crying freeman - der comic - Deutsche Mark Dacascos Webseite
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präsentiert<br />
<strong>crying</strong><br />
Samuel Hadida<br />
In Association With Toei Video Company, Fuji Television, Tohokushinsha Film Corporation<br />
A Davis Films / Ozla Pictures / Yuzna Films Production A Christophe Gans Film<br />
“Crying Freeman“ Starring <strong>Mark</strong> <strong>Dacascos</strong>, Julie Condra, Rae Dawn Chong, Byron Mann,<br />
Masaya Kato, Yoko Shimada With Mako And Tcheky Karyo Music Composed By Patrick O’Hearn<br />
Supervising Editor David Wu Editor Christopher Roth Production Designers Douglas Higgins, Alex McDowell<br />
Director Of Photography Thomas Burstyn, C.S.C. Co-Producers Robert Fre<strong>der</strong>ick, Aki Komine<br />
Executive Producers Taka Ichise, Victor Hadida<br />
Based On The Comic Books “Crying Freeman“ Created By Kazuo Koike And Ryoichi Ikegami<br />
Screenplay By Christophe Gans, Thierry Cazals Produced By Samuel Hadida, Brian Yuzna<br />
Directed By Christophe Gans<br />
©1995 Crying Freeman Productions, Inc. All Rights Reserved<br />
VERLAG SCHREIBER UND LESER
Kurzinhalt<br />
Ausführlicher Inhalt<br />
Crying Freeman: Manga, anime, Film<br />
Christophe Gans (Regie, Drehbuch)<br />
Samuel Hadida (Produktion für Davis Films)<br />
Taka Ichise (Produktion für Ozla Pictures)<br />
Brian Yuzna (Produktion für Yuzna Films)<br />
Thierry Cazals (Drehbuch)<br />
Kazuo Koike (Autor <strong>der</strong> Vorlage)<br />
Ryoichi Ikegami (Zeichner <strong>der</strong> Vorlage)<br />
Thomas Burstyn (Kamera)<br />
David Wu Taiwai (Schnittmeister)<br />
Patrick O’Hearn (Musik)<br />
<strong>Mark</strong> <strong>Dacascos</strong> (Yo Hinomura)<br />
Julie Condra (Emu O’Hara)<br />
Yoko Shimada (Lady Hanada)<br />
Tcheky Karyo (Inspector Netah)<br />
Masaya Kato (Ryuji Hanada)<br />
Mako (Shudo Shimazaki)<br />
Danksagung<br />
rapideyemovies<br />
Stephan Holl<br />
Ebertplatz 21, Hofgebäude • 50668 Köln<br />
Tel. + Fax : 02 21 / 9726160<br />
Presse: Antoinette Köster<br />
Tel. + Fax : 02 21 / 9726168<br />
Disposition: Sigrid Limprecht<br />
Tel. + Fax: 02 28 / 47 59 73<br />
Internet: www.dom.de/filmworks/rapideyemovies/<br />
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Nachdem Emu O’Hara Zeugin eines Mordes wurde,<br />
ist <strong>der</strong> Mör<strong>der</strong>, <strong>der</strong> sogenannte Freeman,<br />
hinter ihr her. Der Freeman ist eine legendäre<br />
Gestalt, <strong>der</strong> oberste Mör<strong>der</strong> des chinesischen<br />
Geheimbund <strong>der</strong> 108 Drachen. Der Vater des<br />
Ermordeten, ein hochrangiger Yakuza, will den Tod<br />
seines Sohnes gerächt sehen, und er weiß, daß er<br />
den Freeman nur mit Emu als Lockvogel/Beute<br />
bekommen kann...<br />
„Crying Freeman“ entstand nach dem gleichnamigen,<br />
mittlerweile weltberühmten manga von<br />
Kazuo Koike (Text) und Ryoichi Ikegami (Zeichnungen).<br />
S an Francisco. Die wun<strong>der</strong>schöne eurasische<br />
Malerin Emu O’Hara (Julie Condra), aus Kanada<br />
zu Besuch in den USA, wird Zeugin eines<br />
Mordes: Ein eleganter, sich geschmeidig bewegen<strong>der</strong>,<br />
vollkommen seinen Körper beherrschen<strong>der</strong><br />
Mann erschießt den Yakuza Takeshi „Sonny“ Shimazaki<br />
(Kevan Ohtsji) sowie dessen Leibwächter.<br />
Als er nach <strong>der</strong> Tat seine Opfer betrachtet, läuft ihm<br />
eine Träne die Wange herunter. Er stellt sich Emu<br />
vor, sagt, er heiße Yo (<strong>Mark</strong> <strong>Dacascos</strong>). Dann verschwindet<br />
er...<br />
Emu erfährt recht schnell, daß mit einem mal ihr<br />
Leben in Gefahr ist: wenn sich ein Mör<strong>der</strong> vorstellt,<br />
ist man sein nächstes Opfer – ein dummer Zufall hat<br />
ihr Leben völlig aus <strong>der</strong> Bahn geworfen. Das war<br />
nicht das erste mal, sie ist immer noch nicht über<br />
den plötzlich Tod ihres Vaters hinweg. Sie möchte<br />
seit langem schon nicht mehr leben, begrüßt schon<br />
innerlich den Mör<strong>der</strong>, <strong>der</strong> ihrer Seele endlich die<br />
langersehnte Ruhe verschaffen soll. Sie kehrt zurück<br />
nach Vancouver, IHN erwartend. Shudo Shimazaki<br />
(Mako), Takeshis Vater und einer <strong>der</strong> mächtigsten<br />
oyabun (= Yakuza-Boß) Japans sind ebenfalls nach<br />
Vancouver gekommen, um den Mord an Sohn<br />
Takeshi gerächt zu sehen. Er weiß, daß es sich bei<br />
dem Täter um den legendären Freeman handelt,<br />
den obersten Mör<strong>der</strong> einer sagenumwobenen, trotz<br />
allem sehr realen chinesischen Untergrundorganisation:<br />
den 108 Drachen. Er weiß, daß <strong>der</strong> Freeman<br />
Emu töten muß, und die Polizei soll sie als<br />
Kurzinhalt<br />
Dem Regisseur Christophe Gans gelang mit diesem<br />
seinem Debut direkt ein sensationeller Kassenerfolg<br />
in seinem Heimatland Frankreich, wo <strong>der</strong><br />
Film wochenlang auf Platz Eins <strong>der</strong> Besuchercharts<br />
stand. Man wußte dort jene sehr eigenen Werte<br />
dieses einzigartigen Werks zu schätzen, die nun<br />
auch endlich das deutsche Publikum zum Staunen<br />
bringen werden: Viel Romantik, viel Action – Kino<br />
total!<br />
Crying Freeman<br />
Frankreich / Japan / USA / Kanada 1995<br />
35mm, Farbe, CinemaScope, 100min.<br />
engl. Original mit dt. Untertiteln<br />
Spielorte: Vancouver, Japan, China<br />
Vorspann: Computeranimation von SPARX<br />
(Prix Pixel-INA, Imagina ’96)<br />
Ausführlicher Inhalt<br />
Lockvogel für eine Falle benutzen, die er selbst<br />
natürlich zuschnappen lassen will. Aber dazu<br />
kommt es erst gar nicht: Shimazaki – und mit ihm<br />
ein Haufen seiner kobun (= Gefolgsleute) – wird vor<br />
dem Rathaus von einem maskierten Attentäter<br />
ermordet. Emu sieht, daß <strong>der</strong> Mör<strong>der</strong> hinter seiner<br />
Maske eine Träne vergießt; sie weigert sich, <strong>der</strong><br />
Polizei mitzuteilen, was sie weiß.<br />
Mittlerweile ist unter den Yakuza ein Kampf um<br />
die Nachfolge von Shimazaki ausgebrochen, alle<br />
sind hinter dem Freeman her, und alle wollen Emu<br />
als Lockvogel.<br />
Emu ist zurück in dem riesigen, aber leeren<br />
Haus ihres Vaters – und auch <strong>der</strong> Freeman ist da,<br />
wie lang?... Sie weiß, daß sie sterben wird und<br />
will, und so bittet sie den Freeman, ihr erster und<br />
einziger Geliebter zu werden...und so kommt er zu<br />
ihr... seine Tätowierung zieht sie magisch an. Da<br />
bricht Ryuji Hanada (Masaya Kato), <strong>der</strong> aussichtsreichste<br />
Kandidat auf Shimazakis Nachfolge, ein,<br />
verletzt Emu schwer, bleibt selber scheinbar tödlich<br />
getroffen liegen.<br />
Der Mentor des Freeman, Koh (Byron Mann)<br />
kommt. Er hat den Freeman kämpfen und töten<br />
gelehrt. Nur auf sein Kommando hin mordet <strong>der</strong><br />
Freeman – doch jetzt nicht, wo er Emu, die sein<br />
Gesicht kennt, endgültig töten soll. In jenem Augenblick<br />
entdeckt <strong>der</strong> Freeman, daß er nur ein Sklave<br />
<strong>der</strong> Drachen ist, wenn er selbst sein Schicksal, eine<br />
Mordmaschine zu sein, annimmt. Der Freeman<br />
3
wi<strong>der</strong>setzt sich Kohs Befehl. Stattdessen bringt er<br />
Emu ins Krankenhaus, wo sie jedoch nicht lange<br />
bleibt. Sie flieht in den Norden Japans, nach Hokkaido,<br />
in die Heimat des Freeman, zu jener kleinen<br />
Hütte tief im Wald, nahe einer Buddha-Statue, wo<br />
die Werkstatt seines Vaters, des berühmten Töpfermeister<br />
Tomisaburo Hinomura, verborgen liegt. Koh<br />
wie<strong>der</strong>um ist zurück nach China gegangen, zu den<br />
Drachen; er soll den Freeman töten, und Emu.<br />
Der Freeman und Emu genießen ihre kurze Zeit<br />
<strong>der</strong> Ruhe. Yo Hinomura erzählt ihr die Geschichte seines<br />
Schicksals. Er ist auch Töpfermeister, und eines<br />
Tages geriet er in die Fänge <strong>der</strong> Drachen, die in<br />
ihm den neuen Freeman erkannten. Sie raubten ihm<br />
die Freiheit, tätowierten ihn, lehrten ihn kämpfen<br />
und töten ... und sie machten ihn seelisch abhängig<br />
von ihnen, Schritt für Schritt, bis er Koh wi<strong>der</strong>spruchslos<br />
gehorchte. Doch immer, wenn nach den<br />
Morden Kohs Macht über ihn gebrochen war, kehr-<br />
4<br />
te schlagartig sein altes Ich, sein Gewissen zurück,<br />
und er vergießt eine Träne, trauernd um die Toten<br />
wie um sich.<br />
Koh taucht auf, <strong>der</strong> Freeman muß mit ihm nach<br />
Tokyo gehen, um Ryuji zu töten. Emu bleibt zurück,<br />
verängstigt, sie will nicht schon wie<strong>der</strong> einen Mann<br />
in ihrem Leben verlieren.<br />
Koh und <strong>der</strong> Freeman vernichten fast den<br />
gesamten Hanada-Clan, Koh wird dabei von Ryuji<br />
erschossen. Im Sterben kann Ryuji dem Freeman<br />
noch höhnisch entgegenhauchen, daß Emu mittlerweile<br />
wohl tot ist. Panikerfüllt macht sich <strong>der</strong> Freeman<br />
auf den Weg zurück – Emu lebt noch, sie<br />
konnte Ryujis Falle entkommen. Doch da kommt<br />
Ryujis Frau, die Dame Hanada (Yoko Shimada),<br />
beseelt von ihrem Anspruch auf die Führung des<br />
Yakuza-Clan, und mit ihr ein schwerbewaffnetes<br />
Mör<strong>der</strong>-Heer. Der Freeman vernichtet diese Armee,<br />
ein neues Leben kann beginnen.
