorgefundener<br />

und technisch bearbeiteter Materialien<br />

(Holz, Metall, Glas,<br />

Perlen), fanden viel Anerkennung<br />

und begeisterte Käufer.<br />

Inzwischen wird der DED in<br />

Mali im „offiziellen“ malischen<br />

Künstler-Handbuch als Ausstellungsort<br />

erwähnt.<br />

� Ulrike Bossler, Ehefrau des<br />

DED-Landesdirektors in Mali<br />

IFestmüll-Management auf<br />

den Philippinen. Der DED<br />

unterstützt die Entwicklung<br />

und Umsetzung von Konzepten<br />

und Systemen des kommunalen<br />

Umweltmanagements mit<br />

Schwerpunkt auf der Inselgruppe<br />

Visayas. Auf Negros entwickeln<br />

Kommunen unter Anleitung<br />

von DED-Entwicklungshelfern<br />

Programme zur Kontrolle<br />

und Schließung bestehender<br />

umweltgefährdender Müllkippen,<br />

zur umweltschützenden<br />

Müll-Lagerung auf geordneten<br />

Deponien mit Kompostierung<br />

und Abfall-Recycling sowie der<br />

Wiederverwendung von Festmüll.<br />

Hinzu kommen begleitende<br />

bewusstseinschaffende Maßnahmen<br />

im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit<br />

für Entscheidungsträger<br />

an Schulen sowie in<br />

lokalen Medien.<br />

� Dr. Martin Falke, DED-<br />

Entwicklungshelfer auf den<br />

Philippinen<br />

IDokumentarfilmprojekt auf<br />

den Philippinen. Vom DED<br />

unterstützte Fachkräfte und<br />

ihre Projekte sind die Stars von<br />

vier Dokumentarfilmen, die der<br />

DED auf den Philippinen produzieren<br />

ließ. Die neun bis 13<br />

Minuten langen Streifen Wild<br />

over Wildlife, Basket of Hope,<br />

Mangrove of Life und Treasures in<br />

Trash erzählen die Geschichte jeweils<br />

eines Projektes und seiner<br />

Fachkraft. Um die Filme für ein<br />

breites Publikum attraktiv zu<br />

machen, engagierte das DED-<br />

Landesbüro den preisgekrönten<br />

philippinischen Dokumentarfilmer<br />

Kidlat de Guia. Er schrieb<br />

die Drehbücher und wählte die<br />

Projekte aus. Ursprünglich für<br />

Oktober 2004, den Deutschen<br />

Monat in der Hauptstadt Manila,<br />

konzipiert, fanden die Filme<br />

inzwischen eine weite Verbreitung.<br />

� Christoph Dehn, DED-Landesdirektor<br />

auf den Philippinen<br />

IKampagne gegen Menschenhandel<br />

in Brasilien.<br />

„Vorsicht mit den Träumen,<br />

die sie verkaufen“ – unter diesem<br />

Titel lancierte die Nichtregierungsorganisation<br />

(NRO)<br />

Coletivo Mulher Vida gemeinsam<br />

mit dem DED am 26. November<br />

2004 auf der „3. Expo Brasil<br />

für lokale Entwicklung“ in Olin-<br />

da/Pernambuco eine Kampagne<br />

gegen Menschenhandel. Vor allem<br />

richtet sie sich an Frauen<br />

und Jugendliche und wird in<br />

Schulen, an Flughäfen, Stränden<br />

und bei Veranstaltungen<br />

eingesetzt.<br />

In Brasilien sind vor allem<br />

Frauen ohne Ausbildung aus<br />

den Küstenstädten, die, motiviert<br />

durch Job- oder Heiratsangebote<br />

und dem Versprechen einer<br />

Verbesserung ihrer Lebensumstände,<br />

Brasilien legal oder<br />

illegal verlassen, die Opfer.<br />

Die NRO arbeitet in Recife<br />

und Olinda mit rund 1.000<br />

Menschen (Frauen, Familien, Jugendlichen<br />

und Kindern) in der<br />

Aufarbeitung von Gewalterfahrungen<br />

und der Prävention von<br />

sexueller Ausbeutung und Menschenhandel.<br />

Sie bietet psychologische<br />

Beratung und, in zwei<br />

Programmen der Aus- und Weiterbildung,<br />

Workshops, Kunsterziehung,<br />

Tanz und Theater sowie<br />

Sport- und Computerkurse<br />

an. Voraussetzung für die Teilnahme<br />

der Kinder ist der regelmäßige<br />

Schulbesuch.<br />

Das Coletivo Mulher Vida<br />

wurde 1991 von einer Gruppe<br />

von Frauen gegründet, die häuslicher<br />

Gewalt und dem völligen<br />

Fehlen staatlicher Politik in diesem<br />

Bereich etwas entgegensetzen<br />

wollten. 1998 und 2001<br />

wurde ihre Arbeit von UNICEF<br />

bzw. UNESCO ausgezeichnet.<br />

Der DED unterstützt die Kampagne<br />

als Teil seiner Arbeit zur<br />

Förderung der ökonomischen,<br />

sozialen und kulturellen Menschenrechte.<br />

� Claudia Fix, DED-Entwicklungshelferin<br />

für Informationsund<br />

Bildungsarbeit in Brasilien<br />

IEinrichtung von zwei Nutzreservaten<br />

in Brasilien. Riosinho<br />

do Anfrísio mit<br />

736.000 Hektar und Verde Para<br />

Sempre mit 1,28 Millionen<br />

Hektar werden seit November<br />

2004 als Nutzreservate im Bundesstaat<br />

Pará eingerichtet. Sie<br />

kommen 2.600 Familien zugute,<br />

die ihre Produkte unter<br />

besseren Bedingungen vermarkten<br />

können. Gleichzeitig wird<br />

der tropische Regenwald geschützt.<br />

Die brasilianische Umweltministerin<br />

Marina Silva bestätigte,<br />

dass die Einrichtung<br />

der Reservate ein Erfolg für die


egionale Bevölkerung sei: „Wir<br />

werden den Schutz der Gebiete<br />

garantieren und der illegalen<br />

Besitznahme des Waldes ein<br />

Ende setzen.“<br />

Verde Para Sempre ist ein<br />

großer Erfolg der Arbeit des<br />

„Komitees für nachhaltige Entwicklung<br />

in Porto de Moz“, ein<br />

Zusammenschluss von lokalen<br />

Gruppen und Verbänden der Zivilgesellschaft,<br />

die sich für die<br />

Verbesserung ihrer Lebensbedingungen<br />

und den Schutz des Regenwaldes<br />

einsetzen. Der DED<br />

hat das Komitee seit 1999 durch<br />

den Einsatz von Entwicklungshelfern<br />

und institutioneller<br />

Förderung unterstützt. Zurzeit<br />

wird der Einsatz von drei einheimischen<br />

Fachkräften beim<br />

Komitee von Porto de Moz gefördert.<br />

� Claudia Fix, DED-Entwicklungshelferin<br />

für Informationsund<br />

Bildungsarbeit in Brasilien<br />

I25 Jahre Zusammenarbeit<br />

