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05 / 2024

Die Fachzeitschrift ORTHOPÄDIE TECHNIK ist die maßgebliche Publikation für das OT-Handwerk und ein wichtiger Kompass für die gesamte Hilfsmittelbranche.

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75. Jahrgang<br />

ORTHOPÄDIE<br />

Exklusiver Medienpartner der<br />

TECHNIK<br />

Sanitätshaus • Reha-Technik<br />

Live auf der OTWorld<br />

Mobilität neu<br />

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Prothetik<br />

Mai <strong>2024</strong><br />

Kompression<br />

OTWorld-Vorschau<br />

Offizielles Fachorgan des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik<br />

Offizielles Fachorgan der ISPO Deutschland e. V.


Handwerk<br />

Innovationen & Verlässlichkeit<br />

Wir freuen uns auf Sie!<br />

Prothetik <strong>2024</strong>/25<br />

Seminare <strong>2024</strong><br />

Gegründet 1862<br />

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Robustheit ISO Qualität<br />

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Unikat<br />

Meine Prothese<br />

Individualität<br />

Füße<br />

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Verlässlichkeit<br />

Sortimentsvielfalt<br />

Prothetik<br />

Aktives Leben<br />

Akzeptanz<br />

Designliner<br />

Stumpfstrümpfe<br />

Handwerk Modularadapter<br />

Emotionalität Intuy Knee<br />

Unterschenkel Bandbreite<br />

Orthopädietechnische Kompetenz<br />

Außendienstteam<br />

Unterdrucksysteme<br />

Oberschenkel<br />

META Familie<br />

Gegründet 1862<br />

Oberschenkelschaft-Technologie<br />

Orthopädietechnik<br />

Tipps und Tricks<br />

Fachlicher Austausch<br />

Alltagstauglich<br />

Versorgung<br />

Unterdruckversorgung<br />

Prepreg-Verarbeitung<br />

Schlüssige Konzepte<br />

Intuy Knee Auf Augenhöhe<br />

Seminare<br />

Vom Techniker für den Techniker<br />

Anwendbare Techniken<br />

Praxisorientiert Theorie und Praxis<br />

Eigene Werkstücke Kompetenz<br />

Versorgung am Patienten<br />

Motivierend<br />

Digitales Modellieren<br />

Made in<br />

Baden-Württemberg<br />

Orthetik <strong>2024</strong>/25<br />

Orthetik <strong>2024</strong>/25<br />

Gegründet 1862<br />

Knieorthesen<br />

Aktivitätsunterstützer<br />

Cervicalorthesen<br />

Drei-Punkt-Korsett EFO<br />

Hüftorthesen Wirbelsäulenorthesen<br />

Sportverletzung Postoperative Versorgung<br />

Individuell anpassbar Quantum-A ® PRO<br />

MLO Dynamic Qualität Von Kopf bis Fuß<br />

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DynaCox ® evo<br />

Hilfsmittelnummer<br />

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Schlaganfallversorgung<br />

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Hochwertige Materialien<br />

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Vielfalt<br />

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14. - 17. Mai <strong>2024</strong><br />

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Gegründet 1862<br />

Material <strong>2024</strong>/25<br />

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Carbongewebematte<br />

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Subortholen Gipstechnik Tiefzieh-Zubehör<br />

Plattenmaterialien Prepregmaterialien<br />

Laminiertechnik Tepefom ® Schränkeisen<br />

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Oberschenkelschaft-Technologie<br />

Orthopädietechnik<br />

Arbeitsersparnis<br />

Fachlicher Austausch<br />

Alltagstauglich<br />

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Eigene Werkstücke<br />

Versorgung am Patienten<br />

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Anwendbare Techniken<br />

Verlässlichkeit<br />

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Vom Techniker für den Techniker<br />

Testschäfte in XXL Schlüssige Konzepte<br />

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Rev. <strong>2024</strong>/<strong>05</strong> © Wilhelm Julius Teufel GmbH<br />

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Editorial<br />

Ausfahrt in Richtung Zukunft<br />

Anfang April nutzten wir alle im Verlag die Ostertage,<br />

um die eigenen Batterien ein wenig aufzuladen und<br />

Zeit mit Freunden und der Familie zu verbringen. Wer<br />

mit dem Auto unterwegs war und den Weg nicht kannte,<br />

der hat vermutlich sein Navigationsgerät eingeschaltet<br />

und sich bis zum Ziel lotsen lassen. Das ist komfortabel<br />

und sorgt dafür, dass selbst Reisemuffeln ein Gegenargument<br />

genommen wird. Auch in der Orthopädie-Technik<br />

wird sich in diesem Jahr zeigen, welche Richtung Politik,<br />

Justiz und das Fach selbst einschlagen.<br />

Die erste Ausfahrt, die viele von Ihnen in diesem Jahr<br />

nehmen werden, wird Sie mit Sicherheit nach Leipzig<br />

führen. Dort steht vom 14. bis zum 17. Mai die OTWorld<br />

an – mit Weltleitmesse und Weltkongress der Pflichttermin<br />

für jeden und jede aus dem Fach. Egal ob aus<br />

den ehrenamtlichen Verbänden und Fachgesellschaften<br />

oder der Industrie: Die Vorfreude, in Leipzig die Branche<br />

zusammenzubringen, ist ungebrochen. Lesen Sie<br />

ab Seite 36, was die Persönlichkeiten des Fachs über die<br />

OTWorld zu sagen und welche Tipps sie parat haben.<br />

Mit René Schaar ist nun auch der letzte Keynote-Speaker<br />

des Kongresses bekannt gegeben worden. Der stellvertretende<br />

Gleichstellungsbeauftragte des Norddeutschen<br />

Rundfunks (NDR) wird über Inklusion in den Medien<br />

sprechen. Er selbst hat zu mehr Sichtbarkeit von Menschen<br />

mit Behinderungen beigetragen, indem er sich für<br />

den Einzug der rollstuhlfahrenden Elin in die Fernsehserie<br />

„Sesamstraße“ stark machte. Lesen Sie das komplette<br />

Interview ab Seite 26.<br />

Während in Leipzig vor allem die orthopädietechnische<br />

Versorgung im Vordergrund steht, müssen die<br />

Richter:innen in Karlsruhe klären, ob die einseitige Entlassung<br />

von Apotheken aus der Präqualifizierung (PQ)<br />

für verhandelte Hilfsmittel rechtens ist oder nicht. Die<br />

Sanitätshaus Stolle GmbH hat wie angekündigt ihre Verfassungsklage<br />

am 2. April eingereicht. Aus Sicht der Branche<br />

muss die Justiz nun ein deutliches Stopp-Schild für<br />

die Ungleichbehandlung von Apotheken und Sanitätshäusern<br />

aufstellen und damit die Versäumnisse der Politik<br />

korrigieren. Lesen Sie mehr dazu auf Seite 8.<br />

Seit mehr als zwei Jahren tobt nun schon wieder ein<br />

Krieg in Europa. In der Ukraine sterben Tausende Menschen<br />

und noch viele mehr werden verwundet. Einige<br />

davon benötigen eine Hilfsmittelversorgung für<br />

zum Beispiel verlorene Gliedmaßen. Im Rahmen der<br />

OTWorld wird es deshalb eine Sonderfläche zum Thema<br />

Kriegsversorgungen geben und auch im Kongress<br />

werden sich Beiträge inhaltlich mit den Versorgungen<br />

dieser Art beschäftigen. Der Verein Human Study<br />

ist bereits 2017 mit der Ausbildung von ukrainischen<br />

Orthopädietechniker:innen gestartet, seit Kriegsbeginn<br />

ist der Bedarf noch einmal drastisch gestiegen. Christian<br />

Schlierf gibt ab Seite 30 ein Zwischenfazit zu dem Projekt.<br />

Auch das Aurora-Projekt beschäftigt sich mit der Qualifikation<br />

von Fachkräften für die Ukraine. Dr. Sebastian<br />

Benner stellt das Projekt auf der OTWorld und ab Seite<br />

32 vor.<br />

Die Orthopädie-Technik wird in diesem Jahr auf dem<br />

Weg in Richtung Zukunft mit Sicherheit die Ausfahrten<br />

Leipzig und Karlsruhe nehmen. Vielleicht wird es den<br />

einen oder anderen Umweg auf der Fahrt geben. Solange<br />

die angestrebten Ziele zum Wohle des Fachs erreicht<br />

werden und man nicht in einer Sackgasse stecken bleibt,<br />

sind diese Schlenker erlaubt.<br />

Gleich zwei Hinweise in eigener Sache darf ich Ihnen<br />

an dieser Stelle geben. Für unsere internationale Leserschaft<br />

haben wir erneut in Zusammenarbeit mit der International<br />

Society for Prosthetics and Orthotics (ISPO)<br />

pünktlich zur OTWorld unser englischsprachiges Magazin<br />

HowToTreat veröffentlicht.<br />

Eine neue – digitale – Richtung wird der Verlag OT einschlagen.<br />

Lassen Sie sich auf der OTWorld überraschen,<br />

welche Neuigkeiten wir für Sie bereithalten. Ich kann<br />

Ihnen versprechen, dass es sich lohnen wird. Bis dahin<br />

bleibt mir nur zu sagen: Bis bald in Leipzig! Wir freuen<br />

uns, Sie bei uns am Stand in Halle 3 zu begrüßen und<br />

über Themen der Branche zu sprechen.<br />

Heiko Cordes,<br />

Chef vom Dienst<br />

Foto: BIV-OT/Carolin Ebbert<br />

Offizielles Fachorgan des Bundesinnungs -<br />

verbandes für Orthopädie-Technik<br />

Offizielles Fachorgan der ISPO<br />

Deutschland e. V.


Inhalt<br />

62<br />

Editorial<br />

3 Ausfahrt in Richtung Zukunft<br />

42<br />

Politik und Verbände<br />

6 BIV-OT: Wir machen den Unterschied!<br />

Pierre Koppetsch ist neuer Obermeister<br />

8 Verfassungsbeschwerde eingereicht<br />

Überarbeitung der MDR gefordert<br />

Info<br />

10 Armprothese aus dem 3D-Drucker: Hero Arm besticht<br />

durch Leichtigkeit<br />

Interview mit Sebastian Hannen<br />

14 Mobiles Sanitätshaus holt Versorgung nach Hause<br />

Interview mit Torben Naumann<br />

16 Rehabilitation nach Kreuzbandriss: Kniebandage<br />

zeigt positive Effekte<br />

Interview mit Prof. Gisela Sole<br />

20 Die Kinder stehen im Mittelpunkt<br />

Interview mit Lars Kieroth<br />

10<br />

26<br />

24 Passformkontrolle, 3D-Druck, Registerforschung:<br />

DGIHV präsentiert Programm zur OTWorld<br />

26 Monster oder Superheld – Wie Stereotype in Film und<br />

Fernsehen unser Denken formen<br />

Interview mit René Schaar<br />

30 Hilfsmittelversorgung im Krisengebiet: Human Study<br />

qualifiziert vor Ort und auf Distanz<br />

32 Ukrainische Fachkräfte schätzen „German Gründlichkeit“<br />

Interview mit Dr. Sebastian Benner<br />

36 Was sagt das Fach zur OTWorld?<br />

42 Mit Prothese ins Weltall<br />

43 OTWorld-Daily: Tägliche Updates zu Messe und Kongress<br />

44 OTWorld bietet „Tag des E-Rezeptes“<br />

46 Stimmen aus der Branche<br />

55 Das „Savoir-vivre“ kommt nach Leipzig<br />

Interview mit Nathalie Balducci-Michelin und Jacques Fecherolle<br />

56 Starpower für die OTWorld<br />

58 Unikate für gesunden Druck<br />

BEILAGEN:<br />

∙ Verlag Orthopädie-Technik<br />

∙ Confairmed


Digitalisierung<br />

61 Sicherheitsrisiko bei Microsoft-Exchange-Server<br />

62 DMEA <strong>2024</strong>: Orthopädie-Technik im „Digi-Tal“?<br />

64 Cybersicherheit ist eine Pflichtaufgabe<br />

68 AOK-Krankenkassen unterstützen Pilotprojekt<br />

E-Verordnung<br />

Sicherer Messengerdienst fürs Gesundheitswesen<br />

Fachartikel<br />

Kompression<br />

70 Medizinische adaptive Kompressionssysteme<br />

in der Praxis<br />

S. Klör<br />

Prothetik<br />

74 Schulung im Umgang mit Exoprothesenpassteilen<br />

an der oberen Extremität (Armprothesen)<br />

A. Fürst, H.-P. Baumgärtler<br />

82 Agonisten-Antagonisten-Myo neural-Interface<br />

(AMI) – eine neue Versorgungsdimension für den<br />

transtibialen Stumpf?<br />

V. Hoursch et al.<br />

90 FIRST – eine neuartige Konzeptprothese für<br />

die frühe Versorgung von Kindern mit<br />

angeborenen Fehlbildungen an den oberen<br />

Extremitäten<br />

M. Schäfer et al.<br />

100 Ergebnisse einer Anwenderbefragung zum<br />

subischialen VPS-Schaftsystem<br />

T. Vogel<br />

Berufsbildung<br />

104 Auszubildende sammeln Ski-Erfahrungen<br />

Markt<br />

106 Weiteres Wachstum für Ottobock<br />

107 Mark Jalaß neuer BVMed-Vorstandsvorsitzender<br />

108 Neues aus der Industrie<br />

109 Kleinanzeigen<br />

114 Vorschau/Impressum<br />

Für tägliche Branchen-News<br />

folgen Sie uns auf


Politik und Verbände<br />

BIV-OT: Wir machen<br />

den Unterschied!<br />

„Wir machen den Unterschied!“ – unter diesem Motto<br />

steht der Jahresbericht März 2023 bis März <strong>2024</strong> des Bundesinnungsverbandes<br />

für Orthopädie-Technik (BIV-OT).<br />

„Unsere Häuser machen mit ihrer individuellen und bedarfsgerechten<br />

Versorgung mit Hilfsmitteln einen entscheidenden<br />

Unterschied für die Teilhabe, Selbstbestimmung<br />

und Lebensqualität ebenso wie die Lebensfreude der<br />

Menschen, die auf Hilfsmittel angewiesen sind“, erklärt<br />

BIV-OT-Präsident Alf Reuter mit Blick auf das vergangene<br />

Geschäftsjahr. „Wir als Verband arbeiten gemeinsam mit<br />

Hunderten von engagierten Orthopädietechnikerinnen<br />

und Orthopädietechnikern daran, dass die Betriebe weiterhin<br />

den Unterschied für ihre Patienten machen können.“<br />

Der Bundesinnungsverband setzte im vergangenen<br />

Geschäftsjahr zahlreiche Projekte auf und um, damit die<br />

orthopädietechnischen Betriebe und Sanitätshäuser in<br />

Deutschland weiterhin ihr Hauptaugenmerk auf die Versorgung<br />

der Menschen mit Hilfsmitteln legen können.<br />

Das bereits im März 2023 vom Bündnis „Wir versorgen<br />

Deutschland“ (WvD) vorgelegte Reformkonzept „Versorgung<br />

sichern. Vorschläge für eine nachhaltige Hilfsmittelreform“<br />

gestaltete der BIV-OT wesentlich mit. Damit<br />

gelang erstmals die Einbeziehung orthopädietechnischer<br />

Betriebe, Sanitätshäuser und Homecare-Dienstleister als<br />

handelnde Akteure in ein Reformvorhaben im Bereich<br />

Hilfsmittel. Ebenso konnten BIV-OT-Positionen in den<br />

bundesweiten Diskussionsprozess zur Hilfsmittelreform,<br />

zum Bürokratieabbau und zur Digitalisierung eingebracht<br />

werden. Ob solitär als BIV-OT oder als Mitglied des WvD-<br />

Bündnisses – die politische Stimme des BIV-OT wird in Berlin<br />

deutlich wahrgenommen. Dies zeigte sich auch anlässlich<br />

der Feier zu „100 Jahre Verbandsgeschichte“ am 13. November<br />

2023 in Berlin mit rund 200 Gästen aus Politik, Gesellschaft,<br />

Ärzteschaft, Medien und dem Handwerk.<br />

Die Befreiung der Apotheken von der Präqualifizierung<br />

durch das im Juli 2023 beschlossene Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs-<br />

und Versorgungsverbesserungsgesetz<br />

(ALBVVG) stellte eine besondere Herausforderung für<br />

den BIV-OT, die 14 (Landes-)Innungen, sechs Fachverbände<br />

sowie deren 4.500 Mitgliedsbetriebe mit rund 48.000<br />

Mitarbeitenden dar. „Die Befreiung der Apotheken von<br />

der Präqualifizierung wird uns noch länger beschäftigen.<br />

Diese Ungleichbehandlung von Apotheken und unseren<br />

Betrieben muss geändert werden. Ebenso wird es Zeit, dass<br />

unser Handwerk die überfällige Anerkennung und Gleichstellung<br />

mit den akademischen Berufen im Gesundheitswesen<br />

erhält. Daran arbeiten wir ebenso intensiv wie an<br />

der Reform der Hilfsmittelversorgung“, betont Alf Reuter.<br />

Mehr Digitalisierung<br />

Ob eine neue Kalkulationsdatenbank im Mitgliederportal<br />

„Mein Sanitätshaus“ oder das Pilotprojekt E-Verordnung<br />

für orthopädische Hilfsmittel: Der BIV-OT treibt die digitale<br />

Zukunft der Branche maßgeblich voran. Die neue Kalkulationsdatenbank,<br />

die weitgehend im Jahr 2023 erarbeitet<br />

wurde und <strong>2024</strong> an den Start gehen soll, bringt mehr<br />

Transparenz, mehr Freiraum, mehr Service für die Betriebe<br />

und damit mehr Zeit für Patient:innen. Das bereits in<br />

der Testphase befindliche Pilotprojekt E-Verordnung für<br />

orthopädische Hilfsmittel unter der Leitung des BIV-OT<br />

sichert den Betrieben auch nach der Umstellung von Rezepten<br />

in Papierform auf elektronische Verordnungen am<br />

1. Juli 2027 den Zugang zum Markt.<br />

Know-how sichert Qualität<br />

Petra Menkel, Alf Reuter<br />

und weitere Gäste<br />

feierten 2023 in Berlin<br />

die 100-jährige<br />

Verbandsgeschichte.<br />

Für die Tochtergesellschaften Confairmed GmbH und Verlag<br />

Orthopädie-Technik stand das Geschäftsjahr ganz im<br />

Zeichen der OTWorld. Die Confairmed GmbH organisiert<br />

den Weltkongress der OTWorld, der gemeinsam mit der internationalen<br />

Fachmesse vom 14. bis 17. Mai <strong>2024</strong> in Leipzig<br />

stattfindet. Mehr Vorsprung durch Information – dafür<br />

steht die Arbeit des Verlags OT. Dies galt im vergangenen<br />

Geschäftsjahr nicht nur für die zahlreichen Fachartikel,<br />

sondern ebenso für die im Januar 2023 begonnene neue<br />

Serie „Fachkräfteoffensive“ und das internationale Fachmagazin<br />

„HowToTreat“. Der Bericht steht ab sofort, wie seine<br />

Vorgänger, auf der Webseite des Bundesinnungsverbandes,<br />

zum Download bereit.<br />

Foto: Tanzyna<br />

Pierre Koppetsch ist neuer Obermeister<br />

Anfang April wählten die Mitglieder der Innung für Orthopädie-Technik<br />

für den Regierungsbezirk Düsseldorf<br />

einen neuen Obermeister. Pierre Koppetsch erhielt von den<br />

versammelten Stimmberechtigten in der nordrhein-westfälischen<br />

Landeshauptstadt das Vertrauen und wird nun als<br />

Obermeister die Innung anführen. Vorgänger Thomas<br />

Münch wird dem Vorstand allerdings erhalten bleiben. Im<br />

Amt des stellvertretenden Obermeisters wird das Mitglied<br />

des Vorstandes im Bundesinnungsverband für Orthopädie-<br />

Technik (BIV-OT) Koppetsch mit Rat und Tat unterstützen.<br />

6<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


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Kniearthrose<br />

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Politik und Verbände<br />

Verfassungsbeschwerde eingereicht<br />

Wie angekündigt hat die Stolle Sanitätshaus GmbH<br />

eine Verfassungsbeschwerde gegen die einseitige<br />

Befreiung von Apotheken aus der Präqualifizierung für<br />

bestimmte Produktgruppen eingereicht. Konkret geht<br />

es um die Benachteiligung des Sanitätsfachhandels und<br />

die Gefährdung der GKV-Versicherten durch den Wegfall<br />

einheitlicher Versorgungs- und Qualitätsstandards. „Wir<br />

sind zuversichtlich, auf diesem Weg die einseitige Befreiung<br />

der Apotheken von der Präqualifizierung zu Fall zu<br />

bringen und damit den fairen Wettbewerb sowie einheitliche<br />

Qualitätsstandards in der Hilfsmittelversorgung<br />

wieder herzustellen“, erklärt Stolle-Geschäftsführer Detlef<br />

Möller.<br />

„Die unterschiedlichen Regeln für Apotheken und Sanitätshäuser<br />

verstoßen gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.<br />

Der Zugang zum Markt wird für Apotheken<br />

und Sanitätshäuser von völlig unterschiedlichen Voraussetzungen<br />

abhängig gemacht“, kommentieren die Generalsekretäre<br />

des Bündnisses „Wir versorgen Deutschland“<br />

(WvD), Kirsten Abel und Patrick Grunau die aktuelle Situation.<br />

„Patienten, insbesondere aus vulnerablen Gruppen,<br />

sollten sich darauf verlassen können, eine gleichermaßen<br />

hochwertige Versorgung zu erhalten, unabhängig vom Ort<br />

der Leistung.“ Während das Arzneimittel-Lieferengpass-<br />

bekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALB-<br />

VVG) ursprünglich darauf abzielte, Bürokratie zu reduzieren<br />

und Mehrfachprüfungen zu eliminieren, wurde aus<br />

Sicht des Bündnisses ein Gesetz beschlossen, das neue bürokratische<br />

Doppelstrukturen im System etabliere, Patientensicherheit<br />

gefährde und einheitliche Mindeststandards<br />

der Versorgung untergrabe. Daher sieht WvD nach wie vor<br />

deutlichen Korrekturbedarf: „Wir haben konstruktive Vorschläge<br />

für eine bürokratiearme und gerechte Qualitätssicherung<br />

im Rahmen der sogenannten Präqualifizierung<br />

gemacht und stehen bereit, um mit politischen Entscheidungsträgern<br />

und Gesundheitsakteuren eine Lösung zu<br />

finden, die allen gerecht wird“, so Abel und Grunau.<br />

Detlef Möller betont, dass die Beschwerde der Politik ein<br />

Zeichen sein sollte, die fortgesetzte Ignoranz gegenüber<br />

den Sanitätshäusern und der mittelständisch geprägten<br />

Struktur in der Hilfsmittelversorgung zu beenden und<br />

stattdessen eine einheitliche und qualitätssichernde bürokratische<br />

Entschlackung bei der Präqualifizierung für alle<br />

Leistungserbringer in Angriff zu nehmen. Die Verfassungsbeschwerde<br />

wurde am 2. April von der Kanzlei Zuck, Vaihingen,<br />

eingereicht. Im Folgenden wird nun das Bundesverfassungsgericht<br />

zunächst über die Annahme der Verfassungsbeschwerde<br />

entscheiden.<br />

Überarbeitung der MDR gefordert<br />

Am 26. Mai feiert die europäische Medizinprodukteverordnung<br />

(MDR) ihren dritten „Geburtstag“, sie gilt in<br />

der Medizintechnikbranche weiterhin als ein viel diskutiertes<br />

Thema. Jüngst meldete sich auch die Politik in Person<br />

von Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach zur<br />

MDR zu Wort. Sie fordert eine Überarbeitung. Gerlach betont:<br />

„Bayern, Deutschland und Europa müssen auch künftig<br />

für medizintechnische Unternehmen attraktiv bleiben.<br />

Deshalb ist es wichtig, dass die europäische Verordnung zu<br />

Medizinprodukten besser wird. Derzeit ist vieles überbürokratisch<br />

– das führt zu Innovationshemmnissen.“<br />

Ähnlich lautet auch das Fazit der<br />

EU-Abgeordneten Peter Liese, Angelika<br />

Niebler und Andreas Glück,<br />

die bereits Ende Februar im Europäischen<br />

Parlament (EP) darauf<br />

hingewiesen haben, dass die MDR<br />

„über das Ziel hinausgeschossen“<br />

sei und grundlegend überarbeitet<br />

werden müsse. Peter Liese forderte<br />

dabei unter anderem eine Regelung<br />

Foto: Susie Knollon/Stimmkreisbüro Judith Gerlach<br />

Bayerns Gesundheitsministerin<br />

Judith Gerlach fordert eine MDR-<br />

Anpassung.<br />

zu Nischenprodukten sowie die Abschaffung der Rezertifizierungs-Regelung.<br />

Auch die EU-Kommission zeigte sich in<br />

der Diskussion aufgeschlossen. „Die EP-Debatte zeigt überdeutlich<br />

die Erkenntnis der Parlamentarier:innen, dass<br />

die MDR über das Ziel hinausgeschossen ist und dringend<br />

nachgebessert werden muss. Auch die Unterstützung des<br />

Vorschlags, die Rezertifizierung von Bestandsprodukten<br />

abzuschaffen, ist ein gutes Signal. Nach den EP-Wahlen im<br />

Juni müssen die Lösungen so schnell wie möglich vorangetrieben<br />

werden“, kommentiert BVMed-Geschäftsführer<br />

und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll die Entwicklung,<br />

die eine neuerliche Anpassung der MDR wahrscheinlich<br />

macht.<br />

Welche Folgen eine Beibehaltung des Status-Quo haben<br />

wird, das skizzierte Judith Gerlach: „Die EU-Medizinprodukte-Verordnung<br />

hat als Ziel, Patienten besser zu schützen.<br />

Das unterstützen wir selbstverständlich. Dieses Ziel<br />

kann jedoch nicht erreicht werden, wenn die Versorgungssicherheit<br />

mit lebenswichtigen Medizinprodukten nicht<br />

mehr gewährleistet ist. Im schlimmsten Fall werden wegen<br />

Überregulierungen Produkte nur noch außerhalb der Europäischen<br />

Union entwickelt und produziert. Hier besteht<br />

dringender Handlungsbedarf. Über die Hälfte der gesamten<br />

europäischen MedTech-Entwicklung und -Produktion<br />

findet in Süddeutschland statt – und wir in Bayern wollen,<br />

dass das so bleibt!“<br />

8<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Gemeinsam<br />

im medialog<br />

Wir freunen uns auf<br />

Ihren Besuch!<br />

OTWorld,<br />

14. – 17. Mai <strong>2024</strong><br />

Halle 1, Stand D20/E21<br />

www.medi.de<br />

medi. ich fühl mich besser.


Info<br />

Mit dem Hero Arm hat Sebastian Hannen,<br />

Bereichsleitung Produktion bei<br />

Fuchs & Möller, die passende Versorgung<br />

für Niklas gefunden.<br />

Fotos [2]: Fuchs & Möller<br />

Armprothese aus dem 3D-Drucker:<br />

Hero Arm besticht durch Leichtigkeit<br />

Ihre Gliedmaßen befinden sich noch im Wachstum. Die<br />

Kraft ist noch gering. Für Kinder wie den achtjährigen<br />

Niklas, der mit einer Fehlbildung des rechten Unterarms<br />

auf die Welt kam, gestaltet sich die Suche nach einer<br />

passenden Armprothese oft schwierig. Im Herbst 2023<br />

zeigte sie Erfolg. Der „Hero Arm“ des Hilfsmittelherstellers<br />

Open Bionics, eine 3D-gedruckte myoelektrische<br />

Prothese mit einer multiartikulierenden bionischen<br />

Hand, hat genau das, was Niklas braucht: ein geringes<br />

Gewicht, ein auffälliges Design und eher wenige, aber<br />

für ihn elementare Funktionen. Im Gespräch mit der OT-<br />

Redaktion erzählt Orthopädietechnik-Meister Sebastian<br />

Hannen, Sanitätshaus Fuchs & Möller, wie er auf das System<br />

aufmerksam wurde, welche Vorteile es bietet und<br />

warum eine Versorgung mit weniger Funktionen manchmal<br />

mehr ist.<br />

OT: Im Februar 2022 sagten Sie im Interview mit meiner<br />

Kollegin, dass es häufig individueller Lösungen bedarf, da die<br />

Passteilvarianten, die der Markt bietet, für Kinderversorgungen<br />

häufig zu groß, zu schwer oder funktionell ungeeignet sind.<br />

Wie hat sich der Markt im Bereich Armprothetik seitdem entwickelt?<br />

Sebastian Hannen: Bereits nach meiner Ausbildung an der<br />

Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg 2001 bin<br />

ich in den Bereich Armprothetik eingestiegen und führe<br />

das bis heute fort. Als Produktionsleitung bei Fuchs & Möller<br />

weiß ich, worauf es bei Kinderversorgungen ankommt.<br />

Bis heute hat sich mit Blick auf die Kinderhände der Firma<br />

Ottobock – abgesehen von kleinen Modifikationen – wenig<br />

verändert. Diese Systemhände haben eine kleine Grifföffnung,<br />

das heißt, selbst wenn das Kind die Hand öffnen und<br />

schließen kann, kann es einen Becher nicht halten. Auch<br />

die Geschwindigkeit, in der sich die Hand öffnet, ist für<br />

viele zu gering. Nach solchen Enttäuschungen besteht die<br />

Gefahr, dass die Kinder die Lust verlieren, die Prothese zu<br />

tragen. Später kam dann die Prothesenhand der Firma Vincent<br />

Systems, die Vincent Young, auf den Markt – vermutlich<br />

das beste System, das es mit Blick auf die Funktionen<br />

aktuell gibt. Die Hand ist meiner Meinung nach aber erst<br />

für Kinder ab neun Jahren geeignet. Sie ist etwas schwerer<br />

und es kann manchmal schwierig sein, die passende Größe<br />

für unsere kleineren Anwender zu finden. Darüber hinaus<br />

gibt es Passivhände, mittlerweile auch mit beweglichen<br />

Lösungen. Letztendlich bleiben es aber Habitusprothesen.<br />

Die Anwender können die Finger zwar bewegen, aber nicht<br />

10<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Info<br />

aktiv steuern. Wir standen deswegen immer vor der Frage:<br />

Wie können wir den Übergang gestalten, also die Zeit bis<br />

zum Jugendalter überbrücken?<br />

OT: Kann der Hero Arm diese Lücke schließen?<br />

Hannen: Ja. Er hat viele Vorteile. Man muss bedenken:<br />

Bei Prothesen sitzt das Hauptgewicht am Ende. Das bringt<br />

schlechte Hebelverhältnisse mit sich. Für die Kinder ist<br />

es deswegen sehr anstrengend, eine Prothese den ganzen<br />

Tag über zu tragen und zu benutzen. Auch die Stumpflänge<br />

und die Hautverhältnisse können eine Versorgung erschweren.<br />

Statt Titan, schwerem Stahl oder Aluminium<br />

kommt beim Hero Arm Kunststoff zum Einsatz. Daher ist<br />

er deutlich leichter. Wir können damit Kinder bereits ab<br />

sieben Jahren versorgen. Trotzdem ist das System nicht<br />

besonders komplex. Den Kindern stehen „nur“ sechs verschiedene<br />

Griffe zur Verfügung, aber aus meiner Sicht<br />

reicht das völlig aus. Kinder brauchen keine Hightech-<br />

Hand. Sie brauchen eine Hand, mit der sie zwei oder drei<br />

Griffe machen können, eine Hand, die schnell reagiert,<br />

robust ist und vor allem leicht. All das bildet das System<br />

von Open Bionics ab. Ich würde mir wünschen, dass auch<br />

andere Hersteller von der Hightech-Variante zurückgehen<br />

und stattdessen auf das setzen, was wirklich gebraucht<br />

wird. Der Hero Arm ist zudem nicht nur für Kinder geeignet,<br />

auch Jugendliche und Erwachsene können von der<br />

Prothese profitieren, je nachdem, wo der Fokus in der Versorgung<br />

liegt.<br />

OT: Wie steht es um die Versorgung der Kleinsten, also um<br />

Kinder, die jünger als sieben Jahre alt sind?<br />

Hannen: Aktuell gibt es nur die Kinderhände von Ottobock<br />

und Habitusprothesen.<br />

OT: Woran liegt es, dass es so wenig Auswahl gibt?<br />

Hannen: Ich glaube, es liegt nicht daran, dass die Hersteller<br />

nicht wollen, sondern dass sie es – noch – nicht können.<br />

Es braucht kleine Sensoren, kleine Motoren und kleine Verkabelungen:<br />

Es ist unheimlich schwierig, all das im Miniformat<br />

herzustellen. Ich bin mir aber sicher, dass der 3D-<br />

Druck neue Möglichkeiten eröffnen wird.<br />

OT: Auch der Hero Arm wird per 3D-Druck hergestellt. Ist das<br />

Verfahren die Zukunft?<br />

Hannen: Ich denke, die additiven Herstellungsverfahren<br />

bieten uns neue Möglichkeiten und ergänzen unsere bisherigen<br />

Tätigkeiten. Beim Hero Arm sind wir für den Schaft<br />

zuständig, wir ermitteln die Elektrodenpunkte, sorgen für<br />

eine optimale Passform und Zuschnitt und übertragen die<br />

digitalen Daten an den Hersteller. Den restlichen Aufbau<br />

des Unterarms sowie die Installation der Elektrik übernimmt<br />

die Firma Open Bionics. Der 3D-Druck ermöglicht<br />

uns hierbei Konstruktionen, die wir händisch nicht hätten<br />

fertigen können. Dazu gehört auch der Schaft, der sich wie<br />

eine Ziehharmonika öffnen und schließen lässt, und sich<br />

somit im Umfang anpassen lässt.<br />

OT: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit der<br />

Hero Arm zum Einsatz kommen kann?<br />

Hannen: Der Stumpf muss – vom Ellenbogen bis Stumpfende<br />

– mindestens acht Zentimeter lang sein. Zudem müssen<br />

ausreichend myoelektrische Signale vorhanden sein.<br />

Ein Signal reicht aber tatsächlich schon aus, um die Pro these<br />

zu steuern. Die Hautverhältnisse und ebenso die kognitiven<br />

Fähigkeiten müssen auch eine Versorgung zulassen.<br />

Prothese für den Alltag<br />

Greifen, heben,<br />

halten: Die Prothese<br />

unterstützt Niklas<br />

im Alltag bei zahlreichen<br />

Tätigkeiten.<br />

OT: Wie wurde Niklas versorgt, bevor er den Hero Arm erhalten<br />

hat?<br />

Hannen: Mit einem Kinderhandsystem von Ottobock.<br />

Hätten wir den Hero Arm nicht als Alternative gefunden,<br />

hätte er sich wahrscheinlich gegen eine erneute Versorgung<br />

aufgrund der technischen Defizite und des hohen<br />

Gewichtes entschieden.<br />

OT: Wie sind Sie auf die Prothese aufmerksam geworden?<br />

Hannen: Die Firma Open Bionics hatte mich noch vor<br />

Markteinführung angesprochen und gefragt, was ich von<br />

dem Produkt halte und was ich verändern würde. Ich dachte<br />

dabei gleich an Niklas und daran, ob der Hero Arm vielleicht<br />

die Lösung sein könnte. Er ist deutlich leichter, hat<br />

eine größere Griffkraft und Griffgeschwindigkeit. Damit<br />

können wir alles abbilden, was Niklas wollte. Normalerweise<br />

richten wir uns nach dem Qualitätsstandard des Vereins<br />

zur Qualitätssicherung in der Armprothetik (VQSA).<br />

Dieser schreibt einen Schaft mit HTV-Silikon vor. Das bietet<br />

einen guten Komfort und eine gute Compliance bei den<br />

Patienten. Ich habe mich dann aber entschieden, das System<br />

so auszuprobieren, wie es der Hersteller anbietet, also<br />

ohne Silikon. Der Schaft ist wie eine Art Ziehharmonika gestaltet.<br />

Er kann durch einen Bohrverschluss etwas größer<br />

und kleiner gemacht werden. Wir haben festgestellt, dass<br />

die Luftzirkulation dadurch deutlich besser ist.<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

11


Info<br />

Fotos [2]: Fuchs & Möller<br />

Bevor Niklas den Hero Arm bekam,<br />

wurde er mit einer Habitusprothese<br />

versorgt, später dann mit einem Kinderhandsystem<br />

von Ottobock.<br />

OT: Wie zufrieden ist Niklas mit dem<br />

Ergebnis?<br />

Hannen: Niklas ist das erste Kind, das in<br />

Deutsch land mit dem Hero Arm versorgt wurde. Er trägt<br />

ihn jetzt bereits seit ein paar Monaten und ist sehr zufrieden.<br />

Er benutzt die Prothese für sämtliche Tätigkeiten in<br />

der Schule und um im Haushalt und Garten mitzuhelfen.<br />

Auch beim Fahrradfahren trägt er sie, weil er beide Hände<br />

braucht, um sicher steuern zu können. Er schwitzt jetzt<br />

deutlich weniger und das Gewicht macht ihm – trotz seines<br />

kurzen Unterarmstumpfes – keine Probleme. Auch das Design<br />

kommt sehr gut an.<br />

OT: Wie genau sieht seine Prothese aus?<br />

Hannen: Mir persönlich gefällt die Prothese durch die Gitterstruktur<br />

auch ohne Cover optisch sehr gut. Außerdem<br />

wirkt sie dadurch nicht so klobig. Gerade für Kinder ist es<br />

aber toll, dass es andere Möglichkeiten gibt. Niklas hat sich<br />

für eine Variante entschieden, die an den Marvel-Superhelden<br />

„Black Panther“ angelehnt ist. Tatsächlich wünschen<br />

sich die meisten unserer jungen Patienten bunte und auffällige<br />

Designs. Und das machen wir gerne möglich. Denn<br />

klar ist: Je mehr sich der Patient mit der Prothese identifiziert,<br />

desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sie<br />

auch trägt. Niklas tut das mit Stolz. Wenn man bedenkt,<br />

dass er zuvor in der Schule gehänselt wurde, ist die Optik<br />

umso wichtiger. Seine Mutter hat mir zurückgemeldet,<br />

dass die Mitschüler den Arm toll finden. Zum ersten Mal<br />

steht Niklas jetzt im Mittelpunkt – und zwar positiv.<br />

OT: Funktion oder Optik: Was steht für Ihre Patient:innen im<br />

Fokus?<br />

Hannen: In erster Linie ist eine Armprothese ein Werkzeug.<br />

Ich habe Patienten, die ihre Prothese nur für bestimmte<br />

Tätigkeiten anziehen. Das kann täglich auch nur eine Stunde<br />

sein. Aber für diese eine Stunde brauchen sie die Prothese,<br />

weil es eben keine andere Möglichkeit gibt, diese Tätigkeiten<br />

auszuführen. Und dann gibt es Patienten, die ihre<br />

Prothese den ganzen Tag von morgens bis abends tragen.<br />

Vielen Kunden ist es wichtig, dass sie durch die Prothese<br />

optisch an die Gesellschaft angeglichen sind. Für jeden<br />

steht etwas anderes im Fokus.<br />

Knallbunt statt hautfarben<br />

OT: Braucht in erster Linie tatsächlich Niklas die Prothese oder<br />

braucht sie vielmehr die Gesellschaft?<br />

Hannen: Niklas ist ohne Unterarm auf die Welt gekommen.<br />

Er kennt es nicht anders und ist sehr geschickt. Kinder<br />

können viel ausgleichen. Aber sie haben eben auch weniger<br />

Tätigkeiten auszuführen als Erwachsene. Ist die Selbstständigkeit<br />

als Kind noch deutlich reduziert, wird sie im Jugend-<br />

und Erwachsenenalter immer mehr gefordert. Man<br />

muss vorsichtig sein: Durch die Kompensationsbewegungen<br />

kommt es zu einem vermehrten Übergreifen mit der<br />

gesunden Hand, die Kinder müssen sich mehr verdrehen.<br />

Das wirkt sich auf den gesamten Bewegungsapparat aus und<br />

kann auch zu einer Überlastung der gesunden Hand führen.<br />

Ich sehe häufig – wie auch bei Niklas –, dass Menschen<br />

mit Behinderungen ausgegrenzt werden. Es muss sich etwas<br />

in der Gesellschaft ändern. Sie muss offener und hilfsbereiter<br />

werden. Zu mir kam mal eine ältere Dame, die zur<br />

12<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Info<br />

Sicherheit einen Rollator bekommen sollte und ihre größte<br />

Sorge war: Was sollen die Nachbarn denken?<br />

Es gibt aber auch andere Beispiele, die zeigen, dass sich<br />

sehr wohl etwas tut. Früher sollten Prothesen immer hautfarben<br />

sein und möglichst wenig auffallen. Heute wollen<br />

viele Patienten keine Kosmetik haben und wenn, dann<br />

eine knallbunte. Sie sagen: Ich stehe dazu. Und jeder soll<br />

das sehen.<br />

Was man außerdem nicht aus den Augen verlieren sollte:<br />

Manchmal ist es für die Eltern wichtiger, dass ihr Kind<br />

eine Prothese bekommt, als für das Kind selbst. Oft fließen<br />

die Tränen, wenn sie ihr Kind mit Prothese sehen. Zum<br />

ersten Mal ist ihr Kind „komplett“. Das berührt, zeigt aber<br />

auch, dass man von Anfang an aufklären und deutlich machen<br />

muss, dass es darum geht, was das Kind möchte.<br />

OT: Wie gehen Sie dabei vor? Wie gelingt es Ihnen, die Eltern<br />

zu erreichen?<br />

Hannen: Ich bin ein Freund von offener und ehrlicher<br />

Kommunikation und versuche, die Gespräche mit Ruhe zu<br />

führen. Ich sage in jedem Beratungsgespräch, dass es nicht<br />

darum geht, dass das Kind die Prothese jeden Tag stundenlang<br />

trägt. Es reicht, wenn es sie für bestimmte Tätigkeiten<br />

nutzt. Eltern sollten keinen Druck machen, sondern unterstützen.<br />

Die Kinder müssen den Mehrwert selbst erkennen<br />

und das gelingt am besten spielerisch. Manche Eltern stecken<br />

die Ziele viel zu hoch, gehen davon aus, dass die Prothese<br />

eine gesunde Hand mit all ihren Funktionen ersetzen<br />

kann. Deswegen finde ich es wichtig, von Anfang an aufzuzeigen,<br />

was möglich ist und was nicht. Wir können viel,<br />

die Technik kann viel, aber nicht alles.<br />

Ergo- und physiotherapeutische<br />

Begleitung<br />

OT: Mit einer Prothese gut umgehen zu können, erfordert auch<br />

Übung. Wie kam Niklas bei der ersten Anprobe zurecht?<br />

Hannen: Das ging schnell. Niklas hat nicht mal eine Stunde<br />

gebraucht, um die Prothese komplett bedienen zu können.<br />

Ich finde es wichtig – und zwar bei allen armprothetischen<br />

Versorgungen –, dass insbesondere Kinder ergo- und<br />

physiotherapeutisch begleitet werden. Physiotherapeuten<br />

sollten von Anfang an darauf achten, dass die Kinder die<br />

richtige Haltung einnehmen. Ansonsten entstehen Fehler,<br />

wie bei einem schlechten Gangbild auch, die man nur<br />

schwer wieder beheben kann. Ergotherapeuten haben die<br />

Aufgabe, die Übungen mit der Prothese spielerisch zu gestalten.<br />

Wir Orthopädietechniker sind während dieses Prozesses<br />

auch gefordert, da die Prothese immer wieder passend<br />

eingestellt werden muss. Am Anfang stellt man die<br />

Elektroden relativ großzügig ein, damit die Bewegungen<br />

recht schnell verstanden und ausgeführt werden können.<br />

Der Nachteil ist aber, dass es dadurch ungewollt zu Fehlsteuerungen<br />

kommen kann. Der Muskel gibt bereits bei<br />

kleiner Anspannung ein Signal und die Prothese führt eine<br />

ungewollte Bewegung aus. Unsere Aufgabe ist es, die Elektroden<br />

immer wieder zu justieren und somit ein gezieltes<br />

Greifen bzw. Ansteuern zu ermöglichen. Bei Open Bionics<br />

lassen sich solche Einstellungen über eine App vornehmen,<br />

bei anderen Handsystemen funktioniert das über die Steuerungsprogramme<br />

am Laptop sowie an der Elektrode.<br />

OT: Hat die Krankenkasse die Kosten problemlos übernommen?<br />

Hannen: Ich hatte als erstes die Vincent-Young-Hand eingereicht,<br />

weil ich zu diesem Zeitpunkt den Hero Arm noch<br />

nicht kannte. Weil sie Niklas besser gefiel, habe ich dann einen<br />

zweiten Vorschlag gemacht, die Versorgung aber nicht<br />

direkt eingereicht. Ich habe erst mit den Mitarbeitern der<br />

Krankenkasse gesprochen, weil ich wusste, dass ihnen das<br />

Produkt nicht bekannt ist. Ich habe die Funktionen und<br />

Vorteile erläutert und auch den Hersteller darum gebeten,<br />

in Kontakt mit der Krankenkasse zu treten. Probleme gab es<br />

bei der Übernahme dadurch nicht. Die Versorgung wurde<br />

direkt genehmigt.<br />

Back to basics<br />

OT: Die Frage ist ja immer: Was wünscht sich der Patient<br />

bzw. die Patientin? Viele Funktionen oder doch eher ein geringes<br />

Gewicht und eine schnelle Reaktionsgeschwindigkeit?<br />

Ist es denkbar, dass all die Vorteile der aktuell auf dem Markt<br />

erhältlichen Systeme künftig kombiniert werden?<br />

Hannen: Mit Sicherheit. Eine meiner ersten Fragen an Open<br />

Bionics war, ob ich die Komponenten des Systems einzeln<br />

bekommen kann. Denn dann würde genau das passieren,<br />

was Sie ansprechen. Ich könnte die Einzelteile mit anderen<br />

kombinieren. Anscheinend bin ich nicht der einzige Orthopädietechniker,<br />

der danach gefragt hat. Open Bionics<br />

arbeitet daran, diese Option möglich zu machen. Und bestimmt<br />

wird auch der eine oder andere Hersteller auf die<br />

Idee aufmerksam und setzt statt schwerem Titan, Stahl<br />

oder Aluminium auf 3D-druckbaren leichten Kunststoff.<br />

OT: Zwei Jahre sind seit dem letzten Interview vergangen.<br />

Wenn wir uns in zwei Jahren wieder treffen, was hoffen Sie<br />

dann berichten zu können?<br />

Hannen: Ich hoffe, dass es dann deutlich mehr Optionen<br />

für unsere Kleinsten gibt. Und ich hoffe, dass sich viele Hersteller<br />

wieder mehr auf die Basics konzentrieren anstatt auf<br />

Hightech-Prothesen. Ich würde mir außerdem wünschen,<br />

dass die Bürokratie abnimmt und dass die Krankenkassen<br />

uns die Möglichkeit bieten, nicht nur das, was im Hilfsmittelverzeichnis<br />

steht, abzubilden. Unser Beruf ist so vielseitig.<br />

Warum sollten wir uns durch einen Hilfsmittelkatalog einschränken<br />

lassen? Jeder Patient ist anders, es fällt mir schwer<br />

einem Kunden zu erklären, dass er keine Hobbys haben darf,<br />

nur weil eine Sportprothese nicht im Hilfsmittelverzeichnis<br />

aufgeführt ist. Wenn wir den Behinderungsausgleich tatsächlich<br />

schaffen wollen, müssen wir es richtig angehen.<br />

Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

13


Info<br />

Das Team von Mocca health: (hinten v. l.)<br />

Anne Schmidt, Ivonne Diesing und Maren Diekmann<br />

sowie (vorne v. l.) Martina Kroll, Torben<br />

Naumann, Anna Hirsch und Anneke Wegner.<br />

Foto: Linda Meiers<br />

Mobiles Sanitätshaus holt Versorgung nach Hause<br />

Hausbesuche von Ärzt:innen, Fußpfleger:innen und<br />

Friseur:innen, Lieferdienste von Restaurants und Supermärkten<br />

– mittlerweile sind Services wie diese gang<br />

und gäbe. Da liegt der Gedanke nahe, auch die Versorgung<br />

mit Hilfsmitteln ins Haus zu holen. Als rein mobiles<br />

Sanitätshaus macht Mocca health genau das möglich:<br />

Das Team hat sich auf die Versorgung von flachgestrickten<br />

Kompressionsstrümpfen zur Ödemtherapie<br />

spezialisiert und versorgt die Kund:innen in ihren eigenen<br />

vier Wänden. Welche Vorteile das hat und wie die<br />

Mitarbeiter:innen die Arbeitsweise erleben, das erläutert<br />

Geschäftsführer Torben Naumann im Gespräch mit<br />

der OT-Redaktion.<br />

OT: Was hat Sie dazu inspiriert, Ihre Kund:innen zu Hause zu<br />

versorgen?<br />

Torben Naumann: Die Idee kam in der Tat von meiner<br />

Mutter. Sie hat sich schon vor mehr als zehn Jahren damit<br />

befasst, Kund:innen eine mobile Flachstrickversorgung<br />

in den eigenen vier Wänden anzubieten. Der Grundgedanke<br />

ist heute noch der gleiche. Wir fahren zu unseren<br />

Kund:innen nach Hause und ersparen ihnen dadurch lästige<br />

Wege und lange Wartezeiten. Als ich vor zwei Jahren<br />

zu meiner Mutter und meiner Schwester ins Team gestoßen<br />

bin, habe ich mich primär darauf fokussiert, eine neue Positionierung<br />

auszuarbeiten, Prozesse neu aufzusetzen beziehungsweise<br />

zu automatisieren und das Unternehmen digital<br />

auszurichten.<br />

OT: Wie läuft der Versorgungsprozess im Einzelnen ab?<br />

Naumann: Unsere Kund:innen melden sich bei uns entweder<br />

direkt per Telefon oder über unsere Website. Eine Expertin<br />

aus der entsprechenden Region setzt sich dann mit<br />

ihnen in Verbindung und vereinbart einen Termin zur Beratung<br />

und Vermessung. Im Anschluss kümmern wir uns<br />

um die Genehmigung der Krankenkassen sowie gemeinsam<br />

mit unseren Kund:innen um etwaige Widersprüche.<br />

Sobald wir die Kompressionsware erhalten haben, vereinbaren<br />

wir eine finale Anprobe, um sicherzustellen, dass die<br />

Versorgung optimal sitzt.<br />

OT: Welche Vorteile bietet die mobile Versorgung gegenüber<br />

einem stationären Sanitätshaus?<br />

Naumann: Durch unser mobiles Angebot können wir<br />

sehr flexibel auf die Bedürfnisse unserer Kund:innen eingehen.<br />

Das betrifft zum einen den zeitlichen Faktor, weil<br />

wir uns nach den Terminen und Verfügbarkeiten unserer<br />

Kund:innen richten und keine fixen Ladenöffnungszeiten<br />

haben. Das ist insbesondere für Berufstätige sehr<br />

praktisch. Zum anderen sind wir örtlich eben komplett<br />

flexibel; wir beraten und vermessen unsere Kund:innen<br />

zu Hause in ihrem privaten „safe space“, in der Mittagspause<br />

bei der Arbeit oder in der Physio-Praxis nach der<br />

Lymphdrainage. Die Krankheitsbilder Lip- und Lymphödem<br />

sind nach wie vor stigmatisiert, das führt bei Betroffenen<br />

oft nicht nur zu Scham, sondern macht die Behandlung<br />

auch zu einem sehr sensiblen und persönlichen Thema.<br />

Darauf gehen wir mit unserem mobilen Service ein<br />

und schaffen ein vertrautes und sicheres Umfeld für unsere<br />

Kund:innen.<br />

OT: Ein stationäres Sanitätshaus können Patient:innen auch<br />

spontan zu den Öffnungszeiten aufsuchen. Wie flexibel sind<br />

Sie im Hinblick auf die Terminvereinbarung?<br />

Naumann: In der Regel sind Spontanbesuche bei Flachstrickversorgungen<br />

eher selten, daher lassen sich Versor-<br />

14<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Info<br />

gungstermine sehr gut im Voraus planen. Dabei sind wir<br />

sehr flexibel und richten uns in erster Linie nach den Bedürfnissen<br />

unserer Kund:innen. Das heißt, wir arbeiten<br />

morgens, mittags, abends und auch mal am Wochenende,<br />

wenn es nicht anders passt.<br />

OT: Welche Ansprüche stellt der Service an die<br />

Mitarbeiter:innen?<br />

Naumann: Unsere Mitarbeiter:innen müssen sehr eigenständig<br />

arbeiten können und in der Lage sein, sich selbst<br />

gut zu organisieren. Unser Konzept bringt viele Freiräume<br />

mit sich, aber im Umkehrschluss verlangt es von uns allen<br />

viel (Eigen-)Verantwortung. Aus fachlicher Sicht sind<br />

un sere Expert:innen bestens geschult und werden laufend<br />

weitergebildet, um sicherzustellen, dass wir alle Versorgungsarten<br />

und Herstellermodelle mit unserem hohen<br />

Qualitätsanspruch anbieten können.<br />

OT: Was schätzen die Mitarbeiter:innen an dem Konzept?<br />

Welche Versorgung soll es sein? Geschäftsführer<br />

Torben Naumann und seine Schwester Maren Diekmann,<br />

fachliche Leitung, diskutieren die Optionen.<br />

Foto: Siegbert Dierke<br />

Naumann: Unsere Mitarbeiter:innen schätzen es sehr, dass<br />

wir so frei arbeiten können. Neben dem, was wir machen,<br />

ist es uns ganz wichtig, wie wir es machen. Unser Arbeitsumfeld<br />

ist sehr zeitgemäß und geht dabei auf die Bedürfnisse<br />

unserer Mitarbeiter:innen ein. Darüber hinaus schätzen<br />

sie die Nähe zu unseren Kund:innen. Unsere Expert:innen<br />

fungieren als direkte Ansprechpersonen und begleiten unsere<br />

Kund:innen in allen Belangen von A bis Z aus einer<br />

Hand. Das schafft eine sehr enge Bindung.<br />

OT: Gibt es etwas, was Ihre Mitarbeiter:innen vermissen?<br />

Naumann: Durch unsere Aufstellung ist es natürlich<br />

so, dass man nicht mal eben einen Kaffee mit seinen<br />

Kolleg:innen in der Küche trinken kann – dafür muss man<br />

sich dann schon abstimmen und „irgendwo in der Mitte“<br />

treffen. Ab und zu fehlt das, aber die Vorteile unserer Arbeitsweise<br />

wiegen das auf jeden Fall auf.<br />

OT: Mocca health versteht sich als rein mobiles Sanitätshaus.<br />

Gibt es dennoch einen zentralen Ort, an dem die<br />

Mitarbeiter:innen zusammenkommen? Hat das Auswirkungen<br />

auf das soziale Miteinander?<br />

Naumann: Es gibt in der Tat eine zentrale Geschäftsadresse,<br />

allerdings kommen unsere Mitarbeiter:innen hier nicht<br />

zusammen. Wir sind über den Außendienst bewusst dezentral<br />

organisiert, um unseren Service flächendeckend anbieten<br />

zu können. Das soziale Miteinander ist sicherlich eine<br />

Herausforderung, die unsere Arbeitsweise mit sich bringt,<br />

der wir uns aber alle von Anfang an bewusst sind. Wir<br />

haben jede Woche ein virtuelles Team-Meeting und individuelle<br />

Check-In-Gespräche mit allen Mitarbeiter:innen.<br />

Alle zwei bis drei Monate kommen wir aber auch als Team<br />

für Fortbildungen und (interne) Schulungen zusammen.<br />

Aus unserer Sicht funktioniert das sehr gut und es kommt<br />

uns nicht so vor, dass wir uns de facto nicht so häufig in<br />

Person sehen.<br />

OT: Welche Anforderungen stellt der Service an den Betrieb und<br />

an Sie als Geschäftsführer?<br />

Naumann: Meine Aufgabe ist es in erster Linie, die Rahmenbedingungen<br />

für unser Team sicherzustellen. Das<br />

heißt, ich muss dafür sorgen, dass alle Mitarbeiter:innen<br />

die Werkzeuge an die Hand bekommen, die sie benötigen,<br />

um unsere Kund:innen optimal zu versorgen – das umfasst<br />

natürlich die notwendige Grundausstattung wie Pkw und<br />

Hardware. Darüber hinaus gehören zu den Werkzeugen<br />

aber auch Fortbildungen und Schulungen, die sowohl auf<br />

das Fachliche als auch auf die Soft-Skills ausgerichtet sind.<br />

Abgesehen von diesen „direkten“ Anforderungen sehe<br />

ich es als meine Aufgabe, das Unternehmen zukunftsorientiert<br />

auszurichten und unsere Prozesse stetig zu optimieren.<br />

Wir wollen die Digitalisierung im Gesundheitswesen<br />

aktiv mitgestalten und sind dementsprechend aufgestellt.<br />

OT: Wie kommt das Konzept bei den Kund:innen an?<br />

Naumann: Das Feedback ist bisher durchweg positiv. Sie<br />

schätzen unseren flexiblen Service und die Nähe zu unseren<br />

Expert:innen sehr. Rund zwei Drittel von uns sind<br />

selbst von einem Lip- oder Lymphödem betroffen, daher<br />

wissen wir genau, wovon wir sprechen und kommunizieren<br />

auf Augenhöhe. Das ist nicht nur authentisch, sondern<br />

kommt auch sehr gut bei unseren Kund:innen an.<br />

OT: Abgesehen von der Option mobiles oder stationäres Sanitätshaus<br />

– wo sehen Sie Schwachstellen in der Versorgung von<br />

Patient:innen mit Lip- und Lymphödemen?<br />

Naumann: Aus unserer Erfahrung ist die Ödemversorgung<br />

oftmals eine Odyssee für die Betroffenen. Das fängt häufig<br />

schon bei fehlenden oder falschen Diagnosen an – insbesondere<br />

bei Lipödemen. Dadurch werden Betroffene<br />

letztlich auch häufig falsch oder gar nicht versorgt. Wenn<br />

sie dann eine Diagnose bekommen haben, geht die Suche<br />

nach einem geeigneten Versorger in ihrer Nähe los. Hier<br />

gibt es ebenfalls oft Schwachstellen in der Qualität und in<br />

der Abwicklungsgeschwindigkeit der Versorger.<br />

Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

15


Info<br />

Rehabilitation nach Kreuzbandriss:<br />

Kniebandage zeigt positive Effekte<br />

Grafik: Bauerfeind<br />

Jung, aktiv und dann ein Kreuzbandriss. Sportler:innen<br />

wollen nach einer Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes<br />

(VKB) wieder schnell ihr Training aufnehmen.<br />

Während der Rehabilitation können Hilfsmittel den Prozess<br />

erleichtern. Welchen Einfluss haben Kniebandagen<br />

bei verbliebenen funktionellen Defiziten? Das hat Physiotherapeutin<br />

Prof. Gisela Sole, tätig an der Universität<br />

von Otago (Neuseeland), anhand der „Genutrain“ von<br />

Bauerfeind untersucht. Im Gespräch mit der OT-Redaktion<br />

stellt sie die zentralen Ergebnisse der Studie vor.<br />

OT: Eine Operation ist nach einem Kreuzbandriss erst der<br />

Anfang. Welche Rolle spielt die Rehabilitation für das langfristige<br />

Ergebnis einer Kreuzbandrekonstruktion?<br />

Gisela Sole: Das Ziel der Rekonstruktion des vorderen<br />

Kreuzbandes ist die Wiederherstellung der anatomischen<br />

Stabilität des Kniegelenks. Die Operation allein vermindert<br />

weder die Hemmung und Schwäche der Oberschenkelmuskulatur<br />

nach der Ruptur noch das Risiko einer langfristigen<br />

posttraumatischen Kniearthrose. Nach einer VKB-Ruptur<br />

und -Rekonstruktion haben die Betroffenen oft lange Zeit<br />

Angst vor einer erneuten Verletzung, was angesichts der hohen<br />

Rate sowohl am ipsilateralen als auch am kontralateralen<br />

Knie realistisch ist. Eine Studie von Noyes und Barber-<br />

Westin zeigte, dass statistisch gesehen bis zu einer von fünf<br />

Sportlern, die nach einer VKB-Rekonstruktion wieder Sport<br />

treiben, sich erneut am Knie verletzt. Vermeidung aufgrund<br />

von Angst kann zu verminderter körperlicher Aktivität und<br />

damit zu erhöhtem Körpergewicht und Adipositas führen,<br />

was das Risiko einer Arthrose erhöht. Rehabilitation ist notwendig,<br />

um die neuromuskuläre Kontrolle und Kraft der<br />

Oberschenkelmuskulatur des Knies und der gesamten kinetischen<br />

Kette zu verbessern und das Selbstvertrauen zu stärken<br />

und schafft die Voraussetzung für die Wiederaufnahme<br />

Einbeiniger Distanzsprung (Horizontal Jump), Akuteffekt<br />

Können Patient:innen<br />

nach einer Kreuzband­<br />

Rekonstruktion vom<br />

Tragen einer Bandage<br />

profitieren? Dieser Frage<br />

ging Prof. Gisela Sole<br />

auf den Grund.<br />

von Sport und Arbeit. Eine langfristige Förderung der körperlichen<br />

Aktivität ist notwendig, um die Gesundheit des<br />

Kniegelenks und des gesamten Körpers zu optimieren.<br />

OT: Welche Komponenten sind für eine erfolgreiche Rehabilitation<br />

entscheidend? An welchem Punkt kommen Hilfsmittel<br />

wie Bandagen ins Spiel?<br />

Sole: Die Definition von Erfolg im Zusammenhang mit der<br />

Rehabilitation ist schwierig, da sich die Ziele oder Erfolgsindikatoren<br />

des Einzelnen im Laufe der Zeit ändern können.<br />

Solche Veränderungen können auf Veränderungen der Lebensumstände<br />

zurückzuführen sein, etwa Veränderungen<br />

der beruflichen oder familiären Rolle, aber auch darauf, ob<br />

die betroffene Person wieder Sport treiben oder ihre sportlichen<br />

Aktivitäten auf dem Niveau von vor der Verletzung<br />

fortsetzen möchte oder nicht. Unabhängig von solchen<br />

Veränderungen erfordert die Rehabilitation einen multimodalen,<br />

individuellen Ansatz. Ein kürzlich veröffentlichter<br />

Expertenbericht von Kotsifaki et al. enthält evidenzbasierte<br />

Leit linien, die eine Stärkung der Oberschenkelmuskulatur<br />

durch Übungen in offener und geschlossener kinetischer<br />

Kette, plyometrisches Training und Beweglichkeitstraining<br />

beinhalten, die für den individuellen Kontext der<br />

Person relevant sind. Während in der Akutphase nach einer<br />

VKB-Rekonstruktion eine Orthese eingesetzt wird, ist über<br />

den Einsatz von Kniebandagen weniger bekannt. In unserer<br />

früheren qualitativen Studie mit zehn Teilnehmern, die bis<br />

zu zehn Jahre nach der Rekonstruktion teilnahmen, berichteten<br />

einige, dass sie eine Orthese oder Bandage während<br />

des Trainings oder bei Aktivitäten, bei denen sie Angst vor<br />

einer Verletzung hatten, verwendeten. Es wurde über Erfahrungen<br />

berichtet, nach denen eine solche Bandage in jeder<br />

Phase der Rehabilitation und auch längerfristig verwendet<br />

wurde, wenn sie dem Patienten half, körperlich aktiv zu<br />

bleiben.<br />

OT: Um die Wirksamkeit von Bandagen zu untersuchen, haben<br />

Sie eine Studie im postoperativen Setting mit der Genutrain<br />

durchgeführt. Welche Fragestellungen lagen der Studie zugrunde?<br />

Sole: Das Hauptziel der Studie war die Bestimmung der<br />

Akuteffekte der Genutrain-Kniebandage unmittelbar nach<br />

dem Anlegen sowie der Auswirkungen nach sechs Wochen<br />

Tragedauer auf die von den Teilnehmern berichteten Ergebnisse,<br />

die Funktion sowie die Kinematik und Kinetik<br />

des Kniegelenks während des Step-Down-Springens. Die<br />

Teilnehmer waren Patienten, deren VKB-Rekonstruktion<br />

Foto: University of Otago<br />

16<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Info<br />

zwischen sechs Monaten und fünf Jahren zurücklag und<br />

die noch nicht wieder zu ihrem normalen Niveau körperlicher<br />

Aktivitäten zurückgekehrt waren.<br />

Die primäre Fragestellung war, ob das Tragen der Bandage<br />

die maximale einbeinige Sprungweite beeinflusst,<br />

alle anderen Variablen waren sekundäre Fragestellungen.<br />

Eine weitere sekundäre Analyse wurde hinzugefügt, um<br />

festzustellen, ob das Tragen der Bandage die Bodenreaktionskräfte<br />

und die Kraft des Knies während des Step-<br />

Down-Sprungs beeinflusst.<br />

Die Studie bestand aus zwei Teilen, wobei erstens die Akuteffekte<br />

in einem laborbasierten Crossover-Design und zweitens<br />

die Sechs-Wochen-Effekte in einem randomisierten klinischen<br />

Design untersucht wurden. Da während der Covid-<br />

19-Phase die Teilnehmerzahl im zweiten Teil reduziert war,<br />

sind diese Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren.<br />

OT: Zu welchen zentralen Ergebnissen hat die Studie geführt?<br />

Sole: Zu den unmittelbaren Effekten zählen folgende:<br />

Beim maximalen einbeinigen Distanzsprung (Horizontal<br />

Jump) mit der Genutrain um das verletzte Knie erhöhte<br />

sich die Sprungweite signifikant um 3,6 Prozent im Vergleich<br />

zum Sprung ohne Bandage. Beim Step-Down-Hop-<br />

Test verbesserte sich die Kniebeugung mit Kniebandage<br />

um durchschnittlich 3 Grad, was eine Verbesserung darstellt.<br />

Auch die Kniekraft verbesserte sich, insbesondere in<br />

den ersten 5 Prozent der Standphase nach Bodenkontakt,<br />

der Phase, in der Kreuzbandrisse am häufigsten wieder auf-<br />

treten. Nach sechs Wochen waren die Teilnehmer, die eine<br />

Bandage trugen, nach eigenen Angaben aktiver als die Teilnehmer<br />

ohne Bandage. Sie hatten auch eine kürzere Dauer<br />

der Standphase beim Step-Down-Hop-Test, was auf eine<br />

schnellere Leistung hindeutet.<br />

OT: Wie erklären Sie sich die Effekte?<br />

Sole: Wie wir in unseren Veröffentlichungen dargelegt haben,<br />

ist es möglich, dass nach einer VKB-Verletzung beim<br />

Bodenkontakt ohne Bandage weniger Kontrolle über das<br />

Knie vorhanden ist und eine geringere Fähigkeit besteht,<br />

das erste Aufkommen zu absorbieren. Das Tragen einer<br />

Kniebandage könnte die neuromuskuläre Kontrolle oder<br />

das Bewusstsein für die Position und Bewegung des Knies<br />

verbessern. Wir spekulieren, dass das Tragen der Bandage<br />

die unterschwellige Angst vor einer erneuten Verletzung<br />

oder vor einer Bewegung verringern könnte, wodurch die<br />

muskuläre Sicherung durch den Quadrizeps abnehmen<br />

könnte. Das verbesserte Bewusstsein könnte zu einer besseren<br />

Absorption und Kontrolle bei Bodenkontakt führen,<br />

was sich in einer leicht erhöhten Kraft während der ersten<br />

fünf Prozent der Standphase äußert, während die Bandage<br />

getragen wird. Basierend auf unseren Ergebnissen spekulieren<br />

wir vorsichtig, dass die Bandage die sensomotorischen<br />

Mechanismen während der frühen exzentrischen<br />

(Absorptions-)Phase des Bodenkontakts verbessern könnte,<br />

was wiederum das Risiko einer VKB-Verletzung oder einer<br />

erneuten Verletzung verringern könnte.<br />

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Info<br />

OT: An der Studie haben Patient:innen teilgenommen, deren<br />

Operation zwischen sechs Monaten und fünf Jahren zurücklag.<br />

Hat die Länge des Zeitraums einen Einfluss auf die Wirkung<br />

der Genutrain-Bandage?<br />

Sole: In unserer Studie wurde nicht untersucht, ob es einen<br />

Zusammenhang zwischen der Zeit seit der Rekonstruk tion<br />

des vorderen Kreuzbandes und einer der Variablen gibt.<br />

Wir bräuchten eine viel größere Stichprobe, um einen solchen<br />

möglichen Zusammenhang zu untersuchen. Grobe<br />

Beobachtungen unserer Rohdaten deuten jedoch darauf<br />

hin, dass die Zeit seit der Operation keinen Einfluss auf die<br />

Ergebnisse hatte. Dies würde bedeuten, dass Personen mit<br />

einer VKB-Rekonstruktion eine Bandage als nützlich empfinden<br />

könnten, unabhängig davon, ob die Operation weniger<br />

als ein Jahr oder viel länger zurückliegt.<br />

OT: Gab es Dinge, die Sie überrascht haben?<br />

Sole: Ja, wir waren überrascht, dass sich der Kniebeugewinkel<br />

allein durch das Anlegen einer Bandage so schnell verändern<br />

kann. Beim Training von Personen mit VKB-Ruptur/-<br />

Rekonstruktion werden häufig Übungen zur Verbesserung<br />

der Kniebeugung durchgeführt, zum Beispiel die Anleitung,<br />

mit „weicheren Knien“ zu landen. Welling et al. fanden<br />

bei einer gemischten Gruppe von kniegesunden Männern<br />

und Frauen Unterschiede von durchschnittlich circa<br />

2 Grad bei einem beidbeinigen Sprung, wenn verschiedene<br />

Formen von verbalem Feedback gegeben wurden. Wir<br />

gaben unseren Probanden kein Feedback, sondern forderten<br />

sie auf, nach dem Aufsetzen auf der Kraftmessplatte „so<br />

schnell wie möglich“ nach vorne zu springen.<br />

OT: Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Ergebnissen der Studie?<br />

