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DIPLOMARBEIT - Bundesverband Mediation in Wirtschaft und ...

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Technische Universität Dresden<br />

Fakultät Mathematik <strong>und</strong> Naturwissenschaften<br />

Fachrichtung Psychologie<br />

E<strong>in</strong>e explorative Studie<br />

<strong>DIPLOMARBEIT</strong><br />

zum Thema<br />

zur Akzeptanz von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation <strong>in</strong> Deutschland<br />

Teil 1 – Mediatoren <strong>und</strong> Erfolg<br />

Teil 2 – Unternehmen <strong>und</strong> <strong>Mediation</strong><br />

Katr<strong>in</strong> Lambrette & Melanie Herrmann<br />

Kontakt:<br />

wirtschafts_mediation@gmx.de<br />

Das Copyright liegt bei den Autoren. Der Leser ist berechtigt, persönliche<br />

Kopien für wissenschaftliche oder nichtkommerzielle Zwecke zu erstellen. Jede<br />

weitergehende Nutzung bedarf der ausdrücklichen vorherigen schriftlichen<br />

Genehmigung der Autoren.<br />

Dresden, den 2002-05-01<br />

1


„Der Erfolg des Mediators hängt vom Verkauf dieser<br />

Dienstleistung ab, <strong>und</strong> ob es ihm gel<strong>in</strong>gt, das, was<br />

er verkauft, auch mit Leben zu erfüllen.“<br />

2<br />

E<strong>in</strong> Mediator (2001)<br />

„Der, der es kennt, sieht es positiv, <strong>und</strong> der, der es<br />

nicht kennt, weiß nicht, was er sagen soll.“<br />

E<strong>in</strong> Manager (2001)<br />

„Es ist ke<strong>in</strong> Geheimnis, aber es gibt auch ke<strong>in</strong>en<br />

Gr<strong>und</strong>, h<strong>in</strong>zugehen <strong>und</strong> Kollegen anzuhauen, hast<br />

du schon mal gehört, [...] probier mal. Da soll der<br />

selbst drauf kommen. Wir s<strong>in</strong>d ja auch selbst darauf<br />

gekommen.“<br />

E<strong>in</strong> Syndikusanwalt (2001)


Danksagung<br />

Vielen, vielen Dank an...<br />

� Frau Dr. Kemter für die Betreuung der Arbeit <strong>und</strong> ihre Ermutigungen<br />

� Herrn Professor Dr. Wiendieck, unseren Zweitgutachter<br />

� unsere Interviewpartner, die uns ihre oft sehr knappe Zeit geopfert <strong>und</strong> unsere<br />

Fragen geduldig beantwortet haben – <strong>und</strong> ohne die diese Untersuchung nicht<br />

möglich gewesen wäre<br />

� Walter Becker, Annette Eckes <strong>und</strong> Daniela Hartmann vom Statistischen<br />

B<strong>und</strong>esamt für prompte <strong>und</strong> ausführliche Informationen<br />

� Johannes Müller für se<strong>in</strong>en Laptop, als es nötig war<br />

� Thomas Thiemann, Iona Sachse <strong>und</strong> Falk Scholz für ihr Feedback bei der<br />

Entwicklung der Interviews<br />

� Frau Dr. Ulbricht für ihre fachk<strong>und</strong>ige Beratung <strong>und</strong> tatkräftige Unterstützung bei<br />

der qualitativen Analyse, Herrn Dr. Rudolf <strong>und</strong> Johannes Müller für ihre Hilfe <strong>und</strong><br />

Inspiration bei der quantitativen Analyse<br />

� Zoltán Tanczik für die Idee mit der Stichprobe <strong>und</strong> dafür, dass er für uns<br />

wochenlang auf se<strong>in</strong>en MD-Player verzichtet hat<br />

� Horst Eidenmüller, Christian Duve <strong>und</strong> Hansjörg Schwartz für fachliche <strong>und</strong><br />

persönliche Unterstützung<br />

� He<strong>in</strong>z Dürscheid für die Empfehlung e<strong>in</strong>es Zweitgutachters<br />

� Johannes Müller, Johannes Hacker, Edeltraut <strong>und</strong> Jürgen Herrmann, Susanne<br />

Merkel, Bett<strong>in</strong>a Werner, Erol Akcay <strong>und</strong> Katr<strong>in</strong> Rothe, die Korrektur gelesen <strong>und</strong><br />

dieser Arbeit den letzten Schliff gegeben haben<br />

� die deutsche Gesellschaft für <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong> (DGMW), den<br />

<strong>B<strong>und</strong>esverband</strong> für <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> <strong>Wirtschaft</strong> <strong>und</strong> Arbeitswelt (BMWA) <strong>und</strong> die<br />

Centrale für <strong>Mediation</strong> (CfM) , die unsere Fragebögen verschickt haben<br />

� Xavier Legros, der Indikatoren für die Klassifizierung der Unternehmen<br />

vorgeschlagen <strong>und</strong> ihre Beschreibung fachlich kontrolliert hat<br />

� Peter Andreas für die computertechnische Unterstützung<br />

� <strong>und</strong> natürlich an alle Babysitter: Johannes, Johannes, Peggy, Ilona, Sebastian,<br />

Katr<strong>in</strong>, G<strong>und</strong>ula, Andrea, Raja <strong>und</strong> Peter<br />

3


Inhaltsverzeichnis<br />

Danksagung I<br />

Kurzreferat/Abstract II<br />

Inhaltsverzeichnis V<br />

Abkürzungsverzeichnis VII<br />

1 E<strong>in</strong>leitung 1<br />

2 Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen 4<br />

2.1 <strong>Mediation</strong><br />

4<br />

Seite<br />

2.1.1 Was ist <strong>Mediation</strong>? 4<br />

2.1.2.1 Entwicklung <strong>in</strong> den USA 8<br />

2.1.2.2 <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> anderen Ländern 9<br />

2.1.2.3 <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> Deutschland 10<br />

2.1.2 Entwicklung 8<br />

2.1.3 Ablauf e<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong> 11<br />

2.1.4 Vor- <strong>und</strong> Nachteile 13<br />

2.1.5 Eignung<br />

14<br />

2.1.6 Rolle des Mediators 15<br />

2.1.7 Abgrenzung 17<br />

2.1.8 Vermarktung von <strong>Mediation</strong> 21<br />

2.2 Akzeptanz 24<br />

2.2.1 Innovation – Def<strong>in</strong>itionen <strong>und</strong> Theorien 24<br />

2.2.2 Akzeptanz 26<br />

2.2.3 Die Verbreitung von Innovationen 27<br />

2.2.4 Nutzer von Innovationen 28<br />

3 Fragestellung 30<br />

4 Untersuchungsmethodik 32<br />

4.1 Untersuchungsplan 32<br />

4.1.1 Qualitatives Forschungsdesign 32<br />

4.1.2 Verwendete Erhebungsverfahren 36<br />

4.1.2.1 Die schriftliche Befragung 37<br />

4.1.2.2 Das qualitative Telefon<strong>in</strong>terview 37<br />

4.1.3 Entwicklung der Interviewleitfäden 42<br />

4.1.3.1 Allgeme<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>lagen 42<br />

4.1.3.2 Das Mediatoren-Interview 44<br />

4.1.3.3 Die Unternehmens-Interviews 47<br />

4.1.4 Auswahl der Stichproben 48<br />

4.2 Datenerhebung 52<br />

4.2.1 Schriftliche Befragung 52<br />

4.2.1.1 Stichprobencharakteristik der schriftlichen Befragung 53<br />

4.2.2 Telefonische Interviews 55<br />

4.2.2.1 Stichprobencharakteristik der <strong>in</strong>terviewten Mediatoren 58<br />

4


4.2.2.2 Stichprobencharakteristik der <strong>in</strong>terviewten Unternehmensvertreter 59<br />

4.3 Datenauswertung 63<br />

4.3.1 Quantitative Auswertung 63<br />

4.3.2 Qualitative Auswertung 64<br />

4.3.2.1 Transkribierung 64<br />

4.3.2.2 Der Kodierprozess 64<br />

4.3.2.3 Entwicklung e<strong>in</strong>es Kodiersystems 67<br />

4.4 Diskussion der Untersuchungsmethodik 69<br />

5 Darstellung <strong>und</strong> Interpretation der Ergebnisse 72<br />

5.1 Ergebnisse der schriftlichen Befragung 72<br />

5.1.1 Zur Person 72<br />

5.1.2 Zur Ausbildung 74<br />

5.1.3 Zur Tätigkeit als Mediator 79<br />

5.1.4 Zur Schwierigkeit, Fälle zu f<strong>in</strong>den 84<br />

5.1.5 E<strong>in</strong>flüsse auf Umsatz <strong>und</strong> wirtschaftliche Zufriedenheit 88<br />

5.2 Ergebnisse der Mediatoren-Interviews 95<br />

5.2.1 Zur Person 95<br />

5.2.2 Zur Ausbildung 97<br />

5.2.3 Zur Tätigkeit als Mediator 100<br />

5.2.4 Mögliche Erfolgsfaktoren 105<br />

5.2.4.1 Erfolgsfaktoren bezüglich der Ausbildung 107<br />

5.2.4.2 Erfolgsfaktoren bezüglich der Tätigkeit 108<br />

5.2.4.3 Die Vermarktungsstrategie der „erfolgreichen“<br />

Mediatoren 109<br />

5.2.4.4 Erfolgsfaktoren bezüglich der Kompetenz 118<br />

5.2.4.5 Basis des Erfolgs 121<br />

5.2.5 Fördernde <strong>und</strong> hemmende Akzeptanzfaktoren 121<br />

5.3 Gesamt<strong>in</strong>terpretation der Ergebnisse 125<br />

5.3.1 Personenspezifische Hypothesen 125<br />

5.3.2 Ausbildungsspezifische Hypothesen 125<br />

5.3.3 Tätigkeitsspezifische Hypothesen 126<br />

5.3.4 Vermarktungsspezifische Hypothesen 128<br />

5.3.5 Kompetenzspezifische Hypothesen 132<br />

5.3.6 Akzeptanzspezifische Hypothesen 133<br />

5.4 Diskussion <strong>und</strong> Ausblick 135<br />

5.5 Ergebnisse der Unternehmens-Interviews 138<br />

5.5.1 Zur Person 138<br />

5.5.2 Vergleiche zwischen Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne <strong>Mediation</strong>s-<br />

erfahrung 142<br />

5.5.2.1 Informationsquellen zu Konfliktmanagement <strong>und</strong><br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation 142<br />

5.5.2.2 Veränderungen im Unternehmen 144<br />

5.5.2.3 Konflikte im Unternehmen 145<br />

5.5.2.4 Umgang mit Konflikten im Unternehmen 146<br />

5.5.2.5 Zufriedenheit mit dem bisherigen Konfliktmanagement 149<br />

5.5.2.6 Vorstellungen von <strong>Mediation</strong> 151<br />

5.5.2.7 Externe Mitarbeiter 153<br />

5.5.2.8 Gründe für <strong>und</strong> Bedenken gegen <strong>Mediation</strong> 153<br />

5.5.3 Erfahrungen von Unternehmen mit <strong>Mediation</strong> 155<br />

5


5.5.3.1 Empf<strong>und</strong>ene Neuheit von <strong>Mediation</strong> 155<br />

5.5.3.2 Empf<strong>und</strong>enes Risiko bei der erstmaligen Nutzung<br />

von <strong>Mediation</strong> 156<br />

5.5.3.3 Suche e<strong>in</strong>es geeigneten Mediators 157<br />

5.5.3.4 Erwünschte Eigenschaften des Mediators 157<br />

5.5.3.5 Zufriedenheit mit der <strong>Mediation</strong> 158<br />

5.5.3.6 Kommunikation mit Anderen zum Thema <strong>Mediation</strong> 158<br />

5.6 Interpretation der Ergebnisse der Unternehmens-Interviews 160<br />

5.6.1 Unterschiede zwischen Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung 160<br />

5.6.2 Diffusion von <strong>Mediation</strong> 162<br />

5.6.3 Zufriedenheit deutscher Unternehmen mit ihrem<br />

momentanen Konfliktmanagement 163<br />

5.6.4 Kompatibilität der Vermarktungsstrategien von Mediatoren<br />

mit den Erwartungen der Unternehmen 164<br />

5.7 Konsequenzen für die Vermarktung von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation 167<br />

5.7.1 Strategien der Vermarktung 167<br />

5.7.2 Argumente für <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation 169<br />

5.8 Diskussion <strong>und</strong> Ausblick 171<br />

7 Literaturverzeichnis 176<br />

8 Anhang 182<br />

6


Abkürzungsverzeichnis<br />

ADR Alternative Dispute Resolution (Alternative Streitbeilegung)<br />

BDP B<strong>und</strong> Deutscher Psycholog<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Psychologen<br />

BR Betriebsrat<br />

ESV E<strong>in</strong>igungsstellenverfahren<br />

HGB Handelsgesetzbuch<br />

M. <strong>Mediation</strong>/ Mediator<br />

NBL Neue B<strong>und</strong>esländer<br />

RA Rechtsanwalt<br />

UN Unternehmen<br />

W-<strong>Mediation</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediation<br />

<strong>Mediation</strong>sverbände<br />

BAFM B<strong>und</strong>esarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für Familienmediation<br />

BAFM-Anerkennung Ausbildungsabschluss nach den Standards der BAFM<br />

BMWA <strong>B<strong>und</strong>esverband</strong> für <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> <strong>Wirtschaft</strong> <strong>und</strong> Arbeitswelt<br />

BM <strong>B<strong>und</strong>esverband</strong> <strong>Mediation</strong><br />

BM-Anerkennung Ausbildungsabschluss nach den Standards des BM<br />

CfM Centrale für <strong>Mediation</strong><br />

DGFM Deutsche Gesellschaft für <strong>Mediation</strong><br />

gwmk Gesellschaft für <strong>Wirtschaft</strong>smediation <strong>und</strong> Konflikt-management<br />

7


1 E<strong>in</strong>leitung<br />

8<br />

Das ch<strong>in</strong>esische Wort für<br />

Konflikt besteht aus zwei<br />

e<strong>in</strong>zelnen Zeichen: Risiko <strong>und</strong><br />

Chance. Jeder Konflikt birgt<br />

Gefahren, bietet aber auch die<br />

Möglichkeit zu e<strong>in</strong>em<br />

Neuanfang. So können Konflikte<br />

Beziehungen zerstören, aber auch, nachdem die Probleme geme<strong>in</strong>sam überw<strong>und</strong>en<br />

worden s<strong>in</strong>d, stärken. E<strong>in</strong> Streit stellt die bisherigen Verhältnisse <strong>in</strong> Frage, be<strong>in</strong>haltet<br />

aber auch die Chance zu e<strong>in</strong>er fruchtbaren Neudef<strong>in</strong>ition, wenn der Blick nicht nur <strong>in</strong><br />

die Vergangenheit, sondern auch auf die Zukunft gerichtet wird.<br />

Traditionelle Möglichkeiten der Konfliktbeilegung wie das Gerichts- oder<br />

Schiedsverfahren, die vor allem auf das Ausloten rechtlicher Positionen angelegt<br />

s<strong>in</strong>d, haben sich als nicht für alle Konfliktfälle geeignet erwiesen. Unter anderem<br />

werden sie <strong>in</strong>zwischen häufig als zu langsam, zu kostspielig <strong>und</strong> letztlich im Ergebnis<br />

als zu unbefriedigend angesehen (von Hoyn<strong>in</strong>gen-Huene, 1998, 2000; Budde, 1998;<br />

Montada & Kals, 2001; Lenz & Müller, 1999).<br />

<strong>Mediation</strong> dagegen, e<strong>in</strong> noch recht neues Verfahren, das zuerst <strong>in</strong> den 1960er<br />

Jahren <strong>in</strong> den USA entwickelt wurde (Baruch Bush & Folger, 1994), befasst sich vor<br />

allem mit den Möglichkeiten zur Veränderung, die e<strong>in</strong> Konflikt bietet. Die<br />

Konfliktparteien versuchen unter Anleitung e<strong>in</strong>es neutralen Dritten 1 , geme<strong>in</strong>sam<br />

zukunftsorientierte Lösungen zu f<strong>in</strong>den (Budde, 1998; Duve, 1998; Eyer, 2001; Falk,<br />

1998). Obwohl das Verfahren <strong>in</strong> Deutschland bisher hauptsächlich bei Familien- <strong>und</strong><br />

Scheidungskonflikten genutzt worden ist, f<strong>in</strong>det es auch <strong>in</strong> anderen Bereichen<br />

zunehmend Verbreitung (Risse, 1999), z.B. als Umweltmediation, Schulmediation<br />

(Jeffreys-Duden, 1999), <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation, <strong>Mediation</strong> im Baurecht<br />

<strong>und</strong> politische <strong>Mediation</strong>.<br />

1 In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit durchgängig die männliche Form<br />

verwendet. Geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d natürlich immer Frauen <strong>und</strong> Männer, Mediator<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mediatoren,<br />

Unternehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Unternehmer.


Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Akzeptanz von <strong>Mediation</strong> im <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsbereich. <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitswelt befasst sich sowohl mit<br />

Konflikten <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Unternehmens als auch im Kontakt mit anderen<br />

Unternehmen, K<strong>und</strong>en oder Lieferanten. In den USA <strong>und</strong> <strong>in</strong> manchen europäischen<br />

Ländern wie z.B. den Niederlanden ist sie <strong>in</strong> diesem Bereich bereits recht weit<br />

verbreitet (Risse, 1999; Duve, 1998; von Hoyn<strong>in</strong>gen-Huene, 1998). In Deutschland<br />

steht sie erst am Anfang, obwohl es bereits anerkannte Ausbildungen <strong>und</strong><br />

Studiengänge, Interessenverbände <strong>und</strong> Ansätze der Institutionalisierung gibt (Falk,<br />

1998).<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> Deutschland vor großen<br />

Akzeptanzproblemen zu stehen. Obwohl es <strong>in</strong>zwischen viele gut ausgebildete<br />

Mediatoren gibt, haben diese oft schon <strong>in</strong> der Ausbildung Schwierigkeiten, Fälle zu<br />

f<strong>in</strong>den. Sich für e<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong> zu entscheiden, bedeutet die Abkehr von Vertrautem<br />

<strong>und</strong> das Betreten von Neuland. Herauszuf<strong>in</strong>den, was die Haltung gegenüber<br />

<strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> der deutschen <strong>Wirtschaft</strong> ist <strong>und</strong> wie es Mediatoren schaffen können,<br />

eventuelle Vorurteile <strong>und</strong> Bedenken beiseite zu räumen, ist das Ziel dieser Arbeit.<br />

Diese Arbeit versucht, zu ergründen, was e<strong>in</strong>en erfolgreichen Mediator ausmacht,<br />

ob sich erfolgreiche <strong>und</strong> weniger erfolgreiche Mediatoren anhand ihrer<br />

Vermarktungsstrategien unterscheiden lassen <strong>und</strong> ob diese Vermarktungsstrategien<br />

tatsächlich auf die Interessen <strong>und</strong> Wünsche der angesprochenen Firmen abgestimmt<br />

s<strong>in</strong>d. Zudem wurde untersucht, ob <strong>und</strong> wie sich Firmen, die <strong>Mediation</strong> anwenden,<br />

von solchen, die dies nicht tun, unterscheiden.<br />

Zu diesem Zweck wurden im ersten Teil der Arbeit telefonische Interviews mit<br />

Mediatoren geführt, um deren Vermarktungsstrategien zu erfassen. Die Mediatoren-<br />

Interviews wurden anhand e<strong>in</strong>er schriftlichen Befragung entwickelt, bei der mit Hilfe<br />

von Fragebögen u.a. Informationen zu Ausbildung <strong>und</strong> E<strong>in</strong>kommen der Mediatoren<br />

erfasst wurden, sowie ihre Vermutungen darüber, warum es <strong>in</strong> Deutschland oft noch<br />

schwierig ist, <strong>Mediation</strong>sfälle zu akquirieren.<br />

Im zweiten Teil der Arbeit wurden Unternehmen ebenfalls telefonisch zu ihrem<br />

Umgang mit Konflikten befragt, wobei die Interviewpartner jeweils zur e<strong>in</strong>en Hälfte<br />

9


Unternehmen mit <strong>und</strong> zur anderen Hälfte Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

waren. In diesen Interviews g<strong>in</strong>g es darum, Informationen zum Umgang mit<br />

Konflikten im jeweiligen Unternehmen zu sammeln sowie bei den Unternehmen, die<br />

<strong>Mediation</strong> schon genutzt hatten, Erfahrungen mit diesem Verfahren abzufragen.<br />

Analog zu den Mediatoren-Interviews wurde hier besonders darauf e<strong>in</strong>gegangen, wie<br />

sich der jeweilige Mediator präsentiert hatte <strong>und</strong> was die Gründe waren, sich für ihn<br />

zu entscheiden.<br />

Die Ergebnisse der Arbeit s<strong>in</strong>d demnach dreigeteilt: 1) die Ergebnisse der<br />

schriftlichen Befragung, 2) die Ergebnisse der Mediatoren-Interviews <strong>und</strong> 3) die<br />

Ergebnisse der Unternehmens-Interviews. Die Auswertung der Mediatoren-<br />

Interviews bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Teil 1 dieser Arbeit, die der Unternehmens-Interviews <strong>in</strong><br />

Teil 2.<br />

Die Auswertung der Interviews erfolgte mit Hilfe von qualitativen Methoden (Miles<br />

<strong>und</strong> Huberman 1994, Rub<strong>in</strong> <strong>und</strong> Rub<strong>in</strong> 1995). Hierzu wurde für die Mediatoren- <strong>und</strong><br />

Unternehmens-Interviews jeweils e<strong>in</strong> Kodiersystem erarbeitet, um die qualitativen<br />

Aussagen möglichst systematisch erfassen zu können. Als Objektivitätsmaß wurde<br />

die Interrater-Übere<strong>in</strong>stimmung ermittelt (Greve, 1991).<br />

Diese Diplomarbeit wurde als Geme<strong>in</strong>schaftsarbeit von Katr<strong>in</strong> Lambrette <strong>und</strong><br />

Melanie Herrmann geschrieben. Theorie- <strong>und</strong> Methodenteil sowie die<br />

Interviewleitfäden, der Fragebogen <strong>und</strong> die Auswertung der schriftlichen Befragung<br />

wurden geme<strong>in</strong>sam verfasst <strong>und</strong> entwickelt. In der Auswertung sowie der Darstellung<br />

<strong>und</strong> Diskussion der Ergebnisse übernahm Melanie Herrmann die Mediatoren-<br />

Interviews <strong>und</strong> Katr<strong>in</strong> Lambrette die Unternehmens-Interviews. Alle Interviews<br />

wurden von beiden Diplomand<strong>in</strong>nen kodiert <strong>und</strong> alle Teile der Arbeit gegenseitig<br />

mehrfach überarbeitet <strong>und</strong> diskutiert. Trotz der Teilung der Diplomarbeit <strong>in</strong> Teil 1 <strong>und</strong><br />

Teil 2 ist die Arbeit als e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Werk zu verstehen.<br />

In e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ation der Daten aus den Mediatoren- <strong>und</strong> Unternehmens-Interviews<br />

sollen im Teil 2 abschließend H<strong>in</strong>weise für <strong>Wirtschaft</strong>smediatoren gegeben werden,<br />

wie sich diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art vermarkten können, die Unternehmen anspricht.<br />

10


2 Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen<br />

In diesem Kapitel werden zentrale Themen der <strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> der<br />

Akzeptanzforschung beschrieben. Diese theoretischen Gr<strong>und</strong>lagen dienen als Basis<br />

für die Konzeption der Studie <strong>und</strong> für die Interpretation der empirischen Resultate.<br />

2.1 <strong>Mediation</strong><br />

Zu Beg<strong>in</strong>n wird der Begriff <strong>und</strong> das Verfahren <strong>Mediation</strong> erklärt. Danach gibt<br />

die Arbeit e<strong>in</strong>en Überblick über die Entwicklung der <strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> die momentane<br />

Situation <strong>in</strong> Deutschland. Der dritte Abschnitt befasst sich mit dem Ablauf e<strong>in</strong>er<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation, um anschließend auf Vor- <strong>und</strong> Nachteile von <strong>Mediation</strong><br />

e<strong>in</strong>zugehen. Abschnitt 5 beschäftigt sich mit der Eignung von <strong>Mediation</strong>. Die<br />

Kompetenzen <strong>und</strong> Anforderungen e<strong>in</strong>es Mediators werden im Abschnitt 6 erläutert.<br />

Im Abschnitt 7 wird die Frage der Abgrenzung von bisherigen Konfliktlöseverfahren<br />

beantwortet. Der letzte Abschnitt widmet sich der derzeit vielleicht wichtigsten Frage:<br />

der Vermarktung dieser immer noch relativ unbekannten Dienstleistung.<br />

2.1.1 Was ist <strong>Mediation</strong>?<br />

Sprachlich gesehen bedeutet „<strong>Mediation</strong>“ Vermittlung (lat.: „<strong>in</strong> medias res“<br />

gehen = „<strong>in</strong> die Mitte der D<strong>in</strong>ge“ gehen). Demnach def<strong>in</strong>iert Breidenbach (1995)<br />

<strong>Mediation</strong> als die Vermittlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Konflikt zwischen verschiedenen Parteien mit<br />

dem Ziel der E<strong>in</strong>igung. Mit Unterstützung e<strong>in</strong>es neutralen Dritten, des Mediators,<br />

erarbeiten die Konfliktparteien eigenverantwortlich e<strong>in</strong>e rechtsverb<strong>in</strong>dliche Lösung.<br />

