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Laudatio für Herrn Hans Buder anlässlich der ...

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<strong>Laudatio</strong> <strong>für</strong> <strong>Herrn</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong><br />

Mit <strong>Herrn</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong> ehrt die Stadt Wolfratshausen einen Mann,<br />

<strong>der</strong> mit den Mitteln,<br />

welche uns die mo<strong>der</strong>ne Technik zur Verfügung stellt, seinen<br />

Mitbürgern die Heimat und die Welt<br />

nahe bringt und sehr oft geradezu erschließt.<br />

Darüber hinaus steht <strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong><br />

exemplarisch <strong>für</strong> die vielen Bürger unseres Ortsteils, die hier<br />

als Heimatlose neue Heimat gefunden haben<br />

und ihr in Liebe zugetan sind.<br />

Vor 70 Jahren am 13.02.1937,<br />

erblickte er im nordböhmischen Georgswalde das Licht <strong>der</strong> Welt und<br />

besuchte in seinem Geburtsort von<br />

1943 bis zum Mai 1945 die Grundschule.<br />

Danach wurde ihm als Deutschen <strong>der</strong> Schulbesuch verwehrt,<br />

zusammen mit <strong>der</strong> Familie<br />

deportierte man den Achtjährigen in die Gegend von Saaz<br />

zur Zwangsarbeit bei einem tschechischen Bauern.<br />

1946 wurden-die <strong>Bu<strong>der</strong></strong>s nach Bayern vertrieben<br />

und fanden Unterkunft in Osten,<br />

einem Weiler <strong>der</strong> Gemeinde Triftern in Nie<strong>der</strong>bayern.<br />

In Triftern konnte er den Schulbesuch fortsetzen,<br />

und schloß die Volksschufpflicht,<br />

trotz des Überspringens zweier KIassen als Jahrgangsbester ab.<br />

Die folgenden Jahre 1951 bis 1954 sahen ihn als<br />

Schüler <strong>der</strong> Wirtschaftsaufbauschule in Passau,<br />

daran schloß sich von 1954 bis 1956 die Lehrzeit<br />

in <strong>der</strong> Bayerischen Landwirtschaftsbank in München an,<br />

<strong>der</strong> heutigen Münchner Hypothekenbank.<br />

Im Spätherbst 1956 übersiedelte die Familie nach Waldram und<br />

übernahm das noch heute von ihm bewohnte Haus<br />

in <strong>der</strong> Bettingerstraße.<br />

Hier fand er sofort Anschluß in <strong>der</strong> Kolpingsfamilie Wolfratshausen,<br />

so dass er sich von Anfangen als Waldramer und Wolfratshauser fühlte. Der<br />

Beruf hielt. ihn zunächst in, München fest.<br />

1956 bis 1960 war er in <strong>der</strong> Bayerischen Landesbank<br />

als Schalterbeamter tätig.<br />

Berufsbegleitend absolvierte er 1957 bis 1960<br />

ein sechsemestriges Abendstudium an <strong>der</strong> Bankakademie in München. Sein<br />

privates Glück fand er in dieser Zeit in Waldram<br />

unter kräftiger Mitwirkung <strong>der</strong> Mutter Kirche.<br />

1957 organisierte unser damaliger Kaplan Franz Niegl


-2-<br />

<strong>für</strong> die jungen Leute einen Tanzkurs,<br />

bei dem er seine liebe Frau Erika -- damals -- Teichert kennenlernte.<br />

1960 war die Hochzeit.<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong> hat sich bei <strong>der</strong> Kirche revanchiert,<br />

indem er 24 Jahre in <strong>der</strong> Kirchenverwaltung Waldram mitwirkte,<br />

davon 18 Jahre als Kirchenpfleger.<br />

Durch weitblickende Rücklagenbildung<br />

schuf er die solide Finanzgrundlage<br />

<strong>für</strong> die Anschaffung einer Pfeifenorgel in <strong>der</strong> neuen Pfarrkirche.<br />

Aber zurück zum beruflichen Werdegang.<br />

1961 wechselte <strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong> zum Bankhaus Schnei<strong>der</strong> in Wolfratshausen,<br />

<strong>der</strong> späteren Bank <strong>für</strong> Gemeinwirtschaft.<br />

Bis 1983 war er <strong>der</strong> Innenleiter und vermittelte in dieser Stellung<br />

den Verkauf von 12 000 qm Grund in Farchet an die Stadt Wolfratshausen.<br />

Ab 1984 war er Zweigstellenleiter<br />

und kam nach <strong>der</strong> Auflösung <strong>der</strong> Filiale Wolfratshausen<br />

