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Prof. Dr. Peter Sanders - DFG

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Forschungsschwerpunkte – <strong>Prof</strong>essor <strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong><br />

Die Arbeitsgruppe von <strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong> schließt Lücken zwischen Theorie und Praxis in der<br />

Algorithmenforschung und ist damit in international angesehenen akademischen Zeitschriften<br />

und Konferenzen ebenso gern gesehen wie bei Industrieunternehmen wie Google, SAP,<br />

Microsoft oder BMW. Algorithmen (Handlungsvorschriften zur systematischen Lösung eines<br />

Problems) sind die Grundlage der Programmierung von Computern und damit eine Schlüsseltechnologie<br />

für die Informationsgesellschaft. Wichtige Errungenschaften wie die Entschlüsselung<br />

des menschlichen Genoms oder die Verfügbarkeit des Wissens der Menschheit<br />

über Suchmaschinen sind maßgeblich auf effiziente Algorithmen zurückzuführen. In den<br />

vergangenen Jahrzehnten hatten sich in der Algorithmenforschung viele Lücken zwischen<br />

Theorie und Praxis aufgetan. Während die Algorithmentheorie auf der Suche nach mathematisch<br />

beweisbaren Ergebnissen Besonderheiten der Anwendungen oder wichtige Aspekte<br />

moderner Rechner oft vernachlässigte, entstanden in vielen Anwendungsgebieten Ad-hoc-<br />

Lösungen mit unklaren Eigenschaften. <strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong> Arbeitsgruppe überbrückt diese Lücken<br />

mittels der Methodik des Algorithm Engineering, die realistische Modellierung, praxisorientierten<br />

Algorithmenentwurf, mathematische Analyse, ausgefeilte Implementierung und<br />

ausführliche experimentelle Evaluierung zu einem Prozess zusammenfasst, der an die wissenschaftliche<br />

Methode der Naturwissenschaften erinnert. Im Folgenden werden einige Beispiele<br />

erläutert.<br />

Die „Basic Toolbox“: Bestimmte algorithmische Techniken wie Sortieren, Organisation einer<br />

Menge von Elementen zum schnellen Auffinden von Daten oder prioritätsgesteuerte Bearbeitung<br />

(Prioriätslisten) werden in fast allen nichttrivialen Computerprogrammen benötigt. Die<br />

Arbeitsgruppe von <strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong> hat hier Weltrekorde bei der Energieeffizienz und bei der<br />

effizienten Handhabung riesiger Datenmengen (bis zu 100 Terabyte) erzielt. Eine besondere<br />

Herausforderung ist dabei die Organisation von Datenbewegungen zwischen verschiedenen<br />

Ebenen von Computerspeichern (Festplatte, Flash-Speicher, RAM, Prozessor-Caches). Dies<br />

ist insofern spannend, weil die eigentlichen Berechnungen (Additionen, Multiplikationen<br />

u. a.), die traditionell im Vordergrund algorithmischer Überlegungen standen, kaum mehr ins<br />

Gewicht fallen.<br />

Routenplanung: Routenplaner im Internet oder auf Mobilgeräten sind eine Paradeanwendung<br />

der Informatik und helfen, nach Studien, bis zu 20 Prozent Fahrzeit und Energie zu<br />

Forschungsschwerpunkte – Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2012<br />

<strong>Prof</strong>essor <strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong><br />

Stand Januar 2012<br />

<strong>DFG</strong>


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sparen. Da das Lehrbuchverfahren (Dijkstras Algorithmus) zu langsam ist, behalf sich die<br />

Industrie in der Vergangenheit mit Heuristiken, die keine optimalen Wege garantieren, aufwändige<br />

manuelle Aufbereitung der Daten erfordern und trotzdem oft quälend langsam sind.<br />

Ausgehend von seinen Erfahrungen mit grundlegenden Algorithmen zur Verarbeitung von<br />

Netzwerken hat <strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong> Routenplanungsverfahren entwickelt, die sehr schnell sind,<br />

optimale Lösungen garantieren und vollautomatisch arbeiten. Seine Verfahren nutzen aus,<br />

dass Straßennetze eine hierarchische Struktur haben – die Mittelstücke optimaler Routen<br />

bestehen immer wieder aus den gleichen Straßen. Während die Basisverfahren inzwischen<br />

breit industriell eingesetzt werden, forscht die Gruppe von <strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong> an Verallgemeinerungen,<br />

zum Beispiel Berücksichtigung von Staumeldungen, Energieverbrauch oder öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln. Auch weitere Anwendungen wie Logistikoptimierung, Vermittlung von<br />

