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International Games Magazine (pdf – 3,1 MB) - Achim Fehrenbach

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Einzelhandel in Berlin: Defcon in der Kantstraße (r) und Xcames in Lichtenberg<br />

,,Der Berliner Markt ist hart umkämpfit"<br />

Wie sich der Facheinzelhandel in der Hauptstadt schlägt<br />

,Ärm aber sexy": So hat B€rlins Regieren- nen Standort ganz genau aussuchen - und ist ist eine Abkürzung ftir ,,Defense Condition",<br />

der Bürgermeister Klaus Wowereit Berlin vor selbst dann noch nicht vor Überraschungen dem Alarmzustand des US-Militars - und<br />

Iahren einmal besclrieben. Was bedzutet das<br />

ftir den <strong>Games</strong>-Marktin der tlauptstadt?<br />

Dass an der Zuschreibung ,,arm" durchaus<br />

gefeit. lGMhat zwei Berliner <strong>Games</strong>-Händler<br />

mit sehr unterschiedlichem Werdegang besucht.<br />

auch der Name eines Echtzeitstrategiespiels,<br />

das aber erst 2006 erschien. ,,Mittlerweile<br />

sprechen uns die Kunden sogar namentlich<br />

etrvas Wahres ist, zeigt der Städtevergleich, den<br />

mit Defcon an", erzählt Tirrgut, ,,in der Ber-<br />

das Statistische Bundesamt Anfang Iuli veröffentlichte.<br />

Das Risiko, unter die Armutsgrenze<br />

zu rutschen, liegt in Berlin bei 18,7 Prozent -<br />

gut vier Prozent über dem Bundesdurchschnitt.<br />

Der Anteil der Hartz-lV-Empfänger<br />

ist in der Hauptstadt sogar mehr als doppelt<br />

so hoch (17,1 Prozent) wie in Gesamtdeutschland<br />

(8,1 Prozent). Das mit dem<br />

,,sexy" stimmt auch: 2010 erreicht der Hauptstadt-Tourismus<br />

ein Rekordniveau, immer<br />

mehr Künstler und Kreative aus aller Welt<br />

zieht es dauerhaft nach Berlin. Und trotz des<br />

steten Zustroms junger Menschen wird die<br />

Bevölkerung der 3,4-Millionen-Metropole<br />

immer älter. Kurzum: Berlin ist eine Stadt der<br />

,rSchade, dass<br />

es nur noch so<br />

wenrge von unserer<br />

Sorte gibt"<br />

Auf nach Charlottenburg<br />

Die erste Filiale der Firma Defcon öffnete<br />

1994 in der Kameruner Straße im Stadtteil<br />

Wedding. "Defcon war von vorneherein ein<br />

Familienunternehmen", erzählt Geschäftsftihrer<br />

Ugur Turgut. ,,Mein Bruder Cumhur<br />

und ich haben unserem jüngsten Bruder Doliner<br />

<strong>Games</strong>-Szene gibt es kaum jemanden,<br />

der uns nicht kennt." Zunächst aber blieb es<br />

bei der einen Filiale in Wedding, einem traditionellen<br />

Arbeiterstadtteil mit schwacher Einkommensstruktur<br />

und günstigen Mieten.<br />

Erst 2001 gnindeten die Brüder eine weitere<br />

Niederlassung, diesmal in der Pichelsdorfer<br />

Straße in Spandau. Seit April 2010 ist Defcon<br />

auch im einkommensstarken Charlottenburg-Wilmersdorf<br />

präsent: Die neue Filiale<br />

lieg in der Kantstraße, einer belebten Einkaußmeile<br />

mit vielen Designläden und Hotels,<br />

nur ftinf Gehminuten vom Kurfiirstendamm<br />

entfernt. Mittlerweile beschäftigt Def<br />

Gegensätze. Wer hier als Facheinzelhändler gan Starthilfe gegeben. <strong>Games</strong> waren nun mal con sieben Mitarbeiter, Halbtagskrafte und<br />

Videospiele verkaufen möchte, muss sich sei- seine große tridenschaft." Der Firmenname Praktikanten eingeschlossen.<br />