1990 nach Geretsried, wo er sich bis zum 1995 angetretenen Ruhestand<br />

als kompetenter Kundenbetreuer großer Wertschätzung erfreute.<br />

Der zu Ehrende stammt aus dem Böhmischen Nie<strong>der</strong>land,<br />

einer Landschaft in Nordböhmen,<br />

<strong>der</strong>en Bewohner ihre Herkunft gleichsam auf <strong>der</strong> Zunge trugen:<br />

ihr einmalig rollendes „R" war ein unverwechselbares Markenzeichen.<br />

Der Landstrich hat eine Reihe<br />

bedeuten<strong>der</strong> Persönlichkeiten hervorgebracht,<br />

von denen ich lediglich zwei erwähnen will.<br />

Da ist einmal <strong>der</strong> 1740 geborene Ferdinand Kin<strong>der</strong>mann zu nennen.<br />

Als Priester setzte er sich <strong>für</strong><br />

die Verbesserung <strong>der</strong> Schulverhältnisse ein,<br />

schuf im südböhmischen Kaplitz eine Musterschule<br />

und wurde 1775 mit <strong>der</strong><br />

Aufsicht über das Schulwesen in ganz Böhmen betraut.<br />

Die von ihm propagierte Methode des Arbeitsunterrichts<br />

verlangte die aktive Betätigung des Schülers.<br />

Schließlich entwickelte er daraus die Idee von <strong>der</strong> Industrieschule,<br />

aus <strong>der</strong> später im 19. Jht. das vorbildliche<br />

gewerbliche Schulwesen Österreich-Ungarns hervorging.<br />

Der Staat würdigte die Verdienste Kin<strong>der</strong>manns<br />

durch die Erhebung in den Adelsstand<br />

unter dem Titel eines „Ritter von Schulstein".<br />

In dieser vorweihnachtlichen Zeit,<br />

wo allenthalben in den Stuben an <strong>der</strong> Hauskrippe gebastelt wird,


-3-<br />

liegt die Erinnerung an eine zweite Persönlichkeit<br />

aus jenem Böhmischen Nie<strong>der</strong>land nahe.<br />

Josef Fährich, 1800 geboren, gilt als prägendste Gestalt<br />

<strong>der</strong> Malerschule <strong>der</strong> Nazarener<br />

und wirkte in Rom und Wien.<br />

Auch er wurde wegen seiner Verdienste in den Adelsstand<br />

als Ritter von Fährich erhoben.<br />

Durch den Entwurf einer Papierkrippe,<br />

die als Fährich-Krippe noch heute vertrieben wird,<br />

kam es zu einer <strong>für</strong> die damalige Zeit<br />

völkerübergreifenden enormen Breitenwirkung.<br />

Im Nie<strong>der</strong>land fand man beson<strong>der</strong>s viele Führich-Krippen,<br />

von ihnen angeregt, entstanden bald die<br />

geschnitzten „Nie<strong>der</strong>land-Krippen".<br />

Sie werden wahrscheinlich denken:<br />

Jetzt ist er aber total vom Thema abgekommen,<br />

was hat denn das mit unserm <strong>Herrn</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong> zu tun?<br />

Nun - ich meine, dass sich in unserem Preisträger<br />

die besten Eigenschaften <strong>der</strong> beiden von mir<br />

nur angedeuteten Persönlichkeiten<br />

in selten glücklicher Weise vereint haben.<br />

Wir alle denken natürlich, dass <strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong> kein Maler ist<br />

- mit Gewissheit lässt sich das freilich nicht sagen -,<br />

aber eines liegt auf <strong>der</strong> Hand:<br />

er besitzt ganz gewiß den sichern Blick des Künstlers,<br />

den Blick <strong>für</strong> das Motiv,<br />

den Blick <strong>für</strong> den Umfang - Beschränkung aufs Detail o<strong>der</strong> Totale -,<br />

den Blick auch <strong>für</strong> die Bedeutung eines Motivs, <strong>für</strong> seine Gewichtung.<br />

Fürs Festhalten bedient er sich<br />

<strong>der</strong> jeweils besten aktuellen Möglichkeiten,<br />

und so wird er gleichsam zu einem „Führich <strong>der</strong> Fotografie".<br />

Die Mitglie<strong>der</strong> des Fotoclubs Wolfratshausen<br />

hatten bald seine Kompetenz erkannt<br />

und wählten ihn 34 Jahre lang in ihren Vorstand,<br />

davon 12 Jahre als 1. Vorsitzenden.<br />

Unter ihm hatten die Clubmitglie<strong>der</strong><br />

<strong>anlässlich</strong> <strong>der</strong> 40-Jahrfeier zur Stadterhebung<br />

1500 Bil<strong>der</strong> zusammengetragen,<br />

von denen 260 in einer viel beachteten Ausstellung<br />

die Entwicklung unserer Stadt während <strong>der</strong> letzten 40 Jahre<br />

lückenlos dokumentierten.<br />

Na gut - werden Sie sagen - <strong>der</strong> Führich mag ja noch angehen,<br />

aber was soll <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>mann ?


