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Selbstbau-Schritte für Shahsavan-Jurte - Simply Differently.org

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<strong>Jurte</strong>n <strong>für</strong> das erdbebenbetroffene Pakistan:<br />

Hilfe zur Selbsthilfe sofort möglich!<br />

Aus tiefer Betroffenheit über die Erdbebenopfer in Pakistan haben wir beschlossen, eine winterfeste<br />

Variante des <strong>Jurte</strong>nbaus <strong>für</strong> dieses Gebiet zu konzipieren und verfügbar zu machen.<br />

Diese <strong>Jurte</strong>n lassen sich von den Betroffenen (etwa unter unserer Anleitung) in <strong>Selbstbau</strong>weise mit<br />

weitgehend bis gänzlich örtlichen Materialien herstellen und sind daher von der Kosten-Nutzenrechnung<br />

her unschlagbar günstig. Zusätzlich kommt es zu bemerkenswerten Folge-Synergie-<br />

Effekten, auf die im nachfolgenden Text hingewiesen wird.<br />

Wer wir sind<br />

Dr. Claudius Kern und DI. Arch. Walter Sulzbacher<br />

Seit sieben Jahren plant und baut Dr. Claudius<br />

Kern <strong>Jurte</strong>n verschiedenster Art im<br />

gesamten deutschsprachigen Raum. In der<br />

obigen wohnt er ganzjährig seit über fünf<br />

Jahren.<br />

Durch das <strong>Jurte</strong>nbauseminar im Jahr<br />

2004 erkannte DI Walter Sulzbacher das<br />

große Potenzial dieser Bauweise und ist<br />

nun bereit, sich <strong>für</strong> dieses Konzept und<br />

dessen Umsetzung voll zur Verfügung zu<br />

stellen.<br />

Was wir wollen:<br />

Wir sind bereit, gegen Basiskosten-Ersatz (Reise und Aufenthalt) einen entsprechenden Einsatz vor<br />

Ort zu leisten. Die Material-Beschaffung muß aber vorweg geklärt werden.<br />

Inhalt<br />

• Einleitung mit Fotos • <strong>Selbstbau</strong>kurs-<strong>Schritte</strong><br />

• Materialien und Kosten • Schluss und Ausblick


Einleitung<br />

Im allgemeinen werden handelsübliche Zelte ohne weitere Isolierung in Katastrophengebieten eingesetzt.<br />

Diese sind zwar kostengünstig, verursachen aber in kalten Regionen und Jahreszeiten einen<br />

sehr hohen Heizaufwand. Das hat eine weitflächige Abholzung der Krisenregion mit enormen ökologischen<br />

und auch wirtschaftlichen Schäden zur Folge.<br />

Um diese möglichst zu reduzieren, bieten wir eine sehr einfache, voll winterfest isolierte Zeltbauweise<br />

nach dem Vorbild der mongolischen bzw. turkmenischen <strong>Jurte</strong> an.<br />

Vorzüge: <strong>Jurte</strong>n haben sich in extremsten Klimagebieten entwickelt, in Sibirien, im Hohen Altai,<br />

der Mongolei und im Kaukasus, wo sie sich bei Temperaturen bis unter – 50° und + 40° bewähren<br />

müssen, noch dazu ist das meiste Land so karg, dass sogar Bäume und Sträucher eine Seltenheit<br />

sind. So bestehen die traditionellen <strong>Jurte</strong>n aus nur zwei Ressourcen: dünnes Jungholz und was das<br />

Schaf hergibt: Wolle, Seil und Leder. Dennoch ist die Stabilität der <strong>Jurte</strong>n so groß, dass sie Stürme<br />

bis an die 300 km/h aushalten, denen nicht einmal mehr Holzhäuser gewachsen sind. Einzigartig ist<br />

das kreisförmige Gerüst, das nur gelenkartig miteinander verbunden ist und dadurch stärkste Erdbeben<br />

schadlos übersteht. Und schließlich sind die Benutzer Nomadenvölker, die mitsamt ihrem<br />