Mitfahrgelegenheiten oder Verkehrssimulation spielen eine Rolle.<br />

Suchmaschinen und Datenbanken: Entscheidend für die Erschließung großer Datenmengen<br />

(zum Beispiel Webseiten, Textsammlungen, Unternehmensinformationssysteme, Gendatenbanken,<br />

geografische Informationssysteme) sind Indexdatenstrukturen, die den schnellen<br />

Zugriff auf alle Daten ermöglichen, in denen bestimmte Suchmuster auftauchen. Im Grunde<br />

ist dies eine Fortsetzung der Karteikästen und Stichwortverzeichnisse aus der Vor-<br />

Computer-Zeit, jedoch mit den Möglichkeiten moderner Technologie und neuen Herausforderungen<br />

durch die gewaltigen involvierten Datenmengen. <strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong> hat hier mehrere<br />

grundlegende Ergebnisse erzielt. Zum Beispiel hat er ein besonders effizientes Verfahren zur<br />

Berechnung von sogenannten Suffix-Tabellen entwickelt, die die schnelle Suche beliebiger<br />

Muster in Textsammlungen ermöglichen. Auch bei der Auswertung typischer Suchmaschinenanfragen,<br />

bei der alle Dokumente gesucht werden, die eine vorgegebene Liste von<br />

Schlüsselwörtern enthalten, ist sein Ansatz die schnellste bekannte Lösung. Gegenwärtig<br />

beschäftigt er sich mit Indexen, die auch bei Schreibfehlern noch funktionieren (zum Beispiel<br />

bei Adressangaben) sowie mit einer neuen Technologie für Unternehmensdatenbanken, die<br />

klassische Datenbankanfragen (SQL) um Größenordnungen beschleunigen könnten.<br />

Parallelverarbeitung: Über Jahrzehnte hinweg haben Computer in kurzen Zeitabständen ihre<br />

Rechengeschwindigkeit verdoppelt. Aus fundamentalen technologischen Gründen ist diese<br />

Zeit vorbei und Leistungssteigerung lässt sich vor allem durch den parallelen Einsatz vieler<br />

Hardwarekomponenten (zum Beispiel Prozessoren oder Speichermodule) erreichen. <strong>Peter</strong><br />

<strong>Sanders</strong> beschäftigt sich auch hier mit dem grundlegenden Werkzeugkasten an Algorithmen.<br />

Neben parallelen Versionen der klassischen „basic toolbox“ sind dies grundlegende Kommunikationsmuster<br />

zwischen Rechnern und Lastverteilungsmethoden zur gleichmäßigen Auslastung<br />

aller Hardwarekomponenten. Ein überraschendes Ergebnis ist zum Beispiel das Fol-<br />

Forschungsschwerpunkte – Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2012<br />

<strong>Prof</strong>essor <strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong><br />

Stand Januar 2012<br />

<strong>DFG</strong>


Forschungsschwerpunkte – Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2012<br />

<strong>Prof</strong>essor <strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong><br />

Stand Januar 2012<br />

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gende: Man speichert jeweils zwei Kopien aller Datenobjekte an zufälligen Orten (Rechner,<br />

Festplatten oder Speichermodule). Anschließend können beliebige Teilmengen dieser Objekte<br />

unter fast perfekt gleichmäßiger Auslastung aller Komponenten parallel verarbeitet<br />

werden.<br />

Zwischen den oben beschriebenen vielfältigen Themen gibt es immer wieder unerwartete<br />

Querverbindungen. Zum Beispiel liefert eine Uminterpretation der oben beschriebenen zufälligen<br />

Lastverteilung einen Ansatz für besonders platzsparende Indexdatenstrukturen. Ein von<br />

<strong>Peter</strong> <strong>Sanders</strong> entwickeltes Verfahren zur Zerlegung von Netzwerken in ungefähr gleich große,<br />

kompakte Stücke (Graphpartitionierung) eignet sich sowohl zur Verbesserung bestimmter<br />

Routenplanungsverfahren als auch zur Lastverteilung bei komplexen numerischen Simulationen<br />

auf Superrechnern. Umgekehrt helfen Strategien zur Hierarchieextraktion aus der<br />

Routenplanung bei der Graphpartitionierung.<br />

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