Crying Freeman: Manga, anime, Film<br />
A<br />
ls Anfang <strong>der</strong> 80er in dem neu gegründeten<br />
manga-Magazin „Big Comic Spirit“ (ein<br />
wöchentlich erscheinendes, rund 350 Seiten<br />
starkes B5-formatiges Comic-Buch, das laut<br />
Umfrage von 28jährigen Angestellten,<br />
die gerne in Ramen (Nudelrestaurants)<br />
essen und sehr ernst- wie gewissenhaft<br />
die Heiratsanzeigen studieren) zum<br />
ersten mal die Serie „Crying Freeman“<br />
veröffentlicht wurde, hatten selbst die<br />
größten Optimisten nicht mit einem <strong>der</strong>artigen<br />
Erfolg gerechnet.<br />
Die Autoren dieses Comics, Kazuo<br />
Koike (Text) und Ryoichi Ikegami (Zeichnungen)<br />
hatten bis dahin schon mehrere<br />
manga gemeinsam gestaltet. Was vielleicht<br />
„Crying Freeman“ zu einem <strong>der</strong>artig<br />
brillanten Werk macht, ist, daß<br />
man sehen kann, daß dieser Comic von<br />
einem Autor geschrieben wurde, <strong>der</strong><br />
wußte, wie <strong>der</strong> Zeichner ihn umsetzen<br />
würde, ein Werk des blinden Verständnis<br />
also. Kazuo Koike sagte dazu: „Als ich damals<br />
„Crying Freeman“ schrieb, erschuf ich die Figuren<br />
– z.T. unbewußt – auf Ryoichi Ikegamis speziellen<br />
Menschen-Typ hin. Er ist in gewisser Hinsicht wirklich<br />
<strong>der</strong> Co-Autor des manga, weil er sich so sehr<br />
in mein Denken eingenistet hatte, daß seine Zeichnungen<br />
gewissermaßen die Charaktere mitschrieben<br />
– und am Anfang meiner manga stehen ja<br />
immer die Charaktere, die Handlung entwickelt<br />
sich dann aus ihnen heraus.“<br />
„Crying Freeman“ war aber auch die vollkommene<br />
Synthese all jener verschiedenen Elemente,<br />
wegen denen junge Männer dieses manga-Magazin<br />
kaufen: Da ist zum einen die Mischung aus<br />
Action- und Kampfsport-Elementen, zum an<strong>der</strong>en<br />
jene gewisse Dosis Sex; „Big Comic Spirit“ war zu<br />
jener Zeit das einzige große manga-Magazin, das<br />
nicht auf eine bestimmte Zielgruppe hin konzipiert<br />
war, und gewisse seinen- (= Erwachsenen-)Elemente<br />
enthielt. In je<strong>der</strong> Folge beging Yo Hinomura – <strong>der</strong><br />
in dem manga noch einen chinesischen Bandennome<br />
de guerre hat: Ron Taian (= Drachen-Sonne)<br />
– einen spektakulären Mord, und in je<strong>der</strong> Folge<br />
gabs eine genüßlich-lange Sexszene mit manchmal<br />
sehr ‘verdorbenen’ Praktiken. Nun gab es sowas<br />
auch in an<strong>der</strong>en, ungleich schlichteren Comics...<br />
Zu dem speziellen Erfolg von „Crying Freeman“<br />
dürfte auch jene beson<strong>der</strong>e, in Blut und Sperma<br />
geborgen ruhende, sehr extreme Romantik beigetragen<br />
haben: Ein Mann lehnt sich auf gegen sein<br />
Schicksal, und sucht in einer Welt absoluter Verdorbenheit<br />
nach einer ganz tiefen Reinheit.<br />
Yo Hinomura ist unter dem Namen Ron Taian ein<br />
Sklave <strong>der</strong> 108 Drachen. Die Zahl 108 bezieht<br />
sich auf die 108 Sünden des Buddhismus. Yo versucht<br />
nun, sich aufzulehnen gegen sein unvermeid-<br />
liches Schicksal, das man ihm mit dem eintätowierten<br />
Drachen im wahrsten Sinne des Wortes für sein<br />
ganzes Leben vorgezeichnet hat. Erst in Emu findet<br />
er in einer fast klassischen Form von Schicksalsge-<br />
meinschaft jenen Teil seiner selbst, den er verloren<br />
glaubte. Ohne nun irgendwelche großen intellektuellen<br />
und psychologischen Klimmzüge machen zu<br />
müssen kann man sich denken, daß dies die Träume<br />
eines jungen Mann sind, <strong>der</strong> sich einsam eingeschlossen<br />
glaubt in das freudlose Schicksal des<br />
tristen Großraumbüros, und <strong>der</strong> nun nach jener<br />
Frau sucht, die seine Seele, nicht sein äußerliches<br />
Schicksal als kleiner Angestellter liebt...<br />
Diese schlichte, küchenpsychologische Erklärung<br />
sollte einem nicht den Blick für all die an<strong>der</strong>en<br />
Ebenen dieses manga verstellen, speziell seine Verarbeitung<br />
buddhistischen Geistesguts. Es hat z.B.<br />
den Anschein, als ob sich Koikes Charaktere immer<br />
mehr zu gequälten reinen Seelen hin entwickeln,<br />
weg von dem jugendlichen Zynismus etwa seiner<br />
Serie „Golgo 13“, dessen gottloser Held (sein<br />
Name ist eine Anspielung auf den Berg Golgatha...)<br />
so etwas wie das Negativ von Yo Hinomura<br />
ist – wobei Yo Hinomura ja innerlich in zwei Hälften<br />
gespalten ist, nämlich sein ‘altes Ich’ Yo und<br />
eben seine ‘neue Identität’, Ron Taian.<br />
Kazuo Koike weiß im übrigen eine sehr spezielle<br />
Rezeptions-Geschichte zu „Crying Freeman“ zu<br />
erzählen: „Im China <strong>der</strong> Quing-Dynastie wurde<br />
eine Organisation gegründet, die we<strong>der</strong> mit den<br />
Triaden noch irgendeiner an<strong>der</strong>en Unterwelt-Koalition<br />
liiert war. Die Köpfe hinter dieser Organisation<br />
müssen absolut brillante Leute gewesen sein. Diese<br />
Organisation spaltete sich in zwei Linien, die<br />
Ching-pang (= Blaue Gruppe) und die Hong-pang<br />
(= Rote Gruppe); aus <strong>der</strong> Ching-pang ging die<br />
Schwarze Gemeinschaft in Taiwan hervor, sowie<br />
mehrere große Gangster-Familien in Hongkong.<br />
Als dann „Crying Freeman“ in „Big Comic Spirit“<br />
regelmäßig veröffentlicht wurde, bekam <strong>der</strong> Chef-<br />
5
edakteuer zu jener Zeit, Herr Shirai, eines Tages<br />
einen unerwarteten Anruf: „Wir sind Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
108 Drachen <strong>der</strong> Ching-pang. Wir sind gerade in<br />
Japan, im Prince Hotel. Wir würden gerne die<br />
Autoren von „Crying Freeman“ kennenlernen.“<br />
Herr Shirai und ich waren starr vor Schrecken,<br />
wußten aber, daß dies eine jener Einladungen war,<br />
die man nicht ablehnen konnte, und so machten wir<br />
uns auf den Weg zu besagtem Hotel. In einer Suite<br />
in <strong>der</strong> 13. Etage erwarteten uns sieben o<strong>der</strong> acht<br />
sehr distinguierte, sehr elegant gekleidete Herren.<br />
Das war alles sehr beunruhigend. Dann richteten<br />
sie das Wort an uns: „Die Organistion, die sie in<br />
ihrem Comic beschreiben, gibt es wirklich. Wußten<br />
sie von unserer Existenz? Sie haben uns extrem<br />
genau beschrieben. Unsere Aufgabe ist es, unsere<br />
Heimat zu beschützen, und Hongkong vor dem<br />
schädlichen Einfluß <strong>der</strong> Briten zu bewahren...“ Die<br />
Unterhaltung verlief durchaus freundlich. „Ron Taian<br />
und Fu Chiran, die beiden Namen, die sie für<br />
die Figuren gewählt haben, sind wirklich drollig.<br />
Unser Chef heißt übrigens auch Ron.<br />
Und die Tätowierungen, <strong>der</strong> Drache und<br />
<strong>der</strong> Tiger: einfach wun<strong>der</strong>schön.“ Nun,<br />
am Ende luden sie Herrn Shirai und<br />
mich nach Hongkong ein... Als wir aus<br />
dem Hotel kamen, fragten wir uns:<br />
„Was war das? Das kann doch nicht<br />
wirklich passiert sein.“ Nun, sehen sie,<br />
das passiert, wenn sie sich etwas wirklich<br />
gut ausdenken.“<br />
D<br />
er Erfolg <strong>der</strong> Serie schrie natürlich –<br />
wie auch schon bei „Kozure okami“<br />
und „Goyokibo“ – nach einer Spielfilm-Adaption<br />
für’s Kino; daraus<br />
wurde jedoch erstmal nichts –<br />
zumindest offiziell, also mit dem Namen<br />
„Crying Freeman“. Es entstanden aber<br />
zwei inoffizielle Adaptionen des manga: in Hongkong!<br />
Sowohl Clarence Ford/Fok Yiuleungs „Dragon<br />
From Russia“ als auch Johnny To Kuifungs „Killer’s<br />
Romance“ nehmen nur Motive <strong>der</strong> manga auf,<br />
6<br />
die sie dann ganz selbstverständlich à la Hongkong<br />
verarbeiten. Ein schrulliges Detail dabei ist,<br />
daß in „Dragon From Russia“ aus den 108 Drachen<br />
800 geworden waren – und da scheint sich<br />
die deutsche Synchronisation gedacht zu haben:<br />
Auf einem Bein kann man nicht stehen, und hat sie<br />
direkt mal auf 1000 aufgerundet!<br />
Die erste japanische Adaption des Stoffs entstand<br />
bei Toei-Video ab 1988 für den OAV-<strong>Mark</strong>t:<br />
eine Serie von fünf Videos von jeweils rund 50min.<br />
Das hatte man vorher schon mit beachtlichem<br />
Erfolg bei einer an<strong>der</strong>en Serie von Koike/Ikegami<br />
gemacht: „Kizuoibito“.<br />
„Crying Freeman“ – die Serie – konnte, eben<br />
weil sie eine Serie ist, verhältnismäßig nahe an<br />
dem manga bleiben, wobei Christophe Gans aus<br />
gewissen dramaturgischen Erwägungen dann einfach<br />
viel verän<strong>der</strong>n mußte – ein Spielfilm kann ja<br />
(normalerweise) keine 300min. dauern! Sprich:<br />
Gans brauchte eine an<strong>der</strong>e Dynamik speziell für<br />
die Figur Emu, <strong>der</strong> dramaturgischen Bogen verän<strong>der</strong>te<br />
sich dadurch leicht, das Ende mußte logischerweise<br />
neu durchdacht werden. In <strong>der</strong> OAV-<br />
Serie, genau wie im manga, endet <strong>der</strong> Annäherungsprozeß<br />
von Yo und Emu (sowie die erste Folge)<br />
damit, daß auch sie den 108 Drachen beitritt,<br />
und nun mit Yo zusammen eine vollkommene Einheit<br />
bildet; auch sie hat dann einen Banden-nome<br />
de guerre: Fu Chiran (= Tiger-Reine Orchidee), <strong>der</strong><br />
oben schon von dem Triaden-Mitglied erwähnt wurde.<br />
Im Film erlöst Emu Yo, <strong>der</strong> nun ein neues Leben<br />
beginnen kann.<br />
Mit den OAV kam zum ersten mal eine ganz<br />
neue Dimension in die „Crying Freeman“-Welt: Farbe!<br />
(die Comics sind ja in Schwarz/Weiß). Speziell<br />
<strong>der</strong> erste Teil glänzt buchstäblich mit einer sehr<br />
schön schimmernden, kräftigen, manchmal leicht<br />
primärfarbig-monochromen Farbgebung, die leicht<br />
hongkongeske Züge hat! (Gewisse Sequenzen in<br />
„Dragon From Russia“ haben eine so wüste, etwas<br />
zuckrige hyperpastellene Farbgebung, daß es<br />
einem die Plomben aus den Zähnen zieht.)