Wohnbau, getragen von Lasttieren, umherziehen. Das setzt ein besonders leichtes, aber dennoch gut<br />

isoliertes und formstabiles Baumaterial voraus.<br />

Diese Faktoren machen <strong>Jurte</strong>n zum idealen Bauwerk in katastrophengefährdeten Gebieten, dessen<br />

Material noch dazu lokal gewonnen werden kann und in der einfachen Bauart äußerst preisgünstig<br />

ist, sofern es überhaupt Geld kostet. Nicht zuletzt ist die Herstellungszeit hervorzuheben: Je nach<br />

Ausstattung und Erfordernis lassen sich <strong>Jurte</strong>n in Tagen bis zu wenigen Wochen herstellen und das<br />

alles in einfacher Handarbeit und sogar ohne Maschinen. Einmal gefertigt, sind sie Jahrzehnte haltbar<br />

und erlauben ein durchaus komfortables, gemütliches Wohnen.<br />

Bei einiger Übung können <strong>Jurte</strong>n in den hier geplanten Bauweisen innerhalb einer Woche von<br />

einem Team von ca. acht Personen hergestellt und in wenigen Stunden errichtet werden.<br />

Was wir anbieten können:<br />

Durch siebenjährige Praxiserfahrung im <strong>Jurte</strong>nbau im ganzen deutschsprachigen Raum können wir<br />

das gesamte Know-how und sämtliche Kenntnisse bez. Gefahren und Baumängel (Wasser, Frost,<br />

Sturm, Feuer, Kältebrücken, Tauwasser, Schimmelbildung usw.) einbringen. Der Werkzeug- und<br />

Materialbedarf ist sehr gering und lässt sich je nach Bauart weitgehend bis zur Gänze aus dem Nahraum<br />

bes<strong>org</strong>en (siehe die beiden nachstehenden Varianten).<br />

Die Standardjurte unseres Baukonzepts ist im Durchmesser 6 bzw. 7m mit einer Höhe von 3 m und<br />

bietet ca.7-8 Personen Platz <strong>für</strong> Schlaf und Aufenthalt.<br />

90<br />

180<br />

70<br />

Wohnjurte 6m Ø mit 7 Feldbetten (70/190)<br />

Wir bieten eine Vor-Ort-Anleitung zur <strong>Selbstbau</strong>weise<br />

mit ortsüblichen Werkzeugen und Materialien<br />

in Form von <strong>Jurte</strong>nbau-Seminaren und<br />

einer genauen Dokumentation der einzelnen Bauschritte.<br />

Zwei Varianten:<br />

a) moderne Wohn-<strong>Jurte</strong> (Weiterentwicklung<br />

von Dr. C. Kern nach mongolischem Vorbild)<br />

aus z.T. industriell produzierten Materialien,<br />

u.a. Zwischenisolierung von 10 bis 15<br />

cm, Scherengitter aus Bambus und lichttransparenten<br />

Kunststoff-Flächen.<br />

b) Genial einfache <strong>Jurte</strong> der <strong>Shahsavan</strong>- und<br />

Yürüken-Völker, die rein aus lokalen Materialien<br />

sowie ohne Industriemaschinen und<br />

-produkten herstellbar ist und daher kaum<br />

Kosten verursacht.


Materialien und Kosten der modernen und der mongolischen <strong>Jurte</strong><br />

Die Kosten der modernen <strong>Jurte</strong> gelten i.d.R. <strong>für</strong> den österreichischen Endverbrauch (Baumarktpreise).<br />

Diese reduzieren sich bei uns bereits durch den Einkauf im Großhandel.<br />

Im Bestimmungsland sind ganz andere Preise zu erwarten, mit Sicherheit davon nochmals<br />

weniger als die Hälfte oder weit darunter. Die meisten Materialien (Jungholz oder Bambus, Schafwolle<br />

zur Isolation, Filz statt Außenstoff und Dachplane können lokal eingekauft oder sogar gratis<br />

beschafft werden. Original mongolische <strong>Jurte</strong>n sind relativ arbeitsintensiv, aber kostenneutral.<br />