des DED im Niger. DED-<br />

Landesdirektor Bernhard Alberti<br />

zog in seiner Festrede am<br />

8. Dezember 2004 eine positive<br />

Bilanz der bisher geleisteten<br />

Arbeit des DED in Niger, wies<br />

aber auch gleichzeitig auf zahlreiche<br />

neue Herausforderungen<br />

hin.<br />

In den letzten 25 Jahren seien<br />

rund 250 Entwicklungshelferinnen<br />

und Entwicklungshelfer<br />

im Niger zum Einsatz gekommen.<br />

Insbesondere die Einbindung<br />

vieler von ihnen in nigrische<br />

NRO sei als eine der besonderen<br />

Stärken des DED-Landesprogramms<br />

anzusehen. Diese<br />

anerkannt gute Arbeit habe<br />

dazu beigetragen, den Bekanntheitsgrad<br />

des DED im Land zu<br />

erhöhen und sein Profil zu<br />

schärfen. Kora Gouré–Bi, DED-<br />

Referatsleiterin für West- und<br />

Zentralafrika, lobte die gute Zusammenarbeit<br />

mit den nigrischen<br />

Partnerorganisationen<br />

und staatlichen Institutionen.<br />

„Gut“, sei sie gewesen, „eng,<br />

problemlos und vor allem über<br />

25 Jahre ununterbrochen“. Insbesondere<br />

wies sie darauf hin,<br />

dass Niger durch die in 2004 erfolgreich<br />

durchgeführten Kommunal-,<br />

Präsidentschafts- und<br />

Parlamentswahlen einen wichtigen<br />

Schritt in Richtung Dezentralisierung<br />

gemacht habe.<br />

Heike Thiele, deutsche Botschafterin,<br />

würdigte die spezifische<br />

Arbeitsweise des DED, die<br />

sich insbesondere durch „Basisnähe“<br />

auszeichne. „Das Engagement<br />

des DED lebt von der<br />

Motivation, der Einsatzbereitschaft<br />

und dem Idealismus seiner<br />

Entwicklungshelfer.“<br />

� Dominique Thaly, DED-<br />

Entwicklungshelferin für Informations-<br />

und Bildungsarbeit<br />

im Niger<br />

IHeidemarie Wieczorek-Zeul,<br />

Bundesministerin für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung, in der Demokratischen<br />

Republik Kongo<br />

(DRC) und Ruanda. Die Reise<br />

vom 28. Oktober bis 2. November<br />

2004 sollte zeigen, dass<br />

Deutschland mit seiner EZ den<br />

Stabilisierungs- und Friedensprozess<br />

in der Region der großen<br />

Seen unterstützt. „Der Friedenprozess<br />

und die Bekämpfung<br />

der Armut müssen Hand<br />

in Hand gehen“ erklärte die<br />

Bundesministerin, die sich<br />

durch diese Reise einen unmittelbaren<br />

Eindruck von der Situation<br />

vor Ort verschaffen<br />

wollte.<br />

Ein Ergebnis war, dass die<br />

seit Anfang der neunziger Jahre<br />

eingestellte finanzielle EZ mit<br />

der Demokratischen Republik<br />

Kongo wieder aufgenommen<br />

wurde.<br />

In Ruanda stand der Besuch<br />

unter dem Motto: „Versöhnung<br />

und Perspektiven für die Jugend.“<br />

Erste Station war die Genozidgedenkstätte<br />

in Murambi.<br />

Diese Gedenkstätte wurde mit<br />

Unterstützung der deutschen<br />

EZ errichtet. Hier gedachte die<br />

Ministerin der Opfer des Völkermordes:<br />

„Die Toten, deren<br />

Angehörige und die Überlebenden<br />

haben ein Recht darauf,<br />

dass ihr Schicksal nicht vergessen<br />

wird.“<br />

Sie führte Gespräche mit Präsident<br />

Paul Kagame, zahlreichen<br />

Ministern und hochrangigen<br />

Vertretern der ruandischen Regierung.<br />

Der Friedensprozess in<br />

der Region der großen Seen<br />

und die Rolle Ruandas standen<br />

im Mittelpunkt der Gespräche.<br />

Ein weiterer Programmpunkt<br />

war ein Treffen mit Vertretern<br />

der deutschen EZ. Von besonderem<br />

Interesse war dabei das<br />

Engagement des ZFD des DED<br />

in Ruanda zum Thema Friedens-<br />

und Versöhnungsarbeit.<br />

Die Ministerin lobte das Engagement<br />

und konnte sich davon<br />

überzeugen, dass die Ruanda<br />

zukommenden Mittel der<br />

bilateralen Kooperation verantwortungsbewusst<br />

verwendet<br />

werden und die deutsche EZ<br />

einen sinnvollen Beitrag zur<br />

Armutsbekämpfung leistet.<br />

� Claudia Lormann-Nsengiyumva,<br />

DED-Landesdirektorin<br />

in Ruanda<br />

Veranstaltungen<br />

IZusammenarbeit mit AFVP)<br />

(Association Française des<br />

Volontaires du Progrès) im<br />

Rahmen des Europäischen Freiwilligenprogramms<br />

(EFP). DED<br />

und AFVP führten gemeinsam<br />

eine Konferenz zum Thema<br />

„Zwischen Professionalität und<br />

Solidarität – Bilanz und Perspektiven<br />

des Freiwilligendienstes“<br />

am 9. und 10. November<br />

2004 im französischen Außenministerium<br />

in Paris durch. Von<br />

deutscher Seite nahmen ASA<br />

(Arbeits- und Studienaufenthalte)-Programm,<br />

AKLHÜ<br />

(Arbeitskreis Lernen und Helfen<br />

in Übersee), AGEH (Arbeitsgemeinschaft<br />

für Entwicklungshilfe),<br />

EED (Evangelischer Entwicklungsdienst),<br />

GTZ (Deutsche<br />

Gesellschaft für Technische<br />

Zusammenarbeit) und WFD<br />

(Weltfriedensdienst) teil. Das<br />

BMZ (Bundesministerium für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung) war durch<br />

den ehemaligen Abteilungsdirektor<br />

Michael Bohnet sowie<br />

Referentin Susanne Schröder<br />

und der DED durch Otti Stein,<br />

Abteilungsleiterin des DED,<br />

Kora Gouré Bi, Referatsleiterin<br />

West- und Zentralafrika und<br />

Thomas Schmidt vom Kooperationsreferat<br />

vertreten. Auch<br />

nahmen Vertreter von Slowakei<br />

und Lettland teil. Die positiven<br />

Erfahrungen der deutsch-französischen<br />

Zusammenarbeit als<br />

Modell für neue Formen der<br />

Kooperation mit Freiwilligendiensten<br />

der neuen Beitrittsländer<br />

zu nutzen, fand Zustimmung.<br />

Die Teilnehmer bekräftigten,<br />

dass Freiwilligendienste<br />

nicht nur Jugendlichen eine<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 57