Sole: Eine Kniebandage kann als Ergänzung zur Rehabilitation<br />

nützlich sein, um die Bewegungsmuster der Kniebeugung<br />

bei bestimmten Personen zu verbessern.<br />

Aktiver nach Kreuzbandriss:<br />

Dabei soll die Genutrain von<br />

Bauerfeind unterstützen.<br />

OT: Würden Sie mit Blick auf die Studienergebnisse empfehlen,<br />

dass die Versorgung mit einer Bandage zur Standardtherapie<br />

nach einer Kreuzbandrekonstruktion gehören sollte?<br />

Sole: Nein, wir haben keine Belege dafür, dass eine Kniebandage<br />

Teil der Standardrehabilitation nach einer vorderen<br />

Kreuzbandrekonstruktion sein sollte. Kliniker können<br />

jedoch mit ihren jeweiligen Patienten erörtern, ob eine<br />

solche Bandage für sie von Nutzen sein könnte, und ihre<br />

Entscheidung auf das Feedback der Patienten nach der Anwendung<br />

stützen.<br />

Foto: Bauerfeind<br />

OT: Sind Fragen offengeblieben?<br />

Sole: Die Corona-Pandemie beeinträchtigte den randomisierten<br />

klinischen Part, sodass dieser Teil der Studie statistisch<br />

nicht ausreichend aussagekräftig war. Weitere Untersuchungen<br />

sind erforderlich, um die Wirksamkeit der Bandage<br />

in der Rehabilitation zur Verbesserung der körperlichen<br />

Aktivität und zur Stärkung des Vertrauens in das Knie<br />

zu ermitteln.<br />

Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.<br />

Grafik: Bauerfeind<br />

Literatur:<br />

Sole, G., Lamb, P., Pataky, T. et al. Immediate and 6-week effects of wearing<br />

a knee sleeve following anterior cruciate ligament reconstruction: a<br />

cross-over laboratory and randomised clinical trial. BMC Musculoskelet<br />

Disord 22, 655 (2021) and Immediate and six-week effects of wearing a<br />

knee sleeve following anterior cruciate ligament reconstruction on knee<br />

kinematics and kinetics: a cross-over laboratory and randomised clinical<br />

trial. BMC Musculoskelet Disord 23, 560 (2022)<br />

Einbeiniger Distanzsprung (Step-Down-Hop-Test),<br />

Langzeiteffekt<br />

Sole G., Pataky T., Hammer N., Lamb P. Can a knee sleeve influence<br />

ground reaction forces and knee joint power during a step-down hop in<br />

participants following anterior cruciate ligament reconstruction? A secondary<br />

analysis. PLOS ONE 17(12) (2022): e0272677<br />

18<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Unsere Produkte und weitere Informationen finden Sie auf der neuen Website.<br />

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Info<br />

Die Kinder stehen im Mittelpunkt<br />

Sie dürfen nicht wählen, während der Corona-Pandemie<br />

erhielten sie bescheuerte Tipps – Stichwort: Kniebeugen<br />

bei Kälte – und auch ansonsten bekommen sie häufig<br />

das Wort „Nein“ zu hören. Die Rede ist natürlich von<br />

Kindern. Rund 14 Millionen Kinder und Jugendliche unter<br />

18 Jahren leben, laut Deutschlandatlas im Jahr 2021,<br />

in Deutschland. Mehr als 415.000 von ihnen haben eine<br />

körperliche oder geistige Beeinträchtigung. Ein Teil von<br />

diesen Kindern und Jugendlichen benötigt eine Hilfsmittelversorgung.<br />

Und so, wie in der Medizin vom Bild des<br />

Mannes als „Standard-Erwachsener“ langsam aber sicher<br />

abgewichen wird, so ist auch die Erkenntnis bei vielen<br />

Menschen mittlerweile etabliert, dass Kinder keine Miniatur-Erwachsenen<br />

sind, sondern spezielle Bedürfnisse und<br />

Ansprüche haben an ihre Versorgungen, Versorger:innen<br />

und auch an das Umfeld der Versorgungen.<br />

Das hat auch das Vitalcentrum Hodey erkannt. Der<br />

Vollsortimenter vom Niederrhein hat deshalb unter<br />

dem Eigennamen „Hodey Kids“ nicht nur eine Marke,<br />

sondern ein Dach geschaffen für einen Versorgungsbereich,<br />

in dem die Kinder und Jugendlichen und deren<br />

Angehörige im Mittelpunkt stehen. An den Standorten<br />

Kamp-Lintfort und Aachen hat Hodey Kids seine berufliche<br />

Heimat. Was hinter dem Konzept steckt, erklärt Lars<br />

Kieroth, Geschäftsführer des Hodey Vitalcentrums und<br />

Hodey Kids, im Gespräch mit der OT-Redaktion.<br />

OT: Warum haben Sie sich dazu entschieden den Bereich der<br />

Kinderversorgung von den anderen Versorgungsbereichen abzutrennen?<br />

Lars Kieroth: Hodey ist ein traditionelles Familienunternehmen,<br />

deshalb hat die Versorgung der Allerkleinsten<br />

für und bei uns seit jeher einen besonderen Stellenwert.<br />

Wir bieten das volle Sortiment orthopädischer sowie<br />

Reha- und Pflegehilfsmittel für Kinder an – mit viel Leidenschaft<br />

für die neuesten Technologien und dem obersten<br />

Ziel, jedem Kind das Leben ein Stück leichter zu machen.<br />

Deshalb war es uns sehr wichtig, unter dem Dach<br />

Hodey Kids eine eigene kleine Welt zu erschaffen, die sich<br />

gezielt an den Bedürfnissen und Vorlieben betroffener Familien<br />

orientiert.<br />

OT: Wie wichtig war es Ihnen, mit Hodey Kids auch eine eigene<br />

Marke zu schaffen – und was sind die Vorteile für die kleinen<br />

Patient:innen?<br />

Kieroth: Wir haben die Marke Hodey Kids primär ins Leben<br />

gerufen, um betroffenen Familien eine konkrete Anlaufstelle<br />

zu geben, wenn es um die Versorgung ihrer Kinder<br />

geht. Mit der Implementierung der Marke Hodey Kids<br />

und dem ganzheitlichen pädiatrischen Ansatz, den Hodey<br />

Kids verfolgt, können wir bei der Versorgung gezielt auf die<br />

speziellen Bedürfnisse und Anforderungen von Kindern<br />

eingehen, sei es in Bezug auf Design, Größe oder Funktionalität<br />

ihrer Hilfsmittel. Zudem schnüren unsere Hodey-<br />

Kids-Lots:innen, selbst pflegende Eltern, und unsere Re-<br />

Lars Kieroth (links) und<br />

Frank Hodey bilden die<br />

neue Geschäftsführung<br />

des Hodey Vitalcentrums.<br />

hakind-zertifizierten Fachberater:innen für jede Familie<br />

ein intensives, langfristiges und besonders einfühlsames<br />

Rundum-sorglos-Paket, das weit über die übliche Versorgung<br />

hinausgeht. Ein großer Mehrwert für die Kinder –<br />

und für ihre Eltern, da wir ihnen auf Augenhöhe emotional<br />

begegnen können.<br />

OT: Wie lange haben Sie gebraucht, um Ihr Konzept zu entwickeln,<br />

und welche Meilensteine setzten Sie in dieser Zeit?<br />

Kieroth: Die Entwicklung des ganzheitlichen Markenkonzepts<br />

hat einige Zeit in Anspruch genommen. Wir wollten<br />

unbedingt sicherstellen, dass wir alle Aspekte der Versorgung<br />

von Kindern und Jugendlichen berücksichtigen und<br />

bestmöglich bedienen. So etwas bricht man auch mit jahrelanger<br />

Erfahrung in der Versorgung von Kindern nicht<br />

einfach übers Knie.<br />

Meilensteine bei der Entwicklung der Marke waren unter<br />

anderem die Vorstellung unserer Lotsin für Pädiatrie,<br />

die Entwicklung des Hodey-Kids-Hilfsmittelpasses, die<br />

Einführung von KI bei der Erstellung von Begründungen<br />

sowie die Implementierung von Maßnahmen zur Elternintegration,<br />

darunter regelmäßig stattfindende Elternseminare<br />

rund ums Thema Pflege und Versorgung sowie<br />

Events für die ganze Familie, die im entspannten Rahmen<br />

Raum für gegenseitigen Austausch und Hilfestellung<br />

bieten. Ein besonderes Highlight war unser Hodey-Kids-<br />

Launch-Event Anfang März, bei dem wir „unseren“ Familien<br />

erstmals das fertige Markenkonzept von Hodey Kids<br />

vorstellen durften.<br />

OT: Kinder- und Jugendliche haben andere Bedürfnisse als ihre<br />

Eltern. Können Sie ein paar Beispiele nennen, wie Sie auf die<br />

Anforderungen für die Kinder eingegangen sind?<br />

Kieroth: Um auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen,<br />

haben wir für die Marke Hodey Kids im ersten Schritt an<br />

Fotos [2]: Vitalcentrum Hodey<br />

20<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Info<br />

den beiden Hodey-Kids-Standorten Kamp-Lintfort und<br />

Aachen kinderfreundliche Räumlichkeiten gestaltet. Natürlich<br />

haben wir auch unser Personal entsprechend geschult,<br />

um eine einfühlsame, kindgerechte Betreuung und<br />

eine exzellente Versorgung der Kleinsten zu gewährleisten.<br />

Mit unserem Knautschball-Maskottchen „Hey“ haben<br />

wir der Marke Hodey Kids zudem im wahrsten Sinne<br />

des Wortes noch ein kindgerechtes Gesicht gegeben. Hey<br />

ist Freund, Begleiter und Trostspender in einem. Er turnt,<br />

kullert und hüpft zur Erheiterung der Kinder als wiederkehrendes<br />

Gestaltungselement durch die Markenwelt von<br />

Hodey Kids – als Animation auf der Website, als farbenfrohes<br />

Motiv auf T-Shirts und Turnbeuteln oder als knalliger<br />

Sticker auf den liebevoll designten Hodey-Kids-Mappen,<br />

die mit lustigen Hey-Geschichten und Malbüchern die Zeit<br />

im Wartezimmer überbrücken sollen. Das freut nicht nur<br />

die Kinder, sondern auch die Eltern.<br />

OT: Apropos Eltern: Die Kinder und Jugendlichen kommen in<br />

den seltensten Fällen allein ins Sanitätshaus. Welche Maßnahmen<br />

haben Sie sich überlegt, um die Eltern und Angehörigen<br />

mitzunehmen auf die Versorgungsreise?<br />

OT: Wie bereits gesagt, haben Sie die Elternlotsin angestellt.<br />

Waren weitere Personalbewegungen nötig, um das Hodey-Kids-<br />

Team aufzubauen und können Sie einmal Ihr Personalkonzept<br />

beschreiben?<br />

Kieroth: Unser Ziel bei Hodey Kids ist es, eine optimale und<br />

vor allem langfristige Versorgung der Kleinsten sicherzustellen.<br />

Dafür braucht es fachliche Kompetenz, Empathie<br />

und Beständigkeit. Um das Team aufzubauen, waren und<br />

sind deshalb zusätzliche Personalbewegungen erforderlich<br />

– eine große Herausforderung in Zeiten des Fachkräftemangels.<br />

Gerade in der Versorgung von Kindern ist ein<br />

vertrauensvoller, sensibler Umgang mit der ganzen Familie<br />

und vor allem mit dem Kind wichtig. Deshalb sind unsere<br />

Fachberater:innen allesamt Rehakind-zertifiziert. So<br />

stellen wir sicher, dass betroffene Familien in ganzheitlicher<br />

Hinsicht gut versorgt werden. Unser Personalkonzept<br />

umfasst außerdem Schulungen im Umgang mit Kindern,<br />

regelmäßige Teammeetings zur Verbesserung der Abläufe<br />

Kieroth: Neben den klassischen Flyern, Broschüren sowie<br />

der Website mit FAQs und umfangreichem Diagnose-Register<br />

dient den pflegenden Eltern die Hodey-Kids-Mappe<br />

als hilfreiches Tool, um wichtige Infos zu Hilfsmitteln,<br />

Terminen und mehr einzutragen. Auch Rezepte und Arztbriefe<br />

finden darin Platz, gemeinsam entwickelt mit betroffenen<br />

Eltern, die wissen, worauf es ankommt. Zudem<br />

bieten wir pflegenden Eltern langfristige Betreuung und<br />

Begleitung durch unsere Fachberater:innen sowie unsere<br />

Lots:innen, die den Familien während des gesamten Versorgungsprozesses<br />

– und auch darüber hinaus – unterstützend<br />

und informierend zur Seite stehen. Dieses Angebot<br />

wird äußerst positiv angenommen und hilft den Eltern,<br />

sich sicher und verstanden zu fühlen. Im Fokus bei der<br />

Entwicklung stand immer eine gewisse Niederschwelligkeit<br />

im Kontakt und Einfachheit in der Sprachwahl, ohne<br />

dabei die Professionalität zu kompromittieren. Wir wollen<br />

unseren Eltern und Kindern soweit es geht immer auf Augenhöhe<br />

begegnen können.<br />

OT: Stichwort Augenhöhe: Sie haben eine Elternlotsin eingestellt,<br />

die sich um die Eltern der betroffenen Kinder kümmert.<br />

Was macht diese Lotsin und wie gut wird dieses Angebot angenommen?<br />

Kieroth: Unsere Lotsin Yvonne Straus, selbst pflegende<br />

Mutter, ist Ansprechpartnerin, Tippgeberin, Helferin, Bezugsperson<br />

und mentale Stütze für betroffene Familien. Sie<br />

begleitet pflegende Eltern auf ihrer Odyssee durch den Pflegedschungel,<br />

von Anfang an und solange die Hilfsmittel<br />

mitwachsen. Fragen klären, Tipps geben, Kontakte knüpfen:<br />

Unsere Lotsin zeigt den Familien Schritt für Schritt,<br />

was zu tun ist – und hilft ihnen dabei, schnell die Hilfe zu<br />

bekommen, die sie brauchen. Dieses Zusatzangebot wird<br />

von den betroffenen Familien dankend angenommen, die<br />

Resonanz ist durchweg positiv. Das zeigt uns, dass wir mit<br />

dem Konzept „Lots:in“ auf dem richtigen Weg sind.<br />

Der „Hilfsmittelpass“ konnte von den Kindern bei der Präsentation<br />

von Hodey Kids Anfang März erstmals in Augenschein genommen<br />

werden.<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

21


Info<br />

Die Kinder stehen im Mittelpunkt<br />

der Aufmerksamkeit, doch auch die<br />

Eltern müssen im Zuge der Versorgung<br />

„abgeholt“ werden, um für das Kind<br />

ein gutes Ergebnis zu erzielen.<br />

Foto: Vitalcentrum Hodey<br />

und eine offene Kommunikation. Wir haben ein sehr offenes<br />

und positives Team und stellen beim Recruiting sicher,<br />

dass der persönliche Fit gegeben ist. Leichter leben und<br />

leichter arbeiten geht nur, wenn die Harmonie und Hegemonie<br />

im Team stimmen.<br />

OT: Kinder sind nicht immer in Begleitung ihrer Eltern oder anderer<br />

Erwachsener, die sich gut mit der Versorgung auskennen,<br />

beispielsweise in der Schule. Haben Sie eine Idee, wie Kinder<br />

Informationen für ihr Umfeld zur Verfügung stellen können?<br />

Kieroth: Um unseren kleinen Kund:innen wichtige Informationen<br />

für ihr Umfeld an die Hand geben zu können,<br />

haben wir den Hodey-Kids-Hilfsmittelpass entwickelt –<br />

eine Art „Scheckheft“ für Hilfsmittel. Der Hilfsmittelpass<br />

kann mit allen relevanten Informationen zu den jeweiligen<br />

Hilfsmitteln gefüttert werden und ist so handlich,<br />

dass er ohne Probleme überall mitgeführt werden kann.<br />

Er dient sowohl Therapeut:innen und Ärzt:innen als auch<br />

Erzieher:innen als wichtige Informationsquelle: Wie funktioniert<br />

das Hilfsmittel? Worauf muss ich achten? Wer ist<br />

der zuständige Versorger? Wann war die letzte Anpassung?<br />

Dadurch ermöglicht der Hilfsmittelpass eine bessere Koordination<br />

der Versorgung, eine verbesserte Kommunikation<br />

zwischen den Beteiligten und eine umfassende Dokumentation<br />

der Versorgungsschritte.<br />

OT: Der Hilfsmittelpass klingt nach einer guten Idee. Wie weit<br />

sind Sie mit der Umsetzung und welche weiteren Benefits haben<br />

Eltern und Kinder, wenn sie das Heft bei sich führen?<br />

Kieroth: Der Hilfsmittelpass wurde bereits im März im Rahmen<br />

unseres Hodey-Kids-Launch-Events vorgestellt und<br />

befindet sich derzeit in der Erprobungsphase. Die Erstauflage<br />

wird kontinuierlich bei den Kinderversorgungen ausgegeben.<br />

Aktuell erreichen uns zum Hilfsmittelpass viele<br />

positive Resonanzen, aber auch Optimierungsvorschläge<br />

und Anregungen, die wir natürlich dankend entgegennehmen.<br />

Der Hilfsmittelpass ist im Übrigen Bestandteil einer<br />

liebevoll gestalteten Mappe, die neben dem eigentlichen<br />

Hilfsmittelpass im handlichen A6-Format außerdem praktische<br />

Organizer-Funktionen sowie zahlreiche spielerische<br />

Elemente mit kindgerechter Gestaltung bietet, darunter<br />

Steckbriefe, Malbücher, Sticker und Geschichten, die den<br />

betroffenen Familien das Leben ein Stück leichter machen<br />

sollen.<br />

OT: Nicht jedes Sanitätshaus hat die Kapazitäten, um all<br />

die Maßnahmen umzusetzen, die Sie jetzt umgesetzt haben.<br />

Können Sie den Kolleg:innen einen Tipp geben, was sich vielleicht<br />

mit wenig Mitteln, aber großem Benefit für die Kinder<br />

und Jugendlichen oder deren Angehörigen umsetzen lässt?<br />

Kieroth: Kolleg:innen, die nicht über die gleichen Kapazitäten<br />

verfügen, empfehlen wir, mit einfachen Mitteln die<br />

Familien „abzuholen“. Darunter fallen beispielsweise Mitarbeiterschulungen<br />

im Umgang mit Kindern und Eltern<br />

sowie auch die Implementierung von kleinen Maßnahmen<br />

wie Whatsapp-Kontakt, Spielecken oder Informationsmaterialien<br />

– so kann man zumindest einen Vorteil für die betroffenen<br />

Familien erzielen.<br />

OT: Wie sehen Ihre langfristigen Planungen mit Hodey Kids<br />

aus? Was sind aus Ihrer Sicht die nächsten Schritte in der pädiatrischen<br />

Versorgung?<br />

Kieroth: Aus unserer Sicht geht es darum, ganzheitliche<br />

Ansätze und Lösungen für die Versorgung unserer Kleinsten<br />

zu schaffen. Der Bereich der Hilfsmittel ist für unsere<br />

Eltern schon kompliziert genug, da liegt es unter anderem<br />

an uns als Marktteilnehmer, Lösungen zu schaffen, um<br />

Wartezeiten, die in unserem Ermessen liegen, auf ein Minimum<br />

zu reduzieren. Die Technologie, die dabei zum Einsatz<br />

kommt, versuchen wir in diesem Jahr weiter auszubauen<br />

und robuster zu gestalten. Als konsequenter nächster<br />

Schritt schwebt uns eine ständige Ausstellung für unsere<br />

Kleinsten vor, in welcher jederzeit die aktuellen Hilfsmittel<br />

ausprobiert werden können. Die Pläne dafür liegen schon<br />

in der Schublade und warten auf Umsetzung. Es bleibt also<br />

spannend bei Hodey Kids!<br />

Die Fragen stellte Heiko Cordes.<br />

22<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


ORTHOPÄDIE<br />

TECHNIK<br />

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Hilfsmittelversorgung<br />

in Kriegsgebieten<br />

Was sagt das Fach<br />

zur OTWorld?<br />

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OTWorld<br />

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Exklusiver Medienpartner der OT World


Passformkontrolle, 3D-Druck, Registerforschung:<br />

DGIHV präsentiert Programm zur OTWorld<br />

Foto: Pohlig<br />

Als langjähriger Partner und Teil der Community<br />

„OTWorld.friends“ unterstützt die Deutsche Gesellschaft<br />

für interprofessionelle Hilfsmittelversorgung e. V.<br />

(DGIHV) auch <strong>2024</strong> wieder den Wissenstransfer bei der<br />

OTWorld. Die Fachgesellschaft ist Kooperationspartner<br />

von zwei Symposien und zwei Workshops.<br />

Am Donnerstag, 16. Mai, findet ab 9:15 Uhr ein einstündiger<br />

Workshop unter dem Titel „Unter-/Oberschenkelprothetik<br />

– Wie kontrolliere ich die Passform des Schaftes?<br />

Wie sehen die Abnahmekriterien aus?“ statt. Den Vorsitz<br />

übernimmt Olaf Gawron, Orthopädietechnik-Meister<br />

und stellvertretender Vorsitzender des geschäftsführenden<br />

Vorstands der DGIHV. Die Teilnehmenden lernen in dem<br />

Workshop die Konstruktionsmerkmale und Funktionsweisen<br />

von Unter- und Oberschenkelprothesenschäften einschließlich<br />

der praktischen Vorgehensweise bei der Passformkontrolle<br />

kennen. Darüber hinaus erfahren sie, was<br />

die Gesamtfunktion einer Unter- oder Oberschenkelprothese<br />

ausmacht. Die Beschreibung der Abnahmekriterien<br />

und deren Durchführung rundet das Lernangebot ab.<br />

Weiter geht es von 15:15 bis 16:30 Uhr mit dem Symposium<br />

„Kinderorthopädie: 3D-Printing – neue Möglichkeiten<br />

in der Hilfsmittelversorgung“ unter der Leitung von<br />

Dr. med. Jennifer Ernst, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie<br />

und Plastische Chirurgie der Universitätsmedizin<br />

Göttingen, und Univ.-Prof. Dr. med. habil. Wolfram Mittelmeier,<br />

Klinikdirektor der Orthopädischen Klinik und<br />

Poliklinik in Rostock. Design-Freiheiten, Nachhaltigkeit<br />

und ein hoher Grad an Individualisierung sind Schlagwörter,<br />

die den 3D-Druck kennzeichnen. Die Teilnehmenden<br />

erfahren, wie die Vorteile des additiven Herstellungsverfahrens<br />

in der Kinderorthopädie-Technik am besten eingesetzt<br />

werden.<br />

Welchen Mehrwert<br />

Patienten erhebungen<br />

bieten, zeigt der Workshop<br />

um OTM Olaf Gawron auf.<br />

Dr. Jennifer Ernst,<br />

Universitätsmedizin<br />

Göttingen, steht dem<br />

Symposium „Kinderorthopädie:<br />

3D­ Printing<br />

– neue Möglichkeiten<br />

in der Hilfsmittelversorgung“<br />

vor.<br />

Was bringen Patientenerhebungen<br />

in der Orthopädie-Technik?<br />

Am Freitag, 17. Mai, stehen die Themen Registerforschung<br />

und Patientenerhebungen im Fokus des DGIHV-Programms.<br />

„Patientenversorgung sicherstellen und wie uns<br />

Registerforschung dabei hilft: Eine internationale Perspektive“<br />

heißt das Symposium, das von 10:30 bis 11:45<br />

Uhr stattfindet. Die Teilnehmenden lernen internationale<br />

Initiativen kennen, die machbare Erhebungsstrukturen<br />

aufbauen. Ansätze und Synergien stehen dabei zur Diskussion<br />

– doch auch Überraschungen, die bei der Einführung<br />

unvermeidlich sind. Geleitet wird das Symposium<br />

von Dipl.-Ing. (FH) Merkur Alimusaj, Leiter der Technischen<br />

Orthopädie am Universitätsklinikum Heidelberg,<br />

und Dr. Urs Schneider, Bereichsleiter und Abteilungsleiter<br />

bei Fraunhofer IPA.<br />

Klinische Untersuchungen, Profilerhebungen und Assessments<br />

– was bringen Patientenerhebungen in der<br />

Orthopädie-Technik? Wie können sie im Alltag eines Betriebes<br />

ein- und umgesetzt werden? Das erläutern<br />

Olaf Gawron und Merkur Alimusaj zwischen 12 und 13<br />

Uhr. Der Workshop soll den Teilnehmenden Hintergründe<br />

und inhaltliche Erläuterungen bieten, wie eine Zustandserhebung<br />

erfolgt und sich in den Alltag integrieren<br />

lässt.<br />

Foto: privat<br />

24<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Besuchen Sie unseren Workshop<br />

Indikations-Fortbildung Knie<br />

Die Orthopädietechnik als kompetenter Arztpartner<br />

Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult.<br />

Joachim Grifka<br />

em. Lehrstuhlinhaber für Orthopädie<br />

der Universität Regensburg<br />

Donnerstag, 16. Mai, 12:00-12:45 Uhr<br />

Messehaus, Ebene 0, Raum M21<br />

• kein zusätzlicher Eintritt<br />

• Rucksack mit kostenloser<br />

Mittagsbewirtung+Getränk<br />

Indikationen und biomechanische<br />

Wirkweise eines Knieorthesensystems<br />

mit Mobilisierungsfunktion<br />

MEMO-Abschnitt<br />

Workshop: Indikations-Fortbildung Knie<br />

Messehaus<br />

Ebene 0<br />

Raum M21<br />

• kein zusätzlicher Eintritt<br />

• Rucksack mit kostenloser<br />

Mittagsbewirtung+Getränk<br />

Donnerstag<br />

16. Mai <strong>2024</strong><br />

12:00-12:45 Uhr<br />

Indikationen und biomechanische<br />

Wirkweise eines Knieorthesensystems<br />

mit Mobilisierungsfunktion


Wünscht sich mehr Diversität<br />

in der Medienlandschaft:<br />

René Schaar, stellvertretender<br />

Gleichstellungsbeauftragter<br />

des NDR.<br />

Foto: Norbert Scheffler<br />

Monster oder Superheld – Wie Stereotype in Film<br />

und Fernsehen unser Denken formen<br />

In jungen Jahren hat sich René Schaar sehnlichst gewünscht,<br />

Kinder mit Behinderungen im Fernsehen zu sehen.<br />

Heute macht er sich als stellvertretender Gleichstellungsbeauftragter<br />

des Norddeutschen Rundfunks (NDR)<br />

für Inklusion in den Medien stark. Durch ihn zog im vergangenen<br />

Jahr Elin, die erste Bewohnerin im Rollstuhl, in<br />

die „Sesamstraße“ ein. Am Freitag, 17. Mai, steht er nun<br />

als Keynote-Speaker auf der Bühne der OTWorld. In seinem<br />

Vortrag „Who cares about representation? Behinderte<br />

Menschen in den Medien“ wird Schaar beleuchten,<br />

wie Behinderungen in Film und Fernsehen dargestellt<br />

werden. Zudem hinterfragt er Stereotype und zeigt auf,<br />

welchen Einfluss sie auf unser Denken haben und welche<br />

Chancen er in Bewegtbildern für Vielfalt und Inklusion<br />

sieht. Im Gespräch mit der OT-Redaktion schaut er auf<br />

die deutschen und internationalen Bildschirme.<br />

OT: Laut Statistischem Bundesamt lag die Zahl der schwerbehinderten<br />

Menschen in Deutschland 2021 bei 9,4 Prozent.<br />

Eine Studie des Instituts für Medienforschung an der Universität<br />

Rostock zeigt, dass jedoch lediglich 0,4 Prozent in der<br />

deutschen TV-Landschaft eine sichtbar schwere Behinderung<br />

haben. Woher rührt diese Diskrepanz?<br />

René Schaar: Das hat verschiedene Gründe. Hinter der Kamera<br />

liegt das sicherlich an den Bildungschancen und da-<br />

mit verbunden dem Weg in den Journalismus. Wer kann<br />

es sich leisten, nicht bezahlte Praktika anzunehmen? Wer<br />

wird eigentlich Autor:in oder Redakteur:in, wer wird CvD<br />

oder Planer:in? Wer kommt in diese machtvolleren Positionen<br />

und kann darüber entscheiden, was wir im Programm<br />

sehen? Wir müssen uns anschauen, wie das Recruiting stattfindet,<br />

wie der Bildungsweg und das Schulsystem aussehen.<br />

Dasselbe gilt auch vor der Kamera. Denn Schauspielschulen<br />

haben einen sehr harten Auswahlprozess. Dieses System<br />

und die dahinter liegenden Normen zu hinterfragen ist eine<br />

Aufgabe für jede einzelne Schnittstelle, für jede einzelne<br />

Person. Wenn jede und jeder an ihrer beziehungsweise seiner<br />

Stellschraube dreht, dann kommen wir deutlich weiter.<br />

Für viele Schauspieler:innen stellt sich zudem die Frage:<br />

Traue ich mir den Job überhaupt zu? Wenn Vorbilder fehlen,<br />

kommen sie vielleicht gar nicht auf die Idee, dass das<br />

ein Weg für sie sein könnte. Das hat viel mit sogenanntem<br />

internalisierten Ableismus zu tun, also mit verinnerlichten<br />

Stereotypen und Denkmustern. Eine behinderte Person<br />

sieht so und so aus, kann nur dieses oder jenes und nichts<br />

anderes und ist hilfsbedürftig. Wenn man das oft genug<br />

hört und im direkten Umfeld niemanden hat, der oder die<br />

einen unterstützt oder einem Selbstbewusstsein gibt, dann<br />

bleiben nur die Medien, dann bleiben nur die Geschichten,<br />

die wir uns als Gesellschaft erzählen. Genau da knüpft<br />

mein Vortrag auf der OTWorld an.<br />

26<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


OT: Sie haben das Merkmal „hilfsbedürftig“ angesprochen.<br />

Welche weiteren Stereotype herrschen in Film und Fernsehen<br />

vor?<br />

Schaar: Egal ob die Figuren in den Märchen der Brüder<br />

Grimm oder die Star-Wars- und James-Bond-Bösewichte –<br />

das sind Menschen, die angsteinflößend sein sollen und die<br />

– ganz bewusst als Gestaltungsmittel – eine Behinderung<br />

haben. Sie sind entstellt, fehlgebildet, sprechen komisch,<br />

haben vielleicht einen Akzent, Wortfindungsstörungen,<br />

ein Metallgebiss oder sie lispeln. Es sind immer dieselben<br />

Geschichten, die wir uns erzählen, mit Stereotypen, die<br />

wir immer wieder reproduzieren. Entweder sind behinderte<br />

Menschen angsteinflößende Monster, bemitleidenswerte<br />

Wesen oder – wenn sie es dann trotz aller Widrigkeiten<br />

geschafft haben und stark genug waren, sich dem System<br />

anzupassen – werden sie überhöht und zu Superhelden stilisiert.<br />

Es gibt wenig Graustufen, nur das eine oder das andere<br />

Extrem. Die Frage ist: Was hat das eigentlich mit unserer<br />

Lebensrealität zu tun und in unserem Alltag für Konsequenzen?<br />

OT: Welche Geschichten sollten wir uns stattdessen erzählen?<br />

Schaar: Um ein Beispiel zu nennen: Ich war gerade in London<br />

im Urlaub und habe mir meine erste Barbie gekauft.<br />

Und die Geschichte, die sie erzählt, finde ich super. Sie ist<br />

eine schwarze Frau und sitzt im Rollstuhl. Und das ist kein<br />

medizinischer Krankenhausrollstuhl mit Griffen hinten<br />

dran, sondern einer, der an sie angepasst ist. Damit ist sie<br />

eigenständig unterwegs. Ich war so im Flow, dass ich mir<br />

direkt die zweite Barbie gekauft habe, und zwar aus dem<br />

neuesten Disney-Film „Wish“: eine etwas dickere Barbie,<br />

die eine Gehhilfe benutzt. Das finde ich supercool. Auch<br />

im Bereich Kinderliteratur bewegt sich etwas, wenn man<br />

sich beispielsweise das Buch „Als Ela das Weltall eroberte“<br />

von Raúl Krauthausen anschaut. Aus Mangel an realistischen<br />

Geschichten sind wir gezwungen, selber tätig zu<br />

werden. Neue Publikationen setzen auf Beiläufigkeit und<br />

Leichtigkeit. Sie zeigen, dass Behinderung nur ein Merkmal<br />

von ganz vielen ist, das den jeweiligen Charakter auszeichnet.<br />

Bei der OTWorld werde ich ein Tool vorstellen,<br />

mit dem überprüft werden kann, ob und wie Geschichten<br />

Stereotype reproduzieren.<br />

Bewegung in der Branche<br />

OT: Es heißt: Sprache formt das Denken, beeinflusst, wie wir<br />

die Welt wahrnehmen. Haben Bewegtbilder Ihrer Meinung<br />

nach den gleichen Einfluss?<br />

Schaar: Video-Content – also Mediatheken, Streaming und<br />

Social Media – ist das am stärksten wachsende Medium.<br />

Wenn sie gut gemacht sind, können Videoformate ein sehr<br />

niedrigschwelliger Zugang für Menschen sein und – aus öffentlich-rechtlicher<br />

Perspektive – den Bildungsauftrag erfüllen,<br />

zum Zusammengehörigkeitsgefühl der Gesellschaft<br />

beitragen, zur Solidarität und letztendlich auch zur Demokratie.<br />

Sie können aber eben auch schlecht gemacht sein<br />

und Stereotype fördern. Und das gar nicht unbedingt mit<br />

bösem Willen, sondern weil die Macher:innen einen blinden<br />

Fleck haben. Insofern kommt den Medien eine große<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

Verantwortung zu. Ich nehme in Bezug auf Inklusion und<br />

Vielfalt aber deutlich mehr Bewegung in der Branche wahr.<br />

OT: Woran liegt das?<br />

Schaar: Zum einen an gesetzlich veränderten Rahmenbedingungen.<br />

Im Medienstaatsvertrag wird das Thema Barrierefreiheit<br />

explizit erwähnt und wir als Medienschaffende<br />

sind dazu verpflichtet, es umzusetzen. Für Websites und<br />

Apps gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. Dann gibt es<br />

natürlich noch die UN-Behindertenrechtskonvention, auf<br />

die immer wieder geprüft wird. Aus unternehmerischer<br />

Perspektive haben wir auch den Fachkräftemangel im<br />

Blick. Wir können es uns einfach nicht leisten, behinderte<br />

Menschen aus dem Bewerberpool auszuklammern und<br />

dieses Potenzial nicht zu schöpfen.<br />

„Ich habe mich selten so gesehen<br />

gefühlt“<br />

OT: Haben Sie Film- und Serientipps, in denen Vielfalt gut umgesetzt<br />

wird?<br />

Schaar: Viele Disney- und Pixar-Filme sind echt gut. Es gibt<br />

eine Arielle, die schwarz ist, Nemo, der eine kurze Flosse<br />

hat, Lucas Vater, der einen kurzen Arm hat. Im Film „Red“<br />

trägt Stacy ein Glukosemessgerät, das ganz beiläufig in einer<br />

Szene gezeigt wird. Das ist in der Community total ge-<br />

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27


Dank René Schaar zog im vergangenen Jahr<br />

mit Elin die erste Bewohnerin im Rollstuhl<br />

in die ARD-Serie „Sesamstraße“ ein.<br />

feiert worden. Menschen aus Lateinamerika haben sich<br />

über die Figuren mit krausen Haaren und dunkler Hautfarbe<br />

in „Encanto“ gefreut, weil sie sich hier endlich repräsentiert<br />

sehen. Oft wird Behinderung nur beiläufig erwähnt<br />

beziehungsweise gezeigt, oder aber es wird – wie bei Nemo<br />

– ein wichtiges Thema angesprochen. Das, was Nemo im<br />

Meer erlebt, findet oft in der Gesellschaft statt. Eltern wollen<br />

ihre behinderten Kinder am liebsten in Watte packen<br />

und beschützen. Die Kinder müssen sich im wahrsten<br />

Sinne des Wortes freischwimmen und emanzipieren. Für<br />

mich persönlich ist das wirklich ein sehr schöner und gelungener<br />

Film. Welche Rolle ich am coolsten finde, ist die<br />

von Maya Lopez in „Hawkeye“, gespielt von Alaqua Cox.<br />

Auf Disney-Plus hat sie mit „Echo“ jetzt eine eigene Spinoff-Serie<br />

bekommen. Sie ist eine Frau, indigen, gehörlos<br />

und trägt eine Beinprothese. Was mir auch gefällt: Sie ist<br />

erst eine Bösewichtin, die dann aber zu einer Vertrauten<br />

wird, also ein sehr komplexer Charakter, der eine Entwicklung<br />

durchmacht. In der Netflix-Serie „Sex Education“ sind<br />

neben zwei behinderten Hauptcharakteren – eine Figur ist<br />

taub, eine andere im Rollstuhl unterwegs – auch eine Reihe<br />

von behinderten Statist:innen im Hintergrund zu sehen.<br />

Das ist normal an immer mehr Regelschulen und normal<br />

in Serien. Doch leider ist es noch immer eine Seltenheit,<br />

dass behinderte Rollen auch von behinderten Menschen<br />

gespielt werden.<br />

OT: Damit sprechen Sie ein großes Diskussionsthema an. Dürfen<br />

nicht behinderte Menschen behinderte Menschen spielen?<br />

Schaar: Ich mache gerne den Vergleich zu Blackfacing. Früher<br />

haben sich weiße Menschen schwarz angemalt und so<br />

getan, als wären sie schwarze Personen. Kann man machen,<br />

ist halt trotzdem scheiße. Ich traue Schauspieler:innen viel<br />

zu. Aber gelebte Diskriminierungserfahrungen haben einen<br />

sehr hohen und nicht zu unterschätzenden Wert. Die<br />

können Menschen aus eigener Betroffenheit in die Rolle<br />

einfließen lassen. Ich habe in London kürzlich das Musical<br />

„The Little Big Things“ gesehen, das die Geschichte des<br />

Autors Henry Fraser erzählt. Infolge eines Badeunfalls ist er<br />

seit seinem 17. Lebensjahr querschnittgelähmt. Das Musical<br />

behandelt, was der Unfall für die Familie bedeutet, welchen<br />

Einfluss er auf Freundschaften hat und den eigenen<br />

Selbstwert. Das war ein toller Abend mit grandioser Musik.<br />

Foto: NDR / Thorsten Jander<br />

Und gleichzeitig habe ich mich selten so gesehen gefühlt.<br />

Die behinderten Rollen wurden von behinderten Menschen<br />

gespielt und teilweise wurden die nicht behinderten<br />

Rollen von Menschen mit Behinderung gespielt. Die Behinderung<br />

hat in dem Fall gar keine Bedeutung gehabt. Es<br />

war eine Mischung aus authentischer Repräsentation und<br />

gleichzeitiger Beiläufigkeit. Da waren verzweifelte, tieftraurige,<br />

auch teilweise suizidale Momente dabei, die aber<br />

von Humor und Leichtigkeit unterbrochen wurden. Und<br />

diese Gratwanderung schafft man nur, wenn Menschen<br />

aus eigener Betroffenheit heraus an dem Drehbuch mitschreiben<br />

und mitspielen.<br />

Betroffene ins Boot holen<br />

OT: Kann es auch ein „zu viel“ an Diversität geben?<br />

Schaar: Eine Sorge, die ich von Redaktionen kenne, ist,<br />

dass wir unsere Zuschauer:innen nicht überfordern dürfen.<br />

Diese Sorge teile ich gar nicht, denn Vielfalt spiegelt<br />

doch die Lebensrealität wider. Also warum sollte ich mich<br />

daran nicht orientieren und diese Realität darstellen? Und<br />

gleichzeitig verstehe ich, woher der Widerstand kommt.<br />

Über Jahrzehnte haben wir Programm für einen bestimmten<br />

Typ Mensch gemacht. Jetzt befinden wir uns in einem<br />

Umgewöhnungsprozess. Die erste Reaktion ist Ablehnung<br />

und Kritik. Man muss aber verstehen, dass es nicht darum<br />

geht, etwas wegzunehmen, sondern darum, etwas zu ergänzen,<br />

was bisher fehlte.<br />

Eine Sache kann helfen, um nicht „übers Ziel hinauszuschießen“:<br />

Wenn das Know-how in der bestehenden<br />

Belegschaft nicht vorhanden ist, holt die Leute, die es<br />

betrifft, mit ins Boot, und zwar zum frühestmöglichen<br />

Zeitpunkt, also beim Schreiben des Drehbuchs, beim<br />

Entwickeln eines neuen Produkts oder beim Programmieren<br />

einer neuen Internetseite. Egal ob in Form von<br />

Beratungsunternehmen, Selbstvertretungsvereinen oder<br />

Influencer:innen.<br />

OT: Wie divers ist die internationale Medienlandschaft?<br />

Gibt es Vorreiter?<br />

Schaar: Ich stelle immer wieder fest, dass wichtige Impulse<br />

aus dem englischsprachigen Raum kommen.<br />

OT: Können Sie sich erklären, warum?<br />

Schaar: Ich habe eine Theorie. Ich glaube, das Zusammenleben<br />

ist dort selbstverständlicher. In Deutschland hingegen<br />

herrschen nach wie vor bestimmte Stereotype über<br />

Menschen mit Behinderungen vor. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft,<br />

machen den Selbstwert von der individuellen<br />

Produktivität abhängig, und wer angeblich nichts<br />

beitragen kann, der hat es nicht oder weniger verdient, ein<br />

Teil dieser Gesellschaft zu sein. Dieses Denken hat sich in<br />

28<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


der Nazi-Zeit manifestiert. Es wurde damals ganz offensiv<br />

kommuniziert, dass behinderte Menschen das Erbgut<br />

verunreinigen würden und den Staat viel kosten. Deswegen<br />

müsse man diese Menschen loswerden, sie wären „lebensunwert“.<br />

Ich glaube, über diese Propaganda wurde uns<br />

eine Haltung nahegebracht, die wir nie wirklich aufgearbeitet<br />

haben. Das ist zumindest ein Erklärungsansatz.<br />

Diversität messbar machen<br />

OT: 2021 hat Netflix begonnen, eine Studie bezüglich Diversität<br />

aufzusetzen. Gemeinsam mit der Inklusionsinitiative der<br />

University of Southern California (USC) Annenberg untersucht<br />

der Streaminganbieter die in den USA in Auftrag gegebenen<br />

Filme und Serien im Hinblick auf mehrere Inklusionsmaßstäbe<br />

– darunter Geschlecht, ethnische Herkunft, LGBTQI+ und<br />

Behinderung. Netflix hat sich dazu verpflichtet, die Ergebnisse<br />

bis 2026 alle zwei Jahre zu veröffentlichen. Wie wichtig sind<br />

solche Erhebungen?<br />

Schaar: In diesem Bereich passiert gerade ganz viel und<br />

ich bin ein großer Fan davon, weil wir in der Vergangenheit<br />

oft aus dem Bauchgefühl heraus agiert haben. Dabei<br />

ist ein datenbasierter Ansatz wichtig. Wir sollten Diversität<br />

und Inklusion messbar machen. Das ist auch unternehmerisch<br />

sinnvoll, weil wir so eine Wirksamkeitsmessung unserer<br />

bestehenden Maßnahmen etablieren und gleichzeitig<br />

Bedarfe für neue Maßnahmen erkennen. Zudem gibt es<br />

neue regulatorische Anforderungen wie die EU-Richtlinie<br />

Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die<br />

Unternehmen dazu verpflichtet, auch über nicht-finanzielle,<br />

ökologische und soziale Nachhaltigkeitsdaten zu berichten.<br />

Das begrüße ich sehr, weil durch die einheit lichen<br />

KPIs (Key Performance Indicators, dt. Schlüsselkennzahlen,<br />

Anm. d. Red.), die dort abgefragt werden, ein branchenübergreifender<br />

Vergleich möglich wird. Damit macht die<br />

EU einen sehr großen Schritt in die richtige Richtung, die<br />

Wirtschaft als Ganzes nachhaltiger zu gestalten, und zwar<br />

auch sozial.<br />

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Zur Person<br />

René Schaar wurde 1992 geboren, lebt in Hamburg<br />

und ist gelernter Mediengestalter Bild/Ton<br />

sowie zertifizierter Diversity Manager. Aktuell<br />

leitet er stellvertretend den Bereich Gleichstellung<br />

und Diversity beim Norddeutschen Rundfunk<br />

(NDR). 2023 wurde er mit dem Senator-Neumann-Preis<br />

für Inklusion ausgezeichnet. Außerdem<br />

erhielt er den Grimme-Online-Award im Jahr<br />

2020 für die Umsetzung des Youtube-Formats<br />

„STRG_F“. Er engagiert sich ehrenamtlich als Wertebotschafter<br />

bei der überparteilichen Bildungsinitiative<br />

German-Dream und bei Ahoi e. V., einem<br />

Selbstvertretungsverein behinderter Menschen.<br />

wir immer wieder: Man kann so viele Regeln und Gesetze<br />

aufstellen, wie man möchte. Darüber wird keine Veränderung<br />

stattfinden. Veränderung entsteht, weil es einzelne<br />

Personen gibt, die Bock darauf haben, die eine positive<br />

Grundhaltung haben, neugierig sind und sagen: Lasst es<br />

uns mal ausprobieren, was soll schon passieren?<br />

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OT: Sie selbst haben eine Behinderung. Finden Sie sich in der<br />

deutschen Medienlandschaft wieder? Fühlen Sie sich repräsentiert?<br />

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Schaar: Ja. Weil ich ein weißer, blonder und blauäugiger Cishetero-Dude<br />

bin (lacht). Und davon gibt es verdammt viele<br />

im Fernsehen. Was das Thema Behinderung angeht, finde<br />

ich mich und meine Community zu wenig repräsentiert.<br />

Das gilt grundsätzlich für unsichtbare Merkmale, also auch<br />

für psychische und chronische Erkrankungen.<br />

OT: Schon Kleines kann Großes bewirken. Was kann jede:r<br />

noch heute direkt umsetzen, um die Welt ein bisschen inklusiver<br />

zu machen?<br />

Schaar: Sich umschauen, Menschen, die behindert oder<br />

chronisch krank sind, mit ins Team holen. Einfach die Tür<br />

und das Herz aufmachen. Das kann bedeuten, einer alten<br />

Frau über die Straße zu helfen, aber eben auch, sich am Arbeitsplatz<br />

zu fragen, ob behinderte Menschen repräsentiert<br />

werden und ob die Prozesse inklusiv sind. Es hilft, wacher<br />

und sensibler zu sein. Das, was es braucht, und das merken<br />

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ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

29


Foto: Christian Schlierf<br />

Regelmäßig reist Christian Schlierf<br />

(2. v. l.) ins ukrainische Lwiw,<br />

unterstützt bei der Versorgung und<br />

schult die Techniker:innen.<br />

Hilfsmittelversorgung im Krisengebiet:<br />

Human Study qualifiziert vor Ort und auf Distanz<br />

Als Human Study 2017 mit dem Ausbildungsprogramm<br />

in der Ukraine startete, gab es keine nach internationalen<br />

Standards ausgebildeten Orthopädietechniker:innen<br />

im Land. Heute sind es 21, Tendenz steigend. Denn der gemeinnützige<br />

Verein, der weltweit Fachkräfte für die Hilfsmittelversorgung<br />

schult, arbeitet an einer flächendeckenden<br />

Ausbildung und Versorgung. Und das – aber nicht nur<br />

– vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands im Februar<br />

2022. Auch unabhängig von der Invasion ist der Bedarf<br />

in der Ukraine groß. Bei der OTWorld wird Christian<br />

Schlierf, Geschäftsführer von Human Study, ein Zwischenfazit<br />

des Projekts ziehen.<br />

Bereits vor Ausbruch des Krieges benötigten laut Schlierf<br />

von den 40 Millionen Einwohner:innen der Ukraine rund<br />

300.000 Menschen orthopädietechnische Hilfsmittel, circa<br />

drei Viertel davon eine orthetische Versorgung. „Durch die<br />

Invasion seit 2014 und vor allem seit 2022 sind dazu noch<br />

Kriegsversehrte hinzugekommen, hauptsächlich Amputierte,<br />

sehr viele davon mit sogenanntem Poly-Trauma,<br />

also multiple Amputierte“, so Schlierf. Die Gesamtzahl der<br />

kriegsversehrten Zivilist:innen und Soldat:innen sei nicht<br />

öffentlich, vom ukrainischen Gesundheitsministerium<br />

würden Angaben zwischen 40.000 und 90.000 kommuniziert.<br />

Vor Kriegsausbruch gab es 46 orthopädietechnische<br />

Werkstätten mit rund 300 Techniker:innen ohne formelle<br />

Qualifikation im Land. Innerhalb der vergangenen zwei<br />

Jahre kam es zu einem Boom. Die Zahl ist auf 84 Werkstätten<br />

mit rund 500 Techniker:innen gewachsen. Eine positive<br />

Entwicklung, findet Schlierf, doch die reiche nicht aus.<br />

Denn nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität<br />

der Techniker:innen sei entscheidend. „Unser Ziel ist es,<br />

die Techniker nach und nach zu qualifizieren und gemeinsam<br />

mit lokalen Partnern langfristig eine nationale Ausbildung<br />

auf die Beine zu stellen.“ Nicht nur Kriegsversehrte<br />

seien darauf angewiesen, sagt Schlierf und warnt davor,<br />

das Gesamtbild aus den Augen zu verlieren. Denn entgegen<br />

des „Hypes“ rund um die prothetische Versorgung von<br />

Menschen mit Amputationen benötige der Großteil nach<br />

wie vor Orthesen. „Es gibt in der Ukraine – genauso wie<br />

in allen anderen Ländern auch – viele Menschen mit Skoliose,<br />

Cerebralparese, Diabetes und allen anderen Pathologien.“<br />

Wer langfristig Versorgung gewährleisten möchte,<br />

müsse auch langfristig denken. Deswegen strebt der Verein<br />

eine umfassende Ausbildung in allen Versorgungsbereichen<br />

und auf drei Niveaus an. Dazu gehören Gesell:innen,<br />

Techniker:innen, die für die Koordinierung zuständig sind<br />

und den Gesell:innen zuarbeiten, sowie Meister:innen.<br />

Die Ausbildung umfasst je nach Stufe zwischen 1.800 und<br />

3.900 Stunden und ist von der International Society for<br />

Prosthetics and Orthotics (ISPO) zertifiziert.<br />

Human Study setzt bei all seinen Programmen weltweit<br />

auf das gleiche Prinzip: Blended Learning. Das bedeutet,<br />

es wird berufsbegleitend sowohl online als auch vor Ort<br />

gelehrt. Das theoretische Wissen wird multimedial über<br />

eine Lernplattform vermittelt, die fachpraktische Ausbildung<br />

findet im ukrainischen Lwiw statt. Zurück in der eigenen<br />

Werkstatt können die Techniker:innen ihr Wissen<br />

dann anwenden und weitergeben. Nicht nur aus der Distanz,<br />

sondern zusätzlich vor Ort zu lehren, hält Schlierf<br />

für notwendig, um den Techniker:innen das mitzugeben,<br />

was sie unter den jeweiligen Gegebenheiten auch tatsächlich<br />

umsetzen können. „Wir arbeiten dort in ihrer Realität<br />

mit ihren Patienten und mit ihren Materialien“, be­<br />

30<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


tont er. Statt hochmoderner, kostspieliger Versorgungen<br />

wird eher auf konventionelle Techniken gesetzt. „Das ist<br />

vielleicht nicht ganz so funktionell, aber es erfüllt seinen<br />

Zweck und ist nachhaltiger. Nicht nur aus finanzieller<br />

Sicht, sondern auch vom Handling her. Denn wer repariert<br />

ein C-Leg, wenn es kaputt geht?“ Ziel ist es, die bislang<br />

21 Absolvent:innen als Lehrkräfte weiterzubilden, um<br />

die Ukra ine so zu befähigen, langfristig ihre eigenen Fachkräfte<br />

auszubilden. Dafür arbeitet Human Study mit den<br />

medizinischen Universitäten in Kiew, Lwiw und Charkiw<br />

zusammen, die ein einheitliches, standardisiertes Curriculum<br />

erarbeiten. Der Startschuss soll im Herbst <strong>2024</strong> fallen,<br />

die Weiterbildung über einen Zeitraum von zwei Jahren<br />

laufen. „Bis dahin bleiben wir die Lehrer“, erklärt Schlierf.<br />

Zudem soll von einer der Universitäten das Blended-Learning-Programm<br />

übernommen, weitergeführt und parallel<br />

zum Vollzeitstudium angeboten werden. Und zwar so lange,<br />

bis der bestehende Markt befriedigt ist, also alle aktuell<br />

500 Techniker:innen die Ausbildung durchlaufen haben.<br />

„Wenn alles nach Plan läuft, haben wir in fünf Jahren die<br />

Fachkompetenz im ganzen Land verankert“, hofft Schlierf.<br />

Bislang scheint dieser Plan tatsächlich aufzugehen.<br />

„Aber es ist Krieg. Wir wissen nicht, was morgen sein wird.<br />

Das ist ein Risikofaktor, der über allem schwebt, was wir<br />

tun.“ Über den notwendigen strategischen und politischen<br />

Willen sowie über ausreichend Fundraising macht sich der<br />

Orthopädietechnik-Meister wenig Sorgen. Eine Herausforderung<br />

stellt für ihn der Fachkräftemangel dar – und zwar<br />

auf deutscher Seite. „Wir haben begrenzte Kapazitäten, was<br />

die Ausbildung der Techniker betrifft. Wir brauchen dringend<br />

Unterstützung – sowohl bei der inhaltlichen Gestaltung<br />

als auch vor Ort.“ Schlierf selbst unterstützt regelmäßig<br />

in Lwiw, fühlt sich dort – weil weit weg von der Front –<br />

sicher. „Man bewegt sich im Kriegsgebiet. Eine Garantie dafür,<br />

dass es keine Treffer gibt, gibt es aber natürlich nicht.“<br />

Wer sich bei Christian Schlierf über die Unterstützungsmöglichkeiten<br />

informieren und mit ihm austauschen<br />

möchte, hat dazu bei der OTWorld auch abseits<br />

seines Kongressvortrags die Gelegenheit. Am Stand von<br />

Human Study innerhalb des Sonderausstellungsbereichs<br />

OTWorld.campus stehen er und sein Team Rede und Antwort.<br />

Und die Chancen stehen gut, ihn hier auch tatsächlich<br />

anzutreffen, denn: „Ich habe gelernt, dass es besser ist,<br />

statisch an einem Punkt zu bleiben. Irgendwann kommen<br />

sie alle bei dir vorbei“, sagt er und lacht.<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