Zur Zeit liegen Theorie <strong>und</strong> Praxis von <strong>Mediation</strong>sverfahren vor allem <strong>in</strong> den<br />

Händen der Juristen, so dass die momentane <strong>in</strong>haltliche Unterteilung der e<strong>in</strong>zelnen<br />

<strong>Mediation</strong>sfelder meist nach Rechtsgebieten erfolgt: Familienrecht –<br />

Familienmediation, Arbeitsrecht – Arbeitsmediation, <strong>Wirtschaft</strong>srecht -<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation etc. (Montada & Kals, 2001).<br />

Bei den Anwendern dieser Dienstleistung hat sich e<strong>in</strong>e theoretische Unterteilung<br />

zwischen Arbeits- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediation noch nicht durchgesetzt. Häufig kann e<strong>in</strong><br />

Mediator oder Forscher sich glücklich schätzen, wenn generell erst e<strong>in</strong>mal bekannt<br />

11


ist, was <strong>Mediation</strong> ist <strong>und</strong> wann sie angewendet wird. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e soll im<br />

Folgenden e<strong>in</strong>e theoretische Abgrenzung versucht werden.<br />

Duve <strong>und</strong> Eidenmüller (2001) beschreiben <strong>Wirtschaft</strong>smediation als „e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>teressenorientierte Verhandlungsunterstützung durch e<strong>in</strong>en neutralen Dritten ohne<br />

Entscheidungskompetenz bei <strong>Wirtschaft</strong>skonflikten“.<br />

Nach dieser weitgreifenden Def<strong>in</strong>ition werden alle Streitigkeiten, die im Umfeld von<br />

<strong>Wirtschaft</strong>sunternehmen auftauchen, zur <strong>Wirtschaft</strong>smediation gezählt. Laut Stubbe<br />

(2001) teilen diese Auffassung auch viele andere Autoren, nur wenige Autoren sehen<br />

dagegen den Schwerpunkt der <strong>Wirtschaft</strong>smediation bei <strong>in</strong>nerbetrieblichen<br />

Konflikten, z.B. Wittschier (1998). Se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach ist weder das e<strong>in</strong>e noch das<br />

andere e<strong>in</strong>e gute Lösung. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e schlägt er die Trennung nach<br />

Henssler <strong>und</strong> Koch (2000) vor, welche zwischen <strong>Mediation</strong> im Zivilrecht<br />

(<strong>in</strong>sbesondere <strong>Wirtschaft</strong>srecht) <strong>und</strong> der <strong>Mediation</strong> im Arbeitsrecht unterscheiden.<br />

Auch bei Breidenbach <strong>und</strong> Henssler (1997) ist die Trennung zwischen <strong>Mediation</strong> im<br />

<strong>Wirtschaft</strong>srecht <strong>und</strong> <strong>Mediation</strong> im Arbeitsrecht zu f<strong>in</strong>den (<strong>in</strong> Stubbe, 2001).<br />

Demzufolge zählen zur <strong>Wirtschaft</strong>smediation im engeren S<strong>in</strong>ne nur Konflikte<br />

zwischen <strong>Wirtschaft</strong>sunternehmen. Laut Budde (1998) können Konflikte dabei<br />

außerhalb des Unternehmens („unternehmensextern“) oder <strong>in</strong>nerhalb des<br />

Unternehmens („unternehmens<strong>in</strong>tern“) auftreten. Bei unternehmensexternen<br />

Konflikten handelt es sich z.B. um Streitigkeiten zwischen Unternehmen, zwischen<br />

Unternehmen <strong>und</strong> Zulieferern oder zwischen Unternehmen <strong>und</strong> Verbrauchern. Bei<br />

unternehmens<strong>in</strong>ternen Konflikten geht es z.B. um Streitigkeiten zwischen<br />

Unternehmensteilen <strong>in</strong> verschiedenen Ländern, zwischen Abteilungen oder zwischen<br />

Geschäftsführern.<br />

Unter den Begriff Arbeitsmediation fällt demnach der <strong>in</strong>nerbetriebliche Teil von<br />

Konflikten, welche sich aus Arbeitsverhältnissen heraus begründen (Budde, 1998).<br />

Arbeitskonflikte s<strong>in</strong>d sowohl <strong>in</strong>dividuelle Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber <strong>und</strong><br />

Arbeitnehmer, Konflikte zwischen Arbeitnehmern derselben oder unterschiedlicher<br />

Hierarchieebenen als auch kollektive Streitigkeiten zwischen Betriebsrat <strong>und</strong><br />

Arbeitgeber, zwischen Gewerkschaften <strong>und</strong> Arbeitgeberverbänden, z.B. <strong>in</strong><br />

Tarifause<strong>in</strong>andersetzungen. E<strong>in</strong>e andere Def<strong>in</strong>ition des Begriffes Arbeitsmediation<br />

12


ietet Stubbe (2001), der sie <strong>in</strong>haltlich von der <strong>Wirtschaft</strong>smediation abgrenzt: <strong>in</strong> der<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation, also bei Konflikten zwischen Unternehmen, gehe es nur um<br />

(f<strong>in</strong>anzielle) Ansprüche, nicht um dah<strong>in</strong>ter liegende Interessen; e<strong>in</strong>e Forderung nach<br />

Geld z.B. sei eben nur e<strong>in</strong>e Forderung nach Geld, nicht mehr. In der<br />

Arbeitsmediation, im <strong>in</strong>nerbetrieblichen Bereich, spielten dagegen Emotionen <strong>und</strong><br />

Interessen e<strong>in</strong>e weitaus größere Rolle. Ob h<strong>in</strong>ter f<strong>in</strong>anziellen Forderungen tatsächlich<br />

nie andere Interessen stehen, mag bezweifelt werden; diese Arbeit ist jedoch nicht<br />

der Raum, <strong>in</strong> dem dies erörtert werden kann.<br />

Charakteristisch für die <strong>Mediation</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en ist die<br />

Eigenverantwortlichkeit der Konfliktparteien (Eyer, 2001; Breidenbach, 1995 u.a.).<br />

Die Betroffenen beteiligen sich aktiv an der Problemlösung, statt nur e<strong>in</strong> Teil des zu<br />

lösenden Problems zu se<strong>in</strong> (Wittmann, 1999). Im Vordergr<strong>und</strong> steht die direkte<br />

Kommunikation zwischen den Parteien (Lenz & Müller, 1999). Der Mediator als<br />

neutraler Dritter unterstützt die Kontrahenten bei ihrer Suche nach selbstbestimmten<br />

Lösungen lediglich strukturell. Er arrangiert das Kommunikationssett<strong>in</strong>g <strong>und</strong> gestaltet<br />

den Lösungsprozess (Falk, 1998), hat dabei aber ke<strong>in</strong>erlei Entscheidungsgewalt<br />

(Falk, 1998; Duve & Eidenmüller, 2001; Lenz & Müller, 1999 u.a.). E<strong>in</strong> weiteres<br />

wichtiges Merkmal der <strong>Mediation</strong> ist die systematische <strong>und</strong> durchstrukturierte<br />

Vorgehensweise (Wittmann, 1999), die später noch genauer erläutert wird. Durch<br />

das Herausarbeiten von Interessen soll e<strong>in</strong> gegenseitiges Verständnis erzeugt<br />

werden, welches die Voraussetzung für e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>vernehmliche Lösung ist. Statt Allesoder-Nichts-Lösungen<br />

geht es <strong>in</strong> der <strong>Mediation</strong> um die Erweiterung des<br />

Lösungsraumes, um die Erörterung von Alternativen (Duve, 1998). Dabei<br />

konzentriert man sich auf den Blick nach vorn. In der <strong>Mediation</strong> beschäftigen sich die<br />

Konfliktparteien weniger mit ihren vergangenen Streitigkeiten, sondern sie schauen,<br />

wie <strong>in</strong> Zukunft Divergenzen zu behandeln s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> wie e<strong>in</strong>e konstruktive<br />

Zusammenarbeit gewährleistet werden kann (Budde, 1998; Duve, 1998; Eyer, 2001;<br />

Falk, 1998). Zuletzt sei noch erwähnt, dass <strong>Mediation</strong> e<strong>in</strong> <strong>in</strong>formelles <strong>und</strong> freiwilliges<br />

Verfahren ist, d.h. die Konfliktparteien legen fest, wo <strong>und</strong> wann man sich trifft <strong>und</strong><br />

worüber verhandelt wird (Bultmann & Schmidt, 2000; Eyer, 2001; Duve &<br />

Eidenmüller, 2001; Falk, 1998; Strempel, 1998).<br />

13


E<strong>in</strong>e der bekanntesten Varianten von <strong>Mediation</strong> ist das sogenannte Harvard-<br />

Konzept (Fisher, Ury & Patton, 1991). An ihm lassen sich gut noch e<strong>in</strong>mal die<br />

Gr<strong>und</strong>pr<strong>in</strong>zipien der <strong>Mediation</strong> erläutern. Das generelle Credo der Autoren ist es,<br />

nicht über Positionen zu verhandeln, sondern sich immer auf die dah<strong>in</strong>ter liegenden<br />

Interessen zu konzentrieren. Dazu ist es beispielsweise notwendig, Menschen <strong>und</strong><br />

Probleme zu trennen, also Beziehungen <strong>und</strong> Sachverhalte nicht mite<strong>in</strong>ander zu<br />

vermischen. Man kann unterschiedlicher Me<strong>in</strong>ung se<strong>in</strong>, aber dennoch e<strong>in</strong>e<br />

funktionierende (Arbeits-) Beziehung haben. Weiterh<strong>in</strong> schlagen die Autoren vor, zu<br />

e<strong>in</strong>em Problem möglichst viele verschiedene Lösungen zu entwickeln <strong>und</strong> sich dann<br />

erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em späteren Schritt, <strong>und</strong> zwar möglichst anhand objektiver Kriterien, für<br />

e<strong>in</strong>e endgültige Lösung zu entscheiden. Im gesamten Prozess spielt die sogenannte<br />

Nichte<strong>in</strong>igungsalternative e<strong>in</strong>e Rolle, d.h. wie akzeptabel e<strong>in</strong>e Lösung ersche<strong>in</strong>t, wird<br />

immer auch daran gemessen werden, wie gut e<strong>in</strong>e Partei dastehen würde, wenn der<br />

Konflikt ungelöst bliebe. E<strong>in</strong>e gute Nichte<strong>in</strong>igungsalternative kann also <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Verhandlung mehr Macht verleihen. Fisher, Ury <strong>und</strong> Patton nennen diesen Prozess<br />

„pr<strong>in</strong>cipled negotiation“, e<strong>in</strong>e Verhandlung nach festgelegten Pr<strong>in</strong>zipien – womit sich<br />

auch die <strong>Mediation</strong> beschreiben ließe, nur dass dort immer e<strong>in</strong> Dritter die E<strong>in</strong>haltung<br />

der Pr<strong>in</strong>zipien überwacht. Die auf diese Weise erreichten Ergebnisse s<strong>in</strong>d den<br />

Autoren zufolge nachhaltiger <strong>und</strong> zufriedenstellender also solche, die mit e<strong>in</strong>er<br />

„wilden“ Verhandlung erzielt werden.<br />

Montada <strong>und</strong> Kals (2001) diskutieren <strong>in</strong> ihrem Buch sehr kritisch e<strong>in</strong>ige<br />

charakteristische Merkmale, von ihnen auch „Mythen“ der <strong>Mediation</strong> genannt. Zum<br />

e<strong>in</strong>en f<strong>in</strong>den sie, dass „Neutralität“ e<strong>in</strong> zu eng gefasster Begriff ist, da <strong>in</strong> bestimmten<br />

Phasen der <strong>Mediation</strong> der Mediator mal der e<strong>in</strong>en, mal der anderen Partei beistehen<br />

<strong>und</strong> stellvertretend deren Positionen oder Anliegen erläutern sollte. E<strong>in</strong>e bessere<br />

Alternative wäre der Begriff „Allparteilichkeit“. E<strong>in</strong> allparteilicher Mediator sei jemand,<br />

der auf der Seite aller Konfliktparteien steht <strong>und</strong> somit mehr Spielraum hat.<br />

In dem Gebot der „<strong>in</strong>haltlichen <strong>und</strong> methodischen Zurückhaltung“ sehen die<br />

Autoren die Gefahr, dass der Mediator sich scheut, aktiv <strong>und</strong> gestaltend zu<br />

<strong>in</strong>tervenieren. Dabei wird e<strong>in</strong> Mediator erst dann h<strong>in</strong>zugezogen, wenn die<br />

Konfliktparteien alle<strong>in</strong> nicht mehr weiterkommen. Montada <strong>und</strong> Kals plädieren für<br />

e<strong>in</strong>e produktive Gestaltungsfreiheit, die es dem Mediator nicht nur gestattet, sondern<br />

14


ihn verpflichtet, das Wissen der „nondirektiven Gesprächsführung“ nach Rogers<br />

(Echtheit, Empathie <strong>und</strong> Wertschätzung) <strong>und</strong> die Techniken der „aktiven<br />

Gesprächsführung“ (Spiegeln, Paraphrasieren etc.) zu nutzen.<br />

E<strong>in</strong>e zentrale Rolle bei der Lösung von Konflikten spielen für Montada <strong>und</strong> Kals die<br />

Emotionen. Werden diese vernachlässigt, können die Tiefenstrukturen des Konflikts<br />

nicht valide ermittelt werden. Konflikte s<strong>in</strong>d emotional, nicht neutral. Die Ermahnung<br />

mancher Mediatoren zur Sachlichkeit ist oft wenig erfolgreich, da die meisten<br />

Menschen ihre Emotionen nicht (völlig) kontrollieren können. Demnach können <strong>und</strong><br />

sollen Emotionen nicht aus dem Prozess herausgehalten werden.<br />

Auch s<strong>in</strong>d die Autoren der Me<strong>in</strong>ung, dass die Beschäftigung mit der<br />

Vergangenheit nützlich ist, um Fehler zu erkennen <strong>und</strong> aus ihnen zu lernen. Sie<br />

bezweifeln, dass e<strong>in</strong>e Zukunft gel<strong>in</strong>gen kann, wenn <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

entstandene Gefühle nicht aufgearbeitet werden. Für nachhaltige Lösungen reicht<br />

ihnen nur der alle<strong>in</strong>ige Blick <strong>in</strong> die Zukunft nicht aus.<br />

2.1.2 Entwicklung<br />

2.1.2.1 Entwicklung <strong>in</strong> den USA<br />

In den Vere<strong>in</strong>igten Staaten gibt es e<strong>in</strong>e lange Tradition der außergerichtlichen<br />

Streitbeilegung: schon zur Zeit der Kolonialisierung gab es anerkannte Mitglieder der<br />

Gesellschaft, die <strong>in</strong> Streitfällen Vermittler-Rollen übernahmen (Duve, 1998). In den<br />

1960er Jahren wurde das Verfahren <strong>Mediation</strong> entwickelt. Wichtige E<strong>in</strong>flüsse waren<br />

dabei zum e<strong>in</strong>en die Bürgerrechtsbewegung, die nach e<strong>in</strong>er Möglichkeit zur<br />

schnellen Beilegung von Streitigkeiten außerhalb des staatlichen Systems suchte,<br />

<strong>und</strong> zum anderen e<strong>in</strong>e Reihe von heftigen Ause<strong>in</strong>andersetzungen zwischen<br />

Arbeitnehmern <strong>und</strong> –gebern (Baruch Bush & Folger, 1994). Anders als <strong>in</strong><br />

Deutschland, wo Familien- <strong>und</strong> Scheidungsmediation immer noch am weitesten<br />

verbreitet ist, begann <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> den USA im <strong>Wirtschaft</strong>sbereich. Die Gründe dafür<br />

s<strong>in</strong>d im Gerichtssystem der Vere<strong>in</strong>igten Staaten zu suchen: dort muss jede Partei<br />

unabhängig vom Verfahrensausgang ihre Anwaltskosten selbst tragen, welche leicht<br />

astronomische Höhen erreichen können. Aufgr<strong>und</strong> von Juryentscheidungen ist e<strong>in</strong><br />

solches Prozessrisiko nur schwer zu kalkulieren (Risse, 1999). Die Suche nach e<strong>in</strong>er<br />

15


Alternative zu Gerichtsprozessen war <strong>in</strong> den USA also e<strong>in</strong> wichtiger Gr<strong>und</strong> für die<br />

Entwicklung von <strong>Mediation</strong>.<br />

Heute f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> den USA im Rahmen des „multi-door-courthouse“ (Risse, 1999)<br />

für jeden Streitfall die geeignete Methode der Beilegung. <strong>Mediation</strong> ist somit nur e<strong>in</strong>e<br />

Möglichkeit im Rahmen der „Alternative Dispute Resolution“ (ADR), wo sich e<strong>in</strong><br />

Kont<strong>in</strong>uum von Verfahren entwickelt hat, die von e<strong>in</strong>em offenen, von den Parteien<br />

bestimmten Ausgang bis zu von e<strong>in</strong>em Dritten getroffenen, für die Parteien<br />

b<strong>in</strong>denden Entscheidungen reicht (Duve, 1998). Nach e<strong>in</strong>er Umfrage der<br />

Unternehmensberatung Deloitte <strong>und</strong> Touche 1996 bevorzugen fast ⅔ der<br />

Unternehmen <strong>Mediation</strong> oder andere ADR-Verfahren zur Streitbeilegung. E<strong>in</strong>er<br />

Umfrage von 1998 zufolge haben 87% von 1000 befragten Unternehmen <strong>in</strong> den<br />

letzten Jahren an e<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong> teilgenommen (Risse, 1999). Viele große<br />

Unternehmen <strong>in</strong> den USA haben sich auch bereits <strong>in</strong> Vertragsklauseln präventiv<br />

verpflichtet, ADR vor dem Gang zum Gericht zu versuchen (von Hoyn<strong>in</strong>gen-Huene,<br />

2000). <strong>Mediation</strong> hat zudem <strong>in</strong> den USA e<strong>in</strong>en hohen Grad der Institutionalisierung<br />

erreicht (Leppert, 1999). Es gibt e<strong>in</strong> großes Netz von <strong>Mediation</strong>sanbietern, die von<br />

durch Stiftungen getragenen <strong>Mediation</strong>szentren bis zu privaten Firmen reichen. In<br />

e<strong>in</strong>igen B<strong>und</strong>esstaaten ist die Durchführung e<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong> bei ger<strong>in</strong>gen<br />

Streitwerten sogar gesetzlich vorgeschrieben, um die Gerichte zu entlasten.<br />

2.1.2.2 <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> anderen Ländern<br />

In Asien spielen außergerichtliche Formen der Streitbeilegung traditionell e<strong>in</strong>e<br />

große Rolle. In Japan gibt es beispielsweise das Chotei-Verfahren, wo Laienrichter <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em gerichtlichen Vorverfahren e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung der Parteien herbeizuführen<br />

versuchen. Ähnlich wie <strong>in</strong> den USA s<strong>in</strong>d hier lange Verfahren <strong>und</strong> hohe Kosten der<br />

Gr<strong>und</strong>, nach anderen Möglichkeiten der Streitbeilegung zu suchen. Den Japanern<br />

wurde zudem nach dem Ende der Kolonialzeit das englische Rechtssystem<br />

übergestülpt – somit waren außergerichtliche Konfliktlösungen auch e<strong>in</strong> Weg, der<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung mit diesem fremden, neuen Rechtssystem zu entgehen. In<br />

Ch<strong>in</strong>a kommt die E<strong>in</strong>leitung e<strong>in</strong>es Gerichtsverfahrens e<strong>in</strong>em Gesichtsverlust gleich<br />

<strong>und</strong> ist daher verpönt, so werden Streitigkeiten seit alters her ohne Hilfe des Gerichts<br />

geschlichtet (Risse, 1999).<br />

16


Als Beispiel für Europa, wo es an vielen Orten Entwicklungen h<strong>in</strong> zur<br />

außergerichtlichen Streitbeilegung gibt (z.B. <strong>in</strong> der neuen englischen<br />

Zivilprozessordnung, die Parteien zur Teilnahme an e<strong>in</strong>em Schieds- oder<br />

<strong>Mediation</strong>sverfahren verpflichtet; vgl. Risse (1999), soll kurz auf die Niederlande<br />

e<strong>in</strong>gegangen werden. Dort gibt es im Gegensatz zur noch wenig e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Struktur <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong> Netz von staatlich f<strong>in</strong>anziell unterstützten<br />

Rechtshilfebüros, die Streitende kostenlos oder gegen e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Beitrag<br />

beraten <strong>und</strong> dabei unterstützen, sich zu e<strong>in</strong>igen. Das Angebot dieser Stellen wird <strong>in</strong><br />

der Öffentlichkeit publik gemacht. Es gibt e<strong>in</strong>e von Großunternehmern <strong>und</strong> dem<br />

Arbeitgeberverband gegründete <strong>und</strong> f<strong>in</strong>anzierte Stiftung, die ADR gerade <strong>in</strong> der<br />

<strong>Wirtschaft</strong> populär machen soll. E<strong>in</strong>es der Resultate ist, dass sehr viele Konflikte<br />

außergerichtlich beigelegt werden <strong>und</strong> die Niederlande nur etwa halb so viele Richter<br />

<strong>und</strong> Anwälte pro E<strong>in</strong>wohner wie Deutschland benötigen (von Hoyn<strong>in</strong>gen-Huene,<br />

1998, 2000).<br />

2.1.2.3 <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

In Deutschland steigt die Zahl der vor Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten<br />

stetig (von Hoyn<strong>in</strong>gen-Huene, 1998). Durch das Monopol, das Rechtsanwälte auf<br />

Rechtsberatung haben, werden Konflikte viel eher als rechtliche Konflikte betrachtet<br />

<strong>und</strong> behandelt – e<strong>in</strong> Netz von Beratungsstellen wie <strong>in</strong> den Niederlanden gibt es nicht.<br />

In der DDR gab es allerd<strong>in</strong>gs bereits die Vorschrift, dass streitende Parteien <strong>in</strong><br />

sogenannten Schiedskommissionen sich zunächst um e<strong>in</strong>e EVL, e<strong>in</strong>e<br />

„eigenverantwortliche Lösung“, selbst kümmern mussten.<br />

Anders als <strong>in</strong> den USA s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Deutschland nicht so starke Strukturdefizite (Risse,<br />

1999) des Rechtssystems vorhanden: wer unterliegt, trägt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verfahren die<br />

Anwaltskosten beider Parteien, Anwaltsgebühren s<strong>in</strong>d begrenzt <strong>und</strong> Prozesse s<strong>in</strong>d<br />

im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich relativ kurz. Daher ist nicht derselbe Leidensdruck<br />

gegeben, der die Suche nach Alternativen zum Gerichtsverfahren beschleunigen<br />

würde.<br />

Nach Risse (1999) werden deutsche Unternehmen vor allem <strong>in</strong> ihren Kontakten zu<br />

amerikanischen <strong>und</strong> asiatischen Geschäftspartnern mit <strong>Mediation</strong> konfrontiert – der<br />

Autor stellt die These auf, dass sich das Verfahren im Kontakt deutscher mit<br />

17


ausländischen Firmen auch schneller als im Inland etablieren werde. Als Verfahren<br />

ist <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> Deutschland seit 1980 bekannt (Strempel, 1998). Inzwischen ist der<br />

<strong>Mediation</strong>sgedanke <strong>in</strong> der Berufsordnung (BORA) <strong>und</strong> der Fachanwaltsordnung<br />

(FAO) der B<strong>und</strong>esrechtsanwaltskammer enthalten.<br />

Falk (1998) stellt fest, dass <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e Inflation des Begriffes <strong>Mediation</strong> zu<br />

verzeichnen ist – Vertreter aller möglichen Professionen versuchen, sich damit zu<br />

assoziieren <strong>und</strong> ihre „Reviere“ abzustecken. Noch gibt es ke<strong>in</strong> klares Berufsbild des<br />

Mediators oder e<strong>in</strong>e vorgeschriebene Ausbildungsordnung, <strong>und</strong> noch kann sich auch<br />

jeder Mediator nennen, ob er e<strong>in</strong>e Ausbildung hat oder nicht. E<strong>in</strong>e Etablierung des<br />

Berufsbildes ist jedoch – wie z.B. beim Psychologischen Psychotherapeuten bereits<br />

geschehen – zu erwarten.<br />

Es gibt ke<strong>in</strong>e gesicherten Angaben, wie weit <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> Deutschland tatsächlich<br />

verbreitet ist. Zwar gibt es <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>e Reihe von (kommerziellen <strong>und</strong> nichtkommerziellen)<br />

<strong>Mediation</strong>sverbänden, die allerd<strong>in</strong>gs auch ke<strong>in</strong>e Angaben zur<br />

absoluten Verbreitung des Verfahrens machen konnten. E<strong>in</strong>e Erhebung zu diesem<br />

Thema würde wohl auch durch das Vertraulichkeitspr<strong>in</strong>zip von <strong>Mediation</strong> erschwert<br />

werden. So s<strong>in</strong>d gerade <strong>Wirtschaft</strong>sunternehmen sehr darauf bedacht, ihre<br />

Streitigkeiten nicht der Öffentlichkeit preiszugeben. Insgesamt lässt sich aber e<strong>in</strong>e<br />

steigende Tendenz im Wissen um <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Nutzung von <strong>Mediation</strong> festmachen<br />