Gerade in die<br />
Farben seines<br />
Films hat Christophe<br />
Gans später<br />
dann unglaublich<br />
viel Arbeit investiert.<br />
Der Film<br />
wurde vor und<br />
nach dem Belichten<br />
mehrfach chemisch<br />
behandelt,<br />
und zwar so lange,<br />
bis er dieselben<br />
Farben hatte<br />
wie die von Gans<br />
so sehr geliebten<br />
Filme <strong>der</strong> Firmen<br />
Daiei und Shochiku<br />
aus den 60er<br />
Jahren; beson<strong>der</strong>s<br />
das lindene Daiei-<br />
Grün hat’s ihm<br />
angetan.<br />
Im Vergleich mit den OAV verwendet Gans nur<br />
punktuell sehr kräftige Farben, sein Stil tendiert<br />
generell zu einem eher monochromen Ton, passend<br />
zu einem Regisseur, <strong>der</strong> im großen und ganzen<br />
immer nach einem hohen (vielleicht könnte man<br />
sagen: Zen-Japanischen) Maß an inszenatorischer<br />
Einfachheit und Präzision strebt. In je<strong>der</strong> Hinsicht,<br />
auch in <strong>der</strong> Ausstattung. Eine <strong>der</strong> markantesten<br />
Än<strong>der</strong>ungen dabei ist die Maske, die Yo Hinomura<br />
trägt. Ist es im manga ein ziemlich sino-klobiges<br />
Drachengesicht, so ist es im Film eine sehr schmucklose,<br />
ein bißchen<br />
an EishockeytorhütermaskenerinnerndeKeramikarbeit,<br />
die entfernt<br />
in <strong>der</strong> zum<br />
Ausdruck gebrachtenGeisteshaltung<br />
an die<br />
Töpferarbeiten<br />
aus <strong>der</strong> Schule<br />
des legendären<br />
Mönch und Teemeister<br />
Sen no<br />
Rikyu gemahnt.<br />
Der erste Teil<br />
<strong>der</strong> OAV-Serie ist<br />
in sich abgeschlossen,<br />
man<br />
war sich des<br />
Erfolges wohl<br />
nicht ganz so<br />
sicher... Nun, er<br />
war phänomenal! Für die Fortsetzung plante man<br />
dann eine Zwei-Wege-Strategie: Zwei zusammengehörende<br />
OAVs, die man auch als einen 100min-<br />
Film im Kino auswerten konnte.<br />
C<br />
hristophe Gans hat mit <strong>der</strong> Anfangsszene seines<br />
Films dem OAV seine Referenz erwiesen:<br />
Sie stimmt in allem exakt überein mit Daisuke<br />
Nishios Auflösung <strong>der</strong> Szene in dem ersten<br />
OAV.<br />
Nun hat „Crying Freeman“ auch eine animierte<br />
Sequenz: Den Titelvorspann. Für Gans – natürlich<br />
ein Verehrer <strong>der</strong> Arbeiten von Saul Bass und Maurice<br />
Bin<strong>der</strong> – war es klar, daß er unbedingt so<br />
einen Vorspann, einen kleinen Film für und in sich<br />
haben wollte. Das Grundkonzept: die lebendigwerdende,<br />
sich um den Körper des Freeman<br />
schlängelnde Drachentätowierung, stammt von<br />
dem Photographen und Videoclipmacher Jean-Baptiste<br />
Mondino, <strong>der</strong> seine Idee dann schlußendlich<br />
doch nicht selbst realisieren konnte, weil er mit <strong>der</strong><br />
Arbeit an einem Madonna-Video zu sehr beschäftigt<br />
war. Er empfahl Gans aber die Gruppe SPARX, die<br />
dann auch den Auftrag durchführte. Ihre enorme<br />
wie liebevolle Arbeit wurde mit mehreren Preisen<br />
belohnt, u.a. dem Prix Pixel-INA <strong>der</strong> Imagina ‘96.<br />
Die japanischen Co-Financiers – zu denen auch<br />
die Toei zählt, <strong>der</strong>en Videodivision ja schon die<br />
OAV produzierte – stand zunächst <strong>der</strong> Idee einer<br />
Adaption des Stoffs durch einen gaijin ein wenig<br />
skeptisch gegenüber. In dieser Hinsicht ist die Toei<br />
ohnehin von einer charmanten Schizophrenität:<br />
Einerseits ist sie die traditionell konservatiste unter<br />
den großen japanischen Produktionsfirmen, an<strong>der</strong>erseits<br />
war sie es immer wie<strong>der</strong>, die Coproduktionen<br />
mit dem Westen suchten, und dann auch<br />
erfolgreich in die Tat umsetzte, das berühmteste Beispiel<br />
dafür dürfte Sidney Pollacks (nach einem<br />
Drehbuch von Paul & Leonhard Schra<strong>der</strong> entstandener)<br />
„The Yakuza“<br />
(1975) sein.<br />
Ihre Bedenken<br />
zerstreuten sich<br />
bald angesichts<br />
des geistreichen,<br />
mit sehr viel Liebe<br />
zur und Wissen<br />
um die japanischePopulärkultur<br />
geschriebenen<br />
Drehbuchs von<br />
Gans und Cazals,<br />
sowie <strong>der</strong><br />
starken, cinephilenRückendeckung<br />
in Form<br />
<strong>der</strong> Produzenten<br />
Samuel Hadida<br />
(<strong>der</strong> allerhand<br />
ostasiatische Filme<br />
für Frankreich<br />
entdeckte und<br />
dann dort auch verlieh) und Brian Yuzna. Taka Ichise,<br />
<strong>der</strong> dritte Produzent im Bunde, nahm in gewisser<br />
Hinsicht bei all dem auch die Rolle eines Bürgen<br />
ein.<br />
7
Mit dem manga, dem OAV sowie den beiden<br />
Spielfilmen aus Hongkong gab es in <strong>der</strong> Vorproduktionsphase<br />
drei direkte Vorgänger/Verweis-Quellen.<br />
Eine vierte, gewissermaßen<br />
gesamtintegrative, entstand dann in Form des<br />
(schwarz/ weißen) Storyboards, gezeichnet von<br />
dem renommierten Comic-Künstler Thierry Segur<br />
(„Legendes de contrees oubliees“), <strong>der</strong> auch zu<br />
Gans’ „Necronomicon“-Segment „The Drowned“,<br />
sowie dessen schon sehr weit gereiften, bislang<br />
aber noch nicht produzierten Projekt „Trooper“ das<br />
Storyboard beigesteuert hatte. Angesichts des verhältnismäßig<br />
knappen Budget (runde 15.000.000 $)<br />
und einer großen Anzahl logistisch sehr komplexer<br />
Szenen, mußte unbedingt ein Storyboard angelegt<br />
werden. Einige Teile wurden direkt aus den manga<br />
selbst übernommen, am wichtigsten ist dabei wohl<br />
die Szene mit <strong>der</strong> Ermordung Shimizakis. In einigen<br />
an<strong>der</strong>en Fällen – u.a. die Buddhastatue<br />
im Wald – mußte Segur die<br />
‘Lücken’ zwischen Vorlage und Drehbuch<br />
angemessen allein füllen; speziell<br />
in solchen Fällen wurden dann wie<strong>der</strong><br />
Gans’ ‘Primäreinfüsse’ konsultiert: die<br />
Filme, die er liebt. Die Buddhastatue<br />
wurde schlußendlich angelehnt an den<br />
(noch unbeweglich steinernen) Majin,<br />
einem golemesken Steinsamurai aus<br />
einer Serie von Horrorfilmen, die die<br />
Daiei als Antwort auf die Godzilla-Filme<br />
<strong>der</strong> Toho produzierte. In Segurs Storyboards<br />
inszeniert Gans den gesamten<br />
Film ein erstes mal, perfektioniert ihn<br />
(soweit es geht) schon auf dem Papier.<br />
Das Storyboard wird also für den<br />
gesamten Film, jede noch so kleine Szene<br />
und Einstellung, angelegt. Der einzige<br />
Teil des Films, zu dem nicht Segur das Storyboard<br />
zeichnete, ist <strong>der</strong> Vorspann, dessen (farbiges)<br />
Storyboard von Serge Ellisalde stammt.<br />
Segurs Storyboard ist so etwas wie die erste und<br />
entscheidende Instanz für alle weiteren künstlerischen<br />
Entscheidungen; durch das Storyboard wurde<br />
z.B. über die Austattung des Films kommuni-<br />
8<br />
ziert, Gans, Segur und (in diesem Fall)<br />
Douglas Higgins/Alex McDowell haben<br />
sich so lange Storyboardseiten im Dreieck<br />
gefaxt, bis schlußendlich alle, vor allem<br />
aber Christophe Gans, zufrieden waren;<br />
durch die Zeichnungen Segurs konnten<br />
sich die Kampfkunstchoreographen z.B.<br />
sehr gezielt auf jede Szene vorbereiten,<br />
genau wie das Kamerateam, das ja dieselben<br />
inszenatorischen Vorgaben vor sich<br />
hatte. Sämtliche wichtigen künstlerischen<br />
Entscheidungsträger hatten ein komplettes<br />
Storyboard als Richtlinie. Durch diese<br />
Arbeits- und Kommunikationsform ist „Crying<br />
Freeman“ auf eine sehr eigene Weise<br />
durch und durch ein Comic-Film, ohne in<br />
irgendeinem Augenblick etwas an<strong>der</strong>es zu sein als<br />
ein ganz reiner Film – und daß es ausgerechnet die<br />
Logistik des Filmemachens ist, die diese Form notwendig<br />
macht, begründet, hat etwas sehr poetischintelligentes<br />
an sich. Außerdem ist diese Arbeitsweise<br />
absolut angemessen für einen Regisseur, <strong>der</strong><br />
ein Kino <strong>der</strong> referentiellen Popkultur zelibriert.<br />
Quentin Tarantino soll mal gesagt haben, daß<br />
große Regisseure keine Hommagen machen würden<br />
– sie würden ganz einfach stehlen. Und Martin<br />
Scorsese, Paul Schra<strong>der</strong> und Brian de Palma nicken<br />
ganz sicher im Dunkel <strong>der</strong> imaginären filmhistorischen<br />
Bühne dazu; sie haben nie ein Geheimnis<br />
daraus gemacht, wo sie ihre Ideen her haben,<br />