Pia Engelbrecht<br />

Christian Schlierf stellt das Ausbildungsprogramm<br />

von Human Study innerhalb des<br />

OTWorld-Symposiums „Hilfsmittelversorgung<br />

im Krisengebiet: Was sind die Herausforderungen?“<br />

am Donnerstag, 16. Mai, vor. Dieses findet<br />

von 10:30 bis 11:45 Uhr statt.<br />

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31


Aurora-Projekt: Ukrainische Fachkräfte<br />

schätzen „German Gründlichkeit“<br />

Seit November 2023 werden an fünf BG-Kliniken sowie<br />

an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH)<br />

Ärzt:innen und Therapeut:innen aus der Ukraine fortgebildet.<br />

Im Gespräch mit der OT-Redaktion berichtet<br />

Dr. med. Sebastian Benner, Sektionsleiter Technische<br />

Orthopädie, Leitender Oberarzt BG Service- und Rehabilitationszentrum<br />

sowie Facharzt für Orthopädie und<br />

Unfallchirurgie an der BG Unfallklinik Frankfurt am<br />

Main, inwiefern die ukrainischen Fachkräfte von der<br />

Hospitation profitieren und welchen Nutzen die deutschen<br />

Kolleg:innen im Gegenzug haben. Über das Aurora-Projekt<br />

informiert Benner im OTWorld-Kongress<br />

innerhalb des Symposiums „Hilfsmittelversorgung im<br />

Krisengebiet: Was sind die Herausforderungen?“ am<br />

Donnerstag, 16. Mai.<br />

OT: Zehntausende Soldat:innen und Zivilist:innen wurden<br />

seit Beginn des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine<br />

verletzt. Es liegt auf der Hand, dass der Bedarf an Versorgungen<br />

seitdem enorm steigt. Inwiefern soll das Aurora-Projekt hier<br />

unterstützen?<br />

Sebastian Benner: Der Bedarf akutchirurgischer Versorgungen<br />

ist immens, wobei vor allem die langwierigen Verläufe<br />

nach Schusswunden oder Explosionen mit ausgedehnten<br />

Verletzungen der Extremitäten sowie Weichteilund<br />

Knocheninfekten eine Herausforderung darstellen.<br />

Oftmals ist ein Erhalten der Extremitäten nicht möglich<br />

und eine Amputation mit entsprechender Prothesenversorgung<br />

unumgänglich.<br />

Das Aurora-Projekt zielt auf die Schulung und den Austausch<br />

zwischen dem ukrainischen und deutschen medizinischen<br />

Personal ab. Dabei hospitieren seit November 2023<br />

insgesamt 72 Ärzte und Therapeuten in Kleingruppen für<br />

den Zeitraum eines Monats in insgesamt fünf BG-Kliniken<br />

und der Medizinischen Hochschule Hannover. Durch die<br />

hohe Expertise und die Multidisziplinarität der Berufsgenossenschaftlichen<br />

Unfallkliniken gelingt es, einen guten<br />

Überblick in den Bereichen Traumachirurgie, Septischeund<br />

Hand-/Plastische Chirurgie, aber auch der Fuß-, Sportund<br />

Wirbelsäulenchirurgie zu vermitteln. Einen großen<br />

Stellenwert nimmt aber vor allem die Rehabilitation und<br />

Prothesenversorgung von Amputierten ein. Dabei rotieren<br />

die Hospitanten durch die stationäre und ambulante Rehabilitationsabteilung<br />

der BG-Kliniken sowie die Sektion für<br />

Technische Orthopädie und die an die Klinik angegliederte<br />

Orthopädiewerkstatt.<br />

OT: In welchen Bereichen bestehen Wissenslücken bei den<br />

Fachkräften?<br />

Benner: Wir sehen uns als gleichgestellt und auf einer Ebene,<br />

weshalb ich nicht von Wissenslücken sprechen würde.<br />

Dennoch profitieren gerade die „jüngeren“ Chirurgen<br />

davon, komplexe Operationen mitzubegleiten, ohne<br />

den Druck einer Kriegssituation zu verspüren. Ich erinnere<br />

mich aber auch an die Rückmeldung eines älteren und<br />

erfahrenen Unfallchirurgen aus der Ukraine, welcher die<br />

„German Gründlichkeit“ hervorhob und für sich den Vorteil<br />

darin sah, kleinere, aber hilfreiche Unterschiede in<br />

einzelnen Operationsschritten aus Deutschland kennengelernt<br />

zu haben. Auch strukturelle Abläufe unseres Krankenhauses<br />

sind von großem Interesse.<br />

OT: Wie versucht „Aurora“ diese Lücken zu schließen?<br />

Benner: Wir geben unseren Gästen die Möglichkeit, ihre<br />

vierwöchige Hospitation so individuell zu gestalten, wie<br />

sie es wünschen. Aus diesem Grund wird meist tagesaktuell<br />

entschieden, in welcher Fachabteilung sie hospitieren<br />

möchten, um der für sie interessantesten Operation oder<br />

Therapie beizuwohnen. Genauso wichtig ist aber auch,<br />

dass Zeit zum „Durchatmen“ bleibt und zum Beispiel das<br />

Wochenende für einen Kurztrip innerhalb Deutschlands<br />

genutzt wird.<br />

OT: Essenziell sind nach einer Amputation und<br />

anderen kriegsbedingten operativen Eingriffen die<br />

orthopädietechnische Versorgung und Rehabilitation.<br />

Inwiefern unterscheiden sich die Strukturen bezüglich<br />

der Versorgung und die Begleitung der Patient:innen<br />

in der Ukraine von der in Deutschland?<br />

Benner: Ein sicher großer Unterschied liegt darin, dass der<br />

Beruf des ukrainischen „Prothesisten“ in seiner Wertigkeit<br />

nicht mit dem Ausbildungsberuf des deutschen Orthopädietechnikers<br />

zu vergleichen ist. Hinzu kommt die<br />

Problematik, dass bei rasant gestiegenem Bedarf nicht genügend<br />

Fachpersonal zur Prothesenversorgung zur Verfügung<br />

steht. Auch ein flächendeckendes Netzwerk an Orthopädietechnikern,<br />

wie wir es in Deutschland kennen,<br />

gab und gibt es in der Ukraine bisher nicht. Die Rehabilitation<br />

nach Amputation mit täglicher Prothesengehschule,<br />

wie wir dies vor allem aus der Welt der Arbeitsunfälle in<br />

BG-Kliniken kennen, war bisher in der Ukraine ebenfalls<br />

nicht existent.<br />

OT: Das beste Wissen nützt wenig, wenn die notwendigen<br />

Gegebenheiten und Ressourcen nicht zur Verfügung stehen.<br />

Kann das, was in Deutschland gelernt wird, dennoch auf die<br />

Arbeitsabläufe in der Ukraine übertragen werden?<br />

32<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Benner: Gerade was die Akutversorgung mit speziellen<br />

Operationstechniken und Behandlungsalgorithmen angeht,<br />

findet trotz Ressourcenknappheit ein guter Lernprozess<br />

statt, der sich sicher positiv auf die Abläufe in der<br />

Ukra ine auswirkt. Hierbei fällt immer wieder auf, dass ein<br />

großes Interesse auch an organisatorischen Abläufen in einer<br />

großen Klinik wie der BGU besteht. Da zum Beispiel die<br />

Rehabilitation erst in jüngster Vergangenheit einen größeren<br />

Stellenwert in der Ukraine erlangt hat und der Berufszweig<br />

des Rehabilitationsarztes bisher noch nicht existierte,<br />

ist das diesbezügliche Know-how aus einer BG-Klinik<br />

essenziell für den Wissenstransfer in die Ukraine.<br />

OT: Am Abreisetag haben die Fachkräfte nicht nur ihren Koffer<br />

im Gepäck. Was hoffen Sie, können die Teilnehmer:innen mit<br />

zurück in die Ukraine nehmen?<br />

Benner: Wichtig ist mir vor allem, dass unsere Gäste eine<br />

lehrreiche und möglichst unbeschwerte Zeit bei uns in<br />

Deutschland hatten. Mit vielen besteht auch noch Kontakt<br />

über die Hospitationszeit hinaus. Dieses wertvolle Netzwerk<br />

wird immer dann aktiviert, wenn über komplexe Fälle<br />

entschieden werden muss.<br />

OT: Profitiert umgekehrt auch das Personal den BG Kliniken<br />

und dem MHH von dem Projekt und dem Austausch mit den<br />

Teilnehmer:innen?<br />

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Benner: Ja absolut! Je länger der Krieg andauert, desto erfahrener<br />

sind selbst die jüngeren Kollegen aus der Ukraine.<br />

So tragisch es klingt, die hohe Anzahl an Verletzten<br />

führt zu einer steilen Lernkurve. In Bezug auf die Versorgung<br />

von Amputierten können wir mittlerweile gemeinsam<br />

an Fällen lernen, die wir glücklicherweise in der Form<br />

in Deutschland nur ganz selten sehen. Es stellt sich immer<br />

häufiger die Frage, wie drei- oder sogar vierfach amputierte<br />

Patienten versorgt werden sollten. Sollte man in derart speziellen<br />

Fällen erst mit der Prothetisierung der oberen oder<br />

erst der unteren Extremität beginnen? Diese Fragen können<br />

nicht selten nur im interdisziplinären Team aus deutschen<br />

und ukrainischen Ärzten, Therapeuten und Orthopädietechnikern<br />

beantwortet werden. Da durch die hohe<br />

Anzahl an Amputierten auch die Expertise auf diesem Gebiet<br />

rasant steigt, wird es mutmaßlich nicht mehr lange<br />

dauern, bis wir uns mit komplexen Fällen an die großen<br />

Einrichtungen in der Ukraine wenden, um uns in Einzelfällen<br />

deren Expertise als Hilfe zu holen.<br />

33


Benner: Meines Erachtens sind sowohl die Schulung in<br />

Deutschland als auch die Weiterbildung in der Ukraine<br />

wichtig. Die Vorteile des Aurora-Hospitationsprogramms<br />

bei uns in Deutschland liegen darin, dass wir uns außerhalb<br />

des Kriegsgeschehens Zeit nehmen können, um im<br />

geschützten Raum Wissen zu vermitteln und Fälle zu diskutieren.<br />

Neben Aurora sind wir jedoch auch in anderen<br />

Projekten tätig, um direkt mit Ärzten und Therapeuten vor<br />

Ort in der Ukraine in Kontakt zu treten. Zum Beispiel findet<br />

jede Woche Telemedizin mit Ärzten unserer Klinik und<br />

verschiedenen ukrainischen Krankenhäusern statt. Auch<br />

kommt es zu einem Wissenstransfer im Rahmen einer<br />

zweiwöchentlich stattfindenden Onlineschulung, bei der<br />

Kollegen aus den BG-Kliniken und andere zu relevanten<br />

Themen aus der Unfallchirurgie, Amputations- und Verbrennungschirurgie,<br />

der Technischen Orthopädie und der<br />

Rehabilitation referieren. Eine Vor-Ort-Weiterbildung gestaltet<br />

sich vor allem aus Sicherheitsgründen für uns noch<br />

schwierig und wird aktuell eher durch NGOs (Nichtregierungsorganisationen,<br />

Anm. der Red.) angeboten.<br />

OT: Auf der OTWorld halten Sie einen Vortrag über das<br />

Aurora -Projekt. Innerhalb des Symposiums „Hilfsmittelversorgung<br />

im Krisengebiet“ kommen neben Ihnen weitere<br />

Expert:innen zu Wort. Was bedeutet Ihnen dieser Austausch?<br />

Foto: BGU<br />

Benner: Der Austausch mit anderen Experten, die in ähnliche<br />

Projekte eingebunden sind, ist sehr wertvoll. Dies<br />

zeigt sich immer wieder bei größeren Zusammentreffen<br />

von in der Ukraine tätigen Ärzten oder Therapeuten, aber<br />

auch bei der Kooperation mit der Industrie und Hilfsorganisationen.<br />

Es ist wichtig, auch die Standpunkte der anderen<br />

zu verstehen und die Bedürfnisse besser kennenzulernen.<br />

Nicht jeder gutgemeinte Aktionismus in und für die<br />

Ukraine hat Erfolg und führt zum gewünschten Ziel. Zum<br />

Beispiel ist es im Interesse der Ukraine, deren Kriegsverletzte<br />

im eigenen Land zu versorgen und nur in selteneren Fällen<br />

in andere Länder wie Deutschland zu verteilen. Auch<br />

müssen zum Beispiel beim Aufbau eines Orthopädietechniker-Netzwerkes<br />

die lokalen Gegebenheiten und die bisher<br />

in dieser Branche arbeitenden Personen berücksichtigt<br />

und einbezogen werden.<br />

OT: Die OTWorld ist nicht nur ein Ort für den Austausch,<br />

s ondern auch für die Fort- und Weiterbildung. Welche Kongressveranstaltungen<br />

werden Sie dafür nutzen?<br />

Dr. Sebastian Benner (rechts) gibt sein Wissen an die<br />

Hospitant:innen aus der Ukraine weiter.<br />

OT: Sie und Ihr Team schulen die ukrainischen Fachkräfte<br />

in Deutschland. Andere Hilfsprojekte setzen auf die Weiterbildung<br />

vor Ort in der Ukraine. Wo liegen die Vor- und<br />

Nach teile der beiden Ansätze?<br />

Benner: Der Kongress bietet eine exzellente Möglichkeit,<br />

mit Experten auf dem Gebiet der Technischen Orthopädie<br />

in Kontakt zu treten. Ich bin gespannt auf Neuigkeiten<br />

der Industrie, freue mich aber vor allem auf Gespräche und<br />

Kontakte außerhalb der einzelnen Vorträge. Besonders am<br />

Herzen liegen mir die Sichtbarkeit und Wertschätzung des<br />

Berufs des Orthopädietechnikers. Ich hoffe sehr, dass der<br />

Kongress hierbei helfen kann und jeder einzelne Referent<br />

mit einem spannenden Vortrag dazu beiträgt.<br />

Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.<br />

Die OTWorld präsentiert auf der Messe eine<br />

Sonderschau rund um das Thema Hilfsmittelversorgung<br />

in Krisengebieten. Zentrales Element<br />

ist die Ausstellung „Barriere:Zonen“ der<br />

Organisation Handicap International. Auf 20<br />

Roll-ups werden Schicksale von Menschen mit<br />

Behinderung in Konflikt-, Kriegs- und Krisengebieten<br />

dokumentiert.<br />

34<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


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Was sagt das Fach zur OTWorld?<br />

Alle zwei Jahre ist Leipzig für vier Tage das Epizentrum der weltweiten Orthopädie-Technik. Die OTWorld vereint<br />

Neuheiten aus Industrie und Handwerk im Rahmen der Weltleitmesse und Wissen für heute und morgen aus der<br />

Versorgung im Weltkongress. Doch wie sehen es die Fachleute aus der Branche eigentlich? Die OT-Redaktion ist auf<br />

Stimmenfang gegangen und hat Expert:innen aus dem Fach gefragt, wie sie zur OTWorld stehen und warum sich<br />

ein Besuch lohnt.<br />

Foto: Daniel Heinrich<br />

Daniel Heinrich ist seit 2019<br />

Obermeister der Orthopädietechniker-Innung<br />

Südwest.<br />

Er ist Inhaber von Heinrich &<br />

Klassmann Orthopädietechnik-Team<br />

in Koblenz und<br />

kümmert sich an der Meisterschule<br />

in Heidelberg um<br />

die Fort- und Weiterbildung<br />

des Berufsnachwuchses.<br />

OT: Wie wichtig ist die OTWorld trotz<br />

Krisen, Katastrophen und Krieg als Raum zum Austausch?<br />

Daniel Heinrich: Die OTWorld ist für mich der fachliche<br />

Austausch in unserem Arbeitskosmos. Es gibt kein anderes<br />

OT-Ereignis, welchem ich persönlich mit solch einer Vorfreude<br />

und Spannung entgegenfiebere. Der internationale<br />

und interdisziplinäre Austausch, das Treffen mit tollen<br />

Kolleginnen und Kollegen und die Aussicht auf viele interessante<br />

und innovative Produktlösungen lassen mein<br />

OT-Herz im Vorfeld schon etwas höherschlagen. Besonders<br />

liegt mir am Herzen, einen Teil dieser Begeisterung für<br />

Messe und Kongress an unsere Angestellten und an Interessierte<br />

weiterzugeben.<br />

OT: Wenn Sie an Ihre erste OTWorld-Teilnahme zurückdenken,<br />

was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?<br />

Heinrich: Ich glaube, bei meiner ersten Teilnahme war ich<br />

von der Vielfältigkeit und dem gesamten Angebot an Ausstellern<br />

und Produkten sowie von der doch für mich damals<br />

noch unbekannt großen Menge an interessierten<br />

Menschen für diesen „kleinen“ Markt Orthopädie-Technik<br />

sehr überrascht und positiv inspiriert.<br />

OT: Die OTWorld feiert – unter diesem Namen – ihren<br />

10. Geburtstag in diesem Jahr. Wie wichtig ist es, dass Weltkongress<br />

und Leitmesse die internationale OT-Gemeinschaft<br />

nach Leipzig holen und was kann das Fach von den internationalen<br />

Kolleg:innen lernen?<br />

Heinrich: Der internationale Dialog ist zwingend notwendig<br />

und essenziell, um sich gegenseitig auszutauschen,<br />

voneinander zu lernen und auch um gemeinsame Projekte<br />

und Ideen anzustoßen. Ich denke, dass wir hier in<br />

Deutschland in der Orthopädie-Technik schon ganz gut<br />

im internationalen Vergleich aufgestellt sind. Allerdings<br />

hilft der bekannte Blick über den Tellerrand definitiv,<br />

um sich mit neuen Ideen und anderen Herangehensweisen<br />

und Erkenntnissen auseinanderzusetzen oder diese<br />

überhaupt mit einzubeziehen und sich dementsprechend<br />

weiterzuentwickeln. Ich freue mich sehr auf Ideen, die irgendwo<br />

auf der Welt entstanden sind und die man dann<br />

als Fachmann auf der OTWorld entdeckt, um am Ende dadurch<br />

eine Verbesserung in der Versorgung unserer Anwender<br />

erreichen zu können. Das ist toll!<br />

Im November 2022 wurde Armin Zepf zum Obermeister<br />

der Landesinnung für Orthopädie-Technik Baden-<br />

Württemberg gewählt. Die Themen Aus-, Fort- und<br />

Weiterbildung rund um die Orthopädie-Technik sowie<br />

Digitalisierung gehören zu den Kompetenzthemen des<br />

Geschäftsführers der Häussler Technische Orthopädie<br />

GmbH in Ulm.<br />

OT: Herr Zepf, Sie beschäftigen sich in Ihrem Betrieb mit<br />

Lösungen zum Beispiel beim Positionieren im digitalen Versorgungsprozess.<br />

Haben Sie sich schon angeschaut, welche<br />

Vorträge oder Aussteller Sie in Leipzig besuchen werden, die<br />

Ihnen in diesem Bereich weiterhelfen können?<br />

Armin Zepf: Ja, wir haben bereits eine Auswahl an Vorträgen<br />

und Ausstellern ausgemacht, die sich auf digitale Lösungen<br />

im Versorgungsprozess spezialisieren, sowohl auf<br />

Produkt- als auch auf Prozessseite. Wir freuen uns auf neue<br />

Perspektiven und innovative<br />

Ansätze, um unsere<br />

Dienstleistungen im Versorgungsprozess<br />

weiter<br />

zu optimieren.<br />

OT: Die OTWorld ist ein Ort,<br />

an dem die Branche zusammenkommt,<br />

auch um in die Zukunft<br />

zu schauen. Was erwarten Sie<br />

für Trends im Jahr <strong>2024</strong>?<br />

Zepf: Ich erwarte, dass die Trends in <strong>2024</strong> stark von digitaler<br />

Integration und personalisierten Versorgungslösungen<br />

geprägt sein werden. Technologien wie künstliche Intelligenz<br />

und 3D-Druck werden eine zunehmend wichtige<br />

Rolle in der Entwicklung und Herstellung von orthopädietechnischen<br />

Hilfsmitteln spielen und ermöglichen<br />

Foto: Marc Hoerger<br />

36<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


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effizientere Patientenversorgung bei gleichbleibender Versorgungsqualität.<br />

OT: Katastrophen, Krieg und Krisen machen auch vor der OT-<br />

Branche nicht Halt. Was für eine Stimmung erwarten Sie in<br />

Leipzig – jetzt erst recht oder Ernüchterung?<br />

Zepf: Trotz der Herausforderungen, mit denen die Welt<br />

konfrontiert ist, erwarte ich eine Stimmung der Zuversicht<br />

in Leipzig. Die Branche zeigt sich resilient und bereit, gemeinsam<br />

Lösungen zu entwickeln, die nicht nur den aktuellen,<br />

sondern auch zukünftigen Anforderungen gerecht<br />

werden.<br />

Neu im Amt, aber mit Sicherheit kein Unbekannter:<br />

Michael Schäfer wurde im März zum Landesinnungsmeister<br />

in Bayern gewählt. Der Traunsteiner hat in den<br />

vergangenen Jahren in verschiedenen Ehrenämtern an<br />

der Gegenwart und Zukunft der Orthopädie-Technik<br />

mitgearbeitet. 2020 war er zudem Kongresspräsident<br />

der OTWorld.<br />

OT: Herr Schäfer, Sie waren 2020 bei der OTWorld.connect<br />

Kongresspräsident und haben dadurch einen guten Einblick in<br />

die Arbeit im Vorfeld einer OTWorld erhalten. Was macht den<br />

Kongress der OTWorld aus und wie bewerten Sie dessen<br />

Entwicklung in den vergangenen Jahren?<br />

Michael Schäfer: Die OTWorld greift die aktuellen nationalen<br />

wie internationalen Themen unseres Faches in einer<br />

gelungenen Melange aus Medizin, Wissenschaft und Technik<br />

auf und stellt diese in den unterschiedlichen Formaten<br />

der OTWorld ansprechend dar. Besonders wichtig empfinde<br />

ich in diesem Zusammenhang auch die Einbindung der<br />

verschiedenen Fachgesellschaften in das Programm. Das<br />

hat sich absolut bewährt und über die vergangenen Jahre<br />

gefestigt. Besonders wertvoll sind aus meiner Sicht jene<br />

Veranstaltungen, in denen sich die wissenschaftliche Betrachtung<br />

und das praktische Versorgungswissen die Hand<br />

geben. Beide Teile sind für die Nachhaltigkeit unserer Arbeit<br />

enorm wichtig. Dies wird einerseits durch hochkarätige<br />

Symposien und Vortragsblöcke, andererseits durch<br />

ein vielfältiges Workshopangebot mit hohem Praxisbezug<br />

untermauert. Besonders schön finde ich dabei, dass die<br />

Programminhalte auch Auszubildende und junge Nachwuchskräfte<br />

mit Themen abholen. Dass man in diesem<br />

Jahr ein spezifisches Fortbildungsprogramm für Mitarbeiter<br />

des Sanitätshauses aufgesetzt hat, erachte ich vor dem<br />

Hintergrund der aktuellen politischen Bestrebungen einer<br />

unfairen Markterweiterung auf andere Anbieter für essenziell<br />

und wichtig. Hier muss mehr denn je das Bewusstsein<br />

hin zur qualitätsorientierten Versorgung und Fachlichkeit<br />

gelenkt werden und vor allem einer ungleichen Behandlung<br />

der unterschiedlichen Akteure im Rahmen der Leistungserbringung<br />

Einhalt geboten werden.<br />

OT: Sie haben es bereits erwähnt, es wird <strong>2024</strong> einen<br />

größeren Anteil an praktischen Inhalten im Kongress geben.<br />

Wie gefällt Ihnen dieser Ansatz, dass Mitarbeitende im<br />

Sanitätshaus die Möglichkeit haben für ihren Berufsalltag<br />

etwas mitzunehmen?<br />

Schäfer: In Zeiten der Digitalisierung müssen wir sehr darauf<br />

achten, dass das Versorgungswissen, die Erfahrung und<br />

das nach wie vor benötigte<br />

handwerkliche Geschick<br />

nicht unter die Räder<br />

kommen, denn letztendlich<br />

steht für unsere<br />

Patienten ein adäquates<br />

und für ihren Körper gut<br />

angepasstes Versorgungsergebnis<br />

im Vordergrund. Daher<br />

erachte ich den Fokus auf die praktischen<br />

Inhalte und die Weitergabe von Versorgungserfahrung<br />

und Versorgungswissen als ungemein wichtig. Die<br />

Patienten interessiert in der Anwendung ihres Hilfsmittels<br />

nicht vordergründig, in welchem Workflow und dazugehörigen<br />

Versorgungsprozess sie zu ihrem Hilfsmittel gelangen,<br />

sondern vielmehr wie professionell sie betreut werden<br />

und wie gut sich die Versorger auf ihre Probleme und<br />

Gegebenheiten einstellen. Für diese Anforderungen benötigen<br />

wir auch in Zukunft sehr gut ausgebildete Fachkräfte,<br />

die dieses Versorgungswissen aufnehmen, verarbeiten<br />

und in die heutige Versorgungslandschaft transportieren<br />

und übersetzen. Dass ein Fokus in diesem Jahr darin liegt,<br />

die OTWorld zunehmend auch für die Inhalte der Mitarbeiter<br />

im Sanitätshaus zu erschließen, erachte ich für äußerst<br />

wichtig und wertvoll. Wir müssen den aktuellen Bestrebungen<br />

der Politik unsere geballte Beratungs- und Versorgungskompetenz<br />

entgegensetzen, denn das ist der Wert<br />

unserer Arbeit, der auch bei den Patienten ankommt und<br />

geschätzt wird. Gerade zum jetzigen Zeitpunkt ist es enorm<br />

wichtig, dass die unterschiedlichen Disziplinen unseres Faches<br />

einen engen Schulterschluss und Geschlossenheit demonstrieren.<br />

OT: Erstmals können <strong>2024</strong> Besucher:innen bereits im<br />

Kongress programm die sogenannten Take-Home-Messages sehen.<br />

Hilft diese Maßnahme aus Ihrer Sicht, den eigenen Besuch<br />

noch besser planen zu können?<br />

Schäfer: Die Take-Home-Messages veranschaulichen die<br />

Inhalte des Kongressprogramms verständlich und helfen<br />

den Besuchern durch nützliche Erklärungen und Zieldefinitionen<br />

bei der Programmauswahl. Das Programm<br />

und die Vorankündigung profitieren auf jeden Fall von<br />

den zusätzlichen Take-Home-Messages, weil diese nicht<br />

nur Lust auf das Thema machen, sondern auch die Transparenz<br />

zu den Inhalten erhöhen. Vor allem den vielseits interessierten<br />

Kongressbesuchern erleichtern diese Messages<br />

die Auswahl bei parallelen Programminteressen. Aus meiner<br />

Sicht sollte das unbedingt beibehalten werden.<br />

Foto: BIV-OT/Chris Rausch<br />

38<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Foto: BIV-OT/Chris Rausch<br />

Thomas Münch war langjähriger<br />

Obermeister der<br />

Innung für Orthopädie-<br />

Technik Düsseldorf und<br />

gehört dem Vorstand<br />

des BIV-OT an.<br />

OT: Herr Münch, Sie sind im<br />

Pilotprojekt „E-Verordnung“ des<br />

Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik<br />

der Ansprechpartner aus dem Vorstand. Was<br />

für ein Interesse erhoffen Sie sich bei der kommenden OTWorld<br />

von Betrieben bei diesem Thema?<br />

Thomas Münch: Ich kann mir gut vorstellen, dass die<br />

Besucher sich sehr intensiv an den Ständen des BIV-OT<br />

und der Softwareanbieter über den Stand des Piloten informieren<br />

werden. Insbesondere über die Vorteile der Digitalisierung.<br />

Aber auch über das Wie. Wie kann es funktionieren,<br />

wie wird es funktionieren und wie kann ich mitmachen?<br />

OT: Digitalisierung ist ein Thema, das insgesamt die Branche<br />

berührt. Ist es aus Ihrer Sicht im Kongress und auf der Messe<br />

entsprechend vertreten?<br />

Münch: Ich finde, dass die Digitalisierung auf der OTWorld<br />

einen festen Platz hat. Digitalisierung ist ja nicht nur die E-<br />

Verordnung, sondern im Besonderen auch die Maßnahme<br />

und das Modellieren. Ich selbst bin sehr gespannt, welche<br />

neuen Scanner zur Körperformerfassung angeboten werden<br />

und wie sich die Preissituation darstellt.<br />

OT: Ihre Söhne sind ebenfalls im Fach und dem Familienbetrieb<br />

aktiv. Wie unterscheiden sich die Interessen in Bezug auf den<br />

OTWorld-Besuch?<br />

Thomas Münch: Diese Frage kann ich nicht beantworten,<br />

aber ich kann ja meine Söhne fragen!<br />

Martin Münch: Meine Interessen bezüglich der OTWorld<br />

sind der Austausch mit den Kollegen sowie das Kennenlernen<br />

der neuen Produkte der Hersteller, um hier die Möglichkeit<br />

aufgezeigt zu bekommen, wie wir unsere Anwender<br />

noch besser versorgen können. Im Bereich der Digitalisierung<br />

ist für mich sehr interessant zu sehen, was es für neue<br />

Möglichkeiten der Scantechnik gibt.<br />

Ralf Münch: Für mich ist die OTWorld der Ort, an dem alle<br />

zusammenkommen, um sich gemeinsam auszutauschen,<br />

und zwar mit dem Hauptaugenmerk auf unsere Anwender.<br />

Wie versorge ich meine Patienten womit am besten?<br />

Und die beste Lösung muss hier immer individuell sein.<br />

Ich kann nicht alles scannen, aber ich kann auch vielleicht<br />

nicht alles per Gipsabdruck lösen. Die Digitalisierung ist<br />

für mich einfach nur eine ergänzende Möglichkeit der Versorgung.<br />

Sie wird uns Techniker nie verdrängen können.<br />

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39


Christiana Hennemann ist Geschäftsführerin des Vereins<br />

Rehakind. Die Fördergemeinschaft wurde im Jahr 2000<br />

gegründet und setzt sich für die speziellen Bedürfnisse<br />

von Kindern und Jugendlichen mit Handicap und Hilfsmittelbedarf<br />

ein.<br />

OT: Rehakind ist langjähriger Partner der OTWorld und in<br />

diesem Jahr auf der Messe als Teil der „OTWorld.friends“<br />

vertreten. Sie haben diesmal aber keinen eigenen Stand.<br />

Werden Sie auf andere Weise die Fahnen für die Versorgung<br />

von Kindern mit Behinderungen hochhalten?<br />

Christiana Hennemann: Sicherlich, ich werde mit meiner<br />

Kollegin die Chance nutzen, uns dort mit vielen Fachinformationen<br />

aus dem spannenden Kongress zu versorgen<br />

und natürlich zu „netzwerken“ – das geht in Leipzig<br />

immer besonders gut. Der Verein muss seine Ressourcen<br />

bewusst einteilen, und in diesem Jahr steht vor allem die<br />

politische Arbeit für die Sicherung und Optimierung zeitnaher<br />

und bedarfsgerechter Hilfsmittelversorgung auf<br />

dem Programm von Rehakind e. V. Als einzigartiges neutrales<br />

Netzwerk arbeiten wir eng mit verschiedenen medizinischen,<br />

therapeutischen und pflegerischen Fachgesellschaften<br />

und vor allem der Selbsthilfe zusammen und<br />

müssen miteinander eine starke Stimme für die kleine<br />

Gruppe junger Menschen bilden. Die Chancen der Inklusion<br />

– selbst in den ersten Arbeitsmarkt – sind durch neue<br />

digitale Hilfsmittel größer denn je, das muss auch in die<br />

Köpfe der Entscheider! Außerdem werden die Familien<br />

insgesamt durch gute Hilfsmittelversorgung der Kinder<br />

entlastet, sodass die zum Teil gut ausgebildeten Mütter in<br />

ihre Berufe zurückkehren können, das ist angesichts des<br />

Fachkräftemangels eine wichtige Entwicklung und sichert<br />

auch gegen Altersarmut ab.<br />

OT: Sie haben den Vorsitz des Workshops „Die Aufrichtung<br />

im Sitzen bei neuroorthopädischen Erkrankungen“ inne.<br />

Was erwartet die Teilnehmenden hier?<br />

Hennemann: Julia Heil, schon lange Rehakind-Mitglied<br />

und auch Rehakind-Referentin, ist eine echte Praktikerin:<br />

Über 25 Jahre als Therapeutin und Hilfsmittelversorgerin<br />

tätig, wird sie ihre Erfahrungen in Sachen „Sitzen und Positionieren“<br />

einbringen, denn schließlich ist das unsere<br />

„Hauptbeschäftigung<br />

den Tag über“. Dazu<br />

die in ihrem Neuroorthopädie-Studium<br />

an der Donau-<br />

Universität Krems<br />

gewonnenen Erkenntnisse,<br />

die langfristig<br />

zu mehr Evidenzbasierung<br />

der<br />

Christiana Hennemann,<br />

Geschäftsführerin Rehakind e. V.<br />

Versorgung führen.<br />

Dies ist zunehmend<br />

wichtig, denn Kostenträger<br />

werden in<br />

Zeiten knapper Budgets<br />

danach schauen, welche Versorgungen auch größtmögliche<br />

Evidenz aufweisen. Wissenschaft bei solch kleinen<br />

„Fallzahlen“ ist nicht einfach, vor allem gerade bei<br />

Kindern, deren Entwicklung sehr individuell ist. Aber: Es<br />

gibt Ansätze, und diese stellen wir hier praxisnah vor und<br />

zur Diskussion.<br />

OT: „Kinder-, Jugend- und Neuroorthopädie“ ist in diesem Jahr<br />

ein Schwerpunktthema des Kongresses. Was erhoffen Sie sich –<br />

vor dem Hintergrund Ihrer eigenen Vereinsarbeit – davon?<br />

Hennemann: Viele der in Leipzig vortragenden Referent:innen<br />

sind seit Jahren auch im Beirat von Rehakind<br />

oder beim Focus-CP-Rehakind-Kongress aktiv. Es zeigt<br />

sich, dass nur interdisziplinäre und interprofessionelle<br />

Zusammenarbeit auf Augenhöhe zum Erfolg bei den jungen<br />

Patient:innen führt, und sich so auch volkswirtschaftlich<br />

rechnet. Neurologisch-orthopädische Behinderungen<br />

bleiben „ein Leben lang“, und nur gut versorgte Kinder<br />

und Jugendliche werden später möglichst selbstständige<br />

Erwachsene – unter Umständen mit weniger Pflegebedarf<br />

–, die mit einer zunehmend längeren Lebenserwartung<br />

auch aktiv am gesellschaftlichen Leben in allen Bereichen<br />

teilhaben können. Die Benennung von Chancen und Problemen<br />

in diesem Arbeitsfeld bringt öffentliche Aufmerksamkeit<br />

und damit auch mehr Einsatzmöglichkeiten von<br />

innovativen Therapien und Hilfsmitteln zum Wohle der<br />

jungen Menschen.<br />

Foto: Rehakind e. V.<br />

Foto: Simone Borchardt<br />

Simone Borchardt sitzt seit 2021 im<br />

Deutschen Bundestag. Die CDU-<br />

Politikerin aus Mecklenburg-<br />

Vorpommern ist Mitglied im<br />

Gesundheits ausschuss.<br />

Die Hilfsmittelbranche ist<br />

ein wichtiger Bestandteil<br />

der Gesundheitsversorgung<br />

unseres Landes und als solche<br />

nicht wegzudenken. Dabei ist<br />

die Bandbreite der Produktpalette<br />

sehr hoch – egal ob es sich um niedrigschwellige Hilfsmittel<br />

wie Kompressionsstrümpfe oder um komplexe Hilfsmittel<br />

wie Rollstühle handelt: Die Patientenprofile sind divers,<br />

dementsprechend ist der Einsatz von Hilfsmitteln vielfältig.<br />

Oftmals kommen diese kurativ nach Operationen zum<br />

Einsatz, um Patientinnen und Patienten auf dem Weg der<br />

Genesung zu helfen. Auch für den Ausgleich von Nachteilen,<br />

die durch eine Behinderung entstehen, ist eine adäquate<br />

Versorgung mit Hilfsmitteln unabdingbar, um eine<br />

vollwertige gesellschaftliche Teilhabe für die Betroffenen<br />

zu gewährleisten.<br />

Gerade in der Prävention ist die Bedeutung der Hilfsmittel<br />

in den letzten Jahren angestiegen. Viele repräsen-<br />

40<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


tative Studien haben gezeigt, dass der Einsatz von passenden<br />

Hilfsmitteln Krankheiten effektiv vorbeugen kann.<br />

So können Kosten eingespart und Ressourcen effektiv<br />

gehoben werden, indem etwa komplexe, kostspielige Operationen<br />

oder die stationäre Pflege vermieden oder hinausgezögert<br />

werden.<br />

Insgesamt zeigt sich also, dass wir den Hilfsmittelmarkt<br />

besser verstehen und ihn ganzheitlich betrachten müssen.<br />

Die bedarfsgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten<br />

mit innovativen Hilfsmitteln, die dem aktuellen<br />

Stand der medizinischen Erkenntnis und des technischen<br />

Fortschrittes entsprechen, ist uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion<br />

ein besonders wichtiges Anliegen. Bezogen auf bereits<br />

CE-gekennzeichnete Hilfsmittel heißt das: Wir brauchen<br />

keine zusätzliche Zertifizierung der Zertifizierung. Ist<br />

der Nutzen nachgewiesen, müssen Neuerungen – und sei es<br />

als Pilot – schneller ins Hilfsmittelverzeichnis und damit in<br />

den Markt kommen. Dafür müssen wir Regularien schaffen,<br />

der Abbau einschränkender bürokratischer Regelungen<br />

muss unbedingt angegangen werden. Ferner bedarf es einer<br />

Digitalisierung, die Entlastung schafft und Innovationen<br />

fördert. Die beiden Digitalgesetze tun dies nicht, sie sind in<br />

dieser Form eher ein zusätzlicher Ballast als eine Erleichterung<br />

für Leistungserbringer und Betroffene.<br />

Es liegt auf der Hand: Der Hilfsmittelmarkt muss gestärkt<br />

werden. Denn nur durch einen voll funktionsfähigen<br />

Hilfsmittelmarkt, der die notwendige Flexibilität besitzt,<br />

kann das deutlich angeschlagene Gesundheitssystem<br />

spürbar entlastet werden. Dies ist auch für die dauerhafte<br />

internationale Anschlussfähigkeit des deutschen Hilfsmittelmarkts<br />

unerlässlich!<br />

Deswegen freut es mich sehr, dass sich Vertreterinnen<br />

und Vertreter der Hilfsmittelbranche zur OTWorld <strong>2024</strong> in<br />

Leipzig zusammenfinden werden, um sich über zukunftsfähige<br />

Lösungen in der Hilfsmittelversorgung auszutauschen.<br />

Ich wünsche allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />

viele bereichernde Erkenntnisse, spannende Diskussionen<br />

und neue Inspirationen!<br />

Foto: Kristine Lütke<br />

Kristine Lütke ist seit 2021 Bundestagsabgeordnete<br />

für die FDP und<br />

Sucht- und drogenpolitische<br />

Sprecherin und Vorsitzende<br />

der AG Gesundheit der Fraktion<br />

der Freien Demokraten<br />

im Bundestag.<br />

Etwa ein Viertel der Versicherten<br />

in der gesetzlichen<br />

Krankenversicherung benötigt<br />

eine Versorgung mit medizinischen<br />

Hilfsmitteln. Diese können<br />

unerlässlich sein, um Gesundheit zu erhalten oder um<br />

körperliche Defizite auszugleichen. Hier geht es beispielsweise<br />

um Brillen, Einlagen, Gehstützen oder Windeln<br />

als Inkontinenzhilfen. 2020 hatte die gesetzliche Krankenversicherung<br />

28 Millionen Hilfsmittel-Anträge zu bescheiden.<br />

Für mich bedeutet das: Eine qualitativ hochwertige<br />

Hilfsmittelversorgung ist ein wichtiger Baustein für<br />

die Sicherung der Teilhabe und der Lebensqualität der Patientinnen<br />

und Patienten. Denn selbstverständlich wollen<br />

die betroffenen Antragstellenden schnell und vor allem<br />

gut versorgt werden.<br />

Die OTWorld in Leipzig ist daher ein Schaufenster sowie<br />

die größte und international führende Branchenplattform<br />

für Hersteller, Händler und Leistungserbringer in der<br />

modernen Hilfsmittelversorgung. In ihrer einzigartigen<br />

Kombination aus Weltkongress und Weltleitmesse bringt<br />

die OTWorld alle zwei Jahre Expertinnen und Experten aus<br />

allen fünf Kontinenten zusammen. Sie alle haben das Ziel,<br />

die OTWorld als gemeinsames zentrales Innovations- und<br />

Dialogforum für eine individuelle und vor allem patientengerechte<br />

Versorgung zu präsentieren.<br />

Dabei sind eine patientenzentrierte Versorgung und gute<br />

Arbeitsbedingungen für Leistungserbringer zwei Seiten einer<br />

Medaille. Als Freidemokratin ist mir wichtig, dass auch<br />

weiterhin die freien Berufe im Gesundheitswesen gestärkt<br />

werden. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen<br />

und Zahnärzte und selbstverständlich die Heilmittelerbringerinnen<br />

und -erbringer müssen in medizinischen Fragen<br />

autonom und frei von Weisungen Dritter entscheiden<br />

können. Denn die Therapiefreiheit der Behandlung kommt<br />

am Ende den Patientinnen und Patienten zugute. Freiheit<br />

und Verantwortung sind die Basis der Vertrauensbeziehung<br />

zwischen Leistungserbringern und Patienten.<br />

Indem wir den Menschen in den Gesundheitsberufen<br />

vertrauen, schaffen wir den Raum für Innovationen. Für<br />

mich ist klar, dass diese dann auch die Patientinnen und<br />

Patienten schneller erreichen müssen. Im Hilfsmittelverzeichnis<br />

müssen die Produktgruppen schnell und kontinuierlich<br />

weitergeschrieben werden. Die bedarfsgerechte Versorgung<br />

der Patientinnen und Patienten mit innovativen<br />

Hilfsmitteln, die dem aktuellen Stand der medizinischen<br />

Erkenntnis und des technischen Fortschritts entsprechen,<br />

ist mir ein wichtiges Anliegen. Die Versicherten müssen<br />

sich auf eine Hilfsmittelversorgung verlassen können, die<br />

der individuellen Therapiesituation entspricht.<br />

Gerade der präventive Charakter von Hilfsmitteln darf<br />

nicht unterschätzt werden. Das zeigt auch eine Umfrage<br />

des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem vergangenen<br />

Jahr. Menschen, die medizinische Hilfsmittel nutzten,<br />

benötigten nach eigenen Angaben weniger Medikamente,<br />

konnten operative Eingriffe oft vermeiden, sind mobiler<br />

und gewinnen dadurch schlussendlich an Lebensqualität.<br />

Es zeigt sich: Hilfsmittel haben eine hohe Relevanz – für<br />

den einzelnen Betroffenen, aber auch für das Gesundheitssystem<br />

im Ganzen.<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

41


Mit Prothese ins Weltall<br />

Der Wendepunkt im Leben von John McFall ist auf das<br />

Jahr 2000 datiert. Der damals 19-Jährige verunfallte<br />

mit seinem Motorrad und sein rechtes Bein oberhalb des<br />

Knies wurde infolgedessen amputiert. Doch statt Selbstmitleid<br />

oder Jammern schöpfte der Brite Kraft aus der Situation<br />

– auch dank moderner Hilfsmittelversorgung. Nur<br />

drei Jahre nach seinem Unfall stieg er ins Lauftraining ein.<br />

Bei seinem ersten internationalen Wettkampf, den Europameisterschaften<br />

des Internationalen Paralympischen Komitees<br />

(IPC) in Finnland, holte er 20<strong>05</strong> Bronze im 200-Meter-Lauf.<br />

Dem folgten zahlreiche Medaillengewinne, darunter<br />

Silber für seine persönliche Bestzeit über 100 Meter<br />

von 12,70 Sekunden beim Internationalen Bayer-Leichtathletik-Wettbewerb<br />

in Leverkusen 2006. Zwei Weltmeistertitel<br />

holte er 2007 bei der World-Wheelchair-and-Amputee-Sports-Federation<br />

über 100 Meter und 200 Meter. 2008<br />

trat er zudem für Großbritannien bei den Paralympics in<br />

Peking in der Klasse der Läufer mit Amputationen oberhalb<br />

des Knies an und brachte für seine Leistungen über 100 Meter<br />

Bronze mit nach Hause.<br />

John McFall während des Astronautentrainings im Astronautenzentrum<br />

der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) in Köln.<br />

Foto: ESA<br />

Auf Sport- folgt Medizinstudium<br />

Auch beruflich ist John McFall durchgestartet: Seinem<br />

Sportstudium schloss er noch ein Medizinstudium an. Von<br />

2014 bis 2016 arbeitete er als Foundation Doctor im britischen<br />

National Health Service in verschiedenen medizinischen<br />

und chirurgischen Fachbereichen in Südost-Wales.<br />

Danach absolvierte er bis 2018 eine chirurgische Grundausbildung<br />

in Allgemeinchirurgie, Urologie sowie Traumatologie<br />

und Orthopädie. Im Jahr 2018 sicherte er sich einen<br />

Platz im nationalen Trauma- und Orthopädie-Facharztausbildungsprogramm<br />

des Vereinigten Königreichs und ist<br />

heute Facharzt für Traumatologie und Orthopädie.<br />

Nächstes Ziel:<br />

Die Eroberung des Weltraums<br />

Dass er gerne außergewöhnliche Reisen unternimmt und<br />

dass es kaum Grenzen gibt, was er mit seiner Prothese erreichen<br />

kann, bewies McFall 2008: Nach den Paralympischen<br />

Spielen in Peking machte er sich zu Fuß auf den Heimweg<br />

ins Vereinigte Königreich. Nach den nächsten Zielen gefragt,<br />

sagte er damals, er wolle irgendwann die Sahara<br />

durchqueren, den Atlantik mit dem Ruderboot überqueren<br />

und eine Lizenz für den freien Fall erwerben.<br />

Seit Kurzem steht die Raumfahrt auf McFalls To-do-Liste:<br />

Im November 2022 wurde er als Mitglied der Astronautenreserve<br />

der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ausgewählt,<br />

um an der Machbarkeitsstudie „Fly!“ teilzunehmen.<br />

Damit will die ESA Hindernisse für Astronaut:innen<br />

mit körperlichen Einschränkungen in der Raumfahrt verstehen<br />

und überwinden. Das Ziel dieser Studie ist es, sich<br />

auf McFalls vielfältiges Fachwissen zu stützen, um Möglichkeiten<br />

zu erforschen, wie Menschen mit körperlichen<br />

Behinderungen – insbesondere mit einer Amputation der<br />

unteren Gliedmaßen – als voll integrierte Mitglieder einer<br />

Astronautencrew während einer Langzeitmission zur<br />

Internationalen Raumstation (ISS) aufgenommen werden<br />

können.<br />

Mit der Ausschreibung hat die ESA anerkannt, dass es<br />

Menschen geben könnte, die geistig und mental für den<br />

Job qualifiziert sind, aber bisher aus medizinischen Gründen<br />

nicht ausgewählt worden wären. Für die Erforschung<br />

des Weltraums durch den Menschen bringt der mittlerweile<br />

43-Jährige nicht nur den wissenschaftlichen und medizinischen<br />

Hintergrund sowie körperliche Fitness mit. Er eröffnet<br />

der ESA ganz neue Perspektiven und konnte gerade<br />

als Mensch mit einer körperlichen Beeinträchtigung schon<br />

sehr viele Hindernisse überwinden.<br />

Außergewöhnliche Belastungen<br />

für Mensch und Prothese<br />

Damit stellt sich John McFall nun gänzlich neuen Herausforderungen:<br />

ein Überlebenstraining auf der Ostsee, die<br />

Anprobe eines Raumanzugs, der Ein- und Ausstieg in eine<br />

Raumkapsel, Zentrifugen-Training. Gemeinsam mit dem<br />

Hersteller Ottobock unterzieht die ESA aktuell die Prothesentechnik<br />

intensiven Tests. Und in einem Interview der<br />

Wochenzeitung „Die Zeit“ danach gefragt, ob sein Handicap<br />

im All nicht sogar ein Vorteil wäre, antwortet McFall:<br />

„Im Weltraum ist jeder behindert. Jeder Mensch muss mit<br />

dieser Umgebung erst mal klarkommen.“<br />

Auf seinen Motorradunfall angesprochen, sagte er zudem,<br />

es sei „in gewisser Weise das Beste gewesen, was mir je<br />

passiert ist. Er hat mir einen Fokus gegeben, einen Antrieb,<br />

jeder Tag ist eine neue Herausforderung. (…) Ich hatte immer<br />

eine Liste von Zielen und Wünschen, die sich nach meinem<br />

Unfall nicht geändert haben – sie haben nur die Richtung<br />

gewechselt. Der Verlust meines Beins hat mein Leben<br />

verändert, aber er hat nicht verändert, wer ich bin.“<br />

Zur Eröffnung der OTWorld <strong>2024</strong> spricht John McFall<br />

am Dienstag, 14. Mai <strong>2024</strong>, über seine „Mission Possible“.<br />

Start der Veranstaltung ist um 16:45 Uhr.<br />

42<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


OTWorld-Daily<br />

Tägliche Updates zu Messe und Kongress<br />

Im Aufzug, im (Hotel-)Bett, auf dem Weg zur Leipziger<br />

Messe oder auch daheim: Der OTWorld-Daily ist der tägliche<br />

Newsletter, der alle wichtigen Informationen rund um<br />

Weltleitmesse und Weltkongress bereithält. Jeden Morgen<br />

kommt er pünktlich um 7 Uhr in das eigene E-Mail-Postfach<br />

und hält Tipps für die Tagesplanung parat sowie Neuigkeiten<br />

aus Industrie und auch eine Rückschau auf interessante<br />

Highlights des Vortags.<br />

Bereits vor zwei Jahren hat der Verlag Orthopädie-Technik<br />

als exklusiver Medienpartner der OTWorld dieses Format<br />

ins Leben gerufen – mit Erfolg. In dem täglichen Newsletter<br />

gibt es für Besucher:innen der OTWorld wertvolle<br />

Hinweise aus der Redaktion zu den Highlights des jeweiligen<br />

Tages im Kongressprogramm.<br />

In den „Tipps des Tages“ findet jede Besucherin bzw. jeder<br />

Besucher eine Inspiration für einen tollen Vortrag oder<br />

einen hilfreichen Workshop. Natürlich handelt es sich<br />

dabei um eine Vorauswahl, die ein möglichst breites Themenspektrum<br />

erfasst, es empfiehlt sich selbstverständlich,<br />

das Kongressprogramm noch einmal selbst in die Hand zu<br />

nehmen.<br />

Einen Vorgeschmack auf die Neuheiten aus der Industrie<br />

liefert die „Innovation des Tages“. Dort verraten die<br />

Hersteller, was Besucher:innen auf der OTWorld an dem jeweiligen<br />

Messestand kennenlernen und auch einmal selbst<br />

in die Hand oder in Augenschein nehmen können, um die<br />

neuesten Versorgungsmöglichkeiten zu entdecken. Wo<br />

sonst kann man die Zukunft in den Händen halten, wenn<br />

nicht auf der OTWorld?<br />

Darüber hinaus wird die Redaktion auf exklusiven Stimmenfang<br />

gehen und mit Personen rund um Messe- und<br />

Kongressgeschehen sprechen, um Eindrücke von den vier<br />

Tagen in Leipzig zu sammeln und auch für die Daheimgebliebenen<br />

das OTWorld-Feeling einzufangen.<br />

Der OTWorld-Daily erscheint bereits ab dem Vortag<br />

der Messe, 13. Mai, um bei der Anreise gen Leipzig<br />

den geeig neten Lesestoff parat zu halten. Und natürlich<br />

dürfen die Höhepunkte des Freitag nicht fehlen, deswegen<br />

geht der Daily am Dienstag, 21. Mai, noch einmal<br />

in die Verlängerung und liefert das<br />

Wichtigste rund um die OTWorld ins<br />

E-Mail-Postfach.<br />

Anmeldungen für den OTWorld-<br />

Daily sind ab sofort über den nebenstehenden<br />

QR-Code möglich oder auf<br />

dem Fachportal 360-ot.de.<br />

Die COVVI Hand<br />

Bald bei ORTHO-REHA Neuhof erhältlich<br />

• Robust & vielseitig einsetzbar<br />

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Live erleben auf der OTWorld<br />

vom 14. - 17. Mai <strong>2024</strong><br />

Halle 5 | Stand D20/E21<br />

www.ortho-reha-neuhof.de


OTWorld bietet „Tag des E-Rezeptes“<br />

Am Donnerstag, 16. Mai <strong>2024</strong>, wird es auf der OTWorld<br />

in Leipzig einen „Tag des E-Rezeptes“ mit einem speziellen<br />

Rahmenprogramm geben. Besucher:innen können<br />

sich über den gesamten Prozess von der elektronischen Verordnung<br />

(E-Verordnung) des Arztes bzw. der Ärztin bis hin<br />

zur Abrechnung informieren. Ein Highlight: Erstmals können<br />

alle Besucher:innen die Ausstellung und Einlösung einer<br />

E-Verordnung selbst durchspielen und die Verarbeitung<br />

in der Branchensoftware selbst testen.<br />

Zudem wird es die Möglichkeit geben, an einem geführten<br />

Messe rundgang zum gesamten Themenspektrum teilzunehmen:<br />

Neben der elektronischen Verordnung geht es<br />

auch um die Telematikinfrastruktur (TI) und die Kartenausgabe<br />

durch die Handwerkskammern. Ein Vortragsprogramm<br />

und die Möglichkeit, persönlich mit den Projektverantwortlichen<br />

ins Gespräch zu kommen, runden das<br />

Programm ab.<br />

Die E-Verordnung für Hilfsmittel soll zum 1. Juli 2027<br />

in Deutschland analog zum E-Rezept für Arzneimittel für<br />

Leistungserbringer im Bereich Hilfsmittel eingeführt werden.<br />

Bereits im Sommer diesen Jahres beginnt die Ausgabe<br />

des für die TI-Nutzung nötigen elektronischen Berufsausweises<br />

(eBA) durch erste Handwerkskammern. Ab Anfang<br />

2025 soll dann flächendeckend die Beantragung der Ausweise<br />

in Kartenform möglich sein. Das Thema darf daher<br />

auf der OTWorld nicht fehlen. Weitere Projekte, die sich<br />

mit der Umsetzung der Digitalisierung befassen, werden<br />

deshalb zum ersten „Tag des E-Rezeptes“ vorgestellt. An<br />

diesem Tag bekommen Interessierte die Chance, schon vor<br />

dem Stichtag 1. Juli 2027 die nötigen Informationen zur<br />

Einführung der E-Verordnung für Hilfsmittel einzuholen<br />

und erste Kontakte zu knüpfen. So soll ein reibungsloser<br />

Übergang von der analogen zur digitalen Verordnung sichergestellt<br />

werden.<br />

E-Verordnung für orthopädische<br />

Hilfsmittel im Fokus<br />

Der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-<br />

OT) bietet auf seiner Standpräsenz in Halle 3 – direkt gegenüber<br />

des Kongresseingangs – für Interessierte sogenannte<br />

„Faktensnacks“ zum Pilotprojekt E-Verordnung<br />

für orthopädische Hilfsmittel an. In entspannter Café-<br />

Atmosphäre können die Besucher:innen in den Dialog mit<br />

den Vertreter:innen aus Haupt- und Ehrenamt kommen<br />

und dort ihre Fragen platzieren und mitdiskutieren. Darüber<br />

hinaus wird es in Zusammenarbeit mit den beteiligten<br />

Projektpartnern ein besonderes Programm zum Thema<br />

E-Rezept geben. Am Stand des BIV-OT wird sich erstmals<br />

Der offizielle, tägliche Newsletter<br />

des Verlags Orthopädie-Technik<br />

zur OTWorld<br />

Jetzt<br />

kostenlos<br />

anmelden<br />

Ist beim Bundesinnungsverband<br />

für Orthopädie-<br />

Technik der Ansprechpartner<br />

zum Thema Pilotprojekt<br />

E-Verordnung: Vorstandsmitglied<br />

Thomas Münch.<br />

für alle Besucher:innen die Gelegenheit bieten, eine E-Verordnung<br />

für Hilfsmittel auszustellen, mit der dann bei den<br />

Softwareanbietern der Opta-Data-Gruppe sowie Carelogic<br />

und Top-M der Gesamtprozess live getestet werden kann.<br />

Außerdem wird es vormittags und nachmittags vom BIV-<br />

OT begleitete Messerundgänge geben, bei denen der Fokus<br />

auf der Software und der TI liegen wird. Hier können alle<br />

Fragen rund um die technischen Komponenten und Voraussetzungen<br />

gestellt werden. Auch ein Vortragsprogramm<br />

wird es geben.<br />

Expert:innen beantworten Fragen<br />

Neben den festen Programmpunkten des Tages wird es für<br />

Besucher:innen ebenso möglich sein, sich eigenständig<br />

über die Einführung der E-Verordnung für orthopädische<br />

Hilfsmittel zu informieren. Die Projektpartner beantworten<br />

den Besucher:innen ihre Fragen an ihren Ständen. So<br />

können sich Interessierte gezielt Informationen einholen<br />

und sich für eine reibungslose Einführung vernetzen.<br />

Thomas Münch ist im Vorstand des Bundesinnungsverbandes<br />

für Orthopädie-Technik mit der Leitung des Pilotprojekts<br />

E-Verordnung betraut. Auf der OTWorld können<br />

Betriebe erstmals sehen, wie die Theorie der E-Verordnung<br />

in der Praxis aussieht.<br />

Foto: BIV-OT/Chris Rausch<br />

44<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


@bebeltyson<br />

ERLEBEN SIE INNOVATION IN AKTION<br />

SYNSYS<br />

@sophie_loubet<br />

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Wir sind dabei!<br />

Wir sind Aussteller auf der OTWorld.<br />

Treffen Sie unsere wunderbaren Ambassadors<br />

und das Team von PROTEOR zum inspirierenden<br />

Austausch auf Augenhöhe.<br />

Wir freuen uns über Ihren Besuch auf unserem<br />

Messestand B20/C21 in Halle 1.<br />

Internationale Fachmesse und Weltkongress<br />

14. – 17. Mai <strong>2024</strong><br />

Leipziger Messe<br />

www.ot-world.com<br />

Partnerland<br />

Frankreich


Stimmen aus der Branche<br />

An keinem anderen Ort kommen so viele Produkte und Neuheiten zusammen wie auf der OTWorld. Viele haben<br />

sich bereits etabliert, andere müssen den Weg in die Versorgung noch finden. Während sich die Besucher:innen auf<br />

der Messe über die Innovationen der Branche informieren können, springt auch die OT auf den folgenden Seiten<br />

von Stand zu Stand. Industriepartner verraten, was die Besucher:innen in Leipzig erwartet und welchen Highlights<br />

sie entgegenfiebern.<br />

Foto: Ottobock<br />

Oliver Jakobi,<br />

CEO Ottobock<br />

Die internationale O&P-Branche<br />

kommt in Leipzig zusammen<br />

– ein optimaler Anlass,<br />

um eine Weltpremiere zu feiern:<br />

Mit unserem neuen Prothesenkniegelenk<br />

setzen wir<br />

Maßstäbe. Anwenderinnen<br />

und Anwender, die die Prothese<br />

schon testen konnten, sind<br />

begeistert und sprechen von einem<br />

enormen Entwicklungssprung – hin<br />

zu noch mehr Bewegungsfreiheit, einem<br />

natürlicheren Gangbild und deutlich<br />

weniger Anstrengung beim Gehen. Wir<br />

freuen uns darauf, das neue Prothesenkniegelenk auf der<br />

OTWorld offiziell vorstellen zu können.<br />

Begeisterung ist das, was uns antreibt. Wir wollen Menschen<br />

mit Mobilitätseinschränkungen damit begeistern,<br />

dass sie dank optimaler Versorgung ihr Leben so gestalten<br />

können, wie sie es möchten. Ob das bedeutet, möglichst<br />

eigenständig das Leben zu bestreiten, den Mount Everest<br />

zu besteigen oder sogar ins All zu fliegen, entscheidet jeder<br />

für sich selbst. Jeder hat seine individuellen Gipfel zu<br />

erklimmen. Es sind die persönlichen und authentischen<br />

Geschichten, die begeistern. Deshalb freuen wir uns, dass<br />

mehr als 30 Anwenderinnen und Anwender bei uns am<br />

Stand unterstützen. Sie erzählen Ihnen und uns von ihren<br />

Erfolgen, ihren Herausforderungen und ihren persönlichen<br />

Gipfelstürmen. Dabei helfen ihnen innovative Produkte<br />

und eine optimale Versorgung.<br />

„Welten verbinden“ ist nicht nur das Motto der<br />

OTWorld, sondern auch das unbedingte Zielbild der Branche.<br />

Nur wenn wir alle am Versorgungsprozess Beteiligten<br />

miteinander verbinden, können Menschen mit Mobilitätseinschränkungen<br />

die für sie bestmögliche Versorgung<br />

erhalten. Auch digitale Welten gehören längst dazu. Digitaler<br />

Fortschritt und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz<br />

spielen im Versorgungsprozess längst eine entscheidende<br />

Rolle. Den digitalen ebenso wie den technologischen Fortschritt<br />

treiben wir innerhalb der Branche weiter voran. So<br />

werden wir auch in unserer Werkstatt bei den diesjährigen<br />

Paralympischen Spielen in Paris erstmalig digitale Prozesse<br />

– vom Scan bis zum 3D-Druck – anwenden und damit noch<br />

schneller auf die Bedürfnisse der Athletinnen und Athleten<br />

eingehen.<br />

Mit Prothese surfen oder bergsteigen, auf Carbonfedern<br />

zur Medaille in Paris, mit dem „Exopulse Mollii Suit“ den<br />

Alltag bewältigen: Unsere Highlights aus den Bereichen<br />

Prothetik, „NeuroMobility“ sowie Business Solutions präsentieren<br />

wir Ihnen an unserem Messestand. Im Mittelpunkt<br />

steht dabei die Event-Fläche mit ihren stündlichen<br />

Shows. Wir freuen uns, Sie dort zu treffen und zu begeistern!<br />

In Kürze ist es so weit, die OTWorld <strong>2024</strong> öffnet wieder ihre<br />