(Falk, 1998) – auch wenn der Begriff von vielen immer noch mit Meditation<br />

verwechselt wird.<br />

2.1.3 Ablauf e<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong><br />

Es kann davon ausgegangen werden, dass es aufgr<strong>und</strong> der hohen Flexibilität<br />

des Verfahrens wahrsche<strong>in</strong>lich so viele Formen <strong>und</strong> Stile wie Mediatoren gibt (Duve,<br />

1998). In der Literatur f<strong>in</strong>den sich meist fünf- bis siebenstufige Modelle zum Ablauf<br />

der <strong>Mediation</strong>, die sich je nach Gebiet der <strong>Mediation</strong> ger<strong>in</strong>gfügig unterscheiden.<br />

Exemplarisch soll der Ablauf e<strong>in</strong>er <strong>Wirtschaft</strong>smediation nach Eidenmüller (2000)<br />

dargestellt werden.<br />

Die erste Phase ist die Eröffnungsphase durch den Mediator. Er erläutert das<br />

Verfahren <strong>und</strong> legt geme<strong>in</strong>sam mit den Konfliktparteien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

18


<strong>Mediation</strong>svere<strong>in</strong>barung deren Rechte <strong>und</strong> Pflichten <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mediatorvertrag<br />

die Rechte <strong>und</strong> Pflichten des Mediators fest.<br />

Phase 2 dient der geme<strong>in</strong>samen Erörterung der Sach- <strong>und</strong> Rechtslage, <strong>in</strong> der sich<br />

die Parteien bef<strong>in</strong>den. Der Mediator wird die <strong>Mediation</strong> regelmäßig mit e<strong>in</strong>er<br />

Bestandsaufnahme h<strong>in</strong>sichtlich der konkreten Verhandlungs- bzw. Konfliktsituation<br />

beg<strong>in</strong>nen. Die Bestandsaufnahme betrifft zum e<strong>in</strong>en die Inhaltsebene, d.h. um<br />

welche Themen geht es <strong>und</strong> zum anderen die Beziehungsebene , d.h. können die<br />

Beteiligten noch mite<strong>in</strong>ander reden. Die Erörterung der Rechtslage hat <strong>in</strong> der<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation e<strong>in</strong>e stärkere Gewichtung als z.B. <strong>in</strong> der Familienmediation.<br />

In der dritten Phase wird konkret nach den Interessen der Beteiligten gefragt,<br />

sowohl auf der Sach- als auch auf der Beziehungsebene. Es wird herausgearbeitet,<br />

worum es den Beteiligten wirklich geht, was ihnen wichtig <strong>und</strong> was ihnen weniger<br />

wichtig ist. Mähler <strong>und</strong> Mähler (2001) gehen davon aus, dass, je mehr e<strong>in</strong><br />

Konfliktpartner von sich selbst <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Interessen mitteilt, es umso eher möglich<br />

<strong>und</strong> wahrsche<strong>in</strong>lich ist, dass se<strong>in</strong>e Interessen am Ende sich <strong>in</strong> der vertraglichen<br />

Vere<strong>in</strong>barung wiederf<strong>in</strong>den. Da <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong> weniger offen mit den eigenen<br />

Interessen <strong>und</strong> Beweggründen umgegangen wird, werden hier auch E<strong>in</strong>zelgespräche<br />

mit den Beteiligten geführt. Diese „shuttle diplomacy“ oder „causus“ genannte<br />

Vorgehensweise ist <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong>smediation völlig üblich (Stubbe, 2001). Der<br />

Mediator übermittelt der anderen Partei nur die Informationen, die nach dem Willen<br />

der <strong>in</strong>formationsgebenden Partei weitergegeben werden dürfen <strong>und</strong> sollen. Das<br />

E<strong>in</strong>zelgespräch ist e<strong>in</strong>e umstrittene Methode, da auf diese Art ke<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />

Verständnis von dem Konflikt erarbeitet werden kann, welches für die Suche nach<br />

e<strong>in</strong>vernehmlichen Lösungen von großer Bedeutung ist.<br />

Phase 4 beschäftigt sich mit der Problemlösung. Geme<strong>in</strong>sam suchen die<br />

Konfliktparteien nun nach Lösungen, die beide Interessenlagen berücksichtigen. Der<br />

Mediator versucht an dieser Stelle, die Parteien dabei zu unterstützen, den Blick<br />

möglichst weit aufzumachen. Er erarbeitet geme<strong>in</strong>sam mit den Parteien, wie viele<br />

verschiedene Lösungsalternativen es für e<strong>in</strong> anfänglich unlösbar sche<strong>in</strong>endes<br />

Problem geben kann. Wichtig ist dabei, die Lösungssuche von der<br />

Lösungsbewertung zu trennen, da es sich um zwei gegensätzliche Prozesse handelt.<br />

19


Bei der Lösungssuche bedarf es e<strong>in</strong>es hohen Maßes an Offenheit,<br />

Experimentierbereitschaft <strong>und</strong> Kreativität, während der Vorgang des Bewertens e<strong>in</strong>e<br />

Verengung der Perspektiven <strong>und</strong> Selektion bedeutet.<br />

In der Phase 5 f<strong>in</strong>det die E<strong>in</strong>igung auf e<strong>in</strong>e der Alternativen statt. Diese wird dann<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Mediation</strong>svergleich vertraglich festgehalten, so dass sie auch vor Gericht<br />

standhalten kann.<br />

2.1.4 Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />

Gerade im <strong>Wirtschaft</strong>sbereich kann <strong>Mediation</strong> e<strong>in</strong>e schnelle, praxisorientierte <strong>und</strong><br />

kostengünstige Alternative se<strong>in</strong>. Durch die Nicht-Öffentlichkeit <strong>und</strong> die<br />

Vertraulichkeitserklärung aller Beteiligten kann e<strong>in</strong> Imageverlust verh<strong>in</strong>dert werden.<br />

Im Zentrum steht nicht die Schuldfrage, sondern die wirtschaftlich wesentlich<br />

wichtigere Frage: „Wie soll es weitergehen?“ (Budde, 1998). Gerade dieser<br />

zukunftsorientierte Blick ist e<strong>in</strong> sehr unternehmerischer Gedanke. Dem Argument,<br />

dass <strong>Mediation</strong> weitaus billiger als e<strong>in</strong> Gerichtsverfahren ist, stehen Praktiker<br />

zwiespältig gegenüber, da vor allem im <strong>Wirtschaft</strong>sbereich meist auch Anwälte der<br />

Konfliktparteien an der <strong>Mediation</strong> teilnehmen <strong>und</strong> im Falle e<strong>in</strong>es Scheiterns die<br />

Prozesskosten zusätzlich auf die Parteien zukommen. In Fachzeitschriften f<strong>in</strong>den<br />

sich dennoch e<strong>in</strong>ige Beispielrechnungen, <strong>in</strong> denen belegt wird, dass <strong>Mediation</strong> meist<br />

die kostengünstigere Alternative für Unternehmen ist (Duve & Eidenmüller, 2001;<br />

Hemm<strong>in</strong>g, 1999). Weitere Vorteile s<strong>in</strong>d die Kontrolle über das Ergebnis, da der<br />

Mediator ke<strong>in</strong>e Entscheidungsbefugnis hat (Duve, 2000; Filner, 1998; Haynes, 1998;<br />

Montada & Kals, 2001), die Aufrechterhaltung der (Geschäfts-)Beziehungen (Filner,<br />

1998; Haynes, 1998; Streckhardt & Malakas, 1999) <strong>und</strong> die größere<br />

Ergebniszufriedenheit aufgr<strong>und</strong> des hohen Eigenanteils bei der Erarbeitung der<br />

Konfliktlösung (Filner, 1998; Strempel, 1998).<br />

Dennoch dürfen Grenzen <strong>und</strong> Nachteile nicht übersehen werden. Die Offenlegung<br />

entscheidungsrelevanter Tatsachen kann dazu führen, dass Unternehmen<br />

ausgeforscht werden <strong>und</strong> ungewollt <strong>in</strong>time Informationen an den Gegner gelangen<br />

(Lenz & Müller, 1999). Diese Informationen können dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gerichtlichen<br />

Verfahren missbraucht werden (Mähler & Mähler, 2001). Auch kann der Mediator als<br />

Zeuge geladen werden (Lenz & Müller, 1999; Mähler & Mähler, 2001). Um dies zu<br />

20


vermeiden, sichern sich die Konfliktpartner <strong>in</strong> der <strong>Mediation</strong>svere<strong>in</strong>barung <strong>in</strong> der<br />

Regel zu, dass die Informationen vertraulich behandelt werden <strong>und</strong> der Mediator<br />

nicht als Zeuge benannt werden darf. Laut Eidenmüller (<strong>in</strong> Mähler & Mähler, 2001),<br />

bezieht sich diese Vertraulichkeitsverpflichtung nicht auf Tatsachen, die auch ohne<br />

<strong>Mediation</strong> beweisbar wären <strong>und</strong> /oder die e<strong>in</strong>er rechtlichen Auskunftspflicht<br />

unterliegen. Insofern schützt die <strong>Mediation</strong>svere<strong>in</strong>barung die Konfliktparteien nur<br />

partiell. Dies sei allerd<strong>in</strong>gs eher e<strong>in</strong> theoretisches als e<strong>in</strong> praktisches Problem. Der<br />

Gr<strong>und</strong> ist das Pr<strong>in</strong>zip der Reziprozität: da jeder Konfliktpartner e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> etwa gleichen<br />

Informationsstand hat, ist er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gerichtlichen Verfahren nicht schlechter<br />

gerüstet als der andere - nach dem Motto: „... wie du mir, so ich dir ...“ (Mähler &<br />

Mähler, 2001).<br />

2.1.5 Eignung<br />

<strong>Mediation</strong> ist ke<strong>in</strong> Allheilmittel <strong>und</strong> nicht <strong>in</strong> jeder Situation geeignet. Laut Duve<br />

(2000) sollte auf dieses Verfahren zurückgriffen werden, wenn:<br />

� e<strong>in</strong>e langfristig angelegte Beziehung zwischen den Parteien besteht<br />

� der Wunsch nach (Wieder-) Herstellung der Kommunikation besteht<br />

� der Wunsch besteht, den Ursachen des Konflikts näher zu kommen<br />

� die Interessen rechtlich nicht zu verfolgen s<strong>in</strong>d<br />

� der Wunsch nach e<strong>in</strong>er kooperativen Lösung besteht<br />

� es sich um sehr komplexe Sachverhalte mit schwieriger Beweislage <strong>und</strong> dem<br />

Wunsch nach e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>vernehmlichen Beilegung handelt<br />

� e<strong>in</strong>e zügige Lösung gewünscht wird <strong>und</strong><br />

� Kontrolle <strong>und</strong> Vertraulichkeit gewünscht werden<br />

Weiterh<strong>in</strong> hängt die Eignung von den Erwartungen der Konfliktparteien an die<br />

Rolle des Mediators ab. Der <strong>Mediation</strong>sstil, d.h. die Art <strong>und</strong> Weise wie der Mediator<br />

den Prozess leitet, kann den Erwartungen der Parteien entsprechen oder<br />

widersprechen. Während sich e<strong>in</strong>ige Mediatoren nur auf e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> sachliche<br />

Beurteilung des Problems beschränken, versuchen andere Mediatoren das Problem<br />

geme<strong>in</strong>sam mit den Konfliktparteien umfassend zu klären.<br />

<strong>Mediation</strong> ist nicht das geeignete Verfahren, wenn:<br />

21


� e<strong>in</strong> Streitgegenstand nicht der privaten Dispositionsfreiheit unterliegt, d.h. die<br />

Parteien haben aufgr<strong>und</strong> von Rechtsvere<strong>in</strong>barungen ke<strong>in</strong>e<br />

Verhandlungsautonomie<br />

� die Entscheidung e<strong>in</strong>em Hoheitsträger vorbehalten ist, z.B. bei Insolvenzen<br />

� es e<strong>in</strong>deutige Erfolgsaussichten im streitigen Verfahren gibt, z.B. wenn die<br />

Sach- <strong>und</strong> Rechtslage so e<strong>in</strong>deutig ist, dass e<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong> von der anderen<br />

Seite nur dazu genutzt wird, um sich ihren Verpflichtungen zu entziehen<br />

� m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Partei e<strong>in</strong>e gerichtliche Entscheidung erlangen möchte<br />

� es darum geht die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erhalten<br />

� das Vertrauen fehlt, d.h. wenn feststeht, dass e<strong>in</strong>e Partei die <strong>Mediation</strong> nur zum<br />

Ausforschen von Informationen <strong>und</strong> zur Zeitverzögerung nutzt oder das<br />

Vertrauen durch vorherige Verletzungen vollkommen zerstört ist<br />

Montada <strong>und</strong> Kals (2001) ergänzen diese Reihe von Kriterien, <strong>in</strong>dem sie an<br />

die Studie von Thibault <strong>und</strong> Walker (1975) er<strong>in</strong>nern. Thibault <strong>und</strong> Walker stellten fest,<br />

dass es bestimmte Konstellationen gibt, <strong>in</strong> denen das Gerichtsverfahren bevorzugt<br />

wird, z.B. wenn:<br />

� das Vertrauen <strong>in</strong> die eigenen Verhandlungsmöglichkeiten ger<strong>in</strong>ger ist als das<br />

Vertrauen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Richter oder Schlichter<br />

� der Verhandlungsgegenstand so komplex ist, dass e<strong>in</strong>e Klärung durch<br />

professionelle Entscheider (z.B. Richter) als angebracht gesehen wird<br />

E<strong>in</strong> großes Machtungleichgewicht kann ebenfalls e<strong>in</strong> Ausschlusskriterium se<strong>in</strong><br />

(Budde, 1998). Montada <strong>und</strong> Kals (2001) behaupten dagegen, dass kompetente<br />

Mediatoren <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, Machtungleichgewichte zu kompensieren.<br />

2.1.6 Rolle des Mediators<br />

Die Frage nach der Rolle des Mediators wurde aktuell, da sich auch<br />

professionelle Familienmediatoren <strong>in</strong> <strong>Wirtschaft</strong>skonflikten zu engagieren begannen<br />

(Haynes, 1998). Nun ist der strittige Punkt: Welche Fachkompetenz <strong>und</strong><br />

Branchenkenntnis sollte e<strong>in</strong> Mediator haben? Welche Rechtskenntnisse s<strong>in</strong>d<br />

erforderlich? Welche Ausbildung ist nötig?<br />

22


Haynes (1998) behauptet, dass e<strong>in</strong> Mediator auch e<strong>in</strong> Konflikten mediieren kann, <strong>in</strong><br />

denen er ke<strong>in</strong> Experte ist. Man muss nicht wissen, wie e<strong>in</strong>e Fabrik oder e<strong>in</strong><br />

Unternehmen funktioniert, um Konflikte mediieren zu können: „What I have to be is<br />

an expert mediator“. Nach diesem Verständnis beschränkt sich die Aufgabe des<br />

Mediators darauf, e<strong>in</strong> bestimmtes Verfahren zu garantieren, ungeachtet dessen, ob<br />

das Ergebnis am Ende tragfähig oder gerecht ist.<br />

Von Schlieffen (2000) ist h<strong>in</strong>gegen der Me<strong>in</strong>ung, dass e<strong>in</strong> Mediator ohne<br />

Sachkenntnis <strong>in</strong> manchen Konflikten leicht den Überblick verlieren kann. Er wird<br />

weder <strong>in</strong> der Lage se<strong>in</strong>, den Parteien zu helfen, ihre Anliegen zu sammeln, noch<br />

wahrzunehmen, ob e<strong>in</strong>e Seite Macht ausübt.<br />

E<strong>in</strong>e ähnliche Une<strong>in</strong>igkeit besteht bei der Frage nach dem Rechtsverstand.<br />

Breidenbach, Mählers, Ponschab, Ripke u.a. (<strong>in</strong> Falk et al., 1998) messen dem Recht<br />

e<strong>in</strong>e hohe Bedeutung bei – was vielleicht damit zusammenhängt, dass sie selbst<br />

Juristen s<strong>in</strong>d. Das völlige Ausklammern des Rechts sei nicht nur juristisch, sondern<br />

auch methodisch problematisch, da es den Gesprächsfluss beh<strong>in</strong>dern würde.<br />

Zum<strong>in</strong>dest sollte der Mediator die Fachterm<strong>in</strong>i beherrschen (Falk, 1998). Von<br />

Schlieffen (2000) beantwortet die Frage nach den Rechtskenntnissen mit folgender<br />

Aussage: „Je weniger privat <strong>und</strong> um so rechtsförmiger e<strong>in</strong> Konflikt ist, um so<br />

unerlässlicher ist es, dass der Mediator auch über die erforderlichen<br />

Rechtskenntnisse verfügt“. Stülb von Klimesch (1999) vertritt nicht diese Me<strong>in</strong>ung.<br />

Für ihn ist „... Recht das Fachwissen des Juristen ...“, aber nicht das der streitenden<br />

Parteien. Interessenfragen seien zunächst e<strong>in</strong>mal ke<strong>in</strong>e juristischen Fragen.<br />

Da die Bezeichnung des Mediators noch nicht geschützt ist, bleibt weiter umstritten,<br />

ob <strong>Mediation</strong> „Anwaltssache“ ist bzw. <strong>in</strong> welchem Umfang Rechtswissen, Fach- <strong>und</strong><br />

Branchenkenntnis <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong>smediation erforderlich s<strong>in</strong>d.<br />

In der Literatur lassen sich jedoch jetzt schon Kriterien für den Erfolg von<br />

Mediatoren f<strong>in</strong>den (Eidenmüller, 2000). Der Erfolg ist abhängig von:<br />

� der Prozesskompetenz, die e<strong>in</strong> Mediator besitzt, d.h., ihm sollten die<br />

typischen Verhandlungsabläufe vertraut se<strong>in</strong> <strong>und</strong> er sollte verschiedene<br />

23


<strong>Mediation</strong>stechniken e<strong>in</strong>setzen können (Voraussetzung dafür s<strong>in</strong>d<br />

Ausbildung <strong>und</strong> Erfahrung)<br />

� der Sachkompetenz im H<strong>in</strong>blick auf den Verhandlungsgegenstand<br />

� thematisch e<strong>in</strong>schlägigen Rechtskenntnissen <strong>und</strong><br />

� der Gleichrangigkeit, d.h. ob der Mediator zur selben sozialen Gruppe wie<br />

die Konfliktparteien gehört<br />

Montada <strong>und</strong> Kals (2001) fügen dem weitere psychologische Kompetenzen<br />

h<strong>in</strong>zu, wie z.B.:<br />

� die Fähigkeit zum Aufbau von Vertrauen zu den Parteien<br />

� die Kompetenz der Problembewältigung<br />

� die Kompetenz zur Lösungsf<strong>in</strong>dung<br />

� emotionale Intelligenz <strong>und</strong> Stabilität <strong>und</strong><br />

� sicheres Auftreten <strong>und</strong> Freude am Umgang mit Menschen<br />

2.1.7 Abgrenzung<br />

Wie lässt sich <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> die bestehende Landschaft der bereits vorhandenen<br />

Formen der Konfliktregelung e<strong>in</strong>ordnen? Ist <strong>Mediation</strong> wirklich etwas Neues oder nur<br />

Altbekanntes unter neuem Namen? Diese beiden Fragen sollen im folgenden<br />

Abschnitt beantwortet werden. Da es sich um e<strong>in</strong>e psychologische Arbeit handelt,<br />

wird auf die Abgrenzung zu anderen psychologischen Konfliktbeilegungsverfahren<br />

detaillierter e<strong>in</strong>gegangen als auf die Abgrenzung zu juristischen Verfahren. Es soll<br />

vor allem der Unterschied zwischen Konfliktmoderation <strong>und</strong> <strong>Mediation</strong> klar<br />

herausgearbeitet werden.<br />

a. Abgrenzung zu juristischen Konfliktbeilegungsverfahren<br />

Gerichts- <strong>und</strong> Schiedsverfahren. Vergleicht man die Tätigkeit des Mediators mit<br />

derjenigen e<strong>in</strong>es Richters oder Schiedsrichters, dann fallen Geme<strong>in</strong>samkeiten, aber<br />

auch gravierende Unterschiede auf. Bei allen drei Tätigkeiten ist der Dritte neutral<br />

<strong>und</strong> steuert den Verhandlungsprozess. Obwohl Richter bzw. Schiedsrichter<br />

berechtigt s<strong>in</strong>d, notfalls den Streit autoritativ zu entscheiden, werden sie angehalten,<br />

auf e<strong>in</strong>e gütliche Regelung des Rechtsstreits bedacht zu se<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

„vergleichsfördernd“ zu agieren (Eidenmüller, 2000).<br />

24


Am Ende steht dennoch e<strong>in</strong>e rechtsverb<strong>in</strong>dliche Entscheidung des Richters oder<br />

Schiedsrichters. Anders <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong>, dort geben die Konfliktparteien ihre<br />

Verantwortung <strong>und</strong> Entscheidungsfreiheit nicht an Dritte ab. Der Mediator hat ke<strong>in</strong>e<br />

Entscheidungsgewalt. E<strong>in</strong> weiterer Unterschied ist die verschiedene Bewertung von<br />

Ansprüchen <strong>und</strong> Interessen (Eidenmüller, 2000). E<strong>in</strong> Rechtsverfahren kann sich<br />

immer nur auf Rechtsansprüche stützen: „Wer will was von wem woraus?“. Häufig<br />

geht dabei verloren, was die Parteien eigentlich wollen (Budde, 1998). Insofern wird<br />

das Urteil e<strong>in</strong>es Richters oder Schiedsrichter oft auch als ungerecht erlebt (Montada<br />

& Kals, 2001), da eigene Interessen nicht genügend berücksichtigt wurden. In<br />

<strong>Mediation</strong>sverfahren spielt das Recht zwar auch e<strong>in</strong>e Rolle, aber die<br />

Rechtsansprüche stehen eher im H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>. Es geht vorrangig um die Interessen<br />

der Konfliktparteien <strong>und</strong> darum, wie auf Gr<strong>und</strong>lage dieser Interessen e<strong>in</strong>e für alle<br />

Beteiligten vorteilhafte Lösung gef<strong>und</strong>en werden kann (Eidenmüller, 2000). Nicht zu<br />

vergessen ist, dass e<strong>in</strong> Rechtsverfahren im Unterschied zu e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Mediation</strong>sverfahren oft als streitverschärfend erlebt wird. Lenz & Müller (1999)<br />

sehen die Ursache dafür <strong>in</strong> der Vergangenheits- <strong>und</strong> Fehlerorientierung von<br />

Rechtsverfahren.<br />

Schlichtung. Das Schlichtungsverfahren kommt der <strong>Mediation</strong> wesentlich näher<br />

als das Gerichts- oder Schiedsverfahren. Schlichter agieren wie Mediatoren als<br />

neutrale Dritte ohne Entscheidungskompetenz (Eidenmüller, 2000). Die<br />

Konfliktparteien tragen dem Schlichter ihren Konfliktfall vor <strong>und</strong> bitten diesen lediglich<br />

um e<strong>in</strong>en Entscheidungsvorschlag. Dieser Schlichterspruch ist im Unterschied zu<br />

e<strong>in</strong>em Gerichts- oder Schiedsverfahren zunächst nicht rechtsverb<strong>in</strong>dlich, sondern<br />

von der Annahme der Parteien abhängig (Montada & Kals, 2001). Dennoch wird er<br />

im Normalfall meist befolgt bzw. akzeptiert.<br />

In e<strong>in</strong>em <strong>Mediation</strong>sverfahren s<strong>in</strong>d die Beteiligten selbst aufgerufen, e<strong>in</strong>e Lösung<br />

für ihren Konflikt zu f<strong>in</strong>den. Die Aufgabe des Mediators besteht dar<strong>in</strong>, die Beteiligten<br />

<strong>in</strong> diesem Lösungsf<strong>in</strong>dungsprozess zu unterstützen. Das schließt jedoch nicht aus,<br />

dass der Mediator auch konkrete Lösungsvorschläge unterbreiten kann. Dennoch<br />

sollte das e<strong>in</strong>e Ausnahme <strong>und</strong> nie die Regel se<strong>in</strong> (Eidenmüller, 2000).<br />

25


. Abgrenzung zu psychologischen Konfliktbeilegungsverfahren<br />

Konfliktmoderation. Der Begriff „Moderation“ ist <strong>in</strong> den 1970er Jahren entstanden,<br />

als nach partizipativen Verfahren <strong>in</strong> Unternehmen <strong>und</strong> Politik gesucht wurde. Um e<strong>in</strong><br />

von allen Beteiligten akzeptiertes Ergebnis erarbeiten zu können, wurde von der<br />

Metaplan Gruppe <strong>in</strong> Quickborn e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Methode entwickelt. Diese<br />

wurde Metaplan-Methode oder Moderationsmethode genannt (Blucha et al., 2000).<br />

Geme<strong>in</strong>samkeiten zwischen Konfliktmoderation <strong>und</strong> <strong>Mediation</strong> bestehen<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der Funktion <strong>und</strong> Methodik. Beide Verfahren werden e<strong>in</strong>gesetzt, wenn es<br />

darum geht, Konflikte e<strong>in</strong>vernehmlich zu lösen <strong>und</strong> Eskalationen zu verh<strong>in</strong>dern.<br />

Zentrale Pr<strong>in</strong>zipien dabei s<strong>in</strong>d u.a. Neutralität, Unparteilichkeit, Ergebnisoffenheit,<br />