-4-<br />

Nun - Kin<strong>der</strong>mann war zunächst einmal Priester.<br />

ab 1790 sogar Bischof.<br />

Vor allem aber war er Pädagoge,<br />

einer, dem es um die Vermittlung von<br />

Fertigkeiten und Kenntnissen ging.<br />

Und damit sind wir bereits wie<strong>der</strong> bei <strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong>.<br />

Zusammen mit seiner lieben Frau hat er -<br />

wenn man von Australien und <strong>der</strong> Antarktis absieht –<br />

alle Erdteile bereist<br />

und mit dem schon erwähnten sicheren Blick<br />

alles Typische, alles Schöne, alles Bewegende<br />

im Bild festgehalten und heimgetragen.<br />

Und hier nun kommt <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>mann in ihm zum Tragen.<br />

Es genügt ihm nicht, die Beute zu archivieren, zu katalogisieren,<br />

in einem Album etwa ab und zu in Augenschein zu nehmen.<br />

Nein - er lässt uns alle daran teilhaben.<br />

Wie kaum einer versteht er es,<br />

signifikante Bil<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> entsprechenden Musik<br />

und gesprochenem Text von höchstem Informationsgehalt<br />

zu kombinieren<br />

und von <strong>der</strong> jeweiligen Reise einen Gesamteindruck zu vermitteln,<br />

<strong>der</strong> die hörenden Zuschauer o<strong>der</strong> schauenden Zuhörer<br />

beschenkt und bereichert nach Hause gehen lässt.<br />

Als 1965 die Bundesrepublik mit Israel<br />

diplomatische Beziehungen aufnahm,<br />

entstand sein erstes Tonbild<br />

„Auf dem Landwege nach Jerusalem“.<br />

Seither ließ uns <strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong> an 35 seiner Reisen teilnehmen.<br />

dazu kommen seit dem Jahr 2000 15 Filme,<br />

darunter zwei, die von heimatkundlichem Interesse sind,<br />

nämlich Festzug „1000 Jahre Wolfratshausen" (2003)<br />

und Fronleichnam 2004.<br />

Damit sind wir bei <strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong>s Bedeutung <strong>für</strong> die Heimatkunde.<br />

Mit wahren Bienenfleiß spürte er alte Fotos und Postkarten auf,<br />

reproduzierte und archivierte sie.<br />

Aus dem so zusammengetragenen Fundus<br />

wählte er aus, vergrößerte und stellte fallweise<br />

ganze Ausstellungen zusammen.<br />

Ein <strong>für</strong> alle je<strong>der</strong>zeit zugängiger Beleg <strong>für</strong> diese Arbeit<br />

ist <strong>der</strong> kleine Erinnerungsraum im Erdgeschoß unseres Kirchturms.<br />

Man kann ohne Übertreibung sagen:<br />

wer Bildmaterial über Föhrenwald o<strong>der</strong> Waldram sucht,


-5-<br />

kommt an <strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong> nicht vorbei.<br />

All dieses Wirken geschah größtenteils aus innerem Drang,<br />

ohne Schielen auf Bezahlung o<strong>der</strong> gar Gewinnabschöpfung.<br />

Die Anerkennung, welche ihm die Besucher seiner Tonbil<strong>der</strong> zollten,<br />

die gefüllten Säle waren <strong>für</strong> ihn mehr Lohn als klingende Münze.<br />

Wie oft bin ich von einer seiner Tonbildschauen heimgekommen<br />

und habe zu meiner Frau gesagt.<br />

„Heute habe ich wie<strong>der</strong> einmal 2.000 Mark gespart<br />

und ganz sicher mehr gesehen,<br />

als wenn ich selber hingereist wäre."<br />

Daß ihn Wolfratshausen mit dem Kulturpreis ehrt,<br />

möge ihm und uns zeigen,<br />

welchen Stellenwert Bildung <strong>für</strong> die Stadt hat,<br />

in unserem Falle die Volksbildung im besten Sinne<br />

und <strong>der</strong> freiwillige, nicht gewinnorientierte Einsatz da<strong>für</strong>,<br />

Vielen Dank, Herr <strong>Bu<strong>der</strong></strong> !<br />

Ich darf nun <strong>Herrn</strong> Bürgermeister Berchtold bitten,<br />

ans Rednerpult zu kommen und die Ehrung vorzunehmen.<br />

Herr <strong>Hans</strong> <strong>Bu<strong>der</strong></strong> wurde am Donnerstag den 20. Dez. 2007, zur Freude und im Beisein<br />

vieler Waldramer im Pfarrheim, in Waldram <strong>für</strong> sein Schaffen als Fotograf ausgezeichnet.<br />

Die <strong>Laudatio</strong> wurde von Rudolf Baumgartl, ebenfalls Kulturpreisträger <strong>der</strong> Stadt<br />

Wolfratshausen, gehalten.

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