Schra<strong>der</strong> gibt einem sogar Tips für die besten<br />
„Klaufilme“. Die Größe ihrer Filme liegt immer darin,<br />
daß sie zwar von überall klauen, ihre Beute<br />
dann aber zu einem genuin-einzigartigen homogenen<br />
Ganzen zusammenzufügen wissen. „Crying<br />
Freeman“ ist ein ganz reines, populärkulturelles<br />
Artefakt ohne irgendeine direkte Beziehung zu<br />
irgendeiner Realität jenseits <strong>der</strong> Kunst-Realität; er ist<br />
ein Kunstwerk, zusammengesetzt aus Erinnerungen<br />
an gewisse Momente, Bil<strong>der</strong> in und aus <strong>der</strong><br />
Populärkultur. Es ist denn auch sehr sinnig, daß ausgerechnet<br />
<strong>der</strong> Schnittmeister David Wu Taiwai (also
<strong>der</strong>, dessen<br />
Kunst am Ende<br />
die Bil<strong>der</strong> zusammenhält...)<br />
als einziges<br />
‘zentrales’ Mitglied<br />
des<br />
Teams ganz<br />
direkt aus <strong>der</strong><br />
von Gans<br />
zitierten Bil<strong>der</strong>welt<br />
stammt, er<br />
schnitt ja einige<br />
<strong>der</strong> Filme,<br />
die Gans hier<br />
verarbeitet.<br />
Christophe<br />
Gans: „Alle<br />
französischen<br />
Regisseure, die<br />
zuerst als Journalisten gearbeitet haben, sind<br />
Cinephileasten. Das ist eine weltweit einzigartige<br />
Tradition. Ich könnte z.B. nie einen Geisterfilm wie<br />
„The Drowned“ drehen, ohne an Roger Corman,<br />
Terence Fisher o<strong>der</strong> Mario Bava zu denken, o<strong>der</strong><br />
einen Neo-Noir-Film, ohne an Jean-Pierre Melville<br />
und John Woo... Als ich zum ersten mal „The Killer“<br />
sah, war das ein gewaltiger Schock für<br />
mich.“<br />
C<br />
hristophe Gans hat nie ein Geheimnis<br />
daraus gemacht, daß ein großer Teil<br />
seiner Filme aus Erinnerungen an an<strong>der</strong>e<br />
Filme besteht. An<strong>der</strong>s als bei den<br />
oben genannten Amerikanern kann<br />
man hier keinen Unterschied machen zwischen<br />
Hommage und Diebstahl, da es keine<br />
außerfilmische Realität als ‘Maßstab’<br />
mehr gibt – „Crying Freeman“ ist, wie auch<br />
schon „The Drowned“, eine einzige Hommage,<br />
wo Referenz an Referenz hängt, und<br />
sich die Hommagen wie in einer Babuschka<br />
ineinan<strong>der</strong> verschachteln. Aber an<strong>der</strong>s<br />
als bei gewissen postmo<strong>der</strong>n daherkommenden<br />
Werken muß man überhaupt gar<br />
nichts wissen, um „Crying Freeman“ verstehen<br />
und genießen zu können; und es bringt<br />
auch keinen zusätzlichen Kick, wenn man<br />
nun alle von Gans erinnerten Filme kennt,<br />
weil sie kein Geheimnis sind und keine In-<br />
Jokes, son<strong>der</strong>n einfach nur da sind, als Teil<br />
des Films. Sie sind die Welt, aus <strong>der</strong> Gans<br />
seine Welt aufbaut.<br />
Chistophe Gans‘ „Crying Freeman“<br />
wurde an nur einem Schauplatz gedreht:<br />
Vancouver und Umgebung.<br />
Da ich meine Kamera nicht direkt am<br />
eigentlichen Ort <strong>der</strong> Handlung aufstellen<br />
konnte, nehme ich den Zuschauer hier nun<br />
an die Hand und mache mit ihm eine Reise<br />
durch die Orte des Kinos. In „Crying Free-<br />
man“ än<strong>der</strong>t sich <strong>der</strong> Inszenierungsstil, je nach<br />
dem, in welchem Land wir gerade sind. Die<br />
Sequenz mit dem Treffen <strong>der</strong> Drachen ist an den Stil<br />
gewisser hongkonger Filme angelehnt: hartes Licht,<br />
viel Blau, leicht verkantete Cadragen a la Tsui<br />
Hark. Wenn wir dann nach Japan kommen, dominiert<br />
die Farbe grün, eine große Weite und eine tiefe<br />
Melancholie kommen ins Bild, wie in den Samuraifilmen<br />
<strong>der</strong> 60er, <strong>der</strong>en visuelle Gestaltung ich für<br />
die schönste <strong>der</strong> Farbfilmgeschichte halte.“<br />
9
Einige Beispiele:<br />
– Die ganz in schwarze Designeranzüge<br />
gewandeten Gangster (die SO überhaupt gar<br />
nichts mit dem typischen yakuza-Kleidungsstil<br />
gemein haben) entstammen natürlich den Filmen<br />
von John Woo, an <strong>der</strong>en Vorbild sich auch die Massenschießereien<br />
orientieren.<br />
– Der Bildaufbau in <strong>der</strong> Szene mit <strong>der</strong> Versammlung<br />
<strong>der</strong> Drachen lehnt sich an Masaki<br />
Kobayashis „Kaidan“ an, genaugenommen an die<br />
Versammlung <strong>der</strong> Geister des Heike-Clan in <strong>der</strong><br />
„Hoichi, <strong>der</strong> Ohrenlose“-Episode. Als <strong>der</strong> Freeman<br />
und Koh die versammelten Yakuza im Hause Hanada<br />
überfallen, bedroht Koh den halbnackten, tätowierten<br />
Ryuji vor einer aufwendig bemalten Trennwand<br />
– direkt inspiriert durch die sehr stilisierten<br />
Hintergründe von Seijun Suzukis „Irezumi Ichidai/<br />
Das Leben eines Tätowierten“.<br />
– Der Aufbau <strong>der</strong> Fechtszenen im Wald, die<br />
Positionen und kata <strong>der</strong> Kämpfer, orientieren sich<br />
an <strong>der</strong> Choreographie in den Fechterfilmen Kenji<br />
Misumis. Ein spezielles Detail dabei wäre z.B. die<br />
Blutfontäne, die aus <strong>der</strong> tödlich getroffenen Dame<br />
Hanada schießt – so wie in Misumis extremsten<br />
10<br />
Werken, den Filmen <strong>der</strong> „Kozure okami/ Baby<br />
Cart“-Serie, die im übrigen auch aus <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> des<br />
„Crying Freeman“-Autors Kazuo Koike stammt. In<br />
Bezug auf die „Kozure okami“-Filme findet sich in<br />
„Crying Freeman“ ein ganz winziges Detail, das<br />
man nun wirklich als eine Hommage bezeichnen<br />
muß: Der Eigenname des Vaters von Yo Hinomura<br />
ist auch <strong>der</strong> Eigenname des Hauptdarstellers <strong>der</strong><br />
„Kozure okami“-Serie: Tomisaburo. Man sieht das<br />
nur einmal,<br />
ganz kurz, als<br />
Yo Emu einen<br />
Prospekt mit<br />
Arbeiten seines<br />
Vaters<br />
zeigt... Das ist<br />
einer <strong>der</strong><br />
Punkte, an<br />
denen sich<br />
zeigt, wie liebevoll<br />
„Crying<br />
Freeman“<br />
durchdacht ist:<br />
Itto Ogami,<br />
die Hauptfigur<br />
von „Kozure<br />
okami“, ist<br />
nämlich wirklich<br />
so etwas<br />
wie eine frühere<br />
Inkarnation<br />
Yo Hinomuras,<br />
d.h. diese kleine Hommage beweist eine sehr sensible,<br />
sehr intelligente Lektüre <strong>der</strong> Arbeiten Kazuo<br />
Koikes.<br />
Seijun Suzuki, aus dessen Filmen Gans sich<br />
reichlich bediente, meint zu all dem: „Kunst ist nie<br />
originär. Es geht immer nur darum, eine bekannte<br />
Geschichte mit bekannten Elementen möglichst<br />
interessant und originell noch einmal zu erzählen.<br />
Wenn man interessant und originell ist, kommt die<br />
Kunst von selbst.“
Christophe Gans (Regie, Drehbuch)<br />
Christophe Gans, geboren 1960 in Antibes, ist<br />
das, was man sich unter einem echten Cinephile<br />
nvorstellt. Er sagt, schon von klein an habe er<br />
gewußt, daß er Filmemacher werden wolle – und<br />
überhaupt wollte er mit allem,<br />
was Kino ist, etwas zu tun haben.<br />
So gründete er noch vor seinem<br />
Eintritt in die berühmte Filmhochschule<br />
IDHEC ein eigenes Fanzine,<br />
rief dann während seiner Studienjahre<br />
– genaugenommen mit<br />
22 Jahren, was ihn zum jüngsten<br />
Herausgeber <strong>der</strong> französischen<br />
Pressegeschichte macht – das bis<br />
heute bekannte Fachmagazin<br />
„Starfix“ ins Leben, und ließ es<br />
sich 1996, im Gefolge des gigantischen<br />
Erfolgs von „Crying Freeman“<br />
nicht nehmen, mit „HK“<br />
auch noch eine sehr edle Zeitschrift<br />
für Kino aus China und<br />
Japan zu gründen; zu dieser Zeitschrift<br />
gehört auch die Videoedition<br />
„HK-Video“, die sich, ähnlich<br />
Quentin Tarantinos Label bei<br />
Miramax, darum bemüht, übersehene<br />
o<strong>der</strong> bislang nur in furchtbar zermetzelten<br />
Fassungen vertriebene Perlen in bestmöglicher<br />
Qualität – untertitelt, korrektes Format, Spitzenausgangsmaterial<br />
– einem interessierten Publikum<br />
zugänglich zu machen.<br />
Während Gans’ Zeit an <strong>der</strong> IDHEC realisierte er<br />
mehrere Kurzfilme, <strong>der</strong> berühmteste darunter dürfte<br />
„Bave d’argent / Silver Slime“ von 1982 sein; diese<br />
hommage an das italienische Horror-Kino <strong>der</strong> 60er<br />
Jahre (man beachte das Wortspiel im Originaltitel)<br />