Intern<br />

Podiumsdiskussion zu<br />

Themen der EZ anlässlich<br />

der Verabschiedung von<br />

Jürgen Hopp.<br />

Foto: Daniela Baum<br />

58 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

Chance für den Erwerb von<br />

Auslandserfahrung bieten,<br />

sondern dass ihre dabei erworbenen<br />

Erfahrungen insbesondere<br />

bei der Rückkehr auch notwendig<br />

für die Gestaltung weltoffener<br />

Gesellschaften in<br />

Europa seien.<br />

� Red.<br />

ITag des Entwicklungshelfers<br />

2004. Der Zivile Friedensdienst<br />

(ZFD) stand im Zentrum<br />

der Veranstaltung in Köln<br />

am 5. Dezember 2004. Anlässlich<br />

des Themenschwerpunktes<br />

„Friedensdienst“ zeigte die<br />

Stadtsparkasse Köln zwei Wochen<br />

lang die Fotoausstellung<br />

„Der lange Weg zum Frieden.“<br />

Die Ausstellung wurde von<br />

Staatssekretär Erich Stather,<br />

DED-Geschäftsführer Jürgen<br />

Wilhelm und Bürgermeister<br />

Josef Müller eröffnet. Stather<br />

betonte in seiner Rede, der<br />

ZFD sei sehr wichtig für eine<br />

nachhaltige Entwicklung.<br />

Eine Podiumsdiskussion, die<br />

am folgenden Tag innerhalb der<br />

Reihe „Talk am Dom“ im Domforum<br />

stattfand, beschäftigte<br />

sich mit den „Chancen und<br />

Grenzen zivil-militärischer Zusammenarbeit“<br />

in Konfliktregionen.<br />

An der kontroversen<br />

Diskussion beteiligten sich<br />

Angelika Beer, Mitglied des<br />

Europäischen Parlaments und<br />

frühere verteidigungspolitische<br />

Sprecherin der Bundestagsfraktion<br />

Bündnis 90/Die Grünen,<br />

Oberst Gerhard Klose vom<br />

Bundesverteidigungsministerium,<br />

Jürgen Wilhelm sowie die<br />

Geschäftsführerin von Pax<br />

Christi Deutschland, Christa<br />

Weber.<br />

� Daniela Baum, DED-Online-<br />

Redakteurin<br />

IPodiumsdiskussion zu EZ<br />

aus einem Guss. Anlässlich<br />

der Verabschiedung von Jürgen<br />

Hopp, Leiter des DED-<br />

Referats Ländliche Entwicklung<br />

und Ressourcenschutz, trafen<br />

sich am 22. Februar Vertreter<br />

verschiedener EZ-Organisationen<br />

und des BMZ zu einem<br />

Fachgespräch zum Thema „Lernende<br />

Institutionen in einer EZ<br />

aus einem Guss“. Zwei Podiumsdiskussionen<br />

unter Moderation<br />

von Professor Jens-Uwe<br />

Nagel erfüllten den ehemaligen<br />

Bundespressesaal mit neuem<br />

Leben.<br />

„Qualität zeigen im Rahmen<br />

einer international ausgerichteten<br />

Politik und die Entwicklungspolitik<br />

als unverzichtbaren<br />

Bereich besser etablieren“,<br />

forderte DED-Geschäftsführer<br />

Jürgen Wilhelm in seiner Begrüßungsansprache.<br />

Jürgen Hopp, der nach nunmehr<br />

20 Jahren von Bord des<br />

DED-Schiffs geht, erinnerte an<br />

die EZ-Verhältnisse aus seiner<br />

Anfangszeit: „Damals musste<br />

man noch nicht auf Unmengen<br />

an Verfahren Rücksicht nehmen,<br />

sondern konnte unbeschwert<br />

denken.“ Nichtsdestotrotz<br />

kamen in dieser Zeit<br />

erstmals Ansätze zum institutionen-übergreifenden<br />

Lernen auf.<br />

Die erste Podiumsdiskussion<br />

warf deshalb einen Blick zurück<br />

auf das Sektorvorhaben „Ressourcenmanagement<br />

über<br />

Selbsthilfeansätze“ (RMSH).<br />

„Doch wozu brauchen wir<br />

EZ aus einem Guss heute?“,<br />

fragte Nagel, und eröffnete damit<br />

die Runde am Nachmittag.<br />

Lilli Löbsack, stellvertretende<br />

DED-Geschäftsführerin und<br />

Leiterin der Programmabteilung,<br />

bewertete die gegenwärtige<br />

Situation als ambivalent. Zwar<br />

seien klare ordnungspolitische<br />

Vorgaben des BMZ längst über-<br />

fällig gewesen. Doch auch die<br />

Erfahrungen der Vorfeldorganisationen<br />

müssen stärker in die<br />

politische Rahmensetzung des<br />

BMZ einfließen. „Positive Kompetenzvermutung“<br />

nenne man<br />

das beim DED. Günter Dresrüsse<br />

von der GTZ hingegen<br />

ließ sich bei seiner Einschätzung<br />

nicht von Landesgrenzen<br />

aufhalten: „Im internationalen<br />

Kontext sollten wir die deutsche<br />

EZ-Kultur stärker ins Blickfeld<br />

rücken.“ Arbeit aus einem Guss<br />

könne es nur schwer geben, da<br />

die politischen Realitäten sich<br />

galoppierend veränderten. Er<br />

forderte stattdessen die Schaffung<br />

von Plattformen, da Erfahrungswissen<br />

an Menschen gekoppelt<br />

und nur schwer zu digitalisieren<br />

sei. „Eine EZ aus<br />

einem Guss ist praktisch nicht<br />

möglich“, sagte Manfred Hochwald<br />

von der Deutschen Welthungerhilfe<br />

(DWHH) und verwies<br />

auf die Erfahrungen der<br />

DWHH als einer Not- und Entwicklungshilfeinstitution.<br />

Guido<br />

Ashoff vom DIE (Deutsches<br />

Institut für Entwicklungspolitik)<br />

wies darauf hin, dass das Konzept<br />

einer EZ aus einem Guss<br />

seit über 14 Jahren im Gespräch<br />

sei und seinen Anfang genommen<br />

habe mit den Länderkonzepten<br />

des BMZ. Professor<br />

Hans-Rembert Hemmer von<br />

der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau)<br />

ergänzte, dass im<br />

BMZ viele Menschen arbeiten,<br />

die sehr unterschiedliche Meinungen,<br />

auch in diesem Zusammenhang,<br />

vertreten. Hans-Peter<br />

Schipulle vom BMZ brachte<br />

das Problem mit einem afrikanischen<br />

Sprichwort auf den<br />

Punkt: „Reden ist sicher gut,<br />

aber Hühner legen Eier!“<br />

� Philippa Albring, Praktikantin<br />

im Referat Kommunikation<br />

des DED


IEinladung zum Nepal-Rückkehrer-Treffen.<br />

Vom 6. bis 8.<br />

Mai 2005 findet das Treffen<br />

in Königsberg in Bayern mit<br />

Unterkunft statt. Das Programm<br />

beinhaltet neben aktuellen Informationen<br />

zum DED und zu<br />

Nepal auch ein Kulturprogramm<br />

mit Erfahrungsaustausch.<br />

Information bei Sonja<br />

Weikam-Baur, Telefon (0 95 21)<br />

6 16 12 und Andreas Baur, Telefon<br />

(0 95 21) 6 96-111<br />

� Red.<br />

IEinladung zum Benin-Rückkehrer-Treffen.Vom<br />

17. bis<br />

19. Juni findet das Treffen in<br />

Magdeburg mit Unterkunft in<br />

der Jugendherberge statt. Neben<br />

einer Stadtführung stehen auch<br />

die Jahreshauptversammlung<br />

des Vereins Pro Benin und der<br />

Besuch des beninischen Botschafters<br />

auf dem Programm.<br />

Information bei Martin Dietz,<br />

Telefon (0 60 81) 53 42, E-Mail:<br />

dietz.probenin@gmx.de<br />

� Red.<br />

Bildungsarbeit<br />

IDED-Initiative „Bildung<br />

trifft Entwicklung“. Mit einem<br />

Filmbeitrag präsentierte<br />

sie sich bei der deutschen Auftaktveranstaltung<br />

zur UN (Vereinte<br />

Nationen)-Dekade „Bildung<br />

für nachhaltige Entwicklung“<br />

am 13. Januar in Mainz.<br />

Der Film stellte die Seminarreihe<br />

„Partizipation – Teilhabe der<br />

Armen“ vor, die an der Fakultät<br />

Ressourcenmanagement der<br />

Fachhochschule Hildesheim belegt<br />

werden kann. Die Kurse gestalten<br />

DED-Fachkräfte, die aus<br />

Entwicklungsländern zurückgekehrt<br />

sind. Konzipiert wurde<br />

die Reihe von der Fachhochschule<br />

gemeinsam mit der regionalen<br />

Bildungsstelle des<br />

DED in Göttingen. Der DED<br />

beteiligt sich außerdem am<br />

Runden Tisch „Allianz Nachhaltigkeit<br />

Lernen“, der rund 80<br />

staatliche und gesellschaftliche<br />

Akteure vereinigt. Er plant den<br />

deutschen Beitrag zur UN-Dekade<br />

und bereitet erste Schritte<br />

zu seiner konkreten Umsetzung<br />

vor.<br />

Am 1. März wurde die entwicklungspolitischeBildungsarbeit<br />

des DED mit der Auszeichnung<br />

„Offizielles Projekt der<br />

Dekade der Vereinten Nationen<br />

zur Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung 2005–2014“ prämiert.<br />

