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reduktion in die qualität des klanges wenn das wörtchen ... - Ensuite

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6 K U L T U R & G E S E L L S C H A F T<br />

LUKAS VOGELSANG<br />

mathilde – e<strong>in</strong>e grosse liebe<br />

Der teuerste europäische Film: Un long dimanche de fiançailles<br />

Filme, <strong>die</strong> noch<br />

<strong>in</strong> den 60’er<br />

Jahren <strong>die</strong>ses<br />

Thema darstellten,<br />

wurden <strong>in</strong> Frank-<br />

reich teils verboten<br />

(darunter auch<br />

«Path of Glory» von<br />

Stanley Kubrick.<br />

Erst <strong>in</strong> den 80’er<br />

Jahren lockerte<br />

sich <strong>die</strong>se Zensur.<br />

Dieser neue Film<br />

gehört, salopp<br />

gesagt, auch e<strong>in</strong> Teil<br />

zur französischen<br />

Selbstf<strong>in</strong>dung.<br />

■ Der <strong>in</strong> Marseille geborene Sébastian Japrisot<br />

(1931 – 2003) lieferte <strong>die</strong> Vorlage zum neuen<br />

Film von Jean-Pierre Jeunet (Frankreich)<br />

und «<strong>des</strong>sen» Star Amélie, oder eben richtig:<br />

Audrey Tautou. Vier von Japrisots psychologischen<br />

Krim<strong>in</strong>alromanen wurden seit den 60’er<br />

Jahren verfi lmt. Der neue Film ist ebenfalls<br />

e<strong>in</strong>e von Me<strong>die</strong>n kreierte Bestsellergeschichte,<br />

geformt durch Sätze wie: «E<strong>in</strong> poetischer,<br />

e<strong>in</strong> philosophischer Roman mit der Spannung<br />

e<strong>in</strong>es Thrillers.» (Berl<strong>in</strong>er Morgenpost) oder<br />

«Den berühmtesten Liebespaaren der Weltliteratur<br />

s<strong>in</strong>d Mathilde und Manech h<strong>in</strong>zuzufügen.»<br />

(Der Tagesspiegel). Das lechzende Publikum ist<br />

überwältigt, <strong>die</strong> gesamte Produktion kann jeglichem<br />

Traum nach guter Unterhaltung und befriedigender<br />

Wiederholung standhalten. Muss<br />

sie auch, denn mit 46 Euromillionen ist «Un<br />

long dimanche de fi nançailles» der teuerste<br />

europäische Filmproduktion. «Mathilde – e<strong>in</strong>e<br />

grosse Liebe» (der Orig<strong>in</strong>altitel wurde schon<br />

gar nicht erst übersetzt...) ist aber nicht e<strong>in</strong>fach<br />

opulentes französisches K<strong>in</strong>o. Hollywood<br />

hat unlängst <strong>das</strong> potential vom Star-Regisseur<br />

Jean-Pierre Jeunet erkannt und gebucht. Se<strong>in</strong>e<br />

künstlerische Freiheit muss man ihm aber<br />

lassen – so ganz käufl ich ist er nicht. Und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Filmografi e der K<strong>in</strong>ohits hat es nur e<strong>in</strong>en<br />

Film, der nicht e<strong>in</strong>e überragende Leistung zeigte:<br />

Alien: Resurrection (1997). Mit Delicatessen<br />

(1992), La cité <strong>des</strong> enfants perdus (1995), Le<br />

fabuleux <strong>des</strong>t<strong>in</strong> d’ Amélie Poula<strong>in</strong> (2001) hat er<br />

Meisterwerke der K<strong>in</strong>owelt geschaffen.<br />

Der Film beherbergt aber noch weitere Eigenwilligkeiten,<br />

wenigstens für Frankreich.<br />

Der erste Weltkrieg hatte <strong>in</strong> <strong>die</strong> französische<br />

Geschichte e<strong>in</strong>en tiefen Riss geschnitten: 1.3<br />

Millionen Tote hatte Frankreich zu verzeichnen<br />

(von 10 Millionen <strong>in</strong>sgesamt). Filme, <strong>die</strong> noch<br />

<strong>in</strong> den 60’er Jahren <strong>die</strong>ses Thema darstellten,<br />

wurden <strong>in</strong> Frankreich teils verboten (darunter<br />

auch «Path of Glory» von Stanley Kubrick. Erst<br />

<strong>in</strong> den 80’er Jahren lockerte sich <strong>die</strong>se Zensur.<br />