Tore. Lohnt sich der Besuch? Aus meiner Sicht auf jeden Fall!<br />

Nirgendwo sonst wird diese Bandbreite des Fachs geboten.<br />

Ein Kongress mit hochkarätigen Vorträgen und vielfältigen<br />

Themen. Eine Messe mit Ausstellern aus aller Welt, die den<br />

„State of the Art“ der Branche erlebbar machen. Beeindruckende<br />

neue Produkte mit echtem Innovationsgrad und realem<br />

Anwendernutzen, zum Anfassen, Fachsimpeln und<br />

in Aktion zu sehen. Bei uns am Stand in Halle 1, D10/E11,<br />

in stündlich stattfindenden Produkt-Shows bieten wir Ihnen<br />

spannende Produkteinblicke. Lernen Sie beispielsweise<br />

das aktive, motorunterstützte Kniegelenk „Intuy Knee“<br />

kennen, das die Unterstützung der Mobilität für Prothesenträger<br />

in einer Vielzahl von wesentlichen Alltagssituationen<br />

auf ein neues Level hebt. Und da das Aufstehen der<br />

Ralf Link, Geschäftsführer<br />

Wilhelm Julius Teufel GmbH<br />

erste Schritt zum Gehen ist, unterstützt<br />

das Gelenk bereits dieses.<br />

Last but not least ist es die Atmosphäre der vier intensiven<br />

Tage, die die OTWorld im besten Sinne zu einem Familientreffen<br />

der Orthopädie-Technik werden lässt. Kollegen,<br />

Wegbegleiter und Freunde wiedersehen und gleichzeitig<br />

neue Kontakte in alle Welt zu knüpfen, das bietet in diesem<br />

Umfang nur die OTWorld.<br />

Sehen wir uns in Leipzig? Wir freuen uns auf Sie!<br />

Foto: Wilhelm Julius Teufel GmbH<br />

46<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Foto: Össur<br />

In einer Welt, die zunehmend von Unwägbarkeiten und<br />

Herausforderungen geprägt ist, steht die OTWorld <strong>2024</strong><br />

in Leipzig wieder einmal als ein gutes Beispiel dafür, wie<br />

Widerstandsfähigkeit, Innovation und Gemeinschaft uns<br />

nicht nur durch schwierige Zeiten tragen, sondern auch<br />

dazu beitragen können, eine bessere Zukunft zu gestalten.<br />

Inmitten von Krisen, Konflikten und Naturkatastrophen<br />

bleibt die Bedeutung der Orthopädie- und Rehatechnik-Branche<br />

unerschütterlich – ein Sektor, der im Kern immer<br />

das menschliche Wohlbefinden und die Verbesserung<br />

der Lebensqualität fokussiert.<br />

Die OTWorld ist weit mehr als<br />

eine Fachmesse; sie ist ein Treffen<br />

des Handwerks und des Fortschritts.<br />

Hier versammeln<br />

sich Fachleute aus aller Welt,<br />

um Wissen auszutauschen,<br />

Innovationen zu präsentieren<br />

und zukunftsweisende<br />

Lösungen für die Herausforderungen<br />

unserer Zeit<br />

Fabian Jung, Marcom Management<br />

Lead EMEA Marketing, Össur<br />

Ob in der Weltpolitik, der Gesellschaft oder in der Wirtschaft:<br />

Die dynamischen, krisenreichen Zeiten der letzten<br />

Jahre fordern uns alle ganz besonders heraus. Das spürt<br />

auch die Branche: Interdisziplinäre Veranstaltungen wie<br />

die OTWorld sind wichtiger denn je, um den schnelllebigen<br />

Anforderungen geschlossen zu begegnen und die Versorgung<br />

von Patient:innen auf das nächste Level zu heben.<br />

Das Zusammenkommen von Expert:innen weltweit, die<br />

alle an der Schnittstelle von Mensch und Technik versorgen,<br />

ist der Schlüssel, um unterschiedlichen Perspektiven<br />

Gehör zu verschaffen und über Therapieansätze zu diskutieren.<br />

Deshalb steht der Messeauftritt von Medi dieses Jahr<br />

unter dem Motto „medialog“: Wir fokussieren uns auf den<br />

persönlichen Austausch mit Fachkräften aus den Bereichen<br />

Handwerk, Medizin und Therapie. Es ist essenziell, Erfahrungen<br />

und Best Practices auszutauschen. Denn eine optimale<br />

Versorgung mit Hilfsmitteln bringt Patient:innen<br />

größtmögliche Selbstständigkeit, Mobilität und Teilhabe<br />

im Alltag. Deshalb freuen wir uns darauf, an unserem<br />

Messestand in Halle 1 viele konstruktive und inspirierende<br />

Fachgespräche zu führen, vorhandene Partnerschaften zu<br />

verstärken und neue Kontakte zu knüpfen. Denn für nachzu<br />

diskutieren. Gerade in Zeiten globaler Unsicherheiten<br />

zeigt sich die wahre Stärke unserer Branche: die Fähigkeit,<br />

sich anzupassen, zu innovieren und über Grenzen hinweg<br />

zusammenzuarbeiten, um die Lebensqualität von Menschen<br />

zu verbessern. Die Partnerschaft auf Augenhöhe,<br />

die Sie als Kunden mit Össur pflegen, ist aus unserer Sicht<br />

beispielhaft dafür, wie durch gemeinsames Engagement<br />

und den Austausch von Fachwissen und Erfahrungen sehr<br />

gute Ergebnisse für Patienten und Anwender erzielt werden<br />

können.<br />

Die OTWorld <strong>2024</strong> bietet eine einzigartige Plattform<br />

für diese Partnerschaft auf Augenhöhe. Lassen Sie uns diese<br />

weiter ausbauen und uns über Lösungen und Versorgungsmöglichkeiten<br />

und Best Practices austauschen. Die<br />

Teilnahme an der OTWorld bedeutet für uns, gemeinsam<br />

mit unseren Kunden an der Spitze eines sich ständig weiterentwickelnden<br />

Marktes zu stehen, der unmittelbar zur<br />

Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und Anwendern<br />

beiträgt für ein „Life without Limitations“. Wir<br />

freuen uns auf unser Treffen bei der OTWorld <strong>2024</strong> in<br />

Leipzig mit Ihnen.<br />

haltigen Erfolg braucht es starke Partner und ein einzigartiges<br />

Netzwerk.<br />

Als besonderes Highlight haben wir die bekannten Influencerinnen<br />

und Lipödem-Patientinnen Jana Crämer<br />

und Caroline Sprott exklusiv zu Gast am Medi-Stand: am<br />

Mittwoch, dem 15. Mai <strong>2024</strong>, um 15 Uhr und 17 Uhr sowie<br />

am Donnerstag, dem 16. Mai <strong>2024</strong>, um 11 Uhr. Beide<br />

Testimonials der aktuellen Mediven-Kampagne werden<br />

offen über ihre Krankheitsgeschichte und ihr Leben mit<br />

medizinischer Kompression berichten. Ihr Ziel: anderen<br />

Betroffenen Mut zu machen und<br />

die Öffentlichkeit zur Erkrankung<br />

Lip- und Lymphödem<br />

aufzuklären.<br />

Robert Unfried, Geschäftsleitung<br />

Medi Deutschland<br />

Foto: Medi<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

47


Foto: Bauerfeind<br />

Rainer Berthan, Vorstandsvorsitzender<br />

der Bauerfeind AG<br />

zinische Hilfsmittel produzieren? Gerade in Zeiten des<br />

Wandels und angesichts globaler Herausforderungen ist<br />

es wichtig, dass unsere Branche partnerschaftlich zusammenarbeitet<br />

und wir gemeinschaftlich nach Lösungen suchen.<br />

Die OTWorld bietet uns Gelegenheit dazu.<br />

Bei aller Sympathie für digitale Kommunikation schätze<br />

ich das persönliche Gespräch – ganz besonders auf der<br />

OTWorld. Hier treffen wir uns abseits vom Tagesgeschäft,<br />

meist verabredet, oft spontan. Produktmanager, Trainer<br />

oder Vertriebskollegen stehen für Fragen und Anregungen<br />

bereit. Der persönliche Austausch ermöglicht tiefere Einblicke,<br />

wenn es um Produkterfahrungen geht.<br />

Das Gespräch am Messestand bietet Raum für Diskussion<br />

und Interaktion. Neuheiten erhalten erste Blicke und<br />

Resonanz. Ich freue mich darauf zu sehen, wie Besucher<br />

unsere Knieorthese „SecuTec Genu Flex“ betrachten, sie<br />

in die Hand nehmen und mit dem Entwickler über Details<br />

sprechen. Ich freue mich auf spannende Diskussionen<br />

während unseres Bühnenprogramms und auf neue Ideen<br />

aus unseren Workshops.<br />

Im Namen von Ofa Bamberg möchte ich unsere Vorfreude<br />

und Zuversicht für die bevorstehende OTWorld <strong>2024</strong> in<br />

Leipzig zum Ausdruck bringen. In einer Zeit, die von Unsicherheiten<br />

und Herausforderungen geprägt ist, könnte<br />

man sich fragen, warum solch ein Ereignis von Bedeutung<br />

sein soll. Doch gerade in diesen Zeiten zeigt sich die wahre<br />

Stärke und Innovationskraft unserer Branche.<br />

Die OTWorld <strong>2024</strong> ist nicht nur eine Messe, sie ist ein<br />

Symbol des stetigen Fortschritts und der Zusammenarbeit,<br />

die unsere Industrie auch in herausfordernden Zeiten auszeichnen.<br />

Sie bietet eine Plattform für Fachleute aus aller<br />

Welt, um sich zu vernetzen, Wissen auszutauschen und die<br />

neuesten technologischen Fortschritte rund um das Thema<br />

optimale Patientenversorgung zu präsentieren.<br />

In Anbetracht der globalen Herausforderungen ist die<br />

Nachfrage nach Lösungen im Gesundheitssektor, einschließlich<br />

Orthopädie, Phlebologie und Lymphologie<br />

nicht nur stabil, sondern zeigt sogar Wachstumstendenzen.<br />

Diese medizinischen Fachgebiete tragen maßgeblich<br />

zur Verbesserung der Lebensqualität bei und sind somit<br />

von unschätzbarem Wert. Die OTWorld <strong>2024</strong> bietet eine<br />

Plattform, auf der wir innovative Produkte und Dienstleistungen<br />

vorstellen können, die genau auf die aktuellen und<br />

zukünftigen Bedürfnisse unserer Kunden und deren Patienten<br />

zugeschnitten sind. Ofa Bamberg ist stolz darauf, ein<br />

aktiver Teil dieser dynamischen Branche zu sein und zur<br />

Gesundheitsversorgung beizutragen.<br />

Gemeinsam wollen wir die OTWorld <strong>2024</strong> als Fest des<br />

menschlichen Potenzials und der technologischen Meis-<br />

Heiko Denk, Leitung Vertrieb<br />

Ofa national / international<br />

Die OTWorld verbindet.<br />

Wir bei Bauerfeind<br />

freuen uns, Akteure<br />

der Branche<br />

vom 14. bis 17. Mai<br />

<strong>2024</strong> in Leipzig zu<br />

treffen. Die Fachmesse<br />

bietet auch in schwierigen<br />

Zeiten eine verlässliche<br />

Plattform zum Netzwerken,<br />

zum Weiterbilden und zum Austausch von Ideen.<br />

Wir nutzen die Möglichkeit, unsere Produkte zu präsentieren<br />

und darüber hinaus mit den Gästen ins Gespräch<br />

über die Zukunft zu kommen. Was brauchen Patienten,<br />

was Leistungserbringer? Welche technischen Neuerungen<br />

unterstützen das Handwerk? Wie kann die Industrie auch<br />

weiterhin am Standort Deutschland hochwertige mediterleistungen<br />

feiern, die<br />

uns allen zugutekommen.<br />

Wir laden Sie herzlich ein,<br />

sich uns anzuschließen, um<br />

die Zukunft der medizinischen<br />

Versorgungstechnik mitzugestalten<br />

und die Grenzen des Machbaren neu zu definieren.<br />

Die OTWorld <strong>2024</strong> ist aber nicht nur die perfekte Gelegenheit,<br />

um Ihnen unsere neuesten Produkte und Dienstleistungen<br />

vorzustellen – sie ist das Ereignis, um nachhaltige<br />

Beziehungen innerhalb der Branche zu fördern und zu<br />

stärken und um unsere Vision und unser Engagement für<br />

ein besseres Jetzt und ein besseres Morgen zu teilen.<br />

Wir sehen der OTWorld <strong>2024</strong> mit großer Erwartung<br />

entgegen und hoffen, dass sie ein Ort des Austauschs, der<br />

Inspiration und der Fortschritte sein wird. Wir freuen uns<br />

auf ein inspirierendes Zusammentreffen in Leipzig, wo<br />

wir gemeinsam die neuesten Entwicklungen und Errungenschaften<br />

in der Welt der medizinischen Hilfsmittel<br />

entdecken und diskutieren können. Gemeinsam gestalten<br />

wir die Zukunft!<br />

Foto: Heiko Denk<br />

48<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Vormerken<br />

16. Mai <strong>2024</strong><br />

im Rahmen der OTWorld <strong>2024</strong><br />

TAG DES<br />

E-REZEPTES<br />

Sie wollen nichts<br />

verpassen oder haben Fragen?<br />

Wir antworten!<br />

Die Mitglieder des Pilotprojektes<br />

„eVerordnung für<br />

orthopädische Hilfsmittel in<br />

Deutschland“ stehen Ihnen<br />

mit Rat und Tat zur Seite.<br />

Internationale Fachmesse<br />

und Weltkongress<br />

www.ot-world.com


Foto: Schein Orthopädie Service KG<br />

Volker Bister, Mitglied der<br />

Geschäftsführung und Leiter<br />

Marketing/Vertrieb bei Schein<br />

Orthopädie Service KG<br />

In den letzten Jahren haben wir<br />

eine äußerst positive Entwicklung<br />

der OTWorld-Messe verzeichnet,<br />

die sowohl durch eine höhere<br />

Besucherzahl als auch durch eine größere<br />

Ausstellungsfläche belegt wird. Diese Erfolge unterstreichen<br />

die zunehmende Bedeutung und Relevanz der Messe für die<br />

Branche. Die OTWorld bietet eine exzellente Plattform, um<br />

sich auf nationaler und internationaler Ebene umfassend<br />

über alle Facetten der Branche zu informieren und einen Einblick<br />

in die neuesten Entwicklungen zu erhalten.<br />

Auf der Messe werden wir eine Vielzahl von Neuheiten<br />

präsentieren, wobei das Thema „my generation“ einen besonderen<br />

Fokus einnimmt. Unser neuer „my generation“-<br />

Schuhkatalog reflektiert deutlich die Antwort auf die Bedürfnisse<br />

und Anforderungen unserer Kunden. Wir sind<br />

uns bewusst, dass Funktionalität und Komfort ebenso<br />

wichtig sind wie Stil und Ästhetik. Aus diesem Grund legen<br />

wir bei der Gestaltung unserer Schuhe nicht nur Wert auf<br />

modische Aspekte, sondern auch auf die Bedürfnisse und<br />

Gesundheit der Füße unserer Kunden.<br />

Unser Ziel ist es, innovative Produkte und Lösungen anzubieten,<br />

die nicht nur ästhetisch ansprechend sind, sondern<br />

auch einen spürbaren Mehrwert für unsere Kunden<br />

bieten. Wir setzen dabei auf eine Kombination aus Tradition<br />

und Innovation, um hochwertige Produkte zu entwickeln,<br />

die den Anforderungen des modernen Marktes<br />

gerecht werden. Wir freuen uns darauf, auf der OTWorld-<br />

Messe unsere neuen Produkte und Lösungen zu präsentieren<br />

und mit unseren Kunden und Partnern in einen konstruktiven<br />

Austausch zu treten. Wir sind überzeugt davon,<br />

dass die OTWorld-Messe auch in Zukunft eine bedeutende<br />

Rolle für die Branche spielen wird, und freuen uns darauf,<br />

Teil dieses spannenden Events zu sein.<br />

Die OTWorld ist für uns nach wie vor die Leitmesse<br />

schlechthin in der Orthopädie-Technik – und eine exzellente<br />

Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen und alte wieder<br />

aufzufrischen. Gerade in der heutigen von Krisen und<br />

Konflikten gekennzeichneten Zeit ist es umso wichtiger,<br />

miteinander in Verbindung zu bleiben. Auch wenn es an<br />

der Globalisierung sicherlich genug zu kritisieren gibt, so<br />

ist und bleibt internationaler Austausch auf medizinischer,<br />

wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene essenziell.<br />

Nichtsdestoweniger leben wir in einer Zeit des Wandels –<br />

alte Gewissheiten zerfallen, Selbstverständlichkeiten sind<br />

es plötzlich nicht mehr, aber auch neue Wege tun sich auf.<br />

Doch all das ist nicht neu – und sicherlich keine „Zeitenwende“,<br />

dieses Wort zeugt lediglich von Hybris. Unruhige<br />

Zeiten sind dabei nicht zwangsläufig nur negativ, sie bieten<br />

vielmehr oft genug vorher ungeahnte Möglichkeiten.<br />

Vielleicht kann auch unsere Branche hier Impulse generieren<br />

und neue Wege gehen – scheinbar Altbewährtes infrage<br />

stellen, nur das Gute behalten und Denkverbote aufbrechen.<br />

Gerade der Gesundheitssektor steht vor massiven<br />

Umbrüchen, wenn er sich nicht schon mittendrin befin-<br />

Dr. Rainer M. Buchholz,<br />

Geschäftsführer Renia<br />

det: neue Technologien als Chancen und Risiken, aber vor<br />

allem der demografische Wandel mit den damit einhergehenden<br />

Problemfeldern wie Fachkräftemangel und der<br />

Schwierigkeit einer dauerhaft stabilen Finanzierung des<br />

Gesundheitswesens. Was kann der Einzelne tun, um diese<br />

positiv mitzugestalten? Wenig. Was können viele zusammen<br />

bewegen? Eine ganze Menge! Auch das spricht für die<br />

Vernetzung und mithin für die OTWorld. Immer noch gilt:<br />

Jeder Krieg und jede Krise enden irgendwann, und es gibt<br />

immer ein „danach“. Kontaktabbrüche und Brandmauern<br />

zahlen sich dann selten aus, ganz im Gegenteil: Nur gemeinsam<br />

lässt sich danach etwas Neues schaffen. In diesem<br />

Sinne freuen wir uns auf eine erfolgreiche OTWorld<br />

mit vielen guten Gesprächen.<br />

Foto: Rainer M. Buchholz<br />

50<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Das Dreve-Vertriebsteam freut sich sehr auf die bevorstehende<br />

OTWorld in Leipzig. In unserer heutigen Zeit werden<br />

persönliche Begegnungen und direkter Austausch oft<br />

vernachlässigt. Die OTWorld mit Fachmesse und Weltkongress<br />

ist daher eine besonders wertvolle Gelegenheit, um<br />

persönliche Kontakte zu knüpfen und Beziehungen zu<br />

pflegen.<br />

Die OTWorld bietet uns als Newcomer in der Branche<br />

die Chance, unsere innovativen Produkte und Dienstleistungen<br />

einem breiten Fachpublikum zu präsentieren und<br />

potenzielle Kunden direkt anzusprechen. Der persönliche<br />

Kontakt auf der Messe hilft uns, die Bedürfnisse unserer<br />

Kunden besser zu verstehen, auch in Zukunft individuelle<br />

Lösungen anzubieten und damit die Partnerschaft weiter<br />

zu stärken.<br />

Messen sind für uns die ideale Plattform, um sich über<br />

die neuesten Branchentrends und Innovationen auf dem<br />

Laufenden zu halten. Durch unsere Workshop-Teilnahme<br />

im Bereich 3D-Druck werden wir wertvolle Einblicke gewinnen,<br />

unser Know-how erweitern und neue Strategien<br />

David Bockhorn,<br />

Vertriebsleiter Dreve<br />

Firmengruppe<br />

Wir bei L&R freuen uns sehr auf die OTWorld <strong>2024</strong>! Denn<br />

trotz der allgegenwärtigen Krisen und der mannigfaltigen<br />

Herausforderungen, mit denen wir alle konfrontiert<br />

sind, bleibt eines gleich: unser Auftrag – die Versorgung<br />

der Menschen. Egal ob Leistungserbringer, Ärzt:innen,<br />

Therapeut:innen oder wir als Industrie: Wir alle möchten<br />

diesen Auftrag erfüllen. Nur durch unsere enge Zusammenarbeit<br />

gelingt es, die bestmöglichen Lösungen für<br />

Patient:innen zu finden und anbieten zu können.<br />

Die OTWorld bietet immer<br />

eine ideale Plattform für<br />

den dafür so wichtigen<br />

Austausch zu zielführenden,<br />

partnerschaftlichen<br />

und gewinnentwickeln,<br />

um auch für künftige Herausforderungen<br />

gerüstet zu sein.<br />

Fachmessen wie die OTWorld<br />

bieten uns die Möglichkeit<br />

zum Networking und die Gelegenheit,<br />

neue Geschäftspartnerinnen<br />

und -partner<br />

zu finden. Durch Gespräche<br />

auf unserem Messestand<br />

entstehen langfristige Beziehungen<br />

und neue Geschäftschancen,<br />

die weit über den eigentlichen<br />

Messezeitraum hinausweisen.<br />

Insgesamt sehen wir die OTWorld<br />

also als eine lohnende Investition für<br />

unsere Firma an. Sie bietet uns den idealen<br />

Raum, uns zu präsentieren, Kontakte zu knüpfen und<br />

Branchentrends zu verfolgen. Dies alles ist unter anderem die<br />

Basis, auf der wir letztlich unser Business fortentwickeln.<br />

Foto: Dreve Firmengruppe<br />

Der offizielle, tägliche Newsletter<br />

des Verlags Orthopädie-Technik<br />

zur OTWorld<br />

Jetzt<br />

kostenlos<br />

anmelden<br />

Foto: Lohmann und Rauscher GmbH<br />

Anja Wichmann, L&R<br />

Key Account Management<br />

für den Sanitätsfachhandel<br />

bringenden Konzepten der Zusammenarbeit. Für L&R ist<br />

der kunden- und bedürfnisorientierte Lösungsanbieter-<br />

Gedanke dabei eines der wichtigsten Prinzipien und prägt<br />

unsere Angebote für den Sanitätsfachhandel.<br />

Egal, ob es um Produktlösungen wie die „Cellacare“-<br />

Bandagen und -Orthesen, das Medizinische Adaptive<br />

Kompressionssystem „Readywrap“ oder die Medizinischen<br />

Kompressionsstrümpfe „Venosan“, unser umfangreiches<br />

Service-Angebot oder um unser wertvolles Netzwerk<br />

an Verordnern, Empfehlern und Anwendern geht – in<br />

L&R finden Sie immer den richtigen Partner. Besprechen<br />

Sie gerne Ihr Anliegen direkt mit meinen Kolleg:innen und<br />

mir am L&R-Stand. Und profitieren Sie von unseren zwei<br />

Workshops zum Thema der erfolgreichen Erschließung<br />

neuer Marktpotenziale.<br />

Im ersten Workshop zeigen wir mit dem Produkt „Readywrap“<br />

neue Optionen zur Versorgung und Kundenbindung<br />

für den Sanitätsfachhandel auf. Im zweiten Workshop<br />

thematisieren wir die Versorgung von Schwangeren<br />

und bieten praxisnahe Tipps zur Gewinnung und Bindung<br />

neuer Kund:innen.<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

51


Foto: Beil<br />

Tom Mewes,<br />

Geschäftsführer von Beil<br />

Als Geschäftsführer<br />

von Beil in Peine<br />

freue ich mich, auch<br />

in diesem Jahr Teil<br />

der OTWorld <strong>2024</strong> in<br />

Leipzig sein zu können.<br />

Die OTWorld ist<br />

der führende Weltkongress<br />

für zeitgemäße Versorgungen<br />

mit innovativen und<br />

zukunftsträchtigen Hilfsmitteln und als Weltleitmesse ist<br />

sie meiner Meinung nach unabdingbar für den brancheninternen<br />

Austausch. Ich schätze die OTWorld als internationale<br />

Plattform, die es Ausstellern und Besucher:innen<br />

ermöglicht, sich über neueste Entwicklungen in der Technologie<br />

und der Materialienbeschaffung sowie über Trends<br />

und Erkenntnisse auszutauschen. Der Fortschritt bei technischen<br />

Hilfsmitteln sowie bei traditionellen Versorgungsmethoden<br />

wird hier nicht nur sichtbar, sondern kann direkt<br />

geteilt und besprochen werden.<br />

Besonders in Zeiten, in denen die Suche nach alternativen<br />

Materialien und umweltfreundlichen Lösungen dringlicher<br />

denn je ist, spielt der Dialog auf Branchenmessen<br />

eine entscheidende Rolle. Sowohl bei technischen Hilfsmitteln<br />

als auch bei Produkten für traditionelle Versorgungsmethoden<br />

gibt es kontinuierliche Innovationen und<br />

Verbesserungen. Und gerade in Kriegs- und Katastrophengebieten<br />

ist die Herstellung von wirtschaftlich interessanten<br />

Hilfsmitteln mit einfachen und bewährten Methoden<br />

besonders wichtig. Ein intelligenter Wissensaustausch und<br />

das Teilen von Informationen sind unerlässlich, um diese<br />

Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen und innovative<br />

Lösungen zu entwickeln.<br />

Als Geschäftsführer von Beil habe ich die Möglichkeit,<br />

einen gemeinnützigen Beitrag zu leisten. Unsere Produkte<br />

bilden die Grundlage für die Orthopädie- und Schuhtechnik<br />

und ermöglichen es Werkstätten und Rehabilitationszentren,<br />

Menschen mit lebensverändernden Hilfsmitteln<br />

zu versorgen. Wir sind stolz darauf, Teil der OTWorld zu<br />

sein und freuen uns darauf, unsere Produkte vorzustellen.<br />

Gerade in Zeiten globaler Herausforderungen ist der konstruktive<br />

Austausch zwischen Produzenten, Ärzten und<br />

Versorgern wichtiger denn je.<br />

In einer Welt, in der Herausforderungen, Probleme und<br />

Kriege zur alltäglichen Realität geworden sind, setzt sich<br />

Alps dafür ein, durch Innovationen in der Prothetik das<br />

Leben von Menschen zu verbessern. Die OTWorld <strong>2024</strong> in<br />

Leipzig ist zweifellos eine wichtige Veranstaltung, die man<br />

nicht verpassen sollte. Die Teilnahme an dieser Veranstaltung<br />

hat viele Vorteile für Alps und die gesamte globale<br />

Prothesengemeinschaft: Wir sind stolz auf unsere neuesten<br />

Erfolge in der Entwicklung von Linern, Kniegelenken,<br />

Füßen, Kniemechanismen und anderen Komponenten.<br />

Die Messe gibt uns die Möglichkeit, unsere neuen Entwicklungen<br />

vorzustellen und Feedback von Experten und Kunden<br />

zu erhalten. Wir glauben an die Kraft der Zusammenarbeit<br />

und des Wissensaustausches, und diese Messe bietet<br />

uns eine ausgezeichnete Gelegenheit, uns mit den weltweit<br />

führenden Unternehmen auf diesem Gebiet zu treffen und<br />

Möglichkeiten der Kooperation auszuloten. Alps ist stets<br />

bestrebt, das Leben von Menschen, die auf Prothesen angewiesen<br />

sind, zu verbessern. Die Teilnahme an der OTWorld<br />

<strong>2024</strong> unterstreicht unser Engagement für diese Mission.<br />

Unser Ziel ist es, uns mit anderen Akteuren der Branche zu<br />

vernetzen, um neue innovative Lösungen zu erforschen<br />

und unseren Kunden einen besseren Zugang zu diesen Lösungen<br />

zu ermöglichen. Alps fühlt sich der weltweiten Prothesengemeinschaft<br />

gegenüber verantwortlich. Die Teilnahme<br />

an der OTWorld <strong>2024</strong> wird uns helfen, uns aktiv<br />

in diese Gemeinschaft einzubringen und mit anderen Teil-<br />

Yevheniia Skorokhod, General<br />

Manager Alps South Europe<br />

nehmern zusammenzuarbeiten,<br />

um Herausforderungen<br />

zu meistern und<br />

Innovationen voranzutreiben.<br />

Die OTWorld <strong>2024</strong> in Leipzig<br />

ist ein Leuchtturm der Hoffnung<br />

und des Fortschritts in der Prothetik. Für Alps ist dies nicht<br />

nur eine Veranstaltung, sondern eine entscheidende Basis,<br />

um unser Engagement für die Verbesserung des Lebens von<br />

Menschen, die eine prothetische Versorgung benötigen, zu<br />

bekräftigen. Wir freuen uns auf die Teilnahme an dieser<br />

Messe und sind voller Optimismus und Entschlossenheit,<br />

mit anderen Branchenführern zusammenzukommen, unsere<br />

Innovationen zu präsentieren und neue Partnerschaften<br />

zu schmieden, die letztlich zu einer besseren und inklusiveren<br />

Zukunft für alle beitragen werden. Lassen Sie<br />

uns gemeinsam diese Gelegenheit nutzen, um einen nachhaltigen<br />

Einfluss auszuüben und die Grenzen der Prothesentechnologie<br />

und Rehabilitation zu erweitern.<br />

Foto: Alps<br />

52<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Für meine Kolleg:innen und mich ist die OTWorld eines<br />

der diesjährigen Messehighlights. Auf kaum einem Event<br />

gibt es die Möglichkeit, in so kurzer Zeit derart viele interessante<br />

Menschen aus der Hilfsmittelbranche zu treffen,<br />

mit ganz unterschiedlichen persönlichen und beruflichen<br />

Hintergründen. Deshalb wird Optica mit einem großen<br />

Stand vertreten sein, um das breite Spektrum unserer Services<br />

und Produkte für Hilfsmittelerbringer:innen zu präsentieren.<br />

<strong>2024</strong> steht ganz im Zeichen der Digitalisierung, denn<br />

in diesem Jahr startet die Anbindung der Hilfsmittelbranche<br />

an die Telematikinfrastruktur. Wir bei Optica haben<br />

uns zum Ziel gesetzt, die Hilfsmittelerbringer:innen umfassend<br />

auf ihrem Weg in die TI zu begleiten. Denn der Erfolg<br />

eines Betriebs wird maßgeblich davon abhängen, ob er<br />

gut für die digitale Zukunft aufgestellt ist. Voraussetzung<br />

für die Nutzung der TI ist eine zukunftsfähige Software –<br />

wie „Optica Omnia“: Unsere Branchensoftware mit vielen<br />

neuen Features, etwa für die Dauerversorgung, werden wir<br />

auf der OTWorld ausführlich vorstellen. Wir unterstützen<br />

Leistungserbringer:innen nicht nur ganz konkret bei der<br />

TI-Anbindung, sondern sind auch gefragter Experte und<br />

Partner, etwa beim Pilotprojekt zur E-Verordnung, das der<br />

BIV-OT kürzlich gestartet hat. Auch unsere zwei Workshops,<br />

die wir in Leipzig veranstalten, nehmen das Thema<br />

Digitalisierung in den Fokus.<br />

Die OTWorld wird wieder viele inspirierende Begegnungen<br />

und spannende Gespräche bereithalten – wir freuen<br />

uns darauf!<br />

Astrid Biedermann,<br />

Teamleiterin Vertrieb Hilfsmittel<br />

bei Optica Abrechnungszentrum<br />

Dr. Güldener<br />

GmbH<br />

Foto: Optica<br />

Werden Sie Abonnent der<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK<br />

13,30 €<br />

pro Monat<br />

PREISVORTEIL<br />

Laufzeit 12 Monate;<br />

danach monatlich kündbar<br />

Inklusive aller Sonderausgaben<br />

Lieferung frei Haus innerhalb<br />

Deutschlands<br />

Monatliche Erscheinungsweise<br />

Weitere Informationen<br />

unter www.360-ot.de<br />

Bestellungen an:<br />

bestellung@biv-ot.org<br />

53


Foto: OTN Implants<br />

Die OTWorld <strong>2024</strong> steht vor der Tür und dieses Jahr ist es<br />

sehr wichtig, diese Messe nicht zu verpassen. Aufgrund<br />

der besonderen Situationen weltweit, mit deren Auswirkungen<br />

Freunde und Geschäftspartner täglich konfrontiert<br />

sind, ist der fachliche und persönliche<br />

Austausch in Leipzig<br />

heute umso wichtiger. Der<br />

Orthopädie-Technik, insbesondere<br />

im Bereich<br />

traumatischer Amputationen,<br />

kommt daher eine<br />

große Bedeutung zu. Auf<br />

der OTWorld <strong>2024</strong> fin­<br />

den alle engagierten Partner und Freunde die Lösungen<br />

bei problematischen und schwierigen Versorgungsituationen<br />

am Ende der Therapiekaskade.<br />

Das Team von OTN Implants zeigt auf der OTWorld<br />

<strong>2024</strong> die neuesten Entwicklungen im Bereich der knochenverankerten<br />

Prothesen für Menschen nach Amputationen<br />

der oberen und unteren Extremitäten. Unsere<br />

Press-Fit-Implantate sorgen bei allen Anwendern<br />

für hohe Zufriedenheit bei den täglichen Aufgaben und<br />

Aktivitäten. OTN Implants freut sich, die gelebten und<br />

erfolgreichen Partnerschaften zu intensivieren, neue<br />

Partner zu gewinnen und den fachlichen Austausch voranzubringen.<br />

Henk van de Meent MD, PhD,<br />

CEO OTN Implants<br />

Alexandra Houiste,<br />

Marketing Activation<br />

and Communication<br />

Manager bei Proteor<br />

Die OTWorld in Leipzig ist auch in diesem Jahr für uns<br />

ein besonders wichtiger internationaler Marktplatz, um<br />

mit unseren Kunden und Entscheidern und auch den Anwendern<br />

unserer Produktlösungen auf Augenhöhe als ein<br />

führendes Unternehmen in den Bereichen Prothetik und<br />

Orthetik persönlich zu kommunizieren. Dieses Jahr ist es<br />

für uns ein besonderer Anlass, als Aussteller vor Ort als<br />

ein französisches Unternehmen präsent zu sein, da die<br />

OTWorld Frankreich als Partnerland begrüßt und auch<br />

die Paralympischen Spiele im Sommer in Paris im Fokus<br />

stehen. Diese sportlichen Aktivitäten unterstützen wir<br />

seit vielen Jahren und würdigen alle Teilnehmer, die so<br />

viel Ehrgeiz, Mut, Leistung und Herzblut an den Tag legen<br />

– wie auch die täglichen Leistungen aller Anwender unserer<br />

Produkte. Wir freuen uns auf viele Besucher bei uns<br />

am Messestand zum inspirierenden Austausch mit unseren<br />

wunderbaren Markenbotschaftern und dem Team<br />

von Proteor.<br />

Interessenten können in die Welt mikroprozessorgesteuerter<br />

Produkte eintauchen. Dazu gehört unser einzigartiges<br />

Synsys-Komplettsystem, das Bewegungsabläufe<br />

ermöglicht, die vorher für Oberschenkelamputierte<br />

nur schwer oder gar nicht möglich waren, und unsere<br />

Produkthighlights Quattro, Kinnex, Kinterra und Rush.<br />

Auch unser Karbonfuß-Portfolio präsentieren wir in Aktion.<br />

Unser Entwicklungsprozess basiert seit über 100<br />

Jahren auf einem kollaborativen Ansatz mit Orthopädietechnikern<br />

und den Menschen, die sie versorgen. Wenn<br />

wir alle zusammenarbeiten, ist es erstaunlich zu sehen,<br />

was Anwender erreichen können. Zudem spielen digitale<br />

Lösungen auch bei uns eine immer größere Rolle, die<br />

seit über 25 Jahren im Angebot sind. Unsere leistungsstarke<br />

CAD/CAM-Lösung Orten wurde dafür entwickelt, um<br />

Arbeitsabläufe zur Erstellung individueller Hilfsmittel zu<br />

optimieren. Wir bieten damit Orthopädietechnikern eine<br />

einfache und effiziente Plattform, um von Anfang an einfach<br />

und unkompliziert digital arbeiten zu können. Wir<br />

freuen uns auf viele Besucher bei uns am Messestand mit<br />

Wohlfühlambiente und vielen Überraschungen für die<br />

tägliche Praxis.<br />

Foto: Proteor<br />

54<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Das „Savoir-vivre“ kommt nach Leipzig<br />

<strong>2024</strong> fungiert Frankreich als offizielles Partnerland der<br />

OTWorld. Mehr als 25 französische Aussteller präsentieren<br />

sich an Einzelständen sowie am französischen Gemeinschaftsstand.<br />

Seit Jahren gehört auch der Verband<br />

„Syndicat National de l’Orthopédie Française“ (SNOF) zu<br />

den Partnern der OTWorld. Im Gespräch mit der OT-Redaktion<br />

blicken Generaldelegierte Nathalie Balducci-Michelin<br />

und Präsident Jacques Fecherolle auf ihren Besuch<br />

im Jahr 2022 zurück und auf die Highlights <strong>2024</strong> voraus.<br />

OT: Der SNOF ist seit Jahren Partner der OTWorld – und<br />

nun offizielles Partnerland. Was bedeutet Ihnen die deutschfranzösische<br />

Freundschaft?<br />

Jacques Fecherolle / Nathalie Balducci-Michelin: Die<br />

deutsch­ französische Freundschaft ist vor allem eine dauerhafte<br />

Verbindung, die für uns durch ein gemeinsames<br />

Thema, die Orthopädie-Technik, geprägt ist. Sie treibt aber<br />

auch den Willen der Branche, Innovationen in Frankreich<br />

und in Deutschland vorzustellen und die Sichtbarkeit auf<br />

beiden Märkten zu erreichen.<br />

OT: 2022 haben Sie die OTWorld in Leipzig besucht.<br />

Was waren Ihre Highlights?<br />

Fecherolle/Balducci-Michelin: Wir waren begeistert von der<br />

Qualität der Organisation der Veranstaltung und sehr erfreut<br />

über den Empfang unserer Delegation. Besonders beeindruckt<br />

hat uns das Entdecken von Neuheiten, wie zum<br />

Beispiel die technologische Verbesserung einiger Hilfsmittel.<br />

OT: Was können die Besucher:innen in diesem Jahr von den<br />

französischen Ausstellern erwarten?<br />

Fecherolle/Balducci-Michelin: Auf der OTWorld erwartet<br />

die Besucher eine Fülle an Produkten der französischen<br />

Aussteller. Eine besondere Gelegenheit bietet sich für zweisprachige<br />

Besucher außerdem durch die Teilnahme an den<br />

hochwertigen Kongressbeiträgen, die besonders auch von<br />

französischen Besuchern sehr geschätzt werden.<br />

OT: Wie viel Frankreich wird auf der<br />

OTWorld spürbar sein? Reist das<br />

„Savoir-vivre“ mit nach Leipzig?<br />

Fecherolle/Balducci-Michelin:<br />

Wir sind sicher, dass die anwesenden<br />

Aussteller und Kongressteilnehmer<br />

die für Frankreich typische<br />

Geselligkeit mitbringen und<br />

den Austausch nutzen werden.<br />

OT: Die Welt der Orthopädie-<br />

Technik ist in Leipzig zu Gast.<br />

Welche Erkenntnisse erhoffen sich<br />

die französischen Besucher:innen<br />

vom Austausch mit den internationalen Kolleg:innen,<br />

um ihre Arbeit in Frankreich zu bereichern?<br />

Fecherolle/Balducci-Michelin: Orthopädietechniker werden<br />

unter anderem daran interessiert sein zu verstehen,<br />

wie sich Materialien oder neue Technologien einsetzen lassen.<br />

Insbesondere erhoffen sie sich sicherlich Erkenntnisse,<br />

wie sie diese ideal für ihre Patienten anpassen können.<br />

Ziel ist es, sich zu informieren, Neuigkeiten direkt vor Ort<br />

zu erleben und sich durch den angebotenen Kongress weiterzubilden.<br />

OT: Was sind aktuell die größten Herausforderungen im<br />

französischen Gesundheitssystem und in der Hilfsmittelversorgung<br />

in Frankreich?<br />

Fecherolle/Balducci-Michelin: Der Zugang zu medizinischer<br />

Versorgung für alle und die gute Versorgung der Patienten<br />

bleibt unserer Meinung nach die größte Herausforderung<br />

für das französische Gesundheitssystem. Dass dem<br />

Patienten geeignete Hilfsmittel für seine Therapie zur Verfügung<br />

stehen, bleibt wiederum ein Anliegen des Pflegepersonals<br />

und der Gesundheitsfachkräfte.<br />

Foto: SNOF<br />

Generaldelegierte<br />

Nathalie Balducci-<br />

Michelin und Präsident<br />

Jacques Fecherolle.<br />

Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.<br />

neue Kollektion<br />

ORTHESEN<br />

STABIL<br />

ANTIVARUS<br />

by<br />

www.mygeneration-schein.de<br />

14.-17. Mai <strong>2024</strong> Leipziger Messe<br />

Halle 1 | Stand E26/F25


Starpower für die OTWorld<br />

Es gibt weltweit viele Millionen Menschen, die ein Hilfsmittel<br />

benötigen, damit beispielsweise Inklusion gelingt<br />

oder Sport getrieben werden kann. Bei einigen Menschen<br />

wird jedoch ein bisschen genauer hingeschaut: Prominente<br />

stehen aufgrund außergewöhnlicher Leistungen und besonderem<br />

Interesse an ihrer Person verstärkt im Fokus der<br />

Öffentlichkeit. Unter ihnen sind natürlich auch Menschen<br />

mit Bedarf an Hilfsmitteln – und einige davon werden auf<br />

der OTWorld <strong>2024</strong> in Leipzig zu Gast sein.<br />

Dazu gehört u. a. Handball-Weltmeister Dominik Klein.<br />

Der ehemalige Handball-Profi, der während seiner aktiven<br />

Karriere viele Jahre für Deutschlands Top-Verein THW<br />

Kiel und die deutsche Nationalmannschaft auf der Platte<br />

stand, wird erzählen, wie Hilfsmittelversorgung ihm half,<br />

nach einer Verletzung wieder in den Profisport zurückzukehren.<br />

2015 hatte sich der Außenspieler quasi auf dem Höhepunkt<br />

seiner Karriere eine Kreuzbandruptur zugezogen<br />

und fiel damit monatelang aus. Klein kämpfte sich zurück<br />

in das Kieler Team des jetzigen Nationaltrainers Alfred Gislason<br />

und wagte kurz darauf sogar noch einmal den Schritt<br />

zu einem neuen sportlichen Abenteuer und heuerte beim<br />

französischen Erstligisten HBC Nantes an. Insgesamt gewann<br />

Klein neben der Weltmeisterschaft 2007 noch drei<br />

Champions-League-Titel, acht Deutsche Meisterschaften<br />

und sechsmal den DHB-Pokal. Auf der OTWorld wird er am<br />

Dienstag, 14. Mai, ab 11 Uhr auf dem Stand von Bauerfeind<br />

in Halle 5 über sein Comeback und die Rolle von Hilfsmitteln<br />

sprechen.<br />

Nach einem Motorradunfall wurde John McFall mit 19<br />

Jahren sein rechtes Bein oberhalb des Knies amputiert. Seitdem<br />

hat der Brite eindrucksvoll gezeigt, was mit moderner<br />

Hilfsmittelversorgung alles möglich ist. Er gilt als einer der<br />

schnellsten Männer der Welt über 100 Meter und 200 Meter<br />

in der Klasse der Oberschenkelamputierten. Er ist Facharzt<br />

für Traumatologie und Orthopädie. Und mit seiner Auf-<br />

Foto: Abel Aber<br />

Der Boxsport hat<br />

Abel Aber geholfen,<br />

das Tragen seiner Beinprothese<br />

zu akzeptieren.<br />

Will anderen Betroffenen Mut machen:<br />

Influencerin Caroline Sprott.<br />

nahme als Projekt-Astronaut bei der Europäischen Weltraumorganisation<br />

(European Space Agency – ESA) könnte<br />

er vielleicht der erste Mensch mit einer körperlichen Einschränkung<br />

sein, der in den Weltraum fliegt. John McFall<br />

trägt die neueste Beinprothese von Ottobock, die das Unternehmen<br />

zum Start der OTWorld erstmalig vorstellt.<br />

Frankreich ist nicht nur Partnerland der OTWorld in<br />

diesem Jahr, es ist auch Gastgeber der Olympischen und<br />

Paralympischen Spiele. Mit Sophie Loubet und Abel Aber<br />

werden zwei französische Para-Athlet:innen in Leipzig<br />

zu Gast sein. Ein Osteosarkom hat Sophie Loubets Leben<br />

grundlegend verändert: Aufgrund des bösartigen Knochentumors<br />

wurde der französischen Sportlerin 2019 das<br />

rechte Bein amputiert. Dass sie heute auf fast jedem Bild<br />

ihrer Social-Media-Kanäle neue sportliche Herausforderungen<br />

meistert und lächelnd ihre Prothese von Proteor in<br />

Szene setzt, konnte sie sich damals nicht vorstellen. Moderne<br />

Hilfsmittel haben für sie alles verändert und begleiten<br />

die erfolgreiche Para-Sportlerin auf dem erhofften Weg zu<br />

den Paralympics.<br />

Über das Boxtraining lernte Abel Aber seine Prothese<br />

nach einen Motorroller-Unfall 2003 zu akzeptieren. Doch<br />

beim Boxen blieb es nicht. Ausgerüstet mit einer Oberschenkelprothese<br />

von Proteor gehört der 38-Jährige zu den<br />

erfolgreichsten Para-Sportlern Frankreichs in der Kanu-<br />

Disziplin. Sein großes Ziel: die Goldmedaille bei den Paralympics<br />

zu gewinnen.<br />

Nach einem schweren Verkehrsunfall im Jahr 2004<br />

hat sich Sebastian Dietz ins Leben zurückgekämpft. Der<br />

damals 19-Jährige wollte nicht akzeptieren, aufgrund<br />

der schweren Verletzungen entlang der Wirbelsäule nie<br />

wieder laufen zu können. Dank engagierter Ärzt:innen,<br />

Physiotherapeut:innen und moderner Hilfsmittelversorgung<br />

mit einer Fußheberorthese von Sporlastic, aber auch<br />

Foto: Medi<br />

56<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


mit unerschütterlichem Ehrgeiz kam er wieder auf die Beine<br />

und fand seinen Weg in den Profisport. Durch die Orthese<br />

kann Dietz im linken Bein mehr Kraft aufbauen, was<br />

es ihm ermöglicht, seinen Fokus voll und ganz auf das Kugelstoßen<br />

zu legen. Zu den größten Erfolgen des 39-Jährigen<br />

gehören Paralympics-Gold im Diskus und im Kugelstoßen<br />

sowie Europa- und Weltmeister-Titel in beiden Disziplinen.<br />

Sebastian Dietz gehört zum Paralympicskader des<br />

Teams Deutschland Paralympics.<br />

Der paralympische Leichtathletik-Goldmedaillengewinner<br />

Heinrich Popow war als Ottobock-Markenbotschafter<br />

schon viele Male auf der OTWorld. In diesem Jahr<br />

moderiert er das Netzwerktreffen „Startschuss für Paralympics-Sportler<br />

und -Techniker auf dem Weg nach Paris“ sowie<br />

den Workshop „Paralympics – unsere Erfahrungen und<br />

ein Gewinn für Versorgungen im Alltag“. Als ehemaliger<br />

Para-Leichtathlet und gelernter Orthopädietechniker gibt<br />

Popow seine Erfahrungen weiter: Er motiviert Kinder und<br />

Erwachsene mit Amputationen, wieder Sport zu treiben, er<br />

unterstützt Para-Sprinter:innen und Weitspringer:innen<br />

als Mentor und arbeitet als Sportmoderator im TV.<br />

„Ich lasse mich nicht behindern!“ – So lautet das Lebensmotto<br />

von Paralympics-Sportler und Orthopädietechnik-<br />

Meister Markus Rehm. Im Jahr 2003 musste ihm nach einem<br />

Unfall beim Wakeboarden das rechte Bein unterhalb<br />

des Knies amputiert werden. Seit Jahren zählt der Weitspringer<br />

zu den erfolgreichsten Sportler:innen Deutschlands.<br />

Bei den Paralympischen Spielen in Rio de Janeiro<br />

(Brasilien) holte er gleich zwei Goldmedaillen im Weitsprung<br />

und mit der deutschen 4x100-Meter Staffel, mit<br />

8,72 Meter ist er zudem der aktuelle Weltrekordhalter im<br />

Weitsprung. Markus Rehm gehört zum Paralympicskader<br />

des Teams Deutschland Paralympics. Er ist am Dienstag<br />

und Mittwoch (14./15. Mai) am Stand von Össur zu erleben.<br />

Für Arne Uplegger, Abwehrspieler der Dresdner Eislöwen,<br />

begann das Jahr <strong>2024</strong> turbulent: Beim Auswärtsspiel<br />

erlitt der 26-Jährige einen Kreuzbandriss. Oberstes<br />

Ziel des dienstältesten Eishockeyspielers im Dresdner<br />

Team: Er will zurück in seinen Sport. Wie ihn auf diesem<br />

Weg eine teilflexible Hartrahmenorthese von Bauerfeind<br />

zur Stabilisierung seines Kniegelenks unterstützt, erzählt<br />

er zur OTWorld.<br />

Die Influencerinnen und Testimonials Jana Crämer und<br />

Caroline Sprott berichten offen über ihre Krankheitsgeschichte<br />

und ihr Leben mit medizinischer Kompression.<br />

Ihr Ziel ist es, anderen Betroffenen Mut zu machen und zu<br />

inspirieren, zu sich selbst zu stehen – aber auch die Öffentlichkeit<br />

zu sensibilisieren und zur Erkrankung Lip- und<br />

Lymphödem aufzuklären. Bei Jana Crämer wurde ein kombiniertes<br />

Lip- und Lymphödem diagnostiziert, bei Caroline<br />

Sprott ein Lipödem an beiden Armen und Beinen.<br />

Im Alter von neun Jahren entdeckte Simon Liedtke seine<br />

Liebe zum Baseball, mittlerweile ist er als Infielder und<br />

Pitcher bei den Heidenheim Heideköpfen in der 1. Bundesliga<br />

aktiv. Im Sommer 2023 erlitt der Stuttgarter seine<br />

erste schwere Verletzung: In einem Spiel überstreckte er<br />

das Bein und riss sich dabei das hintere Kreuzband im<br />

linken Kniegelenk. Die Ärzt:innen sagten ihm zunächst<br />

das Saisonaus voraus, doch dann sollte alles anders kommen.<br />

Wie Simon Liedtke – dank einer Orthese von Bauerfeind<br />

– in kürzester Zeit zurück ins Spiel fand, erzählt er<br />

auf der OTWorld.<br />

BOTA ist ein in Europa aktives Familienunternehmen.<br />

Seit über 80 Jahren befinden sich die Entwicklung,<br />

die Produktion und der Vertrieb in Belgien.<br />

Bota ist ISO 13485 und OEKO-TEX ® 100 Standard zertifiziert.<br />

Meterware<br />

• Massgefertigt 3D-Flachstricken<br />

• Breite von 90 bis 180 cm<br />

• Verschiedene Farben und Strukturen<br />

Orthopädie<br />

• Bota Bandagen 3D-Qualität<br />

• Reise-, Stütz- und Kompressionsstrümpfe<br />

• Podologie<br />

OT-WORLD, LEIPZIG<br />

14. – 17. Mai <strong>2024</strong><br />

Halle 5. Stand B 60<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

Mehr Info: Tel. +32 9 386 11 78 • info@bota.be • www.bota.be<br />

57<br />

Since 1940<br />

AD 2022/04 D


Orthopädietechnik-<br />

Meister Stephan Klör<br />

misst den Beinumfang<br />

für die fachgerechte<br />

Versorgung von<br />

Kathrin Rammin<br />

mit Kompressionsstrümpfen.<br />

Foto: Schritt für Schritt/Barwich-Foto-Film<br />

´<br />

Unikate für gesunden Druck<br />

Nachdem Kathrin Rammin im Jahr 20<strong>05</strong> die Diagnose<br />

Gebärmutterhalskrebs erhalten hatte, wurde sie innerhalb<br />

kurzer Zeit operiert, durchlief Chemotherapie und<br />

Bestrahlung. Bei dem Eingriff im Unterbauch wurden mit<br />

Gebärmutter und Gebärmutterhals auch Lymphknoten<br />

entfernt. Nach Abschluss der Behandlungen bemerkte die<br />

damals 34-Jährige eine zunehmende Schwellung im rechten<br />

Bein, von der Leiste bis in die Zehen, und schnell wurde<br />

klar: Infolge der Operation entwickelte sich ein Lymphödem.<br />

Bereits seit 2006 geht Rammin regelmäßig zur Lymphtherapie<br />

und trägt konsequent jeden Tag Kompressionsstrümpfe.<br />

Einzige Ausnahme: Wenn das Bein für eine Behandlung<br />

nackt sein muss. Ansonsten gehört die Routine<br />

dazu „wie das Zähneputzen. Auch wenn es anstrengend<br />

ist, da morgens reinzukommen. Ich schaffe das mittlerweile<br />

in etwa zwei Minuten“, erklärt Kathrin Rammin.<br />

Was sie schätzt: Das Gefühl von Sicherheit und die positiven<br />

Auswirkungen des Kompressionsstrumpfs, der Druck<br />

auf das Gewebe ausübt, den Lymphabfluss fördert und die<br />

Schwellung reduziert. Sie weiß allerdings auch, wie es ist,<br />

wenn der Kompressionsstrumpf nicht richtig sitzt: „Dann<br />

rutscht der genauso wie eine schlechtsitzende Strumpfhose,<br />

schnürt die Kniekehle ab, liegt beispielsweise zu eng<br />

am Knöchel, wirft Falten, scheuert und führt im schlimmsten<br />

Fall zu offenen Stellen.“ Da bei einem Lymphödem das<br />

lymphatische System gestört ist, sind Verletzungen und<br />

Entzündungen besonders riskant. „Für die optimale Anpassung<br />

braucht es Fachwissen und vor allem die Geduld,<br />

so lange nachzujustieren bis es passt“, sagt sie.<br />

Die für sie optimale Betreuung findet Rammin seit<br />

2015 bei der „Schritt für Schritt“ GmbH und Orthopädietechnik-Meister<br />

Stephan Klör, den sie lachend ihren „Bestrumpfungsmann“<br />

nennt. Klör wird auf der OTWorld<br />

zum Thema Kompression mehrfach referieren und beispielsweise<br />

im Workshop „Wirkungsvolle und qualifizierte<br />

orthopädietechnische Kompressionsversorgung – Beratung<br />

und Behandlungsempfehlung, Ausmessen, Kompressionsdruck<br />

und -materialien, Zusatzprodukte, Tipps und<br />

Tricks“ (Dienstag ab 10:30 Uhr) praxisnah sein Wissen und<br />

seine Erfahrung mit den Teilnehmenden teilen. Zweimal<br />

im Jahr misst er beide Beine von Rammin komplett aus, jeden<br />

Zeh und jede Falte, damit anhand der Daten ein neuer<br />

Kompressionsstrumpf gefertigt werden kann – ein Unikat,<br />

das perfekt zu den individuellen Anforderungen der Patientin<br />

passt. Derzeit trägt sie am rechten Bein einen Leistenstrumpf<br />

mit Zehenkappen und darüber eine komplette<br />

Kompressionsstrumpfhose über beide Beine, sodass das<br />

rechte Bein zwar stärker komprimiert wird, sie im Zusammenspiel<br />

beider Beine aber ein ausgewogenes Gefühl hat.<br />

Die Zehenkappen helfen zudem gegen den Lymphstau in<br />

einzelnen Zehen. Worauf der Orthopädietechnik-Meister<br />

besonderen Wert legt: das Probetragen. „Nach eingehender<br />

Erstberatung, Anamnese und dem Vermessen spielt die<br />

Anprobe eine entscheidende Rolle – erst wenn der Strumpf<br />

unter Spannung auf dem Körper aufliegt und sich allen<br />

Rundungen anpasst, merkt die jeweilige Patientin, ob jeder<br />

Druckverstärker und jede Pelotte an der richtigen Stelle ist,<br />

ob alles sitzt“, erklärt Klör. Entsprechend wichtig ist es ihm,<br />

dass seine Kundin auch jeden neuen Kompressionsstrumpf<br />

intensiv probeträgt und mehrmals wäscht. Sollte etwas<br />

nicht passen, wird beim Hersteller neu gestrickt – immerhin<br />

begleitet die Maßanfertigung sie durch ihren gesamten<br />

Alltag, zur Arbeit genauso wie zum Fahrradfahren, zu den<br />

Hunderunden oder langen Spaziergängen, zum Skifahren,<br />

Schwimmen und seit Kurzem auch zum Yoga.<br />

Kathrin Rammin sieht sich noch lange nicht am Ende<br />

ihrer Reise und war dieses Jahr bereits zur Voruntersuchung<br />

für einen weiteren Eingriff, der die Gesundheit ihres Beines<br />

weiter verbessern soll. Darüber hinaus will sie ihre Erfahrungen<br />

teilen, mit ihrem angeeigneten Wissen aufklären.<br />

Dafür ist sie zusammen mit Stephan Klör regelmäßig bei<br />

Kongressen unterwegs. Ihr gemeinsames Ziel: Sie wollen<br />

dem Thema Gehör verschaffen, langfristig Verbesserungen<br />

in der Behandlung der Erkrankung anstoßen und auf<br />

diese Weise möglichst vielen Betroffenen helfen.<br />

58<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Richtungsweisend<br />

Mit digitalen Lösungen<br />

gemeinsam<br />

Perspektiven schaffen<br />

Lösungen wie für uns gemacht!<br />

Wir profitieren mit den Lösungen der opta data von den Stärken einer Gruppe, die uns als Hilfsmittelanbieter<br />

dort unterstützt, wo es wirklich zählt. Mit jahrzehntelanger Erfahrung ebnen die Expert:innen<br />

der opta data uns den Weg für alle Herausforderungen und sind an unserer Seite bei der Digitalisierung<br />

von Prozessen. So bietet uns beispielsweise die digitale Abrechnung mit connect schon heute echte<br />

Mehrwerte.<br />

Als Partner und Vorreiter für die Telematikinfrastruktur ist opta data auch unsere Anlaufstelle für alle<br />

Fragen zu diesem Thema. Hier bekommen wir direkt unseren TI-Anschluss.<br />

Live für Sie vor Ort<br />

OTWorld Leipzig<br />

14. - 17. Mai <strong>2024</strong><br />

Halle 5, Stand E30/G31<br />

go.optadata.de/otworld<strong>2024</strong>


Grill den<br />

Präsidenten<br />

Exklusiv und gratis für alle<br />

Mitglieder der Innungen<br />

Alf Reuter, Präsident des<br />

Bundesinnungsverbandes<br />

für Orthopädie-Technik,<br />

stellt sich den Fragen der<br />

Mitgliedsunternehmen<br />

und geht in die<br />

Diskussion.<br />

Motto: Nicht meckern,<br />

sondern mitgestalten!<br />

Mittwoch<br />

15.<strong>05</strong>.<strong>2024</strong><br />

13:00 - 13:45 Uhr<br />

im BIV Café<br />

Halle 3, Stand<br />

D10/E11<br />

Imbiss<br />

inklusive<br />

Per E-Mail vorab<br />

Fragen einreichen<br />

an: info@biv-ot.org.