� Jutta Heckel, DED-<br />

Koordinatorin für entwicklungspolitische<br />

Bildungsarbeit<br />

IEröffnung der regionalen<br />

Bildungsstelle des DED in<br />

Weimar am 22. Februar. Interessierte<br />

Gruppen aus Schulen,<br />

Jugendarbeit und Erwachsenenbildung<br />

finden hier qualifizierte<br />

und engagierte Ansprechpartner,<br />

die sie zu Nord-Südund<br />

zu entwicklungspolitischen<br />

Themen informieren und beraten.<br />

Zurückgekehrte Entwicklungshelfer<br />

werden in ganz<br />

Thüringen als Referenten für<br />

Veranstaltungen oder Projekttage<br />

vermittelt. „Unser entwicklungspolitisches<br />

Engagement in<br />

Entwicklungsländern ist nur in<br />

dem Maße glaubwürdig, wie wir<br />

uns auch hier für eine gerechte<br />

Gestaltung der Globalisierung<br />

einsetzen. Dafür steht auch unser<br />

Engagement in Thüringen“<br />

erklärte Otti Stein, Abteilungsleiterin<br />

des DED. Kooperationspartner<br />

der regionalen Bildungsstelle<br />

des DED in Thüringen ist<br />

der „Aktionskreis Globales Lernen<br />

e.V.“ in Weimar.<br />

� Red.<br />

PPPPublic Private Partnership<br />

IDED und FLP (Flower Label<br />

Program) fördern sozialverträgliche<br />

Arbeitsplätze. Auf<br />

der Internationalen Pflanzenmesse<br />

in Essen stellten am 27.<br />

Januar Jürgen Wilhelm, DED-<br />

Geschäftsführer, Silke Peters,<br />

Geschäftsführerin des FLP, Enrique<br />

Hidrobo, Vertreter der FLP-<br />

Rosenproduzenten in Ecuador<br />

und Dieter Reinecke, Hauptgeschäftsführer<br />

des Fachverbands<br />

deutscher Floristen der Fachpresse<br />

ihre Zusammenarbeit bei<br />

der Unterstützung ecuadorianischer<br />

Blumenproduzenten vor.<br />

Diese soll dazu beitragen, die<br />

Arbeitsbedingungen in der dortigen<br />

Blumenindustrie zu verbessern<br />

und sozial und ökologisch<br />

vertretbare Standards für<br />

die Arbeiterinnen und Arbeiter<br />

zu schaffen. So sind der Einsatz<br />

von Pestiziden und Kinderbzw.<br />

Zwangsarbeit bei zertifi-<br />

zierten Betrieben verboten.<br />

Die „Ecuadorianische Rose“<br />

ist ein bedeutender Devisenbringer<br />

für das südamerikanische<br />

Land. Durch die Zertifizierung<br />

erhofft man sich einen<br />

Nachfragedruck bei Konsumenten,<br />

damit sich das Projekt auch<br />

langfristig durchsetzen kann.<br />

Adressen von Floristen, die<br />

FLP-zertifizierte Blumen führen,<br />

sind unter www.flower-labelprogram.org<br />

zu finden.<br />

� Markus Sterr, DED-Fachreferat<br />

Wirtschafts- und<br />

Beschäftigungsförderung/<br />

Entwicklungspartnerschaften<br />

mit der Wirtschaft<br />

IPflanzenöl als Dieselersatz.<br />

„Wie kommt das Öl in den<br />

Tank?“ war eine der offenen<br />

Fragen des Werkstattseminars<br />

„Pflanzenöl als Dieselersatz“.<br />

Am 11. Februar trafen sich die<br />

PPP-Teams von DED und<br />

InWEnt (Internationale Weiterbildung<br />

und Entwicklung<br />

gGmbH) mit Vertretern der Privatwirtschaft,<br />

um sich zur mittlerweile<br />

fortgeschrittenen Technologie<br />

des Einsatzes von Pflanzenöl<br />

als Ersatz fossiler Brennstoffe<br />

zu informieren.<br />

In einem zweiten Schritt<br />

wurde eine PPP-Strategie für die<br />

Implementierung einer einjährigen<br />

Pilotphase in Peru verabredet.<br />

Hierbei wird der Einsatz<br />

von Pflanzenölen bei städtischen<br />

Transportunternehmen<br />

und zur dezentralen Stromgewinnung<br />

abgelegener Gemeinden<br />

des Amazonasgebiets gefördert.<br />

Klimaschutz und Erneuerbare<br />

Energie als einen Schritt<br />

aus der Armut stehen bei dieser<br />

PPP-Projektidee im Vordergrund.<br />

� Markus Sterr, DED-Fachreferat<br />

Wirtschafts- und<br />

Beschäftigungsförderung/<br />

Entwicklungspartnerschaften<br />

mit der Wirtschaft<br />

IDED kooperiert in Sambia<br />

mit der Privatwirtschaft.<br />

Der DED wird enger mit<br />

dem sambischen Paprika-Produzenten<br />

Cheetah Zambia Limited<br />

(CZL) zusammenarbeiten. Einen<br />

entsprechenden Vertrag mit<br />

CZL unterzeichnete der DED-<br />

Regionaldirektor für Sambia<br />

und Malawi, Manfred Dassio,<br />

im Dezember. Das Kooperati-<br />

Ecuadorianische Rosen –<br />

nun auch in Deutschland.<br />

Foto: Sabine Ludwig<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 59


Intern / Literatur<br />

60 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

onsabkommen beinhaltet auch<br />

eine Förderung des gemeinsamen<br />

Projektes Smallholder Paprika<br />

& Diversification Project, das<br />

die Kleinbauern in Sambia unterstützt.<br />

Aufgrund der anhaltend<br />

schwierigen politischen Situation<br />

im Nachbarland Simbabwe,<br />

ehemals führender Paprika-Produzent,<br />

besteht in Sambia ein<br />

enormes Wachstumspotential in<br />

diesem Sektor. Im Rahmen der<br />

Public Private Partnership mit<br />

CZL soll deshalb der Einsatz<br />

einer Entwicklungshelferin dazu<br />

beitragen, dass mehr sambische<br />

Kleinbauern Paprika unter Vertragsanbau<br />

produzieren und damit<br />

ihr Haushaltseinkommen<br />

verbessern. Die getrockneten Paprika<br />

werden von CZL in Lusaka<br />

weiterverarbeitet und als Paprikapulver<br />

nach Europa exportiert,<br />

wo es in der Lebensmittelverarbeitung<br />

und als natürlicher<br />

Farbstoff Verwendung finden<br />

wird.<br />

� Matthias Reusing, DED-<br />

Entwicklungshelfer in Sambia<br />

EZ-News<br />

IErster gemeinsamer Medientag<br />

der deutschen EZ in<br />

Afghanistan. Erstmals seit<br />

dem Neustart der EZ nach dem<br />

Sturz der Taliban haben DED,<br />

GTZ und KfW (Kreditanstalt<br />

für Wiederaufbau) ihre Arbeit<br />

auf einem gemeinsamen Medientag<br />

in Kabul am 28. November<br />

2004 vorgestellt. Über<br />

70 afghanische Journalistinnen<br />

und Journalisten informierten<br />

sich auf dem Gelände des<br />

DED-Büros über das bisher Erreichte<br />

und die künftige Programmplanung<br />

am Hindukusch.<br />

Afghanisches Fernsehen<br />

und Radio berichteten über den<br />

Medientag in den Hauptnachrichten.<br />

Ziel der Veranstaltung<br />

war es, das deutsche Engagement<br />

als „EZ aus einem Guss“<br />

darzustellen. Die Repräsentanten<br />

von DED, GTZ und KfW<br />

sowie der deutschen Botschaft<br />

berichteten organisationsübergreifend<br />

über die Landesschwerpunkte<br />

„Wirtschaftsreform“<br />

(GTZ), „Wasser & Energie“<br />

(KfW) sowie „Zivilgesellschaft,<br />

Good Governance, Friedensförderung<br />

und Konfliktvermeidung“<br />

(DED). Die drei Organisationen<br />

traten erstmals mit einem gemeinsamen<br />

Corporate Design für<br />

Afghanistan auf, das unter der<br />

Federführung des DED entwickelt<br />

wurde.<br />

� Florian Weigand, DED-<br />

Entwicklungshelfer für Informations-<br />

und Bildungsarbeit in<br />

Afghanistan<br />

Nachrufe<br />

INach schwerer Krankheit<br />

verstarb am 11. November<br />

2004 Bernhard Schweiger<br />

im Alter von 70 Jahren. Vom<br />

1. April 1969 bis 31. August<br />

1971 war er Geschäftsführer des<br />

DED. Anschließend kehrte er<br />

zum damaligen Bundesministerium<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