54 IGM 1r/2010


Spezialisierung<br />

auf Uncut-Spiele<br />

Die Stärke seines Unternehmens sieht Ugur<br />

Tirrgut in der persönlichen Kundenberatung<br />

und den exklusiven Angeboten. ,,ln einer Zeit,<br />

in der fast jedes Spiel der Zensur zum Opfer<br />

fällt, können wir den Kunden die entsprechenden<br />

Uncut-Versionen anbieten." Drei<br />

von vier Kunden wüssten gar nicht, dass es<br />

ungeschnittene Fassungen gibt. ,,Die sind natürlich<br />

überrascht, wenn wir ihnen erzählen,<br />

dass ihr frisch gekaufter USK-I8-Titel von<br />

Media Markt nicht die Originalfassung ist."<br />

Auch bei Spielenwie Army of Two oder Alien<br />

vs. Predator, die gar nicht in Deutschland erschienen<br />

sind, könne Defmn denKunden weiterhelfen.<br />

Uncut-Spiele bezieht die Firma<br />

über das Internet oder über Lieferanten, vor<br />

allem aus England, Österreich und den Niederlanden.<br />

,rFür uns ist<br />

GameStop ein<br />

sehr angenehmer<br />

Konkurrent"<br />

Defcon spirt nattirlich den Konkurrenzdruck,<br />

der in der Hauptstadt herrscht. Berlin<br />

ist mit Flächenmärkten geradezu gepflastert:<br />

Innerhalb der Stadtgrenzen gibt es nicht weniger<br />

als 13 Saturn-Ffia\en, 12 Medin Mdrkte,<br />

15-md, GameSrop, lS-mal Euronics, l}-mal<br />

Elearonic Partner und 9-mal MediMax. ,,Der<br />

Berliner Markt ist hart umkampft", sagt Thrgut.<br />

,,Exklusivgeschäfte, in denen man alles<br />

bekommt und auch noch gut beraten wird,<br />

werden immer seltener. Ich finde es schade,<br />

dass es nur noch so wenige von unserer Sorte<br />

gibt." Tatsächlich erbringt unsere Suche unter<br />

gehaeiten. de und anderen Branchenregistern<br />

nur etwa ein Dutzend unabhängiger Einzelhändler<br />

- ftir ganz Berlin. Diesen Läden, Def<br />

con inklusive, machen die Kampforeise von<br />

Media Marktund Saturn arg zu schaffen. ,,Es<br />

passiert durchaus, das wir einen Titel ftir weit<br />

über 50 Euro einkaufen und uns eine Woche<br />

später an den Preis anpassen, den die Flächenmärkte<br />

vorgeben", sagt Türgut. ,,Das war gerade<br />

erst bei StarCrafi II der Fall. Der offizielle<br />

Verkaufspreis liegt bei 59,99 E:u;".o, Medin<br />

Markt schmetßt das Spiel ftir 39 Euro raus."<br />

Auch GameStop-Niederlassungen finden<br />

sich in der Nähe der Delcon-Filialen, sei es<br />

nun in den Wilmerdorfer fucaden, im Gesundbrunnen<br />

Center oder in den Spandau<br />

fucaden. ,,Ftir uns ist GameStop aber ein sehr<br />

angenehmer Konkurrent, weil wir viele Ver-<br />

IGM ll/2010<br />

gleichsmöglichkeiten haben - über unsere<br />

Kunden bekommen wir die Preispolitik von<br />

GameStop natürlich mit", erzählt Turgut.<br />

,,Wir hören auch oft, dass der eine oder andere<br />

Kunde von denen zu uns geschick wird.<br />

Das lie$ daran, dass GameStop nicht mehr<br />

mit gebrauchten PC-Spielen, Exklusivtiteln<br />

und indizierten Spielen handelt." Second-<br />

Hand-Titel hat Defcon seit der fahrtausendwende<br />

im Sortiment, der Anteil an der Gesamtmenge<br />

liegt bei knapp 50 Prozent. ,,Bei<br />

den Gebrauchtspielen versuchen wir immer<br />

kulanter zu sein als die Konkurrenl', sagt Türgut.<br />

,,Wenn der Kunde Bargeld ftir sein Gebrauchtspiel<br />

haben möchte, bekommt er zum<br />

Beispiel 20 Euro. Wenn er etwas anderes daftir<br />

mitnimmt, berechnen wir 30 bis 35 Euro."<br />

Beim Gebrauchtspielangebot in den Filialen<br />

orientiert sich Defconan der Kaufl


pair-Maschine können wir die daru.r ir.r einen<br />

nahezu neuwertigen Zustand zurückversetzen."<br />

h.r allen XGanes-Filialen stehen die gängigen<br />

Kor.rsolen, damit die Kunden die Spiele<br />

vor dem Kaufausprobieren können. USK- I 8-<br />

Spiele sind davon natürlich ausgenommen,<br />

dtirfer.r aber vom Interessenten ftrr einen Thg<br />

zuhause angetestet werden. Als Frar-rchise-<br />

Nehmer schätzt Lehmann an X<strong>Games</strong> den<br />

permanenten Wissensaustausch mit anderen<br />

Filialbetreibern, auch das Warer.rwirtschaftssystern<br />

stellt eine enorme Arbeitsleichterung<br />

dar. ..L.r der Datenbar.rk sind die Bestände aller<br />

X<strong>Games</strong>-Filialen erfasst", so Lehrnar.ur,,,bei<br />

rund 40 Filialen sind das etwa 80.000 Spiele."<br />

Die Dater.rbank wird tagesaktuell gepfleg und<br />