Digitalisierung<br />

Sicherheitsrisiko bei Microsoft-Exchange-Server<br />

Im Geschäftsumfeld gehört der Microsoft-Exchange-Server<br />

zu den beliebtesten Anwendungen, da damit die Verwaltung<br />

von E-Mail-Nachrichten, Kalendern, Kontakten und<br />

Aufgaben erledigt wird. Das Bundesamt für Sicherheit in<br />

der Informationstechnik (BSI) hat jetzt mindestens 17.000<br />

Instanzen von Microsoft-Exchange-Servern in Deutschland<br />

identifiziert, die durch eine oder mehrere kritische Schwachstellen<br />

verwundbar sind. Cyberkriminelle sowie Akteure im<br />

Dienst von Nationalstaaten nutzen diese Schwachstellen<br />

bereits aktiv zur Verbreitung von Schadsoftware, zu Cyberspionage<br />

oder für Ransomware-Angriffe aus. Betroffen sind<br />

insbesondere Schulen und Hochschulen, Kliniken, Arztpraxen,<br />

Pflegedienste und andere medizinische Einrichtungen,<br />

Büros von Rechtsanwält:innen und Steuerberater:innen,<br />

Kommunalverwaltungen sowie viele mittelständische Unternehmen.<br />

BSI-Präsidentin Claudia Plattner ruft daher auf,<br />

dass sich Unternehmen ihrer Verantwortung bewusst werden<br />

und entsprechend reagieren: „Dass es in Deutschland<br />

von einer derart relevanten Software zigtausende angreifbare<br />

Installationen gibt, darf nicht passieren. Unternehmen,<br />

Organisationen und Behörden gefährden ohne Not ihre IT-<br />

Systeme und damit ihre Wertschöpfung, ihre Dienstleistungen<br />

oder eigene und fremde Daten, die womöglich hochsensibel<br />

sind. Cybersicherheit muss endlich hoch oben auf die<br />

Agenda. Es besteht dringender Handlungsbedarf!“<br />

Rund 45.000 Microsoft-Exchange-Server in Deutschland<br />

sind derzeit ohne Beschränkungen aus dem Internet<br />

erreichbar. Nach aktuellen Erkenntnissen des BSI sind etwa<br />

zwölf Prozent davon so veraltet, dass für sie keine Sicherheitsupdates<br />

mehr angeboten werden. Rund 25 Prozent aller<br />

Server werden zwar mit aktuellen Versionen Exchange<br />

2016 und 2019 betrieben, verfügen aber über einen veralteten<br />

Patch-Stand. In beiden Fällen sind die Server für mehrere<br />

kritische Schwachstellen anfällig. Damit sind mindestens<br />

37 Prozent aller offen aus dem Internet erreichbaren<br />

Microsoft-Exchange-Server verwundbar.<br />

Bereits 2021 warnte das BSI mehrfach vor der aktiven<br />

Ausnutzung kritischer Schwachstellen in Microsoft Exchange<br />

und rief zeitweise die IT-Bedrohungslage „Rot“<br />

aus. Trotzdem hat sich die Lage seitdem<br />

nicht verbessert, da viele Betreiber von<br />

Exchange-Servern weiterhin sehr nachlässig<br />

handeln und zur Verfügung stehende<br />

Sicherheitsupdates nicht zeitnah einspielen.<br />

Aktuell bewertet das BSI die IT-Bedrohungslage<br />

als geschäftskritisch („Orange“).<br />

Eine massive Beeinträchtigung des Regelbetriebs<br />

ist zu erwarten. Das BSI empfiehlt,<br />

webbasierte Dienste des Exchange-Servers<br />

Foto: BSI<br />

wie Outlook Web Access grundsätzlich nicht offen aus<br />

dem Internet erreichbar zu machen, sondern den Zugriff<br />

auf vertrauenswürdige Quell-IP-Adressen zu beschränken<br />

oder über ein VPN abzusichern.<br />

Cybersicherheit – bin ich gefährdet?<br />

Wie hoch die eigene Bedrohungslage durch Cyberangriffe<br />

ist, können viele kleine und mittelständische Unternehmen<br />

gar nicht einschätzen. Deswegen hat das BSI in Zusammenarbeit<br />

mit dem Bundesverband mittelständische<br />

Wirtschaft (BVMW) ein Konsortium zur Erarbeitung einer<br />

DIN SPEC gegründet. Ergebnis ist die DIN SPEC 27076, die<br />

als Grundlage für den Cyberrisikocheck dient. Beim Cyberrisikocheck<br />

befragt ein IT-Dienstleister ein Unternehmen<br />

in einem ein- bis zweistündigen Interview zur IT-Sicherheit<br />

im Unternehmen. Darin werden 27 Anforderungen<br />

aus sechs Themenbereichen daraufhin überprüft, ob<br />

das Unternehmen sie erfüllt. Für die Antworten werden<br />

nach den Vorgaben der DIN SPEC Punkte vergeben. Als Ergebnis<br />

erhält das Unternehmen einen Bericht, der u. a. die<br />

Punktzahl und für jede nicht erfüllte Anforderung eine<br />

Handlungsempfehlung enthält. Die Empfehlungen sind<br />

nach Dringlichkeit gegliedert. Der Cyberrisikocheck ist allerdings<br />

keine IT-Sicherheitszertifizierung.<br />

Die Kosten entsprechen denen eines Beratertages. Auf<br />

Bundesebene werden der Check und sich daran anschließende<br />

Handlungsempfehlungen bereits jetzt über das<br />

Programm „go-digital“ mit 50 Prozent bezuschusst. Mehrere<br />

Bundesländer haben ebenfalls eine Förderbereitschaft<br />

signalisiert. Plattner erklärt: „Der Cyberrisikocheck<br />

ist ein echtes Win-win-win-Produkt: für die kleinen Unternehmen,<br />

für die IT-Dienstleister und für das BSI. Damit<br />

haben wir den Grundstein für ein KMU-Cybersicherheitslagebild<br />

gelegt, und das ist ein wichtiger Schritt auf<br />

dem Weg zur Cybernation Deutschland. Wir freuen uns,<br />

dass schon jetzt mehr als 120 weitere IT-Dienstleister ihr<br />

Interesse an einer Durchführung des Cyberrisiko checks<br />

bekundet haben.“<br />

Premiere: Mehr als 60 IT-Dienstleister<br />

haben an der Schulung für die Durchführung<br />

des Cyberrisikochecks teilgenommen.<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

61


Digitalisierung<br />

Die DMEA, Europas führender Kongress für digitale Gesundheitslösungen,<br />

fand vom 16. bis 18. April in Berlin<br />

statt. Rund 18.500 Expert:innen und Interessierte aus den<br />

unterschiedlichsten Professionen kamen zusammen, um<br />

die neuesten Entwicklungen in der Digitalisierung des Gesundheitswesens<br />

zu diskutieren und sich bei den rund 800<br />

Ausstellern zu informieren.<br />

Für die Orthopädie-Technik im Speziellen und das<br />

Gesundheitshandwerk im Allgemeinen standen Themen<br />

wie digitale Transformation, E-Rezept und Telematikinfrastruktur<br />

(TI) im Mittelpunkt. Doch es ging um weit mehr<br />

als technische Umsetzungen, es ging um einen Kulturwandel.<br />

Entscheidungsträger sind gefordert, neue Denkweisen<br />

zu fördern und Ressourcen für die Neugestaltung von Prozessen<br />

bereitzustellen.<br />

Können große IT-Unternehmen wie Google oder Amazon<br />

Web Services (AWS) potenzielle Partner für kleinere<br />

Handwerksbetriebe sein? Die Einschätzung von Antonia<br />

Schmidt (AWS) auf der DMEA unterstreicht, dass es an der<br />

Zeit ist, aktiv zu werden und nicht auf weitere gesetzliche<br />

Regelungen zu warten, um den digitalen Raum mitzugestalten.<br />

Der Blick über den Tellerrand der Orthopädie-Technik<br />

zeigte auf der DMEA einmal mehr, dass es längst zahlreiche<br />

Lösungen für eine effektive Kommunikation und<br />

Arbeitsweise zwischen B2C, B2B und auch für Unternehmen<br />

mit einer komplexen Filialstruktur und untereinander<br />

im Unternehmen gibt.<br />

Thomas Süptitz, Leiter des Referats „Cybersicherheit<br />

und Interoperabilität“ im Bundesministerium für Gesundheit,<br />

betonte die Wichtigkeit einheitlicher Sicherheitsstandards,<br />

die sowohl für Krankenhäuser als auch für kleinere<br />

Praxen gelten sollten, um den Schutz von Patienten- und<br />

Gesundheitsdaten zu gewährleisten. Denn hier dürfe es<br />

keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen<br />

geben.<br />

Im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) zeigt sich,<br />

dass der Krankenhaussektor bereits deutlich weiter ist als<br />

das Gesundheitshandwerk. Die Herausforderung besteht<br />

darin, Ideen zu entwickeln und umzusetzen, die den All-<br />

Bundesgesundheitsminister<br />

Prof. Karl<br />

Lauterbach gehört zu<br />

den Stammgästen auf<br />

der DMEA.<br />

Foto: Messe Berlin GmbH<br />

DMEA <strong>2024</strong>: Orthopädie-Technik im „Digi-Tal“?<br />

tag erleichtern, ohne die Arbeitsbelastung unnötig zu erhöhen.<br />

Die Vorstellung, dass neue Technologien nur mehr Arbeit<br />

bedeuten, müsse – so der Tenor vieler Besucher:innen<br />

– überwunden werden. Zukunftsfähige Lösungen zeigen<br />

bereits heute auf, dass digitale Unterschriften und entsprechende<br />

Archivierung zusammen mit einer echten Neugestaltung<br />

der Prozesse zu mehr Effizienz im Unternehmen<br />

und Zeit für die Patient:innen führen.<br />

Die DMEA <strong>2024</strong> hat deutlich gemacht, dass sich die<br />

Orthopädie-Technik noch im „Digi-Tal“ befindet. Die Vorstellung,<br />

Daten lokal sicherer zu speichern, ist eine Illusion.<br />

Sicherheitsstandards im Cloud-Computing mit dem C5-<br />

Zertifikat des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik<br />

(BSI) können nur von entsprechenden Marktteilnehmern<br />

bereitgestellt werden. Eine Überwachung und<br />

Sicherung rund um die Uhr kann von kleineren Betrieben<br />

kaum geleistet werden, was eine ehrliche Auseinandersetzung<br />

mit den Möglichkeiten und Grenzen digitaler Technologien<br />

erfordert.<br />

Die Digitalisierung in der Orthopädie-Technik und im<br />

Gesundheitshandwerk steht an einem Punkt, an dem alte<br />

Prozesse hinterfragt und neue Wege beschritten werden<br />

müssen. Die DMEA hat einmal mehr gezeigt, dass der Weg<br />

der digitalen Transformation nicht nur Herausforderungen,<br />

sondern auch große Chancen für die Branche bereithält.<br />

Terminplanungstools, Korrespondenz mit Mediziner:innen<br />

und Praxen sowie die automatisierte Benachrichtigung<br />

der Patient:innen über den Status ihrer Hilfsmittelversorgung<br />

können bereits heute unabhängig von TI und Co. in<br />

den Unternehmen eingeführt und umgesetzt werden. Die<br />

personellen Ressourcen muss jedes Unternehmen im Rahmen<br />

seiner Verantwortung bereitstellen – und damit sind<br />

explizit keine Orthopädietechniker:innen gemeint, sondern<br />

„Hidden Champions“, die als Chancenagenten im<br />

Unternehmen mit einer digitalen Mission unterwegs sind.<br />

Die nächste DMEA wird Anfang April 2025 wieder in<br />

Berlin stattfinden.<br />

<br />

Daniel Behm<br />

62<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Digitalisierung<br />

KI-generiertes Bild. Tool: DALLE<br />

Cybersicherheit ist eine Pflichtaufgabe<br />

206 Milliarden Euro – so viel kosteten Cyberangriffe die<br />

deutsche Wirtschaft im Jahr 2022 laut Angaben des Digitalverbands<br />

Bitkom. Eine gewaltige Summe, doch finanzieller<br />

Schaden ist nur eine Komponente, wie Cyberkriminelle<br />

Profit aus ihren Angriffen ziehen. Zum Beispiel können die<br />

Kriminellen auch das Netzwerk des Angegriffenen kapern<br />

und für illegale Aktivitäten nutzen – etwa zum Senden von<br />

Phishing-Mails oder zur Verbreitung von Kinderpornografie.<br />

Deshalb ist es so wichtig, dass die Unternehmen, egal<br />

welcher Größe, Wert auf die eigene Cybersicherheit legen.<br />

Dabei muss es nicht immer das teure All-in-Service-Paket<br />

sein, das sich kleinere Unternehmen scheuen zu finanzieren,<br />

sondern es reicht manchmal eine externe Festplatte,<br />

um seine Daten zu sichern.<br />

Wo fängt Cybersicherheit an? Wenn es nach Björn<br />

Schemberger, Abteilungsleiter Detektion und Reaktion der<br />

Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg (CSBW),<br />

geht, dann spätestens bei den Login-Daten für Accounts<br />

im Internet. „Ich gehöre ja zu der Generation, die lange<br />

Zeit ein Passwort – manchmal auch in verschiedenen Variationen<br />

– und oftmals auch einen Bezug zu dem Passwort<br />

hatte. Das ist natürlich ein Relikt der Vergangenheit. Heutzutage<br />

ist es aus meiner Sicht unumgänglich, einen Passwortmanager<br />

einzusetzen.“<br />

Was ist ein Passwortmanager? Wie der Name schon<br />

sagt, ist dies ein digitales Werkzeug, das dazu entwickelt<br />

wurde, Nutzer:innen bei der Verwaltung ihrer Passwörter<br />

zu unterstützen. Dieses Tool speichert und organisiert<br />

Passwörter in einer verschlüsselten Datenbank, die durch<br />

ein Hauptpasswort gesichert ist. Das Hauptpasswort ist<br />

das einzige Passwort, das sich der Anwender merken muss.<br />

Die Kernfunktion eines Passwortmanagers besteht darin,<br />

unterschiedliche, komplexe Passwörter für jede genutzte<br />

Website oder Anwendung zu erstellen und sicher zu speichern.<br />

Zusätzlich bietet ein Passwortmanager oft weitere<br />

Funktionen wie die automatische Eingabe von Passwör-<br />

Mit einem Passwortmanager lassen sich die privaten und<br />

beruflichen Accounts schützen.<br />

Unternehmen jeder<br />

Größe können<br />

Opfer von Cyberangriffen<br />

werden.<br />

Experte Björn<br />

Schemberger rät daher,<br />

Cybersicherheit zur<br />

Chefsache zu machen.<br />

tern in Formularfelder im Internetbrowser sowie die Möglichkeit,<br />

sichere Notizen und andere sensible Informationen<br />

zu speichern. Moderne Passwortmanager sind in der<br />

Regel plattformübergreifend verfügbar, was bedeutet, dass<br />

sie auf verschiedenen Geräten wie Computern, Smartphones<br />

und Tablets genutzt werden können, um einen nahtlosen<br />

Zugriff zu ermöglichen. „Oft nutzen die Leute dienstlich<br />

wie privat die gleichen Kennwörter und das ist natürlich<br />

Gift für die Cybersicherheit“, erklärt Schemberger einen<br />

weiteren Grund, warum Passwortmanager ein absolutes<br />

Muss im betrieblichen Cybersicherheitskonzept sein<br />

müssen. „Ich empfehle einmal auf der Website des Hasso-<br />

Plattner-Instituts zu überprüfen, ob eigene Accounts in der<br />

Vergangenheit geleakt wurden“, rät Schemberger. Bei dem<br />

„HPI Identity Leak Checker“ kann man – als Privatperson<br />

oder auch Unternehmen – den Check einmal am Tag kostenlos<br />

durchführen. Die Ergebnisse – rund 1,5 Millionen<br />

geleakte Accounts täglich – sprechen eine deutliche Sprache,<br />

sodass auch die letzten Zweifler von der Sinnhaftigkeit<br />

einer aktiven Cybersicherheit überzeugt sein sollten.<br />

Cybersicherheit ist Chefsache<br />

Entscheidend ist, dass vor allem die Führungskräfte davon<br />

überzeugt sind, wie wichtig es ist, in die eigene Cybersicherheit<br />

zu investieren. „Cybersicherheit muss ein zentrales<br />

Thema der Leitungsebene sein“, erklärt Schemberger.<br />

Wer selbst nicht glaubt, dass sich der Aufwand lohnt, wird<br />

auch die Belegschaft schwer davon überzeugen können, Sicherheitsmaßnahmen<br />

einzuhalten. „Das Geld, dass ich in<br />

meine digitale Sicherheit stecke, kann ich natürlich nicht<br />

in mein Produkt investieren. Das ist für manche schon eine<br />

Frage von ‚entweder oder‘. Allerdings muss man sich fragen,<br />

wie hoch mein Schaden werden könnte, wenn ich untätig<br />

bleibe“, gibt Schemberger einen Gedankenanstoß. Ob deutsche<br />

Unternehmen sich der Gefahren von Cyberangriffen<br />

bewusst sind, beantwortet der Experte mit einem pauschalen<br />

„Ja.“ Wie informiert die einzelnen Betriebe sind, das<br />

steht auf einem anderen Blatt. „Als Unternehmen ist man<br />

immer limitiert. Die Kernfragen sind also: ‚Wieviel Mittel<br />

habe ich zur Verfügung?‘ und ‚Auf welche Technologien<br />

setze ich?‘. Und das ist bei wahrscheinlich jedem Betrieb<br />

individuell. Nicht nur die Frage, wieviel Geld setze ich an,<br />

das ist grundlegend erforderlich, aber setze ich es auch da<br />

an, wo wirklich der Schuh drückt?“, fragt Schemberger. Als<br />

Beispiel nennt er Betriebe, die viel Geld in Sicherheit investieren,<br />

aber zum Beispiel keine Passwortstrategie haben und<br />

somit an einer vergleichbar einfachen und kostengünstigen<br />

Stelle sparen und ein Einfallstor für Kriminelle öffnen.<br />

Foto: Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg<br />

64<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Digitalisierung<br />

Von Profis beraten lassen<br />

Der Rat des Experten ist daher, sich professionell und regelmäßig<br />

beraten zu lassen. Zum einem, weil Sicherheitsexpert:innen<br />

das Unternehmen analysieren und dann<br />

Empfehlungen aussprechen können, welche Maßnahmen<br />

passend zu den jeweiligen Anforderungen sind, und zum<br />

anderen, weil externe Expert:innen stets aktuelle Bedrohungslagen<br />

im Blick haben. Damit wird gewährleistet, dass<br />

der Schutz an die neusten Bedrohungen aus dem Netz angepasst<br />

wird. Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen,<br />

hat die Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg<br />

ein Prüfdokument für Unternehmen erstellt. Unter dem<br />

Titel „Häufig ausgenutzte konzeptionelle Schwächen bei<br />

IT-Sicherheitsarchitekturen“ wurde zusammengefasst, an<br />

welcher Stelle Unternehmer:innen nachsteuern müssen<br />

bei ihrem eigenen Konzept. „Als Cybersicherheitsagentur<br />

des Landes Baden-Württemberg liegt unser primärer Fokus<br />

auf dem öffentlichen Sektor. Hier beraten wir intensiv und<br />

geben Hilfestellungen. Daraus ergeben sich aber Erkenntnisse,<br />

die auch für Unternehmen interessant sind. Diese<br />

können wir als neutrale Stelle zur Verfügung stellen“, erklärt<br />

Schemberger dazu, warum es sich lohnt, in das Dokument<br />

einmal reinzuschauen, ohne Bedenken zu haben,<br />

dass dort ein Produkt bevorzugt angepriesen wird.<br />

Zudem rät Schemberger, sich zur Krisenvorsorge auch<br />

wirklich an Sicherheitsexpert:innen zu wenden, die Erfahrung<br />

im Bereich Incident Response haben und nicht ausschließlich<br />

an den IT-Dienstleister des Vertrauens. Letztgenannte<br />

haben ihr Know-how und ihre Expertise üblicherweise<br />

im Bereich des IT-Betriebs, oftmals fehlt ausgewiesene<br />

Kompetenz im Bereich IT-Sicherheitsarchitekturen<br />

und es wird zu Standardlösungen gegriffen anstatt<br />

maßgeschneiderte Lösungsarchitekturen zu entwickeln.<br />

Von den krisenerfahrenen Expert:innen können wertvolle<br />

Hinweise kommen, welche zentralen Maßnahmen wie<br />

z. B. Ransomware-resistentes Back-up, zentrales und Ransomware-resistentes<br />

Logging etc. umgesetzt werden sollten,<br />

um im Krisenfall besser aufgestellt zu sein. Ein ge-<br />

meinsamer Workshop kann hier wertvolle Erkenntnisse<br />

schaffen, welche Bausteine in der IT-Sicherheitsarchitektur<br />

noch dringend umgesetzt werden sollten. Dabei muss<br />

Sicherheit nicht teuer sein. „Wenn ich mich beispielsweise<br />

gegen einen Ransomware-Angriff schützen will, dann<br />

reicht mir im besten Fall eine USB-Festplatte zum Wechseln.<br />

Kostenpunkt für diesen Speicher: vielleicht 100 Euro.<br />

Nehmen wir einmal den Friseurbetrieb um die Ecke mit<br />

drei Mitarbeitenden. Wenn die keinen Remotezugang aus<br />

dem Internet brauchen, dann kann man sich die hohen Investitionen<br />

sparen und wirklich sein Back-Up auf einer externen<br />

Festplatte speichern. Schon hat man für wenig Geld<br />

die Daten geschützt und kann im Falle eines Falles direkt<br />

weiterarbeiten“, erklärt Schemberger. Natürlich lässt sich<br />

das nicht pauschalisieren. Je nach Größe und Gewerk sowie<br />

Datenzugang brauchen Unternehmen unterschiedliche<br />

Sicherheitsmaßnahmen. Ein Beispiel ist die Netzwerksegmentierung.<br />

„Ich muss vielleicht nicht meine Daten der<br />

vergangenen zehn Jahre so abspeichern, dass sie vom Internet<br />

aus verfügbar sind“, meint der Experte. Vielmehr lässt<br />

sich durch eine Teilung in aktuelle und archivierte Dateien<br />

mit einer zwischengeschalteten Firewall eine sinnvolle<br />

Trennung zwischen den Informationen erreichen. Denn<br />

so gehen im Falle eines Angriffs nicht sofort alle Dateien<br />

auf einmal verloren. Oder man nimmt das Thema Web site.<br />

„Ich muss nicht zwangsläufig die Website auf meinem eigenen<br />

Server hosten, sondern kann auch einen Webserver<br />

dafür nutzen“, meint Schemberger. Der Vorteil: Wenn die<br />

Website gehackt wird, kann nicht in das System an sich eingedrungen<br />

werden.<br />

Spielt die Größe eine Rolle?<br />

Gerade kleinere Betriebe werden sich fragen, wie attraktiv<br />

sie für Cyberkriminelle sind. Die Antwort des Experten<br />

ist eindeutig: „Die Kriminellen wissen in den meisten Fällen<br />

gar nicht um die Größe des Unternehmens, das sie da<br />

angreifen.“ In erster Linie geht es den Angreifern darum,<br />

Zugang zu einem System zu bekommen. Wenn dieser ge-<br />

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Digitalisierung<br />

Angreifer haben leichtes Spiel<br />

KI-generiertes Bild, Tool: DALLE<br />

Wenn ein Ransomwareangriff erfolgreich war, zählen häufig<br />

Minuten, um den Schaden gering zu halten.<br />

Für Schemberger ist es wichtig zu betonen, dass sich die<br />

Entscheider nicht vor dem Thema Cybersicherheit drücken,<br />

weil das Feld so immens groß ist. Vielmehr solle man<br />

an einem Punkt gezielt starten und sich dann sukzessive<br />

vorarbeiten. Ein erfolgreicher Cyberangriff kann schließlungen<br />

ist, wird dieser Zugang auf dem Schwarzmarkt verkauft.<br />

Dabei gibt es drei große „Geschäftsmodelle“. Das<br />

erste Modell ist die Verschlüsselung der Daten. Dies ist die<br />

Folge eines Ransomwareangriffs. Das betroffene Unternehmen<br />

bekommt erst wieder Zugriff auf seine Daten und<br />

technische Infrastruktur, wenn es eine Geldsumme an<br />

die Kriminellen bezahlt. Der Angriff auf Medi im August<br />

2022 ist vielen aus der Branche noch bestens im Gedächtnis,<br />

legten die Angreifer doch die gesamte Produktion des<br />

Bayreuther Herstellers lahm. Das zweite Modell ist, dass der<br />

Angreifer die vorhandene Infrastruktur für illegale Aktivitäten<br />

nutzt. Das bedeutet, dass die eigenen Rechner beispielsweise<br />

Teil eines Bot-Netzwerks werden. Ein Botnetz,<br />

kurz für „Roboternetzwerk“, ist eine Sammlung von internetverbundenen<br />

Geräten, die ohne das Wissen ihrer Besitzer<br />

mit Malware infiziert und ferngesteuert werden. Diese<br />

Geräte können PCs, Server, mobile Geräte und sogar vernetzte<br />

Haushaltsgeräte umfassen. Cyberkriminelle nutzen<br />

diese Netzwerke oft für verschiedene bösartige Aktivitäten,<br />

darunter das Versenden von Spam-E-Mails, das Durchführen<br />

von DDoS-Attacken (Distributed Denial of Service),<br />

bei denen Websiten durch Überlastung zum Stillstand gebracht<br />

werden, und das Mining von Kryptowährungen.<br />

Das Heimtückische an Botnetzen ist ihre Fähigkeit, sich<br />

unbemerkt auszubreiten. Sie nutzen Sicherheitslücken in<br />

Software und Betriebssystemen, um sich zu vermehren.<br />

Einmal eingerichtet, kann der Betreiber des Botnetzes diese<br />

„Bots“ gleichzeitig nutzen, um automatisierte Aufgaben<br />

über das Internet auszuführen, was die Angriffskraft potenziell<br />

vervielfacht.<br />

Industriespionage ist das dritte Geschäftsmodell der Cyberkriminellen.<br />

Im Gegensatz zu den beiden anderen Modellen<br />

handelt es sich bei dem Auskundschaften von Betriebsgeheimnissen<br />

meistens um einen gezielt gegen ein<br />

Unternehmen oder eine Behörde gerichteten Angriff, um<br />

an bestimmte Informationen zu gelangen.<br />

Deshalb können auch kleine Betriebe durchaus das Ziel<br />

von Cyberangriffen sein – die Wahrscheinlichkeit ist für<br />

den Experten sogar sehr hoch, da sich die Frequenz der Angriffe<br />

ständig erhöht. „Seit fünf Jahren merke ich einen Anstieg.<br />

Hatte man damals hin und wieder einmal eine große<br />

Meldung, dass es einen Hack oder eine Kompromittierung<br />

gab, so sind es heute mehrere Fälle täglich“, erklärt Schemberger.<br />

Die Arbeitsweise der Kriminellen hat sich professionalisiert<br />

und die Methoden haben sich verfeinert. Ein<br />

Beispiel: Wenn ein Softwareanbieter einen Patch zur Verfügung<br />

stellt, um eine Schwachstelle im eigenen Produkt zu<br />

beheben, dann scannen die Kriminellen direkt die Nutzer<br />

dieser Software ab, ob diese den Patch bereits aufgespielt<br />

haben – oder noch nicht. Entwickler und Firmen liefern<br />

den Kriminellen damit eine Steilvorlage für ihr illegales<br />

Treiben, die Angreifer bekommen die Schwachstelle quasi<br />

umsonst geliefert und müssen nur noch die Opfer identifizieren.<br />

In puncto Sicherheitsupdates rät der Experte daher<br />

dringend dazu, tagesaktuell alles auf den neuesten Stand<br />

zu bringen. Gegebenenfalls geht es für Unternehmen um<br />

Minuten, bevor das eigene System beispielsweise vollständig<br />

verschlüsselt wird.<br />

Apropos Verschlüsselung. So digital alle werden wollen,<br />

manchmal muss es analog sein. Björn Schemberger rät<br />

den Unternehmen, sich im Vorfeld darüber Gedanken zu<br />

machen, wie sie im Notfall reagieren wollen und sich diese<br />

Handlungsanweisung auszudrucken. „Ich empfehle, die<br />

Szenarien einmal mit Experten durchzuspielen. Da kann<br />

man die wichtigen Entscheidungen ohne großen Stress<br />

treffen und ist so im Falle eines Falles gerüstet und muss<br />

nicht spontan entscheiden. Unter Umständen kann das<br />

den Fortbestand des Unternehmens sichern.“<br />

Denn trotz eines Angriffs bleibt die Welt ja nicht stehen.<br />

Bestellte Ware wird weiterhin von den Partnern angeliefert,<br />

da müssen die Mitarbeitenden dann mit Bleistift<br />

und Papier ran – eine mühselige Arbeit, die es zu verhindern<br />

gilt. Entscheidend dafür ist auch der Faktor „Mensch“.<br />

Egal, wie gut das Sicherheitsnetz ist, wenn ein Mitarbeitender<br />

eine Phishing-Mail öffnet, dann droht dem gesamten<br />

Unternehmen eine große Gefahr. Damit die Mitarbeitenden<br />

gewarnt sind, wird empfohlen, regelmäßige Schulungen<br />

anzubieten, um auf generelle und aktuelle Bedrohungen<br />

hinzuweisen. Auch hier liegt die Verantwortung in<br />

der Chefetage, die ihren Angestellten vorleben muss, wie<br />

wichtig Cybersicherheit ist. „Außerdem müssen Zuständigkeiten<br />

geklärt werden“, rät Schemberger aufgrund seiner<br />

Erfahrungen. Wenn nicht klar ist, wer welche Aufgabe<br />

in dem System hat, dann kann es im schlimmsten Fall zu<br />

einem erfolgreichen Angriff führen und vermeintliche Sicherheitsmaßnahmen<br />

haben nicht gegriffen, weil die entscheidende<br />

Person vielleicht gar nicht wusste, dass sie zuständig<br />

ist.<br />

Keine Herkulesaufgabe<br />

66<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Digitalisierung<br />

lich die unternehmerische – oder sogar die private – Existenz<br />

gefährden. „Wenn ich ein kleiner Betrieb bin, dann<br />

können mir zwei externe Festplatten, eine rot angemalt,<br />

eine grün angemalt, für wenig Geld meine Existenz sichern.<br />

Die eine Festplatte ist mit dem System verbunden,<br />

die andere liegt daheim und sichert vielleicht dadurch meinen<br />

Kundenstamm“, erklärt Schemberger und hat noch einen<br />

weiteren Rat: „Wenn man solche externen Festplatten<br />

von einem Ort zum anderen bewegt, dann sollte man darauf<br />

achten, dass die Festplatten verschlüsselt sind. Wenn<br />

die Festplatten dann einmal in fremde Hände fallen, können<br />

diese nicht so einfach Zugang zu den Daten haben.“<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Unternehmen<br />

egal welcher Größe wahrscheinlich täglich einer<br />

Vielzahl globaler Angriffe ausgesetzt sind. In die digitale<br />

Sicherheit seines Unternehmens zu investieren, ist daher<br />

keine Option, sondern eine Pflichtaufgabe. Externe<br />

Sicherheitsberater:innen können helfen, den konkreten<br />

Bedarf an Sicherheitsmaßnahmen festzulegen. Bereits mit<br />

einem überschaubaren Budget gibt es Maßnahmen, die essenziell<br />

die eigene Cybersecurity erhöhen können. Und<br />

eine gute Nachricht für Entscheider:innen: Nicht alles<br />

muss auf einen Schlag erledigt werden. Wer sich mit dem<br />

Thema beschäftigt und konsequent damit beginnt, erste,<br />

vielleicht auch kleinere, Maßnahmen umzusetzen, und<br />

das eigene Team auf diesem Weg mitnimmt, der hat schon<br />

den entscheidenden Schritt getan.<br />

grow<br />

Let yourself<br />

Trend Colours <strong>2024</strong> / 25<br />

Lebensfreude in Bewegung<br />

Heiko Cordes<br />

Betriebe in Baden-<br />

Württemberg aufgepasst!<br />

Am 14. Mai <strong>2024</strong> wird Björn Schemberger, Leiter der<br />

Abteilung Detektion und Reaktion bei der Cybersicherheitsagentur<br />

Baden-Württemberg (CSBW), einer<br />

der Vortragenden bei der Veranstaltung „Cybersicherheit<br />

duldet keinen Aufschub – Was bedeutet<br />

NIS 2 für Ihr Unternehmen?“ des Ministeriums<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg<br />

sein. Die Veranstaltung findet digital von<br />

16 bis 18 Uhr statt. Anmeldungen sind unter ssl.<br />

vdivde-it.de/registration/3078 möglich.<br />

Sollten baden-württembergische Unternehmen<br />

von einem Cyberangriff betroffen sein, unterstützt<br />

sie die CSBW bei der ersten Einordnung und hilft<br />

mit zielgruppenspezifischen Anlaufstellen weiter.<br />

Die Cyber- Ersthilfe ist rund um die Uhr telefonisch<br />

unter 0711 / 137 99999 erreichbar, zu den Geschäftszeiten<br />

per E-Mail an cyberersthilfe@cybersicherheit.bwl.de<br />

und über das Meldeformular auf<br />

der Website der CSBW: cybersicherheit-bw.de/meldeformular-cyber-ersthilfe-bw.<br />

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ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

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Digitalisierung<br />

AOK-Krankenkassen unterstützen<br />

Pilotprojekt E-Verordnung<br />

Zum 15. April <strong>2024</strong> haben sich der AOK-Bundesverband<br />

sowie die AOKs Baden-Württemberg, Niedersachsen,<br />

Nordost, NordWest, PLUS für Sachsen und Thüringen sowie<br />

Sachsen-Anhalt dem Pilotprojekt E-Verordnung für<br />

orthopädische Hilfsmittel unter der Leitung des Bundesinnungsverbandes<br />

für Orthopädie-Technik (BIV-OT) angeschlossen.<br />

Gemeinsam mit den anderen Partnern des<br />

Pilotprojektes testen sie ab sofort die elektronische Verordnung<br />

für orthopädische Hilfsmittel – ehemals Muster 16 –<br />

vom Kostenvoranschlag bis zur Abrechnung. Darüber hinaus<br />

arbeiten die AOKs an der Umsetzung mit.<br />

„Wir wollen gemeinsam mit den bisherigen Partnern des<br />

Pilotprojektes den Weg der E-Verordnung für orthopädische<br />

Hilfsmittel gematikkonform und mit Wahlfreiheit für die<br />

Versicherten gestalten und erproben“, erklärt Frank Rudolf,<br />

Hilfsmittel-Experte des AOK-Bundesverbands. „Gemeinsam<br />

können wir die komplexe Digitalisierung der Hilfsmittelverordnung<br />

erfolgreich umsetzen und damit die Versorgung<br />

unserer 27 Millionen Versicherten langfristig sichern.“<br />

Thomas Münch, Vorstandsmitglied des BIV-OT, begrüßt<br />

die AOKs im Pilotprojekt E-Verordnung für orthopädische<br />

Hilfsmittel: „Die Mitarbeit von Kostenträgern, die insgesamt<br />

37 Prozent der gesetzlich Versicherten in Deutschland vertreten,<br />

ist ein wichtiger Schritt für die Prozessoptimierung.<br />

Ziel unseres Projektes war es von Anfang an, den gesamten<br />

Prozess von der elektronischen Verordnung des Arztes, über<br />

den Versicherten und den<br />

Kostenvoranschlag des<br />

Leistungserbringers bis<br />

hin zur Abrechnung mit<br />

dem Kostenträger abzubilden.<br />

Dabei setzen wir auf Thomas Münch, Mitglied des<br />

wettbewerbsneu trale, offene<br />

und etablierte Stan-<br />

dass die AOK-Krankenkassen<br />

BIV-OT-Vorstands, freut sich,<br />

dards und schließen keinen<br />

aus.“ Schon heute unterstützen.<br />

das Pilotprojekt E-Verordnung<br />

setzen die AOKs auf innovative<br />

und digitale Wege. „Gemeinsam werden wir Schnittstellen<br />

definieren, bestehende technische Lösungen fit für<br />

die digitale Welt von morgen machen und damit einen reibungslosen<br />

Übergang von der Papierform zur elektronischen<br />

Verordnung ermöglichen“, so Münch.<br />

Nach dem Willen des Gesetzgebers müssen voraussichtlich<br />

zum 1. Juli 2027 alle Sanitätshäuser, orthopädie(schuh)<br />

technischen Werkstätten, Hörakustiker und Augenoptiker<br />

elektronische Verordnungen von Hilfsmitteln verarbeiten<br />

können, um die 73 Millionen gesetzlich Versicherten weiterhin<br />

zu versorgen.<br />

Daher wurde auf Initiative der Gesundheitshandwerke<br />

unter zentraler Mitwirkung des BIV-OT das größte deutsche<br />

Pilotprojekt für die Einführung der E-Verordnung für<br />

Hilfsmittel aufgesetzt.<br />

Foto: BIV-OT/Chris Rausch<br />

Sicherer Messengerdienst fürs Gesundheitswesen<br />

Whatsapp oder Facebook-Messenger sind Programme,<br />

mit denen weltweit viele Millionen Menschen sich<br />

täglich Nachrichten schreiben. Doch diese Messengerdienste<br />

haben vor allem beim Thema Datenschutz Nachholbedarf<br />

und eignen sich deshalb nicht, um medizinische Daten auszutauschen.<br />

Der Bedarf an einem Kurznachrichtendienst als<br />

Ergänzung zur E-Mail wurde aber bei den Verantwort lichen<br />

der Gematik, bei Politik und im Gesundheitswesen allgemein<br />

erkannt und mit dem TI-Messenger präsentierte die<br />

Gematik die entsprechende Lösung. Doch die Gematik, als<br />

nationale Agentur für digitale Gesundheit,<br />

legte nur die Rahmenbedingungen fest, die<br />

konkrete Ausarbeitung des Programms liegt<br />

in der Verantwortung der Anbieter.<br />

Mit Famedly, einem Berliner Unternehmen,<br />

erhielt der erste Anbieter Anfang April<br />

eine Zulassung durch die Gematik. Darauf<br />

aufbauend wird der TI-Messenger in der Modellregion<br />

für digitale Gesundheit in Hamburg<br />

und Umgebung getestet und ausgewer-<br />

Foto: Gematik<br />

Laut Dr. Florian Hartge, Geschäftsführer<br />

der Gematik, erleichtern TI-Messenger<br />

die Direktkommunikation im medizinischen<br />

Versorgungsalltag.<br />

tet. Dr. Florian Hartge, Geschäftsführer der Gematik: „Mit<br />

den TI-Messengern können Praxisteams, Krankenhäuser<br />

und andere medizinische Einrichtungen Kurznachrichten<br />

verschicken. Dabei tauschen sie sich in Echtzeit aus und<br />

sind räumlich flexibel. Ein übergreifender Messagingstandard<br />

hat bis jetzt gefehlt. Nun schließt sich eine Lücke, und<br />

die Direktkommunikation im medizinischen Versorgungsalltag<br />

wird noch einfacher.“<br />

Die Gematik prüft die Interoperabilität aller Messenger-<br />

Lösungen der jeweiligen Hersteller – eine zentrale Voraussetzung,<br />

um einander kontaktieren zu können.<br />

Die Gründer von Famedly, Dr. Niklas Zender und Dr.<br />

Phillipp Kurtz: „Mit der Zulassung unseres TI-Messengers<br />

gehen wir einen entscheidenden Schritt in die Digitalisierung<br />

des Gesundheitswesens. Es war uns wichtig, eine Lösung<br />

auf den Markt zu bringen, die mehr als nur die tägliche<br />

Kommunikation erleichtert. Unser TI-Messenger erfüllt<br />

nicht nur die hohen Datenschutzanforderungen, sondern<br />

ist benutzerfreundlich und integrierbar in bestehende<br />

IT-Systeme, um Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten.“<br />

Geplant ist, dass die TI-Messenger zukünftig auch Versorgungsprozesse<br />

unterstützen können, zum Beispiel das<br />

Terminmanagement. Darüber hinaus kann ein Messenger<br />

auch perspektivisch bei der Überweisung oder beim Aufnahme-<br />

und Entlassmanagement zum Einsatz kommen.<br />

68<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


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Schlaganfall<br />

Die MyoPro® Orthese ist das erste myoelektrisch betriebene Orthesensystem<br />

für Arm und Hand und ermöglicht Menschen mit einem Funktionsverlust des<br />

Armes und der Hand durch z.B. Schlaganfall, Querschnitt oder Verletzung des<br />

Plexus brachialis eine Wiederherstellung der verloren gegangenen Funktionen<br />

in der betroffenen Hand (Greifen, Halten und Öffnen) sowie im Arm (Heben,<br />

Halten und Strecken).<br />

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Kompression<br />

S. Klör<br />

Medizinische adaptive Kompressionssysteme<br />

in der Praxis<br />

Medical Adaptive Compression Systems in Practice<br />

Die Kompressionsbehandlung bei<br />

Ödemen an den Extremitäten ist seit<br />

Jahrzehnten etabliert, die Wirksamkeit<br />

wissenschaftlich fundiert belegt.<br />

Bestanden die Therapieoptionen<br />

bislang hauptsächlich aus medizinischen<br />

Kompressionsstrümpfen<br />

oder phlebologischen Kompressionsverbänden,<br />

drängen inzwischen<br />

medizinische adaptive Kompressionssysteme<br />

auf den Markt. Der<br />

große Vorteil dieser Systeme ist die<br />

Anpassbarkeit des Drucks auch bei<br />

wechselnden Schwellungszuständen.<br />

Der Artikel beleuchtet die Hintergründe<br />

der medizinischen adaptiven<br />

Kompressionssysteme und<br />

veranschaulicht die Anwendungsmöglichkeiten<br />

anhand von Fallbeispielen.<br />

Schlüsselwörter: medizinisch adaptive<br />

Kompressionssysteme (MAK), venöse<br />

Ödeme, Kompressionstherapie,<br />

Bandagen, Verbände<br />

Compression treatment for oedema<br />

of the extremities has been established<br />

for decades, and its effectiveness<br />

has been scientifically proven.<br />

While therapy options have so far<br />

mainly consisted of medical compression<br />

stockings or phlebological compression<br />

bandages, medical adaptive<br />

compression systems are now entering<br />

the market. The great advantage<br />

of these systems is the adaptability<br />

of the pressure even with changing<br />

swelling conditions. The article sheds<br />

light on the background of medical<br />

adaptive compression systems and<br />

illustrates the possible applications<br />

using case studies.<br />

Key words: Medical Adaptive Compression<br />

Systems (MAC), Venous<br />

Oedema, Compression Treatment,<br />

Bandages, Dressings<br />

Einleitung<br />

Seit einiger Zeit stehen die medizinischen<br />

adaptiven Kompressionssysteme<br />

(MAK) als Alternative zu herkömmlichen<br />

Kompressionsverbänden<br />

und Kompressionsstrümpfen in<br />

der Entstauung von lymphatischen<br />

und ausgeprägten venösen Ödemen<br />

sowie in der Therapie des Ulcus cruris<br />

venosum zur Verfügung.<br />

Die grundsätzlichen Vorteile einer<br />

Kompressionsbehandlung sind vielfältig.<br />

Durch die Unterstützung des<br />

venösen und lymphatischen Rückflusses<br />

kann sie helfen, die Ödementstehung<br />

zu verhindern und vorhandene<br />

Ödeme zu minimieren, Schadstoffe<br />

abzutransportieren und Entzündungen<br />

zu reduzieren. Dies ist<br />

Voraussetzung für eine verbesserte<br />

Wundheilung, fördert die Mobilität,<br />

kann Schmerzen reduzieren und die<br />

Lebensqualität der Patienten (deutlich)<br />

verbessern.<br />

Problematisch ist bei klassischen<br />

Kompressionsmitteln häufig das Anlegen<br />

der Verbände bzw. das Anziehen<br />

der Bestrumpfung. Dies wird durch<br />

die Verwendung von MAK deutlich<br />

vereinfacht. Gerade in der Entstauungsphase<br />

erweist sich die Anpassbarkeit<br />

an variierende Umfänge bei<br />

gleichzeitigem einfachem Handling<br />

als vorteilhaft. Die Anwendung von<br />

medizinisch-adaptiver Kompression<br />

sollte jedoch stets unter Aufsicht medizinischer<br />

Fachkräfte erfolgen, um<br />

eine sichere und wirksame Behandlung<br />

zu gewährleisten.<br />

Vorgeschichte<br />

Die Idee zu MAK wird dem Amerikaner<br />

Frank Shaw zugeschrieben, der<br />

auf der Suche nach Linderung für die<br />

Lymphödeme seiner Frau die Beobachtung<br />

machte, dass Giraffen trotz<br />

der stattlichen Beinlänge und nur<br />

kurzen Liegephasen keine Ödeme in<br />

den Beinen entwickeln. Ursächlich<br />

dafür ist die Beschaffenheit der Giraffenhaut,<br />

die an den Beinen deutlich<br />

straffer ist als beim Menschen und damit<br />

keine Ausdehnung zulässt. Diese<br />

Erkenntnis führte dazu, eine unelastische,<br />

über Klettverschlüsse einstellbare<br />

Kompressionsversorgung zu entwickeln.<br />

Medizinische adaptive<br />

Kompressionssysteme<br />

Die am Markt verfügbaren Produkte<br />

bestehen in der Regel aus einer<br />

unelastischen Manschette, die über<br />

einem Unterziehstrumpf angelegt<br />

wird. Allen gemeinsam ist ein Klettverschluss-System,<br />

das entweder gegenläufig<br />

oder in gleicher Richtung<br />

verschlossen wird. Der Kompressionsdruck<br />

ist jederzeit nachjustierbar.<br />

Bei einem der verfügbaren Produkte<br />

kann mithilfe einer Schablone<br />

der verordnete Kompressionsdruck<br />

reproduzierbar eingestellt werden,<br />

bei den anderen erfolgt die Einstellung<br />

nach dem Gefühl des Patienten.<br />

MAK erzeugen, ähnlich wie Kurzzugbinden,<br />

einen hohen Arbeitsund<br />

einen niedrigen Ruhedruck und<br />

weisen eine höhere Stiffness auf. Im<br />

Gegensatz zu diesen sind sie bei Volumenänderungen<br />

aber leichter und<br />

schneller nachpassbar und können<br />

somit auch den erforderlich Kompressionsdruck<br />

besser aufrechterhalten.<br />

Die meisten Produkte sind in der<br />

Maschine waschbar und genügen so<br />

den hygienischen Standards. MAK-<br />

Produkte sind sowohl für die untere<br />

als auch für die obere Extremität verfügbar<br />

und sind im Hilfsmittelverzeichnis<br />

unter 17.06.23. (Bein) bzw.<br />

17.10.10. (Arm) gelistet.<br />

70<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Kompression<br />

Studienlage<br />

a. b. c.<br />

Abb. 1 a–d Patientin 1 mit ReadyWrap®-Unterschenkel<br />

segment (Lohmann & Rauscher [a]), mit Compression-Wrap-Unterschenkelsegment<br />

(Juzo [b]), mit<br />

Circaid®-juxtafit®-essentials-Unterschenkelsegment<br />

(Medi [c]), mit Circaid®-Juxtafit®-Fuß-, -Unterschenkelund<br />

-Oberschenkelsegment mit Knie (Medi [d]).<br />

Ein erster Nachweis zur Überlegenheit<br />

der medizinisch adaptiven Kompressionssysteme<br />

konnte von Blecken<br />

et al. bereits 20<strong>05</strong> geführt werden [1].<br />

In einer randomisiert kontrollierten<br />

Studie wurde bei 12 Probanden mit<br />

beidseitigen venösen Unterschenkelulcera,<br />

die eine Seite konventionell<br />

mit 4-lagigen elastischen Wickeln<br />

versorgt, während die Gegenseite mit<br />

einem MAK-System (Circaid) versehen<br />

wurde. Untersucht wurde neben<br />

der Reduktion der Ulcusgröße über<br />

einen Beobachtungszeitraum von<br />

12 Wochen auch die Umfangsreduktion<br />

und die Patientenzufriedenheit.<br />

Signifikante Unterschiede zugunsten<br />

der MAK zeigten sich in der Reduktion<br />

der Ulcusgröße. In der Umfangreduktion<br />

und Patientenzufriedenheit<br />

konnten keine signifikanten Unterschiede<br />

festgestellt werden.<br />

Einen signifikanten Unterschied in<br />

der Volumenreduktion konnten 2013<br />

Damstra und Partsch beim Vergleich<br />

von MAK zu einem Mehrkomponentenverband<br />

zur Volumenreduktion<br />

bei lymphatischem Beinödem nachweisen<br />

[2]. Untersucht wurde die Volumenreduktion<br />

bei je 15 Patienten jeweils<br />

2 Stunden und 24 Stunden nach<br />

Anlage des Kompressionsmittels. Bereits<br />

nach 2 Stunden konnte eine stärkere<br />

Volumenreduktion bei Verwendung<br />

der MAK beobachtet werden,<br />

eine signifikante Überlegenheit stellte<br />

sich nach 24 Stunden dar.<br />

Für venöse Ödeme führten Mosti et<br />

al. 2015 den Nachweis der Überlegenheit<br />

der MAK. In der initialen Entstauungsphase<br />

wurden 20 Beine mit venösem<br />

Ödem mit MAK und 20 Beine mit<br />

unelastischen Bandagen therapiert.<br />

Die Volumenreduktion wurde nach<br />

einem Tag und nach 7 Tagen gemessen.<br />

Auch hier zeigte sich nach einem<br />

Tag die Tendenz einer größeren Volumenreduktion<br />

und nach 7 Tagen eine<br />

signifikant größere Reduktion. Ebenfalls<br />

bemerkenswert war das Ergebnis,<br />

dass der Druck der unelastischen<br />

Bandagierung über die Tragezeit stark<br />

abnahm, während er bei den MAK<br />

durch die Nachstellmöglichkeit konstant<br />

gehalten werden konnte.<br />

Diese Nachstellmöglichkeit bietet<br />

aber nicht nur Chancen, sondern auch<br />

die Gefahr, dass die Patienten den erwünschten<br />

Druck nicht eigenständig<br />

reproduzieren können. Mit dieser Fragestellung<br />

haben sich auch Mosti und<br />

Partsch 2017 befasst [4]. Allen 31 Patienten<br />

gelang es nach einer entsprechenden<br />

Einweisung in das Hilfsmittel,<br />

den Druck über die Tragedauer im<br />

vorgegebenen Zielbereich zu halten.<br />

Zu diesem Ergebnis kommt auch<br />

eine Untersuchung von Protz et al.<br />

aus dem Jahre 2017 [5]. Verglichen<br />

wurde hier die Reproduzierbarkeit der<br />

gewünschten Drücke bei unterschiedlichen<br />

Kompressionsverfahren. Im<br />

Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen<br />

wurden von 137 Teilnehmenden<br />

insgesamt 302 Bandagierungen<br />

vorgenommen und anschließend die<br />

Einhaltung des vorgegebenen Druckwertes<br />

überprüft. Die Quote der Einhaltung<br />

des geforderten Druckbereichs<br />

lag bei Bandagierungen mit<br />

Kurzzugbinden bei 11,2 %, bei der<br />

Verwendung von Mehrkomponentensystemen<br />

bei 35,2 % und bei MAK<br />

bei 85,0 %. Auch der Tragekomfort<br />

wurde von den Probanden mit MAK<br />

am höchsten bewertet.<br />

Die Studienlage zu MAK erscheint<br />

also auf den ersten Blick ermutigend.<br />

Ein Review von Williams aus 2016 zeigt<br />

jedoch, dass bislang aber vor allem<br />

Langzeitbeobachtungen fehlen [6].<br />

Einbindung in Leitlinien<br />

Medizinische adaptive Kompressionssysteme<br />

wurden in die aktuellen S2k-<br />

Leitlinien zur medizinischen Kompressionstherapie<br />

aufgenommen [7].<br />

Ebenso werden sie in der S2k-Leitlinie<br />

Diagnostik und Therapie der Varikose<br />

berücksichtigt [8]. Im Folgenden werden<br />

die wichtigsten Empfehlungen<br />

und Aussagen der beiden medizinischen<br />

Leitlinien zur Anwendung von<br />

MAK als Originalzitate zusammengefasst.<br />

„Die medizinische Kompressionstherapie<br />

soll integraler Bestandteil der<br />

Therapie phlebologischer Krankheitsbilder<br />

sein. Sie kann mit MKS (Medizinischer<br />

Kompressionsstrumpf),<br />

PKV (Phlebologischer Kompressionsverband)<br />

oder MAK erfolgen. Voraussetzung<br />

sind spezielle Kenntnisse und<br />

Erfahrungen sowohl hinsichtlich Diagnose,<br />

Differentialdiagnose, Risiken<br />

und Kontraindikationen als auch in<br />

der Verordnung zeitgemäßer Kompressionsmaterialien<br />

und der Technik<br />

des Anlegens.“ (S2k-Leitlinie zur medizinischen<br />

Kompressionstherapie,<br />

Empfehlung 1)<br />

„In der initialen Entstauungsphase<br />

beim Lymphödem und beim ausgeprägten<br />

venösen Ödem sowie beim<br />

Ulcus cruris venosum können MAK<br />

als Alternative zur Bandagierung mit<br />

Binden eingesetzt werden.“ (S2k-Leitlinie<br />

zur medizinischen Kompressionstherapie,<br />

Empfehlung 27 bzw. S2k-<br />

Leitlinie zur Diagnostik und Therapie<br />

der Varikose, Empfehlung 40)<br />

Versorgungsbeispiel 1<br />

d.<br />

Frau R. ist 20<strong>05</strong> im Alter von 34 Jahren<br />

nach einer Unterleibsoperation<br />

an einem einseitigen Lymphödem des<br />

rechten Beines erkrankt. Trotz regelmäßiger<br />

wöchentlicher Lymphdrainage<br />

über mehrere Jahre verschlechterte<br />

sich die Situation kontinuierlich. Erst<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

71


Kompression<br />

2011 erfolgte die Erstversorgung mit<br />

flachgestrickter Kompression. Zu diesem<br />

Zeitpunkt betrug die maximale<br />

Maßdifferenz zur Gegenseite 12 cm.<br />

Aktuell trägt sie 23 Stunden täglich<br />

auf der betroffenen Seite einen flachgestrickten<br />

medizinischen Kompressionsstrumpf<br />

A-G in der Kompressionsklasse<br />

III mit Zehenkappen und darüber<br />

eine flachgestrickte Kompressionsstrumpfhose<br />

A-T in der Kompressionsklasse<br />

II. Mit dieser Versorgung konnten<br />

sowohl die Maßdifferenz als auch<br />

die Festigkeit des Ödems reduziert werden.<br />

Trotzdem bleibt ein Unterschied<br />

zur Gegenseite bestehen. Zusätzlich<br />

zur Bestrumpfung nutzt sie MAK,<br />

um bei Bedarf temporär zusätzlichen<br />

Kompressionsdruck auszuüben.<br />

Auf den Fotos trägt sie zu Demonstrationszwecken<br />

3 unterschiedliche<br />

MAK-Produkte für den Unterschenkel<br />

(Abb. 1 a–c) sowie eine Ganzbeinversorgung<br />

(Abb. 1d). Auf eigenen<br />

Wunsch trägt Frau R. ihre MKS auch<br />

unter den MAK, um keinen Druckverlust<br />

während des Wechsels der Produkte<br />

für die Fotoaufnahmen zu riskieren.<br />

Ein Leben ohne Kompression<br />

ist für Frau R. nicht denkbar.<br />

Versorgungsbeispiel 2<br />

Abb. 2 Patientin 2 mit MAK am Unterschenkel.<br />

Die 39-jährige Frau leidet unter einem<br />

beidseitigen Lipödem bei gleichzeitiger<br />

Adipositas permagna (Körpergewicht<br />

230 kg). Es bilden sich<br />

Hautfalten und Überhänge im Fuß<br />

und Kniebereich. Das Anziehen der<br />

flachgestrickten MKS konnte sie alleine<br />

nicht bewerkstelligen, so dass<br />

nach der Trennung von ihrem Partner<br />

die Kompressionstherapie nicht<br />

fortgesetzt wurde. Dies führte zu einer<br />

zunehmenden Verschlechterung<br />

des Allgemeinzustandes, so dass sie<br />

die Füße nicht mehr erreichen konnte<br />

und sich die Umfangsmaße an den<br />

Beinen verdoppelten. Die Haut war<br />

dementsprechend stark gespannt und<br />

zeitweise trat Lymphe aus. Die Überhänge<br />

erschwerten zusätzlich eine<br />

MKS-Versorgung. Wegen des Handlings<br />

wurde daher eine MAK-Versorgung<br />

durchgeführt (Abb. 2). Nach intensiver<br />

Einweisung und Übung war<br />

es der Patientin möglich, die Versorgung<br />

allein anzulegen. Von Beginn<br />

an hatte die Patientin ein gutes entlastendes<br />

Gefühl. Nach 3 Monaten<br />

MAK-Therapie konnte sie ihre Stiefel<br />

wieder tragen, was vorher unmöglich<br />

erschien und das subjektive Empfinden<br />

der Lebensqualität deutlich steigerte<br />

(Abb. 3).<br />

Versorgungsbeispiel 3<br />

Im Vorfeld der Versorgung einer<br />

24-jährigen Patientin erhielt der Autor<br />

vom Vater der Patientin folgende<br />

Beschreibung der Situation:<br />

„Sie hat ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches<br />

Fatigue<br />

Syndrom) infolge von Post Covid.<br />

Das Chronische Fatigue Syndrom ist<br />

eine Multisystemerkrankung, bei der<br />

Belastungsintoleranz aufgrund von<br />

Energiemangel ein Kardinalsymptom<br />

ist. Bei meiner Tochter gab es<br />

einen Zusammenbruch des Systems<br />

vor 3 Monaten, der sie in die komplette<br />

Bettlägerigkeit geführt hat.<br />

Sie kommt noch auf 2 Toilettengänge<br />

am Tag, sonst liegen, auch das Essen<br />

geht nur noch im Liegen. Es gibt<br />

durch die Bettlägerigkeit eine Dekonditionierung<br />

und zudem auch POTS,<br />

das ist das Posturale Tachykardie Syndrom.<br />

Auch hier eine Vielfalt an Symptomen,<br />

alles ausgelöst durch Dysautonomien.<br />

Wenn sie in den Stand<br />

kommt, geht ihr Puls auf 140, der<br />

vorher bei 80 bis 90 war. Es wird gesagt,<br />

dass das Blut im unteren Körper<br />

versackt. Deshalb auch der Ruf nach<br />

Kompressionsstrümpfen/Kompressionsstrumpfhosen,<br />

um dem Körper<br />

Halt zu geben. […] Meine Fragen gehen<br />

auch in Richtung Anwendung<br />

in der Praxis. Sie ist tageweise so geschwächt,<br />

dass sie den Akt, etwas Zusätzliches<br />

anzuziehen, gar nicht bewerkstelligen<br />

kann, auch mit Hilfe<br />

nicht, da sie das körperlich und auch<br />

mental überfordert. […] Vielleicht<br />

haben Sie Ideen, wie wir vorgehen<br />

Abb. 3 Patientin 2 mit Stiefeln.<br />

könnten, so dass wir das Passende auf<br />

das Rezept schreiben können.“<br />

Beim Hausbesuch stellte sich sehr<br />

schnell heraus, dass die Patientin extrem<br />

schmerz- und druckempfindlich<br />

war. Schon das Palpieren sowie<br />

das Ausmessen mit dem Maßband<br />

waren beschwerlich. Die Beine waren<br />

extrem dünn – ein b-Maß von 18,5 cm<br />

sowie 45 cm im g-Maß. Im Versorgungsgespräch<br />

mit der Mutter und<br />

der Patientin waren wir uns einig,<br />

dass aufgrund der Gesamtsituation<br />

keine herkömmlichen Strümpfe genutzt<br />

werden können. So kam der Gedanke,<br />

MAK als 2-teilige Versorgung<br />

für Unterschenkel und Oberschenkel<br />

einzusetzen. Konkret wurde hier<br />

das Circaid®-System von medi ausgewählt,<br />

weil mithilfe des integrierten<br />

Built-In-Pressure-Systems (BPS) der<br />

individuelle Kompressionsdruck exakt<br />

eingestellt, kontrolliert und gerade<br />

in diesem speziellen Fall einfach<br />

nachjustiert werden konnte. Das Anlegen<br />

der MAK als solches ist für die<br />

Mutter einfach umzusetzen. Im Ergebnis<br />

lässt sich feststellen, dass nach<br />

einer langsamen Gewöhnung an die<br />

MAK die Patientin nun die Versorgung<br />

nutzt und trotz aller o. g. Umstände<br />

gut zurechtkommt. Die gewünschte<br />

Kreislaufstabilisierung<br />

konnte erfolgreich umgesetzt werden.<br />

Versorgungsbeispiel 4<br />

Der männliche Patient, Ende 50, stellt<br />

sich mit diversen Diagnosen vor. Neben<br />

der allgemeinen Adipositas findet<br />

man im Beinbereich eine Varikosis,<br />

ein Lymphödem, abgeheilte Erysipele<br />

sowie linksseitig ein Ulcus cruris<br />

venosum, welches schon seit Jahren<br />

besteht (Abb. 4). Es sind außerdem<br />

deutliche manifeste Abschnürungen<br />

durch falsch angelegte Kurzzug-<br />

72<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Kompression<br />

Abb. 4 Patient 4 ohne Versorgung.<br />

Abb. 5 Patient 4 mit Versorgung.<br />

binden vorhanden. Die Beinform in<br />

Verbindung mit der offenen Wunde<br />

lässt eine MKS-Versorgung nicht<br />

zu. Die MAK ermöglichen die Anpassung<br />

auch an unterschiedlich starke<br />

Wundauflagen und kann vom Patienten<br />

nach Bedarf reguliert werden<br />

(Abb. 5). Der Patient fühlt sich mit der<br />

Versorgung deutlich mobiler. Aktuell<br />

ist das Ulkus noch nicht abgeheilt, befindet<br />

sich aber auf dem Weg der Besserung.<br />

Fazit<br />

Die medizinischen adaptiven Kompressionssysteme<br />

stellen eine deutliche<br />

Bereicherung der Therapieoptionen<br />

in der Kompressionsbehandlung<br />

dar. Vor allem in der initialen<br />

Entstauungstherapie, wenn es um die<br />

Anpassung an sich rasch ändernde<br />

Volumina geht, sind diese Kompressionssysteme<br />

dem phlebologischen<br />

Kompressionsverband überlegen, da<br />

sie jederzeit vom Anwender selbst adaptiert<br />

werden können. Ein weiterer<br />

Anwendungsschwerpunkt liegt bei<br />

Patienten, die das Anziehen eines medizinischen<br />

Kompressionsstrumpfs<br />

nicht selbstständig ausführen können.<br />

Hier ist das Handling der MAK<br />

im Vergleich deutlich einfacher. Die<br />

Studienlage zur Verwendung der MAK<br />

ist bei den gängigen Indikationen wie<br />

Lymphödemen, venösen Ödemen<br />

und Ulcus cruris venosum vielversprechend,<br />

obwohl Langzeitergebnisse<br />

bislang fehlen.<br />

Der Autor:<br />

Stephan Klör<br />

Schritt für Schritt GmbH<br />

Schützenstraße 1<br />

21244 Buchholz<br />

Begutachteter Beitrag/reviewed paper<br />

Zitation: Klör S. Medizinische adaptive Kompressionssysteme in der Praxis. Orthopädie Technik, <strong>2024</strong>; 75 (5): 70–73<br />

Literatur:<br />

[1] Blecken SR, Villavicencio JL, Kao TC. Comparison of<br />

elastic versus nonelastic compression in bilateral venous<br />

ulcers: a randomized trial. Journal of Vascular Surgery,<br />

20<strong>05</strong>; 42 (6): 1150–1155. doi: 10.1016/j.jvs.20<strong>05</strong>.08.015<br />