<strong>und</strong> dass die Beteiligten selbst ihre Ziele bestimmen (Redlich, 1997). Die Aufgabe<br />

sowohl des Moderators als auch des Mediators ist es, der Kommunikation e<strong>in</strong>e<br />

Struktur zu geben sowie übergeordnete Interessen <strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>samkeiten der<br />

Konfliktbeteiligten herauszuarbeiten.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Geme<strong>in</strong>samkeit liegt <strong>in</strong> der Nutzung von E<strong>in</strong>zelgesprächen:<br />

e<strong>in</strong>ige Moderatoren berichten, dass sich beim Aushandeln von Sachkonflikten die<br />

E<strong>in</strong>führung von Gesprächspausen oder freie E<strong>in</strong>zelgespräche bewährt haben<br />

(Redlich, 1997). Ebenso erwähnen Duve <strong>und</strong> Eidenmüller (2001) den E<strong>in</strong>satz von<br />

E<strong>in</strong>zelgesprächen <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong>smediation.<br />

Konfliktmoderation läuft wie <strong>Mediation</strong> nach e<strong>in</strong>em bestimmten Phasenmodell<br />

ab. In e<strong>in</strong>er Befragung von 50 erfahrenen Tra<strong>in</strong>ern <strong>und</strong> Beratern haben sich fünf<br />

Schritte der Konfliktbearbeitung herauskristallisiert (Redlich, 1997):<br />

1. Vorgespräch, <strong>in</strong> dem der Auftrag mit dem Vorgesetzten gestaltet wird<br />

2. Kontakt zwischen allen Beteiligten herstellen<br />

3. Themen sammeln<br />

4. Sichtweisen der Beteiligten klären<br />

5. Lösungen aushandeln<br />

Das Konzept der fünf Phasen der Konfliktmoderation stimmt laut Redlich<br />

(1997) weitgehend mit den Theorien der <strong>Mediation</strong> nach Besemer (1993), des<br />

Konfliktverhandelns nach Fischer <strong>und</strong> Ury (1984) <strong>und</strong> des Konfliktmanagements<br />

26


nach Glasl (1998) übere<strong>in</strong>. Im Großen <strong>und</strong> Ganzen folgen somit <strong>Mediation</strong> wie<br />

Konfliktmoderation dem allgeme<strong>in</strong>en Problemlösemodell mit Diagnose, Planung <strong>und</strong><br />

Intervention. Der Unterschied zum Phasenmodell der <strong>Wirtschaft</strong>smediation von Duve<br />

<strong>und</strong> Eidenmüller (2001) liegt <strong>in</strong> der stärkeren Betonung der „Erörterung der Sach-<br />

<strong>und</strong> Rechtslage“.<br />

Von der sprachlichen Bedeutung her lassen sich die Begriffe „Moderation“ <strong>und</strong><br />

„<strong>Mediation</strong>“ noch e<strong>in</strong>deutiger vone<strong>in</strong>ander abgrenzen. Im Late<strong>in</strong>ischen bedeutet<br />

„moderator“ soviel wie „Lenker, Leiter“ <strong>und</strong> „moderare“ lässt sich mit „mäßigen,<br />

lenken“ übersetzen; „mediator“ bedeutet dagegen „Mittelsperson, Mittler“.<br />

’Moderation’ ist für Redlich (1997) demzufolge „... e<strong>in</strong>e strukturgebende<br />

E<strong>in</strong>flussnahme e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>haltlich neutralen, außenstehenden Person auf den<br />

Kommunikationsprozess e<strong>in</strong>er Gruppe ...“. Den Begriff „Konfliktmoderation“ benutzt<br />

er <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit der late<strong>in</strong>ischen Bedeutung, wenn es sich also um die<br />

Lösung e<strong>in</strong>es Konflikts zwischen den Mitgliedern e<strong>in</strong>er Gruppe oder zwischen<br />

Gruppen handelt. Der Begriff „<strong>Mediation</strong>“ kommt zum E<strong>in</strong>satz, wenn es sich um die<br />

Vermittlung zwischen zwei Personen oder Konfliktparteien ohne die E<strong>in</strong>beziehung<br />

weiterer Gruppenmitglieder handelt. Vere<strong>in</strong>facht kann gesagt werden:<br />

„Konfliktmoderation bedeutet die Vermittlung <strong>in</strong> Gruppen“ <strong>und</strong> „<strong>Mediation</strong> bedeutet<br />

die Vermittlung bei nur zwei Parteien“.<br />

In der Konfliktmoderation kommen über die re<strong>in</strong>e Vermittlung (<strong>Mediation</strong>)<br />

h<strong>in</strong>aus noch weitere Aktivitäten im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er „mäßigenden“ Steuerung der Gruppe<br />

(Moderation) h<strong>in</strong>zu (Redlich & Ell<strong>in</strong>g, 2000). Der Moderator muss neben der<br />

Vermittlung zwischen den Konfliktseiten zugleich noch e<strong>in</strong>e Personengruppe leiten,<br />

da Gruppen die Neigung haben, Me<strong>in</strong>ungen, Werte, Positionen u.a. zu verstärken<br />

(„risky shift“ Phänomen). Dennoch geht Redlich davon aus, dass sich diese<br />

sprachliche Trennung zwischen <strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> Moderation nicht durchsetzen wird, „...<br />

da der Begriff <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong>zwischen so bekannt <strong>und</strong> so positiv besetzt ist, dass jeder,<br />

der damit Geld verdienen will, nicht umh<strong>in</strong> kommt, diesen Begriff zu verwenden.“<br />

(Redlich, 2001). In der Literatur werden die Begriffe „Moderation“, „Moderator“ <strong>und</strong><br />

„<strong>Mediation</strong>“, „Mediator“ derzeit auch häufig synonym verwendet.<br />

27


Supervision. Die Funktion von Supervision ist die Analyse von professionellen<br />

Beziehungen, seien es Beziehungen zwischen Professionellen <strong>und</strong> ihren Klienten<br />

oder zwischen Professionellen, z.B. Teammitgliedern. Untersucht wird dabei die<br />

Rollenhaftigkeit dieser Beziehungen <strong>und</strong> deren Auswirkungen auf die Arbeit <strong>und</strong> die<br />

Beziehungen selbst (Rappe-Giesecke, 1994). Dabei können auch Konflikte zur<br />

Sprache kommen <strong>und</strong> der Supervisor kann die Rolle e<strong>in</strong>es Mediators, e<strong>in</strong>es<br />

Vermittlers, e<strong>in</strong>nehmen. Allerd<strong>in</strong>gs ist die Konfliktbearbeitung nur e<strong>in</strong>e Teilaufgabe<br />

der Supervision.<br />

Sie unterscheidet sich von <strong>Mediation</strong> vor allem <strong>in</strong> ihrer Zielstellung, nämlich dem<br />

System se<strong>in</strong>e Selbstregulierungsfähigkeit zurückzugeben bzw. diese zu verstärken<br />

(Rappe-Giesecke, 1994). Supervision erfolgt meist <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen mit ca. 4-6<br />

Teilnehmern unter Anleitung e<strong>in</strong>es erfahrenen Supervisors. Jeder Teilnehmer hat die<br />

Gelegenheit, e<strong>in</strong> für ihn <strong>in</strong> der Vergangenheit aufgetretenes Problem darzustellen,<br />

welches dann geme<strong>in</strong>sam mit der Gruppe bearbeitet wird. Es werden geme<strong>in</strong>sam<br />

Alternativen zum besseren Umgang mit der jeweiligen Situation gesucht (Legewie &<br />

Ehlers, 1994). An e<strong>in</strong>er Supervision nehmen nur Angehörige e<strong>in</strong>er Profession teil,<br />

hauptsächlich aus der Gruppe der helfenden Berufe (Rappe-Giesecke, 1994). Im<br />

Unterschied zu e<strong>in</strong>em <strong>Mediation</strong>sverfahren, <strong>in</strong> welchem immer alle am Konflikt<br />

beteiligte Personen anwesend s<strong>in</strong>d, ist es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Supervision nicht ungewöhnlich,<br />

dass nur e<strong>in</strong>e im Konflikt <strong>in</strong>volvierte Person ihr Problem darstellt.<br />

Coach<strong>in</strong>g. Coach<strong>in</strong>g ist e<strong>in</strong>e Form der Supervision im Management. Sie dient<br />

primär der Förderung bzw. Wiederherstellung der beruflichen Kompetenz. Der Coach<br />

begleitet die zu coachende Person <strong>in</strong> ihrem beruflichen Alltag <strong>und</strong> gibt<br />

Hilfestellungen bei der Lösung vorwiegend das Arbeitsleben betreffender Probleme.<br />

Es gibt zwei Formen, das E<strong>in</strong>zelcoach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> das Systemcoach<strong>in</strong>g (Roth et al.,<br />

1995). Die Konfliktbearbeitung f<strong>in</strong>det im E<strong>in</strong>zelcoach<strong>in</strong>g hauptsächlich durch<br />

<strong>in</strong>dividuelle Beratung statt. Beim Systemcaoch<strong>in</strong>g können die Übergänge zur<br />

<strong>in</strong>nerbetrieblichen <strong>Mediation</strong> allerd<strong>in</strong>gs fließend se<strong>in</strong>.<br />

Im Unterschied zur <strong>Mediation</strong> impliziert Coach<strong>in</strong>g neben Diagnostik <strong>und</strong> Beratung<br />

auch die Modifikation sub-optimalen Verhaltens <strong>und</strong> Handelns. Demzufolge<br />

unterscheidet sich Coach<strong>in</strong>g ebenso wie Supervision durch die Zielstellung. Ziele des<br />

28


Coach<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Leistungsoptimierung <strong>und</strong> Persönlichkeitsentwicklung (König,<br />

1995).<br />

2.1.8 Vermarktung von <strong>Mediation</strong><br />

E<strong>in</strong> großer Teil der Arbeit von <strong>Wirtschaft</strong>smediatoren liegt derzeit <strong>in</strong> der<br />

Vermarktung dieser Dienstleistung (Oberländer, 1998). Wie vermarktet man aber<br />

<strong>Mediation</strong>?<br />

Da laut Stülb von Klimesch (1999) <strong>Mediation</strong> etwas Neues für den Markt darstellt,<br />

muss dieses dem Markt mitgeteilt werden. Erfolgreiche Verkäufer haben oft e<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>fache Strategie: Sie holen den K<strong>und</strong>en dort ab, wo er steht. Dabei ist wichtig, dass<br />

der Mediator die Sprache des K<strong>und</strong>en spricht. Die gleiche Sprache zu sprechen<br />

schafft Vertrauen, e<strong>in</strong>e der Voraussetzungen für <strong>Mediation</strong>. Um die Interessen der<br />

K<strong>und</strong>en zu verstehen ist Fachwissen unverzichtbar. Demzufolge lautet die<br />

Marktstrategie:<br />

� der Mediator muss aktiv auf den Markt zugehen<br />

� er muss die Sprache der Zielgruppe sprechen <strong>und</strong><br />

� er muss das Fachwissen der Zielgruppe besitzen<br />

Auch Fuchs (1999) geht davon aus, dass die Market<strong>in</strong>gpolitik der <strong>Mediation</strong> e<strong>in</strong>e<br />

unmissverständliche, zielgruppengerechte Term<strong>in</strong>ologie <strong>und</strong> Sprache braucht. Se<strong>in</strong>e<br />

Market<strong>in</strong>gstrategie für Umweltmediation, die aber ohne weiteres auf den <strong>Wirtschaft</strong>s<strong>und</strong><br />

Arbeitsbereich modifiziert werden kann, setzt sich u.a. aus den folgenden drei<br />

Komponenten zusammen:<br />

1. e<strong>in</strong>e Def<strong>in</strong>ition der Zielgruppe<br />

2. die Erarbeitung e<strong>in</strong>es Stärken-Schwächen-Katalogs<br />

3. die richtige Präsentation <strong>in</strong> den Medien<br />

Zuerst gilt es, die Zielgruppe zu def<strong>in</strong>ieren, d.h. wer soll erreicht werden. Hierbei ist<br />

nicht nur die Benennung der potentiellen Interessenten wichtig, sondern auch die<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung mit deren soziokulturellem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>, deren Alter, Rang,<br />

Rollenverhältnis, Bildung, Sprache etc. Für <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediatoren<br />

lassen sich u.a. folgende Hauptzielgruppen identifizieren:<br />

� potenzielle Anwender <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong><br />

29


� Multiplikatoren (Verbände, Organisationen)<br />

� andere Mediatoren<br />

� das Rechtssystem (Anwälte <strong>und</strong> Richter als Multiplikatoren)<br />

� Partner <strong>in</strong> der Weiterentwicklung<br />

� die Medien<br />

� potenzielle Spender <strong>und</strong> Sponsoren<br />

Der Stärken- <strong>und</strong> Schwächenkatalog dient der Darstellung des Produktes<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- oder Arbeitsmediation <strong>in</strong> der Öffentlichkeit. Dieser sollte nicht nur die<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachteile von <strong>Mediation</strong> be<strong>in</strong>halten, sondern auch typische Vorbehalte<br />

gegen <strong>Mediation</strong>.<br />

Bei der Präsentation <strong>in</strong> den Medien ist darauf zu achten, das richtige<br />

Nachrichtenmedium zu f<strong>in</strong>den, welches von der Zielgruppe am meisten genutzt oder<br />

akzeptiert wird. Als erwiesen gilt dabei, dass e<strong>in</strong> lockerer Artikel meist besser<br />

geeignet ist als e<strong>in</strong>e gewöhnliche Anzeige.<br />

30


2.2 Akzeptanz<br />

Da <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> Deutschland noch nicht so weit verbreitet ist wie z.B. <strong>in</strong> den USA,<br />

stellt sich die Frage, was der Akzeptanz dieser neuen Methode im Wege steht. Im<br />

Folgenden werden kurz die Begriffe „Innovation“ <strong>und</strong> „Akzeptanz“ sowie Theorien<br />

über die Akzeptanz von Innovationen vorgestellt. Gleichzeitig soll erläutert werden,<br />

wie sich <strong>Mediation</strong> unter diesen Gesichtspunkten betrachten lässt.<br />

2.2.1 Innovation – Def<strong>in</strong>itionen <strong>und</strong> Theorien<br />

Der Begriff der Innovation lässt sich nach Meißner (1989) auf zweierlei Arten<br />

def<strong>in</strong>ieren: e<strong>in</strong>erseits objektbezogen, wobei die Innovation das Ergebnis e<strong>in</strong>es<br />

Erneuerungsprozesses ist, <strong>und</strong> anderseits prozessual, wo die Innovation der<br />

Erneuerungsprozess selbst ist. Charakteristika e<strong>in</strong>er Innovation s<strong>in</strong>d nach Meißner<br />

ihre Neuheit, die Unsicherheit (<strong>in</strong> Bezug auf ihre Eigenschaften wie auch auf ihre<br />

Wirkung), ihre Komplexität <strong>und</strong> ihr Konfliktgehalt.<br />

Psychologisch gesehen ist e<strong>in</strong>e Innovation das, was von den Konsumenten, den<br />

potenziellen Nutzern, als neu <strong>und</strong> andersartig wahrgenommen wird – also nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt das, was tatsächlich e<strong>in</strong>e Neuerung ist (Wiswede, 1995). Hier zeigt sich<br />

wieder, dass das, was unter e<strong>in</strong>er Innovation verstanden wird, stark von der<br />

Perspektive des jeweiligen Subjekts abhängt.<br />

Wiswede (1995) beschreibt das Pr<strong>in</strong>zip der „optimalen Neuerung“. Sie bewegt sich<br />

<strong>in</strong> der Mitte zwischen den Polen „viel zu neu“ <strong>und</strong> „überhaupt nicht neu“ bzw.<br />

zwischen „langweilig“ <strong>und</strong> „schockierend“. Die optimale Neuerung steht also<br />

sozusagen mit e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong> im Bewährten, ist aber gleichzeitig e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante <strong>und</strong><br />

vielversprechende (Weiter-)Entwicklung.<br />

Nach diesen Def<strong>in</strong>itionen lässt sich <strong>Wirtschaft</strong>smediation auf jeden Fall als<br />

Innovation klassifizieren: sie ist e<strong>in</strong> neues Verfahren, <strong>in</strong> Deutschland noch nicht sehr<br />

weit verbreitet oder bekannt, ihre Wirkung ist unsicher <strong>und</strong> kann vor allem im<br />

Vergleich zum etablierten Gerichtsverfahren, dessen Ablauf allen bekannt ist,<br />

skeptisch beurteilt werden. Ihr Konfliktgehalt f<strong>in</strong>det sich zum Beispiel <strong>in</strong> den<br />

rechtlichen Schwierigkeiten von nicht-anwaltlichen Mediatoren, denen vorgeworfen<br />

31


wird, gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen zu haben (z.B. Aktenzeichen 5 O<br />

67/00 des Landgerichts Rostock). Zudem verlangt sie ihren Nutzern e<strong>in</strong>iges ab: z.B.,<br />

sich um ihre Konflikte eigenverantwortlich zu kümmern <strong>und</strong> diese nicht an e<strong>in</strong>en<br />

Anwalt zu delegieren (Duve & Ponschab, 1999 u.a.).<br />

Als „optimale“ Neuerung nach Wiswede (1995) ist die <strong>Wirtschaft</strong>smediation wohl<br />

eher nicht zu bezeichnen. Zu sehr verkörpert sie e<strong>in</strong>e radikale Abkehr von bisher <strong>in</strong><br />

Deutschland üblichen Konfliktbeilegungsverfahren, namentlich dem Prozess vor<br />

Gericht. Für neue Nutzer f<strong>in</strong>det sich also wenig Vertrautes, vielmehr steht<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation <strong>in</strong> vielerlei H<strong>in</strong>sicht im direkten Gegensatz zum bisher Üblichen<br />

(siehe 2.1.7).<br />

Rogers (1983) zählt folgende Eigenschaften von Innovationen auf <strong>und</strong> zitiert<br />

zahlreiche Studien, die ihren E<strong>in</strong>fluss auf die Akzeptanz der jeweiligen Innovation<br />

belegen:<br />

1. relativer Vorteil: der Grad, zu dem die Innovation besser als Vorhergehendes<br />

ist, wird oft <strong>in</strong> Profitabilität <strong>und</strong>/oder Statusgew<strong>in</strong>n gemessen – bei niedrigen<br />

Anfangskosten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em schnellen Erfolg ist e<strong>in</strong>e Verbreitung der Innovation<br />

wahrsche<strong>in</strong>licher<br />

2. Kompatibilität: wie sehr sich die Innovation <strong>in</strong> bisherige Prozesse,<br />

E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> Attribute des Individuums <strong>in</strong>tegrieren lässt<br />

3. Komplexität (analog zur Def<strong>in</strong>ition von Meißner, 1989): je komplexer <strong>und</strong><br />

schwieriger e<strong>in</strong>e Innovation zu verstehen ist, desto langsamer wird sie<br />

akzeptiert<br />

4. Ausprobierbarkeit: je leichter sich e<strong>in</strong>e Innovation <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>e Teile unterteilen<br />

lässt, die relativ risikolos auszuprobieren s<strong>in</strong>d, desto schneller wird sie<br />

angenommen<br />

5. Beobachtbarkeit: e<strong>in</strong>e Innovation, die besonders sichtbar ist (wie z.B. <strong>in</strong> der<br />

Mode) wird sich eher verbreiten als e<strong>in</strong>e, die mehr im Verborgenen wirkt<br />

Wie lässt sich <strong>Wirtschaft</strong>smediation <strong>in</strong> Bezug auf diese Kriterien beurteilen? Es wird<br />

mit ihrer <strong>Wirtschaft</strong>lichkeit, den ger<strong>in</strong>geren Kosten im Vergleich zum<br />

Gerichtsverfahren geworben (Domian, 1999; Budde, 1999 u.a.), sodass durchaus<br />

von e<strong>in</strong>em relativen Vorteil gesprochen werden kann. Kompatibilität ist ebenfalls<br />

32


gegeben, da sich <strong>Mediation</strong> als von den Parteien bestimmtes Vorgehen den<br />

jeweiligen Gegebenheiten flexibel anpassen lässt (siehe Dutt, 1999 zum Spezialfall<br />

der mediativen Begleitung von Unternehmenskäufen). Da das Verfahren auf relativ<br />

e<strong>in</strong>fachen Pr<strong>in</strong>zipien beruht, ist nicht von e<strong>in</strong>er zu großen Komplexität auszugehen.<br />

Kritisch s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs Ausprobierbarkeit <strong>und</strong> Beobachtbarkeit zu beurteilen. Zwar<br />

lassen sich mediative Elemente auch <strong>in</strong> die „normale“ Arbeit e<strong>in</strong>es Betriebes<br />

e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den (wie dies e<strong>in</strong>ige Mediatoren auch tun, <strong>in</strong>dem sie z.B. betriebs<strong>in</strong>terne<br />

Mediatoren ausbilden), aber das Verfahren an Stelle des üblichen Gerichtsverfahrens<br />

zu nutzen, birgt natürlich Risiken. Die Beobachtbarkeit ist e<strong>in</strong>geschränkt, da viele<br />

<strong>Mediation</strong>sverfahren <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> anderen Bereichen absolut vertraulich<br />

s<strong>in</strong>d. Während die Möglichkeit, unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu verhandeln,<br />

das Verfahren für viele erst attraktiv macht, kann dies der Verbreitung von <strong>Mediation</strong><br />

im Wege stehen, da aufgr<strong>und</strong> der Vertraulichkeit Andere nichts davon mitbekommen.<br />

2.2.2 Akzeptanz<br />

Der Begriff Akzeptanzforschung fehlte bis <strong>in</strong> die 1980er Jahre im Duden <strong>und</strong><br />

anderen (Fach-)Lexika, <strong>in</strong>zwischen ist er weit verbreitet. Akzeptanzforschung wird <strong>in</strong><br />

Diszipl<strong>in</strong>en wie Psychologie, Soziologie, aber auch den <strong>Wirtschaft</strong>swissenschaften<br />

<strong>und</strong> natürlich der Marktforschung betrieben.<br />

Als Def<strong>in</strong>ition von Akzeptanz schlägt Lucke (1998) „... die Eigenschaft e<strong>in</strong>er<br />

Innovation, bei ihrer E<strong>in</strong>führung positive Reaktionen unter den davon Betroffenen zu<br />

erreichen ...“ vor. Hier stellt sich natürlich die Frage, ob Akzeptanz e<strong>in</strong>e der<br />

Innovation <strong>in</strong>newohnende Eigenschaft (wie es diese Def<strong>in</strong>ition zu suggerieren<br />

sche<strong>in</strong>t) oder nicht vielmehr e<strong>in</strong> Prozess <strong>in</strong> der Interaktion von Subjekt <strong>und</strong> System<br />

ist. E<strong>in</strong> von Lucke (1998) gewähltes Beispiel macht dies deutlich: am Tag nach<br />

Tschernobyl war auf dem Bonner Obst- <strong>und</strong> Gemüsemarkt auf e<strong>in</strong>mal nicht mehr die<br />

frische, sondern die alte Ware gefragt – so verändert sich mit den Umständen die<br />

Akzeptanz.<br />

Akzeptanz bewegt sich zudem zwischen dem „to adapt“ <strong>und</strong> dem „to adopt“, also<br />

der Anpassung der Innovation an die eigenen Bedürfnisse auf der e<strong>in</strong>en Seite <strong>und</strong><br />

die e<strong>in</strong>fache Übernahme der Neuerung, so wie sie ist, auf der anderen Seite. Oft<br />

werden Innovationen ja nicht so angenommen, wie sie dem Subjekt präsentiert<br />

33


werden, sondern von diesem nach se<strong>in</strong>en eigenen Bedürfnissen geformt <strong>und</strong><br />

verändert.<br />

Im Feld der <strong>Wirtschaft</strong>smediation f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e starke Tendenz, diese Innovation<br />

den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Dies ist schon dar<strong>in</strong> begründet, dass die<br />

Ausbildung <strong>in</strong> Deutschland nicht e<strong>in</strong>heitlich geregelt ist <strong>und</strong> Mediatoren so die<br />

Möglichkeit haben, selbst bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Grad zu bestimmen, was sie lernen<br />

möchten.<br />

2.2.3 Die Verbreitung von Innovationen<br />

Damit stellt sich die Frage, was überhaupt zur Akzeptanz von Innovationen beiträgt.<br />

Nach der Anspruchsniveau-Theorie von March <strong>und</strong> Simon (1976) führt nur<br />

Unzufriedenheit zu Änderungsaktivitäten bzw. zur Initiierung von Innovationen. Ideal<br />

ist es für die E<strong>in</strong>führung von Neuerungen, wenn das Anspruchs- etwas über dem<br />

Leistungsniveau liegt, wenn also der <strong>in</strong>dividuelle oder organisatorische Anspruch den<br />

Status Quo e<strong>in</strong> wenig übersteigt. Unterscheiden sich Anspruchsniveau <strong>und</strong><br />

Leistungsniveau zu stark, kann dies e<strong>in</strong>erseits zu Frustration <strong>und</strong> Verzweiflung,<br />

andererseits zu Apathie führen. Wie sich diese Niveaus bestimmen lassen, ist e<strong>in</strong>es<br />

der Probleme dieser Theorie – auch die These, dass alle<strong>in</strong> Unzufriedenheit für die<br />

Akzeptanz von Innovationen verantwortlich se<strong>in</strong> soll, ist auf Kritik gestoßen.<br />