gewann im selben Jahr einen Preis auf dem Festival<br />
du Film Fantastique in Paris. Außerdem arbeitete er<br />
für das französische Fernsehen, u.a. als produzie-<br />
Filmographie (ausschließlich Kino)<br />
ren<strong>der</strong> Kopf hinter dem Filmprogramm des von Antoine<br />
de Caunes geleiteten Kulturmagazin RAPIDO.<br />
Zu jener Zeit sprach Samuel Hadida Christophe<br />
Gans an, ob er nicht nach Beendigung seines Studiums<br />
für seine Produktionsfirma<br />
Davis Films arbeiten wolle. Dort<br />
entwickelte Gans, zusammen mit<br />
dem Drehbuchautor Thierry Cazals,<br />
ab 1988 eine Reihe von bislang<br />
unrealisierten Projekten:<br />
Eine absolut unfinanzierbare Verfilmung<br />
des Sixties-Kult-Comic<br />
„Bob Morane“; eine sich im<br />
Augenblick in Vorbereitung<br />
befindliche Adaption des Comic<br />
„Ranxerox“ von Liberatore & Tamburini,<br />
für <strong>der</strong>en Realisierung<br />
(nach Tony Scott) nun Marco<br />
Brambilla („Demolition Man“) im<br />
Gespräch ist; sowie ein Originalszenario<br />
namens „Trooper“,<br />
über einen Soldaten aus <strong>der</strong><br />
Zukunft, <strong>der</strong> in die Zeit <strong>der</strong><br />
Großen Depression in den 30ern<br />
gerät. Zumindest aus „Trooper“<br />
wäre beinahe ein Film geworden...<br />
nun, und dann kam, kurz nach dem (vorläufigen)<br />
Ende des Projekts, die sehr realisierbare Idee<br />
einer Adaption des Comic „Crying Freeman“. Zwischendurch<br />
inszenierte Gans als kleine Fingerübung,<br />
vielleicht auch als Generalprobe für das<br />
‘große Werk’, eine kleine Etude: „The Drowned“,<br />
sehr frei nach H.P. Lovecraft, für den von Brian Yuzna<br />
initiierten Lovecraft-Omnibus-Film „Necronomicon“.<br />
Zur Zeit befindet sich Gans in <strong>der</strong> Vorproduktionsphase<br />
seines nächsten Werks, einer Neuverfilmung<br />
von Jules Vernes „20.000 Meilen unter dem<br />
Meer“.<br />
1992: The Drowned<br />
(Episode von „Necronomicon“; Regie <strong>der</strong> weiteren Episoden: Brian Yuzna, Shu Kaneko)<br />
1995: Crying Freeman<br />
11
Samuel Hadida (Produktion für Davis Films)<br />
Samuel Hadida wurde 1953 (auch noch in Casablanca!)<br />
in die Welt des Kino hineingeboren: Sein<br />
Vater ist <strong>der</strong> Produzent David Hadida. Nach seinem<br />
Studienabschluß gründete er 1978 die Verleihfirma<br />
Metropolitan Filmexport, 1982 (als Gans<br />
„Starfix“ gründete) erweiterte er sein Unternehmen<br />
um den Videovertrieb Delta Video; in jener Zeit<br />
lernten sich Gans und Hadida kennen, erst rein<br />
beruflich, später dann privat. Seit 1990 kümmert<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
1993 True Romance (R: Tony Scott)<br />
Killing Zoe (R: Roger Avary)<br />
Only the Strong (R: Sheldon Lettich)<br />
Necronomicon (R: Christophe Gans, Brian Yuzna, Shu Kaneko)<br />
1995: Crying Freeman<br />
Taka Ichise (Produktion für Ozla Pictures)<br />
Als Taka Ichise 1992 Ozla Pictures mit dem Ziel,<br />
japanische Coproduktionen für den internationalen<br />
<strong>Mark</strong>t zu finanzieren, gründete, hatte er selber<br />
schon zehn Spielfilme inszenierte. Der wichtigste<br />
davon dürfte „Tokyo – The Last War“ sein, Japans<br />
Nr.1-Kassenschlager des Jahres 1989; diesem Film<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
12<br />
Hadida sich für Davis Films um internationale<br />
Coproduktions-Projekte. Die beiden bislang wohl<br />
berühmtesten und spektakulärsten haben enge Verbindungen<br />
zu Quentin Tarantino: Tony Scotts „True<br />
Romance“ entstand nach einem Tarantino-Drehbuch,<br />
Roger Avary, <strong>der</strong> Regisseur von „Killing<br />
Zoe“, war <strong>der</strong> Co-Drehbuchautor von „Pulp Fiction“.<br />
Bei „Only the Strong“ arbeitete er auch zum<br />
ersten mal mit <strong>Mark</strong> <strong>Dacascos</strong> zusammen.<br />
– einem Nachfolgeprojekt zu Akio Jissojis auf<br />
einem Roman von Hiroshi Aramata basierenden<br />
„Teito monogatari – Megalopolis“ (1988) – wie<strong>der</strong>um<br />
folgte eine Serie von vier OAV, entstanden<br />
unter <strong>der</strong> inszenatorischen Oberaufsicht von Rintaro,<br />
<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um einer <strong>der</strong> ‘Helden’ von „HK“ ist!<br />
1989: Tokyo: The Last War (Produktion, Regie)<br />
1992: Blue Tiger (Produktion; R: Norberto Barba)<br />
1993: Necronomicon (Produktion; R: Christophe Gans, Brian Yuzna, Shu Kaneko)<br />
American Yakuza (Produktion; R: Frank Capello)<br />
1995: Crying Freeman (Produktion; R: Christophe Gans)
Brian Yuzna (Produktion für Yuzna Films)<br />
Ein weiterer Cinephile, Christophe Gans, nennt<br />
ihn seinen Roger Corman: da laufen Brian Yuzna<br />
wohl leicht verschämt die Tränen runter.<br />
Yuzna verlebte seine Kindheit auf verschiedenen<br />
Militärbasen in Südamerika. Fernsehen gab’s nicht<br />
– zumindest nicht auf Englisch – nur das Kino, zu<br />
dem Yuzna, wie es sich für einen wahren Cinephilen<br />
gehört, jeden Sonntag mit religiöser Regelmäßigkeit<br />
pilgerte. Gezeigt wurden Double Features,<br />
meist mit einer Serial-Episode – „Captain<br />
Marvel“, „Rocket Man“, „Dick Tracy“... – im Vorprogramm.<br />
sein erster Science Fiction-Film, so sagt<br />
er, war „Creature With the Atom Brain“ von 1955.<br />
Yuzna machte aus seiner Liebhaberei einen Beruf<br />
und wurde Filmproduzent. 1985 produzierte er<br />
Stuart Gordons (sehr freie) H.P. Lovecraft-Adaption<br />
„The Re-Animator“ – ein Film wie ein Paukenschlag,<br />
eine <strong>der</strong> Genre-Legenden <strong>der</strong> 80er Jahre, <strong>der</strong> vollkommene<br />
Auftakt nach Maß für Gordon, dem das<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
1985: The Re-Animator (Produktion; R: Stuart Gordon)<br />
1986: From Beyond (Produktion; R: Stuart Gordon)<br />
1989: Honey, I Shrunk the Kids (Produktion, Sujet; R: Joe Johnston)<br />
1990: Society (Buch, Regie)<br />
Bride of the Re-Animator (Produktion, Regie)<br />
1991: Silent Night, Deadly Night 4: Initiation (Buch, Regie)<br />
1993: Return of the Living Dead III (Buch, Regie)<br />
Necronomicon (Produktion, Regie)<br />
1995: Crying Freeman (Produktion; R: Christophe Gans)<br />
1996: The Dentist (Buch, Regie)<br />
Thierry Cazals (Drehbuch)<br />
Nach einem Studium <strong>der</strong> Politwissenschaft<br />
sowie <strong>der</strong> Soziologie – er schloß mit einer Arbeit<br />
über Mutanten in <strong>der</strong> Science Fiction-Literatur und<br />
im Science Fiction-Film ab – arbeitete Thierry Cazals<br />
von 1986–88 für die „Cahiers du Cinema“, in<br />
denen er u.a. Essays über Stanley Kubrick, Buster<br />
Keaton und Andrzej Tarkovsky veröffentlichte.<br />
1987 lernte er auf dem Horrorfilm-Festival in Avoriaz<br />
Christoph Gans kennen. Zusammen schrieben<br />
Gespann mit „From Beyond“ eine weitere Lovecraft-<br />
Adaption folgen ließ. Mit „The Re-Animator“ wollten<br />
Yuzna und Gordon einfach nur den Horrorfilm<br />
machen, den sie schon immer sehen wollten; so ähnlich<br />
war denn auch ihr Ansatz für den (am Ende<br />
dann doch von Joe Johnston inszenierten) Kin<strong>der</strong>film<br />
„Honey, I Shrunk the Kids“, den die beiden sowohl<br />
im Hinblick auf die Ideen des eigenen Nachwuchs<br />
wie auch in Erinnerung an die bizarren Träume ihrer<br />
frühen Jugendjahre entwickelten.<br />
1990 begann Yuzna, <strong>der</strong> immer an den Drehbüchern<br />
seiner Produktionen (sehr) aktiv beteiligt<br />
war, auch selber Regie zu führen. Seine beiden<br />
herausragenden Werke sind bislang sein Debut<br />
„Society“, eine absolut ätzend-bösartige Gesellschaftsparabel,<br />
sowie „Return of the Living Dead<br />
III“, ein in seinen Splatter-Exzessen sehr empfindsames<br />
Melodram um Schmerz, Tod und die Qualen<br />
<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt.<br />
sie mehrere bislang unrealisierte Drehbücher: um<br />
den Comic-Helden Bob Morane, nach dem Cyber-<br />
Punk-Comic „Ranxerox“ von Liberatore&Tamburini,<br />
sowie eine Zeitreise-Geschichte namens „Trooper“.<br />
Für das Magazin „HK“ (Nr.1) verfaßte Cazals<br />
einen brillanten Essay über Mamoru Oshii/Shirow<br />
Masamunes „Kogaku kidotai / Ghost in the Shell“<br />
– ebenfalls im Verleih von R.E.M....<br />
13
Kazuo Koike (Autor <strong>der</strong> Vorlage)<br />
Kazuo Koike darf man zu Recht als eine <strong>der</strong><br />