[2] Damstra RJ, Partsch H. Prospective, randomized,<br />

controlled trial comparing the effectiveness of adjust able<br />

compression Velcro wraps versus inelastic multicomponent<br />

compression bandages in the initial treatment of leg<br />

lymphedema. Journal of Vascular Surgery: Venous and<br />

Lymphatic Disorders, 2013; 1 (1): 13–19. doi: 10.1016/ j.<br />

jvsv.2012.<strong>05</strong>.001<br />

[3] Mosti et al. Adjustable Velcro Compression Devices are<br />

More Effective than Inelastic Bandages in Reducing Venous<br />

Edema in the Initial Treatment Phase: A Randomized<br />

Controlled Trial. European Journal of Vascular and Endovascular<br />

Surgery, 2015; 50 (3): 368–374. doi: 10.1016/j.<br />

ejvs.2015.<strong>05</strong>.014<br />

[4] Mosti G, Partsch H. Self-management by firm, non-elastic<br />

adjustable compression wrap device. Veins and Lymphatics,<br />

2017; 6: 7003<br />

[5] Protz K et al. Kompressionsmittel für die Entstauungstherapie.<br />

Hautarzt, 2018; 69, 232–241. doi: 10.1007/<br />

s001<strong>05</strong>-017-4084-3<br />

[6] Williams A. A review of the evidence for adjustable compression<br />

wrap devices. Journal of Wound Care, 2016; 25<br />

(5): 242–247. doi: 10.12968/jowc.2016.25.5.242<br />

[7] Rabe E et al. S2k Leitlinie: Medizinische Kompressionstherapie<br />

der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf<br />

(MKS), Phlebologischem Kompressionsverband<br />

(PKV) und Medizinischen adaptiven<br />

Kompressionssystemen (MAK). 2018. https://register.<br />

awmf.org/assets/guidelines/037-0<strong>05</strong>l_S3k_Medizinische-<br />

Kompressionstherapie-MKS-PKV_2019-<strong>05</strong>.pdf (Zugriff am<br />

15.02.<strong>2024</strong>)<br />

[8] Pannier F et al. S2k Leitlinie Diagnostik und Therapie<br />

der Varikose. 2019. https://register.awmf.org/assets/<br />

guidelines/037-018l_S2k_Varikose_Diagnostik-Thera<br />

pie_2019-07.pdf (Zugriff am 15.02.<strong>2024</strong>)<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

73


Prothetik<br />

A. Fürst, H.-P. Baumgärtler<br />

Schulung im Umgang mit<br />

Exoprothesenpassteilen<br />

an der oberen Extremität<br />

(Armprothesen)<br />

Training in the Use of Exoprosthesis Fittings on the<br />

Upper Extremity (Arm Prostheses)<br />

Nach einer Amputation ist vor allem<br />

die Selbstständigkeit von Betroffenen<br />

sehr eingeschränkt. In allen Bereichen<br />

gibt es erhebliche Einschränkungen,<br />

seien es die Aktivitäten des<br />

täglichen Lebens, Hobbys oder berufliche<br />

Tätigkeiten.<br />

Trotz des hohen technischen Fortschritts<br />

gibt es keine Prothese, welche<br />

die menschliche Hand in allen<br />

Belangen ersetzen kann. Im Gegenteil:<br />

Aufgrund der fehlenden sensorischen<br />

Rückmeldung bleibt eine<br />

Prothese bis auf Weiteres nur eine<br />

Hilfshand. Somit gibt es auch nicht<br />

die eine Prothese, die für jeden Betroffenen<br />

geeignet ist.<br />

Es ist ein umfangreiches, standardisiertes,<br />

aber individuell anpassbares<br />

Prothesentraining notwendig,<br />

um das Maximum aus der für den<br />

Klienten geeigneten Prothesenversorgung<br />

herauszuholen. Bei der Entscheidung,<br />

welche die geeignete<br />

Prothese für den Betroffenen ist, bedarf<br />

es einer genauen Betrachtung<br />

seiner Voraussetzungen, Anforderungen<br />

und Wünsche.<br />

Dabei müssen die Bereiche des<br />

ICF (Funktion, Aktivität und Teilhabe)<br />

vollständig abgedeckt und berücksichtigt<br />

werden. Ein besagtes<br />

Prothesentraining wird nicht nur<br />

zu einer besseren Funktionalität,<br />

sprich einem besseren Verständnis<br />

der Technik und deren Handhabung<br />

führen. Auch die Selbstständigkeit<br />

in den Aktivitäten des täglichen Lebens<br />

sowie die Teilhabe im sozialen<br />

und beruflichen Umfeld werden erheblich<br />

verbessert.<br />

Schlüsselwörter: Prothesengebrauchsschulung,<br />

Prothesentraining, Ergotherapie,<br />

Amputation obere Extremität<br />

After an amputation, the independence<br />

of those affected is very limited.<br />

There are considerable restrictions in<br />

all areas, be it activities of daily living,<br />

hobbies or professional activities.<br />

Despite the high level of technical<br />

progress, there is no prosthesis that<br />

can replace the human hand in all<br />

respects. On the contrary, due to the<br />

lack of sensory feedback, a prosthesis<br />

remains only an auxiliary hand for<br />

the time being. This means that there<br />

is no one prosthesis that is suitable<br />

for every person affected.<br />

Comprehensive, standardized but<br />

individually adaptable prosthesis<br />

training is necessary in order to get<br />

the most out of the prosthetic fitting<br />

that is suitable for the client. When<br />

deciding which prosthesis is suitable<br />

for the person concerned, it is necessary<br />

to take a close look at their prerequisites,<br />

requirements and wishes.<br />

The areas of the ICF (function, activity<br />

and participation) must be fully<br />

covered and taken into account. This<br />

prosthesis training will not only lead<br />

to improved functionality, i.e. a better<br />

understanding of the technology<br />

and its handling. It will also significantly<br />

improve independence in daily<br />

activities and participation in the<br />

social and professional environment.<br />

Key words: Prosthesis Use Training,<br />

Prosthesis Training, Occupational<br />

Therapy, Upper Limb Amputation<br />

Einleitung<br />

Der unwiderrufliche Verlust der körperlichen<br />

Unversehrtheit, wie sie<br />

durch eine Hand- oder Armamputation<br />

geschieht, stellt Betroffene lebenslang<br />

vor große Herausforderungen.<br />

Die Einschränkungen, die sich aus einer<br />

Amputation ergeben, zeigen sich<br />

den Klienten in allen Lebensbereichen.<br />

Ungeachtet des Ausmaßes einer<br />

Amputation sind das Körpererleben<br />

und die Funktion der betroffenen Extremität<br />

verändert. Was zur Folge hat,<br />

dass die Selbstständigkeit und auch<br />

der Selbstwert gefährdet sind.<br />

Bei Klienten mit fehlenden Gliedmaßen,<br />

insbesondere an der oberen<br />

Extremität, lässt sich das im Grundgesetz<br />

(Art. 3 GG) verankerte Recht<br />

auf Teilhabe häufig nicht ungehindert<br />

umsetzen. Das Sozialgesetz sieht hier<br />

einen bestmöglichen Ausgleich der<br />

Behinderung vor. Bei der Versorgung<br />

mit Exoprothesen an der oberen Extremität<br />

ist es Stand der Technik, Klienten<br />

möglichst mit myoelektrischen<br />

Prothesenpassteilen zu versorgen. Mit<br />

dem Bauprinzip der Myoelektrik in<br />

Kombination mit 5 beweglich konstruierten<br />

Fingern können moderne Handund<br />

Armprothesen für eine Vielzahl<br />

einzelner Bewegungen angesteuert<br />

werden. Aus dieser Vielzahl von Möglichkeiten<br />

ist es nun möglich, eine individuelle<br />

Auswahl an nutzbaren Griffen<br />

für die Klienten einzustellen, damit<br />

sie durch diese ihren Alltag besser<br />

bewältigen können. Die Komplexität<br />

der Ansteuerungsmöglichkeiten fordert<br />

von den Nutzern technisches Ver-<br />

74<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

ständnis und die Fertigkeit, mit der<br />

verbliebenen Muskulatur unterschiedliche<br />

Signale zur Ansteuerung der Prothese<br />

zu produzieren. Zum Erlernen<br />

der Ansteuerungen und damit zur Umsetzung<br />

einer sicheren Nutzung der<br />

Prothese sind die Klienten auf ein interdisziplinäres<br />

Versorgungsteam, vor<br />

allem Orthopädietechniker und Therapeuten,<br />

angewiesen.<br />

Wie tiefgreifend die Beeinträchtigung<br />

der Lebenssituation durch eine<br />

Amputation ist, wird in Äußerungen<br />

von Klienten sichtbar: „… das war ein<br />

ziemlicher Schock – ist das wirklich<br />

passiert oder ist das nur ein Traum?<br />

Ich kann meine Arbeit nicht mehr<br />

machen, ich brauch im Alltag bei allem<br />

Möglichen Hilfe. Ich will zumindest<br />

meinen Alltag wieder normal machen<br />

können und kein drittes Kind<br />

für meine Frau sein.“ Dies berichtete<br />

ein Betroffener beim ersten Kontakt<br />

im Anamnesegespräch.<br />

Der Wunsch, ein verloren gegangenes<br />

Körperteil zu ersetzen, scheint<br />

so alt zu sein wie die Entwicklung des<br />

technischen Fortschritts. So wurde<br />

in einem ägyptischen Grab der hölzerne<br />

Ersatz eines Großzehs gefunden<br />

[1]. Die Mumie wurde auf die Zeit<br />

etwa 950 bis 700 vor Christus datiert.<br />

Die erste Eigenkraftprothese für eine<br />

Hand entwickelte der Berliner Zahnarzt<br />

Peter Baliff um 1812 und könnte<br />

damit als Vorreiter der modernen<br />

Armprothesen bezeichnet werden.<br />

Die Anforderungen an eine künstliche<br />

Extremität waren wohl damals<br />

ebenso anspruchsvoll wie heute: Die<br />

Prothese sollte die verloren gegangene<br />

Funktion wiederherstellen. Mit modernster<br />

Technik kann eine Prothese<br />

mittlerweile so konstruiert werden,<br />

dass sie, dass sie spezielle Griffe ausführt,<br />

dass z. B. eine Computermaus<br />

bedienet werden kann. Die technischen<br />

Möglichkeiten und die Anbindung<br />

an unseren Körper reichen jedoch<br />

noch nicht aus, um einen gesunden,<br />

funktionierenden Arm oder eine<br />

Hand zu ersetzen.<br />

Ein großes Problem stellt dabei die<br />

direkte Rückmeldung aus der Prothese<br />

an den Benutzer dar. Das heißt, die<br />

gesamte Sensibilität und Propriozeption<br />

(zu den aktuellen Positionen in<br />

den Gelenken, zum Krafteinsatz, zur<br />

Oberflächenberührung) kann aus der<br />

Prothese noch nicht an den Körper zurückgemeldet<br />

werden. Jakubowitz [2]<br />

berichtet davon, dass die aktuellen<br />

Feedbacksysteme auf einer sensorischen<br />

Substitution basieren und somit<br />

von einer wirklichkeitsnahen<br />

Rückkopplungskontrolle noch weit<br />

entfernt sind. Diese Defizite müssen<br />

die Betroffenen beim Gebrauch einer<br />

Prothese kompensieren. So ist es notwendig,<br />

dass gezielte Bewegungen immer<br />

mit Blickkontakt ausgeführt werden.<br />

Jede Bewegung benötigt eine aufwändige<br />

Bewegungsplanung für den<br />

Einsatz der Prothese im Alltag.<br />

Wie auch Meinecke-Allekotte [3]<br />

berichtet, ist es für ein bestmögliches<br />

Outcome unumgänglich, die Klienten<br />

frühzeitig auf die Nutzung einer<br />

Prothese vorzubereiten und neu zu<br />

erlernende Fähigkeiten zu trainieren.<br />

Hier spielt unter anderem die enge Zusammenarbeit<br />

mit einem erfahrenen<br />

Orthopädietechniker eine ausschlaggebende<br />

Rolle. In enger Abstimmung<br />

zwischen Orthopädietechnik und<br />

Therapie können die Feinabstimmungen<br />

der Komponenten an der Prothese<br />

und deren Ansteuerungen entsprechend<br />

dem Muskelpotenzial des<br />

Stumpfes vorgenommen werden.<br />

Mittlerweile sind auf dem Hilfsmittelmarkt<br />

eine Vielzahl unterschiedlicher<br />

myoelektrischer Prothesen<br />

erhältlich. Jede Prothese verfolgt<br />

ein eigenes Konstruktionskonzept.<br />

Die Berücksichtigung der individuellen<br />

Bedürfnisse und Wünsche zum<br />

Prothesengebrauch [4] ist notwendig,<br />

damit die geeignete Prothese für den<br />

jeweiligen Betroffenen ausgewählt<br />

werden kann. Um mit der eigenen<br />

Prothese bestmöglich umgehen zu<br />

können, ist es unumgänglich, dass<br />

Patienten in der Bedienung und Anwendung<br />

intensiv geschult werden.<br />

Je komplexer eine Prothese konstruiert<br />

ist, umso anspruchsvoller gestalten<br />

sich die Bedienung und das Training.<br />

Ein fehlendes Prothesentraining<br />

kann auch zur Ablehnung des Klienten<br />

gegenüber der Prothese führen.<br />

Laut Biddiss et al. [5] ist diese Ablehnung<br />

ein komplexes Thema und abhängig<br />

von persönlichen, kontextuellen<br />

und technischen Faktoren. Roeschlein<br />

und Domholdt [6] zeigen, dass<br />

einer der Ablehnungsfaktoren ein fehlendes<br />

Training nach einer Prothesenanpassung<br />

ist. Dromerick et al. [7] ergänzen<br />

zudem, dass intensives Training<br />

zur Prothesenbenutzung die<br />

Leistungen der oberen Extremität<br />

verbessert. Dies bedeutet, dass man<br />

dieser Ablehnung durch gezielte Therapie<br />

und interprofessionelle Zusammenarbeit<br />

entgegenwirken kann und<br />

sollte. Auch Weeks, Anderson und<br />

Wallace [8] empfehlen, so bald wie<br />

möglich nach der Amputation eine<br />

Prothese anzupassen und mit dem<br />

Training zu beginnen.<br />

Ein möglichst gutes Outcome für<br />

den Betroffenen ist mit bestimmten<br />

Voraussetzungen verbunden. Neben<br />

einer abgeschlossenen Narbenheilung,<br />

einer guten Stumpfstabilität<br />

und Stumpfform sind auch das soziale<br />

Umfeld, eine notwendige Medikation<br />

sowie psychische oder physische<br />

Begleiterkrankungen zu beachten.<br />

Die Einbindung von anderen betroffenen<br />

Personen, sogenannten Peers,<br />

kann einen sehr positiven Effekt auf<br />

die Verarbeitung und Akzeptanz der<br />

Situation haben.<br />

Dem allgemein hohen Kostendruck<br />

folgend verkürzen sich die Zeiten<br />

des stationären Aufenthalts, wohingegen<br />

die Verletzungen komplexer<br />

und die Prothesenbedienung komplizierter<br />

werden. Grifka und Kuster [9]<br />

haben bereits 2011 darauf hingewiesen,<br />

dass die Entscheidungen, welche<br />

Prothese für den Betroffenen am besten<br />

ist, vom individuellen Nutzen für<br />

den Amputierten abhängig gemacht<br />

werden. Diesem individuellen Nutzen<br />

ist auch ein individuell abgestimmtes<br />

Prothesentraining gegenüberzusetzen.<br />

Aus diesem Grund war es uns ein<br />

Anliegen, ein effizientes Training zu<br />

konzipieren, das den ICF-Ansprüchen<br />

genauso entspricht wie den modernen<br />

medizinisch-rehabilitativen Anforderungen.<br />

Prothesentraining<br />

Die Behandlung nach Amputation<br />

kann in 2 Phasen unterteilt werden.<br />

Phase 1 ist das präprothetische<br />

Training. Phase 2, die Prothesengebrauchsschulung,<br />

beinhaltet das Erlernen<br />

der Grundfunktionen der Prothese,<br />

das Anwenden der Prothese bei<br />

einzelnen Aktivitäten und ein Teilhabetraining.<br />

Das präprothetische Training beinhaltet:<br />

– Narbenbehandlung<br />

– Auseinandersetzung mit dem veränderten<br />

Körperbild bzw. dem bestehendem<br />

Phantomgefühl<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

75


Prothetik<br />

a. b.<br />

Abb. 1a u. b Beispiel für eine Myotestung für eine 2-EMG-Elektrodensteuerung (a) und<br />

eine Steuerung von komplexeren Steuerungssystemen mittels Elektrodenmanschette (b).<br />

– Behandlung von Phantomschmerzen<br />

– Behandlung des Stumpfes<br />

– Einhändertraining<br />

– Training der Aktivitäten des täglichen<br />

Lebens (AdLs) – ohne Prothese<br />

– Myotestung/Myotraining<br />

Um festzustellen, welche Prothesenart<br />

individuell anwendbar ist und<br />

welches Steuerungssystem eine betroffene<br />

Person umsetzen kann, wird<br />

bereits sehr früh eine Myotestung<br />

durchgeführt (Abb. 1). Unter Myotestung<br />

versteht man die graphische<br />

Abbildung der vorhandenen Muskelpotenziale,<br />

die zur Steuerung einer<br />

Prothese verwendet werden könnten.<br />

Mit dieser softwareunterstützten<br />

Darstellung kann den Patienten<br />

die Muskelkontraktion visualisiert<br />

werden. Mit der visuellen Rückmeldung<br />

ist es den Klienten möglich,<br />

Muskeln selektiv anzusteuern und<br />

so zu trainieren, dass diese dauerhaft<br />

reproduziert werden können. Dies<br />

kann zum einen mit 2 EMG-Elektroden<br />

zur Muskelsignalsuche durchgeführt<br />

werden. Sind die Muskelsignale<br />

so schwach, dass eine 2-Elektrodensteuerung<br />

nicht möglich ist, kann<br />

zum anderen mithilfe von „Elektrodenmanschetten“<br />

eine Evaluation<br />

für komplexere Steuerungssysteme<br />

durchgeführt werden.<br />

Die Myotestung wird in enger Zusammenarbeit<br />

von Ergotherapie und<br />

Orthopädietechnik durchgeführt.<br />

Die Ergebnisse aus Myotestung, den<br />

Fähigkeiten des Patienten und dem<br />

Anforderungsprofil (ICF-basiert: Körperfunktion,<br />

Teilhabe, Umweltfaktoren<br />

sowie personenbezogene Faktoren)<br />

(siehe Kasten und Abb. 2) zur gewünschten<br />

Prothesennutzung, stellen<br />

die Grundlage (Weichenstellung)<br />

für eine prothetische Versorgung dar.<br />

Sobald feststeht, welche Prothesenausführung<br />

mit welchem Steuerungssystem<br />

ausgeführt werden kann, wird<br />

mit dem Myotraining begonnen. Dabei<br />

sollen die in der Testung gefundenen<br />

Signale verinnerlicht und weiter<br />

verbessert werden. Bei manchen<br />

Systemen ist es notwendig, zwischen<br />

mehreren Komponenten (Hand öffnen/schließen,<br />

Hand drehen, Ellenbogen)<br />

umzuschalten. Hierzu müssen<br />

verschiedene Varianten einstudiert<br />

werden. Möglichkeiten hierbei sind<br />

z. B. 2 oder 3 schnelle Muskelkontraktionen,<br />

ein langer Muskelimpuls oder<br />

eine Kokontraktion (die möglichst<br />

gleichzeitige Anspannung eines Muskels<br />

[Agonist] mit seinem Gegenspieler<br />

[Antagonist], z. B. M. biceps- und<br />

M. triceps brachii).<br />

Die Elektroden können in ihrer<br />

Empfindlichkeit, bzw. Sensitivität<br />

verändert werden. Je besser und zuverlässiger<br />

das Muskelsignal reproduzierbar<br />

ist, umso geringer kann später<br />

die Sensitivität der Elektroden eingestellt<br />

werden. Wenn die Elektrode<br />

sehr empfindlich eingestellt ist, reicht<br />

bereits ein sehr geringer Muskelimpuls<br />

zur Ansteuerung der Prothese.<br />

Dies kann jedoch auch zu ungewollten<br />

Bewegungen führen. Dadurch<br />

sollen ungewollte Bewegungen der<br />

Prothese minimiert werden.<br />

Prothesengebrauchsschulung<br />

Hier wird zuerst mit dem Erlernen der<br />

Grundfunktionen begonnen. Die Betroffenen<br />

sollen den Umgang mit der<br />

Prothese erlernen. Zu Beginn werden<br />

sämtliche Bedienfunktionen erklärt.<br />

Dazu zählen neben allen technischen<br />

Gegebenheiten, wie z. B. das<br />

Ein- und Ausschalten der Prothese,<br />

das Akku-Management oder die Maximallasten<br />

der Komponenten, auch<br />

hygienische Vorgaben bzw. Reinigungshinweise.<br />

Anschließend wird<br />

das selbstständige An- und Ausziehen<br />

der Prothese erlernt. Vor allem<br />

ICF: Klassifikation von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit<br />

Die ICF (International Classification of Functioning,<br />

Disability and Health der WHO) klassifiziert im Unterschied<br />

zur ICD (International Statistical Classification<br />

of Diseases and Related Health Problems) die Auswirkungen<br />

einer Verletzung oder Erkrankung in Bezug auf<br />

die Körperfunktionen, die Aktivitäten und die Teilhabe<br />

einer Person.<br />

Sowohl der Begriff der Funktionsfähigkeit als auch der<br />

der Behinderung beschreiben die Folgen, die sich für einen<br />

Menschen mit einem Gesundheitsproblem in Bezug<br />

zu seinen Umwelt- und seinen personenbezogenen Faktoren<br />

(Kontextfaktoren) ergeben. Die Grundlage für diese<br />

Sichtweise stellt das biopsychosoziale Modell dar [10].<br />

In Anlehnung an diese Systematik gehen wir davon<br />

aus, dass Klienten mit einer Armprothese in ihrer Teilhabefähigkeit<br />

profitieren, je besser sie die Funktionen<br />

einer Prothese in einzelnen Aktivitäten einsetzen können.<br />

Aus diesem Gedanken heraus ergibt sich für uns die<br />

Aufteilung der Prothesengebrauchsschulung in Funktions-,<br />

Aktivitäts- und Teilhabetraining.<br />

76<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

Abb. 2a u. b Anamnese bogen<br />

zur Erfassung der Daten von<br />

Pro thesenpatienten (a) und<br />

Frage bogen zur Nutzung der<br />

Prothese (b).<br />

a.<br />

b.<br />

bei Mehrfachamputationen können<br />

verschiedene Hilfsmittel zum Einsatz<br />

kommen. Die Prothesengebrauchsschulung<br />

umfasst aufeinander aufbauend:<br />

– Funktionstraining<br />

• Öffnen/Schließen der Hand<br />

• Umschalten zwischen den Komponenten<br />

(Ellbogen/Hand/Unterarmrotation)<br />

– Aktivitätstraining:<br />

• Greifen von Gegenständen, Holzwürfel/Schaumstoffwürfel<br />

– Teilhabetraining:<br />

• Beidhändiges Essen<br />

• Bilaterale Haushaltstätigkeiten<br />

• Hobbys<br />

• Berufliche Tätigkeiten<br />

Funktionstraining<br />

Je nach Prothesenart und -komponenten<br />

sind verschiedene Funktionen<br />

möglich (Hand öffnen/schließen,<br />

Handrotation, Ellenbogen beugen/strecken).<br />

Ziel ist es, die Prothese<br />

gezielt und willkürlich ohne Störsignale<br />

und Fehlimpulse bedienen<br />

zu können. Wie oben (Myotestung/<br />

Myotraining) beschrieben, müssen<br />

die Umschaltvarianten zwischen den<br />

jeweiligen Komponenten bei einer<br />

Prothesensteuerung mittels 2 Elektroden<br />

erlernt werden. Diese gilt es ebenso<br />

willkürlich und ohne Störsignale<br />

dauerhaft reproduzieren zu können.<br />

Aktivitätstraining<br />

Die erlernten Funktionen werden in<br />

einfache Tätigkeiten integriert. Hier<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

77


Prothetik<br />

Abb. 3 „Box and<br />

Block Test“.<br />

geeigneten Griffvarianten gefunden<br />

werden müssen. Ziel ist es, dass der<br />

Klient Erfahrungen sammelt, mit welchen<br />

Griffvariationen er die für ihn<br />

notwendigen Tätigkeiten am besten<br />

durchführen kann. Im Laufe der Zeit<br />

sammelt man als Therapeut Erfahrungen,<br />

welche Griffe für die jeweiligen<br />

Tätigkeiten geeignet sind, dies kann<br />

allerdings nicht verallgemeinert werden.<br />

So nutzen manche Betroffene<br />

zum Greifen von kleinen Gegenständen<br />

eher einen Spitzgriff, andere hingegen<br />

präferieren den Dreipunktgriff.<br />

gilt zu beachten, dass die Belastung<br />

von einfachen zu schweren Tätigkeiten<br />

langsam gesteigert werden soll. So<br />

beginnen wir beispielsweise mit großen,<br />

festen Gegenständen und tasten<br />

uns langsam an kleine, weiche oder<br />

teils auch zerbrechliche Gegenstände<br />

heran. Um für die Betroffenen eigene<br />

Vergleichswerte zu generieren,<br />

nutzen wir unter anderem den „Box<br />

and Block Test“ (Abb. 3). Diese Werte<br />

werden in einer Verlaufsdokumentation<br />

festgehalten und können zur Beurteilung<br />

der Lernfortschritte der Klienten<br />

genutzt werden. Hierbei soll der<br />

Betroffene innerhalb einer Minute so<br />

viele Holzblöcke wie möglich von der<br />

einen Seite der Box auf die andere Seite<br />

legen. Dabei können verschiedene<br />

Griffvarianten genutzt werden. Dies ist<br />

von Klient zu Klient unterschiedlich.<br />

Des Weiteren bietet der „Clothespin<br />

Relocation Test“ eine Möglichkeit,<br />

die Nutzung der Prothese in allen<br />

Ebenen und mit Einschluss aller Komponenten<br />

zu überprüfen (Abb. 4). Dabei<br />

muss mit Wäscheklammern, die<br />

einen unterschiedlich starken Widerstand<br />

haben, in verschiedenen Positionen<br />

hantiert werden. Somit muss<br />

der Ellbogen teilweise gestreckt oder<br />

gebeugt, die Hand gedreht sowie aufund<br />

zugemacht werden.<br />

Teilhabetraining<br />

In dem zu Beginn ausgefüllten Anforderungsprofil<br />

stehen die Tätigkeiten,<br />

die der Betroffene mit der Prothese im<br />

Alltag ausführen möchte, und somit<br />

auch die nächsten Therapieschritte<br />

(Abb. 5). Hierfür wird oft eine längere<br />

Trainingsphase benötigt, da hier die<br />

a.<br />

a.<br />

Fazit<br />

Durch die Versorgung mit einer Exoprothese<br />

haben Klienten die Möglichkeit,<br />

ihre Selbstständigkeit zu verbessern.<br />

Nach unserer Überzeugung<br />

kann die Integration dieses technischen<br />

Hilfsmittels nur in enger Zusammenarbeit<br />

spezialisierter Orthopädietechniker<br />

und Therapeuten<br />

stattfinden.<br />

Mit einer früh einsetzenden Prothesengebrauchsschulung<br />

schafft<br />

man für Klienten die Voraussetzun-<br />

Abb. 4a u. b „Clothespin Relocation<br />

Test“ zur Evaluation der Prothesennutzung<br />

in allen Ebenen.<br />

Abb. 5a u. b Training der Aktivitäten des täglichen Lebens sowie der beruflichen<br />

Tätigkeiten/Hobbys.<br />

b.<br />

b.<br />

Zitation: Fürst A, Baumgärtler HP. Schulung im Umgang mit Exoprothesenpassteilen an der oberen Extremität (Armprothesen).<br />

Orthopädie Technik. <strong>2024</strong>; 75 (5): 74–79<br />

78<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

gen, ihre verbliebenen Fähigkeiten<br />

maximal zu nutzen, die Akzeptanz<br />

für eine Prothese zu fördern und frühzeitig<br />

Lebensperspektiven zu schaffen.<br />

Unsere Erfahrung hat gezeigt,<br />

dass ein abgestuftes Training, angelehnt<br />

an die ICF, die Therapieplanung<br />

erleichtern und eine Gewöhnung an<br />

die Prothese fördern kann.<br />

Unsere Empfehlung ist, sämtliche<br />

Ergebnisse aus durchgeführten Assessments<br />

zusammen mit einer ausführlichen<br />

Videodokumentation dem<br />

Kostenträger als Entscheidungshilfe<br />

vorzulegen.<br />

Hinweis:<br />

In dem Artikel wird die männliche<br />

Schreibweise der schnelleren Lesbarkeit<br />

wegen verwendet, wir würden sie<br />

aber gerne als geschlechtsneutral verstanden<br />

wissen.<br />

Die Autoren:<br />

Alexander Fürst<br />

Ergotherapeut<br />

Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik<br />

Murnau<br />

Prof.-Küntscher-Straße 8<br />

82418 Murnau am Staffelsee<br />

alexander.fuerst@bgu.murnau.de<br />

0151/18313399<br />

Hans-Peter Baumgärtler<br />

Leitung Ergotherapie<br />

Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik<br />

Murnau<br />

Prof.-Küntscher-Straße 8<br />

82418 Murnau am Staffelsee<br />

hans.baumgaertler@bgu-murnau.de<br />

Begutachteter Beitrag/reviewed paper<br />

Literatur:<br />

[1] SRF 2 Kultur. Schritt für Schritt: Die Geschichte der Prothese.<br />

https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/pro<br />

thesen-im-wandel-schritt-fuer-schritt-die-geschichte-derprothese<br />

(Zugriff am 18.01.<strong>2024</strong>)<br />

[2] Jakubowitz E, Kettenbach A, Fleischer-Lück B. Aktuelle<br />

Entwicklungen in der Handprothetik – wie nah sind wir<br />

wirklich an Sensibilität und Intelligenz? Orthopädie Technik,<br />

2018; 69 (7): 30–38<br />

[3] Meinecke-Allekotte B. Mit einer myoelektrischen Handprothese<br />

zurück ins Leben – Prothesengebrauchsschulung<br />

als Teil des interdisziplinären Rehabilitationspfads. Orthopädie<br />

Technik, 2021; 72 (2): 38–43<br />

[4] Kretz D. Teilhandamputation und Hilfsmittelversorgung<br />

– welche Versorgungen sind sinnvoll? Orthopädie<br />

Technik, 2018; 69 (7): 40–44<br />

[5] Biddiss EA, Chau TT. Upper limb prosthesis use and<br />

abandonment: A survey of the last 25 years. Prosthetics<br />

and Orthotics International, 2007; 31 (3): 236–257<br />

[6] Roeschlein RA, Domholdt E. Factors related to successful<br />

upper extremity prosthetic use. Prosthetics and Orthotics<br />

International, 1989; 13 (1): 14–18<br />

[7] Dromerick AW et al. Effect of Training on Upper-Extremity<br />

Prosthetic Performance and Motor Learning: A Single-Case<br />

Study. American Academy of Physical Medicine<br />

and Rehabilitation, 2008; 89 (6): 1199–1204<br />

[8] Weeks DL, Wallace SA, Anderson DI. Training with an<br />

upper-limb prosthetic simulator to enhance transfer of<br />

skill across limbs. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation,<br />

2003; 84 (3): 437–443 https://doi.org/10.1<strong>05</strong>3/<br />

apmr.2003.50014<br />

[9] Grifka J, Kuster M. Orthopädie und Unfallchirurgie: Für<br />

Praxis, Klinik und Facharztprüfung. Heidelberg: Springer,<br />

2011<br />

[10] Engel GL. The need for a new model: a challenge for<br />

biomedicine. Science, 1977; 196 (8): 129–136. https://doi.<br />

org/10.1126/science.847460<br />

Weiterführende Literatur:<br />

Baumgartner R, Botta P. Amputation und Stumpfversorgung.<br />

Stuttgart, Thieme: 2007<br />

Benner S et al. Exoprothesenversorgung der oberen<br />

Extremität. Trauma und Berufskrankheit, 2019; 21: 55–60.<br />

https://doi.org/10.1007/s10039-019-0414-2<br />

Breier S. Verbessern nach Amputation Alltagsfunktionalität<br />

und Lebensqualität: Myoelektrische Teilhandprothesen.<br />

Ergotherapie und Rehabilitation, 2020; 59 (4): 20–24<br />

Glapa K et al. Rehabilitation bei Patienten nach Amputationen<br />

an den Extremitäten. Orthopäde, 2021; 50: 900–909.<br />

https://doi.org/10.1007/s00132-021-04173-x<br />

Greitemann B, Brückner L, Schäfer M, Baumgartner R<br />

(Hrsg.). Amputation und Prothesenversorgung. Indikationsstellung<br />

– operative Technik – Nachbehandlung –<br />

Funktionstraining. 4. Auflage. Stuttgart: Thieme, 2016<br />

Karst B, Winkler C. Spezielle Bewegungstherapie – obere<br />

Extremität. In: Greitemann B, Brückner L, Schäfer M,<br />

Baumgartner R (Hrsg). Amputation und Prothesenversorgung.<br />

4. Auflage. Stuttgart: Thieme, 2016<br />

Kulmer T, Kogelbauer B, Sommer M. Assessments bei<br />

myoelektrischen Prothesen der oberen Extremität – ein<br />

modifizierter Scoping Review. ergoscience 2016, 11 (3):<br />

102–112<br />

Salminger S et al. Prothetischer Ersatz an der oberen<br />

Extremität bei Amputation oder Funktionsverlust. Manuelle<br />

Medizin, 2019; 57: 16–20. https://doi.org/10.1007/<br />

s00337-018-0490-6<br />

Simmel S, Baumgärtler H-P. Indikationsprüfung neuer<br />

Armprothesen. Trauma Berufskrankheiten, 2018; 20 (1):<br />

26–30. https://doi.org/10.1007/s10039-017-0280-8<br />

Verein zur Qualitätssicherung in der Armprothetik e.V.<br />

(Hrsg.). Kompendium Qualitätsstandard im Bereich der<br />

Prothetik der oberen Extremität. Dortmund: Orthopädie-<br />

Technik, 2014<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

79


Menschen bewegen.<br />

Foto: iStock<br />

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• Vereinzelung gemäß Art. 16<br />

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Lagerung und Transport<br />

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Ziel: Produkte gemäß den regulatorischen Anforderungen richtig<br />

prüfen, kennzeichnen und lagern<br />

Für wen: Geschäftsführer, QM-Beauftragte, fachliche Leitungen<br />

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Person, Erlernen von Umsetzungsstrategien<br />

Für wen: (Technische) Geschäftsführung und fachliche Leitung<br />

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verantwortliche Person tätig sind oder zukünftig tätig werden sollen.<br />

Termin: 24. September <strong>2024</strong><br />

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MDR – spezielle Anforderungen für<br />

Hersteller und Sonderanfertiger<br />

• allgemeine Pflichten der Hersteller<br />

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• System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS)<br />

Ziel: sichere Einbindung der Anforderungen der MDR als Hersteller und<br />

Sonderanfertiger<br />

Für wen: Geschäftsführung, leitende Mitarbeiter, QM- und Sicherheitsbeauftragte<br />

aus Unternehmen der Leistungserbringer, des Gesundheitshandwerks<br />

und Dienstleistungserbringer im Medizinproduktebereich und<br />

Medizinproduktehandel<br />

Termin: 09. September <strong>2024</strong><br />

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MDR – spezielle Anforderungen für<br />

Händler, Importeure und Bevollmächtigte<br />

• Pflichten der Händler<br />

• Pflichten von Importeuren und Bevollmächtigten<br />

• System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS)<br />

Ziel: sichere Einbindung der Anforderungen der MDR als Händler,<br />

Importeur und Bevollmächtigter<br />

Für wen: Geschäftsführung, leitende Mitarbeiter, QM- und Sicherheitsbeauftragte<br />

aus Unternehmen der Leistungserbringer, des Gesundheitshandwerks<br />

und Dienstleistungserbringer im Medizinproduktebereich und<br />

Medizinproduktehandel<br />

Termin: 09. September <strong>2024</strong><br />

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Kostenvoranschlägen und vertragskonformen Abrechnungen<br />

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Orthopädie-Technik (BIV-OT) und Fachverbände sowie deren Inhaber<br />

und Mitarbeiter<br />

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• Kenntnis von möglichen Fallstricken<br />

• Änderungen, die sich aus der MDR ergeben<br />

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und Dienstleistungserbringer im Medizinproduktebereich und<br />

Medizinproduktehandel<br />

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effektiv durchführen<br />

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des Gesundheitswesens bzw. der Gesundheitshandwerke<br />

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Alle Seminare ausgenommen Basiskurs Qualitätsstandards Armprothetik<br />

finden digital statt. Der Basiskurs Qualitätsstandards Armprothetik findet<br />

in Präsenz in Dortmund statt.<br />

Die Confairmed GmbH veranstaltet nationale<br />

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rund um die Technische Orthopädie; u.a. den<br />

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Wir sind ein 100%-iges Tochterunternehmen<br />

des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-<br />

Technik. Durch die direkte Verwandtschaft sind wir<br />

un mittelbar über aktuelle Vertragsabschlüsse und neue<br />

gesetzliche Vorgaben informiert.<br />

Mit diesem Wissen richten wir unsere Seminare<br />

optimal auf die Bedürfnisse der Betriebe aus.<br />

Details zu den Veranstaltungen<br />

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SEMINARPROGRAMM <strong>2024</strong>


Prothetik<br />

V. Hoursch 1 , M. Egger 1 , L. Pardo 2 , V. Witowski 1 , L. Jopp 1 , M. Kalff 1,2 ,<br />

L. Lorbeer 1 , L. Niehage 3 , O. Breitenstein 4 , S. Sehmisch 1 , J. Ernst 1,2<br />

Agonisten-Antagonisten­ Myoneural-Interface<br />

(AMI) – eine<br />

neue Versorgungsdimension für<br />

den transtibialen Stumpf?<br />

Agonist-antagonist Myoneural Interface (AMI) – a New Treatment<br />

Dimension for the Transtibial Limb?<br />

1<br />

Medizinische Hochschule Hannover, Klinik<br />

für Unfallchirurgie, Carl-Neuberg-Straße 1,<br />

30625 Hannover, Deutschland<br />

2<br />

Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie<br />

und Plastische Chirurgie, Universitätsmedizin<br />

Göttingen, Deutschland<br />

3<br />

OTM, John + Bamberg GmbH & Co. KG,<br />

Hannover<br />

4<br />

OTM, Brandes & Diesing OHG, Hannover<br />

Myodese, Myoplastik und Myopexien<br />

sind operative Techniken, die<br />

eine Refixierung der Muskulatur im<br />

Stumpf zur Polsterung des distalen<br />

Knochenendes und der muskulären<br />

Führung des Stumpfes beschreiben.<br />

Eine Ruptur oder Dislokation<br />

der Muskeltransposition am transtibialen<br />

Amputationsstumpf kann<br />

zu einer insuffizienten Weichteildeckung,<br />

immobilisierenden Ulzerationen,<br />

Stumpfschmerzen und bei sehr<br />

aktiven Unterschenkelamputierten<br />

zu biomechanischen Einschränkungen<br />

beim Gehen führen. Das Agonisten-Antagonisten-Myoneural-Interface<br />

(AMI) beschreibt eine neue<br />

Operationsmethode, bei der Muskel-Agonisten<br />

und -Antagonisten<br />

gezielt miteinander gekoppelt werden.<br />

Durch die Wiederherstellung<br />

des Agonisten-Antagonisten-Gefüges<br />

konnten die Erstbeschreiber den<br />

Lagesinn der amputierten Extremität<br />

(Pro priozeption) rekonstruieren<br />

und eine verbesserte motorische<br />

Kon trolle des Stumpfes, der Prothese<br />

und des Gehvermögens aufzeigen.<br />

In dieser Arbeit stellen wir unsere<br />

ersten Ergebnisse mit dieser Operationstechnik<br />

im Rahmen transtibialer<br />

Amputationen, die Komplikationen<br />

und den Einfluss dieser Operationstechnik<br />

auf den Stumpf vor.<br />

Schlüsselwörter: Unterschenkelamputation,<br />

Myodese, Myoplastik,<br />

Agonist-Antagonist-Myoneurale<br />

Schnittstelle (AMI), Propriozeption<br />

Myodesis, myoplasty and myopexy<br />

are surgical techniques describing<br />

the refixation of the muscles in the<br />

residual limb to cushion the distal<br />

end of the bone and to improve<br />

motor control of the residual limb.<br />

At transtibial amputees a rupture or<br />

dislocation of this cushion can lead<br />

to insufficient soft tissue coverage<br />

on the ventral, distal tibia. This leads<br />

often to ulcerations, residual limb<br />

pain and, in very active transtibial<br />

amputees, restrictions in walking.<br />

The Agonist-Antagonist-Myoneural-Interface<br />

(AMI) describes a new<br />

surgical method in which muscle agonists<br />

and antagonists are selectively<br />

coupled. By restoring the agonist-antagonist<br />

muscle strain the inventors<br />

could demonstrate restored proprioception,<br />

improved motor control of<br />

the residual limb and the prosthesis<br />

and improved gait. In this paper<br />

we present the first results with this<br />

surgical technique for transtibial amputations,<br />

its complications, and the<br />

influence of this surgical technique<br />

on residual limb circumference.<br />

Key words: Transtibial Amputation,<br />

Myodesis, Myoplasty, Agonist-Antagonist<br />

Myoneural Interface (AMI),<br />

Proprioception<br />

Allgemeines und<br />

Prävalenzen<br />

In Deutschland werden jährlich ca.<br />

56.000 Amputationen durchgeführt.<br />

Die Amputationszahlen steigen gegenwärtig<br />

jährlich um 6,7 %. Gleichzeitig<br />

sinken dabei die Zahlen an Majoramputationen<br />

[1].<br />

11,5 % dieser Amputationen sind<br />

transtibiale Amputationen [1]. Aus<br />

biomechanischer Perspektive ist eine<br />

transtibiale Amputation mit Erhalt<br />

der Kniegelenkfunktion einer Oberschenkelamputation<br />

und Knieexartikulation<br />

überlegen. Kurze transtibiale<br />

Stümpfe können bis zu einer Länge<br />

von 5–6 cm und Erhalt des Ansatzes<br />

der Patellarsehne funktionell sein [2].<br />

Chirurgische Grundprinzipien<br />

der transtibialen Amputation<br />

und ihre Modifikationen<br />

Chirurgische Zielgrößen für eine erfolgreiche<br />

prothetische Versorgung sind<br />

ein funktioneller, sensibler und suffizient<br />

weichteilgedeckter Stumpf [3].<br />

Stumpflänge<br />

Bei der Planung der Osteotomiehöhe<br />

bleibt eine Tibialänge von 5 cm funktionell<br />

prothetisch versorgbar. Ab einer<br />

Tibialänge von 8 cm wird empfohlen,<br />

die Fibula zu entfernen, da<br />

auf dieser Höhe die Membrana interossea<br />

fehlt und es so zu Druckstellen<br />

aufgrund der häufigeren Dislokation<br />

der Fibula kommen kann [3]. Brückner<br />

beschrieb für vaskulär kompromittierte<br />

Patienten, dass eine Tibialänge<br />

von 9 cm mit weniger Kompli­<br />

82<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

kationen einhergeht [5]. Tibia längen<br />

von bis zu 16–18 cm haben in der Regel<br />

eine gute Weichteildeckung durch<br />

die kräftigen Muskelbäuche auf dieser<br />

Amputationshöhe. Bei Stumpflängen<br />

darüber hinaus kann eine suffiziente<br />

Weichteildeckung aufgrund des<br />

sehnigen, distalen Anteils der Unterschenkelmuskeln<br />

erschwert sein. Die<br />

Fibula sollte 1–2 cm kürzer als die Tibia<br />

sein und die Tibia sollte im ventralen<br />

Drittel abgerundet werden [3].<br />

Weichteilmanagement<br />

Die Planung des Hautlappens wird<br />

durch die verfügbare intakte Haut und<br />

Weichteile determiniert. Es hat sich<br />

nach Burgess ein langer dorsaler Lappen<br />

(Haut der Wade bis zur Achillessehne)<br />

und ein kurzer ventraler Hautlappen<br />

durchgesetzt, die in einer ventralen,<br />

horizontalen Narbe abheilen<br />

[3, 4]. Diese Technik wurde später von<br />

Brückner modifiziert [5]. Eine Alternative<br />

sind zwei symmetrische mediale<br />

und laterale Hautlappen mit einer vertikalen<br />

Narbe (sagittaler Zugang) [6–8].<br />

Die tiefen und oberflächlichen Flexoren<br />

inklusive des M. soleus, die Unterschenkelextensoren<br />

und die lateralen<br />

Muskeln der Peronealloge werden<br />

so weit proximal wie möglich reseziert<br />

und entfernt. Der mediale und/oder<br />

laterale Gastrocnemiusbauch wird<br />

von dorsal nach ventral um die Tibia<br />

und Fibula geschlagen. Die oberflächlichen<br />

Faszien der Mm. gastrocnemii<br />

werden an die der Stümpfe der Mm.<br />

peronaei bzw. an das mediale Periost<br />

der Tibia mit resorbierbarem Nahtmaterial<br />

fixiert (Myoplastik, Myopexie).<br />

Eine Modifikation der Fixierung<br />

von Muskelstümpfen ist die transossäre<br />

Fixation des Muskellappens durch<br />

Bohrlöcher durch die Tibia (Myodese<br />

nach Bowker) [2, 9, 10], s. Abb. 1a, b .<br />

Durch die Refixierung der Muskulatur<br />

um den Knochen verbessert sich<br />

ebenso die Durchblutung des Stumpfendes.<br />

Eine zu enge, strangulierende<br />

Muskelnaht hingegen kann zu Muskelnekrosen<br />

führen. Mechanisch widerstandsfähiger<br />

sind die Muskelfaszien,<br />

die in den drei oben genannten<br />

Techniken von dem Nahtmaterial satt<br />

und muskelsparend gegriffen werden<br />

sollten, um eine stabile Naht zu ermöglichen<br />

[2, 11, 12].<br />

Die Transposition und Refixation<br />

der Stumpfmuskulatur ist wichtig,<br />

um eine komfortable, sichere und robuste<br />

Schaftanpassung erzielen zu<br />

können. Aus orthopädietechnischer<br />

Perspektive sollte dies so erfolgen,<br />

dass insgesamt eine konische Form<br />

des Unterschenkelstumpfes erzielt<br />

wird. Demnach lässt sich ein Stumpf<br />

mit dreieckigem, konischem Querschnitt<br />

drehstabil in den Prothesenschaft<br />

einbetten. Eine Birnenform<br />

erschwert die Prothesenversorgung<br />

und eine schnelle Atrophie der Unterschenkelmuskeln<br />

ermöglicht die<br />

definitive Prothesenversorgung und<br />

damit die Mobilisation und Rehabilitation<br />

[2, 13]. In der klinischen Versorgung<br />

sind wir jedoch häufiger mit<br />

den Komplikationen distal und am<br />

Fibulaköpfchen insuffizient weichteilgedeckter<br />

Unterschenkelstümpfe<br />

konfrontiert als Folge der Atrophie der<br />

konischen Stumpfformung.<br />

Grenzen der gegenwärtigen<br />

Prinzipien der Unterschenkelamputation<br />

Das stabile Vernähen von Muskulatur<br />

miteinander grenzt am Stumpf wie auch<br />

in anderen Bereichen der Chirurgie an<br />

biomechanische Grenzen [14]. Unabhängig<br />

vom Nahtmaterial können<br />

Nähte aus der weichen, bei Muskelkontraktur<br />

stets bewegenden Muskulatur<br />

ausreißen, insbesondere wenn<br />

das Knie vor abgeschlossener Vernarbung<br />

bewegt wird. Dies kann auch bei<br />

einer transossären Fixation der Muskelstümpfe<br />

auftreten [15].<br />

Die Dislokation der Muskelstümpfe<br />

nach proximal führt zu einer insuffizienten<br />

Weichteildeckung der Tibia-<br />

und Fibulaenden, bis das Stumpfende<br />

nur noch mit Vollhaut bedeckt<br />

ist. Dies kann zu Druckstellen, Ulzerationen<br />

und Stumpfschmerzen führen.<br />

Um die Muskelnaht stabil in einer<br />

Vernarbung abheilen zu lassen,<br />

hat Brückner eine Immobilisation der<br />

Kniebeugung bis zur stabilen Ausheilung<br />

empfohlen [13].<br />

Der Anteil oben beschriebenen<br />

Abgleitens der Muskeln vom Stumpfende<br />

mit notwendiger chirurgischer<br />

Revision tritt in ca. 6 % der Fälle auf,<br />

insbesondere, wenn der Stumpf in<br />

eine Prothese mit zu engem Schafteingang<br />

angepasst wird. Durch den<br />

Zug an den Muskeln beim Einsteigen<br />

in den Schaft kann das Ausreißen begünstigt<br />

werden [13, 16, 17].<br />

Ein weiteres wichtiges Ziel der chirurgischen<br />

Refixierung der Muskeln<br />

um den Knochenstumpf ist neben der<br />

Weichteildeckung der Erhalt der physiologischen<br />

Vorspannung der Muskeln<br />

[18]. Durch die Amputation verlieren<br />

die Muskeln ihren distalen Ansatz.<br />

Durch die fehlende distale Insertion<br />

ziehen sie sich zurück und können<br />

sich trotz intakter Innerva tion<br />

nicht mehr kontrahieren [13].<br />

Um die Polsterung des knöchernen<br />

Stumpfes und den distalen Reinsertionspunkt<br />

der Muskeln zu erreichen,<br />

werden die Muskelstümpfe bisher wie<br />

oben beschrieben über dem knöchernen<br />

Stumpfende miteinander vereinigt<br />

(wahlweise die Agonisten und<br />

Anta gonisten, Myoplastik) oder transossär<br />

am Knochen fixiert (Myopexie,<br />

Myodese) [19]. In seinen Reiseberichten<br />

nach der Rückkehr von seinem<br />

Kollegen Marian Weiss aus Wierzejewskiego<br />

beschrieb der Amputationschirurg<br />

Ernest Martin Burgess die gute<br />

Stumpfpolsterung und erhaltene Propriozeption,<br />

nachdem er diese Stumpfmuskel-adressierende<br />

Vorgehensweise<br />

erstmals gesehen hatte [20]. Diese<br />

klinische Beobachtung konnte 1967<br />

und bis heute weder für die Myoplastik<br />

noch für die Myodese objektiviert werden<br />

[19].<br />

Agonisten-Antagonisten­<br />

Myoneural-Interface (AMI)<br />

Die Propriozeption beschreibt unseren<br />

Lagesinn. Also die Fähigkeit, bei<br />

geschlossenen Augen genau zu wissen,<br />

in welcher Position sich Körperteile<br />

befinden [21]. Propriozeption<br />

wird zentral im Großhirn durch neurale<br />

Informationen aus dem Kleinhirn,<br />

den Gehörgängen, aus spinaler<br />

Ebene und Informationen aus peripheren<br />

Sinnesorganen in Muskeln,<br />

Sehnen, Gelenkkapseln und Haut verrechnet<br />

[22, 23]. Bei diesen peripheren<br />

Sinnesorganen wird die Propriozeption<br />

in erster Linie durch Mechanorezeptoren<br />

vermittelt, die als Muskelspindeln<br />

und Golgi-Sehnenorgane<br />

bezeichnet werden und Muskellänge,<br />

-geschwindigkeit und -spannung<br />

wahrnehmen. Diese Rezeptoren sind<br />

in den Muskeln und am Muskel-Sehnen-Übergang<br />

lokalisiert [24].<br />

In den Extremitäten überspannen<br />

Muskelpaare ein Gelenk und sind als<br />

Agonist und Antagonist miteinander<br />

gekoppelt. Eine afferente Signalübertragung<br />

der Information von den<br />

Mechanorezeptoren bei Bewegungen<br />

der Gliedmaßen wird durch die Mus­<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

83


Prothetik<br />

b.<br />

c.<br />

Fibula<br />

Tibia<br />

Die Osteotomie wird bei einer Länge<br />

von 14–16 cm und die Hautlappen<br />

mit einem langen dorsalen Lappen<br />

geplant. Während der transtibialen<br />

Amputation werden bei der AMI-Methode<br />

der M. tibialis anterior und ein<br />

Bauch des M. gastrocnemius unter<br />

Vorspannung an den intramuskulären<br />

Anteil der Sehnen ventral der Tibia<br />

miteinander durch eine Sehnennaht<br />

verknüpft, um die muskuläre<br />

Kopplung der Fußhebung und -senkung<br />

(oberes Sprunggelenk) zu rekona.<br />

Gastrocnemius-Muskel<br />

Soleus-<br />

Muskel<br />

Achillessehne<br />

kelanspannung und -entspannung<br />

der Agonisten und Antagonisten codiert.<br />

Bei der Fußhebung führt eine<br />

Kontraktion der Fußheber (Extensoren<br />

und M. tibialis anterior) zu einer<br />

Dehnung der entspannten Fußsenker<br />

(Flexoren, Mm. gastrocnemius medialis<br />

und lateralis sowie M. soleus).<br />

Das bisherige Vorgehen bei einer<br />

transtibialen Amputation berücksichtigt<br />

nicht oder nur unvollständig die<br />

anatomische und neuromechanische<br />

Kopplung von Agonisten und Antagonisten<br />

(Abb. 1a, b).<br />

Abb. 1a–c Möglichkeiten der<br />

Refixation der Stumpfmuskulatur.<br />

Myoplastik/-pexie (a). Die Faszie des<br />

dorsalen Gastrocnemiusbauchs wird<br />

an der ventralen derben Faszie über<br />

eine Naht fixiert, um die Tibia und Fibula<br />

abzupolstern (b). Myodese. Die<br />

Stumpfmuskulatur wird über Bohrlöcher<br />

an der Tibia fixiert (c). AMI: Agonist<br />

und Antagonist werden miteinander<br />

verbunden (oben). Kontrahiert<br />

der Agonist (links unten), wird der Antagonist<br />

(rechts oben) gedehnt. AMI<br />

transtibial bedeutet, dass der M. tibialis<br />

anterior und ein Bauch des M. gastrocnemius<br />

unter Vorspannung ventral<br />

der Tibia miteinander durch eine<br />

Sehnennaht verknüpft werden. Wenige<br />

Zentimeter distal vom ersten AMI<br />

folgt der zweite AMI, dazu werden<br />

der M. proneus longus und der M. tibialis<br />

posterior miteinander verbunden.<br />

Ziel ist, die muskuläre Kopplung<br />

der Fußhebung und -senkung (oberes<br />

Sprunggelenk) zu rekonstruieren (vgl.<br />

Abb. 2c).<br />

Copyright A Innovative Amputations medizin, Klinik für<br />

Unfallchirurgie Medizinische Hochschule Hannover<br />

Schnelle Reaktionen zur Korrektur<br />

der Haltung und zum Ausgleich des<br />

Gleichgewichts beim Gehen sind für<br />

Beinamputierte durch die gestörte motorische<br />

Kontrolle und propriozeptive<br />

Wahrnehmung stark beeinträchtigt<br />

[25–28].<br />

In Untersuchungen der Arbeitsgruppe<br />

der Erstbeschreiber der AMI-<br />

Technik und ihren Nachuntersuchungen<br />

konnten nach Wiederherstellung<br />

der Kopplung von Agonisten und Antagonisten<br />

im Rahmen der Amputation<br />

eine verbesserte motorische Kontrolle<br />

und propriozeptive Wahrnehmung<br />

gezeigt werden [28–32].<br />

Diese Ergebnisse als auch die Prävalenz<br />

der Vorstellung von insuffizient<br />

weichteilgedeckten transtibialen<br />

Stümpfen mit exponierter Tibiakante<br />

und Fibulaköpfchen in unserer Amputationssprechstunde<br />

motivierten uns<br />

zur Einführung dieser Operationsmethode<br />

im Januar 2022. Im Folgenden<br />

berichten wir über die ersten perioperativen<br />

Ergebnisse dieser innovativen<br />

Interpretation der Muskeltransposition<br />

für transtibial Amputierte.<br />

Methoden<br />

Patientenkollektiv<br />

Transtibial Amputierte, die im Zeitraum<br />

von Januar 2022 bis Dezember<br />

2023 AMIs erhielten, wurden eingeschlossen.<br />

Kontraindikationen waren<br />

ein massives Muskeltrauma, mangelnde<br />

Compliance und ein reduzierter<br />

Allgemeinzustand, der eine Operationszeit<br />

von mehr als drei Stunden<br />

verbietet.<br />

Operative Schritte des transtibialen<br />

Agonisten-Antagonisten­<br />

Myoneural-Interface<br />

Anzahl der<br />

Patienten<br />

Gesamt<br />

Trauma<br />

Diabetes mellitus<br />

und/oder Durchblutungsstörungen<br />

Sepsis<br />

Infektion<br />

ohne Sepsis<br />

Spätversagen<br />

von Extremitätenrekonstruktionen<br />

Kongenital<br />

20 7 1 4 1 5 1 1<br />

Geschlecht M/F 16/4 7/0 1/0 3/1 1/0 4/1 0/1 0/1<br />

Alter bei AMI-<br />

Amputation<br />

(ø, Jahre)<br />

52, 35 50, 42 85 57, 25 53 54, 17 2 53<br />

Komplikationen 3 2 – – – 1 – –<br />

Tumor<br />

Tab. 1 Demographie und Amputationsursache der transtibialen Agonisten-Antagonisten-Myoneural-Interfaces (AMI)<br />

im Beobachtungszeitraum.<br />

84<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

struieren. Diese Verbindung wird von<br />

einer gleitenden Struktur umschlossen.<br />

Dazu kann eine glatte faszienartige<br />

Struktur, der Tarsaltunnel oder<br />

das Retinakulum (extensorum) verwendet<br />

werden. Sollte dies aufgrund<br />

von Infektionen oder Nekrosen nicht<br />

möglich sein, kann alternativ eine<br />

azelluläre dermale Matrix verwendet<br />

werden. Das Gleitlager wird an der lateralen<br />

Tibiakante im distalen Drittel<br />

des Knochens mit transossären Ankernähten<br />

fixiert und das Gleitlager<br />

sodann verschlossen.<br />

Zur Rekonstruktion der Inversion<br />

und Eversion des unteren Sprunggelenks<br />

wird in gleicher Vorgehensweise<br />

wenige Zentimeter distal vom ersten<br />

AMI der M. peroneus longus mit<br />

dem M. tibialis posterior verbunden<br />

(Abb. 1c). Der verbleibende M. soleus<br />

wird bei sicherer Durchblutung von<br />

dorsal nach ventral über AMI I und<br />

II geschlagen und der Muskel mit seiner<br />

Faszie an der ventralen oberflächlichen<br />

Körperfaszie fixiert, bevor der<br />

lange dorsale Hautlappen umgeschlagen<br />

und die Haut verschlossen wird<br />

[33, Abb. 1c]. Die durchtrennten Nerven<br />

werden anschließend zur Prävention<br />

von schmerzhaften Stumpfneuromen<br />

mithilfe eines selektiven<br />

Nerventransfers auf sensible Hautnerven<br />

(Targeted Sensory Reinnervaion,<br />

TSR), motorische Empfängernerven<br />

von Nicht-AMI-Muskeln (Targeted<br />

Muscle Reinnervation, TMR) oder in<br />

ein kleines avaskuläres Muskeltransplantat<br />

(Regenerative Peripheral Nerve<br />

Interface, RPNI) koaptiert. Diese<br />

Methoden reduzieren nachweislich<br />

die Prävalenz von Neurom- und Phantomschmerzen<br />

[34–39].<br />

Alle weiteren, nicht-prozessierten<br />

Muskeln im transtibialen Amputationsstumpf<br />

werden weit proximal abgesetzt<br />

und reseziert. Vor dem Umschlagen<br />

des langen dorsalen Hautlappens<br />

sollte eine Drainage eingelegt werden.<br />

Es folgt der zweischichtige Wundverschluss.<br />

Sollten keine Kontraindikationen<br />

vorliegen, wird zur anti-ödematösen<br />

Therapie ein weißer Schwamm auf<br />

der Hautnaht aufgelegt und mit einem<br />

epikutanen Vakuumsystem versorgt.<br />

Im Operationssaal wird der Stumpf<br />

bis Mitte des Oberschenkels über das<br />

anliegende Vakuumsystem mit Watte<br />

und elastischer Wicklung moderat gewickelt<br />

und in einer Schiene in Kniestreckung<br />

unter Aufhebung der Knieflexion<br />

(Knie-Immobilisations-Schiene)<br />

für vier bis sechs Wochen Tag und<br />

Nacht ruhiggestellt.<br />

Nachbehandlung<br />

Das epikutane Vakuumsystem wird<br />

auf Station nach fünf bis sieben Tagen<br />

abgenommen. Dann wird der<br />

Stumpf mit einem Pflaster und einem<br />

rundgestrickten Stumpfkompressionsstrumpf<br />

der Kompressionsklasse II<br />

über dem Pflaster versorgt. Postoperativ<br />

wird der Stumpf inklusive des<br />

Knies in zwei Ebenen geröntgt. Die Fäden<br />

oder Hautklammern werden erst<br />

nach sicherer Wundheilung 21 bis<br />

28 Tage nach Amputation entfernt.<br />

Die Knie flexion und Belastung werden<br />

nach sechs Wochen vollständig<br />

freigegeben. Ab diesem Zeitpunkt<br />

sollen Fußhebung und -senkung sowie<br />

In- und Eversion dreimal täglich<br />

20-mal durch eine aktive Kontraktion<br />

der AMI-Muskeln beübt werden. Zum<br />

Training wird dem Patienten ein visualisiertes<br />

Bewegungsprotokoll mit<br />

den oben beschriebenen Bewegungen<br />

ausgehändigt.<br />

Outcome-Parameter<br />

Anzahl, Geschlecht, Alter und Ursache<br />

der transtibialen Amputation,<br />

Anzahl der AMIs, Komplikationen<br />

und klinische Schmerzerhebung wurden<br />

dokumentiert und analysiert.<br />

Umfänge des Amputationsstumpfes<br />

in Sechs-Zentimeter-(cm)-Schritten<br />

bis 18 cm proximal der Kniebeugefalte<br />

wurden in den klinischen Verlaufskontrollen<br />

erhoben und longitudinal<br />

im Beobachtungszeitraum illustriert.<br />

Ergebnisse<br />

Im 24-monatigen Beobachtungszeitraum<br />

wurden 20 transtibiale Amputationen<br />

mit einem AMI versorgt. Bei allen<br />

transtibialen Amputationen wurden<br />

zwei AMIs rekonstruiert (AMI I,<br />

AMI II), s. Abb. 1c, Tab. 1.<br />

Die Ursachen für eine transtibiale<br />

Amputation waren dabei akutes Trauma<br />

(n = 7), Diabetes mellitus und/<br />

oder Durchblutungsstörungen (n = 1),<br />

Sepsis (n = 4), Spätversagen von Extremitätenrekonstruktionen<br />

(n = 5),<br />

Infektion ohne Sepsis (n = 1), Tumor<br />

(n = 1) und eine Amputation im Rahmen<br />

einer angeborenen Fehlbildung<br />

(s. Tab. 1). 14 Patienten waren unilateral<br />

betroffen, drei weitere bilateral.<br />

Im Beobachtungszeitraum traten drei<br />

Komplikationen auf: zwei Frühinfek­<br />

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Prothetik<br />

tionen (n = 2) und ein Spätinfekt (n =<br />

1), die zur Resektion von mindestens<br />

einem AMI (n = 2) führten, und eine<br />

(n = 1) Nachamputation mit Konversion<br />

zu einer Knieexartikulation unter<br />

Erhalt und Transposition der AMIs I<br />

und II (s. Tab. 1).<br />

Umfänge<br />

Die im Rahmen der klinischen Untersuchung<br />

erhobenen Umfänge (in<br />

cm, hier exemplarisch für n = 1, transtibial<br />

rechts) zeigen bis zur Mobilisation<br />

einen zunehmenden Trend<br />

an allen Messpunkten in jewils 6 cm<br />

Abständen nach proximal und distal<br />

ab Kniebeugefalte. Nach Ausgabe<br />

der Interims prothese an Tag 166 nach<br />

Amputation (Anmerkung: Dies war<br />

eine sepsisassoziierte Amputation mit<br />

einer retrahierten Mobilisation aufgrund<br />

des initialen sepsisgeschwächten<br />

Allgemeinzustandes) reduziert<br />

sich der Umfang an drei von sieben<br />

Messpunkten. Gefolgt wird dies von<br />

einem Umfangs-Peak an sechs von<br />

sieben Messpunkten, der 70 Tage nach<br />

Mobilisation auf der Interimsprothese<br />

auf Umfangswert nahe direkt nach<br />

Amputation sistiert (Abb. 2a, b).<br />

Diskussion<br />

Die Konstruktion von AMIs konnte bei<br />

einer Vielzahl der Indikationen – von<br />

Trauma bis Diabetes-mellitus-assoziierten<br />

Amputationen – im Rahmen der<br />

primären Amputation im Beobachtungszeitraum<br />

durchgeführt werden.<br />

In 16 % (n = 3) der Fälle kam es zu einer<br />

Komplikation, die eine chirurgische<br />

Revision erforderte. In 5 % der Fälle<br />

(n = 1) war eine Nachamputation unter<br />

Verlust des Knies notwendig. Diese<br />

Komplikationen traten im Rahmen<br />

einer traumatischen Amputation aufgrund<br />

einer komplexen Extremitätenverletzung<br />

mit hohem Grad an Kontamination<br />

im Rahmen einer (sub-)totalen<br />

Amputation (n = 2) oder einer Amputation<br />

nach Spätversagen einer Extremitätenrekonstruktion<br />

mit chronischem<br />

Infekt auf. Beide Indikationen<br />

implizieren allein bereits ein hohes<br />

Risikoprofil für postoperative Revisionen.<br />

Überraschenderweise erlitt keine<br />

Amputation im Rahmen von Diabetes<br />

mellitus und seinen Folgen mit einer<br />

AMI-Versorgung eine Komplikation.<br />

Es konnte in der klinischen Untersuchung<br />

im Beobachtungszeitraum<br />

a.<br />

b.<br />

Copyright 2a Innovative Amputationsmedizin, Klinik<br />

für Unfallchirurgie Medizinische Hochschule Hannover<br />

c. d.<br />

Abb. 2a–d Messpunkte in Sechs-Zentimeter-Abständen ab der Kniebeugefalte<br />

nach jeweils distal und proximal (a). Umfänge eines exemplarischen transtibialen<br />

rechten Stumpfes an den Messpunkten im longitudinalen Verlauf nach der Amputation<br />