Dennoch lässt sich diese Theorie gut auf die Akzeptanz von <strong>Wirtschaft</strong>smediation<br />

anwenden. Den Druck, sich mit e<strong>in</strong>em neuen Verfahren wie diesem ause<strong>in</strong>ander zu<br />

setzen, lässt sich sowohl bei den Mediatoren als auch bei den Unternehmen<br />

feststellen: Mediatoren könnten <strong>Mediation</strong> z.B. als e<strong>in</strong> Produkt betrachten, das <strong>in</strong> der<br />

Zukunft stärker nachgefragt werden wird <strong>und</strong> das sie demnach schon aus<br />

wirtschaftlichen Überlegungen her anbieten möchten – <strong>und</strong> Firmen könnten<br />

„Leidensdruck“ daher haben, dass sich ihre bisherigen Konfliktbeilegungsstrategien<br />

als nicht sehr effektiv erwiesen haben.<br />

Rogers (1983) hat e<strong>in</strong>e umfassende Theorie zur Verbreitung von Innovationen<br />

entwickelt, die sich auf e<strong>in</strong>e Auswertung <strong>und</strong> Zusammenfassung von über 700<br />

Studien stützt. Nach Rogers läuft der Prozess, <strong>in</strong> dem sich e<strong>in</strong> Individuum für oder<br />

gegen e<strong>in</strong>e Innovation entscheidet, <strong>in</strong> mehreren Stufen ab:<br />

34


1. Wissen um die Innovation <strong>und</strong> ihre Funktion<br />

2. Überzeugung: e<strong>in</strong>e positive oder negative Haltung der Innovation gegenüber<br />

entwickelt sich<br />

3. Entscheidung: das Individuum beteiligt sich an Aktivitäten, die entweder zur<br />

Annahme oder zu Ablehnung der Innovation führen<br />

4. Implementierung: das Individuum nutzt die Innovation<br />

5. Bestätigung: das Individuum beschäftigt sich noch e<strong>in</strong>mal mit e<strong>in</strong>er bereits<br />

getroffenen Entscheidung für oder gegen e<strong>in</strong>e Innovation – diese<br />

Entscheidung kann dann noch revidiert werden<br />

Im Rahmen dieses Prozesses kann es jederzeit zu e<strong>in</strong>er Entscheidung gegen die<br />

Innovation <strong>und</strong> damit zum Abbruch der Beschäftigung damit kommen. Gleichzeitig<br />

kann, wie der letzte Schritt zeigt, auch e<strong>in</strong>e bereits getroffene Entscheidung revidiert<br />

werden. So ist die Beschäftigung mit Innovationen e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierlicher Prozess, der<br />

kaum jemals als abgeschlossen betrachtet werden kann.<br />

Nach Rogers s<strong>in</strong>d unterschiedliche Medien zu unterschiedlichen Phasen wichtig,<br />

z.B. Massenmedien während der Wissensphase, wenn es eher um Informationen<br />

geht oder <strong>in</strong>terpersonale Kanäle während der Überzeugungsphase, wenn e<strong>in</strong>e<br />

persönliche Haltung zu der Innovation entwickelt wird.<br />

<strong>Mediation</strong> wird oft mit Meditation verwechselt <strong>und</strong> hat es allgeme<strong>in</strong> schwer, e<strong>in</strong><br />

eigenes Profil im Vergleich zu anderen Konfliktbeilegungsverfahren zu etablieren<br />

(Spörer, 1998). Der schwierigste Prozess der Werbung sche<strong>in</strong>t häufig diese<br />

Informationsphase zu se<strong>in</strong> – wenn die Parteien dann erst e<strong>in</strong>mal an e<strong>in</strong>em Tisch<br />

sitzen, s<strong>in</strong>d sie mit dem Verfahren meist zufrieden.<br />

2.2.4 Nutzer von Innovationen<br />

Wer s<strong>in</strong>d nun die Menschen, die Neuerungen e<strong>in</strong>führen? Oft als Innovatoren<br />

bezeichnet, s<strong>in</strong>d sie nach Wiswede (1995) sozial gut <strong>in</strong>tegrierte Vorreiter, die häufig<br />

besonders viele Kontakte haben. Bei kalkuliertem <strong>und</strong> mittlerem Risiko s<strong>in</strong>d sie<br />

identisch mit den Me<strong>in</strong>ungsführern; die unvore<strong>in</strong>genommene Übernahme jeder<br />

Neuerung kann für sie allerd<strong>in</strong>gs den Verlust der Me<strong>in</strong>ungsführerschaft bedeuten.<br />

Nach Kaas’ (1973) Modell zum Kommunikationsfluss bei Innovationen arbeiten die<br />

35


Anbieter von Innovationen sowohl über Diffusionsagenten (also diejenigen, die e<strong>in</strong>e<br />

Innovation weiterverbreiten) als auch über Innovatoren (die „Erf<strong>in</strong>der“ der Innovation),<br />

<strong>und</strong> zwar mit Kommunikation über Personen <strong>und</strong>/oder über Massenmedien, um die<br />

Rezipienten/Konsumenten zu erreichen.<br />

Innovationsnutzer lassen sich <strong>in</strong> mehrere Kategorien unterteilen:<br />

1. Innovatoren: abenteuerlustige, risikofreudige Individuen mit Kontrolle über<br />

F<strong>in</strong>anzen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em guten Verständnis für komplexe neue Ideen; oft werden<br />

sie vom sozialen System nicht so sehr akzeptiert<br />

2. frühe Nutzer: eher lokal orientiert mit e<strong>in</strong>em starken me<strong>in</strong>ungsbildenden<br />

E<strong>in</strong>fluss, respektierte Vorbilder für die anderen Mitglieder ihres sozialen<br />

Systems. Studien haben gezeigt, dass diese Individuen mehr Bildung <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>en höheren sozialen Status als die anderen Gruppen haben<br />

3. frühe Mehrheit: nehmen die Innovation kurz vor dem Durchschnittsmitglied<br />

des sozialen Systems an<br />

4. späte Mehrheit: nehmen die Innovation kurz nach dem Durchschnittsmitglied<br />

des sozialen Systems an, s<strong>in</strong>d eher skeptisch <strong>und</strong> vorsichtig <strong>und</strong> akzeptieren<br />

die Innovation vor allem unter dem Druck der neuen Normen des Systems<br />

5. Nachzügler: s<strong>in</strong>d am meisten lokal orientiert, lassen sich als Traditionalisten<br />

beschreiben <strong>und</strong> stehen Innovationen generell negativ gegenüber – oft<br />

nehmen sie diese erst an, wenn für Andere schon weitere Innovationen<br />

anstehen<br />

In dieser Studie wird untersucht , was Unternehmen dazu br<strong>in</strong>gt,<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation zu nutzen, <strong>und</strong> welcher der Gruppen von Innovationsnutzern<br />

sie dabei zuzuordnen s<strong>in</strong>d. Weiterh<strong>in</strong> werden die Vermarktungsstrategien von<br />

Mediatoren sowie die Passung dieser Strategien zu den Erwartungen der<br />

Unternehmen untersucht. Auch Mediatoren selbst ließen sich natürlich dah<strong>in</strong>gehend<br />

untersuchen, was sie dazu br<strong>in</strong>gt, sich mit diesem neuen Verfahren ause<strong>in</strong>ander zu<br />

setzen <strong>und</strong> es auf dem Markt zu platzieren – was aber nicht Gegenstand dieser<br />

Arbeit ist.<br />

36


3 Fragestellung<br />

Die gegenwärtige Literatur erweckt den E<strong>in</strong>druck, dass trotz der vielen Vorteile<br />

das Verfahren <strong>Mediation</strong>, verglichen mit der Entwicklung <strong>in</strong> den USA, <strong>in</strong> Deutschland<br />

noch starke Akzeptanzprobleme hat (Falk, 1998; Risse, 1999). Es soll der Versuch<br />

unternommen werden, die Frage zu klären:<br />

1. Woran liegt es, dass <strong>Mediation</strong> im Arbeits- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>sbereich <strong>in</strong><br />

Deutschland bisher nur sehr ger<strong>in</strong>ge Akzeptanz bzw. Anwendung f<strong>in</strong>det?<br />

Hierzu wurden zwei Stichproben betrachtet – a) e<strong>in</strong>e Stichprobe von<br />

Mediatoren <strong>und</strong> b) e<strong>in</strong>e Stichprobe von Unternehmen.<br />

Bei der Stichprobe von Mediatoren wurde die Fragestellung bearbeitet:<br />

2. In welchen Faktoren bzw. Merkmalen unterscheiden sich erfolgreiche<br />

Mediatoren von weniger erfolgreichen Mediatoren? Welche Erfolgsfaktoren gibt<br />

es?<br />

Um <strong>Mediation</strong> erst e<strong>in</strong>mal bekannt zu machen <strong>und</strong> potenzielle Anwender von<br />

dem Nutzen des Verfahrens zu überzeugen, sche<strong>in</strong>t im derzeitigen<br />

Entwicklungsstand dieser für Unternehmen relativ neuen Dienstleistung die<br />

Vermarktung e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle zu spielen. Erst wenn diese Hürde<br />

genommen ist, können andere differenzierende Merkmale, wie z.B.<br />

Verfahrenskompetenz oder Fähigkeit der Fallerkennung von Mediatoren, zu Tage<br />

treten. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wurde vor allem die Vermarktungsstrategie der<br />

Mediatoren untersucht, weniger aber die Aussagen, die sie über ihre eigene<br />

Kompetenz <strong>und</strong> ihre Fähigkeiten machen.<br />

Bei der Stichprobe der Unternehmen <strong>in</strong>teressierte die Fragestellung:<br />

3. Wor<strong>in</strong> unterscheiden sich Unternehmen, die <strong>Mediation</strong> anwenden, von denen,<br />

die ke<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong> anwenden?<br />

37


Hierbei wurde, analog zu den Theorien von Meißner (1989) <strong>und</strong> Rogers<br />

(1983), auf Aspekte der Nützlichkeit von <strong>Mediation</strong> für die Unternehmen, der<br />

Kompatibilität, des Neuheitsgrades, des Konfliktgehalts, der Komplexität, der<br />

Unsicherheitsstiftung, der Beobachtbarkeit <strong>und</strong> der Ausprobierbarkeit e<strong>in</strong>gegangen.<br />

Weiterh<strong>in</strong> sollte an der Unternehmensstichprobe die Frage geprüft werden:<br />

4. Verbreitet sich <strong>Mediation</strong> tatsächlich, wie Risse (1999) behauptet, über die<br />

Kontakte deutscher Unternehmen zu amerikanischen Geschäftspartnern?<br />

E<strong>in</strong>e weitere These von Risse (1999) war, dass <strong>in</strong> Deutschland, anders als <strong>in</strong><br />

den USA, nicht dieselben Strukturdefizite anzutreffen s<strong>in</strong>d, also z.B. nicht so lange<br />

Prozesse, weniger Kosten für Rechtsanwälte. Daher sei hier nicht der gleiche<br />

Leidensdruck gegeben, der <strong>in</strong> den USA zu e<strong>in</strong>er größeren Verbreitung von <strong>Mediation</strong><br />

geführt habe. Um diese These zu prüfen, wurde der Frage nachgegangen:<br />

5. Wie zufrieden s<strong>in</strong>d die Unternehmen mit ihrem momentanen<br />

Konfliktmanagement?<br />

Als Letztes sollte geprüft werden:<br />

6. S<strong>in</strong>d die Vermarktungsstrategien der Mediatoren tatsächlich mit den<br />

Erwartungen der Unternehmen kompatibel, d.h. bieten sich die Mediatoren auf<br />

e<strong>in</strong>e Art <strong>und</strong> Weise an, die bei den Unternehmen ankommt?<br />

38


4 Untersuchungsmethodik<br />

4.1 Untersuchungsplan<br />

Da sich aus der vorhandenen Literatur kaum Hypothesen h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

Akzeptanz <strong>und</strong> Vermarktung von <strong>Wirtschaft</strong>smediation ableiten lassen, ist das<br />

Kernstück dieser Untersuchung e<strong>in</strong>e qualitative Auswertung. Es geht nicht um das<br />

Überprüfen von Aussagen, sondern um e<strong>in</strong>e qualitative Beschreibung der<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation <strong>in</strong> Deutschland. Lediglich für die Darstellung des<br />

Gesamtüberblicks der derzeitigen Situation der Mediatoren <strong>in</strong> Deutschland wurde auf<br />

quantitative Methoden zurückgegriffen.<br />

Im Vordergr<strong>und</strong> steht das tiefer gehende Verständnis der Situation der<br />

Mediatoren <strong>und</strong> der befragten Unternehmen. Demzufolge hat diese Arbeit e<strong>in</strong>en<br />

explorativen Charakter. Qualitative Forschung, wie sie <strong>in</strong> dieser Untersuchung<br />

genutzt wird, hat den besonderen Vorteil, dass sie nicht vom Vorhandense<strong>in</strong><br />

theoretischer Kategorien <strong>und</strong> validierter Mess<strong>in</strong>strumente abhängig ist, sondern<br />

Kategorien erst generiert werden, die dann später auch hypothesentestend <strong>und</strong><br />

quantitativ untersucht werden können. Deshalb soll im Folgenden e<strong>in</strong> kurzer E<strong>in</strong>blick<br />

<strong>in</strong> die qualitative Forschung <strong>und</strong> deren Methoden gegeben werden.<br />

4.1.1 Qualitatives Forschungsdesign<br />

Zu Beg<strong>in</strong>n werden e<strong>in</strong>ige Def<strong>in</strong>itionen von qualitativer Analyse aus der Literatur<br />

vorgestellt <strong>und</strong> kommentiert. Bell (1987) beschreibt den Ansatz der qualitativen Forschung<br />

folgendermaßen: ”Researchers adopt<strong>in</strong>g a qualitative perspective are more<br />

concerned to <strong>und</strong>erstand <strong>in</strong>dividuals’ perceptions of the world. They seek <strong>in</strong>sight<br />

rather than statistical analysis. They doubt whether social ‘facts’ exist and question<br />

whether a ‘scientific’ approach can be used when deal<strong>in</strong>g with human be<strong>in</strong>gs.” (S. 4)<br />

Coffey <strong>und</strong> Atk<strong>in</strong>son (1996) beschreiben den Prozess der qualitativen Analyse wie<br />

folgt: ”Analysis (...) refers to a rather specialized way of transform<strong>in</strong>g data, rather than<br />

be<strong>in</strong>g an all-encompass<strong>in</strong>g term. Analysis (...) is the process by which the researcher<br />

expands and extends data beyond a descriptive account. A careful and systematic<br />

39


attention to the data here identifies key factors and key relationships. Analysis, then,<br />

is both cautious and controlled.” (S. 9).<br />

Qualitative Analyse be<strong>in</strong>haltet also den Prozess der Reduktion e<strong>in</strong>er<br />

Datenmenge, um Strukturen <strong>und</strong> Muster erkennen <strong>und</strong> letztendlich Schlüsse ziehen<br />

zu können. Sie beschreibt nicht nur (obwohl dies natürlich oft der erste Teil e<strong>in</strong>er<br />

Analyse ist) - sie <strong>in</strong>terpretiert auch. Dabei ist es sehr wichtig, die Reduktion der Daten<br />

so vorzunehmen, dass wichtige Informationen nicht verloren gehen. Coffey <strong>und</strong><br />

Atk<strong>in</strong>son (1996) me<strong>in</strong>en dies mit dem Satz, dass die Analyse vorsichtig <strong>und</strong><br />

kontrolliert ist. Die Aufstellung <strong>und</strong> E<strong>in</strong>haltung von Regeln s<strong>in</strong>d unerlässlich, um<br />

s<strong>in</strong>nvolle Ergebnisse zu erhalten.<br />

E<strong>in</strong>er der wesentlichen Unterschiede zur quantitativen Forschung ist der weitgehende<br />

Verzicht auf kontrollierte Experimente – die Tatsache, dass so viele („Stör-”)<br />

Variablen kontrolliert werden können, lässt solche Situationen für Forscher mit e<strong>in</strong>em<br />

qualitativen Anspruch als nicht valide für e<strong>in</strong> Verständnis von Individuen <strong>in</strong> ihrem<br />

natürlichen Kontext ersche<strong>in</strong>en.<br />

We<strong>in</strong>garten <strong>und</strong> Hopf (1984) betonen, dass das Hauptcharakteristikum der<br />

qualitativen Forschung <strong>und</strong> Analyse die Verwendung offener Verfahren ist: „Die<br />

jeweiligen Untersuchungsfelder werden vorwiegend ohne Zuhilfenahme<br />

standardisierter Erhebungs<strong>in</strong>strumente erschlossen.” (S. 14)<br />

Dies bedeutet nach den Autoren jedoch nicht den völligen Verzicht auf<br />

Quantifizierung oder statistische Auswertungsverfahren, sondern vielmehr e<strong>in</strong>e<br />

bewusst offene Haltung gegenüber Erwartungen <strong>und</strong> theoretischen Überzeugungen.<br />

Es solle idealerweise e<strong>in</strong> Austausch zwischen den erhobenen Daten <strong>und</strong> dem<br />

zunächst noch wenig bestimmten theoretischen Vorverständnis stattf<strong>in</strong>den, was<br />

qualitative Forschung zu e<strong>in</strong>em sehr dynamischen Prozess macht. Manche<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der quantitativen Forschung werden jedoch genutzt, z.B. <strong>in</strong> Fragen der<br />

Repräsentativität: entweder werden repräsentative Stichproben für die Forschung<br />

erhoben, oder es wird ausdrücklich darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass die Ergebnisse der<br />

Forschung nur auf die untersuchte Population angewendet werden können.<br />

40


Miles <strong>und</strong> Huberman (1994) weisen darauf h<strong>in</strong>, dass sich quantitative <strong>und</strong><br />

qualitative Methoden <strong>in</strong> der Analyse durchaus verb<strong>in</strong>den lassen <strong>und</strong> wenden sich<br />

gegen den Streit, der festzustellen versucht, welche der beiden Methoden nun die<br />

bessere sei. Nach den Autoren gibt es schon durch die Natur von Daten viele<br />

Verb<strong>in</strong>dungen zwischen den beiden: ”Quantities are of qualities, and a measured<br />

quality has just the magnitude expressed <strong>in</strong> its measure. (...) ... the issue is one of<br />

know<strong>in</strong>g when to count and when it is difficult or <strong>in</strong>appropriate to count at all, when<br />

data are non-standardized and we have no clear rules for say<strong>in</strong>g what is variation<br />

and what is error.” (S. 40).<br />

In der quantitativen Forschung gibt es häufig e<strong>in</strong>e recht herablassende Haltung<br />

gegenüber qualitativen Methoden (Silverman, 1993), wie auch umgekehrt. Die<br />

Entscheidung für e<strong>in</strong>e Art von Datenanalyse sollte also nicht von ideologischen,<br />

sondern von praktischen Erwägungen geleitet se<strong>in</strong>. Es gilt herauszuf<strong>in</strong>den, welche<br />

Analyse <strong>in</strong> dem speziellen Fall <strong>und</strong> für den <strong>in</strong>tendierten Zweck die s<strong>in</strong>nvolleren<br />

Ergebnisse br<strong>in</strong>gt. Dies wird <strong>in</strong> dem nun folgenden Abschnitt über die Ziele<br />

qualitativer Forschung verdeutlicht.<br />

Nach We<strong>in</strong>garten <strong>und</strong> Hopf (1984) dient qualitative Analyse nicht der Überprüfung<br />

von Aussagen mit breitem empirischen Geltungsanspruch - dies ist eher das Gebiet<br />

der quantitativen Analyse. Vielmehr leistet sie e<strong>in</strong>en Beitrag zur Deskription <strong>und</strong> zum<br />

Verständnis menschlichen Verhaltens (<strong>und</strong> wird dazu <strong>in</strong> vielen sozialwissen-<br />

schaftlichen Diszipl<strong>in</strong>en genutzt). Außerdem hilft sie bei der Theorie- <strong>und</strong><br />

Hypothesenbildung <strong>und</strong> kann s<strong>in</strong>nvoll zur Theorieprüfung benutzt werden.<br />

Ziele. Qualitative Forschung dient der Erk<strong>und</strong>ung des Subjekts <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Kontext.<br />

Miles <strong>und</strong> Huberman (1994) betonen, dass es besonders die Erforschung von<br />

Menschen <strong>in</strong> ihrem natürlichen alltäglichen Umfeld ist, die die qualitative Forschung<br />

<strong>in</strong>teressiert. Das Ziel des Forschers ist dabei e<strong>in</strong> ganzheitlicher Überblick <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

ganzheitliches Verständnis, das über bloße Quantifizierung h<strong>in</strong>ausgeht. Methoden<br />

werden dem jeweiligen Kontext angepasst, um ihn möglichst komplett erfassen zu<br />

können.<br />

41


Wenige Autoren von Lehrbüchern zum Thema qualitative Analyse nennen explizit<br />

die Ziele der von ihnen beschriebenen Methoden. Es wird wohl angenommen, dass<br />

sich, wie auch im Prozess der Analyse selbst, Methoden <strong>und</strong> Ziele gegenseitig<br />

bee<strong>in</strong>flussen <strong>und</strong> ergänzen. Qualitative Analyse erfordert von dem Forscher e<strong>in</strong>e<br />

große Offenheit <strong>und</strong> Bereitschaft, Annahmen der Ergebnisse immer wieder <strong>in</strong> Frage<br />

zu stellen. Gleichzeitig erlaubt sie mit ihrer Anerkennung vieler verschiedener<br />

Methoden <strong>und</strong> Theorien e<strong>in</strong> unter Umständen breiteres <strong>und</strong> tiefer gehendes<br />

Verständnis des Individuums <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Kontext als quantitative Analyse alle<strong>in</strong>.<br />

Systematische Vorgehensweise. Ebenso wie bei der quantitativen Analyse hängt<br />

auch bei der qualitativen Analyse die Güte wesentlich vom systematischen Vorgehen<br />

des Forschers ab. E<strong>in</strong>deutige Regeln, klare <strong>und</strong> vor allem nachvollziehbare<br />

Ablaufmodelle machen die qualitative Vorgehensweise weniger angreifbar.<br />

Qualitative Analyse darf demnach ke<strong>in</strong> wildes, nur durch Intuition gesteuertes<br />

Interpretieren von Texten se<strong>in</strong>. Im Gegenteil: je nachvollziehbarer der Prozess für<br />

Außenstehende ist <strong>und</strong> je unkomplizierter die Ablaufmodelle <strong>und</strong> Kategoriesysteme<br />

übernommen werden können, desto glaubhafter werden die Ergebnisse <strong>und</strong><br />

Schlussfolgerungen qualitativer Untersuchungen.<br />

E<strong>in</strong>e Gefahr besteht jedoch <strong>in</strong> der Übersystematisierung. Nicht jeder Gegenstand,<br />

nicht jede Methode <strong>und</strong> nicht jede Fragestellung erlaubt e<strong>in</strong>e maximal systematische<br />

Vorgehensweise. Zum Beispiel s<strong>in</strong>d Pilotstudien, Hypothesenf<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> vertiefende<br />

Studien weniger für e<strong>in</strong>e maximale Systematisierung geeignet. Wie bei der<br />

quantitativen Forschung wird sonst nur das erfasst, was bei der Konstruktion des<br />

Prozesses <strong>und</strong> der Instrumente vorgesehen war. Die unvore<strong>in</strong>genommene <strong>und</strong><br />

offene Betrachtungsweise der qualitativen Forschung geht so verloren.<br />

Wie gel<strong>in</strong>gt es dem Forscher, systematisch vorzugehen? Herber (1978) hat hierzu<br />

den Vorschlag der „Grafischen Ordnung” gemacht (<strong>in</strong> Huber, 1992). Geme<strong>in</strong>t ist<br />

damit die grafische Darstellung des Forschungsgegenstandes. In e<strong>in</strong>er<br />

schematischen Abbildung kann der Forscher se<strong>in</strong>en analytischen Prozess explizit<br />

darstellen. Die Zusammenfassung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er grafischen Dokumentation verdeutlicht<br />

zum e<strong>in</strong>en, wie sich das Verständnis des Forschers entwickelt hat, <strong>und</strong> zum anderen<br />

42


können Außenstehende sich sofort e<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong>en Überblick verschaffen. In<br />

Anhang 2 f<strong>in</strong>den sich drei Beispiele der für diese Arbeit genutzten grafischen<br />

Ordnung.<br />

Zyklischer Prozess. Gr<strong>und</strong>lage für den ständigen Kreislauf der qualitativen<br />

Analyse ist die Methode des „ständigen Vergleichens” von Glaser <strong>und</strong> Strauss ‘67 (<strong>in</strong><br />

Strauss & Corb<strong>in</strong>, 1996). Es ist falsch anzunehmen, der analytische Prozess<br />

bestünde aus dem e<strong>in</strong>maligen Durchlaufen der drei Phasen „Beobachten”,<br />

„Kodieren” <strong>und</strong> „Interpretieren”. Stattdessen ist es e<strong>in</strong> nie endender Kreislauf. Der<br />

qualitative Forscher hat oft zunächst nur e<strong>in</strong>e vage Vorstellung von se<strong>in</strong>em zu<br />

erforschenden Gegenstand (Konstrukt). Das Kodiersystem ist anfangs unvollkommen<br />

<strong>und</strong> offen. Während des Kodierungsprozesses entstehen meist immer wieder neue<br />

Kategorien. Nach der ersten Interpretationsphase werden die Vorstellungen zu dem<br />