zurück, von dem er<br />

zur Wahrnehmung seiner Aufgaben<br />

beurlaubt war.<br />

Engagiert, sachkundig und<br />

erfahren setzte er sich ein und<br />

gab dem DED mit großer Energie<br />

und schöpferischer Initiative<br />

wesentliche Impulse in der Gestaltung<br />

und Ausrichtung der<br />

Arbeit. Er trug maßgeblich zu<br />

seiner hohen internationalen<br />

Anerkennung bei. Der DED<br />

trauert mit den Angehörigen.<br />

� Red.<br />

Wolfram<br />

Brünger<br />

Foto: Privat<br />

INach schwerer Krankheit<br />

verstarb am 19. Januar<br />

2005 unser ehemaliger Mitarbeiter<br />

Wolfram Brünger im<br />

Alter von 55 Jahren. Vom 1.<br />

April 1979 bis 30. Juni 1984 war<br />

er – mit Unterbrechungen – in<br />

der Vorbereitungsabteilung des<br />

DED als Regionaltutor für den<br />

Bereich Ostafrika beschäftigt.<br />

Mit seiner Vorbereitung von<br />

Entwicklungshelferinnen und<br />

Entwicklungshelfern auf ihren<br />

Aufenthalt in Afrika leistete er<br />

einen wichtigen Beitrag zur<br />

Qualität unserer Arbeit in den<br />

Partnerländern. Der DED trauert<br />

um einen langjährigen und<br />

von allen geschätzten Kollegen.<br />

Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen.<br />

� Red.<br />

Kooperationen<br />

IHaitianisch-dominikanisches<br />

Grenzprojekt mit DED-Beteiligung.<br />

Als Kooperationsvorhaben<br />

mit der dominikanischen<br />

und der haitianischen Regierung<br />

sowie DED, GTZ, CIDA (Canadian<br />

International Development<br />

Agency) und UNDP (United Nations<br />

Development Programme)<br />

wurde am 21. Januar das Projektbüro<br />

in Pedro Santana eingeweiht.<br />

Dadurch soll in der<br />

Grenzregion eine nachhaltige<br />

Nutzung natürlicher Ressourcen<br />

im Einzugsgebiet des Rio Artibonito<br />

zur Armutsminderung<br />

der dort lebenden Bevölkerung<br />

erzielt werden. Nach Angaben<br />

der Regierung werden allein auf<br />

dominikanischer Seite etwa 350<br />

Familien mit einbezogen.<br />

Der DED wird mit zwei<br />

Fachkräften mit Schwerpunkt<br />

Gemeindeentwicklung und<br />

Basisgruppenförderung auf der<br />

dominikanischen und haitianischen<br />

Seite der Grenze kooperieren.<br />

Ziel ist es, eine grenzübergreifendeKommunalverwaltung<br />

zu unterstützen und einen<br />

Beitrag zur Gemeindeentwicklung<br />

und zum nachhaltigen<br />

Schutz der natürlichen Ressourcen<br />

zu leisten.<br />

Ein DED-Kurzzeitexperte<br />

hat bisher an der Vorbereitung<br />

des gemeinsamen Vorhabens<br />

mitgearbeitet. Das Projekt Artibonito<br />

soll auf zwei Ebenen tätig<br />

werden: einerseits durch die<br />

Entwicklung von Betriebsmodellen<br />

im land- und forstwirtschaftlichen<br />

Bereich, forstlicher<br />

Beratung sowie durch die Stärkung<br />

lokaler Organisationen<br />

der Zivilgesellschaft und andererseits<br />

durch die Beratung der<br />

politischen Träger und Kommunalentwicklung.<br />

Die Kosten des<br />

Projekts sind auf rund 20 Millionen<br />

Dollar mit einer Gesamtlaufzeit<br />

von neun Jahren festgelegt.<br />

Die erste Förderphase beträgt<br />

drei Jahre (2004 bis 2006),<br />

wobei sich der deutsche Beitrag<br />

auf 1.500.000 Euro beläuft.<br />

� Inge Lamberz, DED-<br />

Entwicklungshelferin in der<br />

Dominikanischen Republik


Bücher<br />

Waldzertifizierung<br />

Im Rahmen der DED-Kooperation<br />

mit der chilenischen<br />

Naturschutzorganisation CO-<br />

DEFF ist eine neue Publikation<br />

zum Thema FSC (Forest Stewardship<br />

Council) erschienen.<br />

Das Buch Maletin de Comunicaciones<br />

Certificación FSC. Abriendo<br />

un Debate (Handbuch der<br />

Öffentlichkeitsarbeit zur Zertifikation<br />

FSC. Eine Debatte eröffnen)<br />

umfasst zehn Artikel verschiedener<br />

Autoren, die über<br />

ihre Erfahrungen mit Öffentlichkeitsarbeit<br />

im Bereich Waldzertifizierung<br />

aus verschiedenen<br />

Ländern berichten. Sie präsentieren<br />

Meinungen, Ergebnisse,<br />

Aktivitäten und Kampagnen<br />

von Forstbetrieben, Nichtregierungsorganisationen,<br />

nationalen<br />

Initiativen des FSC und von PR<br />

(Public Relations)-Agenturen mit<br />

dem Ziel, das Waldzertifizierungssystem<br />

FSC bekannt zu<br />

machen<br />

Mehr Infos und Bestellung:<br />

E-Mail: comunica@codeff.cl.<br />

Wird Afrika<br />

nur von Männern<br />

geprägt?<br />

Die Autoren versuchen, ein<br />

kleines Lexikon über einen<br />

äußerst heterogenen Kontinent<br />

herauszugeben. Unterstützt<br />

wurden sie dabei von über 50<br />

Afrika-Wissenschaftlern, die<br />

Beiträge sowohl zu jedem afrikanischen<br />

Staat südlich der Sahara<br />

verfassten, als auch zu gängigen<br />

Begriffen aus der Entwicklungszusammenarbeit<br />

und den<br />

Sozialwissenschaften. Die Palette<br />

reicht hier von A, wie African<br />

Development Bank, bis zu Z, wie<br />

Zivilgesellschaft. Die einzelnen<br />

Artikel bestechen dabei durch<br />

Aktualität und eine knappe<br />

differenzierte Analyse, die es<br />

ermöglicht, einen schnellen<br />

Überblick über das Thema zu<br />

gewinnen. Wer tiefer gehen will,<br />

dem wird mit Literaturhinweisen<br />

geholfen. Mehr zu Afrika ist<br />

auf den über 350 Seiten des<br />

Kompendiums nicht zu leisten.<br />

Was dem Band fehlt ist ein<br />

Sachregister oder ein Verzeichnis<br />

der einzelnen Artikel, um<br />

ein schnelles Suchen nach verschiedenen<br />