(b). Der Patient hat ein Mobilitätslevel (MOBIS) 3 erreicht. Die gepunktete Linie<br />

zeigt den Trend der Umfänge. Markiert ist ebenfalls der Zeitpunkt der Ausgabe der<br />

Interimsprothese an Tag 166 nach Amputation. Klinisches Foto eines transtibialen<br />

Amputationsstumpfes mit AMI I, II und harmonischer Weichteildeckung (c).<br />

Mit angelegten Elektroden zur Illustration der Lokalisation der Muskelbäuche nach<br />

Transposition und Ableitungsoption von EMG-Signalen der AMI-Muskeln zur zukünftigen<br />

Ansteuerung eines mechatronischen Sprunggelenks, oberes Elektrodenpaar AMI I,<br />

unteres Elektrodenpaar AMI II (d).<br />

keine Dislokation der AMIs objektiviert<br />

werden. Die AMI-Muskeln konnten<br />

reliabel von allen Patienten entsprechend<br />

ihrer Funktion angesteuert<br />

werden und führten zu einer palpablen<br />

und sichtbaren Kontraktion des<br />

entsprechenden Muskels am Amputationsstumpf,<br />

ohne dass der transponierte<br />

Muskel zu einer unkontrollierbaren<br />

Weichteilmasse („padding“)<br />

führte [3].<br />

Die im Rahmen der klinischen Untersuchung<br />

erhobenen Umfänge zeigen<br />

eine Zunahme mit einer Hypertrophie<br />

nach täglicher Mobilisation in<br />

der Interimsprothese, die dann leicht<br />

abnimmt und sich auf einem stabilen<br />

Niveau einpendelt. Insgesamt reduziert<br />

sich der Umfang in keinem<br />

Mess punkt im Beobachtungszeitraum<br />

von bis zu einem Jahr um mehr<br />

als 10 %. Dies ist deutlich weniger als<br />

Vergleichsmessungen von Stumpfvolumina<br />

und -umfängen nach Standardamputationen.<br />

In einem Review<br />

von Sanders und Fatone wird eine Volumenreduktionen<br />

von 17–35 % und<br />

eine Volumenstabilisierung 100 Tage<br />

nach Standardamputation dokumentiert<br />

[40].<br />

Dies wird in Abbildung 2 exemplarisch<br />

an einem rechten transtibialen<br />

Amputationsstumpf dargestellt. Trotz<br />

erwartet abnehmender postoperativer<br />

86<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

Schwellung bis zur Mobilisation in der<br />

Prothese wurde keine Umfangsreduktion,<br />

sondern eine Zunahme gemessen.<br />

Dies kann auf die im ausgehändigten<br />

Bewegungsprotokoll instruierte<br />

gezielte Anspannung der AMI-Muskeln<br />

ab der sechsten postoperativen<br />

Woche zurückgeführt werden. Nach<br />

regelmäßigem Gehen in der Prothese,<br />

hier gekennzeichnet als Ausgabe<br />

der Interimsprothese an Tag 166 nach<br />

Amputation (Anmerkung: Dies war<br />

eine sepsisassoziierte Amputation mit<br />

einer retrahierten Mobilisation aufgrund<br />

des initial sepsisreduzierten Allgemeinzustandes),<br />

verringert sich der<br />

Umfang in den überwiegenden Messpunkten.<br />

Dies kann auf die effektive<br />

Kompression des Schaftes unter täglicher<br />

Mobilisation in Zusammenhang<br />

mit einem residuellem Ödem zurückzuführen<br />

sein. Gefolgt wird dies von<br />

einem Umfangs-Peak an sechs von<br />

sieben Messpunkten. 100 Tage nach<br />

Mobilisation stabilisieren sich die Umfänge<br />

auf einem Wert direkt nach Amputation.<br />

Der Peak nach Mobilisation<br />

könnte eine reaktive Hypertrophie der<br />

Muskulatur als Antwort auf die Mehrbelastung<br />

in der Prothese sein.<br />

Die longitudinale Analyse der gemittelten<br />

Umfänge zeigte einen Trend<br />

zur Umfangszunahme als unmittelbar<br />

messbaren Effekt in der Nachbeobachtung<br />

dieser neuen Amputationsmethode<br />

mit relevanten Auswirkungen<br />

für einen robusteren Stumpf<br />

(Abb. 2 a–d). Es bleibt abzuwarten, wie<br />

nachhaltig in Stabilität und Funktionalität<br />

die gleitenden AMI-Konstrukte<br />

an der ventralen Tibia sind.<br />

Neben einer im ausgehändigten<br />

Bewegungsprotokoll deutlich geringen<br />

Prävalenz von Phantom- und<br />

Neuromschmerzen (n = 1/13) in dieser<br />

analysierten Subgruppe im Vergleich<br />

zu Prävalenzen nach Standard-Amputation<br />

gaben alle Patienten ein ungestörtes<br />

Phantomgefühl der amputierten<br />

Ex tremität an. Eine detaillierte<br />

Analyse der Schmerzen war hier nicht<br />

Gegenstand des vorliegenden Artikels.<br />

In Zukunft könnte es interessant sein<br />

zu untersuchen, welchen Einfluss diese<br />

neue Operationsmethode auf das<br />

Embodiment hat. Weiterhin sollte<br />

systematisch untersucht werden, wie<br />

hoch die propriozeptive Fähigkeit ist,<br />

und ob dies möglicherweise klinisch<br />

relevante Auswirkungen auf Balance<br />

und Gehvermögen hat. Die insgesamt<br />

niedrige Prävalenz amputationsassoziierter<br />

Schmerzen könnte auch Folge<br />

des selektiven Nerventransfers (TMR,<br />

TSR, RPNI) sein.<br />

Die Kopplung der Agonisten und<br />

Antagonisten wurde bereits im letzten<br />

Jahrhundert zur direkten Kraftübertragung<br />

und verbesserten Armprothesensteuerung<br />

unter dem Begriff<br />

„Kine plastik“ beschrieben [41, 42].<br />

Wir haben wie unser Kollege in Boston<br />

(M. Carty, Brigham and Women’s<br />

Hospital, Harvard Medical School Boston)<br />

in Analogie zur transtibialen Amputation<br />

das AMI-Verfahren für transradiale<br />

Amputationen durchgeführt.<br />

Anders als bei der Kine plastik wird hier<br />

die Kopplung der Agonisten und Antagonisten<br />

nun nicht zur direkten Kraftübertragung<br />

wie bei der originären<br />

Kineplastik, wohl aber zur indirekten<br />

Kraftübertragung genutzt. Es konnten<br />

nach Ausheilung der Sehnennaht unmittelbar<br />

sechs bis zu acht Myo signale<br />

zur myoelektrischen Steuerung der<br />

Handprothese genutzt werden.<br />

Die transponierten und gekoppelten<br />

Muskeln der transtibialen AMIs<br />

sind unter Laborbedingungen bereits<br />

zur myoelektrischen Steuerung<br />

von mechatronischen Sprunggelenken<br />

eingesetzt worden. Die gezielte<br />

Transposition erlaubt eine reliable<br />

Ansteuerung unter Verwendung von<br />

Oberflächenelektroden [43]. Weitere<br />

sekundäre und tertiäre Einflüsse dieses<br />

sogenannten Closed-loop-Mechanismus<br />

von rekonstruierter Propriozeption<br />

(Sensorik) und Myosignalen<br />

(motorischer Kontrolle) könnten neue<br />

Versorgungsdimensionen für Unterschenkelamputierte<br />

bedeuten.<br />

Für die Autoren:<br />

Victor Hoursch<br />

Assistenzarzt in Weiterbildung<br />

Klinik für Unfallchirurgie<br />

Medizinische Hochschule Hannover<br />

Carl-Neuberg-Straße 1<br />

30625 Hannover<br />

Hoursch.Victor@mh-hannover.de<br />

Begutachteter Beitrag/reviewed paper<br />

Zitation: Hoursch V et al. Agonisten-Antagonisten-Myoneural-Interface (AMI) – eine neue<br />

Versorgungs dimension für den transtibialen Stumpf? Orthopädie Technik, <strong>2024</strong>; 75 (5): 82–88<br />

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ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

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88<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Photo: AdobeStock: dimdimich<br />

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Prothetik<br />

M. Schäfer, T. Wetzelsperger, S. Kunz, E. Laassidi, M. Hehmann,<br />

K. Laassidi<br />

FIRST – eine neuartige<br />

Konzeptprothese für die frühe<br />

Versorgung von Kindern mit<br />

angeborenen Fehlbildungen an<br />

den oberen Extremitäten<br />

FIRST – a Novel Concept Prosthesis for the Early Care of Children<br />

with Congenital Malformations of the Upper Extremities<br />

Die prothetische Versorgung der<br />

kindlichen oberen Extremität ist in<br />

den seltensten Fällen auf einen klassischen<br />

Amputationshintergrund<br />

zurückzuführen. Zwar treten auch<br />

hier traumatisch bedingte Amputationen<br />

wie z. B. in Folge landwirtschaftlicher<br />

oder verkehrsbedingter<br />

Unfälle oder Amputationen nach<br />

Tumorerkrankungen auf, den dominanten<br />

Anteil der Versorgungsindikationen<br />

an der kindlichen oberen<br />

Extremität nehmen jedoch jene Fälle<br />

ein, in denen Kindern aufgrund angeborener<br />

Fehlbildungen Finger, die<br />

Hand, der Unterarm oder sogar der<br />

ganze Arm fehlt. Nicht selten kommt<br />

es im Zuge von ersten prothetischen<br />

Versorgungen zu einem ablehnenden<br />

Verhalten der Kinder. Dieses ist<br />

einerseits auf den Umstand zurückzuführen,<br />

dass bei diesem Krankheitsbild<br />

der Körper von Geburt an<br />

kortikal so angelegt ist, wie er ist,<br />

und die Kinder eine fehlende Hand<br />

nicht vermissen, zum anderen wurde<br />

der erstprothetischen Versorgung<br />

von Kindern mit angeborenen<br />

Fehlbildungen keine ausreichende<br />

Aufmerksamkeit im Hinblick auf die<br />

regelhafte motorische Entwicklung<br />

eines Kindes zuteil. Die bis dato zumeist<br />

zum Einsatz kommenden passiven<br />

Erstprothesenversorgungen –<br />

früher Patschhände genannt – bieten<br />

keine wirklich spürbare und effiziente<br />

Unterstützung und somit<br />

auch keinen tatsächlichen Mehrwert<br />

in dieser frühen Versorgungsphase<br />

des kindlichen Alltages. Basierend<br />

auf dieser Erkenntnis wurde ein neuartiges<br />

System zur erstprothetischen<br />

Versorgung von Kindern mit angeborenen<br />

Fehlbildungen entwickelt.<br />

Das hier vorgestellte neuartige<br />

Prothesenkonzept FIRST setzt genau<br />

an den geschilderten Problemen und<br />

den daraus gewonnenen Erfahrungen<br />

und Erkenntnissen an. Über eine<br />

spielerische Gestaltung dieser Konzeptprothese,<br />

orientiert an der motorischen<br />

Entwicklung in der frühkindlichen<br />

Phase, ausgeführt im bunten<br />

3D-Druck-Design und angereichert<br />

mit verschiedenen Werkzeugen für<br />

den Einsatz im frühkindlichen Alltag,<br />

versucht die FIRST-Prothese die Aufmerksamkeit<br />

des Kindes zu wecken<br />

und den Charakter eines Alltagbegleiters<br />

im Leben abzubilden.<br />

Schlüsselwörter: Dysmelie, Kinder,<br />

FIRST, Armprothese, 3D-Druck, Entwicklungsmotorik<br />

The prosthetic treatment of the<br />

child‘s upper extremity is rarely due<br />

to a classic amputation background.<br />

Although traumatically-related amputations<br />

also occur here, such as a<br />

result of agricultural or traffic- related<br />

accidents or amputations after tumor<br />

diseases, the main indications for<br />

care of children‘s upper extremities<br />

are those cases in which children<br />

have malformated fingers, hands,<br />

etc. due to congenital malformations<br />

in the Forearm or even the entire<br />

arm. It is not uncommon for children<br />

to behave negatively during the first<br />

prosthetic fittings. On the one hand,<br />

this is due to the fact that in this<br />

clinical picture the body is cortically<br />

designed the way it is from birth and<br />

the children do not miss a missing<br />

hand, and on the other hand, the<br />

initial prosthetic care of children<br />

with congenital malformations has<br />

not received sufficient attention<br />

the regular motor development of a<br />

child. The passive initial prosthetics<br />

that have mostly been used to date<br />

– previously called patty hands – do<br />

not offer any really noticeable and<br />

efficient support and therefore no<br />

actual added value in this early care<br />

phase of the child‘s everyday life.<br />

Based on this knowledge, a novel<br />

system was developed for the initial<br />

prosthetic care of children with congenital<br />

malformations.<br />

The novel FIRST prosthetic concept<br />

presented here addresses exactly<br />

the problems described and<br />

the experiences and insights gained<br />

from it. Through a playful design<br />

of this concept prosthesis, oriented<br />

towards motor development in the<br />

early childhood phase, executed in<br />

a colorful 3D printed design and enriched<br />

with various tools for use in<br />

everyday life in early childhood, the<br />

FIRST prosthesis attempts to arouse<br />

the child‘s attention and character of<br />

an everyday companion in life.<br />

Key words: Congenital Malformations,<br />

Children, FIRST, Upper Extremity<br />

Prosthetics, 3D-Print, Developmental<br />

Motor Skills<br />

90<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

Einleitung<br />

Die Inzidenz von angeborenen Fehlbildungen<br />

an den oberen Extremitäten<br />

kann leider nicht in einem internationalen<br />

Zusammenhang angegeben<br />

werden, weil diese nur in vereinzelten<br />

Ländern und nicht durchgängig<br />

erhoben wird. Insofern stützt man<br />

sich in der Aussage auf die konkreten<br />

Zahlen dieser Erhebungen. Demnach<br />

kommen angeborene Fehlbildungen<br />

an den oberen Extremitäten bei ca. 1<br />

von 2800 Geburten vor [1, 2]. Je nach<br />

Ausprägungsform können individuelle<br />

Hilfsmittel wie Prothesen oder individuell<br />

angepasste Alltagshilfen funktionelle<br />

Defizite ausgleichen und die<br />

Optik und/oder Funktion der versorgten<br />

Extremität an das physiologische<br />

Vorbild annähern.<br />

Schon früh versuchte man, die Kinder<br />

mit passiven Prothesen ab einem<br />

Alter von ca. 6 Monaten an die Verwendung<br />

von externen Hilfsmitteln<br />

zu gewöhnen, um die motorische und<br />

neuronale Entwicklung im Kindesalter<br />

hin zu einer bimanuellen Interaktion<br />

im Alltag zu fördern [3]. Die<br />

erfolgreiche Anwendung eines solchen<br />

Körperersatzes verlangt jedoch<br />

vom Kind eine gezielte Koordination<br />

der eingeschränkten Freiheitsgrade<br />

mit oft notwendigen Ausgleichsbewegungen<br />

erschwerend zum fehlenden<br />

taktilen Feedback der Prothese. Zusätzlich<br />

empfinden Kinder mit kongenitalen<br />

Fehlbildungen an der oberen<br />

Extremität ihre gesundheitliche Lebensqualität<br />

in vielen Fällen als kaum<br />

herabgesetzt im Vergleich zu gesunden<br />

Kindern [4].<br />

Dabei spielen auch klinische Faktoren,<br />

wie z. B. die noch vorhandene<br />

Länge des fehlgebildeten Ärmchens,<br />

eine nicht zu unterschätzende Rolle,<br />

da vor allem die längeren distalen<br />

Stumpfvarianten gute bimanuelle<br />

Kompensationen erfüllen können<br />

und von den Kindern auch entsprechend<br />

erfolgreich eingesetzt werden<br />

[5]. Auch existierende Handgelenke<br />

oder Pseudo-Handgelenke, deren distaler<br />

Part nur weichteilig-muskulär<br />

dargestellt ist, können den funktionalen<br />

Einsatz des fehlgebildeten Ärmchens<br />

funktionell bereichern [6]. Zu<br />

respektieren ist auch, dass sich Eltern<br />

von Kindern mit angeborenen Fehlbildungen<br />

gegen eine prothetische<br />

Versorgung für ihr Kind entscheiden<br />

können.<br />

Die Summe der situativen und klinischen<br />

Erkenntnisse vereinfacht die<br />

Empfehlung zum Start einer möglichen<br />

Hilfsmittelversorgung nicht<br />

maßgeblich. In der Literatur existieren<br />

viele unterschiedliche Erkenntnisse,<br />

die auf einen Versorgungsstart<br />

zwischen dem 2. Lebensmonat und<br />

dem 2. Lebensjahr als möglichen<br />

Startzeitpunkt für eine prothetische<br />

Versorgung hinweisen [7]. Studien<br />

mit kindlichen Patientenkollektiven<br />

zeigen auch länderspezifische Unterschiede<br />

zum Versorgungsstart sowie<br />

der Art der ersten Prothesenversorgung<br />

[8, 9].<br />

Letztendlich kann man konstatieren,<br />

dass in eine Entscheidung zum<br />

Zeitpunkt der ersten prothetischen<br />

Versorgung mehrere Kriterien einfließen.<br />

Neben dem persönlichen Umfeld<br />

des Kindes sowie der kognitiven<br />

Entwicklung fließen auch die klinischen<br />

Voraussetzungen der Extremität<br />

mit ein. Die Art des angebotenen<br />

Hilfsmittels, die Auswahl der zur Verfügung<br />

stehenden Technologien sowie<br />

die Unterstützung beim Erlernen<br />

des Anwendens nehmen einen nicht<br />

zu unterschätzenden Einfluss auf den<br />

Versorgungserfolg.<br />

In Nordamerika wurde zu Beginn<br />

des Jahrtausends im Rahmen einer<br />

Umfrage von 56 % der befragten Kliniken<br />

rückgemeldet, dass sie den Start<br />

der prothetischen Versorgung im Alter<br />

von 6 Monaten – zunächst mit passiven<br />

und Eigenkraft-gesteuerten Prothesenvarianten<br />

– präferieren, die Versorgung<br />

mit einer myoelek trischen<br />

Prothese aber schon oft vor einer Beendigung<br />

des 1. Lebensjahres zum<br />

Einsatz kommt. Das selbstständige<br />

Sitzen des Kindes, das normalerweise<br />

zwischen dem 6. und 10. Lebensmonat<br />

erlernt wird, wurde im Kontext<br />

zur Prothesenversorgung von einigen<br />

Kliniken als Voraussetzung zum Versorgungsstart<br />

benannt. Einen konkreten<br />

entwicklungsneurologischen<br />

Bezug kann man aus dieser Forderung<br />

jedoch nicht ableiten [7].<br />

Erkenntnisse aus der prothetischen<br />

Versorgung<br />

der oberen Extremität im<br />

Kindesalter<br />

Prothesenversorgungen im Bereich<br />

der oberen Extremitäten können eine<br />

wichtige Rolle im Leben von Kindern<br />

einnehmen. Dabei sind jene Kinder<br />

mit tatsächlich durchgeführten Amputationen<br />

deutlich in der Minderheit<br />

und werden in den meisten Fällen<br />

eher in den distal gelegenen Amputationsniveaus<br />

der Hand und des Unterarmes<br />

prothetisch versorgt [1, 2, 8].<br />

In der Nachversorgung amputierter<br />

Kinder steht die prothetische Versorgung<br />

nicht zur Diskussion, da sie in<br />

diesen Fällen die wichtige Herausforderung<br />

einer bestmöglichen körperlichen<br />

und funktionalen Wiederherstellung<br />

der zuvor vorhandenen und<br />

kortikal angelegten Hand einnimmt.<br />

Studien hierzu belegen neben positiven<br />

psychologischen Effekten auch<br />

den wertvollen Beitrag von Prothesen<br />

sowohl zur Minderung der kortikalen<br />

Reorganisation wie auch des Phantomschmerzes<br />

[9, 10].<br />

Leider sind die höheren Gelenkniveaus<br />

wie das Ellenbogen- und<br />

Schultergelenk in der prothetischen<br />

Abb. 1 Individuell angepasste Alltagshilfen für Kinder mit angeborenen Fehlbildungen.<br />

Fotos: Pohlig GmbH<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

91


Prothetik<br />

Fotos: Pohlig GmbH<br />

Passteilauswahl nur sehr gering und<br />

funktionell ungenügend repräsentiert.<br />

Dagegen fordert die indikative<br />

Weichenstellung zur prothetischen<br />

Versorgung bei Kindern mit angeborenen<br />

Fehlbildungen ein deutlich differenzierteres<br />

Vorgehen. Die Kinder<br />

vermissen die fehlenden Anteile der<br />

oberen Extremität nicht, weil diese<br />

bereits seit der Geburt körperlich so<br />

angelegt sind. Geringgradige Ausprägungen<br />

mit Fehlbildungen an den<br />

Fingern und der Hand können oftmals<br />

gut und ohne größere Einbußen<br />

im Lebensalltag kompensiert werden.<br />

Sobald jedoch die Greif- und Haltefunktion<br />

der Hand eingeschränkt ist,<br />

hat dies auch Auswirkungen auf den<br />

Lebensalltag. Oftmals können spezifische<br />

Funktionalitäten für gewisse<br />

Tätigkeiten wie z. B. Essen, Schreiben,<br />

Greifen, Halten, Lenken und Bedienen<br />

von Alltagsgegenständen durch<br />

individuell angepasste Alltagshilfen<br />

kompensiert werden (Abb. 1). Ist das<br />

Defektvolumen jedoch größeren Ausmaßes,<br />

hierzu zählt bereits das Fehlen<br />

der Hand, dann sollte auf jeden Fall<br />

der unmittelbare Behinderungsausgleich<br />

durch eine Prothese in die indikative<br />

Auswahl einbezogen werden<br />

(Abb. 2).<br />

Kinder mit transversalen Reduktionsdefekten<br />

im Bereich des Unterarmes<br />

stellen in der oberen Extremität<br />

das größte Kollektiv dar, das für eine<br />

Prothesenversorgung in Frage kommt<br />

[11]. Mit zunehmendem Längendefizit<br />

fällt es den Kindern mit angeborenen<br />

Fehlbildungen an den oberen Extremitäten<br />

schwer, die fehlende Armlänge<br />

zu kompensieren und Alltagsaktivitäten<br />

vollumfänglich ausführen zu<br />

können, wobei diese Defizite mit zunehmendem<br />

Alter auch verstärkt negative<br />

Auswirkungen auf die motorische<br />

Entwicklung haben können [12].<br />

Die Art der zum Einsatz kommenden<br />

Prothesenversorgung hängt sowohl<br />

vom Alter und der kognitiven<br />

Entwicklung des Kindes als auch von<br />

den Erstattungsrichtlinien des jeweiligen<br />

Gesundheitssystems eines Landes<br />

ab. So werden z. B. in den USA passive<br />

und Eigenkraft-gesteuerte Prothesensysteme<br />

im Rahmen der erstprothetischen<br />

Versorgung eingesetzt,<br />

gefolgt von myoelektrischen Prothesen,<br />

wohingegen im europäischen<br />

Raum die passiven Prothesensysteme<br />

zur Erstversorgung, gefolgt von den<br />

myoelektrischen Systemen dominieren<br />

[13].<br />

Für die Prothesenversorgung stehen<br />

demnach unterschiedliche technische<br />

Möglichkeiten zur Verfügung,<br />

die je nach Anwendung sowohl eine<br />

funktionelle Unterstützung als auch<br />

einen optischen Ausgleich leisten<br />

können (Abb. 3). James beschreibt<br />

2010, dass die meisten Kinder mit einer<br />

Fehlbildung im Unterarm eine nahezu<br />

normale Funktionalität und Lebensqualität<br />

erreichen können [14].<br />

Passive Prothesen bieten dabei eine<br />

Unterstützung in der sozialen Akzeptanz<br />

der Gesellschaft und der körperlichen<br />

Wiederherstellung. Prothesen<br />

mit funktionalen Werkzeugen können<br />

den Kindern im besten Fall eine<br />

Funktionserweiterung ermöglichen.<br />

Sie stellt jedoch auch fest, dass viele<br />

Kinder mit einer einseitigen angeborenen<br />

Fehlbildung im Unterarm das<br />

Abb. 2 Angeborene Reduktionsdefekte an der kindlichen oberen Extremität.<br />

Abb. 3 Wiederherstellung der Körperform<br />

mit Silikon-Handprothese.<br />

Tragen einer Prothese ablehnen, weil<br />

ihnen die zur Verfügung stehenden<br />

Prothesen zu wenig funktionale Zugewinne<br />

im Alltag bieten.<br />

Gestützt wird diese Aussage von<br />

einer Metaanalyse zur Ablehnungsquote<br />

von Prothesen für die obere<br />

Extremität. Diese zeigt, dass ca. 45 %<br />

der Kinder Eigenkraft-gesteuerte und<br />

35 % der Kinder myoelektrische Versorgungen<br />

ablehnen, bei erwachsenen<br />

Anwendern konnte im Vergleich<br />

eine niedrigere Ablehnung mit jeweils<br />

26 % und 23 % festgestellt werden [15].<br />

Dennoch verfügen Kinder mit kongenitalen<br />

Fehlbildungen an den oberen<br />

Extremitäten über motorische<br />

Einschränkungen, die sich tendenziell<br />

mit zunehmendem Alter weiter<br />

verstärken und im schlimmsten Fall<br />

zu Überlastungsschäden führen können<br />

[16–18]. Das unterstreicht die<br />

Komplexität und Vielfältigkeit der<br />

zu beachtenden Faktoren, die in ein<br />

adäquates Prothesenkonzept für die<br />

obere Extremität bei Kindern einfließen<br />

sollten, damit die notwendigen<br />

Vorteile erreicht werden und das<br />

Hilfsmittel im Alltag auch zur erfolgreichen<br />

Anwendung kommt und getragen<br />

wird.<br />

Mit dieser Erkenntnis wird jedoch<br />

auch der Aufruf an Prothetiker und<br />

Entwickler adressiert, zukünftig Prothesen<br />

zu entwickeln, die eine verbesserte<br />

Teilhabe ermöglichen.<br />

Die Niederländer Postema et al.<br />

konnte in einer crosssektionalen Studie<br />

mit 32 Kindern unter Befragung<br />

Fotos: Pohlig GmbH<br />

92<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


der Kinder sowie deren Eltern ermitteln,<br />

dass die Ablehnungsquote bei etwas<br />

mehr als einem Drittel aller Kinder<br />

(34 %) lag [19]. Dabei wurde festgestellt,<br />

dass ein Erstversorgungszeitpunkt<br />

nach dem 2. Lebensjahr, ein<br />

mangelnder funktionaler Nutzen in<br />

der Anwendung der Prothese sowie<br />

die Phase der Pubertät zu einer erhöhten<br />

Ablehnungsquote führt.<br />

Gestützt werden diese Erkenntnisse<br />

durch eine umfangreiche Multicenter-Studie<br />

von Mitarbeitern der<br />

Shriner-Kinderkliniken in Kalifornien<br />

von 2007 [20]. 489 Patienten im Alter<br />

zwischen 2 und 20 Jahren, die eine<br />

einseitige transversale Fehlbildung<br />

am Unterarm hatten, wurden darin<br />

zur Zufriedenheit mit ihrer prothetischen<br />

Versorgung, der Lebensqualität<br />

sowie zur funktionsgebenden Bereicherung<br />

ihres Alltages durch Prothesen<br />

befragt. Auch hier haben 34 % der<br />

Befragten die Versorgung mit einer<br />

Prothese abgelehnt und gaben dafür<br />

im Wesentlichen die fehlende Funktion,<br />

den fehlenden Tragekomfort,<br />

ein mangelhaftes Aussehen oder eine<br />

schlechte Passform an.<br />

Egermann et al. kommen in einer<br />

Studie mit 41 Kindern mit Fehlbildungen<br />

im Unterarm, alle zwischen dem<br />

2. und 5. Lebensjahr und versorgt mit<br />

myoelektrischen Kinderprothesen, zu<br />

der Erkenntnis, dass die Kinder unterschiedliche<br />

Prothesenfunktionen für<br />

ihren Alltag wünschen und aufgrund<br />

dessen auch ein Bezug zwischen der<br />

Variabilität und der Akzeptanz der<br />

Prothesenversorgung besteht [21].<br />

Dies geht mit den Untersuchungsergebnissen<br />

von Bagley et. al. einher,<br />

dass die Lebensqualität bei Kindern<br />

mit angeborenen Fehlbildungen an<br />

den oberen Extremitäten nahezu normal<br />

ist, sie jedoch für spezifische Alltagssituationen<br />

und Aktivitäten Unterstützung<br />

benötigen [20].<br />

In Schweden wurde ebenfalls eine<br />

Umfrage (DISABKIDS-Questionnaire)<br />

zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität<br />

von 140 Kindern und Jugendlichen<br />

mit angeborener Reduktions-<br />

Fehlbildung im Alter von 8–16 Jahren<br />

durchgeführt [22]. Die Ergebnisse zeigen,<br />

dass Kinder und Jugendliche mit<br />

angeborenen Extremitäten-Fehlbildungen<br />

eine deutlich höhere Lebensqualität<br />

erzielen als Kinder mit anderen<br />

chronischen Erkrankungen. Dies<br />

bestätigen auch Ergebnisse früherer<br />

Studien [4].<br />

Prothetik<br />

Während Fischer und Könz [23] im<br />

Rahmen ihrer ergotherapeutischen<br />

Bachelor-Arbeit zu der Schlussfolgerung<br />

gelangen, dass multifunktionelle<br />

Prothesen, welche darauf abzielen,<br />

jegliche Fähigkeiten einer Hand zu<br />

ersetzen, nicht realisierbar sind, stellten<br />

Peterson und Prigge in ihren Ausführungen<br />

ein Protokoll für eine erfolgreiche<br />

frühe Prothesenanpassung<br />

mit myoelektrischer Armprothese<br />

vor [24]. Unter Berücksichtigung der<br />

neurologischen Entwicklung werden<br />

hier die motorischen Fähigkeiten der<br />

Greifentwicklung und die bimanuellen<br />

Fähigkeiten des heranwachsenden<br />

Kindes in Kontext zur kognitiven<br />

Entwicklung gesetzt. Basierend auf<br />

Erkenntnissen in der Hirnforschung,<br />

die in Untersuchungen von einer positiven<br />

Rückkopplung des funktionsunterstützenden<br />

Tragens einer Armprothese<br />

auf die Hirnaktivität [25]<br />

berichten, wird in dieser Auseinandersetzung<br />

auch der frühzeitige Einsatz<br />

eines aktiv greifenden myoelektrischen<br />

Prothesensystems als wichtig<br />

erachtet. Nach Erfahrung der Autoren<br />

sind Kinder im Alter von 12 Monaten<br />

bereits in der Lage, ein myoelektrisches<br />

System zu kontrollieren, während<br />

das Bedienen Eigenkraft-gesteuerter<br />

Prothesen erst zu einem deutlich<br />

späteren Zeitpunkt realisiert werden<br />

kann. Die auf diese Aussage hin kritische<br />

Auseinandersetzung mit dem<br />

Sachverhalt [26], inwieweit die Versorgung<br />

mit einer Prothese, insbesondere<br />

mit einer Prothese mit einer aktiven<br />

Greiffunktion positive Auswirkungen<br />

auf die Entwicklung des Gehirns hat,<br />

ist spannend und muss sicherlich in<br />

einem weiterführenden interdisziplinären<br />

Dialog mit Entwicklungsneurologen<br />

fortgesetzt werden.<br />

Die jüngsten Arbeiten von Battraw<br />

et al. [27] stellen die grundsätzliche<br />

These auf, dass die psychosoziale und<br />

funktionelle Verbesserung, die das<br />

Kind durch eine entsprechend gestaltete<br />

Prothese erfährt, entscheidend<br />

für die Akzeptanz und das Tragen der<br />

Prothese sind. Dabei sollten die Prothesen<br />

stets so gestaltet werden, dass<br />

die Fehlbildung Peergroup-verträglich<br />

ist und das Kind unter Gleichaltrigen<br />

keinem zusätzlichen Stigma<br />

ausgesetzt ist.<br />

Herausforderungen, die an ein modernes<br />

und erfolgreiches Kinderprothesensystem<br />

zu stellen sind, werden<br />

in dieser Arbeit begründet, hergeleitet<br />

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ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

Foto: Pohlig GmbH<br />

und zusammenfassend wie folgt formuliert:<br />

– Die Prothese soll die altersgerechten<br />

Alltagsaktivitäten unterstützen<br />

und ein kindgerechtes Aussehen<br />

haben.<br />

– Der Einstieg in die Prothesenversorgung<br />

soll für das Kind leicht gemacht<br />

werden, schnelle Erfolge in<br />

der Umsetzung sind wichtig.<br />

– Die Prothese sollte möglichst<br />

leichtgewichtig sein.<br />

– Die Prothese soll gerade für Kinder<br />

robust sowie wasser- und schmutzresistent<br />

sein.<br />

Entwicklung des konzeptionellen<br />

Ansatzes<br />

„Die FIRST-Prothese“<br />

Die zuvor aus der Literatur geschilderten<br />

Erkenntnisse und Erfahrungen<br />

können durch viele Versorgungen<br />

bestätigt werden. Die Tatsache, dass<br />

passive Erstprothesen, früher auch<br />

aufgrund der zum Fäustling geschlossenen<br />

Kinderhandvariante „Patschhand“<br />

genannt, von vielen Kinder mit<br />

angeborenen Fehlbildungen nicht<br />

angenommen wurden, hat mehrere<br />

Gründe. Ergänzend zu den Erkenntnissen<br />

von Battraw et al. [27] bieten<br />

sie neben der mangelnden Sensibilität<br />

und Feinmotorik [28] im Alltag eines<br />

heranwachsenden Kindes zu wenig<br />

funktionelle Unterstützungsmöglichkeiten,<br />

erzielen wenig Aufmerksamkeit<br />

und Akzeptanz beim Kind [29]<br />

und der Umwelt und werden oftmals<br />

eher als lästig empfunden.<br />

Diese Herausforderung aufgreifend,<br />

hat man sich 2017 in einem<br />

Qualitätszirkel im Hause der Autoren<br />

gemeinsam mit den Therapeuten an<br />

einen prothetisch-konzeptionellen<br />

Neuanfang gewagt. Grundsätzlich<br />

war klar, dass die Prothese sowohl<br />

funktionell als auch im Aussehen für<br />

das Kind einen spielerischen Charakter<br />

bekommen soll und aus Gründen<br />

der verbesserten Aufmerksamkeit<br />

bunt zu konzipieren ist.<br />

Klar war auch von Beginn an, dass<br />

die neue frühkindliche Erstversorgungsprothese<br />

FIRST heißen soll. Die<br />

Bedeutung der Namensgebung setzt<br />

sich sowohl aus dem Zeitpunkt der<br />

Versorgung, der Erwartung an das<br />

System, den verschiedenen Einsatzgebieten<br />

sowie dem Charakter der Versorgung<br />

wie folgt zusammen:<br />

F rühkindliche<br />

I ntegrative<br />

R ehabilitative<br />

S ituationsorientierte<br />

T rainingsprothese<br />

Abb. 4 Die verfügbaren Wechseladapter zur FIRST-Prothese.<br />

Abb. 5 Selbstständiger Tausch des<br />

Wechseladapters durch das Kind.<br />

Abb. 6 Ball-Fang- und Wurfhilfe zur<br />

FIRST-Prothese.<br />

Basierend auf den Grenzsteinen zur<br />

frühkindlichen körper- und handmotorischen<br />

Entwicklung [30] der ersten<br />

Lebensmonate und Jahre wurden verschiedene<br />

Wechselaufsätze der FIRST-<br />

Prothese mit unterschiedlichen Funktionalitäten<br />

konzipiert, die zum einen<br />

an die jeweilige motorische Entwicklung<br />

des Kindes adaptieren, zum anderen<br />

aber auch in der Therapie zur<br />

Weiterentwicklung und zur Förderung<br />

der Fähigkeiten des Kindes genutzt<br />

werden können (Abb. 4).<br />

Eine Grundvoraussetzung für die<br />

Konzeption dieser Erstversorgungsprothese<br />

lag darin, dass die Kinder bereits<br />

im Kleinstkindesalter in der Lage<br />

sein sollten, die Wechseladapter selbstständig<br />

in ihrem Lebensalltag wechseln<br />

zu können, so dass diese jederzeit<br />

und in einem selbstbestimmten Kontext<br />

gewählt und ausgetauscht werden<br />

können (Abb. 5). Letzteres geht auch<br />

einher mit einer reduzierten Belastbarkeit<br />

dieser Komponenten. In Anlehnung<br />

an die motorische Entwicklung<br />

wurden die ersten Wechseladapter<br />

als „Starter-Kit“ mit der Funktion einer<br />

Schaufel, einer Rolle eines Kinderhändchens<br />

mit federndem Daumen<br />

und eines Greifers gewählt. Sobald die<br />

Kinder diese Wechseladapter sicher<br />

und selbstbestimmt im Alltag einsetzen<br />

können, kann man in einem weiteren<br />

Versorgungsschritt die nächste<br />

Entwicklungsstufe mit dem weiterführenden<br />

„Follow-up-Kit“, bestehend<br />

aus einem Hammer, einer Fang- und<br />

Wurfhilfe (Abb. 6) sowie einer Ess- und<br />

Funktionshilfe, ergänzen. Seit kurzer<br />

Zeit steht auch ein Lenkhilfe-Adapter<br />

zur Verfügung, der am Fahrrad<br />

befestigt werden kann und in den das<br />

Kind seine Prothese adaptieren kann.<br />

Foto: Pohlig GmbH<br />

Foto: Pohlig GmbH<br />

94<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

Fotos: Pohlig GmbH<br />

Abb. 7 Individuelle Größenbestimmung für die Wechseladapter der FIRST-Prothese.<br />

Mit diesen bunten und kindgerechten<br />

Wechseladaptern kann die FIRST-Prothese<br />

wie ein Multifunktions-Werkzeugkasten<br />

genutzt werden.<br />

Konstruktion der<br />

FIRST-Prothese<br />

Das Layout der FIRST-Prothese wurde<br />

zunächst auf die Versorgung von Kindern<br />

mit transversalem Reduktionsdefekt<br />

abgestimmt, da dies das größte<br />

Versorgungskollektiv darstellt. Alle<br />

Adapter sowie der Außenschaft der<br />

FIRST-Prothese werden digital konzipiert<br />

und im additiven 3D-Druck<br />

unter Anwendung des selektiven Lasersinter-Verfahrens<br />

nach einem dokumentierten<br />

Ablauf aus PA11/PA12<br />

hergestellt, anschließend oberflächenbehandelt,<br />

gefärbt und montiert.<br />

Produkte in dieser Fertigungstechnik<br />

haben sich vor allem für die<br />

Versorgung der oberen Extremitäten<br />

bewährt, weil sie eine Bauraum- und<br />

querschnittsoptimierte Gestaltung<br />

ermöglichen [31]. Dies hat zur Folge,<br />

dass die Prothese deutlich leichter<br />

als Kinderprothesen in traditionellen<br />

Fertigungstechniken ausgeführt werden<br />

kann, was sowohl die Akzeptanz<br />

als auch den Tragekomfort für das<br />

Kind spürbar erhöht.<br />

Die Größe der Wechseladapter<br />

wird bei jeder Versorgung individuell<br />

an die Größe der Kinderhand angepasst,<br />

so dass entsprechende Funktionalitäten<br />

wie z. B. die Griffweite mit<br />

zunehmendem Wachstum auch größer<br />

werden (Abb. 7).<br />

Der Außenschaft verfügt über ein<br />

Handgelenk mit dem Universaladapter,<br />

das sich bereits in der 3. weiterentwickelten<br />

Bauweise befindet. Es ist<br />

über eine Edelstahlachse mit dem Unterarm-Außenschaft<br />

verbunden und<br />

kann wahlweise mithilfe eines halbrunden<br />

Arretierungsclips festgestellt<br />

werden (Abb. 8). Der Innenschaft der<br />

FIRST-Prothese wird aufgrund des zumeist<br />

noch sehr jungen Alters der Kinder<br />

in einer thermoplastischen Technik<br />

(Abb. 9b) angefertigt, so dass im<br />

a.<br />

Zuge von Wachstumsschüben mehrmals<br />

im Volumen nachgepasst werden<br />

kann.<br />

Bei längeren Unterarm-Fehlbildungen<br />

kann die Bauweise aufgrund<br />

der ausreichend guten Führungseigenschaften<br />

deutlich flexibler gestaltet<br />

werden, indem man die Fläche des<br />

Außenschaftes reduziert (Abb. 9a).<br />

Wahlweise und bei besonderen Anforderungen,<br />

wie z. B. anatomischen<br />

Hinterschneidungen, Hypersensibilitäten<br />

der Haut oder einem erhöhten<br />

Anspruch an die Haftung der Prothese,<br />

kann der Innenschaft auch in einer<br />

HTV-Silikon-Vollkontakt-Schafttechnik<br />

gefertigt werden (Abb. 9c).<br />

In Abhängigkeit zur Stumpflänge<br />

und dem Armniveau können weitere<br />

Konstruktionsvarianten zum Einsatz<br />

kommen. So kann es beispielsweise<br />

Abb. 8a u. b Handgelenk der FIRST-Prothese; alte Varianten (a), neue Variante 3 mit<br />

Sperrclip (b).<br />

a.<br />

Abb. 9a–c Unterarm-Schaftgestaltungsvarianten bei der FIRST-Prothese.<br />

b.<br />

b.<br />

c.<br />

Fotos: Pohlig GmbH Fotos: Pohlig GmbH<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

95


Prothetik<br />

vorkommen, dass bei sehr langen Unterarmstümpfchen<br />

auf den Einsatz<br />

des Handgelenkes verzichtet wird und<br />

damit etwaige Überlängen vermieden<br />

werden. Bei ultrakurzen Unterarmstümpfen<br />

hat sich hingegen die<br />

Versorgung mit einer „Open-end-Variante“<br />

[6] mit gelenkgeführter Oberhülse<br />

und flexiblem Innenschaft mit<br />

Lasche bewährt (Abb. 10b). Dabei ist<br />

darauf zu achten, dass die suprakondyläre<br />

Bettung der humeralen Epikondylen<br />

anatomisch konturiert in<br />

die Oberhülse eingearbeitet wird, da<br />

dieser Schaftbereich der Prothese Rotationsstabilität<br />

gewährleistet.<br />

Die Versorgung der deutlich seltener<br />

vorkommenden Oberarmfehlbildungen<br />

wurde nach den ersten Erfahrungskurven<br />

mit der Unterarm-<br />

FIRST-Prothese (Abb. 10c) konzipiert.<br />

Auch hier bestehen 2 Versorgungsvarianten,<br />

zum einen die bereits vom<br />

ultrakurzen Unterarm bekannte Variante<br />

mit der Oberhülse, dem flexiblen<br />

Innenschaft mit Lasche und den bilateralen<br />

Ellenbogen-Gelenkschienen.<br />

Diese kommen bei angeborenen Ellenbogen-Exartikulationen<br />

und langen<br />

Oberarmstümpfchen zum Einsatz.<br />

Zum anderen besteht bei mittellangen<br />

und kürzeren Stumpfvarianten<br />

die Möglichkeit der endoskelettalen<br />

Versorgung mit einem Rohrskelettsystem<br />

(Abb. 10a). Hier empfiehlt<br />

sich der Einsatz eines sperrbaren Ellenbogensystems,<br />

welches über einen<br />

Druckknopf am Handgelenk entriegelt<br />

und justiert werden kann.<br />

Abb. 11 FIRST-<br />

Probeprothese mit<br />

Probeadapter.<br />

Versorgungsablauf mit<br />

der FIRST-Prothese<br />

Die erstprothetische Versorgung von<br />

Kleinkindern erfordert viel Aufmerksamkeit<br />

und Einfühlungsvermögen.<br />

Bereits die Formabdrucknahme des<br />

Unterarmstümpfchens kann in der<br />

frühkindlichen Phase herausfordernd<br />

sein, da die Kinder in diesem Alter selten<br />

Verständnis für diese Maßnahme<br />

aufbringen können. Nach Erstellung<br />

eines Formmodelles wird in Anlehnung<br />

an die Abläufe des Qualitätsstandards<br />

im Bereich Prothetik der<br />

oberen Extremitäten [32, 33] auch bei<br />

der FIRST-Prothese zunächst eine Probeprothese<br />

erstellt. In der Regel wird<br />

der Innenschaft aus einem flexiblen<br />

wiederverschweißbaren Thermoplast<br />

erstellt, das im Zuge der Anprobe gute<br />

Änderungs- und Nachbesserungsmöglichkeiten<br />

bietet. Über den Innenschaft<br />

wird eine Carbon-Probespange<br />

angefertigt, die zur Verbindung mit<br />

den FIRST-Komponenten dient. Hier­<br />

für gibt es einen FIRST-Probeadapter,<br />

der sowohl das Handgelenk als auch<br />

die Aufnahme für die verschiedenen<br />

Handkomponenten beinhaltet und<br />

auf thermoplastischem Wege an die<br />

Carbonspange angeformt und mit<br />

ihr verbunden wird (Abb. 11). Neben<br />

Passformoptimierungen müssen bei<br />

der Probeprothese auch die Endlänge<br />

sowie die Stellung der Prothese ermittelt<br />

werden. Die FIRST-Probeprothese<br />

wird dann beübt und beschult und<br />

zur externen Erprobung mit nach<br />

Hause gegeben.<br />

Der Zeitraum der externen Erprobung<br />

wird zur digitalen Konstruktion<br />

der definitiven FIRST-Prothese auf<br />

den gescannten Grundmodellen genutzt.<br />

Nach positivem Abschluss der<br />

externen Probephase wird sowohl der<br />

Prothesenschaft wie auch die ganze<br />

Probeprothese inkl. Stellung eingescannt<br />

und zur weiteren Bearbeitung<br />

vorbereitet. Zu diesem Zeitpunkt werden<br />

auch das Design und die Farbe<br />

der Prothese ausgewählt (Abb. 12).<br />

Fotos: Pohlig GmbH<br />

a. b. c.<br />

Abb. 10a–c Konstruktionsvarianten bei der FIRST-Prothese.<br />

Fotos: Pohlig GmbH<br />

96<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Außerdem werden die Wechselkomponenten<br />

auf die individuellen Maße<br />

der kindlichen Hand gefittet, endbearbeitet<br />

und zur Endanprobe montiert.<br />

Die Erstabgabe erfolgt in der Regel<br />

mit 4 Wechseladaptern (Starter-<br />

Kit) (Abb. 13).<br />

Fotos: Pohlig GmbH<br />

Prothetik<br />

Abb. 13 Definitive<br />

FIRST-Prothese mit<br />

Starter-Kit.<br />

Fachkräfte<br />

finden<br />

Prothesengebrauchsschulung<br />

Die Prothesengebrauchsschulung<br />

[32–34] stellt eine essentielle Maßnahme<br />

im Rahmen der erstprothetischen<br />

Versorgung – und ganz besonders<br />

im Rahmen der frühkindlichen<br />

Versorgung – dar. Die Kinder benötigen<br />

die gezielte Förderung und Unterstützung,<br />

um so die verschiedenen<br />

Funktionsadapter bestmöglich zum<br />

Einsatz zu bringen (Abb. 14).<br />

Bei der FIRST-Prothese folgt die<br />

Gebrauchsschulung einem 5-stufigen<br />

Programm, das sich aus den folgenden<br />

Schritten zusammensetzt:<br />

1. Gewöhnen: Das Begleiten der ersten<br />

Gewöhnungsphase beinhaltet<br />

das Adaptieren an die neue Situation,<br />

das Gewicht der Prothese, die<br />

neue Armlänge und vor allem das<br />

tägliche Tragen und Nutzen der<br />

Prothese.<br />

2. Entdecken: Sobald die Eingewöhnung<br />

vollzogen wurde, beginnt die<br />

Entdeckungsphase. Unter Berücksichtigung<br />

einer beidhändigen<br />

Interaktion werden die Funktionsadapter<br />

spielerisch auf neue Nutzungsgebiete<br />

ausgeweitet.<br />

3. Spielen: Das Spielen nimmt in der<br />

frühkindlichen Phase eine wichtige<br />

Rolle ein. Die Prothese sollte<br />

dabei, wenn möglich, die grobmotorischen<br />

Halte- und Führungsaufgaben<br />

einnehmen, so dass die<br />

nicht beeinträchtigte Hand die<br />

feinmotorischen Aufgaben erfüllen<br />

kann. Die Spiele sind vor allem<br />

im Kleinstkindesalter noch sehr<br />

elementar und beinhalten die Tätigkeiten<br />

Halten, Stecken, Stapeln,<br />

Auspacken, Blättern, Walzen, Greifen<br />

etc.<br />

4. Automatisieren: Durch einen zunehmenden<br />

Einsatz der Prothese<br />

werden auch die Abläufe automatisiert<br />

wiederholt und auf verschiedenen<br />

Bewegungsebenen zum<br />

Einsatz gebracht. Ziel ist die Integration<br />

und Akzeptanz der Prothese<br />

in das Körperschema. Auch dabei<br />

spielt die beidhändige Interaktion<br />

eine wichtige Rolle.<br />

5. Vorbereiten auf die Erweiterung/<br />

Folgeversorgung: Werden die ersten<br />

Funktionsadapter beherrscht,<br />

kann die Ausweitung auf neue<br />

Komponenten und Funktionen<br />

erfolgen. Auch nächste Stufen der<br />

Abb. 12 Themenmuster- und Farbauswahl für die FIRST-Prothese.<br />

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ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

Fotos: Pohlig GmbH<br />

Abb. 14 Definitive FIRST-Prothese in kindlichen Alltags situationen.<br />

Fortbewegung, wie z. B. das Dreirad-/Roller/-Laufradfahren<br />

können<br />

durch die FIRST-Prothese unterstützt<br />

werden.<br />

Die Begleitung durch eine zielgerichtete<br />

Gebrauchsschulung ist für<br />

die Kinder enorm wichtig. Sie erhöht<br />

nicht nur die Akzeptanz der Prothese,<br />

sondern vermittelt den Kindern auch<br />

Anreize, die Prothese zielgerichteter<br />

und v. a. beidhändig einzusetzen.<br />

Im Übergang zur aktiven myoelektrischen<br />

Prothese werden die in der<br />

Prothese enthaltenen Hohlräume genutzt,<br />

um das Prothesengewicht der<br />

FIRST-Prothese sukzessive zu erhöhen<br />

und sich dem höheren Gewicht der<br />

Myoprothese anzunähern. Dadurch<br />

wird das Kind sowohl im Aufbau der<br />

benötigten Muskulatur wie auch im<br />

Handling des höheren Prothesengewichtes<br />

auf die Folgeversorgung bestmöglich<br />

vorbereitet.<br />

Diskussion, Ergebnisse<br />

Subsumiert man die in der Literatur<br />

aufgeführten Erkenntnisse sowie die<br />

daraus resultierenden Anforderungen<br />

für eine kindgerechte frühfunktionale<br />

Prothesenversorgung, so konnten<br />

viele dieser Anforderungen erfolgreich<br />

in dem FIRST-Konzept umgesetzt<br />

werden.<br />

Das Beste vorweg: Die Resonanz<br />

und Akzeptanz der FIRST-Prothese<br />

seitens der Kinder ist gut. Durch den<br />

spielerischen Charakter, das wählbare<br />

Design und die bunten Farben erfährt<br />

die FIRST-Prothese eine sehr gute Akzeptanz.<br />

Vor allem Kinder, die zuvor<br />

traditionelle passive Versorgungen<br />

getragen haben, schätzen das gerin­<br />

ge Gewicht der Prothese, das farbliche<br />

Layout und die deutlich erhöhte<br />

Funktionalität durch die Wechseladapter<br />

der prothetischen Erstversorgung.<br />

Durch die Möglichkeit, den Komponentenwechsel<br />

selbst vorzunehmen,<br />

wird bei vielen Kindern anfänglich<br />

auch das Gefühl des Stolzes<br />

verzeichnet, was wiederum auch die<br />

Trageintensität steigert. Vereinzelt beobachten<br />

wir eine temporäre Nutzung<br />

der FIRST-Prothese, die an die Funktionalitäten<br />

gekoppelt sind. Auch das<br />

ist als Erfolg zu werten.<br />

Die Prothese ist wasser- und<br />

schmutzresistent und kann nach etwaigen<br />

Verunreinigungen auch wieder<br />

gut gesäubert werden. Das deutlich<br />

reduzierte Gewicht und die erhöhte<br />

Funktionalität durch die verschiedenen<br />

Funktionskomponenten<br />

erwecken bei den Kindern sichtlich<br />

Aufmerksamkeit und Akzeptanz. Vereinzelt<br />

berichten die Eltern der etwas<br />

älteren Kinder, dass z. B. andere Kinder<br />

in der Kita neidisch sind und auch<br />

so eine Prothese wollen. Auch diese<br />

Attraktivität trägt zu einer Steigerung<br />

der Akzeptanz des Hilfsmittels bei.<br />

Die Therapieziele sind klar formuliert<br />

und liegen in der Förderung der<br />

gesunden motorischen und geistigen<br />

Entwicklung, in einer Verbesserung<br />

der Kraft, Beweglichkeit und Körpersymmetrie.<br />

Die beidhändige Interaktion<br />

nimmt bei allen Bestrebungen<br />

einen wichtigen Part ein und vervollständigt<br />

das Körperschema des Kindes.<br />

Nach den ersten Jahren der Erfahrung<br />

mit der FIRST-Prothese fällt<br />

auf, dass die Kinder durch Umgang<br />

und Bedienen des Hilfsmittels auch<br />

deutlich routinierter in die Folgeversorgung<br />

mit einer aktiven myoelektrischen<br />

Prothese einsteigen. Im Vergleich<br />

zu Kindern ohne prothetische<br />

Vorversorgung fällt auf, dass sich die<br />

Signalgebung zur Ansteuerung der<br />

aktiven Prothese spürbar stärker und<br />

differenzierter darstellt. Sowohl der<br />

muskuläre Aufbau wie auch die gewonnenen<br />

koordinativen Fähigkeiten<br />

leisten einen spürbaren Vorschub<br />

in der entscheidenden Phase der Eingewöhnung.<br />

Aufgrund der Tatsache, dass digitale<br />

Arbeitsschritte und Abläufe in<br />

den Workflow dieser Versorgung integriert<br />

werden konnten, stellt sich<br />

die FIRST-Prothese auch im Hinblick<br />

auf den Kosten-Nutzen-Effekt im Vergleich<br />

zu sonst üblichen Habitusprothesen<br />

in einem wirtschaftlichen<br />

Rahmen dar und wird von den Kostenträgern<br />

bis dato gut angenommen.<br />

Entscheidend sind am Ende jedoch<br />

die positive Resonanz und der Einsatz<br />

des Hilfsmittels, denn nur wenn es im<br />

Alltag eine entsprechende Nutzung<br />

erfährt, hat es sich auch gelohnt.<br />

Danksagung:<br />

Die Entwicklung des FIRST-Konzeptes<br />

wurde 2018 gestartet. Erste<br />

Versorgungsvarianten standen der<br />

Pohlig GmbH 2020 zur Verfügung.<br />

Seit diesem Zeitpunkt wurde das Konzept<br />

in einer Teamleistung kontinuierlich<br />

weiterentwickelt und verbessert.<br />

Der große Dank und die Wertschätzung<br />

gilt all jenen Mitarbeitern<br />

aus der Orthopädie-Technik, Therapie<br />

und Entwicklung der Pohlig GmbH,<br />

die an diesem Projekt wertvollen Input<br />

geleistet und mit viel Engagement<br />

an der Weiterentwicklung und Umsetzung<br />

des FIRST-Konzeptes mitgearbeitet<br />

haben.<br />

Interessenkonflikt:<br />

Die Autoren sind Angestellte der<br />

Pohlig GmbH.<br />

Für die Autoren:<br />

Michael Schäfer<br />

c/o Pohlig GmbH<br />

Grabenstätter Str. 1<br />

83278 Traunstein<br />

m.schaefer@pohlig.net<br />

Begutachteter Beitrag/reviewed paper<br />

98<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

Zitation: Schäfer M et al. FIRST – eine neuartige Konzeptprothese für die frühe Versorgung von Kindern mit angeborenen Fehlbildungen an den oberen<br />

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ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