Dieser neue Film gehört, salopp gesagt, auch<br />

e<strong>in</strong> Teil zur französischen Selbstfi ndung.<br />

Zum Film: Der Erste Weltkrieg geht zu Ende<br />

und <strong>die</strong> junge Mathilde hat erfahren, <strong>das</strong>s ihr<br />

Verlobter Manech zu jenen fünf Soldaten gehörte,<br />

<strong>die</strong> von e<strong>in</strong>em Kriegsgericht verurteilt und<br />

als Todgeweihte <strong>in</strong>s Niemandsland zwischen<br />

den französischen und deutschen Schützen-<br />

gräben h<strong>in</strong>ausgeschickt worden s<strong>in</strong>d. Mathilde<br />

weigert sich se<strong>in</strong>en gemeldeten Tod zu akzeptieren.<br />

Durch K<strong>in</strong>derlähmung h<strong>in</strong>kend und <strong>in</strong><br />

bäuerlicher und e<strong>in</strong>facher Umgebung wohnend,<br />

s<strong>in</strong>d ihre Möglichkeiten zwar beschränkt, doch<br />

der Wille gross. Sie hofft und sagt sich: « Wenn<br />

Manech tot wäre, dann würde Sie <strong>das</strong> spüren.»<br />

So sucht sie nach Details und der Wahrheit und<br />

br<strong>in</strong>gt im Verlaufe der Recherchen <strong>das</strong> wahre<br />

Schicksal der fünf Soldaten ans Licht. E<strong>in</strong> Weg<br />

voller Überraschungen und brutalen Erkenntnisse,<br />

Detektive, Prostituierte und verworrenen<br />

Geheimnissen.<br />

Die Geschichte mag auf den ersten Überblick<br />

ziemlich romantisch und kitschig kl<strong>in</strong>gen.<br />

Das Drama zieht sich aber nicht nur über e<strong>in</strong>e<br />

Liebesgeschichte, sondern geht durch Weltgeschichte<br />

und emotionellen Willen. Nur <strong>die</strong><br />

starrs<strong>in</strong>nige Hoffnung, der Glaube, <strong>die</strong> Unvernunft,<br />

<strong>die</strong> unverdorbene und jungfräuliche<br />

Liebe, unbeirrbarer Optimismus tragen <strong>das</strong><br />

Geschehen. Und <strong>die</strong>s ist natürlich e<strong>in</strong> hervorragender<br />

Tummelplatz für Jean-Pierre Jeunet<br />

und Audrey Tautou: Die Vorübungen zu <strong>die</strong>sem<br />

Thema wurden bereits mit «Amélie» gut e<strong>in</strong>gespielt.<br />

So s<strong>in</strong>d zwar ganz andere Charakteren<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Film anzutreffen, doch fast <strong>die</strong> gleiche<br />

SchauspielerInnen-Crew. Und noch mehr:<br />

Die eigenartigen, spielerischen und grotesken<br />

Kameraführungen von Jeunet wurden <strong>in</strong> Perfektion<br />

weiter gezogen. Diesmal e<strong>in</strong>fach etwas<br />

ernster, glaubwürdiger, fasz<strong>in</strong>ierender und versöhnlicher,<br />

als bei «Amélie». Die Kriegsszenen<br />

werden <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Art und Weise verunglimpflicht,<br />

ke<strong>in</strong> Spott oder Hohn ist da. Die Bomben<br />

der Hoffnung und <strong>die</strong> <strong>des</strong> Krieges explo<strong>die</strong>ren<br />

<strong>in</strong> uns. Die 7 Wochen Dreharbeiten im Schützengraben<br />

s<strong>in</strong>d auch dem Filmteam <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