Schlagworten zu ermöglichen.<br />

Schade nur, dass es<br />

ein solches Werk nicht schafft,<br />

in dem Verzeichnis wichtiger<br />

afrikanischer Persönlichkeiten<br />

auch nur eine Frau zu erwähnen.<br />

Wird Afrika wirklich nur<br />

von großen Männern geprägt?<br />

Die Herausgeber sollten auch<br />

mit diesem Klischee aufräumen!<br />

Jigal Beez, DED-Entwicklungsstipendiat<br />

von 1999-2000 in Uganda<br />

Kleines Afrika-Lexikon: Politik,<br />

Wirtschaft, Kultur, Beck Verlag,<br />

München 2004, 359 Seiten<br />

14,90 Euro<br />

ISBN 3-406-51071-X<br />

„Hexerei“<br />

in Westafrika<br />

Was ist Realität? Wer eine<br />

Zeit lang in Westafrika gelebt<br />

hat weiß, dass dies mehr als<br />

eine Frage ist. „Hexerei“ als sozialer<br />

Wirklichkeit begegnet<br />

man zwangsläufig. Ohne dass<br />

man an Geister glauben muss,<br />

wird man in ein System hineingezogen,<br />

das menschliche Beziehungen<br />

und das Verhältnis von<br />

Ursache und Wirkung definiert.<br />

Der Autor hat es selbst erfahren:<br />

zuerst als Klient von Marabouts<br />

und Fetischeuren, später<br />

als „Assistent“ – nach ihm die<br />

einzige Möglichkeit, es zu erforschen,<br />

denn aus der Distanz eines<br />

europäischen Beobachters<br />

heraus erfährt man nichts. Neugierde<br />

und Faszination, dazu<br />

ein fundiertes Studium der Ethnologie,<br />

Psychologie und Linguistik,<br />

brachten ihn dazu,<br />

mehrere Jahre lang immer wieder<br />

Fetischeure und Marabouts<br />

zu besuchen und intensive Beziehungen<br />

zu unterhalten. Ein<br />

Großteil des Buches besteht aus<br />

den Beschreibungen der Kontakte<br />

und ist zugleich eine spannend<br />

geschriebene Reportage,<br />

wie auch eine ethnologische<br />

Studie. Beklemmend sind auch<br />

seine Ausführungen über die<br />

Hintergründe der Hexerei als<br />

Teil westafrikanischer Kultur. Es<br />

gibt unzählige gute Schüler, die<br />

vor dem Examen aus unerklär-<br />

lichen Gründen versagen oder<br />

Geschäftsleute, die aus Angst<br />

vor Hexerei Geschenke an die<br />

ganze Familie machen und dabei<br />

Pleite gehen. Neid ist die<br />

Quelle, aus der sich dieses System<br />

speist. Es führt dazu, dass<br />

nur die Mittelmäßigen sicher<br />

sein können. Dieses Buch ist<br />

voller Diskussionsstoff – über<br />

soziales Zusammenleben,<br />

Macht und Wirtschaftsbeziehungen.<br />

Regina Riepe, selbständige Consultant<br />

in der entwicklungspolitischen<br />

Bildungsarbeit<br />

David Signer: Die Ökonomie<br />

der Hexerei oder Warum es in<br />

Afrika keine Wolkenkratzer<br />

gibt, Peter Hammer Verlag,<br />

Wuppertal 2004, 456 Seiten<br />

22,– Euro<br />

ISBN 3-77950-017-5<br />

apple Stichwort: Marabout<br />

Kurzweilige Briefe<br />

Als mitausreisender Ehemann<br />

und beurlaubter Professor<br />

für Planungs- und Entscheidungstheorie<br />

beschreibt Manfred<br />

Glagow den Alltag und<br />

seine Gastheimat Malawi, in der<br />

er dreieinhalb Jahre lebte.<br />

Die Geschichten über die<br />

Schwierigkeiten der Personalsteuerung<br />

und des „Chefseins“<br />

wechseln mit messerscharfen<br />

Analysen über Gewalt gegen<br />

Frauen, Korruption auf Regierungsebene,<br />

gescheiterten Entwicklungsansätzen,<br />

und, wie<br />

kann es anders sein, Entscheidungsfindungsprozessen<br />

im<br />

häuslichen Kontext ab. Als Arbeitgeber<br />

erlebt der Autor die<br />

Ambivalenz einer privilegierten<br />

Lebenssituation in einem Umfeld,<br />

in dem die Mehrheit der<br />

Bevölkerung die wichtigsten<br />

Grundbedürfnisse nicht befriedigen<br />

kann. Angereichert mit<br />

vielseitigen Sachinformationen<br />

über Bildungsstand, Gesundheitswesen<br />

und die Entwicklung<br />

einer Demokratie wird die<br />

Komplexität malawischer Alltagskultur<br />

näher gebracht.<br />

Die kurzweiligen Briefe sollten<br />

Erstausreisende nach Afrika<br />

zur Vorbereitung des Haushaltsmanagements<br />

im Partnerland<br />

lesen. Für Malawi-Freunde<br />

und an der Entwicklungszusammenarbeit<br />

Interessierte bietet<br />

das Buch eine kompakte Dar-<br />

Lesetipps<br />

Verlosung<br />

Gewinnen Sie ein Exemplar<br />

der vorgestellten Bücher (die mit<br />

einem apple markiert sind).<br />

Wählen Sie eines aus! –<br />

Stichwort:<br />

Marabout<br />

Sahara<br />

Spielzeug<br />

Träume<br />

Märchen<br />

Postkarte an DED-Redaktion<br />

bis 29. April 2005<br />

Tulpenfeld 7, 53113 Bonn. Alle<br />

Einsendungen nehmen teil, der<br />

Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 61


Literatur / Rezept / Impressum<br />

Die Gewinner der<br />

letzten Buchverlosung:<br />

Katharina Elwert, Berlin; Niels<br />

Nobiling, Berlin; Marita Palme,<br />

Röllbach; Josef Ranker, Kerpen;<br />

Lisa Schneider, Frechen; Joachim<br />

Vorneweg, Herne<br />

62 <strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005<br />

stellung der Historie und gegenwärtigen<br />

Problematik des Landes.<br />

Dr. Christina Alff, DED-Entwicklungshelferin<br />

von 1998 bis 2002 in<br />

Niger und Mali<br />

Manfred Glagow: Briefe aus<br />

Malawi – Beobachtungen in<br />

einem afrikanischen Entwicklungsland,<br />

transcript-Verlag,<br />

Bielefeld 2003, 272 Seiten<br />

24,80 Euro<br />

ISBN 3-89942-175-2<br />

Spuren<br />

in der Wüste<br />

Ein aufwühlendes Buch über<br />

das Schicksal berühmter Persönlichkeiten,<br />

die während der<br />