enthält unter anderem en.rpfohler.re Gebraucht-Verkaufspreise,<br />

Tauschpreise und<br />

Ankaufureise. Werden Spiele aus anderen Filialen<br />

angefordert, dauert der Versar.rd ma,ximal<br />

48 Stunden.<br />

Konsolenspiele machen das Gros der Spiele<br />

aus, die bei X<strong>Games</strong>angeboten werden. In der<br />

Lichtenberger Filiale sind mehrere Wandregale<br />

kon.rplett mit PS2-Spielen belegt, selbst<br />

für Gameboy-Spiele gibt es noch ein eigenes<br />

Regal. Den wachsenden Download-Markt<br />

sieht Lehmann zumindest fur die Konsolensparte<br />

als keine große Bedrohung. ,,Bestes<br />

Beispiel ist doch der Flop der PSP Go!. Kaum<br />

jemand interessiert sich ftir sie, weil die Spiele<br />

letztendlich auch nicht gür.rstiger sind.<br />

,,Der typische<br />

Käufer ist eher Mitte<br />

. l<br />

zwanzrg unq gerne<br />

bereit, etwas mehr<br />

auszugeben"<br />

Außerdem ist der Mensch einfach haptisch<br />

und hat gerne ein Spiel in der Hand." Von<br />

PC-Spielen hat sich Lehmann bislang aus verschieder.ren<br />

Gründen weitestgehend ferngehalten:<br />

,,X<strong>Games</strong> hat bei gebrauchten PC-<br />

Spielen unheimlich viele Rückläufe, weil sie<br />

schon online registriert und nicht rnehr spielbar<br />

sind. Wir haben dadurch einen hoher.r adrninistrativen<br />

Aufi^,'and und auch Verluste,<br />

weil wir die registrierten Spiele teilweise wegschmeißen<br />

müssen." In Lichtenberg bietet<br />

Lehmann gar keine PC-Spiele an, in Kreuzberg<br />

nimn.rt er sie so langsam wieder ins Sortin.rent,<br />

,,einfach weil die Nachfraqe da ist."<br />

Keine PC-Spiele<br />

in Lichtenberg<br />

X<strong>Games</strong> handelt auch mit gebrauchten<br />

Konsolen, beschränkt sich aber keir.reswegs<br />

auf Next-Gen-Modelle. ,,Es sind gerade die<br />

alten Systerne, die heute noch interessant<br />

sind", erzählt Andreas Lehmanr.r, ,,hier gehen<br />

Gameboy und Nintendo64 über den Tresen."<br />

Und siehe da: Eir.r Kunde, der während unseres<br />

Gesprächs die Lichter.rberger Filiale betritt,<br />

hat einen GameCubesanlt Spielen dabei. Lehmanr.r<br />

schreibt ihm dafür 60 Euro'Iauschwert<br />

gut, die der Kunde ar"rf eine gebrauchte Xüox<br />

-J60 anrechnen lässt. Lehmann ist sich sicher,<br />

dass er auch für den GameCube wieder einen<br />

Käufer finden wird: .,Wir satteh.r die Kunder.r<br />

von einer Konsole zur anderen unr."<br />

Die Voraussetzungen fi.ir den Gebrauchtspielehandel<br />

unterscheiden sich in Berlin je<br />

nach Standort erheblich, so Lehmann: ,,Ein<br />

X<strong>Games</strong>-Laden gehört r.richt rrach Zehlendorf<br />

oder an den Ku'damm. Die Eltern sagen dort<br />

einfach: Meirr Kir.rd bekommt keine gebrauchten<br />

Sachen." X<strong>Games</strong> sei in Gebieten<br />

mit mittlerer urrd niedriger Kaufkraft besser<br />

aufgehoben. ,,Die meisten unserer Kunden<br />

haben einfach nicht das Geld, r"rm sich ftir 60<br />

oder 70 Euro im Monat Spiele zu kaufen. Sie<br />

könner.r aber ihre Spiele hier abgeben, bekon.rmen<br />

einen guten Täuschwert verrechnet und<br />

können Gebrauchtspiele mitnehmen. Mit der<br />

Disc-Repair-Maschine gibt es ohnehin kaum<br />

einen Unterschied zwischer.r neuen und gebrauchten<br />

Spielen." Was die Kundenstruktur<br />

betrifft, hat Lehrnann ir.r Lichtenberg ,,eine<br />

komplette Mischung. Das geht vorr Kindern<br />

bis hin zu 60-lährigen, die noch eine PIay-<br />

Station zuhause haben. Auch viele Familien<br />

kommen hierher." In der Gneisenaustraße erwartete<br />

Lehmann hingegen eine Überraschung:<br />

,,Wir hatten dort ursprünglich die ZieIgruppe<br />

der Kinder und lugendlicher.r im<br />

Blick. Aber weit gefehlt Der typische Käufer<br />

ist eher Mitte zwar.rzig und gerne bereit, etwas<br />

mehr auszugeben."<br />

Defcon und X<strong>Games</strong> mögen nur Schlaglichter<br />

auf dem umkän.rpften Berliner Gan.res-<br />

Markt sein. Sie zeigen aber zur.nindest, dass<br />

ein Nebeneinander von Flächerrnrärkterr r.rnd<br />

kleineren Läden in dieser Stadt möglich ist. Es<br />

ist gerade der permanente Wandel dieser<br />

Stadt, aus dem sich auch ftir Facheinzelhändler<br />

immer wieder neue Chancen ergeben.<br />

r (feh)<br />

56 IGM l r/20r0

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