Ausgangsbasis: d = 6m, r = 300 cm, F = 28,27 m², Dachneigung = 30°,<br />

s (Dachsparren Mitte bis Rand) = 3,464 m, Lichtkuppel = 150 cm ∅<br />

Beschreibung<br />

Preis Preis original mongolische<br />

einzeln gesamt <strong>Jurte</strong> („Ger“)<br />

Scherengitter aus Bambus 120 Stk 20 Weide oder Esche<br />

Innenstoff 32 qm² 30 ja<br />

Innenanstrich 15l acryl 10 nein, ev. 2. Innenstoff<br />

Dämmung: Dämmfaser 12 cm (U= >o,4) 32 m² x 5€ 160 Filz, Stopfwolle<br />

Dampfbremse 0,80 €/m² 25 nein<br />

Außenstoff Markisenstoff/Zeltplane/Leinen 6€/m² 200 ja (nicht unbedingt)<br />

24 Steher 170 x 12 x 2 (Altholz) 20 nein<br />

Isolationsfixierung außen (Bambus oder dünne Holzlatten) 20 nein<br />

Spannring 5 ja (breites Band)<br />

Summe Wand 480<br />

12 DACH-Elemente, je = 2,60 m x 18 cm hoch aus Hartfaser, dach­<br />

stattdessen: Lichtring<br />

sparrenverstärkt), Stirnseite aus Holz, Verstrebung aus Bambus<br />

(„Krone“)<br />

nein, da<strong>für</strong> zB. 60<br />

2 x 0,5 m² HF-Platte à 5 € x 12 60<br />

Jung-<br />

2 Dachlatten und Bambus x 12 30 -holz-Dachspeichen<br />

Außen-Dampfbremse 4 qm à 1 € x 12 48 nein<br />

Isolierung: Dämmfaser 12 cm wie oben 4qm à 5 € x 12 240 Filz, Stopfwolle<br />

Innenstoff 4qm à 1 € x12 48 ja<br />

Dachplane aus Polyplan (LKW-Plane) 4 qm à 10 € x 12 480 stattdessen: Leinen<br />

Summe Dach 906<br />

Kuppel 1,80 m² UV-stabilisierte PVC-Folie und zweifach Noppenfo­<br />

traditionell nein<br />

lie 30 30<br />

Tür mit Türstock 100 100 ja<br />

1516 alles örtliche<br />

Summe gesamt<br />

Ressourcen<br />

Der Boden besteht aus Strohlehm (oberste Schicht wenn möglich Kuhdung), darüber Teppiche.<br />

Die Wand von innen nach außen: Jungholz- oder Bambus-Scherengitter, Textilverkleidung mit<br />

Wandanstrich, Dämmung, Baupapier (Außen-Windsperre), Hinterlüftung, textile Außenverkleidung<br />

(original: Scherengitter, Leinen, Filz, Leinen).<br />

Das Dach ist ähnlich, außen jedoch LKW-Plane (original: Dachspeichen, Leinen, Filz, Leinen).<br />

Die Dachmitte bildet eine zur Entlüftung öffnebare Lichtkuppel von 1,50m ∅ aus zweifacher Luftpolsterfolie<br />

als Isolierung und UV-stabilisierter PVC-Folie als Außenhaut, alles über einen gewölbten<br />

Holzstern gespannt (original: nur Holz-Krone, Filz, Blech um das Ofenrohr).<br />

Für den Eingang ist eine Holztür mit Verglasung v<strong>org</strong>esehen (original: verzierte Holztür).<br />

Die Polyplan-Verkleidung der modernen <strong>Jurte</strong> (nach C. Kern) ist 20 bis 30 Jahre lang haltbar, jene<br />

aus Filz im trockenen bzw. windreichen Klima 12 bis 15 Jahre, alles andere ein Leben lang. Zur<br />

Verlängerung der Lebensdauer der Dachhaut kann diese mit einer einschichtigen Schilf- oder Bambusmatte<br />

abgedeckt werden, was auch der Ästhetik sehr zugute kommt und die <strong>Jurte</strong> vor Sonnen-<br />

Erwärmung schützt (nicht nötig, wenn Filz verwendet wird).