französischen Kolonialzeit in<br />

der Sahara gelebt haben. Der<br />

Autor verwebt in seinem autobiografischen<br />

Reisebericht Szenen<br />

aus seiner eigenen Vita mit<br />

biografischen Fragmenten aus<br />

dem Leben von Antoine de<br />

Saint-Exupéry, Michel Vieuchange,<br />

Eugène Fromentin, Pierre<br />

Loti, Isabelle Eberhardt und<br />

André Gide. Er folgt ihren Spuren<br />

in der Wüste und referiert<br />

historische und aktuelle politische<br />

und wirtschaftliche Vorgänge<br />

von den Brutalitäten der Kolonialkriege<br />

bis zu den Ölfunden<br />

des 20. Jahrhunderts. Dazwischen<br />

gibt es Schilderungen<br />

von den Naturschauspielen in<br />

der Sahara und philosophische<br />

Exkurse. Ein schaurig-schönes<br />

Lesevergnügen!<br />

Friedrich Zipf, DED-Entwicklungshelfer<br />

von 1995-1999 in Laos<br />

Sven Lindqvist: Wüstentaucher.<br />

Auf den Spuren von Dichtern,<br />

Träumern und Generälen.<br />

Unionsverlag, Zürich 2004<br />

144 Seiten, 8,90 Euro<br />

ISBN 3-293-20282-9.<br />

apple Stichwort: Sahara<br />

Spielzeug<br />

als Kritik<br />

am Konsum?<br />

Viele kennen sie: die zum Teil<br />

sehr bemerkenswerten,<br />

selbst gebastelten Blech-Spielzeuge<br />

aus Afrika. Dieses Buch<br />

nähert sich dem Thema Recycling-Spielzeug<br />

aus unterschiedlichen<br />

Blickwinkeln. Auf über<br />

200 Seiten präsentieren die Autoren<br />

rund 200 Farbabbildungen<br />

ausgewählter Modelle der Recycling-Kunst.<br />

Zugleich thematisieren<br />

sie jedoch auch die Hintergründe<br />

und Rahmenbedingungen<br />

der Produktion dieser auch<br />

in Europa beliebten Spielzeuge.<br />

Hier werden sowohl die Motive<br />

der Handwerker und Händler,<br />

als auch die Bedürfnisse und Interessen<br />

der Kunstliebhaber in<br />

Europa kritisch hinterfragt.<br />

Nicht zuletzt wird auch der<br />

globale Symbolgehalt der Spielzeuge<br />

ausgeleuchtet und die<br />

Stellung Afrikas innerhalb der<br />

weltweiten Konsumordnung in<br />

den Blick genommen.<br />

In der Auseinandersetzung<br />

mit weltanschaulichen Inhalten<br />

lassen die Autoren den Lesern<br />

ihre Freiräume, entwicklungspolitische<br />

Fragen um Kunst, kulturelle<br />

Verhältnisse und Ungerechtigkeit<br />

selbst zu beantworten.<br />

Assetou Elabo, DED-Entwicklungshelferin<br />

von 2000 bis 2004 in<br />

Burkina Faso<br />

J./H. Froidevaux, P. Pfiffner:<br />

Afrika bewegt sich, Arnoldsche<br />

Art Publishers, Stuttgart 2004,<br />

216 Seiten, 226 Abbildungen<br />

29,80 Euro<br />

ISBN 3-89790-213-3<br />

apple Stichwort: Spielzeug<br />

Mit Koffern<br />

voller Träume<br />

Nur vorübergehend wollten<br />

sie ihre Heimat verlassen,<br />

ihre Träume verwirklichen und<br />

dann wieder zurück nach Bosnien,<br />

Griechenland, Italien, Marokko,<br />

Portugal, Spanien oder<br />

in die Türkei. Aber dann blieben<br />

sie viel länger und heute<br />

sind es Erinnerungen, die bleiben.<br />

Migration hat viele verschiedene<br />

Ursachen, aber anscheinend<br />

immer den gleichen<br />

Rhythmus: Hoffnungen und<br />

Träume sind die Triebfedern,<br />

um die Heimat zu verlassen. Es<br />

macht den Eindruck, als wären<br />

die Anfangsschwierigkeiten<br />

nicht zu bewältigen. Aber Strategien<br />

lassen sich entwickeln<br />

und Anpassung will gelernt sein<br />

und schließlich sind alle froh,<br />

eine zweite Heimat gewonnen<br />

zu haben und stolz auf ihre Erfahrungen.<br />

Lesende Entwicklungshelfer<br />

erkennen sich wie-<br />

der und verstehen die unkonventionellen<br />

Lebensgeschichten,<br />

die Gedichte und Interviews.<br />

Ein kurzweiliges Lesebuch für<br />

alle, die schon mal ihre Träume<br />

eingepackt haben und aufgebrochen<br />

sind.<br />

Joachim Vorneweg, DED-Entwicklungshelfer<br />

von 1998 bis 2000 in<br />

Togo<br />

„Mit Koffern voller Träume ... “.<br />

Ältere Migrantinnen und Migranten<br />

erzählen. Herausgeber:<br />

Amt für multikulturelle Angelegenheiten<br />

Frankfurt, Brandes &<br />

Apsel Verlag, Frankfurt 2004<br />

171 Seiten, 12,80 Euro<br />

ISBN 3-86099-207-4.<br />

apple Stichwort: Träume<br />

Kinderrechte –<br />

(k)eine Priorität?<br />

Seit Jahren beklagen Kinderrechtsorganisationen<br />

das immer<br />

gleiche Problem: In den so<br />

genannten Strategiepapieren zur<br />

Armutsbekämpfung (PRSP), die<br />

mittlerweile von über 53 Staaten<br />

in Afrika, Asien und Lateinamerika<br />

entweder als komplette<br />

Dokumente – oder zumindest<br />

als Entwürfe – erstellt wurden,<br />

kommen Kinder und Jugendliche<br />

nur am Rande vor. Dabei<br />

sind sie es, deren Lebensbedingungen<br />

und -perspektiven am<br />

unmittelbarsten und existenziellsten<br />

von wachsender Armut,<br />

der Verschlechterung sozialer<br />

Bedingungen und eskalierender<br />

Gewalt betroffen sind.<br />

Klaus Heidel hat für die Kindernothilfe<br />

und die Heidelberger<br />

Werkstatt Ökonomie die<br />

vorliegenden PRSP analysiert,<br />

auf deren Grundlage Entwicklungs-<br />

und TransformationsländerEntschuldungsverhandlungen<br />

mit den internationalen Finanzinstitutionen<br />

führen und<br />

sich um Mittel aus der Entwicklungszusammenarbeitbemühen.<br />

Sein Fazit: Kinder (und<br />

noch seltener Jugendliche) tauchen<br />

in den Strategiepapieren<br />

bestenfalls als von Unterernährung,<br />

Krankheit und anderen<br />

Armutsproblemen bedrohte<br />