99


Prothetik<br />

T. Vogel<br />

Ergebnisse einer Anwenderbefragung<br />

zum subischialen<br />

VPS-Schaftsystem<br />

Results of a User Survey on the Subischial VPS Socket System<br />

Das VPS-System (Vacuum-Pressure-<br />

Socket-System) von Vogel Orthopädie<br />

Technik ist seit 2022 auf dem<br />

Markt. Die Auswertung von 30 Fragebögen<br />

soll helfen, das Schaftsystem<br />

einzuordnen und zu bewerten.<br />

Zur Konzeption und Auswertung des<br />

verwendeten Fragebogens wurde<br />

Prof. Dr. Jürgen Rütt (orthopädische<br />

Privatpraxis Dr. Theben, Köln) eingebunden,<br />

um die Qualität der ermittelten<br />

Daten zu bestätigen.<br />

Schlüsselwörter: subischialer Prothesenschaft,<br />

Vakuumhaftung, Femurlänge,<br />

Gefäßerkrankungen<br />

The VPS (vacuum pressure socket)<br />

system by Vogel Orthopädie Technik<br />

has been on the market since 2022.<br />

The evaluation of 30 questionnaires<br />

is intended to assist with the classification<br />

and assessment of the socket<br />

system. Prof. Dr Jürgen Rütt (private<br />

orthopaedic practice Dr Theben, Cologne)<br />

was involved in preparing and<br />

evaluating the questionnaire in order<br />

to confirm the quality of the data obtained.<br />

Key words: subischial prosthesis<br />

socket, vacuum adhesion, femoral<br />

length, vascular diseases<br />

Einleitung<br />

Bei Schaftsystemen, die den Sitzbeinast<br />

miteinbeziehen, kommt es häufig<br />

zu Problemen im Bereich der Kontaktpunkte.<br />

Auch die Nähe zum Hygienebereich<br />

sowie eventuelle Einschränkungen<br />

in der Bewegungsfreiheit sind<br />

nachteilig. Die Schaftformen können<br />

sich zudem negativ auf den Sitzkomfort<br />

auswirken [1, 2].<br />

Beim Fahrradfahren bereiten oft<br />

die konstruktiv notwendigen Anoder<br />

Abstützungspunkte am Sitzbeinast<br />

Probleme, da diese mit dem Sattel<br />

in Kontakt kommen. So beschreiben<br />

Anwender:innen immer wieder, dass<br />

sie am Sattel hängenbleiben oder in<br />

ihrer Sattelwahl eingeschränkt sind.<br />

Sportler:innen verzichten daher entweder<br />

ganz auf einen Prothesenschaft<br />

oder tragen Sonderkonstruktionen,<br />

die nicht mit dem Sattel kollidieren.<br />

Klassische und bisherige subischiale<br />

Schaftsysteme haben ihren<br />

höchsten Reduzierungswert in der<br />

Schafteintrittsebene (Ø 2,5–3,5 %),<br />

der nach distal abnimmt. Sie wirken<br />

so dem Kompressionsstrumpfprinzip<br />

entgegen, was gerade bei<br />

Patient:innen, die zum Zeitpunkt ihrer<br />

Amputation unter einer Gefäßerkrankung<br />

leiden (ca. 73 %), kritisch<br />

zu betrachten ist [3].<br />

Diese Vorgehensweise ist jedoch<br />

notwendig, damit sich bisherige subischiale<br />

Schaftsysteme entweder<br />

durch eine muskuläre Verblockung<br />

und/oder hohe Reduzierwerte von bis<br />

zu 6 % stabilisieren können und es<br />

nicht zu einer ungewollten Rotation<br />

des Schaftes um den Stumpf oder zu<br />

einem Shifting kommt [4, 5].<br />

Das subischiale VPS-System verfolgt<br />

hier einen neuen Ansatz, denn<br />

durch die Konstruktion eines Kräftedreiecks<br />

in den Ruhezonen zwischen<br />

den Hauptmuskelgruppen ist<br />

der Schaft bereits in Ruhe stabil (Abb.<br />

1). Dies geschieht schon beim Abdruck<br />

unter Zuhilfenahme eines speziellen<br />

Abdruckgerätes, dem „Dimplematen“<br />

(Abb. 2). So wird gewährleistet, dass es<br />

nur zu einer Volumenverschiebung<br />

und nicht zu einer Volumenreduktion<br />

kommt. Da in der Schafteintrittsebene<br />

also nicht über Volumenreduktion<br />

und/oder Muskelverblockung der<br />

Prothesenschaft in Position gehalten<br />

werden muss, ist hierzu keine gesonderte<br />

Reduktion des Volumens in diesem<br />

Bereich notwendig, mit Ausnahme<br />

jener, die zur Einhaltung des Kompressionsstrumpfprinzips<br />

nach einer<br />

eigens hierfür entwickelten Reduktionstabelle<br />

ermittelt wird. Diese orientiert<br />

sich an der RAL-GZ 387/1 [6]<br />

und gewährleistet so Kraftschlüssigkeit<br />

und Haftung des Prothesenschaftes<br />

im Steuerungs- und Endbereich.<br />

Bei diesem „Kompressionstrumpfprinzip“<br />

liegt der geringste Reduzierwert<br />

in der Schafteintrittsebene<br />

(Ø 0,8–1,1 %) und nimmt nach distal<br />

zu. Diese revolutionäre Herangehensweise<br />

wurde bisher in keiner anderen<br />

mir bekannten Schafttechnik<br />

beschrieben. Hierbei wird die Annäherung<br />

an das hydrostatische Prinzip<br />

umgesetzt, wodurch sich die Gewebsübergänge<br />

fließend darstellen und<br />

dem Punkt Rechnung getragen wird,<br />

dass ca. 73 % aller Amputierten zum<br />

Zeitpunkt ihrer Amputation an einer<br />

Gefäßerkrankung leiden (Abb. 3).<br />

Das Ziel der Befragung ist, diese völlig<br />

neue Herangehensweise durch den/<br />

die Anwender:in bewerten zu lassen.<br />

Methode<br />

Um das VPS-System besser einordnen<br />

zu können und das Wirkprinzip<br />

zu überprüfen, wurde ein anonymisierter<br />

Fragebogen [7] entwickelt,<br />

der die Einschätzung der VPS-<br />

Anwender:innen zu diesem System<br />

im Vergleich zu deren bisherigen<br />

Schaft versorgungen widergibt. Die<br />

von Vogel Orthopädie Technik zerti-<br />

100<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

fizierten Orthopädietechniker:innen<br />

werden gebeten, den Fragebogen nach<br />

mindestens einmonatiger Tragezeit<br />

gemeinsam mit dem/r Anwender:in<br />

auszufüllen. Alle Anwender:innen kamen<br />

mit den bisherigen Versorgungen<br />

zurecht. Der Wunsch, das VPS-System<br />

zu testen, barg vor allem die Hoffnung,<br />

den Schaftkomfort verbessern zu können.<br />

Ein grundlegendes Bedürfnis, das<br />

sich in mehreren Befragungen bereits<br />

widergespiegelt hat [8, 9].<br />

In einer Querschnittuntersuchung<br />

wurden so die ersten 30 Versorgungen<br />

von insgesamt neun zertifizierten Unternehmen<br />

bis Mitte Februar <strong>2024</strong><br />

ausgewertet. Sie geben Hinweise auf:<br />

a) Anwender (Alter, Mobilitätsgrad<br />

etc.)<br />

b) Allgemeine Zufriedenheit<br />

c) Vergleich mit dem bisherigen<br />

Schaftsystem<br />

d) Gangmechanik Stabilität<br />

e) Fazit des Anwenders<br />

Abb. 1 Konstruktion<br />

eines Kräftedreiecks<br />

in den Ruhezonen<br />

zwischen den Hauptmuskelgruppen.<br />

Grafik: Tobias Vogel<br />

Ergebnisse<br />

Zu a): Ausgewertet wurden 30 Fragebögen.<br />

Die Anwender:innen waren<br />

im Durschnitt 53 Jahre alt, wogen<br />

94,2 kg und waren 175 cm groß. Der<br />

Mobilitätsgrad lag im Mittel bei 2,7<br />

und die angegebene Stumpflänge war<br />

< 2/3 und > 1/3 im Verhältnis zur kontralateralen<br />

Seite. 15 Befragte waren<br />

mit einem ramus-, 12 mit einem sitzbeinumgreifenden<br />

Prothesenschaft<br />

und drei Teilnehmer mit einem subischialen<br />

System (MWK-Schaft) versorgt.<br />

Neun Anwender:innen hatten<br />

ein Locking System und 21 waren bereits<br />

mit einem Vakuumhaftschaftsystem<br />

versorgt, davon 16 mit Liner<br />

und fünf ohne. Die mediane Nutzung<br />

des VPS-Systems zum Zeitpunkt der<br />

Befragung betrug 13 Wochen (IQR5-<br />

47). Eine Sensitivitätsanalyse zwischen<br />

den beiden Gruppen mit einer<br />

Nutzungsdauer < 13 Wochen versus<br />

> 13 Wochen ergab keine signifikanten<br />

Unterschiede.<br />

Zu b): Unter „Allgemeine Zufriedenheit“<br />

(Abb. 4) wurde abgefragt,<br />

wie die Anwender:innen den VPS-<br />

Prothesen schaft im Alltag empfinden.<br />

Neben der allgemeinen Einschätzung<br />

wurden hier die Punkte „Passung am<br />

Stumpf“, „Gewicht der Prothese“,<br />

„Stehen“, „Gehen/Laufen“, „Sitzen“,<br />

„Gleichgewicht Stehen/Gehen“, „Erschöpfung“,<br />

„Anlegen“, „Schaftgröße“<br />

und „Toilettengang“ abgefragt.<br />

Abb. 2 Der Dimplemat ermöglicht es, die Ruhepunkte an Oberschenkelstümpfen<br />

reproduzierbar einzustellen.<br />

Abb. 3 Harmonischer Übergang zwischen Stumpf und Schaftrand.<br />

Foto: Maria Schulz<br />

Fotos: Tobias Vogel<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

101


Prothetik<br />

Grafik: Tobias Vogel<br />

Im Mittel gaben 61 % der An wender:innen<br />

die Beurteilung „deutlich<br />

besser“ (20 %) oder „besser“ (41 %)<br />

an. Dabei stechen mit einer klaren<br />

Gewichtung von 20 oder mehr<br />

Anwender:innen die Bereiche „Passform<br />

am Stumpf“, „Sitzen“, „Schaftgröße“<br />

und „Toilettengang“ heraus.<br />

Leicht überdurchschnittlich mit > 15<br />

bis < 20 Anwender:innen heben sich<br />

„Zufriedenheit im Alltag“, „Gehen“,<br />

„Gleichgewicht beim Gehen“, metabolische<br />

„Erschöpfung (deutlich weniger<br />

bzw. weniger)“ und „Anlegen<br />

der Prothese“ hervor.<br />

Zu c): Beim „Vergleich mit dem bisherigen<br />

Schaftsystem“ (Abb. 5) empfanden<br />

68 % aller Anwender:innen die<br />

Punkte „Komfort/Bewegungsfrei heit“<br />

als „besser“ (20 %) oder „gut“ (48 %).<br />

25 % gaben „gleich“ an und lediglich<br />

3 % „weniger“ bzw. „schlecht“. Dabei<br />

hoben sich insbesondere die Bereiche<br />

„Platz zum Hygienebereich“ und „Bewegungsfreiheit<br />

der einzelnen Bewegungsrichtungen“<br />

positiv ab.<br />

d): Unter dem Punkt „Gangmechanik<br />

Stabilität“ (Abb. 6) wurden die<br />

Punkte „Stabilität in der Stand- und<br />

Schwungphase“, „natürliches Gangbild“,<br />

„Schwungbewegung“, „Bücken<br />

und Heben“ von den Anwender:innen<br />

beurteilt. Im Mittel empfanden 45 %<br />

die Punkte als „besser“ (8 %) oder gut<br />

(37 %). 44 % bewerten diesen Bereich<br />

mit „gleich“. 7 % gaben „weniger“<br />

und 5 % „schlechter“ an. Insbesondere<br />

wurden hier die Aspekte die „Stabilität<br />

Schwungphase“ und „Schwungbewegung“<br />

mehrheitlich als „deutlich<br />

besser“ oder „besser“ in Vergleich<br />

zur Standardversorgung empfunden.<br />

Als Fazit (Abb. 7) empfehlen 28 von<br />

30 Anwender:innen das VPS-System<br />

weiter und nennen „Schaftkomfort“<br />

(80 %), „Fahrrad-/Autofahren“ (53 %),<br />

und „Hygiene“ (47 %) als wesentliche<br />

Innovationspunkte und Gründe für<br />

ihre Entscheidung.<br />

Schlussfolgerung<br />

Abb. 4 Die allge<br />

meine Zufriedenheit<br />

der Anwender:innen<br />

mit<br />

dem VPS-System<br />

im Vergleich zum<br />

Vorgängersystem.<br />

Vier der 30 Anwender:innen haben<br />

sich gegen eine Versorgung mit dem<br />

VPS-System entschieden. Gründe<br />

hierfür waren bei zwei Anwendern<br />

ein zu kurzer Stumpf (Femurlänge)<br />

einhergehend mit einer Instabilität<br />

im System und den daraus resultierenden<br />

Druckstellen. Bei den andern<br />

beiden Anwender:innen standen<br />

Schmerzen im Vordergrund sowie<br />

eine Ablehnung eines Vakuumhaftschaftsystems.<br />

Dennoch würden 28<br />

Anwender:innen das Schaftsystem<br />

weiterempfehlen.<br />

Die Auswertung der Ergebnisse<br />

zeigt: Die Versorgung mit einem VPS-<br />

System bringt den Anwender:innen<br />

folgende Vorteile: 1. Schaftkomfort,<br />

2. Einfaches Fahrrad-/Autofahren,<br />

3. Freiheit im Hygienebereich, 4. Stabilität<br />

des Schaftes und 5. Frei Laufen.<br />

Diese Bewertungen spiegeln sich in<br />

den einzelnen Bereichen wider. Die<br />

drei Anwender:innen, die bereits mit<br />

einem subischialen System versorgt<br />

waren, haben sich aufgrund der Eigenstabilität<br />

für das VPS-System entschieden.<br />

Wegen der niedrigschwelligen Voraussetzungen<br />

(Vakuumhaftschaftsystem<br />

als Vollkontaktschaft ab geringer<br />

Endbelastungsfähigkeit, Mobilitätsklassen<br />

1–4, ab mittellangem<br />

Stumpf) eignet sich das VPS-System<br />

für ein breites Patientenspektrum.<br />

Seine konstruktiven Elemente halten<br />

den Prothesenschaft – wie unter<br />

Punkt d), „Gangmechanik/Stabilität“,<br />

festgestellt – sowohl in der Ruheposition<br />

als auch beim Laufen sehr<br />

stabil. Ein „Shifting“, also die mediolaterale<br />

Verschiebung des Prothesenschaftes<br />

einhergehend mit dem<br />

Abhebeln der lateralen Anlage, ist in<br />

der Praxis kaum feststellbar. Die Anwendung<br />

des „Kompressionsstrumpfprinzips“<br />

(Reduzierung des Stumpfvolumens<br />

auf Grundlage der RAL-GZ<br />

387/1, also prozentual ansteigend von<br />

proximal nach distal) trägt der Tat-<br />

Grafik: Tobias Vogel<br />

Grafik: Tobias Vogel<br />

Abb. 5 Das VPS-System im alltäglichen Anwendungsvergleich<br />

mit bisherigen Schaftsystemen.<br />

Abb. 6 Die empfundene Stabilität im Vergleich zum vorherigen<br />

Schaftsystem.<br />

102<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Prothetik<br />

distal zunehmen, lässt sich das VPS-<br />

System leicht an- und ablegen. Ebenso<br />

kommt besonders dieser Anwendergruppe<br />

die beschriebene Eigenstabilität<br />

des Systems zugute. Hier sollte<br />

man zukünftig untersuchen, ob der<br />

Schaftkomfort und die festgestellte<br />

Stabilität des VPS-Systems auch die<br />

Tragezeit sowie die Mobilität/Aktivität<br />

der Anwender:innen erhöhen.<br />

Grafik: Tobias Vogel<br />

Abb. 7 Die von den Anwender:innen festgestellten Vorteile.<br />

sache Rechnung, dass rund 76 % der<br />

Anwender:innen zum Zeitpunkt der<br />

Amputation an einer Gefäßerkrankung<br />

litten.<br />

Diskussion<br />

Die Anzahl der multimorbiden und<br />

geriatrischen Patient:innen mit<br />

Ober schenkelamputationen nimmt<br />

stetig zu [10]. Die Mobilitätsklasse<br />

liegt hier in der Regel bei 1 bis 2.<br />

13 Anwender:innen der vorgestellten<br />

Befragung fielen in diesen Mobilitätsbereich.<br />

Diese Anwendergruppe<br />

sitzt überwiegend und kann zum<br />

Toi lettengang die Prothese häufig<br />

nicht selbstständig an- und ablegen.<br />

Durch die geringen Reduzierwerte<br />

in der Schafteintrittsebene, die nach<br />

Interessenkonflikt:<br />

Der Autor ist für Vogel Orthopädie<br />

Technik, Hersteller des VPS-Systems,<br />

tätig.<br />

Der Autor:<br />

Tobias Vogel<br />

Geschäftsführer Vogel Orthopädie<br />

Technik<br />

Beethovenstr. 9<br />

50226 Frechen<br />

www.ot-vogel.de<br />

Tel. +49 2234 6882673<br />

Mobil +49 163 5511986<br />

Begutachteter Beitrag/reviewed paper<br />

Zitation: Vogel T. Ergebnisse einer Anwender befragung zum subischialen VPS-Schaftsystem. Orthopädie Technik, <strong>2024</strong>; 75 (5): 100–103<br />

Literatur:<br />

[1] Das Pohlig-Bionic-Socket-System (PBSS) – Neue Perspektiven bei der Prothesenversorgung nach Oberschenkelamputation.<br />

Orthopädie Technik, 2014; 65 (5): 62–68<br />

[2] Bethmann R. Biomechanische Einflussfaktoren auf funktionales Schaftdesign. Orthopädie Technik, 2020; 71 (8): 24–29<br />

[3] Ernst J, Stinus H, Greitemann B, Lehmann W. Amputationen im Oberschenkelbereich. e.Medpedia, 2022. https://www.<br />

springermedizin.de/emedpedia/detail/orthopaedie-und-unfallchirurgie/amputationen-im-oberschenkelbereich?epediaDoi<br />

=10.1007%2F978-3-642-54673-0_244 (Zugriff am 15.02.<strong>2024</strong>)<br />

[4] Bethmann R. Biomechanische Einflussfaktoren auf funktionales Schaftdesign. Orthopädie Technik, 2020; 71 (8): 24–29<br />

[5] Fatone S, Caldwell R. Northwestern University Flexible Subischial Vacuum Socket for persons with transfemoral<br />

amputation – Part 1: Description of technique. Prosthetics and Orthotics International, 2017; 41 (3): 237–245. doi:<br />

10.1177/0309364616685229<br />

[6] RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V. Medizinische Kompressionsstrümpfe. Gütesicherung<br />

RAL-GZ 387/1, Bonn : RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V., 2008. https://www.gzg-kompressionsstruempfe.de/uploads/media/RAL-GZ_387-1_Medizinische_Kompressionsstruempfe.pdf<br />

(Zugriff am 15.02.<strong>2024</strong>)<br />

[7] Vogel Orthopädie Technik. Fragebogen zur Erhebung der Unterschiede zwischen bisherigen Schaftsystemen und<br />

dem VPS-System. https://om5106.n3cdn1.secureserver.net/wp-content/uploads/<strong>2024</strong>/02/Fragebogen.pdf (Zugriff am<br />

15.02.<strong>2024</strong>)<br />

[8] Turner S, McGregor A. Perceived effect of socket fit on major lower limb prosthetic rehabilitation: A clinician and<br />

amputee perspective. Archives of Rehabilitation Research and Clinical Translation, 2020; 2 (3): S100<strong>05</strong>9<br />

[9] Wetz HH. Bericht zum Prüfauftrag Klassifikation von Schaftsystemen und Stumpfbettungen. Münster: Klinische Prüfstelle<br />

für orthopädische Hilfsmittel, 2008<br />

[10] Bemmer L. Behandlungsverlauf nach Amputationen an der unteren Extremität. Inaugural-Dissertation. Göttingen:<br />

Georg-August-Universität, 2020<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

103


Berufsbildung<br />

Auszubildende sammeln Ski-Erfahrungen<br />

Rund 60 Schüler:innen des Max-Born-Berufskollegs nahmen<br />

Mitte Februar an einer Ski-Fortbildung teil. Diese<br />

fand in der Gemeinde Ahrntal in Südtirol statt – über 900 Kilometer<br />

entfernt von Recklinghausen. Zunächst stand für die<br />

Schüler:innen und ihre begleitenden Lehrer:innen das Skifahren<br />

im Vordergrund. Knapp die Hälfte aller Schüler:innen<br />

stand zuvor noch nie auf Skiern und wurde daher in die Basics<br />

des Skifahrens eingeführt, während die Fortgeschrittenen<br />

ihre Fähigkeiten im Schnee verbessern konnten.<br />

Nachdem die Schüler:innen ihre sportlichen Fähigkeiten<br />

trainiert hatten, widmeten sie sich der fachspezifischen<br />

Annährung an das Thema Skifahren. Im Rahmen der<br />

Maßnahme wurde ein theoretisches und praktisches Fachseminar<br />

zum Prothesensystem „ProCarve“ aus dem Hause<br />

Otto bock angeboten. Elisabeth Kecht, Orthopädietechnik-<br />

Meisterin bei der Firma Pohlig in Traunstein, führte gemeinsam<br />

mit Anwender Klaus Rother die Auszubildenden und<br />

Lehrer:innen der Orthopädie-Technik zunächst in einem<br />

Theorieseminar in die Produktlinie ein. Mit diesem System<br />

ist es möglich, sowohl als unter- als auch oberschenkelamputierter<br />

Anwender mit einer Prothese Ski zu fahren.<br />

Wie Kecht berichtet, ging sie mit ungewisser Erwartung<br />

in dieses Seminar, da es ihre erste Veranstaltung war, die sich<br />

um das „ProCarve“-System drehte. „Somit wusste ich nicht,<br />

wie hoch das Interesse der Azubis sein würde. Ich wurde jedoch<br />

sehr positiv überrascht“, erzählt sie. „Die Azubis waren<br />

sehr aufgeschlossen. Mit so vielen Fragen und einem so<br />

hohen Interesse habe ich gar nicht gerechnet. Das hat mich<br />

sehr gefreut!“ Auch für den Anwender Klaus Rother war es<br />

eine Premiere.<br />

Grau ist bekanntlich alle Theorie, daher folgte als zweiter<br />

Teil des Seminars der Feldversuch auf der Piste. Hier<br />

waren die Auszubildenden erstaunt, welchen sehenswerten<br />

Fahrstil Rother mit diesem Prothesensystem präsentieren<br />

konnte. Vor Kleingruppen berichtete er direkt auf<br />

der Piste von den praktischen Details, die durch Angaben<br />

für die orthopädie-technischen Umsetzungen von Kecht<br />

ergänzt wurden. Hier fasst Kecht zusammen: „Die Fragen<br />

der Teilnehmer:innen waren sehr gut bedacht und<br />

die Neugier der Auszubildenden war groß. Ich denke, es<br />

war gut, den Schüler:innen die Antworten aus orthopädietechnischer<br />

und von der Anwenderansicht zu geben,<br />

um die Vor- und Nachteile der Passteile im Alltag aufzuzeigen.“<br />

Auf die Frage, ob beide Referenten im nächsten Jahr<br />

noch einmal ein solches Seminar durchführen würden,<br />

antworteten sie einstimmig: „Auf jeden Fall! Wir würden<br />

uns beide sehr über eine erneute Anfrage freuen und wären<br />

nächstes Jahr gerne wieder mit dabei!“ Matthias Quante,<br />

Organisator der Fahrt und Lehrer am Max-Born-Berufskolleg,<br />

bedankte sich im Namen aller Auszubildenden<br />

und Lehrer:innen sehr herzlich. Er hob hervor, dass viele<br />

Ausbildungsbetriebe ihre Auszubildenden für diese Fahrt<br />

finanziell unterstützt haben, und dankte auch der Firma<br />

Ottobock für die Unterstützung. Noch direkt auf der Piste<br />

stellte Quante bereits die Anfrage für ein weiteres Seminar<br />

im nächsten Schuljahr.<br />

Daniel Schulze Frenking<br />

Max-Born-Berufskolleg, Recklinghausen<br />

Fotos [3]: Daniel Schulze Frenking<br />

Anwender Klaus Rother zeigte den<br />

Auszubildenden auf der Piste, wie das<br />

vorgestellte Prothesensystem in der<br />

Praxis funktioniert.<br />

Premiere: Elisabeth Kecht kam aus Traunstein nach Ahrntal, um den Schüler:innen<br />

das Prothesensystem vorzustellen.<br />

104<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


BIV Café<br />

Kaffee und Faktensnacks<br />

im BIV Café auf der<br />

OTWorld<br />

Genießen<br />

und informieren<br />

in Halle 3<br />

Stand D10/E11<br />

Wir laden ein zu Kaffeegenuss<br />

und Informationshäppchen,<br />

präsentiert von den Experten<br />

des deutschen Spitzenverbandes<br />

der Orthopädie-Technik,<br />

die über die heißen<br />

Themen der<br />

Branche<br />

berichten.<br />

Telematik<br />

Kalkulationsdatenbank<br />

E-Verordnung<br />

Hilfsmittelreform<br />

Zulassung<br />

Online-Versorgung<br />

Präqualifizierung Hilfsmittelverzeichnis<br />

Absetzung vermeiden<br />

Digitalisierung<br />

Herzlich willkommen im BIV Café<br />

auf der OTWorld <strong>2024</strong>.


Markt<br />

Weiteres Wachstum<br />

für Ottobock<br />

Wachstum steht für<br />

Hans Georg Näder, Gründerenkel<br />

und Chef des<br />

Verwaltungsrats von<br />

Ottobock, ganz oben auf<br />

der Prioritätenliste.<br />

Foto: Ottobock<br />

Vor rund sieben Jahren stieg die Private-Equity-Gesellschaft<br />

EQT bei Ottobock ein und übernahm ein Fünftel<br />

des Unternehmens. In der darauffolgenden Phase<br />

folgten ein starkes Umsatzwachstum sowie eine nochmalige<br />

Steigerung der Professionalisierung bei dem Duderstädter<br />

Unternehmen. Nun entschied sich die Familie<br />

um Gründerenkel Prof. Hans Georg Näder dazu, den<br />

zuvor veräußerten 20-Prozent-Anteil zurückzukaufen.<br />

Im Gespräch mit der OT-Redaktion erklärt Näder diesen<br />

Schritt.<br />

OT: Herr Prof. Näder, 2017 stieg EQT mit einem 20-Prozent-<br />

Anteil bei Ottobock ein, nach sechs Jahren kaufte Ihre Familie<br />

den Anteil wieder zurück. Wie bewerten Sie die gemeinsame<br />

Zeit mit EQT?<br />

Hans Georg Näder: Die Zusammenarbeit mit EQT war von<br />

hohem gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt. Und<br />

sie war sehr erfolgreich: 2023 haben wir den höchsten Umsatz<br />

und das beste Ergebnis in der Unternehmensgeschichte<br />

erzielt. Über den gesamten Zeitraum haben wir den Umsatz<br />

von rund 880 Millionen Euro um rund 8 Prozent pro<br />

Jahr auf rund 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2023 gesteigert.<br />

Das bereinigte EBITDA hat sich auf rund 280 Millionen<br />

Euro verdoppelt. Mindestens genauso wichtig ist, dass wir<br />

Ottobock mit dem Support von EQT weiter professionalisiert<br />

und bis zur IPO-Readiness entwickelt haben. Damit<br />

haben wir eine starke Basis für die nächste Wachstumsphase<br />

unseres Unternehmens gelegt. Es war jedoch von Anfang<br />

an klar, dass EQT für uns ein Partner auf Zeit sein wird. Jetzt<br />

werden wir die erfolgreiche Strategie als reines Familienunternehmen<br />

in der Rechtsform der SE & Co. KGaA fortsetzen,<br />

im Besitz meiner Familie und unter der Führung von<br />

CEO Oliver Jakobi und seinem starken Managementteam.<br />

OT: Ist der Rückkauf die logische Konsequenz aus der aktuellen<br />

Firmenstrategie, auf Wachstum zu setzen?<br />

Näder: Als EQT nach einem Käufer für die 20 Prozent suchte,<br />

gab es eine Reihe Interessenten. Im Laufe des Auswahlprozesses<br />

haben wir als Familie dann entschieden, Ottobock<br />

wieder zu einem 100-prozentigen Familienunternehmen<br />

zu machen. Der Wachstumskurs, auf dem wir uns befinden,<br />

steht in unserer Strategie im Fokus.<br />

OT: Der Einstieg von EQT war von außen auch mit einem potenziellen<br />

Börsengang Ottobocks verbunden. In der jüngeren<br />

Vergangenheit haben Sie dieses Vorhaben bereits von der Liste<br />

mit der höchsten Priorität gestrichen. Wie ist der Stand bei Ottobock<br />

und der Börse?<br />

Näder: Auf unserer Prioritätenliste ganz oben steht stetiges<br />

Wachstum. Nur so können wir weiterhin in Forschung<br />

und Entwicklung investieren und alles daransetzen, für<br />

unsere Anwenderinnen und Anwender weltweit die besten<br />

Produkte, Services und eine exzellente Rundumversorgung<br />

zur Verfügung zu stellen. Ein Börsengang bleibt jedoch<br />

weiterhin das Ziel. Die Grundlagen dafür haben wir<br />

geschaffen. Wann es so weit sein wird, werden wir sehen.<br />

OT: In anderen Medien wurde über den Kaufpreis spekuliert.<br />

Fakt ist: Durch die Wertsteigerung des Unternehmens in den<br />

vergangenen Jahren dürfte der Kaufpreis gegenüber dem Verkaufspreis<br />

gestiegen sein. Was kostet es Sie, Ottobock wieder<br />

komplett in die Familienhände zurückzuholen?<br />

Näder: Wir haben über die Näder Holding GmbH mit einem<br />

Investorenkonsortium ein Finanzierungspaket in<br />

Höhe von 1,1 Milliarden Euro vereinbart, um das zukünftige<br />

Wachstum von Ottobock zu unterstützen. Zu weiteren<br />

Finanzierungsdetails äußern wir uns jedoch nicht.<br />

OT: Finanzielle und wirtschaftliche Interessen auf der einen,<br />

emotionale Beweggründe auf der anderen Seite: Was bedeutet<br />

es Ihnen persönlich zu wissen, dass Ottobock wieder<br />

ein reiner Familienbetrieb ist, und was bedeutet es für Ihre<br />

Mitarbeiter:innen?<br />

Näder: Für meine Familie und mich ist es ein schöner Moment<br />

der Firmengeschichte, im 1<strong>05</strong>. Jahr von Ottobock<br />

wieder als 100-prozentiges Familienunternehmen zu agieren.<br />

Ich danke allen involvierten Teams, die daran mitgewirkt<br />

haben, das zu ermöglichen. Und auch die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter freuen sich über diesen Schritt. Gemeinsam<br />

werden wir den erfolgreichen Weg weitergehen<br />

und uns dabei an unseren Unternehmenswerten „menschlich“,<br />

„verlässlich“, „erfinderisch“ und „smart“ orientieren.<br />

OT: Sie sind die dritte Generation Ihrer Familie in der Unternehmensführung,<br />

Ihre Töchter sind in unterschiedlichen Rollen<br />

ebenfalls im Unternehmen tätig. Haben Sie sich im Vorfeld des<br />

Rückkaufs abgestimmt und hatten Ihre Töchter ein Mitspracherecht?<br />

Näder: Über die Zukunft des Unternehmens tauschen wir<br />

uns in der Familie eng aus. Über den Rückkauf der Anteile<br />

waren wir uns einig.<br />

OT: Mit Blick auf die Zukunft von Ottobock – welche Auswirkungen<br />

hat der Rückkauf auf Unternehmen und Branche?<br />

Näder: Wir haben in den vergangenen Jahren und mit der<br />

Unterstützung von EQT große Schritte gemacht. Auf diesem<br />

Wachstumspfad werden wir uns konsequent fortbewegen<br />

und dabei auch die Digitalisierung und den Einsatz<br />

von Künstlicher Intelligenz in der Branche als Vorreiter<br />

106<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


Markt<br />

weiter vorantreiben. Auf der diesjährigen OTWorld werden<br />

– neben unseren Produktlaunches – digitale Versorgungsprozesse<br />

deshalb wieder eine Rolle spielen. Unser Hauptaugenmerk<br />

legen wir weiterhin auf die Anwenderinnen<br />

und Anwender, um sie dabei zu unterstützen, möglichst<br />

das Leben zu leben, das sie sich vorstellen. Unser Purpose<br />

– Mobilität für Menschen mit Handicap – ist aktueller und<br />

wichtiger denn je. Jetzt, nach dem erfolgreichen Closing,<br />

heißt es deshalb: mit Volldampf voraus!<br />

Die Fragen stellte Heiko Cordes.<br />

Mark Jalaß neuer BVMed-<br />

Vorstandsvorsitzender<br />

Nach 17 Jahren an der Spitze des Bundesverbandes<br />

Medizintechnologie (BVMed) ist für Dr. Meinrad<br />

Lugan Schluss. Der Vorstandsvorsitzende stellte<br />

sich bei der Mitgliederversammlung Mitte April<br />

nicht mehr zur Wiederwahl. Lugan und der ebenfalls<br />

ausgeschiedene Dr. Manfred Elff wurden von<br />

den BVMed-Mitgliedern aufgrund ihrer langjährigen<br />

Verdienste zu Ehrenmitgliedern des Vorstands<br />

gewählt. Neuer starker Mann auf der Kommandobrücke<br />

des Medizintechnikverbandes ist Mark Jalaß.<br />

Der 58-Jährige ist Direktor Marketing und Vertrieb<br />

ambulanter Bereich und Industrie bei Lohmann &<br />

Rauscher. Jalaß ist seit 2018 im BVMed-Vorstand und<br />

bereits seit 2008 als Sprecher verschiedener BVMed-<br />

Arbeitskreise aktiv. Zu seinen stellvertretenden Vorsitzenden<br />

wurden Dorothee Stamm von Medtronic<br />

und Marc Michel von Peter Brehm gewählt.<br />

Als weitere Vorstandsmitglieder treten Dr. Chima<br />

Abuba von GHD, Alexia Anapliotis von Merete, Stefan<br />

Geiselbrechtinger von Oped, Manuela Hoffmann-Lücke<br />

von Paul Hartmann, Frank Kirchner<br />

von B. Braun und Dr. med Hans-Christian Wirtz von<br />

Johnson & Johnson an. Außerdem ist BVMed-Geschäftsführer<br />

Dr. Marc-Pierre Möll Mitglied des Vorstands.<br />

Ausgeschieden aus dem BVMed-Vorstand<br />

sind zudem Manfred Hinz (3M) und Kristof Boogaerts<br />

(Johnson & Johnson Medical).<br />

FUSSKONGRESS<br />

ÖGF MEETS D.A.F.<br />

29. JAHRESTAGUNG DER D.A.F.<br />

Foto: BVMed/Manfred Beeres<br />

© https://www.erfolgsliebe.com<br />

Mark Jalaß, Dorothee Stamm und Marc Michel (v. l.)<br />

führen künftig den BVMed als Vorstand an.<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24<br />

www.fusskongress.de


Neues aus der Industrie<br />

Knieprothesen bequem anpassen<br />

mit der connectgo.pro App<br />

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mechatronischer Knieprothesen<br />

ist ein komplexer<br />

Prozess, der hohe Präzision erfordert. Ziel ist es, ein optimales<br />

Nutzungserlebnis und eine hohe Passgenauigkeit zu gewährleisten,<br />

indem die Prothese perfekt auf den Anwender<br />

abgestimmt wird. Schritt für Schritt analysiert der Orthopädietechniker<br />

das Bewegungsverhalten des Nutzers und<br />

stellt darauf basierend die Prothese ein. Für die Anpassung<br />

nutzt er abhängig vom Prothesentyp unterschiedliche Anwendungen.<br />

Foto: © Ottobock<br />

Die Einstellung der<br />

Knieprothese mit Laptop<br />

und Desktop-Applikation<br />

gehört bald der Vergangenheit<br />

an. Zukünftig<br />

können Orthopädietechniker<br />

für diesen Prozess<br />

das Smartphone mit<br />

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Nutzerfreundlich, effizient und<br />

nur ein einziges System<br />

Um diesen oft zeitintensiven Prozess zu optimieren, hat<br />

Ottobock gemeinsam mit dem Unternehmen BAYOOMED<br />

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bald alle Knieprothesen von Ottobock mit nur einer App<br />

eingestellt werden – ganz bequem vom Smartphone oder<br />

Tablet aus. „Mit der neuen<br />

App ist der Orthopädietechniker<br />

bei der Einstellung<br />

der Knieprothesen deutlich<br />

flexibler als mit den<br />

bisherigen Anwendungen<br />

für Laptops und kann im<br />

engen Austausch mit dem<br />

Prothesenträger schnell<br />

Foto: © BAYOOMED<br />

Ausschnitt aus dem<br />

User Interface der neuen<br />

connectgo.pro App.<br />

und unkompliziert die Anpassungen<br />

in der App vornehmen“,<br />

erläutert Florian<br />

Mayer, Projektleiter von<br />

BAYOOMED. „Wir haben<br />

viele Erfahrungswerte aus<br />

der Praxis in die Entwicklung<br />

der App einfließen lassen und besonderen Wert auf<br />

eine gute Nutzerfreundlichkeit gelegt.“<br />

Die connectgo.pro App bietet noch weitere Vorteile: Da<br />

die App zukünftig alle Ottobock-Knieprothesen unterstützt,<br />

müssen Orthopädietechniker bei der Zertifizierung<br />

für die jeweilige Prothese nur ein einziges System beherrschen.<br />

Gleichzeitig fallen Wartung und die Durchführung<br />

von Updates ebenfalls nur noch für ein einziges System<br />

an, sodass Aktualisierungen schneller angeboten werden<br />

können. Wie bei den bisherigen Systemen hat der Orthopädietechniker<br />

über die connectgo.pro App einfachen Zugang<br />

zu Online-Inhalten und kann weiterhin Anwendern<br />

„MyModes“ für spezielle Aktivitäten einstellen, die diese<br />

mit der Cockpit App anpassen können.<br />

„Das Team von BAYOOMED hat unsere Anforderungen<br />

an die neue App sofort verstanden und sehr gut umgesetzt“,<br />

freut sich Bernhard Prochaska, Product Owner von<br />

Ottobock. „Wir sind froh, unseren Kunden mit der neuen<br />

App ein Tool an die Hand geben zu können, das ihnen Arbeitsprozesse<br />

erleichtert und Zeit spart.“<br />

Ab Mai wird die connectgo.pro App für die ersten<br />

Knieprothesen von Ottobock verfügbar sein. Weitere<br />

Knieprothesentypen werden über das Jahr hinweg von<br />

der App unterstützt.<br />

BAYOOMED – Das Unternehmen<br />

hinter der App<br />

Hinter der Entwicklung der connectgo.pro App steht<br />

BAYOOMED mit Hauptsitz in Darmstadt. Das Unternehmen<br />

ist spezialisiert auf die Entwicklung von Medical Apps und<br />

medizinischer Software.<br />

Mit über 250 Personenjahren<br />

Projekterfahrung<br />

in der Softwareentwicklung<br />

im regulierten Medizin-<br />

und Pharma umfeld<br />

und mehr als 400 Medizintechnikkunden<br />

zählt das<br />

Unternehmen zu den erfahrensten<br />

medizinischen<br />

Softwareentwicklern in<br />

Europa. „Wir freuen uns<br />

über das Vertrauen, das<br />

Ottobock uns als Dienstleister<br />

entgegengebracht<br />

hat“, betont Miriam Schulze,<br />

Geschäftsführerin von<br />

BAYOOMED. „Durch die<br />

intensive Zusammenarbeit<br />

der jeweiligen Projektteams,<br />

konnten wir<br />

wertvolle Erfahrungswerte<br />

aus Orthopädietechnik<br />

mit unseren Kenntnissen<br />

im Bereich medizinischer<br />

Apps zu einem tollen Ergebnis<br />

zusammenführen.“<br />

Das BAYOOMED-Team, das<br />

die neue connectgo.pro App<br />

entwickelt hat.<br />

Besuchen Sie den<br />

BAYOOMED-Stand in Halle 3,<br />

F23 auf der OT World<br />

(14. – 17. Mai <strong>2024</strong>) und informieren<br />

Sie sich über die<br />

neue connectgo.pro App<br />

oder individuelle medizinische<br />

Softwarelösungen für<br />

Ihr Unternehmen.<br />

Weitere Informationen unter: www.bayoomed.com<br />

Foto: © BAYOOMED<br />

108<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


STELLENANGEBOTE<br />

Ralf Münch<br />

Großenbaumer Allee 250<br />

47249 Duisburg<br />

Tel.: 0203-764011<br />

www.muench-hahn.de<br />

www.muench-ot.de<br />

Orthopädietechniker Meister<br />

(m/w/d)<br />

// Vollzeit ab sofort<br />

Ihre Aufgaben:<br />

• Fertigen von individuellen<br />

Hilfsmitteln der Groß orthopädie<br />

• Beratung und Anpassung der<br />

Hilfsmittel am Kunden<br />

• Ansprechpartner für<br />

Kostenträger<br />

• Mitarbeiterführung<br />

• Mitbetreuung der BG-Klinik<br />

• Administrative Aufgaben<br />

Ihr Profil:<br />

• Abgeschlossene Ausbildung zum<br />

Orthopädietechnikermeister<br />

• Erfahrung im Bereich der<br />

individuellen Orthetik und<br />

Prothetik<br />

• Sie sind bereit, Verantwortung<br />

zu übernehmen?<br />

Wir bieten:<br />

• Einen verantwortungsvollen<br />

Job in einem starken TEAM<br />

• Arbeiten mit den neusten<br />

Innovationen der OT<br />

• Langfristige Perspektive in<br />

einem zukunftsorientierten<br />

Familienbetrieb<br />

• Leistungsgerechte Bezahlung<br />

• Urlaubs- und Weihnachtsgeld<br />

• Firmenwagen<br />

Über Ihre Bewerbung an<br />

rtm@muench-ot.de würde ich mich sehr freuen!<br />

<strong>2024</strong>-04_Münch.indd 1 19.04.<strong>2024</strong> 10:22:20<br />

360-ot.de/jobs<br />

109


STELLENANGEBOTE<br />

Besuchen Sie<br />

uns im Internet!<br />

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am Wörthersee -<br />

wo andere Urlaub<br />

machen :)<br />

Modernes Sanitätshaus mit Groß-/Kleinorthopädie<br />

sowie Reha-Technik in zentraler Lage Berlins aus<br />

Altersgründen zu verkaufen.<br />

Wir suchen Verstärkung für unser Team am<br />

„maierhofer campus“ in Klagenfurt:<br />

Orthopädie-Techniker (m/w/d)<br />

Ihre Aufgaben bei uns:<br />

• Fachgerechte Fertigung von Prothesen & Orthesen,<br />

inkl. Anpassungsarbeiten & Servicierung<br />

• Kundenversorgung mit weiteren orthopädischen<br />

Heilbehelfen & Hilfsmitteln in unseren Filialen und im<br />

regionalen Außendienst (Kliniken, Pflegeheime, etc.)<br />

• Kontaktpflege & Zusammenarbeit im Bereich med.<br />

Einrichtungen, Kliniken, Fachärzte, Therapeuten, etc.<br />

Wir bieten Ihnen:<br />

• Ein spannendes und verantwortungsvolles Aufgabengebiet<br />

in einem modernen Arbeitsumfeld<br />

• Div. Benefits wie: Rabatte für Mitarbeiter*innen, Kinderbetreuungszuschuss,<br />

Fortbildungen, Parkplatz, etc.<br />

• Unterstützung bei der Wohnungssuche<br />

• Einen Arbeitsplatz in einer Region, in der andere Urlaub<br />

machen :)<br />

Anforderungen:<br />

• Sie haben eine abgeschlossene Orthopädietechnik-Ausbildung<br />

und sind mit Versorgungen im Bereich Prothetik<br />

& Orthetik vertraut<br />

• Sie haben Freude an der Arbeit mit Menschen und zeichnen<br />

sich durch Einfühlungsvermögen und Teamgeist aus<br />

• Sie haben einen Führerschein Klasse B<br />

Wir bieten eine attraktive und leistungsgerechte Bezahlung,<br />

mit der Bereitschaft zur Überzahlung je nach Qualifikation und<br />

Erfahrung. Das Mindestgehalt für diese Position lt. Kollektivvertrag<br />

beträgt 2.780,00 Euro brutto (38,5h Vollzeit, 14x jährlich).<br />

Sie fühlen sich angesprochen?<br />

Dann senden Sie uns Ihre Bewerbungsunterlagen, bitte<br />

zu Handen unseres OT-Meisters Christopher Pirker, an:<br />

bewerbung@maierhofer.co.at<br />

maierhofer GmbH<br />

Eiskellerstraße 3-5<br />

9020 Klagenfurt am Wörthersee<br />

maierhofer.co.at/karriere<br />

www.maierhofer.co.at<br />

T: +43 (0)463 56 5960<br />

Wir sind zertifiziert für C-Leg, Kinevo und Myoarm -<br />

prothetik. Unser Haus verfügt über langjährige Erfahrung<br />

und wir haben einen stets wachsenden Kundenstamm.<br />

Durch unsere engen Kontakte zu niedergelassenen Ärzten,<br />

Kliniken und Behörden des Landes Berlin sind wir<br />

bestens vernetzt.<br />

Die zentrale Lage unseres Sanitätshauses bietet eine<br />

exzellente Verkehrsanbindung und gute Erreichbarkeit<br />

für unsere Kunden. Zudem verfügen wir über einen<br />

großen Kundenparkplatz.<br />

Langfristiger Mietvertrag kann zugesichert werden.<br />

Wir freuen uns über Ihre Zuschriften unter<br />

berlinprosthetics@gmail.com<br />

Zuerst wissen,<br />

wer sucht!<br />

Abonnieren Sie unseren<br />

kostenlosen JOBLETTER und<br />

erhalten Sie jeden Monatsanfang<br />

die aktuellsten Stellenangebote,<br />

-gesuche und Kleinanzeigen<br />

aus der Branche.<br />

Anmeldung unter:<br />

360-ot.de/newsletteranmeldung<br />

www.360-ot.de<br />

110 360-ot.de/jobs


Schulleitung (m/w/d) der<br />

Bundesfachschule für Orthopädie-Technik<br />

Ziel der Stelle<br />

Mit 70 Jahren Erfahrung in der Fort- und Weiterbildung im Bereich Orthopädie- und Rehabilitationstechnik zählt<br />

die Bundesfachschule für Orthopädietechnik zu den führenden branchenbezogenen Bildungseinrichtungen.<br />

Meistervorbereitungslehrgänge, Fortbildungsseminare und ein Bachelor- sowie Masterstudiengang als Franchise-<br />

Studienangebot der Fachhochschule Dortmund bilden die Kernkompetenz der Bildungseinrichtung und ihrer<br />

angeschlossenen Institute, IMB und IQZ. Träger der Einrichtung ist der als gemeinnützig anerkannte eingetragene<br />

Verein Bundesfachschule für Orthopädietechnik e. V.<br />

Für ein engagiertes Team mit 30 Mitarbeitenden, suchen wir ab sofort eine Schulleitung (m/w/d) in Vollzeit (40 Stunden/<br />

Woche). Wir freuen uns über Bewerbungen von Menschen, die kreativ auf dem vorhandenen aufbauen, konstruktiv<br />

Projekte verwirklichen, eine Leidenschaft für das Thema Orthopädie- und Rehabilitationstechnik mitbringen und<br />

wertschätzend Mitarbeitende führen.<br />

Aufgaben<br />

• Sie übernehmen die fachliche Leitung der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik mit ihren Einrichtungen<br />

• Sie repräsentieren die Bundesfachschule in Gremien, Ausschüssen und Fachkreisen<br />

• Sie sind verantwortlich für die Koordination der Arbeit des Trägervereins gemeinsam mit dem Vorstand und<br />

der Geschäftsführung des Vereins<br />

• Sie verantworten die strategische Planung, Koordination und operative Umsetzung der Lehrangebote<br />

• Sie übernehmen die Leitung der operativen Abläufe der Bundesfachschule in fachlichen, personellen,<br />

organisatorischen, administrativen und kommunikativen Belangen<br />

• Sie sind verantwortlich für die Weiterentwicklung der Einrichtung sowie für die Beantragung, Umsetzung<br />

und Verwaltung von öffentlichen Fördermitteln<br />

Profil<br />

• Sie (m/w/d) bringen eine Master- oder Meister- Qualifikation oder einen Facharztabschluss mit Nähe zur<br />

Orthopädie- und Rehabilitationstechnik oder einen vergleichbaren Abschluss mit<br />

• Sie verfügen über die pädagogische Qualifikation (Ausbildereignungsprüfung o. Ä.) und haben eine Affinität zu<br />

den an der dualen beruflichen Bildung beteiligten Akteuren<br />

• Sie konnten bereits Führungserfahrung sammeln und Ihr Führungsstil ist sehr integrativ und wertschätzend geprägt<br />

• Sie sind offen für die kontinuierliche Einarbeitung in neue Themengebiete<br />

• Sie bringen ein hohes Maß an Kommunikations- und Kooperationskompetenz auf allen Ebenen der<br />

Leitungsaufgaben mit<br />

• Sie haben Freude an kreativen Lösungswegen und kooperativer Entscheidungsfindung und binden Ihr Team aktiv ein<br />

• Die Zusammenarbeit mit Menschen mit Handicap liegt Ihnen am Herzen<br />

Benefits<br />

• Vielfältiges und interessantes Aufgabengebiet mit großen Gestaltungsspielräumen und hoher Eigenverantwortung<br />

• Eine für eine gemeinnützige Bildungseinrichtung attraktive Vergütung<br />

• Flache Hierarchien und direkte Kommunikationsstrukturen<br />

• Systematische Einarbeitung sowie eine angenehme Arbeitsatmosphäre in einem kompetenten, offenen und<br />

motivierten Team<br />

• Einen sicheren Arbeitsplatz mit der Möglichkeit, sich persönlich sowie fachlich weiterzuentwickeln<br />

Dann senden Sie uns Ihre Bewerbung bitte bis zum 30.06.<strong>2024</strong> ausschließlich per Mail an Bewerbung@ot-bufa.de<br />

und geben Sie neben Ihrem frühestmöglichen Eintrittstermin auch Ihre Gehaltsvorstellung an. Bitte verwenden Sie<br />

bei Anhängen ausschließlich das PDF-Format oder gezippte Dateien.<br />

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!<br />

Bundesfachschule für Orthopädie-Technik e. V.<br />

Schliepstraße 6-8 • 44135 Dortmund<br />

Lars Grun, Alf Reuter, Vorsitzende des Trägervereins<br />

Ass. Norbert Stein, Geschäftsführer des Bundesfachschule für Orthopädie-Technik e. V.<br />

111


STELLENANGEBOTE<br />

WERDEN SIE TEIL DES TEAMS<br />

Wir suchen für die PLZ-Gebiete 30-34, 37-39 und 49 zum 1. November <strong>2024</strong> einen<br />

Außendienstmitarbeiter (M/W/D)<br />

Aufgabengebiete eines Außendienstmitarbeiters bei FIOR & GENTZ sind vielseitig!<br />

Die Vermittlung von theoretischen sowie praktischen Kenntnissen im modernen<br />

Orthesenbau ist grundlegender Bestandteil Ihrer Aufgaben. Sie unterstützen<br />

unsere Kunden von der Patientenbefundung über die Herstellung der Orthese<br />

bis zur Übergabe der Orthese. Zu Ihren Aufgaben gehört außerdem die<br />

qualifizierte Beratung zu Orthesengelenken, Orthesenschuhen und<br />

Therapieschuhen sowie deren Verkauf.<br />

Ihr Profil:<br />

Sie sind ausgebildeter Orthopädietechnik-Mechaniker/-Meister mit<br />

Erfahrung im Bereich des Orthesenbaus – dann freuen wir uns auf<br />

Ihre Bewerbung!<br />

Unser Angebot:<br />

Firmenwagen (auch zur privaten Nutzung)<br />

leistungsgerechte Vergütung<br />

umfassende Einarbeitung in Lüneburg<br />

sicherer Arbeitsplatz in einem erfolgreichen, krisenfesten Unternehmen<br />

Tätigkeit in einem interessanten und abwechslungsreichen Aufgabengebiet<br />

vermögenswirksame Leistungen, betriebliche Altersvorsorge<br />

30 Tage Urlaubsanspruch bei einer 5-Tage-Woche<br />

Wir freuen uns auf Ihre schriftliche und aussagekräftige Bewerbung,<br />

gern auch per E-Mail an: bewerbungen@fior-gentz.de.<br />

PLZ-<br />

Gebiete<br />

30-34,<br />

37-39,<br />

49<br />

Gesellschaft für Entwicklung und Vertrieb<br />

von orthopädietechnischen Systemen mbH<br />

Dorette-von-Stern-Straße 5<br />

21337 Lüneburg (Deutschland)<br />

+49 4131 24445-0<br />

+49 4131 24445-57<br />

bewerbungen@fior-gentz.de<br />

www.fior-gentz.de<br />

Jetzt ist<br />

Buchen Sie Ihre<br />

Anzeige bis:<br />

Schluss!<br />

13.<strong>05</strong>.<strong>2024</strong><br />

stellenmarkt@360-ot.de<br />

Besuchen Sie<br />

uns im Internet!<br />

www.360-ot.de<br />

112 360-ot.de/jobs


„Mit KI bewegt sich was“<br />

Illustration: Karlheinz Baumann


Vorschau Juni<br />

Schwerpunktthema 1:<br />

Brustversorgung<br />

Versorgungsmöglichkeiten des Lymphödems<br />

Trotz der weltweiten Zunahme von Brustkrebsfällen bleibt<br />

das sekundäre Lymphödem nach Mammakarzinom eine oft<br />

vernachlässigte Folgeerkrankung in der öffentlichen Diskussion.<br />

Im Zuge der konservativen Therapie ist die Versorgung<br />

mit medizinischen Hilfsmitteln ein wichtiger Grundpfeiler<br />

der Behandlung. Die Aufklärung über das Lymphödem inklusive<br />

entsprechender Therapiemöglichkeiten soll nicht<br />

nur das Bewusstsein schärfen, sondern auch die Grundlage<br />

für verbesserte Präventions-, Behandlungs- und Versorgungsstrategien<br />

schaffen. Konkret wird die Notwendigkeit<br />

einer verstärkten Sensibilisierung und besseren Versorgung<br />

mit Hilfsmitteln innerhalb der Mammakarzinom-Therapie<br />

auf gezeigt. Medizinische Kompressionsstrümpfe und<br />

-handschuhe, Kompressions-BHs, Brustprothesen und weitere<br />

Hilfs mittel zur Versorgung von Lymphödemen nach<br />

Mamma karzinom-Therapie werden besprochen.<br />

Schwerpunktthema 2:<br />

Kommunikation im Sanitätshaus<br />

Verkaufs- und Beratungsgespräche<br />

souverän meistern<br />

Die nächste<br />

Ausgabe<br />

erscheint am<br />

<strong>05</strong>.06.<strong>2024</strong>.<br />

Seine Kund:innen sieht man am liebsten mit einem<br />

Lächeln aus der Tür gehen. Doch was, wenn das<br />

Beratungsgespräch nicht wie geplant verläuft? Wie<br />

in der Werkstatt braucht es auch hinter dem Verkaufstresen<br />

das richtige Werkzeug. Wann welches<br />

gezückt werden sollte, erklärt ein Online- Seminar der<br />

Confairmed. Unter dem Titel „Souveräne Kommunikation<br />

mit Kunden im Sanitätshaus“ bietet Beraterin<br />

Julia Kamleiter ab Juni <strong>2024</strong> einen Einsteiger- und einen<br />

Aufbaukurs an. Für sie ist eine gelungene Kommunikation<br />

in Beratung und Verkauf sowie in Reklamations-<br />

und Konfliktsituationen die Grundlage für<br />

eine langfristige Kundenbeziehung. In der OT verrät<br />

Kamleiter, was die Teilnehmer:innen erwartet.<br />

Impressum<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK: Offizielles Fachorgan<br />

des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-<br />

Technik. Erscheint 12-mal im Jahr. Bezugspreis<br />

inkl. Versand jährlich Inland 159,90 Euro<br />

(inkl. MwSt.), Ausland 189,90 Euro (ggf. zzgl.<br />

MwSt.). Auch mit Ermäßigung für Studierende/<br />

Auszubildende erhältlich (nur gültig mit Nachweis).<br />

Kündigungsfrist: Das Abo gilt zunächst<br />

für ein Jahr. Danach monatlich kündbar.<br />

ISSN 0340-5591<br />

Herausgeber:<br />

Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik<br />

Postfach 10 06 51, 44006 Dortmund<br />

Reinoldistraße 7-9, 44135 Dortmund<br />

Tel. +49 231 55 70 50-0, Fax -40<br />

www.biv-ot.org<br />

Geschäftsführung: Georg Blome<br />

Verleger:<br />

Verlag Orthopädie-Technik<br />

Postfach 10 06 51, 44006 Dortmund<br />

Reinoldistraße 7-9, 44135 Dortmund<br />

Tel. +49 231 55 70 50-50, Fax -70<br />

info@biv-ot.org, www.360-ot.de<br />

Verlagsleitung:<br />

Susanne Böttcher<br />

Programmleitung:<br />

Michael Blatt (V.i.S.d.P.)<br />

Ständige Redaktion:<br />

Heiko Cordes (CvD), Pia Engelbrecht,<br />

Anja Knies, Brigitte Siegmund<br />

Lektorat:<br />

7Silben/Tanja Jentsch<br />

Wissenschaftlicher Beirat:<br />

Dipl.-Ing. Merkur Alimusaj, Heidelberg<br />

Silke Auler, Dortmund<br />

Jan Becker, Dortmund<br />

Ralph Bethmann, Duderstadt<br />

Dr. Harald Böhm, Aschau i. Chiemgau<br />

Prof. em. Dr.-Ing. Ulrich Boenick, Berlin<br />

Dr. med. Hartmut Bork, Sendenhorst<br />

Prof. Dr. med. Frank Braatz, Göttingen<br />

PD Dr. med. habil. Lutz Brückner,<br />

Bad Klosterlausnitz<br />

Dr. med. Tymoteusz Budny, Münster<br />

Prof. Dr. med. Martin Engelhardt, Osnabrück<br />

Dr. med. Jennifer Ernst, Hannover<br />

Olaf Gawron, Heidelberg<br />

Prof. Dr. med. Goetz A. Giessler, Zug<br />

Dr. med. Jürgen Götz, Regensburg<br />

Prof. Dr. med. Bernhard Greitemann,<br />

Bad Rothenfelde<br />

Dipl. Ing. Daniel Heitzmann, Heidelberg<br />

Rainer Hilker, Bad Schwartau<br />

Prof. Ann-Kathrin Hömme, Dortmund<br />

Lars Jäger, Markkleeberg<br />

Dr. Annette Kerkhoff, Münster<br />

Detlef Kokegei, Dortmund<br />

Dr. med. Armin Koller, Rheine<br />

Prof. Dr.-Ing. Marc Kraft, Berlin<br />

Ludger Lambrecht, Dortmund<br />

Dr. med. Franz Landauer, Salzburg<br />

Daniel Merbold, Kössen<br />

Dr. med. Stefan Middeldorf, Bad Staffelstein<br />

Ingo Pfefferkorn, Rostock<br />

Prof. Dr. med. Stefanie Reich-Schupke, Bochum<br />

Dr.-Ing. Rüdiger Rupp, Heidelberg<br />

Michael Schäfer, Traunstein<br />

Dr. med. Franz-Josef Schingale, Pommelsbrunn<br />

Dr. med. Urs Schneider, Stuttgart<br />

Dr. med. Johannes Schröter, Wiesbaden<br />

Frank Schulz, Münster<br />

Bernd Sibbel, Dortmund<br />

Thomas Stief, Osnabrück<br />

Dr. med. Hartmut Stinus, Bovenden<br />

Norbert Stockmann, Dortmund<br />

Jürgen Stumpf, Fulda<br />

Heinz Trebbin, Durach<br />

Bernd Urban, Weiden<br />

Dr. Sebastian Wolf, Heidelberg<br />

Anzeigen/Sonderwerbeformen &<br />

Stellen-/Kleinanzeigen:<br />

Jocelyn Blome, jocelyn.blome@biv-ot.org,<br />

Tel. +49 231 557<strong>05</strong>0-54/-61<br />

Mobil +49 151 108 414 89<br />

Vertrieb: Iris Elbe, iris.elbe@biv-ot.org<br />

Bei Nichterscheinen infolge höherer Ge walt<br />

be steht kein Anspruch auf Nach lieferung bzw.<br />

Schadenersatz. Ver antwortlich in ihrer Gesamtheit<br />

für den Anzeigenteil ist die Geschäftsführung<br />

des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik,<br />

44135 Dortmund; für den Inhalt<br />

der verantwortliche Redakteur. Mit Namen gekennzeichnete<br />

Artikel stellen nicht in jedem Fall<br />

die Ansicht der Redaktion dar, sondern nur die<br />

des Verfassers.<br />

Autorenhinweise:<br />

Manuskripte für Fachbeiträge zu Versorgungsbereichen<br />

der Orthopädie-Technik und ihrer<br />

Nachbardisziplinen sind an den Verlag zu richten,<br />

der sie anonymisiert an den Wissenschaftlichen<br />

Beirat zur Begutachtung und Entscheidung<br />

über eine Veröffentlichung weiterleitet.<br />

In der Regel werden nur Beiträge angenommen,<br />

die nicht bereits anderweitig, insbesondere<br />

in deutschsprachigen Medien, publiziert<br />

worden sind. Weiterführende Informationen zu<br />

den Formalia eines Fachbeitrags können über<br />

360-ot.de/autorenhinweise eingesehen oder<br />

per E-Mail an fachredaktion@biv-ot.org abgefragt<br />

werden.<br />

Erfüllungsort und Gerichtsstand: Dortmund.<br />

Gestaltung:<br />

Miriam Klobes,<br />

Marcus Linnartz<br />

Druckvorstufe/Druck:<br />

Silber Druck oHG<br />

Otto-Hahn-Straße 25<br />

D - 34253 Lohfelden<br />

www.silberdruck.de<br />

114<br />

ORTHOPÄDIE TECHNIK <strong>05</strong>/24


MAKING<br />

LIVES<br />

BETTER<br />

Die Leidenschaft für Innovation<br />

gepaart mit dem Bestreben,<br />

auf die Bedürfnisse von<br />

Prothesenträgern und<br />

Prothesentechnikern einzugehen<br />

und sie sogar vorwegzunehmen,<br />

hat uns dazu geführt, qualitativ<br />

hochwertige Prothesenlösungen<br />

zu entwickeln. Entdecken<br />

Sie unsere neuesten<br />

Spitzenprodukte wie Pro-Fit und<br />

SoftSil Liner und das ProStride<br />

Kniegelenk.<br />

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OT-WORLD, LEIPZIG 14.-17. MAI <strong>2024</strong><br />

Halle 1, Stand A26/B27


Bereit für den<br />

nächsten Schritt.<br />

Die Weltpremiere auf der OTWorld.<br />

Live vom 14. bis 17. Mai <strong>2024</strong> in Leipzig,<br />

Halle 5 I Stand D30.<br />

#WeEmpowerPeople<br />

www.ottobock.com

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