Knochen gedrungen. Jeunet war sich bewusst,<br />

<strong>das</strong>s <strong>die</strong> Geschichte gefährlich ist und im Gegenteil<br />

dazu schaffte er e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>drückliches und<br />

geniales Werk, welches <strong>in</strong> vielen Szenen pe<strong>in</strong>lich<br />

berührt. Die Produktionsmillionen s<strong>in</strong>d gut<br />

<strong>in</strong>vestiert.<br />

Besonders Spass machen <strong>die</strong> wiederkehrenden<br />

und nachgestellten Szenen. Mit jedem<br />

Schnipsel, dem Mathilde auf ihrem knorrigen<br />

Weg begegnet, ändert sich <strong>die</strong> Erzählung und<br />

<strong>die</strong> Szene wird neu e<strong>in</strong>gespielt – jetzt mit den<br />

neuen Geschichtselementen. Das macht <strong>die</strong><br />

Erzählung unberechenbar und spannend. Fast<br />

ke<strong>in</strong> Moment ist voraussehbar und <strong>wenn</strong> doch,<br />

so <strong>die</strong>nen <strong>die</strong>se Sequenzen der re<strong>in</strong>en c<strong>in</strong>éastischen<br />

Erholung. Jeunet ist e<strong>in</strong> brillanter Erzähler<br />

und Gestalter, e<strong>in</strong>er der wenigen wahren<br />

Gaukler der K<strong>in</strong>owelt. Die Illusionen s<strong>in</strong>d perfekt<br />

und wir fi ebern mit den Figuren – seien sie<br />

noch so klischiert - anderes ist gar nicht möglich.<br />

E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es, <strong>des</strong>illusionieren<strong>des</strong> Beispiel:<br />

Der Gare d’ Orsay und auch andere Schauplätze<br />

waren leer und gar nicht existent. Die SchauspielerInnen<br />

agierten vor e<strong>in</strong>em Blue-Screen<br />

und wurden später montiert...<br />

Die Dreharbeiten dauerten von August<br />

2003 bis Februar 2004, beg<strong>in</strong>nend <strong>in</strong> Korsika,<br />

dann Paris, Bretagne, <strong>in</strong> <strong>die</strong> Region Poitiers<br />

(Schützengraben-Szenen) und abschliessend<br />

<strong>in</strong> den Bry-sur-Marne-Studios. Jeunet ist e<strong>in</strong><br />

Perfektionist und <strong>das</strong> ist spürbar. Se<strong>in</strong>e Spontaneität<br />

ist abgesichert durch detailgetreue<br />

Storyboards und Videoaufnahmen, <strong>die</strong> jeweils<br />

Tage zuvor gedreht werden. Das heisst aber<br />

nicht, <strong>das</strong>s er ke<strong>in</strong>e Änderungen zulassen würde,<br />

so me<strong>in</strong>t <strong>das</strong> Team. Das Aufgebot an guten<br />

SchauspielerInnen ist beachtlich. Jo<strong>die</strong> Foster<br />

spielt mit und Julie Depar<strong>die</strong>u, <strong>die</strong> Tochter von<br />

Gérard, Jean-Claude Dreyfus, Dom<strong>in</strong>ique P<strong>in</strong>on<br />

und viele weitere bekannte Gesichter. Die Effekte<br />

und technischen F<strong>in</strong>essen s<strong>in</strong>d Jeunets<br />

Steckenpferdchen und dort entpuppt sich immer<br />

wieder se<strong>in</strong> enormes Potential: Die Farben,<br />

<strong>das</strong> Dekor, <strong>die</strong> Ambiente... man riecht förmlich<br />

<strong>die</strong> Hoffnung der damaligen Zeit.<br />

E<strong>in</strong>es ist gewiss: Mathilde ist e<strong>in</strong>e gute und<br />

befriedigende Nachfolger<strong>in</strong> für Amélie. E<strong>in</strong><br />

grosses Stück Zauber im Alltag und e<strong>in</strong>e grosse<br />

Illusion. Hoffentlich lassen sich davon viele<br />

Menschen anstecken...<br />

Der Film läuft <strong>in</strong> den Berner K<strong>in</strong>os.<br />

Bild: Mathilde - Warner Bros.<br />

Audrey Tautou, 26-jährig, verschlägt es jetzt<br />

ganz nach Hollywood: Sie wird <strong>in</strong> Dan-Browns<br />

«Das Sakrileg» <strong>die</strong> weibliche Hauptrolle<br />

an der Seite von Tom Hanks spielen. Alias<br />

Sophie Neveu, Entschlüsselungsexpert<strong>in</strong>,<br />

untersucht sie den Mord an ihrem Grossvater<br />

im Pariser Louvre und wird <strong>in</strong> <strong>die</strong> Suche nach<br />

dem Heiligen Gral verwickelt.

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