und daher zu schützende Objekte<br />

auf.<br />

Von ihren Rechten ist nicht<br />

die Rede. Selbst afrikanische<br />

Staaten, in denen die unter 18-<br />

Jährigen über 50 Prozent der


Bevölkerung ausmachen und<br />

durch ihre Arbeitskraft einen<br />

wesentlichen Beitrag zum ökonomischen<br />

Überleben erwirtschaften,<br />

bieten in ihrem Strategiepapieren<br />

weder eine ausreichende<br />

noch eine kohärente<br />

Analyse zu Umfang und Formen<br />

der Kinderarbeit noch Vorschläge<br />

zur Verbesserung. Zwei<br />

Forderungen ergeben sich dadurch<br />

für den Autor: PRSP-Prozesse<br />

müssen partizipatorisch<br />

gestaltet werden und (arbeitende)<br />

Kinder und Jugendliche<br />

müssen so gestärkt werden, dass<br />

sie sich an derartigen Prozessen<br />

beteiligen können. Außerdem<br />

sollten nationale und internationale<br />

Geberorganisationen die<br />

Rechte von Kindern ausgestalten<br />

und absichern.<br />

Jürgen Schübelin, AGEH-<br />

Entwicklungshelfer von 1991 bis<br />

1998 in Chile<br />

Klaus Heidel: Poverty Reduction<br />

Strategy Papers – blind to<br />

the rights of the (working)<br />

child?<br />

The (I-)PRSP’s perception of<br />

child labour – A problem outline<br />

and annotated collection<br />

of source material<br />

Hrsg.: Kindernothilfe/Werkstatt<br />

Ökonomie. Duisburg/<br />

Heidelberg 2004, 78 Seiten.<br />

Bestellung:<br />

info@kindernothilfe.de<br />

Schlange mit<br />

sieben Köpfen<br />

Nelson Mandelas Lieblingsmärchen<br />

aus den verschiedenen<br />

Ländern Afrikas geben<br />

Einblick in eine phantastische,<br />

oftmals mythische Welt. Sie erzählen<br />

beispielsweise vom Jäger<br />

Mthiyane, der in eine Schlange<br />

mit sieben Köpfen verwandelt<br />

wird oder von einer Mutter, die<br />

trickreich versucht, ihren Sohn<br />

von Frauen fernzuhalten. Bei einigen<br />

Erzählungen handelt es<br />

Kochecke<br />

Für Sie probiert ...<br />

… ein Gericht aus Benin<br />

Maistô mit Hühnchenfleisch in<br />

Tomatensauce (für 4 Personen)<br />

300 g Maisgrieß (wie bei der<br />

Zubereitung von Polenta)<br />

500 g Hühnchenfleisch<br />

70 g Tomaten<br />

1 große Zwiebel<br />

1 Zitrone<br />

1 Esslöffel Butter<br />

1 Fleischbrühwürfel<br />

1 Pfefferschote<br />

Öl, Salz, Pfeffer<br />

In einer Schüssel drei Esslöffel<br />

Maisgrieß mit einem Glas kaltem<br />

sich um Schöpfungsmythen,<br />

in denen man erfährt, wie die<br />

Tiere zu ihrem Aussehen kamen<br />

oder warum die Katze ein<br />

zahmes Haustier wurde. Die<br />

Geschichten führen die Welt<br />

Afrikas plastisch vor Augen.<br />

Red.<br />

Nelson Mandela: Meine<br />

afrikanischen Lieblingsmärchen,<br />

3 CDs, Hoffmann und<br />

Campe-Verlag, Hamburg 2004<br />

24,90 Euro<br />

ISBN: 3-455-30369-2<br />

apple Stichwort: Märchen<br />

Nächste<br />

Themen:<br />

2/2005<br />

Millennium-<br />

Entwicklungsziele<br />

3/2005<br />

Kommunikation<br />

Redaktionsschluss:<br />

17. Mai 2005<br />

Wasser verrühren. Zwei weitere<br />

Gläser Wasser und den Saft einer<br />

Zitrone in einem Topf kochen und<br />

den Brühwürfel darin auflösen.<br />

Den verdünnten Maisgrieß dem<br />

Sud hinzufügen, aufkochen lassen<br />

und unter ständigem Rühren den<br />

restlichen Grieß löffelweise beigeben,<br />

bis ein dicker Brei entsteht.<br />

Danach noch weitere zehn Minuten<br />

auf kleiner Flamme unter<br />

ständigem Rühren köcheln lassen.<br />

Dabei die Butter unterrühren. Den<br />

Topf vom Herd nehmen und mit<br />

einem Tuch zugedeckt ziehen<br />

lassen.<br />

In der Zwischenzeit in einer Pfanne<br />

das mit Salz und Pfeffer gewürzte<br />

Hühnchenfleisch in etwas<br />

Öl anbraten. Die klein geschnittene<br />

Zwiebel, die Pfefferschote und<br />

danach die geschälten Tomaten<br />

hinzugeben. Das Ganze mit Salz<br />

und Pfeffer abschmecken.<br />

Aus „Matoke, Quinoa und Co. Eine<br />

Reise durch die Töpfe der Welt.“<br />

Herausgegeben vom Deutschen<br />

Entwicklungsdienst, Bonn, 19,90<br />

Euro zzgl. Porto und Verpackung,<br />

ISBN: 3-00-011636-2,<br />

Bestellung: DED, Ref. 02.101,<br />

Tulpenfeld 7, 53113 Bonn<br />

oder per Fax: (02 28)-24 34-139<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Deutscher Entwicklungsdienst,<br />

gemeinnützige Gesellschaft mbH,<br />

Tulpenfeld 7, 53113 Bonn<br />

Geschäftsführung: Dr. Jürgen Wilhelm<br />

Redaktion: Maria Weitz (V.i.S.d.P.),<br />

Sabine Ludwig<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />

geben die persönliche Meinung der<br />

Verfasser wieder.<br />

Redaktionsbeirat: Angela Kolsdorf,<br />

Horst Peters, Dr. Ralf Sanftenberg,<br />

Martina Schaub, Dr. Iris Schöninger,<br />

Barbara Weber<br />

Layout: silber-design.de,<br />

Dietmar Silber, Berlin<br />

CD: MediaCompany, Astrid Ostrowicki,<br />

Bonn<br />

Druck: SZ Offsetdruck-Verlag GmbH<br />

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem<br />

Papier<br />

Redaktionsadresse: Deutscher<br />

Entwicklungsdienst, DED-Brief,<br />

Tulpenfeld 7, 53113 Bonn,<br />

Telefon: (02 28) 24 34 -132, -133<br />

Telefax: (02 28) 24 34 -139<br />

E-Mail: redaktion@<strong>ded</strong>.de<br />

Nachdruck frei bei vollständiger<br />

Quellenangabe. Belegexemplare erbeten<br />

an die DED-Brief-Redaktion<br />

www.<strong>ded</strong>.de<br />

<strong>ded</strong><strong>brief</strong> 1 | 2005 63

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!