<strong>Selbstbau</strong>-<strong>Schritte</strong> <strong>für</strong> die moderne <strong>Jurte</strong><br />

Zuerst werden alle Bauteile je nach Gegebenheit im Freien, unter einem Flugdach oder in einer (beheizbaren)<br />

Halle gefertigt. Man ist bei dieser Bauweise dadurch nicht vom Wetter abhängig.<br />

An der Fertigung wie am Zusammenbau können Frauen problemlos und effizient mitarbeiten.<br />

Werkzeugbedarf: Es werden nur einfachste Maschinen und Werkzeuge benötigt: eine kleine<br />

Tischkreissäge, die bei uns um 40 bis 50 € im Baumarkt angeboten wird, ev. eine Nähmaschine,<br />

Bohrschrauber und Tacker (kann durch Nägel ersetzt werden).<br />

Transport: Alle Bauteile lassen sich leicht mittels PKW-Anhänger, Klein-LKW, Lasttiere/Karren<br />

zum Bestimmungsort transportieren und umsiedeln. Die Ab- oder Aufbauzeit beträgt etwa einen<br />

halben Tag. Alle Teile sind so leicht, dass sie i.d.R. von zwei bis drei Männern oder 4 Frauen getragen<br />

werden können.<br />

Bauteile: Tür mit Türstock, Scherengitter, Wandelemente, Dachelemente, textile Wandverkleidung,<br />

Lichtkuppel. In dieser Reihenfolge wird auch alles zusammengebaut.<br />

Kursdauer: Wenn alle Bestandteile und Werkzeuge vorhanden sind, dauert der Kurs, an dem eine<br />

vollständige Wohn-<strong>Jurte</strong> dieser Bauart gefertigt wird, etwa zwei Wochen. Danach sollte das ganze<br />

<strong>für</strong> die erste <strong>Jurte</strong>nbau-Partie von denselben Teilnehmern noch einmal zur Vertiefung wiederholt<br />

werden. Dieser Lernprozess setzt sich danach im Schneeball-System fort.<br />

<strong>Selbstbau</strong>-<strong>Schritte</strong> <strong>für</strong> <strong>Shahsavan</strong>-<strong>Jurte</strong> („Alacik“) bzw. Yürüken-Zelt<br />

Diese traditionellen <strong>Jurte</strong>n sind in einem dem Kashmir vergleichbaren Klima entstanden und verbreitet.<br />

Materialbeschaffung: Hier tritt EIN VIELFACHES PLUS zutage, das gar nicht hoch<br />

genug eingeschätzt werden kann: Diese <strong>Jurte</strong>nart weist die einfachste und zugleich stabilste<br />

Konstruktion auf, die überhaupt möglich ist (Erdbebenanfälligkeit gleich Null, unübertroffene<br />

Sturmsicherheit). Das bedeutet auch: Sie ist auf einfachste Weise ganz ohne Maschinen<br />

herstellbar, und das obendrein ausschließlich mit lokalen Materialien! Dennoch ist sie urgemütlich<br />

und bietet einen exzellenten Winterschutz, der durch zusätzliche Filz- und Decken-Lagen<br />

oder Stopfwolle jederzeit beliebig verbessert werden kann. In der warmen Jahreszeit wird die Stopfwolle<br />

wieder zur Weiterverarbeitung verfügbar. Die Spendengelder kommen voll den betroffenen<br />

Ländern zugute, die reich an Schafwolle aber ansonsten wirtschaftlich arm sind. Sie versickern<br />

nicht in Fabriken, welche nur die Reichen noch reicher und die Armen noch abhängiger machen.<br />

Werkzeugbedarf: ausschließlich einfachstes Handwerkzeug!<br />

Baumaterialien und Herstellung: Gerüst: Aus Stangen (Baumschösslinge) aus der Umgebung<br />

oder – falls verfügbar – Bambus wird ein kuppelförmiges Gewölbe gebogen. Unten steckt es in der<br />

Erde, oben mündet es in eine „Krone“ (bei Yürüken: nur gebogene Äste), die gleichzeitig Lichtschacht,<br />

Entlüftung und Durchlass <strong>für</strong> den Rauchabzug ist. Schnüre oder Drähte halten das ganze<br />