Forschungsthema sehr viel konkreter, worauf sich dem Forscher wieder neue Fragen<br />

stellen, die wiederum neue Beobachtungen verlangen usw. Im Rahmen dieser Studie<br />

kann aus zeitlichen Gründen nur das e<strong>in</strong>malige Durchlaufen der drei Phasen<br />

gewährleistet werden.<br />

Abb. 4.1 Der zyklische Prozess der qualitativen Analyse (nach Shelly & Sibert <strong>in</strong><br />

Huber, 1992).<br />

4.1.2 Verwendete Erhebungsverfahren<br />

In dieser Untersuchung wurde die Methode des Interviews gewählt, um e<strong>in</strong> möglichst<br />

tiefes Verständnis der Mediatoren <strong>und</strong> Unternehmensvertreter ermöglichen zu<br />

können. Bestärkt wurde diese Entscheidung durch die Erkenntnis, dass qualitative<br />

Forschung eher offene als geschlossene Fragen stellt, welche für den Befragten<br />

leichter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Interview zu beantworten s<strong>in</strong>d als <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fragebogen. Anders als<br />

43


ei Fragebögen wird der Befragte <strong>in</strong> die Lage versetzt, ausführlich <strong>und</strong> schnell<br />

antworten zu können <strong>und</strong> dem Interviewer ist es möglich, flexibel auf das Gesagte zu<br />

reagieren. Insbesondere <strong>in</strong> der explorativen Forschung, bei der e<strong>in</strong> Wissensbereich<br />

erst ausgelotet werden muss, ist das Interview e<strong>in</strong> nahezu unverzichtbares<br />

Instrument. Vor- <strong>und</strong> Nachteile der Methode des Interviews werden ausführlich <strong>in</strong> den<br />

Kapiteln 4.1.2.2 <strong>und</strong> 4.2.2 diskutiert. E<strong>in</strong>e schriftliche Befragung für Mediatoren<br />

wurde dennoch geplant, um sich erst e<strong>in</strong>mal an den Forschungsgegenstand<br />

heranzutasten <strong>und</strong> erste Anhaltspunkte für die Entwicklung der Mediatoren-<br />

Interviews zu geben.<br />

4.1.2.1 Die schriftliche Befragung<br />

Ausgehend von der Zielsetzung dieser Studie wurde für Mediatoren e<strong>in</strong><br />

Fragebogen entwickelt, der folgende, vorwiegend soziodemografische, Bereiche<br />

erfasst:<br />

� Fragen zur Person (Alter, Geschlecht, Ausbildungsstand)<br />

� Fragen zur Ausbildung (Ort, Dauer, Abschluss, E<strong>in</strong>schätzung der Ausbildung)<br />

� Fragen zur Tätigkeit als Mediator (<strong>Mediation</strong>sfeld, Erfahrung, B<strong>und</strong>esland,<br />

Jahresumsatz)<br />

� Offene Frage zur Schwierigkeit, <strong>Mediation</strong>sfälle zu f<strong>in</strong>den <strong>und</strong> deren vermutete<br />

Ursachen<br />

Der Fragebogen wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mehrstufigen Prozedur entwickelt. In e<strong>in</strong>er Art<br />

Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g wurden alle Fragen gesammelt, die für e<strong>in</strong>en ersten Gesamtüberblick<br />

<strong>in</strong>teressieren könnten. Ergänzt wurden die Fragen durch die Anregungen <strong>in</strong><br />

Diskussionen mit ausgebildeten <strong>und</strong> angehenden Mediatoren. Die Ergebnisse dieser<br />

schriftlichen Befragung s<strong>in</strong>d im Kapitel 5.1 dargestellt.<br />

4.1.2.2 Das qualitative Telefon<strong>in</strong>terview<br />

Das bevorzugte Erhebungs<strong>in</strong>strument der qualitativen Forschung ist das Interview.<br />

Es bietet e<strong>in</strong>en guten Rahmen, um e<strong>in</strong> echtes Verständnis von der Welt des<br />

Befragten zu erlangen. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e soll im folgenden Teil näher auf die<br />

Besonderheiten des Interviews, vor allem des telefonischen, e<strong>in</strong>gegangen werden.<br />

44


Die direkte Kommunikation zwischen Interviewer <strong>und</strong> Interviewtem gilt als der<br />

„Königsweg” <strong>in</strong> der Sozialforschung (Hormuth & Brückner, 1985). Per Def<strong>in</strong>ition<br />

handelt es sich bei e<strong>in</strong>em Interview „um e<strong>in</strong>e planmäßige <strong>und</strong> zweckbestimmte<br />

sprachliche Interaktion zwischen zwei Personen, die <strong>in</strong> der Regel von Angesicht zu<br />

Angesicht stattf<strong>in</strong>det <strong>und</strong> vom Interviewer e<strong>in</strong>geleitet <strong>und</strong> auf bestimmte relevante<br />

Inhalte gelenkt wird mit dem Ziel, vom Interviewpartner durch gezielte Fragen oder<br />

Bemerkungen verbale Informationen objektiver <strong>und</strong>/oder subjektiver Art zu gew<strong>in</strong>nen“<br />

(Wittkowski, 1994).<br />

Das qualitative Interview folgt zwei Pr<strong>in</strong>zipien: erstens dem Pr<strong>in</strong>zip der Offenheit<br />

<strong>und</strong> zweitens dem Pr<strong>in</strong>zip der Kommunikation (Froschauer & Lueger, 1992). Mit<br />

Offenheit ist die Aufgeschlossenheit des Forschers gegenüber der Forschungsfrage,<br />

dem Forschungsablauf, der Auswahl der <strong>in</strong> die Untersuchung e<strong>in</strong>bezogenen<br />

Personen, dem Forschungssubjekt, der Untersuchungssituation, den Forschungsmethoden<br />

<strong>und</strong> den potenziellen alternativen Interpretationen geme<strong>in</strong>t. Daher kann<br />

<strong>und</strong> muss das qualitative Forschungsdesign immer wieder überarbeitet werden. Das<br />

Pr<strong>in</strong>zip der Kommunikation besagt, dass der Forscher e<strong>in</strong>e Kommunikationsbeziehung<br />

mit dem Forschungssubjekt e<strong>in</strong>gehen muss.<br />

Laut Rub<strong>in</strong> <strong>und</strong> Rub<strong>in</strong> (1995) schreiben sich qualitative Interviews wie „Urlaubsplanung“:<br />

Das Ziel ist zwar bekannt, der genaue Weg jedoch nicht. Dennoch halten<br />

die Autoren e<strong>in</strong> Forschungsdesign für wichtig. Mit Hilfe des Designs wird die<br />

ursprüngliche Motivation nicht vergessen, Daten können gewonnen werden <strong>und</strong> der<br />

Leser wird überzeugt, dass e<strong>in</strong> systematisches Vorgehen realisiert wurde. Dieses<br />

Design sollte “flexible, iterative and cont<strong>in</strong>uous“ se<strong>in</strong>, d.h., der qualitative Forscher<br />

sollte ke<strong>in</strong>e Angst haben, mit jeder neuen Information das Design zu ändern (“to<br />

redesign“). Dennoch ermutigen die Autoren dazu, lieber mit falschen Annahmen zu<br />

beg<strong>in</strong>nen als gar nicht anzufangen, da <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em flexiblen Design Annahmen mit<br />

jedem Interview wieder revidiert werden können.<br />

Der Hauptgr<strong>und</strong>, die Interviews telefonisch <strong>und</strong> nicht persönlich vor Ort durchzuführen,<br />

war die Kostenfrage. Die Kosten e<strong>in</strong>es Telefongesprächs ersche<strong>in</strong>en<br />

schw<strong>in</strong>dend ger<strong>in</strong>g gegenüber den Fahrt- <strong>und</strong> Zeitkosten von Interviews vor Ort mit<br />

e<strong>in</strong>er so verstreuten Stichprobe. E<strong>in</strong> weiterer Entscheidungsgr<strong>und</strong> für das Telefon-<br />

45


<strong>in</strong>terview war die Tatsache, dass es sich bei der Zielgruppe häufig um freiberuflich<br />

tätige oder um beruflich stark e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>ene Personen handelte, die teilweise sehr<br />

schwer erreichbar waren <strong>und</strong> auch nur e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Zeitrahmen für e<strong>in</strong><br />

Forschungs-<strong>in</strong>terview hatten. Aufgr<strong>und</strong> der besonderen Gesprächssituation am<br />

Telefon soll <strong>in</strong> den folgenden Abschnitten neben der Erläuterung der Vor- <strong>und</strong><br />

Nachteile auch auf allgeme<strong>in</strong>e Interviewregeln <strong>und</strong> die Datenqualität telefonischer<br />

Interviews e<strong>in</strong>gegangen werden.<br />

Das Telefon<strong>in</strong>terview ist nach Rub<strong>in</strong> <strong>und</strong> Rub<strong>in</strong> (1995) als Möglichkeit der<br />

Befragung noch nicht sehr weit verbreitet. Das ist eventuell e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>, warum sich<br />

fast ke<strong>in</strong>e Forschungsliteratur zu diesem Thema f<strong>in</strong>det. E<strong>in</strong>ige Vorteile <strong>und</strong> Nachteile<br />

sowie Interviewregeln lassen sich dennoch aus den eigenen Erfahrungen von Rub<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> Rub<strong>in</strong> (1995), Licht (1989) <strong>und</strong> Autoren der Markt- <strong>und</strong> Sozialforschung (Anders,<br />

1982; Hormuth & Brückner, 1985) zusammenfassen.<br />

Vorteile. Die Befragung am Telefon bietet folgende Vorteile (Anders, 1982):<br />

� kurze Kontaktzeiten<br />

� ger<strong>in</strong>gerer Zeitaufwand, da Fahrzeiten entfallen<br />

� ger<strong>in</strong>gere Kosten, da anfallende Telefonkosten wesentlich ger<strong>in</strong>ger s<strong>in</strong>d als die<br />

Fahrkosten beim persönlichen Interview<br />

� schwer erreichbare Zielgruppen (Vertreter, Freiberufler, etc.) können wegen des<br />

ger<strong>in</strong>geren Kontaktaufwands wesentlich billiger <strong>und</strong> mit besserer Ausschöpfung<br />

befragt werden<br />

� Feldzeiten, <strong>in</strong> denen sich der Forscher mit dem Forschungsgegenstand<br />

beschäftigt, können im Vergleich zum persönlichen Interview wesentlich<br />

verkürzt werden, da Brieflaufzeiten entfallen <strong>und</strong> pro Tag/pro Interviewer mehr<br />

Interviews geführt werden können<br />

� Bearbeitung der Studie wird durch schlechtes Wetter <strong>und</strong> ungünstige<br />

Straßenverhältnisse (Glatteis, Schnee) nicht bee<strong>in</strong>flusst<br />

Nachteile. Der größte Nachteil besteht dar<strong>in</strong>, dass dem Interviewer fast alle Arten<br />

von “conversational cues“ fehlen, d.h., dass der persönliche Kontakt stark<br />

e<strong>in</strong>geschränkt ist (Rub<strong>in</strong> & Rub<strong>in</strong>, 1995). Dem optischen Kontakt ist der<br />

Gesprächspartner beim Telefon<strong>in</strong>terview vollkommen entzogen (Hormuth &<br />

46


Brückner, 1985). So kann <strong>in</strong>sbesondere zu Beg<strong>in</strong>n des Gesprächs Unsicherheit auf<br />

beiden Seiten entstehen. Die Ursache dafür liegt <strong>in</strong> dem Bedürfnis, die eigene<br />

soziale Position mit der des Kommunikationspartners zu vergleichen, mit der Absicht,<br />

den sozialen Kontakt vorhersehbarer, sicherer <strong>und</strong> damit kontrollierbarer zu machen<br />

(Licht, 1989). Diese Unsicherheit kann dazu führen, das Gespräch so schnell wie<br />

möglich zu beenden bzw. Antworten zu verweigern (Frey, 1983 <strong>in</strong> Licht, 1989).<br />

E<strong>in</strong> weiteres Problem, auf das Licht (1989) aufmerksam macht, ist der Aspekt, dass<br />

sich beide Gesprächspartner völlig fremd s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> dies wahrsche<strong>in</strong>lich auch<br />

aufgr<strong>und</strong> des e<strong>in</strong>geschränkten Kontaktes bleiben werden. Dieser Fakt birgt aber<br />

auch e<strong>in</strong>en Vorteil: Der Interviewte kann davon ausgehen, dass diese „Begegnung“<br />

„sozial folgenlos“ bleiben wird (Kromrey, 1980 <strong>in</strong> Licht, 1989). Dies kann zu e<strong>in</strong>er<br />

völligen Offenheit ermutigen <strong>und</strong> sich auf das Gesprächsklima sehr förderlich<br />

auswirken. E<strong>in</strong> letzter Punkt, der hier erwähnt werden soll, ist die Behauptung von<br />

Rub<strong>in</strong> <strong>und</strong> Rub<strong>in</strong> (1995), dass es am Telefon schwieriger sei, sich auf den<br />

Gesprächspartner zu konzentrieren.<br />

Regeln. Aufgr<strong>und</strong> der besonderen Gesprächssituation am Telefon sollten<br />

folgende Erfahrungsregeln beachtet werden, die hier als examplarischer Ablauf<br />

zusammen gestellt s<strong>in</strong>d. Zu Beg<strong>in</strong>n wird dem ausgewählten Gesprächspartner e<strong>in</strong><br />

Anfragebrief zugesendet (Rub<strong>in</strong> & Rub<strong>in</strong>, 1995). Er enthält e<strong>in</strong>e kurze<br />

Projektbeschreibung, e<strong>in</strong>e Begründung, warum die Person ausgewählt wurde <strong>und</strong><br />

welcher Gew<strong>in</strong>n <strong>in</strong> der Beteiligung an der Untersuchung liegt. Ziel dieses Briefes ist<br />

es, Angst <strong>und</strong> Unsicherheit abzubauen, die Person zu motivieren, an der<br />

Untersuchung teilzunehmen <strong>und</strong> die eigene Interviewerfahrung hervorzuheben. Nach<br />

dem Anfragebrief folgt e<strong>in</strong> Term<strong>in</strong>absprache-Telefonat. Dieses dient neben der<br />

Term<strong>in</strong>abstimmung der Klärung von aufgekommenen Fragen der Gesprächsperson<br />

<strong>und</strong> dem Small-Talk. Das Term<strong>in</strong>absprache-Telefonat wird idealerweise nur mit der<br />

eigentlichen Interviewperson <strong>und</strong> nicht mit e<strong>in</strong>er anderen Person (z.B. der Sekretär<strong>in</strong>)<br />

geführt, um die Möglichkeit zu haben, sich an die Stimme <strong>und</strong> andere sprachliche<br />

Gewohnheiten (z.B. Dialekte) zu gewöhnen. Dann folgt das eigentliche Interview.<br />

Während des Term<strong>in</strong>absprache-Telefonats <strong>und</strong> des eigentlichen Telefon<strong>in</strong>terviews<br />

sollte der Gesprächsperson das Gefühl vermittelt werden, dass sie die passendste<br />

47


für das Thema <strong>und</strong> ihr Beitrag sehr wichtig ist. Es ist weiterh<strong>in</strong> zu erwähnen, dass<br />

e<strong>in</strong>e gewisse Informationstiefe <strong>und</strong> viele Details auch am Telefon von großer<br />

Bedeutung s<strong>in</strong>d (Rub<strong>in</strong> & Rub<strong>in</strong>, 1995). Licht (1989) empfiehlt aufgr<strong>und</strong> eigener<br />

Erfahrung bei sehr sensiblen Gesprächsthemen (z.B. sexuellem Missbrauch), so viel<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><strong>in</strong>formationen wie nötig zu geben. So entsteht nicht das Gefühl, e<strong>in</strong>er<br />

völlig fremden Person Intimes zu erzählen <strong>und</strong> dabei nicht zu wissen, was aus dem<br />

Gesagten werden wird.<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Telefon<strong>in</strong>terviews mehr<br />

Informationen im E<strong>in</strong>führungsbrief <strong>und</strong> telefonische Vorgespräche benötigen (Rub<strong>in</strong><br />

& Rub<strong>in</strong>, 1995), um ähnlich effektiv wie face-to-face Interviews zu se<strong>in</strong>.<br />

Datenqualität. Die Forschung zur Überprüfung der telefonisch erhobenen Daten<br />

beschäftigt sich hauptsächlich mit vergleichenden Studien von persönlichen <strong>und</strong><br />

telefonischen Interviews (Hormuth & Brückner, 1985). In den Ergebnissen dieser<br />

Vergleichsstudien zeigen sich jedoch kaum Abweichungen <strong>in</strong> Abhängigkeit vom<br />

Erhebungsmodus. E<strong>in</strong> Problem von vergleichenden Studien ist allerd<strong>in</strong>gs die<br />

Unsicherheit h<strong>in</strong>sichtlich des „wahren“ Wertes. In diesen Studien wurden die<br />

Ergebnisse der persönlichen Interviews zum Maßstab gemacht, obwohl auch dort<br />

Fehlerquellen bekannt s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> Vorteil von persönlichen Interviews ist, dass sie <strong>in</strong><br />

der Lage s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong> genaueres Bild über den „H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>“ des Datenmaterials zu<br />

geben. Falsche Aussagen können durch Augensche<strong>in</strong> erkennbar se<strong>in</strong>, z.B.<br />

Aussagen über die Wohnsituation, eventuell auch über den sozialen Status. Jedoch<br />

s<strong>in</strong>d Beobachtungen meist ke<strong>in</strong>e zuverlässigen Datenquellen <strong>und</strong> können<br />

Verzerrungen enthalten.<br />

Durch eigene Studien stellten Hormuth <strong>und</strong> Brückner (1985) fest, dass das<br />

Fehlen des Blickkontakts <strong>in</strong> Telefon<strong>in</strong>terviews zwar das Sammeln von nützlichen<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><strong>in</strong>formationen verh<strong>in</strong>dert, aber möglicherweise die Interviews auch von<br />

störenden E<strong>in</strong>flüssen befreit. Der Befragte muss sich am Telefon stärker als <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

persönlichen Interview auf se<strong>in</strong>en unsichtbaren Gesprächspartner konzentrieren.<br />

Insofern versucht er, Störungen <strong>und</strong> Geräuschkulissen, <strong>in</strong>sbesondere durch das<br />

E<strong>in</strong>mischen von anderen anwesenden Personen, spontan selbst abzustellen. Dritte<br />

Personen verlieren ohneh<strong>in</strong> aufgr<strong>und</strong> mangelnden Verständnisses der Fragen<br />

48


schnell ihr Interesse. Das Telefon<strong>in</strong>terview stiftet somit möglicherweise trotz<br />

e<strong>in</strong>geschränkter nonverbaler Stimuli e<strong>in</strong>e besonders enge Beziehung zwischen den<br />

Interaktionspartnern. Diese Intimität der telefonischen Gesprächssituation kann e<strong>in</strong>en<br />

bedeutsamen E<strong>in</strong>fluss auf die Aussagebereitschaft haben.<br />

4.1.3 Entwicklung der Interviewleitfäden<br />

Im Folgenden soll die Entwicklung der Interviewleitfäden für die telefonischen<br />

Interviews beschrieben werden. Zunächst werden allgeme<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong><br />

H<strong>in</strong>weise für die Gestaltung von Interviews diskutiert, um dann konkret auf die<br />

Entwicklung der drei Interviews für diese Studie e<strong>in</strong>zugehen.<br />

4.1.3.1 Allgeme<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Es gibt non-direktive, semi-direktive <strong>und</strong> direktive Leitfäden (Donaghy, 1990). Sie<br />

bewegen sich <strong>in</strong> dem Kont<strong>in</strong>uum zwischen der alle<strong>in</strong>igen Vorgabe des Themas,<br />

wobei das Interview selbst frei gestaltet werden kann, bis h<strong>in</strong> zu ausformulierten<br />

Fragen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Reihenfolge gestellt werden müssen. Für diese<br />

Arbeit wurden direktive Leitfäden verwendet. Sie haben die Funktion, dass jede<br />

Gesprächsperson mit denselben Fragen <strong>in</strong> derselben Reihenfolge konfrontiert wird<br />

<strong>und</strong> entsprechen somit e<strong>in</strong>er standardisierten Vorgehensweise. Zudem dienen sie<br />

der Herstellung von systematischer Distanz <strong>und</strong> erlauben dem Interviewer, se<strong>in</strong>e<br />

gesamte Aufmerksamkeit auf den Antwortenden zu richten (McCracken, 1988).<br />

Huber <strong>und</strong> Mandl (1994) geben e<strong>in</strong>ige H<strong>in</strong>weise, die bei der Formulierung von<br />

Fragen unbed<strong>in</strong>gt zu beachten s<strong>in</strong>d. Die Fragen sollten möglichst e<strong>in</strong>fach <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>deutig formuliert se<strong>in</strong>. Es sei darauf zu achten, dass sie nicht zu lang s<strong>in</strong>d, um den<br />

Befragten nicht zu überfordern. Da auf allgeme<strong>in</strong>e Fragen allgeme<strong>in</strong>e Antworten<br />

kommen, die meist wenig nützliche Informationen enthalten, sei es wichtig, konkrete<br />

Fragen zu formulieren. Zuletzt weisen die Autoren darauf h<strong>in</strong>, dass die Fragen nicht<br />

suggestiv se<strong>in</strong> dürfen.<br />

Donaghy (1990) appelliert daran, die Fragen frei von Jargon zu formulieren, da sie<br />

so jedem verständlich s<strong>in</strong>d. Ferner sollten die Fragen nicht negativ <strong>und</strong> nicht bohrend<br />

oder konfrontativ se<strong>in</strong>. Direktes Fragen sei nur s<strong>in</strong>nvoll, wenn der Interviewte auch<br />

49


damit umgehen könne. Jede Frage darf nach Donaghy (1990) nur e<strong>in</strong>en<br />

vollständigen Gedanken enthalten, um den Befragten nicht zu überfordern. Auch sei<br />

die konnotative Bedeutung der e<strong>in</strong>zelnen Wörter genau zu bedenken. Der<br />

Interviewer solle sich überlegen, ob das, was jedem Wort begrifflich-verbal oder<br />

emotional mitschw<strong>in</strong>gt, wirklich gewollt sei <strong>und</strong> welche Wirkungen es auf den<br />

Befragten haben könnte.<br />

Wittkowski (1994) unterscheidet zwei Arten von Fragen: Zum e<strong>in</strong>en die Primär-<br />

fragen, die wortgetreu gestellt werden können, <strong>und</strong> zum anderen die Sek<strong>und</strong>är-<br />

fragen, die bei Bedarf gestellt <strong>und</strong> nur stichpunktartig ausgearbeitet werden.<br />

Insgesamt sollten aber nur 20-30% des gesamten Interviews damit verbracht<br />

werden, Fragen zu stellen oder Statements zu machen (Donaghy, 1990). Der Fokus<br />

bei der Entwicklung von Fragen sollte aus dem Blickw<strong>in</strong>kel der Interviewpartner<br />

erfolgen, d.h. angepasst an se<strong>in</strong>e Weltsicht, Interessen <strong>und</strong> Sprache – sofern die<br />

Kenntnisse dazu vorhanden s<strong>in</strong>d.<br />

Innerhalb e<strong>in</strong>es Themenkreises sollten die e<strong>in</strong>zelnen Fragen logisch angeordnet<br />

se<strong>in</strong>. Es empfiehlt sich, am Anfang e<strong>in</strong>e neutrale Frage zu stellen, e<strong>in</strong>e sogenannte<br />

„Eisbrecher-Frage“. Sie darf weder Schwierigkeiten bereiten noch gefühlsbetonte<br />

Bereiche berühren (Wittkowski, 1994). Es kommt darauf an, das Interesse an der<br />

Thematik zu wecken (Huber & Mandl, 1994). Stärker affektive Fragen sollten erst <strong>in</strong><br />

der Mitte oder gegen Ende gestellt werden. Für gewöhnlich wird mit allgeme<strong>in</strong>en<br />

Fragen begonnen, um später zu den thematisch e<strong>in</strong>gegrenzten zu kommen (Trichter-<br />

Form), um Ausstrahlungseffekte, d.h. den E<strong>in</strong>fluss von eher gestellten Fragen auf die<br />

Antwort von später gestellten Fragen positiv zu nutzen.<br />

Es wurden drei Interviewleitfäden entwickelt: e<strong>in</strong>er für Mediatoren, e<strong>in</strong>er für<br />

Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er für Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung.<br />

In allen drei Interviewleitfäden wurde jeder Themenkreis mit e<strong>in</strong>er kurzen<br />

E<strong>in</strong>leitung begonnen (Wittkowski, 1984), <strong>in</strong> der dem Interviewten mitgeteilt wurde,<br />

worum es <strong>in</strong> dem folgenden Teil gehen wird. Die soziodemografischen Fragen<br />

wurden <strong>in</strong> Anlehnung an Huber <strong>und</strong> Mandl (1994) erst ganz am Schluss gestellt.<br />

50


Um die oben genannten allgeme<strong>in</strong>en Kriterien zu berücksichtigen, wurde e<strong>in</strong>e<br />

Checkliste (s. Anhang 12) entwickelt, mittels derer die Fragenformulierung der drei<br />

Interviewleitfäden überprüft wurde. Zusätzlich wurden die Leitfäden <strong>in</strong><br />

Probe<strong>in</strong>terviews an zwei Vertretern aus zwei unterschiedlichen<br />

Dienstleistungsunternehmen <strong>und</strong> zwei angehenden Mediatoren auf ihre <strong>in</strong>haltliche<br />

Vollständigkeit <strong>und</strong> Verständlichkeit h<strong>in</strong> getestet. Daraufh<strong>in</strong> wurde e<strong>in</strong>ige Teile der<br />