großen, noch lebenden Legenden <strong>der</strong> japanischen<br />
Comic-Welt bezeichnen. Geboren 1936 in Akita,<br />
gehört er (in etwa) zu <strong>der</strong>selben Generation wie<br />
Osamu Tezuka (<strong>der</strong> Vater von Kimba, dem weißen<br />
Löwen) und Fujio Fujiko (Doraemons Schöpfergespann):<br />
eine Generation, die durch das Kino entscheident<br />
geprägt wurde und die wie<strong>der</strong>um das<br />
Fernsehen entscheident prägte.<br />
Nur für’s erste eben nicht Koike, seine eher persöhnlichen<br />
Geschichten um Fleisch, Vergebung und<br />
Verdammnis paßten nicht zu dem eher putzig-cartoonigen<br />
Stil a la Tezuka, <strong>der</strong> die japanische<br />
Comic-Welt <strong>der</strong> 60er Jahre dominierte. Seine<br />
große Stunde schlug mit dem Aufkommen des gekiga-Stils,<br />
eine sehr eigene, sex- und gewaltgesättigte<br />
Richtung des realistischen Comics.<br />
Sein erster großer Erfolg war 1969 die von<br />
Takao Saito gezeichnete Serie „Golgo 13“, die für<br />
14<br />
CRYING FREEMAN - DER COMIC<br />
Fast ein Drittel aller japanischen Druckerzeugnisse sind Mangas.<br />
Rund 300 Periodika und monatlich circa 400 Buchausgaben<br />
erscheinen in über 100 Verlagen. Die Auflagen liegen<br />
im Durchschnitt bei 300.000 bis 500.000 Exemplaren. Millionenauflagen<br />
sind keine Seltenheit.<br />
Auch deutsche Comicverleger beginnen, die erfolgreichsten<br />
Serien einzukaufen.<br />
Im europäischen Ausland fetzt <strong>der</strong> Manga schon, bei uns zögert man. Zuviel Gewalt,<br />
zu junge Protagonistinnen, wenn es an die Unterwäsche geht.<br />
Im Gewand einer Barbie-Puppen-Ästhetik o<strong>der</strong> in dramatischem Schwarz-Weiß<br />
kommen die wahnwitzigsten Stories daher, mit fernöstlichen Kampftechniken, ganzkörpertätowierten<br />
Greisinnen, Kirschblüten, Haikus und Samurai-Pathos, nie gesehene<br />
Bil<strong>der</strong>.<br />
Die Dynamik von Superman und Konsorten, bereichert um eine Gefühligkeit, die wir<br />
im Westen vermissen – eine unwi<strong>der</strong>stehliche Mischung.<br />
Da kommt mit Sicherheit einiges auf uns zu... Ban-zai!<br />
Die Comic-Serie CRYING FREEMAN ist erschienen im Verlag Schreiber & Leser, München,<br />
und umfaßt insgesamt 17 Bände zu je etwa 128 Seiten und fünf Zyklen:<br />
Zyklus I – Portrait eines Killers: 4 Bände / 1–4 je DM 16,80<br />
Zyklus II – Schatten des Todes: 5 Bände / 5–8 je DM 16,80, Band 9 DM 17,80<br />
Zyklus III – Spur <strong>der</strong> Rache: 3 Bände / 10–12 je DM 17,80<br />
Zyklus IV – Entführt in Chinatown: 2 Bände / 13+14 je DM 17,80<br />
Zyklus V – Weg <strong>der</strong> Freiheit: 3 Bände / 15–17 je DM 17,80<br />
VERLAG SCHREIBER UND LESER<br />
Sendlinger Str. 56 • 80331 München<br />
ihre realitätsnahe Darstellung des organisierten Verbrechens<br />
gerühmt wurde; in etwa zur gleichen Zeit<br />
entstand, ebenfalls für Saito und seine Firma, die<br />
Serie „Muyonosuke“.<br />
Anfang <strong>der</strong> 70er machte sich Koike selbständig,<br />
er schrieb für den Zeichner Goseki Kojima das<br />
Historien-Epos „Kozure okami“ – ein die Richter-<br />
Skala sprengendes Erdbeben von einem Erfolg,<br />
und neben Katsuhiro Otomos „Akira“ <strong>der</strong> weltweit<br />
wahrscheinlich berühmteste japanische Comic <strong>der</strong><br />
letzten 30 Jahre. Kojima wird in den folgenden Jahren<br />
sein bevorzugter Zeichner für Historien<strong>comic</strong>s.<br />
1973 arbeitet Koike zum ersten mal mit dem<br />
späteren „Crying Freeman“-Zeichner Ryoichi Ikegami<br />
an <strong>der</strong> Serie „Aiueo shonen“ zusammen. In den<br />
späten 70ern dann gründet Koike seine eigene<br />
Comic-Schule namens Gekiga sonjuko, die so<br />
unterschiedliche Talente hervorbrachte wie Rumiko<br />
Takahashi, Japans wahrscheinlich berühmteste
Comic-Künstlerin („Ranma 1/2“, „Maisson Ikkoku“),<br />
und Tetsuo Hara, dem Zeichner von „Hokuto<br />
no ken“, im Westen bekannt und (1994 von Tony<br />
Randall) verfilmt unter dem Namen „Fist of the<br />
North Star“ (daneben existiert im übrigen ein von<br />
Toyoo Ashida 1986 inszenierter anime-Kinofilm).<br />
Und, schlußendlich, leitet Koike auch noch ein Verlagshaus,<br />
Studio Ship, Inc.<br />
Seit einigen Jahren kontrolliert Koike coproduzieren<strong>der</strong>weise<br />
auch die Film- und Video-Adaptionen<br />
seiner Stoffe; zu diesen Werken gehört eine<br />
1993 entstandene, extrem werkgetreue Neuverfilmung<br />
von „Kozure okami“.<br />
Kazuo Koike kann mit nicht-japanischen Comics<br />
nur sehr begrenzt ‘was anfangen, er mag da vor<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
Kozure okami (Kino-Serie, 6 Teile)<br />
1972:<br />
Goyokiba (Kino-Serie, 3 Teile)<br />
1972: Goyokiba (R: Kenji Misumi)<br />
1973: Goyokiba – Kamisori Hanzo Jigokuseme (R: Yasuzo Masumura)<br />
1974: Goyokiba – Oni no Hanzo Yawahadakoban (R: Yoshio Inoue)<br />
1983: Golgo 13 (Kino-Animationsfilm; R: Osamu Dezaki, Akio Sugino)<br />
Kizuoibito (OAV in 5 Teilen; R: Toshio Takeuchi)<br />
1986: Kizuoibito<br />
1987: Kizuoibito Act II. Ogon no fukushusha<br />
Kizuoibito Act III. Hakukatsuki<br />
1988: Kizuoibito Act IV. Misty Connection<br />
Kizuoibito Act V. Kanketsuhen Final Touch Down<br />
Crying Freeman (OAV in 5 Teilen)<br />
1988: Crying Freeman 1. Portrait of a Killer (R: Daisuke Nishio)<br />
1989: Crying Freeman 2. Fusei kakurei (R: Nobutaka Nishizawa)<br />
1990: Crying Freeman 3. Fusei kakurei 2 (R: Johei Matsuura)<br />
1991: Crying Freeman 4. (R: Takaaki Yamashita)<br />
1992: Crying Freeman 5. (R: Shigeyasu Yamauchi)<br />
1993: Kozure Okami. Sono shisakite ni (R: Akira Inuoe)<br />
1995: Crying Freeman (R: Christophe Gans)<br />
allem „Blondie“ und „Popeye“; „Superman“ und<br />
Konsorten sind ihm immer fremd geblieben. Koike<br />
mag generell Spionage-Romane, speziell die von<br />
John LeCarre und Alistair MacLean; Horror-Romanen,<br />
speziell denen von Stephen King, kann er<br />
nichts abgewinnen. Sein Lieblingsschriftsteller ist<br />
<strong>der</strong> sehr populäre Romancier Shugoro Yamamoto,<br />
hierzulande dem ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en nur indirekt,<br />
weil vermittelt bekannt durch drei Filme von Akira<br />
Kurosawa: „Tsubaki Sanjuro“, „Akahige“, „Dodes’kaden“.<br />
Hier findet sich – sehr zufällig, aber auch<br />
sehr passend – ein weitere Verbindung zu Kenji<br />
Misumi, <strong>der</strong> ein wenig bekanntes Meisterwerk<br />
namens „Namidagawa“ nach einer Yamamoto-Vorlage<br />
inszenierte...<br />
15
Ryoichi Ikegami (Zeichner <strong>der</strong> Vorlage)<br />
Geboren 1944 in Fukui, bekam Ikegami seine<br />
ersten professionellen Aufträge schon im Alter von<br />
17 Jahren. Das erste Jahrzehnt seiner Karriere verbrachte<br />
er verhältnismäßig unbeachtet mit anonymen<br />
Auftragsarbeiten, wahrscheinlich war er in<br />
gewissen westlichen Kreisen bekannter als in<br />
Japan: Ikegami war <strong>der</strong> japanische „Spi<strong>der</strong>man“-<br />
Zeichner.<br />
Im Nachhinein betrachtet ist das recht passend,<br />
war doch in jenen prä-gekiga-Jahren nirgendwo so<br />
recht Platz für seine extreme Mischung aus überkochen<strong>der</strong>,<br />
äußerst sexueller Romantik und fast<br />
abstrakten Gewaltexzessen. Von den Zeichnungen<br />
und <strong>der</strong> Dynamik <strong>der</strong> Geschichte her aber war das<br />
wenigstens in <strong>der</strong> Nähe seiner Obsessionen. Zum<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
siehe Angaben zu „Kizuibito“ und „Crying Freeman“ bei Kazuo Koike<br />
16<br />
ersten mal für Aufsehen sorgte er Ende <strong>der</strong> 60er mit<br />
<strong>der</strong> auch im Westen verlegten und bekannten Serie<br />
„Mai“, geschrieben von Kazuya Kudo; Gerüchten<br />
zufolge planen sowohl Tsui Hark als auch Tim Burton<br />
Verfilmungen dieses Stoffes – wobei Tsuis Verfilmung,<br />
‘angekündigt’ als Action-Komödien-Musical,<br />
ungleich vielsprechen<strong>der</strong> klingt. Ebenfalls in<br />
Zusammenarbeit mit Kudo entstand die spektakuläre<br />
Historienserie „Nobunaga“.<br />
Mit „Aiueo shonen“ begann Ryoichi Ikegamis<br />
Zusammenarbeit mit Kazuo Koike, zu <strong>der</strong>en Höhepunkten<br />
(neben „Crying Freeman“) „Offered“ und<br />
„Red Dove“ zählen.<br />
Desweiteren arbeitete Ikegami mit den Autoren<br />
Hiroi Oji und Sho Fumimura zusammen.