Gerüst zusammen. Dämmung: Stopfwolle/Filz (denkbar ist auch rohe Baumwolle, Schilf, Riedgras<br />

etc. Abdeckung: Aus der rohen, nicht-entfetteten Schafwolle werden in einfachster Handarbeit in<br />

Rollenform lange Filzstreifen gefertigt und zu einer gemeinsamen Außen-Decke zusammengenäht,<br />

die bis auf den Eingang die gesamte <strong>Jurte</strong> überdeckt. Je nach Klima hält diese Decke drei bis fünfzehn<br />

Jahre den damit zugleich diffusionsoffenen Innenraum trocken. Über den Eingang wird nur<br />

eine Filzdecke gebreitet. Der Boden wird - falls vorhanden - mit Teppichen ausgelegt.<br />

Da die Herstellung äußerst einfach ist, bedarf es einer ganz geringen Bauanleitung und Einschulung.<br />

Zum Filzen wird dieauf Grasmatten ausgebreitete Wolle zu einer Roulade geformt, reichlich<br />

mit warmer Seifenlauge gewässert, zusammengeschnürt und so lange mit den Füßen getreten und<br />

gerollt, bis alles gut verfilzt ist. Eine Filzbahn dauert zur Fertigung etwa sechs Stunden.<br />

Kosten: Im Idealfall bei Null, zumindest jedoch sehr geringfügig.<br />

Transport: noch leichter als bei modernen <strong>Jurte</strong>n, da geringer im Gewicht und platzsparender.


Winter-/Wetterfestigkeit: Filz ist im trockenen aber auch windreichen Klima ein gut wasserdichter<br />

Baustoff und dort, wo viel Wolle vorhanden ist, stets leicht beschaffbar. Ein je nach Besonnung bis<br />

über drei Jahrzehnte wasserdichtes Dach lässt sich mittels LKW-Plane und Hinterlüftung erzielen.


Schluss und Ausblick<br />

Die oben genannten <strong>Jurte</strong>nbauweisen gehören sicher zu den effizientesten Hilfsmöglichkeiten <strong>für</strong><br />

rasche und zugleich nachhaltige Wohnbaumaßnahmen in (schafwolle-reichen) Katastrophengebieten.<br />

Durch <strong>Selbstbau</strong>weise und leichte Material-Beschaffbarkeit breitet sie sich sehr schnell über<br />

Multiplikatoren aus. Eine ebenso rasche Erholung findet auf allen Ebenen statt: sozial, wirtschaftlich,<br />

ökologisch und sogar kulturell, weil damit eine neue Wohnkultur entsteht.<br />

Extrem sparsame Holz-(Wieder-)Verwertung<br />

Selbst in bezug auf die moderne <strong>Jurte</strong> stoßen wir hier auf ein weiteres enormes PLUS: Die sofortige,<br />

zugleich äußerst sparsame Wiederverwertung des ansonsten nicht mehr verwendbaren Bauholzes!<br />

Falls Bambus verfügbar ist, eignet sich dieser noch besser da<strong>für</strong> (in Halmstärken unter 2<br />

cm!). Stangen von Jungschösslingen aus der Umgebung tun’s aber auch.<br />

Erhöhte Verbreitungs-Geschwindigkeit: Die optimale Verbreitung des <strong>Jurte</strong>nbaus im Katastrophengebiet<br />

hängt davon ab, dass alle Bauseminar-Teilnehmer ihr Wissen offen, rasch und direkt<br />

weitergeben. Die Verbreitung lässt sich zusätzlich beschleunigen durch genaue Dokumentation der<br />

Fertigungsschritte (Bilder, Zeichnungen, Beschreibung). Die Hilfs<strong>org</strong>anisationen sichern dann nur<br />

noch die Basisvers<strong>org</strong>ung mit Materialen und Werkzeugen.<br />

Folgeschäden bannen: Eingangs wurde die Gefahr durch ein voraussichtliches Winter-Zeltlager<br />