Leitfäden nochmals überarbeitet.<br />

4.1.3.2 Das Mediatoren-Interview<br />

Wie <strong>in</strong> der Literatur empfohlen, wurden zu Beg<strong>in</strong>n die Merkmalsbereiche (Themen),<br />

die Gegenstand des Interviews se<strong>in</strong> sollen, sorgfältig beschrieben. Dabei handelte es<br />

sich um folgende Themen:<br />

� Zufriedenheit mit dem wirtschaftlichen Erfolg<br />

� Vermarktungsstrategien/Werbung für <strong>Mediation</strong><br />

� Kenntnis über die Erfahrungen von Unternehmen mit <strong>Mediation</strong><br />

� Eigene Kompetenz <strong>in</strong> der <strong>Mediation</strong><br />

� Rollenspiel „Verkaufsgespräch“<br />

Die Ausarbeitung der Themen, Unterpunkte <strong>und</strong> schließlich der Fragen erfolgte <strong>in</strong><br />

schriftlicher Form. Wittkowski (1994) fordert e<strong>in</strong>e Beschreibung anhand der<br />

e<strong>in</strong>schlägigen Literatur, um E<strong>in</strong>seitigkeiten <strong>und</strong> subjektive Akzentuierungen zu<br />

vermeiden. Da <strong>in</strong> Bezug auf die Fragestellung dieser Studie nur sehr wenig Literatur<br />

zu f<strong>in</strong>den war, orientierte sich die Erarbeitung der Interviews stärker an den<br />

Aussagen aus der schriftlichen Befragung.<br />

Die Festlegung der Themenanzahl orientierte sich an Donaghy (1990): e<strong>in</strong><br />

Interview sollte nicht mehr als fünf oder sechs Themen be<strong>in</strong>halten, da die<br />

Konzentration meist nach e<strong>in</strong>er St<strong>und</strong>e beg<strong>in</strong>nt abzunehmen. Für e<strong>in</strong> Thema werden<br />

ca. 10-12 M<strong>in</strong>uten gebraucht. Nachdem festgelegt worden war, welche Themen<br />

bearbeitet werden sollten, wurde die mögliche Reihenfolge dieser Themen diskutiert.<br />

Donaghy (1990) schlägt e<strong>in</strong>e chronologische, örtliche, nach Klassen oder<br />

Kategorien, nach Schwierigkeit oder nach Kausalzusammenhängen geordnete<br />

Reihefolge vor. Bei dem Interviewleitfaden dieser Untersuchung wurde e<strong>in</strong>e<br />

51


Reihenfolge nach Schwierigkeit ausgewählt, die anfangs eher leichter zu<br />

beantwortende Themen anspricht, wie z.B. „Zufriedenheit mit dem eigenen Erfolg“<br />

<strong>und</strong> „Werbung für <strong>Mediation</strong>“ <strong>und</strong> erst später sensiblere Themen behandelt, wie z.B.<br />

die eigene „Kompetenz <strong>in</strong> der <strong>Mediation</strong>“.<br />

Ganz den Empfehlungen von Wittkowski (1994) folgend, beschäftigt sich die erste<br />

Frage des Leitfadens der Mediatoren-Interviews mit dem derzeit wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

wichtigsten Thema für Mediatoren: der subjektiven Zufriedenheit mit dem wirtschaft-<br />

lichen Erfolg. Mit subjektiver „Zufriedenheit“ (im folgenden „wirtschaftliche<br />

Zufriedenheit“ genannt) ist geme<strong>in</strong>t, ob der Mediator die <strong>Mediation</strong> als e<strong>in</strong>es se<strong>in</strong>er<br />

wirtschaftlichen Standbe<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>schätzen würde, d.h. ob er das Gefühl hat, dass<br />

Aufwand <strong>und</strong> Nutzen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em guten Verhältnis stehen <strong>und</strong> er zufriedenstellend<br />

entlohnt wird.<br />

Die abhängige Variable <strong>in</strong> der Auswertung des Mediatoren-Interviews ist der<br />

„Erfolg“ von Mediatoren. Operationalisiert wurde diese Variable zum e<strong>in</strong>en durch die<br />

eigene E<strong>in</strong>schätzung der „wirtschaftlichen Zufriedenheit“ als subjektives Kriterium<br />

<strong>und</strong> zum anderen durch die Anzahl der bereits bearbeiteten „<strong>Mediation</strong>sfälle“ im<br />

Verhältnis zur „Berufserfahrung“ („Seit wann arbeiten Sie als Mediator?“), durch den<br />

„Arbeitszeitanteil“ <strong>in</strong> Prozent, zu dem der Interviewpartner sich mit <strong>Mediation</strong><br />

beschäftigt <strong>und</strong> durch den „Jahresumsatz“, also dem Anteil vom E<strong>in</strong>kommen, der auf<br />

<strong>Mediation</strong> zurückzuführen ist, als objektive Kriterien.<br />

Subjektives Erfolgskriterium:<br />

• <strong>Wirtschaft</strong>liche Zufriedenheit<br />

Erfolg<br />

Abb. 4.2 Subjektive <strong>und</strong> objektive Erfolgskriterien.<br />

Objektive Erfolgskriterien:<br />

• Anzahl von <strong>Mediation</strong>en<br />

• Arbeitszeitanteil<br />

• Jahresumsatz<br />

52


Als „erfolgreiche Mediatoren“ gelten <strong>in</strong> dieser Studie jene, die mit ihrem<br />

wirtschaftlichen Erfolg subjektiv zufrieden s<strong>in</strong>d, bereits viele <strong>Mediation</strong>sfälle<br />

bearbeitet haben, sich <strong>in</strong> mehr als 50% ihrer Gesamtarbeitszeit mit <strong>Mediation</strong><br />

beschäftigen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en hohen Umsatz haben. Als „weniger erfolgreiche Mediatoren“<br />

werden wiederum jene angesehen, die bisher nur sehr wenige <strong>Mediation</strong>sfälle<br />

hatten, subjektiv nicht zufrieden s<strong>in</strong>d, sich weniger als 50% ihrer Arbeitszeit mit<br />

<strong>Mediation</strong> beschäftigen <strong>und</strong> nur e<strong>in</strong>en sehr ger<strong>in</strong>gen Jahresumsatz mit <strong>Mediation</strong><br />

machen.<br />

Bei der Auswahl der Kriterien wurde versucht, möglichst vielfältig die Variable<br />

„Erfolg“ zu erfassen. Ausgehend von der Motivationspsychologie, welche <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische<br />

(sach- oder aufgabenbezogene Anregungen) <strong>und</strong> extr<strong>in</strong>sische (von außen<br />

kommenden Anregungen, Belohnungen) Motivatoren unterscheidet, sollen nicht nur<br />

objektive, sondern auch subjektive Kriterien berücksichtigt werden. Die<br />

„wirtschaftliche Zufriedenheit“ gilt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang als <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische <strong>und</strong> der<br />

„Jahresumsatz“ als extr<strong>in</strong>sische Motivation. Da allerd<strong>in</strong>gs vermutet wurde, dass nicht<br />

alle Mediatoren ihr E<strong>in</strong>kommen nennen werden, sollten noch weitere objektive<br />

Erfolgskriterien erfragt werden. Das Kriterium „Anzahl von <strong>Mediation</strong>en“ sollte<br />

Aufschluss geben, wie viele <strong>Mediation</strong>en tatsächlich durchgeführt worden waren.<br />

H<strong>in</strong>ter dem Kriterium „Arbeitszeitanteil“ stand die Überlegung, dass jemand, der<br />

hauptberuflich <strong>Mediation</strong> betreibt <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e weitere E<strong>in</strong>nahmequelle hat, erfolgreich<br />

se<strong>in</strong> muss, um sich dies leisten zu können.<br />

Im letzten Teil des Mediatoren-Interviews, dem Rollenspiel „Verkaufsgespräch“,<br />

wurden die Gesprächspartner gebeten, sich <strong>in</strong> die Situation zu versetzen, e<strong>in</strong>em<br />

potenziellen K<strong>und</strong>en <strong>Mediation</strong> „verkaufen“ zu müssen. Dieser Teil wurde zusätzlich<br />

zu den Fragen mit e<strong>in</strong>bezogen, um weitere Informationen darüber zu bekommen, wie<br />

Mediatoren das Verfahren beschreiben. In diesem Rollenspiel sollte der Mediator<br />

sich vorstellen, dass er von e<strong>in</strong>er Unternehmensvertreter<strong>in</strong> (Interviewer<strong>in</strong>) angerufen<br />

wird, die sich für <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong>teressiert. Die Unternehmensvertreter<strong>in</strong> schildert e<strong>in</strong><br />

aktuelles Problem – mit der Frage, ob dieses durch <strong>Mediation</strong> zu lösen ist. Das<br />

dargestellte Problem, e<strong>in</strong> Konflikt zwischen Betriebsrat <strong>und</strong> Geschäftsführung über<br />

die Überst<strong>und</strong>enentlohnung, war <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vorgespräch von e<strong>in</strong>em „echten“<br />

53


Unternehmensvertreter geschildert worden. Die Aufgabe des Mediators bestand<br />

dar<strong>in</strong>, die fiktive Anrufer<strong>in</strong> davon zu überzeugen, diesen Konflikt mit e<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong><br />

beizulegen. Das Mediatoren-Interview bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Anhang 7.<br />

54


Bei den soziodemografischen Daten wurden <strong>in</strong> Anlehnung an die vorhergehende<br />

schriftliche Befragung Informationen zur Person <strong>und</strong> zur Tätigkeit erfasst, u.a.:<br />

� Alter, Geschlecht, Wohnort (B<strong>und</strong>esland), E<strong>in</strong>kommen<br />

� Gebiete der Tätigkeit als Mediator, Anteil der Arbeits- <strong>und</strong><br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation an der gesamten Tätigkeit als Mediator<br />

� Informationen über die Firmen, für die <strong>Mediation</strong>en gemacht wurden<br />

(Branche, Unternehmensgröße, Mitarbeiteranzahl, Umsatz)<br />

4.1.3.3 Die Unternehmens-Interviews<br />

Die Unternehmens-Interviews wurden nach den selben allgeme<strong>in</strong>en Empfehlungen<br />

wie das Mediatoren-Interview entwickelt. Sie sollen hier daher nur <strong>in</strong>haltlich<br />

beschrieben werden. Da sowohl Unternehmen mit als auch Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung <strong>in</strong>terviewt wurden, war es erforderlich, zwei Leitfäden zu<br />

entwickeln. Alle Unternehmensvertreter erhielten die selben Fragen zu den<br />

folgenden Themenkreisen:<br />

� Informationsquellen zum Umgang mit Konflikten<br />

� Veränderungen im Unternehmen (z.B. personeller oder struktureller Art)<br />

� Umgang mit Konflikten<br />

� Vorstellungen von <strong>Mediation</strong> (welche Vorstellung die Unternehmensver-<br />

treter also davon haben, was <strong>Mediation</strong> ist)<br />

Die erste Frage der Unternehmens-Interviews befasst sich allgeme<strong>in</strong> damit,<br />

woher der Gesprächspartner se<strong>in</strong>e Informationen zum Thema „Umgang mit<br />

Konflikten“ hat. Diese Frage lässt sich nach Wittkowski (1994) als relativ e<strong>in</strong>fach <strong>und</strong><br />

gefühlsneutral beschreiben, da der Interviewte e<strong>in</strong>fach nur se<strong>in</strong>e Informationsquellen<br />

aufzählen muss.<br />

Wie auch bei den Mediatoren-Interviews wurden, bis auf drei geschlossene Fragen,<br />

hauptsächlich offene Fragen gestellt. Für die Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung war das Interview mit dem letzten Themenkreis „Vorstellungen<br />

von <strong>Mediation</strong>“ abgeschlossen. Am Ende wurden bei beiden Interviewtypen Fragen<br />

zum Unternehmen (Branche, Mitarbeiterzahl, Umsatz im letzten Geschäftsjahr) <strong>und</strong><br />

zur Person (Alter, Position, Studienabschluss, Jahre im Unternehmen) des<br />

55


Interviewpartners gestellt. Es wurde außerdem erfragt, ob das Unternehmen viele<br />

geschäftliche Beziehungen zu den USA unterhält <strong>und</strong>/oder e<strong>in</strong>en amerikanischen<br />

Mutter- oder Tochterkonzern hat. Damit soll überprüft werden, ob Unternehmen<br />

tatsächlich, wie von Risse (1998) behauptet, auf diesem Wege mit <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong><br />

Kontakt kommen.<br />

Für die Unternehmensvertreter mit <strong>Mediation</strong>serfahrung wurde <strong>in</strong> dem Themenkreis<br />

„Vorstellungen von <strong>Mediation</strong>“ zusätzlich noch erfragt, wie neu der Begriff <strong>und</strong> das<br />

Verfahren <strong>Mediation</strong> für sie gewesen war, <strong>und</strong> wie riskant es für sie war, <strong>Mediation</strong><br />

zum ersten Mal e<strong>in</strong>zusetzen. Zudem gab es zwei weitere Themenkreise:<br />

� Suche e<strong>in</strong>es geeigneten Mediators <strong>und</strong><br />

� Zufriedenheit mit der <strong>Mediation</strong><br />

In diesen Themenkreisen waren die Antworten teilweise auf e<strong>in</strong>er vierstufigen<br />

Likert-Skala (Judd et al., 1991) e<strong>in</strong>zuordnen, um e<strong>in</strong>e Quantifizierung zu<br />

ermöglichen. Die Unternehmens-Interviews bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> zusammengefasster<br />

Form (also für Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung) <strong>in</strong> Anhang 8.<br />

4.1.4 Auswahl der Stichproben<br />

Die Generalisierung <strong>in</strong> quantitativen Studien basiert auf großen repräsentativen<br />

Stichproben <strong>und</strong> der Annahme, dass mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit dieselben<br />

Ereignisse <strong>in</strong> ähnlichen Situationen auftreten. Für qualitative Forscher s<strong>in</strong>d große<br />

Stichproben meist e<strong>in</strong>e Schwierigkeit. So wurde auch <strong>in</strong> dieser Studie e<strong>in</strong>e eher<br />

kle<strong>in</strong>e Stichprobe untersucht. Um dennoch die Ergebnisse verallgeme<strong>in</strong>ern zu<br />

können, schlägt Seale (1999) die Strategie der „theoretischen Generalisierung“ vor.<br />

Danach ist e<strong>in</strong> Ergebnis e<strong>in</strong>er Fallstudie auch auf größere Populationen übertragbar,<br />

nicht weil der Fall repräsentativ ist, sondern aufgr<strong>und</strong> der unangreifbaren Analyse<br />

(vgl. Strauss & Glaser 1967 <strong>in</strong> Seale 1999).<br />

Schriftliche Befragung. Bei der Auswahl der Stichprobe für die schriftliche<br />

Befragung wurde eher pragmatisch vorgegangen. Als Teststichprobe wurden die<br />

Teilnehmer des <strong>Mediation</strong>skongresses der CfM im November 2000 <strong>in</strong> Münster<br />

gewählt. Dort sollten die ersten Fragebögen verteilt werden. Aufgr<strong>und</strong> des<br />

56


Veranstaltungsortes wurde mit e<strong>in</strong>er Überrepräsentierung für das B<strong>und</strong>esland<br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen gerechnet, d.h., dass vermutlich die meisten befragten<br />

Mediatoren aus diesem B<strong>und</strong>esland angereist waren. Mit der Entfernung des<br />

B<strong>und</strong>eslandes nahm die Anzahl der Befragten ab. Es war auch nicht immer möglich,<br />

zu wissen, ob wirklich nur praktizierende Mediatoren <strong>und</strong> nicht noch <strong>in</strong> der<br />

Ausbildung bef<strong>in</strong>dliche Mediatoren den Fragebogen ausfüllen würden. Beide<br />

Störfaktoren wurden zum e<strong>in</strong>en durch das Erfassen des B<strong>und</strong>eslandes <strong>und</strong> zum<br />

anderen durch die Frage, wie lange der Befragte schon als Mediator tätig sei,<br />

versucht zu kontrollieren.<br />

Interviews. Im Rahmen dieser Studie wurden zwei Teile Deutschlands<br />

verglichen, nämlich die Neuen B<strong>und</strong>esländer (NBL, e<strong>in</strong>schließlich Ost-Berl<strong>in</strong>) <strong>und</strong><br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen (NRW) als Repräsentant für die alten B<strong>und</strong>esländer. Der Gr<strong>und</strong><br />

dafür war, dass so auch Aussagen über die Unterschiede der Akzeptanz von<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation <strong>in</strong>nerhalb Deutschlands möglich werden.<br />

NRW sozusagen als Vertreter der westlichen B<strong>und</strong>esländer zu nutzen hat e<strong>in</strong>e<br />

gewisse Tradition <strong>in</strong> der Literatur zu <strong>Mediation</strong>. In ihrer Doktorarbeit vergleicht von<br />

Hoyn<strong>in</strong>gen-Huene (2000) NRW mit den Niederlanden mit der Begründung, dass<br />

diese zwei ähnliche E<strong>in</strong>wohnerzahlen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e vergleichbare <strong>Wirtschaft</strong> haben.<br />

Zum Vergleich zwischen dem Westen (NRW) <strong>und</strong> dem Osten (NBL) Deutschlands<br />

sollen zunächst e<strong>in</strong> paar statistische Eckpunkte gegeben werden. In NRW leben ca.<br />

17,98 Mill. Menschen auf 34.100 km 2 <strong>und</strong> <strong>in</strong> den NBL s<strong>in</strong>d es ca. 14,8 Mill.<br />

Menschen auf 107.700 km 2 (Statistisches B<strong>und</strong>esamt, 2000a). Bei den<br />

wirtschaftlichen Kennzahlen s<strong>in</strong>d die Unterschiede zwischen den beiden Regionen<br />

sehr groß. Um nur e<strong>in</strong>ige Indikatoren zu nennen, hat NRW mit 826,9 Mrd. DM das<br />

höchste Brutto<strong>in</strong>landprodukt der B<strong>und</strong>esrepublik (Zahlen von 1998), die NBL br<strong>in</strong>gen<br />

es zusammen nur knapp auf die Hälfte mit 410,5 Mrd. DM (Statistisches B<strong>und</strong>esamt,<br />

2000a). Auch die Arbeitslosenquoten unterscheiden sich stark: <strong>in</strong> NRW s<strong>in</strong>d 11,2%<br />

der Bevölkerung erwerbslos, <strong>in</strong> den NBL s<strong>in</strong>d es im Schnitt 18,9%, <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt<br />

sogar 21,7% (Statistisches B<strong>und</strong>esamt, 2000b, 20001). Weiterh<strong>in</strong> werden <strong>in</strong> den NBL<br />

für dieselbe Arbeit nur 75% des <strong>in</strong> den westlichen B<strong>und</strong>esländern üblichen Lohnes<br />

gezahlt (Statistisches B<strong>und</strong>esamt, 2000c).<br />

57


So stellen sich die NBL <strong>und</strong> NRW als zwei Regionen dar, die zwar e<strong>in</strong>e ähnliche<br />

Bevölkerungszahl haben, sich <strong>in</strong> ihrer <strong>Wirtschaft</strong>skraft allerd<strong>in</strong>gs stark unterscheiden.<br />

Ob diese Differenzen e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die Akzeptanz von <strong>Wirtschaft</strong>smediation<br />

haben, soll <strong>in</strong> dieser Arbeit untersucht werden.<br />

Dazu sollten jeweils 20 MediatorInnen <strong>und</strong> 20 Unternehmen befragt werden. Die<br />

MediatorInnen wurden mit Hilfe des „<strong>Mediation</strong>s-Guides“ (Ewig, 2000) der Centrale<br />

für <strong>Mediation</strong>, dem derzeit umfangreichsten Index dieser Art <strong>in</strong> Deutschland,<br />

ausgewählt. Zu beachten ist hierbei, dass für e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong> dieses Verzeichnis<br />

gezahlt werden muss, so dass von e<strong>in</strong>er vollständigen Repräsentativität nicht<br />

ausgegangen werden kann. Andererseits haben MediatorInnen e<strong>in</strong> begründetes<br />

Interesse daran, aus Akquisitionszwecken <strong>in</strong> diesem Verzeichnis aufgeführt zu<br />

werden. Der Guide bietet zudem den Vorteil, dass alle als Mediator Tätigen,<br />

unabhängig von der eigentlichen Berufsangehörigkeit, hier aufgelistet s<strong>in</strong>d. In die<br />

engere Auswahl kamen alle Arbeits- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediatorInnen aus den neuen<br />

B<strong>und</strong>esländern <strong>und</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen.<br />

Weiterh<strong>in</strong> wurde auf e<strong>in</strong>e Gleichverteilung des Geschlechts <strong>und</strong> der<br />

Berufsangehörigkeit geachtet. In e<strong>in</strong>er Stellungnahme des B<strong>und</strong>es Deutscher<br />

Psycholog<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Psychologen heißt es, dass <strong>Mediation</strong> „e<strong>in</strong>en psychologischen,<br />

e<strong>in</strong>en sozialen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en juristischen/rechtlichen Aspekt“ hat (BDP, 2001). Analog<br />

dazu wurden für die Stichprobe sozialwissenschaftliche (<strong>in</strong>klusive psychologische)<br />

<strong>und</strong> juristische Mediatoren <strong>in</strong>terviewt. Letztendlich sah die geplante Verteilung der<br />

MediatorInnen wie folgt aus:<br />

NRW<br />

Männer<br />

Frauen<br />

NBL<br />

Männer<br />

Frauen<br />

Juristische<br />

Mediatoren<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

Sozialwiss.<br />

Mediatoren<br />

2<br />

2<br />

Andere Summe<br />

Anzahl 8 8 4 20<br />

2<br />

2<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

10<br />

10<br />

58


Abb. 4.3 Geplante Interviewstichprobe der Mediatoren.<br />

Die befragten Unternehmen fallen <strong>in</strong> zwei Kategorien: solche, die <strong>Mediation</strong> schon<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal genutzt haben <strong>und</strong> solche, die mit dem Verfahren bisher noch<br />

ke<strong>in</strong>e Erfahrungen gesammelt haben. Aus Gründen der Vergleichbarkeit war auch<br />

hier e<strong>in</strong>e Gleichverteilung zwischen den Neuen B<strong>und</strong>esländern <strong>und</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<br />

Westfalen geplant, so dass sich folgende Vierfeldertafel ergibt:<br />

<strong>Mediation</strong> ja <strong>Mediation</strong> ne<strong>in</strong> Summe<br />

NRW 5 5 10<br />

NBL 5 5 10<br />

Anzahl 10 10 20<br />

Abb. 4.4 Geplante Interviewstichprobe der Unternehmen.<br />

Der Kontakt zu den Unternehmen, die schon e<strong>in</strong>mal <strong>Mediation</strong> angewendet hatten,<br />

sollte über die befragten MediatorInnen <strong>und</strong> über die <strong>Mediation</strong>svere<strong>in</strong>e hergestellt<br />

werden. Die Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrungen sollten dann durch<br />

Recherchen <strong>in</strong> Telefon- <strong>und</strong> Branchenbüchern sowie dem Internet gef<strong>und</strong>en werden.<br />

Geplant war, sie als gematchtes Sample den Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrungen gegenüber zu stellen, d.h. die Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung sollten möglichst e<strong>in</strong>e ähnliche Unternehmensbranchen- <strong>und</strong><br />

Unternehmensgrößenverteilung<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung.<br />

aufweisen wie die Unternehmen mit<br />

59


4.2 Datenerhebung<br />

4.2.1 Schriftliche Befragung<br />

Die schriftliche Befragung teilte sich <strong>in</strong> zwei Erhebungen. Bei der ersten Erhebung<br />

g<strong>in</strong>g es vorrangig darum, sich an den Untersuchungsgegenstand heranzutasten <strong>und</strong><br />

den selbstentwickelten Fragebogen noch e<strong>in</strong>mal auf se<strong>in</strong>e Anwendbarkeit zu<br />

überprüfen. Die Fragebögen wurden zu Beg<strong>in</strong>n des <strong>Mediation</strong>skongresses der<br />

Centrale für <strong>Mediation</strong> (CfM) <strong>in</strong> Münster im November 2000 verteilt, d.h. sie wurden<br />

den Teilnehmern nach der ersten Großveranstaltung direkt <strong>in</strong> die Hand gegeben <strong>und</strong><br />

am Ende <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Box wieder e<strong>in</strong>gesammelt. Von den geschätzten 350 Teilnehmern<br />

füllten 27 den Fragebogen aus. Zu dieser niedrigen Rücklaufquote muss gesagt<br />

werden, dass sich auf dem Kongress nicht nur Mediatoren befanden, sondern auch<br />

Vertreter <strong>in</strong>teressierter Unternehmen, <strong>in</strong>teressierte Rechtsanwälte <strong>und</strong> Angehörige<br />

anderer Berufsgruppen <strong>und</strong> angehende Mediatoren, die ihre Ausbildung noch nicht<br />

beendet hatten.<br />

Besonders aufschlussreich für die weitere Untersuchung war die letzte offene<br />

Frage: „Viele ausgebildete Mediator<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mediatoren haben Schwierigkeiten,<br />

nach oder auch schon während der Ausbildung Fälle zu f<strong>in</strong>den. Was me<strong>in</strong>en Sie,<br />

woran das liegt?“. Die qualitativen Antworten wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art „grafischen<br />

Ordnung“ zusammengefasst (s. Anhang 2) <strong>und</strong> dienten der Orientierung bei der<br />