Thomas Burstyn (Kamera)<br />
Der Kanadier Thomas Burstyn hat sich speziell<br />
mit seinen Arbeiten für das Fernsehen einen<br />
Namen gemacht; so erhielt er u.a. dreimal in Folge<br />
(1985-87) den ACE-Award für seine Arbeit an <strong>der</strong><br />
Filmographie (Auswahl)<br />
1984: Heavenly Bodies (R: Lawrence Dane)<br />
Nightmare Fever (R: Brian Grand)<br />
1985: Dark of the Night (R: Gaylene Preston)<br />
1986: Native Son (R: Jerald Friedman)<br />
The Lost Tribe (R: John Laing)<br />
1987: La Grenouille et la baleine (R: Jean-Claude Lord)<br />
1988: Cheetah (R: Jeff Blyth)<br />
Cold Front (R: Paul Bnarbic)<br />
1989: Nightwalk (R: Jerald Friedman)<br />
1990: The Perfect Tribute (R: Jack Ben<strong>der</strong>)<br />
1991: Blind Man’s Bluff (R: James Quinn)<br />
Toy Soldiers (R: Daniel Petrie jr.)<br />
Empire City (R: <strong>Mark</strong> Rosner)<br />
She Stood Alone (R: Jack Gold)<br />
1992: Criminal Behaviour (R: Michael Miller)<br />
A Child Lost Forever (R: Claudia Weill)<br />
1993: Arctic Blue (R: Peter Masterson)<br />
1994: Exquisite Ten<strong>der</strong>ness (R: Carl Schenkel)<br />
Andre (R: George Miller)<br />
1995: Crying Freeman (R: Christophe Gans)<br />
Kult-Serie „Hitchhiker“, 1986 zusätzlich auch noch<br />
den CSC-Award. Außerdem erhielt er 1985 eine<br />
Genie-Award-Nominierung für „La Grenouille et la<br />
baleine“.<br />
17
David Wu Taiwai (Schnittmeister)<br />
Man kann bei „Crying Freeman“ nie zwischen<br />
professioneller Erwägung und cinephiler Geste<br />
trennen – es ist immer alles beides, und nirgendwo<br />
ist das offensichtlicher als beim Schnitt, für den<br />
David Wu Taiwai verantwortlich zeichnet.<br />
Man nimmt den Mund nicht zu voll, wenn man<br />
sagt, David Wu Taiwai sei eine kleine Legende des<br />
kontemporären hongkonger Kinos. Er war es, <strong>der</strong><br />
den häufig wüsten Vorstellungen Tsui Harks eine<br />
gewisse jazzig-mo<strong>der</strong>ne Linie verlieh, und <strong>der</strong> für<br />
und mit John Woo Yusen seine einzigartig-impressionistische<br />
Form des fast-cut perfektionierte.<br />
Sein Handwerk lernte er ab 1971 im Studio <strong>der</strong><br />
Shaw Brothers, wo er den beiden obersten Schnittmeistern<br />
des Studio: Fan Gongrong und Jiang Xinglong<br />
assistierte, und zwei <strong>der</strong> Großen des Studios:<br />
Chang Cheh und dessen Quasi-Schüler Liu Jialing<br />
(dem wichtigsten Mo<strong>der</strong>nisten des hongkonger<br />
Kinos <strong>der</strong> Dekade) bei <strong>der</strong> Arbeit über die Schultern<br />
schaute. Bei einem Film aus Changs Goldener<br />
Phase, die ziemlich exakt das erste Lustrum jenes<br />
Jahrzehnts umfaßt, soll er sogar schon für eine<br />
spektakuläre Montagesequenz verantwortlich sein.<br />
Sicher aber ist, daß er in jener Zeit schon John<br />
Woo Yusen kennenelernte, <strong>der</strong> Regieassistent mehrerer<br />
Filme Changs war.<br />
Insgesamt soll Wu an rund 300 Filmen mitgearbeitet<br />
haben, so genau läßt sich das nicht sagen.<br />
Zum einen liegt das daran, daß er sehr häufig<br />
uncreditiert an Filmen mitarbeitet, ein exzellentes<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
18<br />
wie extremes Beispiel dafür ist John Woo Yusens<br />
„Renzai shuanghong/The Killer“: Obwohl er für<br />
den Film keinen Credit hat, wird seine Mitarbeit<br />
permanent und ganz selbstverständlich erwähnt –<br />
genauso, wie man dazu im gleichen Atemzug<br />
immer erzählt bekommt, daß Wu sich geweigert<br />
habe, an dem Film zu arbeiten, als Tsui, <strong>der</strong> den<br />
Film nicht leiden konnte, ihn gegen Woos Willen<br />
umschneiden (lassen) wollte... ein integrer Mann,<br />
schwer hao .<br />
Das zeigt im kleinen, was sich im großen hinter<br />
den Credits Cinema City Collective, bzw. Cinema<br />
City Editing Collective verbirgt: Die für Cinema City<br />
und den Film Workshop entstandenen Werke sind<br />
im besten wie im schlimmsten Sinne Kollektivarbeiten,<br />
an denen irgendwie alle Beteiligten auch an<br />
allen Phasen <strong>der</strong> Produktion teilhatten... Da läßt<br />
sich wenig definitiv sagen, Wu geht sogar soweit<br />
zu behaupten, er habe an <strong>der</strong> Montage sämtlicher<br />
Produktionen des Film Workshop gearbeitet!<br />
Wie alle großen hongkonger Filmschaffenden<br />
ist auch Wu ein Multitalent. Neben seiner Arbeit<br />
als Schnittmeister ist er auch ein gefragter Schauspieler<br />
(als ihn Christophe Gans wegen seiner Mitarbeit<br />
an „Crying Freeman“ kontaktierte, dachte<br />
er zuerst, er solle in dem Film auftreten), ein profilierter<br />
Regisseur, sowie ein sehr populärer Fernsehkomiker<br />
(er steckt hinter einer Comedy-Show,<br />
die er selbst als lokale Variante von „Wayne’s<br />
World“ bezeichnet).<br />
1981: Wu ting/The Club (Schnitt; R: Kirk Wong Chikeung)<br />
1982: Shachu Xiyingpan/Coolie Killer (Schnitt, Musik; R: Terry Tong)<br />
1983: Da leitai/Health Warning (Schnitt; R: Kirk Wong Chikeung)<br />
1985: Daghong duang/Working Class (Schnitt; R: Tsui Hark)<br />
1986: Dao ma dang/Peking Opera Blues (Schnitt; R: Tsui Hark)<br />
Yingxiong benxi/A Better Tomorrow (Schnitt; R: John Woo Yusen)<br />
Meigui de gushi/Rose (Schnitt; R: Yang Fan)<br />
1987: Qian nu yiu wu/A Chinese Ghost Story (Schnitt; R: Ching Siutung)<br />
Yingxiong benxi II/A Better Tomorrow II (Schnitt; R: John Woo Yusen)<br />
Jianyue fengyun/Prison on Fire (Schnitt; R: Ringo Lam Lingtung)<br />
Weisili chuanqi/Legend of Wisely (Schnitt; R: Teddy Robin)<br />
1988: Chang shi he jing/The Big Heat<br />
(Schnitt, Mitarbeit an <strong>der</strong> Musik; R: Andrew. Kam Yeungwah & Johnny. To Kuifung)<br />
Baxing baoxi/The Eighth Happiness; (Schnitt; R: Johnny To Kuifung)<br />
Tin lo dei mong/Gunmen (Darsteller,Schnitt; R: Kirk Wong Chikeung)<br />
Ta nan ren jao jin/Diary of a Big Man (Schnitt; R: Chu Yuan)<br />
Jixu Tiaowu/Keep on Dancing (Schnitt; R: Leong Pochih)<br />
1989: Yingxiong benxi III/A Better Tomorrow III (Schnitt; R: Tsui Hark)<br />
Renzai shuanghong/The Killer (Schnitt; R: John Woo Yusen)<br />
1990: Xiao ao jiang hu/Swordsmen<br />
(Schnitt; R: King Hu Kamshu, Tsui Hark, Ching Siutung,<br />
Raymond Lee Waiman, Ann Hui/Xu Anhua)<br />
Zhong ri nan bei he/Spy Games (Regie)
1991: Zhong heng zhi hai/Once a Thief (Schnitt; R: John Woo Yusen)<br />
1992: Lashou shentan/Hard Boiled (Schnitt; R: John Woo Yusen)<br />
1994: Spitfire (Darsteller; R: Albert Pyun)<br />
1994: Bai fa muo nu chuan/The Bride With the White Hair<br />
(Buch & Schnitt; R: Ronny Yu Yantai)<br />
1995: Bai fa muo nu chuan II/The Bride With the White Hair<br />
(Schnitt; Buch & R: David Wu Waitai & Ronny Yu Yantai)<br />
Crying Freeman (Schnitt; R: Christophe Gans)<br />
1996: Tasan ruan/TriStar (Schnitt; R: Tsui Hark)<br />
1997: Warriors of Virtue (Schnitt; R: Ronny Yu Yantai)<br />
Patrick O’Hearn (Musik)<br />
Der 1954 in Kalifornien geborene Patrick<br />
O’Hearn ist ein sehr vielseitig talentierter Mann,<br />
und seine Filmmusiken bilden davon nur eine kleine<br />
Facette. So hat er beispielsweise 1988 mit „Between<br />
Two Worlds“ auch ein Ballet komponiert, und<br />
1994 die Musik für das Theaterstück „Simpatico“<br />
geschrieben.<br />
O’Hearn erhielt bereits einige Grammy Awards<br />
für seine Aufnahmen bei Private Music und bei seinem<br />
eigenen Label „Deep Cave Records“. Er<br />
gehörte zu einem <strong>der</strong> wichtigsten Musiker bei Private<br />
Music, in einer Zeit, wo – vor allem in Amerika<br />
– New Age Music in aller Munde war.<br />
Er hat u.a. zusammen mit Ravi Shankar, Dexter<br />
Gordon und Frank Zappa gespielt, ist auch mit<br />
ihnen aufgetreten. So jemand wird natürlich für den<br />
Emmy nominiert. Alles in allem zeugt die Wahl des<br />
Komponisten vom erlesenen Geschmack des Christophe<br />
Gans!<br />
Die New Age Music von damals kehrt heute in<br />
einer etwas geän<strong>der</strong>ten Form wie<strong>der</strong> zurück. Sie<br />
hat nichts mehr mit Meditationsmusik zu tun. Jazz,<br />
World Music und sogar Rock Musik sind hier eng<br />
miteinan<strong>der</strong> verknüpft. Der Soundtrack zu Crying<br />
Freeman ist hierfür ein gutes Beispiel.<br />
Filmographie<br />
1992: White Sands (R: Roger Donaldson)<br />
1993: Silent Tongue (R: Sam Shepard)<br />
1993: Fatherhood (R: Darrel Roodt)<br />
1995: Crying Freeman (R: Christophe Gans)<br />
Der Soundtrack ist erschienen auf CD<br />
bei BMG Aris Ariola, Bestell-Nr. 743-21-37750-2<br />
Im Fachhandel erhältlich<br />
19
<strong>Mark</strong> <strong>Dacascos</strong> (Yo Hinomura)<br />
<strong>Mark</strong> <strong>Dacascos</strong> ist, ähnlich dem zu früh verstorbenen<br />
Brandon Lee, ein Mann dazwischen, und auch<br />
ein Mann jenseits von Grenzen und Genres... Selten<br />
schien es so klar, daß jemand für eine Rolle<br />
geboren wurde, und ist es nicht überhaupt auffällig<br />
und erstaunlich, wie ähnlich sich <strong>der</strong> manga-Charakter<br />
und <strong>der</strong> Schauspieler sehen? Vielleicht liegt<br />
es einfach daran, daß – wußte es das Filmteam nun<br />
o<strong>der</strong> nicht – Gans und die seinen nach exakt <strong>der</strong>selben<br />
Typenkurzbeschreibung suchten, mit <strong>der</strong><br />
sich damals auch Koike und Ikegami an die Arbeit<br />
machten: Yo Hinomura, die vollkommene Mischung<br />
aus Bruce Lee und Alain Delon. Paßt, und man<br />
kommt aus dem Staunen über <strong>Mark</strong> <strong>Dacascos</strong> einfach<br />
nicht heraus.<br />
<strong>Mark</strong> <strong>Dacascos</strong> scheint eine absolut atemberaubende<br />
Familiengeschichte zu haben, ist er doch<br />
irisch-japanisch-chinesisch-spanisch-philippinischer<br />
Abstammung. Geboren wurde er dann auch in<br />
Hawaii, jenem seltsamen Grenzland zwischen den<br />
USA und Japan, wo einige <strong>der</strong> weltbesten Sumo-<br />
Kämpfer herkommen. <strong>Dacascos</strong>’ Eltern waren bei-<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
1985: Dim Sum (R: Wayne Wang)<br />
1989: American Samurai (R: Sam Firstenberg)<br />
1993: Only the Strong (R: Sheldon Lettich)<br />
1994: Dragstrip Girl (R: Mary Lambert)<br />
1994: Double Dragon (R: James Yukich)<br />
1995: Crying Freeman (R: Christophe Gans)<br />
1996: The Island of Dr. Moreau (R: John Frankenheimer)<br />
20<br />
de berühmte Kampfkunst-Meister; seine Mutter wurde<br />
fünfmal in Folge zur Kampfkünstlerin Nr.1<br />
ernannt, sein Vater, <strong>der</strong> mit Bruce Lee trainierte,<br />
wurde in die Black Belt Hall of Fame aufgenommen.<br />
<strong>Dacascos</strong> wurde von seinen Eltern trainiert,<br />
sein erstes Tournier bestritt er mit sieben, mit neun<br />
gewann er das Long Beach International. 1980-82<br />
entschied er sowohl die offenen italienischen Meisterschaften<br />
wie auch die offenen Europameisterschaften<br />
im Kung Fu im Mittelgewicht für sich.<br />
Zu weiteren sportlichen Ehren gelangte er außerdem<br />
im Turnen, als er mit dem L.A.Valley College-<br />
Team auf den nationalen Meisterschaften eine Silbermedaille<br />
holte.<br />
Nach seinen spektakulären sportlichen Erfolgen in<br />
Europa verließ <strong>Dacascos</strong> die Welt des Tourniersports<br />
und widmete sich ausschließlich <strong>der</strong> Schauspielerei;<br />
sein Kinodebut gab er in Wayne Wangs<br />
humorvollem Drama „Dim Sum“, es folgten primär<br />
Rollen in Unterhaltungsfilmen. Außerdem hatte er<br />
mehrfach Gastrollen in Fernsehserien, u.a.“General<br />
Hospital“ und „Dragnet“.