<strong>für</strong> mehrere hunderttausend Menschen erwähnt: Nach der Zerstörung des Vers<strong>org</strong>ungssystems<br />

durch das Erdbeben droht so auch noch der übrigen Infrastruktur ernsthafte Gefahr, übergreifend<br />

auf die wirtschaftliche Lage der zerstörten Gebiete sowie deren Ökosystem: Zum Schutz gegen Kälte<br />

werden alle Bäume und Büsche weitflächig abgeholzt und das <strong>für</strong> den Wiederaufbau dringend<br />

benötigte Bauholz fällt ebenfalls der Heizung zum Opfer.<br />

<strong>Jurte</strong>n-Heime können diese Bedrohung im Maße ihrer Verbreitung erheblich mindern.<br />

Aufbau einer kostengünstigen, nachhaltigen Infrastruktur<br />

Insbesondere die originalen (Mongolen-, Yürüken- und <strong>Shahsavan</strong>-)<strong>Jurte</strong>n helfen eine Unmenge an<br />

Hilfsgeldern sparen und geben sehr viel Arbeitskapazität frei <strong>für</strong> wertvolle und nachhaltigkeitsorientierte<br />

Aufbauprojekte. Der städtische Wiederaufbau wird dadurch in mehrfacher Hinsicht<br />

entlastet, vor allem, wenn im weiteren Umfeld kleine <strong>Jurte</strong>nsiedlungen mit intaktem Dorfcharakter<br />

als längerfristige Bufferlösung (5 bis 15 Jahre) oder sogar auf Dauer Verbreitung finden.<br />

Nachfolgende Entlastungs- und Aufbauprojekte bieten sich natürlich sogleich besonders an:<br />

Energievers<strong>org</strong>ung: Heizen, Kochen und Elektrizitätsvers<strong>org</strong>ung erfordern im städtischen Bereich<br />

hohen Primärenergieaufwand aus keineswegs unproblematischen Ressourcen. Daraus entsteht eine<br />

Spirale zunehmender menschlicher Abhängigkeit und Krisenanfälligkeit. Weitaus einfacher als <strong>für</strong><br />

herkömmliche Häuser ist <strong>für</strong> <strong>Jurte</strong>n die Energievers<strong>org</strong>ung mit Solarenergie. Das Gleiche gilt <strong>für</strong><br />

die Warmwassergewinnung durch Solarheizsysteme. Des weiteren lassen sich im südseitigen<br />

Außenbereich umweltschonende Solarkocher (u.a. „Kochkisten“) anbringen.<br />

Wasser und Fäkalien: Das größte Problem entsteht, wenn waschmittelhaltiges Brauchwasser mit<br />

Fäkalien vermischt wird. Bleibt jedoch beides getrennt, dann ist eine umweltschonende Ents<strong>org</strong>ung,<br />

ja sogar Wasserrecycling bei gleichzeitiger Bodendüngung möglich, und das sogar kleinräumig – je<br />

nach System auf wenigen Quadratmetern. So kann z.B. von vornherein ein umwelt- und kostenschonendes<br />

Wasser- und sogar rohstoffgewinnendes Fäkalienents<strong>org</strong>ungssystem parallel dazu<br />

einhergehen (z.B. Humustoiletten und/oder Biogasgewinnung).<br />

Nahrungsmittelvers<strong>org</strong>ung: Die damit verbundene intensivere Düngung erlaubt bereits auf<br />

wenigen Quadratmetern Erde rund um die <strong>Jurte</strong>n eine ergänzende Grundvers<strong>org</strong>ung mit Beerenobst<br />

und Gemüse. Damit ist gegen ärgste Notstände langfristig Vors<strong>org</strong>e getroffen. Die Infrastruktur<br />

wird dadurch nicht nur stabiler, sondern auch reicher als sie vorher war.<br />

Impressum und Kontakt:<br />

Dr. Claudius Kern, Petersbergenstr. 17, 8042 Graz, Tel: 0043-(0)316 426 653,<br />

Email: sinnergon@gmx.net (www.jurtenbau.de)<br />

DI Arch. Walter Sulzbacher, St.Peter-Hptstr. 151, 8042 Graz, Tel: 0043 (0)650/9456 900,<br />

Email: walter.sulzbacher@chello.at

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