Julie Condra (Emu O’Hara)<br />
In „Crying Freeman“ spielt das texanische Spitzenmodel<br />
Julie Condra zum ersten mal eine Hauptrolle<br />
in einem Kinofilm – was sie (die Haare ein bisschen<br />
verän<strong>der</strong>t, die richtige Brille...) auch ihrer<br />
frappierenden Ähnlichkeit mit dem manga-Charakter<br />
verdankt. Neben einigen kleinen Auftritten in<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
1992: Gas, Food, Lodging (R: Allison An<strong>der</strong>s<br />
1995: Crying Freeman (R: Christophe Gans)<br />
Yoko Shimada (Lady Hanada)<br />
Yoko Shimada dürfte den meisten Nicht-Japanern<br />
vor allem durch ihre Rolle als Mariko – <strong>der</strong><br />
schönen, aber letztlich unerreichbaren Geliebten<br />
John Blackthorns (Richard Chamberlain) – in dem<br />
TV-Mehrteiler „Shogun“ bekannt sein, vielleicht<br />
auch noch aus „The Hunted“ – und das war’s im<br />
Großen und Ganzen. In Japan ist sie ein Superstar,<br />
vor allem im Fernsehen, sie erhielt 1975, 1980<br />
und 1981 mehrere wichtige TV-Auszeichnungen für<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
1976: Inugami-ke no ichizoku (R: Kon Ichikawa)<br />
1978: Suna no utsuwa (R: Yoshitaro Nomura)<br />
1980: Shogun (TV-Serie, auch Kinofassung; R: Jerry London)<br />
1995: The Hunted (R: J.F.Lawton)<br />
Crying Freeman (R: Christophe Gans)<br />
Kinofilmen – <strong>der</strong> einzige bedeutende davon ist in<br />
„Gas, Food, Lodging“ –, war Julie Condra vor<br />
allem in TV-Shows zu sehen, u.a. „The Tracy Ullman<br />
Show“, „Married With Children“ und „Won<strong>der</strong><br />
Years“.<br />
ihre darstellerische Kunst.<br />
Geboren in Kumamoto (Stadt), zog sie im Alter<br />
von acht Jahren mit ihren Eltern nach Tokyo. Auf<br />
dem Gymnasium war sie Mitglied <strong>der</strong> Theatergruppe,<br />
nach Beendigung <strong>der</strong> Schule studierte sie<br />
Schauspiel. Mit 18 wird sie unter 12.740 Bewerberinnen<br />
für die Hauptrolle in einer Fernsehserie<br />
ausgewählt – <strong>der</strong> Erfolg kommt über Nacht, <strong>der</strong><br />
Rest ist japanische Geschichte...<br />
21
Tcheky Karyo (Inspector Netah)<br />
Tcheky Karyo dürfte mittlerweile zu den international<br />
meistbeschäftigten französischen Schauspielern<br />
gehören. Geboren 1953 in Istambul, absolvierte<br />
er eine Schauspielausbildung am pariser<br />
Theatre Cyrano unter Daniel Sorano. Von dort aus<br />
wechselte er an das Nationaltheater Straßburg. In<br />
jener Zeit beginnt er auch, Aikido zu trainieren.<br />
Davon abgesehen, daß er dadurch einen einzigartigen<br />
Sinn für Raumbeherrschung erlangte, kann er<br />
sich nun auch bei seinen Actionrollen relativ mühelos<br />
auf die Präsentation verschiedenster Kampfsportarten<br />
einstellen.<br />
Sein Kinodebut gab er 1981 an <strong>der</strong> Seite von<br />
Gerard Depardieu in „Le Retour de Martin Guerre“,<br />
<strong>der</strong> zweiten Kinoarbeit des vornehmlich für’s<br />
Fernsehen tätigen Regisseur Daniel Vigne; ein<br />
Überraschungserfolg, <strong>der</strong> mit Jon Amiels „Som-<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
1981: Le Retour de Martin Guerre (R: Daniel Vigne)<br />
Toute une nuit (R: Chantal Akerman)<br />
1982: La Balance (R: Bob Swaim)<br />
1983: La Java des ombres (R: Romain Goupil)<br />
1984: La Nuit de la pleine lune (R: Eric Rohmer)<br />
Le Matelot 512 (R: Rene Allio)<br />
L’Amour braque (R: Andrzej Zulawsky)<br />
1985: La Mode mode d’emploi (R: William Klein)<br />
Bleu comme l’enfer (R: Yves Boisset)<br />
1986: Etats d’ame (R: Jacques Fansten)<br />
1987: L’Ours (R: Jean-Jacques Annaud)<br />
1988: Australia (R: Jean-Jacques Andrien)<br />
Corps perdu (R: Eduardo de Gregorio)<br />
1989: Nikita (R: Luc Besson)<br />
1990: Isabelle Eberhart (R: Ian Pringle)<br />
1991: La Villa de venerdi (R: Mauro Bolognini)<br />
1992: 1492 (R: Ridley Scott)<br />
And the Band Played On (R: Roger Spottiswoode)<br />
1993: Nostradamus (R: Roger Christian)<br />
L’Ange Noir (R: Jean-Claude Brisseau)<br />
1994: Colpo di luna (R: Alberto Simone)<br />
Bad Boys (R: Michael Bay)<br />
1995: Crying Freeman (R: Christophe Gans)<br />
1996: Habitat/a.k.a. Ecophoria (R: Rene Daal<strong>der</strong>)<br />
To Have and to Hold (R: John Hillcoat)<br />
22<br />
mersby“ 1994 auch ein amerikanisches Remake<br />
nach sich zog, und überhaupt Vignes einzige<br />
bemerkenswerte Arbeit blieb. Ein Jahr später schon<br />
wird Karyo mit seiner ersten Cesar-Nominierung für<br />
seine Rolle in Bob Swaims eisigen Polizeifilm „La<br />
Balance“ belohnt.<br />
Bis 1987 arbeitet Karyo vornehmlich mit Kunstfilm-Regisseuren<br />
zusammen, <strong>der</strong> internationale<br />
Durchbruch gelingt ihm dann als einzigem menschlichen<br />
Darsteller in Annauds „L’Ours“; Bessons<br />
„Nikita“ festigt diese Stellung.<br />
In <strong>der</strong> Folge adelt Karyo viel Unsinn mit seiner<br />
Anwesenheit, schafft sich mit seiner Teilnahme an<br />
Unternehmungen wie „Bad Boys“ gewisse Freiräume,<br />
um dann mit eher extrem-exzentrischen Regisseuren<br />
wie Rene Daal<strong>der</strong> o<strong>der</strong> John Hillcoat arbeiten<br />
zu können.
Masaya Kato (Ryuji Hanada)<br />
Vor seiner Schauspieler-Karriere arbeitete<br />
Masaya Kato als Model. Sein Kino-Debut gab er<br />
1988 neben einigen Tieren in dem Kin<strong>der</strong>film<br />
„Shiro to Marylin“. Danach folgten dann Rollen, in<br />
denen <strong>der</strong> gut durchtrainierte Boxer, Schwertfechter<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
1988: Shiro to Marylin (R: Junichi Suzuki)<br />
1993: Crime Broker (R: Ian Barry)<br />
1994: Seventh Floor (R: Ian Barry)<br />
1995: Crying Freeman (R: Christophe Gans)<br />
Mako (Shudo Shimazaki)<br />
Mako (bürgerlich: Makoto Iwamatsu) wurde<br />
1933 in Kobe geboren. Nach einer Schauspielausbildung<br />
am Pasadena Playhouse trat er in mehreren<br />
Broadway-Produktionen sowie in Fernsehserien<br />
(u.a. in „Columbo“ als ein gewisser Mr. Ozu)<br />
auf. 1965 gründete er die East West Players, eine<br />
berühmte, ausschließlich aus Amerikanern asiatischer<br />
Abstammung bestehende Theatertruppe.<br />
Nachdem <strong>der</strong> große Hollywood-Regisseur<br />
Robert Wise Mako in einer Theateradaption des<br />
Filmographie (Auswahl)<br />
1966: The Sand Pebbles (R: Robert Wise)<br />
1969: The Hawaiian (R: Tom Gries)<br />
1974: Island at the Top of the World (R: Robert Stevenson)<br />
1975: The Killer Elite (R: Sam Peckinpah)<br />
1977: Columbo: Mur<strong>der</strong> Un<strong>der</strong> Glass (R: Jonathan Demme)<br />
1980: Hito hata – Raise the Banner (R: Robert Nakamura, Duane Kubo)<br />
The Big Brawl (R: Robert Clouse)<br />
1982: Conan the Barbarian (R: John Milius)<br />
1983: Death Ride to Osaka (R: Jonathan Kaplan)<br />
1984: Conan the Destroyer (R: Richard Fleischer)<br />
1985: Kung Fu – The Movie (R: Richard Lang)<br />
1986: P.O.W. – The Escape (R: Gideon Amir)<br />
1987: Silent Assasins (R: I Duyong)<br />
1988: Tucker – The Man and His Dream (R: Francis Ford Coppola)<br />
1990: Pacific Heights (R: John Schlesinger)<br />
1991: Perfect Weapon (R: <strong>Mark</strong> DiSalle)<br />
1992: Sidekicks (R: Aaron Norris)<br />
Robocop 3 (R: Fred Dekker)<br />
1993: Rising Sun (R: Philip Kaufman)<br />
1995: Crying Freeman (R: Christophe Gans)<br />
Dangerous Place (R: Jerry K. Jacobs)<br />
1996: Balance of Power (R: Rick Bennett)<br />
und Kampfkünstler seine Talente mal richtig unter<br />
Beweis stellen konnte. Bei „Crying Freeman“ ließ er<br />
es sich nicht nehmen, sämtliche Stunts selber auszuführen<br />
und in allen Kampfszenen persönlich<br />
anzutreten.<br />
Kurosawa-Meisterwerk „Rashomon“ gesehen hatte,<br />
gab er ihm die zentrale Nebenrolle in <strong>der</strong> brillanten<br />
Vietnamkriegs-Parabel „The Sand Pebbles“ –<br />
Makos Kinodebut, für das er auch direkt mit einem<br />
Golden Globe ausgezeichnet wurde.<br />
Weiterhin arbeitete er neben dem Theater zuverlässig<br />
und konstant an einer Karriere als Nebendarsteller.<br />
Er spezialisierte sich dabei auf finstere<br />
Gewalttäter – und da paßt denn <strong>der</strong> Künstlername,<br />
<strong>der</strong> Mako ist nämlich ein menschenfressen<strong>der</strong> Hai!<br />
23
Danksagung<br />
Anatol Nietschke; Hans Kohl; Virgilio Jaffrate;<br />
Christoph Friedel; Olaf Möller;<br />
...ohne die <strong>der</strong> Film nicht ins Kino gekommen wäre.<br />
Für ihre Mitarbeit und Unterstützung danken wir:<br />
Steffi Hoffmann; Andrea Kirchhartz; Antoinette Köster;<br />
Anke Limprecht; Rüdiger Ruß; Angela Wilden;<br />
Kino in <strong>der</strong> Brotfabrik, Bonn; Filmstiftung NRW; Pro 7<br />
...persönlichen Dank an:<br />
Thomas Egle; Rolf Hilkemeijer;<br />
Rossi Schreiber; Metropolitan Filmexport<br />
Plakatentwurf: Dirk Strödel<br />
Satz/Layout: Oliver Bull; Heinz Haese<br />
Filmuntertitel: Film und Video Untertitelung GmbH, H. Lehmann<br />
Lithos: Atelier Frings GmbH, Bonn<br />
Druck: Druckerei Engelhardt, Neunkirchen