Entwicklung der Interviewleitfäden für die Mediatoren (Huber, 1992).<br />

E<strong>in</strong> weiteres Ergebnis war die Überarbeitung von vier Fragen. Hierbei handelte es<br />

sich um die Fragen „Welchen Beruf üben Sie aus?“, „Wie lange hat diese Ausbildung<br />

gedauert (<strong>in</strong> Monaten)?“, „Was hat die oben genannte Ausbildung Sie gekostet?“ <strong>und</strong><br />

„Mit welchem Abschluss haben Sie die Ausbildung beendet?“. Der Gr<strong>und</strong> für die<br />

Umformulierung der ersten drei Fragen war, dass auf diese Fragen zu ungenaue<br />

oder nicht vergleichbare Antworten kamen. Die vierte Frage konnte auf Basis der<br />

Antworten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e geschlossene Frage umgewandelt werden. Der überarbeitete<br />

Fragebogen bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Anhang 1.<br />

Um e<strong>in</strong> umfassenderes Bild der Situation der Mediatoren <strong>in</strong> Deutschland zu<br />

gew<strong>in</strong>nen, wurde noch e<strong>in</strong>e weitere Erhebung vorgenommen. Bei dieser zweiten<br />

60


Erhebung wurden die Fragebögen mit Hilfe von drei Interessenverbänden, der<br />

deutschen Gesellschaft für <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong> (DGMW), des<br />

<strong>B<strong>und</strong>esverband</strong>es für <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong> <strong>und</strong> Arbeitswelt (BMWA) <strong>und</strong> der<br />

Centrale für <strong>Mediation</strong> (CfM), an all ihre Mitglieder verschickt. Um zu verh<strong>in</strong>dern,<br />

dass der Fragebogen von e<strong>in</strong> <strong>und</strong> derselben Person mehrmals ausgefüllt wird, wurde<br />

darum gebeten, diesen Fragebogen nicht zu beantworten, wenn er schon auf dem<br />

<strong>Mediation</strong>skongress <strong>in</strong> Münster ausgefüllt worden war. Insgesamt wurden 48<br />

Fragebögen per Post oder Fax zurückgeschickt. Das entspricht bei e<strong>in</strong>er Gesamtzahl<br />

von 879 Mitgliedern der drei Vere<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>er Rücklaufquote von 5,5%, wenn davon<br />

ausgegangen werden kann, dass die Vere<strong>in</strong>e alle Mitglieder erreicht haben. Dieser<br />

Rücklauf ist nicht hoch <strong>und</strong> vermutlich auf das Fehlen von frankierten<br />

Briefumschlägen <strong>und</strong> die <strong>in</strong>direkte Kontaktaufnahme (über die Vere<strong>in</strong>e)<br />

zurückzuführen. Allerd<strong>in</strong>gs ist bei postalischen Befragungen allgeme<strong>in</strong> nicht mit e<strong>in</strong>er<br />

hohen Rücklaufquote zu rechnen.<br />

4.2.1.1 Stichprobencharakteristik der schriftlichen Befragung<br />

Da der Fragebogen der ersten Erhebung sich nur unwesentlich von dem<br />

Fragebogen der zweiten Erhebung unterscheidet, wurden beide Teilstichproben zu<br />

e<strong>in</strong>er Gesamtstichprobe von 75 Mediatoren zusammengezogen. Die<br />

Alterszusammensetzung der befragten Mediatoren ist <strong>in</strong> der folgenden Abbildung 4.5<br />

dargestellt.<br />

29%<br />

8%<br />

3%<br />

39%<br />

21%<br />

20 - 30 Jahre<br />

31 - 40 Jahre<br />

41 - 50 Jahre<br />

51 - 60 Jahre<br />

über 60 Jahre<br />

Abb. 4.5 Altersgruppen der schriftlichen Befragung (n = 75).<br />

Die meisten Befragten gehören der Altersgruppe von 41 bis 50 Jahren an. Nur sehr<br />

wenige Mediatoren der untersuchten Stichprobe s<strong>in</strong>d jünger als 30 oder älter als 60<br />

61


Jahre. Wird die Verteilung der Geschlechter betrachtet, kann gesagt werden, dass<br />

sich nur ger<strong>in</strong>gfügig mehr männliche als weibliche Mediatoren an der Befragung<br />

beteiligt haben (s. Abb. 4.6).<br />

56%<br />

44%<br />

weiblich<br />

männlich<br />

Abb. 4.6 Geschlechterverteilung der schriftlichen Befragung (n = 73).<br />

Weiterh<strong>in</strong> wurde erfasst, <strong>in</strong> welcher Fachrichtung die befragten Mediatoren e<strong>in</strong>en<br />

Studienabschluss haben. Bei dieser Frage war es möglich, mehrere Antworten zu<br />

geben, falls <strong>in</strong> mehreren Fachrichtungen e<strong>in</strong> Abschluss erworben wurde. Auffallend<br />

ist dabei, dass die Mehrheit der Befragten aus dem juristischen Fachbereich kam<br />

(53%), gefolgt von den sozialwissenschaftlichen (20%) <strong>und</strong> wirtschaftlichen (15%)<br />

Fachrichtungen. Zu den sozialwissenschaftlichen Fachrichtungen wurden<br />

Psychologie, Soziologie, Sozialpädagogik/-arbeit (mit Erziehungswissenschaften)<br />

gezählt. E<strong>in</strong>e genaue Aufschlüsselung gibt die folgende Abbildung.<br />

Anzahl<br />

Nennungen<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

40<br />

Rechtswissenschaften<br />

11<br />

<strong>Wirtschaft</strong>swissenschaften<br />

7<br />

Psychologie<br />

5<br />

Soziologie<br />

3 2 2 2<br />

Politikwissenschaften<br />

Verwaltungswissenschaften<br />

Ingenierwissenschaften<br />

6<br />

Sonstige<br />

Fachrichtung<br />

62


Abb. 4.7 Fachrichtungen - Mehrfachnennungen möglich (n = 69).<br />

4.2.2 Telefonische Interviews<br />

Regeln. Froschauer <strong>und</strong> Lueger (1992) empfehlen, neben der Klärung von<br />

organisatorischen D<strong>in</strong>gen, wie die Begründung der Tonbandaufnahme, was mit dem<br />

Interviewmaterial passiert <strong>und</strong> der Gesprächsdauer, e<strong>in</strong> angenehmes Klima zu<br />

erzeugen. Es gilt, das „Eis zu brechen“ (Donaghy, 1990). Gerade für Menschen, die<br />

Angst vor Interviews haben, ist es angenehm, wenn sie erst e<strong>in</strong>mal über sich selbst<br />

reden können. Sie genießen es, dass sich jemand für sie <strong>in</strong>teressiert. Diese Art der<br />

Gesprächseröffnung gibt ihnen das Gefühl, die dann folgenden Fragen beantworten<br />

zu können. Wichtig ist auch, zuzusichern, dass die eigenen Aussagen noch e<strong>in</strong>mal<br />

überprüft werden können. Für den Forscher hat das den Vorteil, dass er überprüfen<br />

kann, ob er das Gesagte auch richtig verstanden hat, im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er kommunikativen<br />

Validierung (Rub<strong>in</strong> & Rub<strong>in</strong>, 1995).<br />

Während des gesamten Interviews sollte der Interviewer Respekt zeigen. Der<br />

Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass der Forscher abhängig von der Kooperation des<br />

Gesprächspartners ist (Rub<strong>in</strong> & Rub<strong>in</strong>, 1995). Um bei heikleren Fragen Angst <strong>und</strong><br />

Prestigeverlust vorzubeugen, empfiehlt Wittkowski (1994) die Verwendung von<br />

Euphemismen, d.h. beschönigenden Begriffen, sprachliche Verhüllungen, z.B.<br />

„Verbesserungsvorschläge“ statt „Kritik“. Es kann auch beiläufig erwähnt werden,<br />

dass andere Leute ebenfalls diese oder jene Gewohnheit haben. Dennoch sollte <strong>in</strong><br />

der Formulierung der Fragen stets darauf geachtet werden, dass der<br />

Gesprächspartner se<strong>in</strong> Gesicht wahren kann. Wird bei e<strong>in</strong>er Antwort Kritik an<br />

Personen oder Institutionen erwartet, gibt der Interviewer dem Gesprächspartner<br />

zunächst die Gelegenheit zum Lob dieser Person oder Institution. Zum Abschluss<br />

schlagen Froschauer <strong>und</strong> Lueger (1992) die Dokumentation des Interviewkontextes<br />

vor.<br />

Erstkontakt. Als potenzielle Gesprächspartner für die Mediatoren-Interviews galten<br />

alle Mediatoren, die bereits Erfahrungen mit Arbeits- oder <strong>Wirtschaft</strong>smediation<br />

gesammelt hatten. Nachdem e<strong>in</strong> Adressenpool von allen geeigneten<br />

Interviewpartnern erstellt wurde, wurde entsprechend dem Untersuchungsplan (s.<br />

Kap. 4.1) e<strong>in</strong>e Zufallsstichprobe von je vier juristischen Mediatoren (zwei weiblich,<br />

63


zwei männlich) aus NRW <strong>und</strong> den NBL, je vier sozialwissenschaftliche Mediatoren<br />

aus NRW <strong>und</strong> den NBL <strong>und</strong> je zwei weiteren Mediatoren aus NRW <strong>und</strong> den NBL<br />

gezogen. Diese erhielten dann e<strong>in</strong>en „Anfragebrief“ (s. Anhang 3), welcher aus e<strong>in</strong>er<br />

kurzen Untersuchungsbeschreibung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Begründung, warum die<br />

angeschriebene Person ausgewählt wurde, bestand (Rub<strong>in</strong> & Rub<strong>in</strong>, 1995). Diesem<br />

Brief folgte e<strong>in</strong> „Term<strong>in</strong>absprache-Telefonat“, <strong>in</strong> welchem neben der<br />

Term<strong>in</strong>abstimmung bei E<strong>in</strong>willigung zu e<strong>in</strong>em Interview auch noch e<strong>in</strong>mal überprüft<br />

werden konnte, ob die angeschriebene Person tatsächlich zur Zielpopulation<br />

gehörte. Anhang 6 enthält e<strong>in</strong>en „Merkzettel“ mit den bei diesem Telefonat<br />

angesprochenen Punkten.<br />

Die geplante Stichprobe ließ sich nicht <strong>in</strong> der vorgesehenen Form realisieren:<br />

manche Mediatoren wollte nicht teilnehmen, manche waren nicht zu erreichen <strong>und</strong><br />

bei manchen stellte sich heraus, dass sie doch nicht, wie im <strong>Mediation</strong>s-Guide<br />

angegeben, <strong>in</strong> der Arbeits- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediation tätig s<strong>in</strong>d bzw. <strong>in</strong> diesem Gebiet<br />

noch ke<strong>in</strong>e Erfahrung haben. Vor allem die Teilstichprobe der<br />

sozialwissenschaftlichen Mediatoren <strong>in</strong> den NBL enthielt schließlich nur noch e<strong>in</strong>e<br />

Person. In der folgenden Abbildung ist die tatsächlich realisierte Stichprobe der<br />

Mediatoren dargestellt.<br />

NRW<br />

Männer<br />

Frauen<br />

NBL<br />

Männer<br />

Frauen<br />

Juristische<br />

Mediatoren<br />

2<br />

2<br />

3<br />

2<br />

Sozialwiss.<br />

Mediatoren<br />

4<br />

0<br />

Andere Summe<br />

Anzahl 9 5 5 19<br />

Abb. 4.8 Untersuchungsstichprobe der Mediatoren (n = 19).<br />

1<br />

0<br />

Die Auswahl der Unternehmen erfolgte nicht repräsentativ, sondern zufällig über<br />

die Verb<strong>in</strong>dungen der Mediatoren, der Interessenverbände <strong>und</strong> der Technischen<br />

Universität Dresden. Die Teilstichprobe der Unternehmen, die schon e<strong>in</strong>mal<br />

2<br />

0<br />

1<br />

2<br />

10<br />

9<br />

64


<strong>Mediation</strong> angewendet hatten, war schwierig zu f<strong>in</strong>den, da sich nur sehr wenige<br />

Mediatoren <strong>in</strong> der Lage sahen, e<strong>in</strong>en Kontakt für die Forscher<strong>in</strong>nen herzustellen.<br />

Weitere Unternehmen wurden dann durch anderweitige Kontakte <strong>und</strong> mit Hilfe von<br />

Interessenvere<strong>in</strong>en für <strong>Mediation</strong> aufgetan. Die gematchten Partner-Unternehmen,<br />

die derselben Branche angehörten <strong>und</strong> noch ke<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>erfahrungen gemacht<br />

hatten, waren zwar leichter zu f<strong>in</strong>den, jedoch schwieriger zu überzeugen, an der<br />

Untersuchung teilzunehmen. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e konnte nicht <strong>in</strong> jeder Branche<br />

e<strong>in</strong>em Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung e<strong>in</strong> Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung zugeordnet werden. Die Abbildung 4.9 stellt die tatsächlich<br />

realisierte Stichprobe der Unternehmen dar. Es lassen sich <strong>in</strong> der Auswertung also<br />

ke<strong>in</strong>e „gematchten“ Paare vergleichen, die <strong>in</strong>terviewten Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung gehören nur teilweise den selben Branchen an.<br />

Branchen<br />

<strong>Mediation</strong><br />

ja<br />

<strong>Mediation</strong><br />

ne<strong>in</strong><br />

Summe<br />

Dienstleistungen 0 2 2<br />

F<strong>in</strong>anzdienstleitungen 1 3 4<br />

Hotel- <strong>und</strong> Gaststättengewerbe 1 0 1<br />

Immobilien & Bauwirtschaft 1 0 1<br />

Rohstoffe & Energieversorgung 1 0 1<br />

Technologie, Telekommunikation &<br />

Enterta<strong>in</strong>ment<br />

1 2 3<br />

Automobil<strong>in</strong>dustrie 2 1 3<br />

Anzahl 7 8 15<br />

Abb. 4.9 Untersuchungsstichprobe der Unternehmen (n = 15).<br />

Ebenso wie die Mediatoren erhielten auch die Unternehmen zuerst e<strong>in</strong>en<br />

„Anfragebrief“, dem e<strong>in</strong> „Term<strong>in</strong>absprache-Telefonat“ folgte. Je nach Wunsch wurde<br />

den Unternehmen zusätzlich noch der Interviewleitfaden sowie das komplette<br />

Untersuchungskonzept <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Datenschutzerklärung (s. Anhang 7) zugeschickt.<br />

Die Interviews wurden unter den zwei Untersucher<strong>in</strong>nen gleichmäßig aufgeteilt.<br />

Unter Beachtung der allgeme<strong>in</strong>en Interviewregeln führt jede e<strong>in</strong>e Hälfte der<br />

65


Mediatoren-Interviews <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Hälfte der Unternehmens-Interviews durch. Die<br />

durchschnittliche Interviewdauer der Mediatoren-Interviews betrug ca. 43 M<strong>in</strong>uten,<br />

wobei das kürzeste Gespräch 22 M<strong>in</strong>uten, das längste 73 M<strong>in</strong>uten <strong>in</strong> Anspruch<br />

nahm. E<strong>in</strong> Unternehmens<strong>in</strong>terview dauerte im Durchschnitt ca. 30 M<strong>in</strong>uten, hier<br />

wiederum hatte das kürzeste Gespräch e<strong>in</strong>e Dauer von 14 M<strong>in</strong>uten, das längste e<strong>in</strong>e<br />

Dauer von 51 M<strong>in</strong>uten.<br />

4.2.2.1 Stichprobencharakteristik der <strong>in</strong>terviewten Mediatoren<br />

Die meisten <strong>in</strong>terviewten Mediatoren s<strong>in</strong>d analog zur Befragungsstichprobe<br />

zwischen 41 <strong>und</strong> 50 Jahre alt. Nur e<strong>in</strong> Mediator war jünger als 30 Jahre <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />

älter als 60 Jahre alt (s. Abb. 4.10).<br />

16%<br />

48%<br />

5%<br />

5%<br />

26%<br />

20 - 30 Jahre<br />

31 - 40 Jahre<br />

41 - 50 Jahre<br />

51 - 60 Jahre<br />

über 60 Jahre<br />

Abb. 4.10 Altersgruppen der Interviewstichprobe (n = 19).<br />

Es wurden deutlich mehr männliche als weibliche Mediatoren <strong>in</strong>terviewt (s.<br />

Abb. 4.11). E<strong>in</strong>e mögliche Ursache dafür könnte se<strong>in</strong>, dass wesentlich weniger<br />

Mediator<strong>in</strong>nen als Mediatoren sich mit <strong>Wirtschaft</strong>s- oder Arbeitsmediation<br />

beschäftigen. Psycholog<strong>in</strong>nen oder Sozialwissenschaftler<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der<br />

Stichprobe nicht vertreten.<br />

68%<br />

32%<br />

weiblich<br />

männlich<br />

66


Abb. 4.11 Geschlechterverteilung der Interviewstichprobe (n = 19).<br />

Die <strong>in</strong>terviewten Mediatoren haben, wieder unter Berücksichtigung von<br />

Mehrfachantworten, e<strong>in</strong>e oder mehrere Ausbildungen <strong>in</strong> den folgenden<br />

Fachrichtungen absolviert (s. Abb. 4.12). Trotz versuchter Gleichverteilung von<br />

Juristen <strong>und</strong> Sozialwissenschaftlern kam der größte Teil der Interviewten, <strong>in</strong><br />

Übere<strong>in</strong>stimmung mit den Befragungsergebnissen, aus dem juristischen Fachbereich<br />

(47%), gefolgt von dem sozialwissenschaftlichen (31%) <strong>und</strong><br />

wirtschaftswissenschaftlichen (21%) Bereich. Weiterh<strong>in</strong> befanden sich unter den<br />

Interviewten zwei Mediatoren, die u.a. e<strong>in</strong>e Lehrerausbildung hatten, zwei weitere,<br />

die u.a. Theologie studiert hatten <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Philosoph.<br />

Anzahl<br />

Nennungen<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Rechtswissenschaften<br />

9<br />

<strong>Wirtschaft</strong>swissenschaften<br />

4 4<br />

Psychologie<br />

Lehramt<br />

2 2<br />

Theologie<br />

Philosophie<br />

1 1 1<br />

Soziologie<br />

Abb. 4.12 Fachrichtungen – Mehrfachnennungen möglich (n = 19).<br />

Fachrichtung<br />

4.2.2.2 Stichprobencharakteristik der <strong>in</strong>terviewten Unternehmensvertreter<br />

In dieser Stichprobencharakteristik werden die Unternehmensvertreter mit <strong>und</strong><br />

ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung geme<strong>in</strong>sam betrachtet. Die meisten <strong>in</strong>terviewten<br />

Unternehmensvertreter waren zwischen 30 <strong>und</strong> 60 Jahren alt, nur e<strong>in</strong>e Person war<br />

jünger als 30 Jahre. Jeweils etwa e<strong>in</strong> Drittel der Unternehmensvertreter war zwischen<br />

31 <strong>und</strong> 40, zwischen 41 <strong>und</strong> 50 <strong>und</strong> zwischen 51 <strong>und</strong> 60 Jahren alt, es zeigte sich<br />

also e<strong>in</strong>e recht gleichmäßige Verteilung über die Altersgruppen (s. Abb. 4.13).<br />

67


7%<br />

33% 20 - 30 Jahre<br />

27%<br />

33%<br />

31 - 40 Jahre<br />

41 - 50 Jahre<br />

51 - 60 Jahre<br />

Abb. 4.13 Altersgruppen der befragten Unternehmensvertreter (n = 15).<br />

Die große Mehrheit der Interviewpartner war männlich (s. Abb. 4.14), was damit<br />

zusammenhängt, dass Frauen <strong>in</strong> Führungspositionen der <strong>Wirtschaft</strong> immer noch sehr<br />

stark unterrepräsentiert s<strong>in</strong>d. Unter den „Top 100“ der b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Unternehmen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Führungspositionen nur 5,5% der Stellen mit Frauen<br />

besetzt, <strong>und</strong> unter den r<strong>und</strong> 2000 deutschen Top-Managern f<strong>in</strong>det sich kaum mehr<br />

als e<strong>in</strong> Dutzend Frauen (Die Welt Onl<strong>in</strong>e, 2001).<br />

87%<br />

13%<br />

weiblich<br />

männlich<br />

Abb. 4.14 Geschlechterverteilung der befragten Unternehmensvertreter (n = 15).<br />

Aus Abbildung 4.15 lässt sich ersehen, dass alle Interviewpartner leitende<br />

Funktionen haben. 4 Personen s<strong>in</strong>d Justitiar oder Syndikus, 3 Geschäftsführer <strong>und</strong> 3<br />

Abteilungsleiter.<br />

68


Anzahl<br />

Interviewpartner<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Justitiar<br />

4<br />

Abteilungsleiter<br />

4<br />

3<br />

Leiter Personal<br />

2<br />

Fachkraft (Bildungswesen)<br />

1<br />

Position im<br />

Unternehmen<br />

Abb. 4.15 Position der Interviewpartner im Unternehmen (n = 15).<br />

Wie nach den Positionen der Gesprächspartner zu erwarten war, hatten die<br />

meisten Rechts- oder <strong>Wirtschaft</strong>swissenschaften studiert. Es gab allerd<strong>in</strong>gs auch<br />

e<strong>in</strong>en recht hohen Anteil an Psychologen (s. Abb. 4.16), der sich wohl vor allem<br />

dadurch erklären lässt, dass e<strong>in</strong>e Reihe von Kontakten über die Fachrichtung<br />

Psychologie der Technischen Universität Dresden hergestellt wurde.<br />

Anzahl<br />

Interviewpartner<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Rechtswissenschaften<br />

6<br />

Psychologie<br />

4<br />

<strong>Wirtschaft</strong>swisseschaften<br />

3<br />

Ingenieurwissenschaften<br />

1 1<br />

Hotelfach<br />

Abb. 4.16 Fachrichtungen der Interviewpartner (n = 15).<br />

Fachrichtung<br />

69


Die Interviewpartner hatten recht unterschiedlich lange Erfahrungen <strong>in</strong> ihrem<br />

jeweiligen Unternehmen (s. Abb. 4.17). Während 2 Personen erst 2 Jahre ihre Stelle<br />

hatten, konnten 3 Personen auf e<strong>in</strong>e mehr als 20jährige Karriere <strong>in</strong> ihrem<br />

Unternehmen zurückblicken. Etwa die Hälfte der Interviewpartner hatte zwischen 6<br />

<strong>und</strong> 15 Jahren Erfahrung <strong>in</strong> ihrem Unternehmen.<br />

14%<br />

6%<br />

20%<br />

6%<br />

27%<br />

27%<br />

0 - 5 Jahre<br />

6 - 10 Jahre<br />

11 - 15 Jahre<br />

16 - 20 Jahre<br />

21 - 25 Jahre<br />

26 - 30 Jahre<br />

Abb. 4.17 Betriebszugehörigkeit <strong>in</strong> Jahren (n = 15).<br />

Abschließend soll noch die Größe der Unternehmen angegeben werden, bei denen<br />

die Interviewpartner angestellt s<strong>in</strong>d. Die Klassifizierung <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>e, mittelgroßen <strong>und</strong><br />

große Unternehmen erfolgte nach dem HGB, § 267 (s. Anhang 14). Laut diesem<br />

Gesetz werden Unternehmen oder Gesellschaften nach der Bilanzsumme, der<br />

Mitarbeiteranzahl <strong>und</strong> dem Umsatzerlös klassifiziert. Weiterh<strong>in</strong> spielt es e<strong>in</strong>e Rolle,<br />

ob es sich um börsennotierte Unternehmen oder Gesellschaften handelt. Die<br />

Kriterien müssen m<strong>in</strong>destens zwei aufe<strong>in</strong>ander folgende Jahre lang erfüllt werden.<br />

Die Bewertung stützte sich auf die Geschäftsjahre 1999 <strong>und</strong> 2000 sowie die<br />

deutschen E<strong>in</strong>zelunternehmen, wenn es sich um weltweite Konzerne handelte. Zehn<br />

der 15 befragten deutschen E<strong>in</strong>zelnunternehmen waren börsennotierte Unternehmen<br />

<strong>und</strong> wurden demzufolge als große Unternehmen klassifiziert. Weitere vier<br />

Unternehmen erfüllten ebenfalls die Anforderungskriterien für e<strong>in</strong> großes<br />

Unternehmen. Somit waren <strong>in</strong>sgesamt 14 große <strong>und</strong> e<strong>in</strong> mittelgroßes Unternehmen<br />

an der Untersuchung beteiligt.<br />

70


4.3 Datenauswertung<br />

4.3.1 Quantitative Auswertung<br />

Für die Auswertung der schriftlichen Befragung <strong>und</strong> der quantitativen Angaben <strong>in</strong><br />

den Interviews wurde auf quantitative Auswertungsverfahren zurückgegriffen. Zu<br />

Beg<strong>in</strong>n wurden sowohl für die Befragung als auch für die Mediatoren- <strong>und</strong><br />

Unternehmens-Interviews die Häufigkeiten ermittelt <strong>und</strong> grafisch dargestellt.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der kle<strong>in</strong>en Stichproben der Mediatoren-Interviews (n = 19) <strong>und</strong> der<br />

Unternehmens-Interviews (n = 15) wurde bei diesen beiden Stichproben auf weitere<br />

statistische Berechnungen verzichtet. Dies gilt nicht für die schriftliche Befragung.<br />

Um bei der schriftlichen Befragung den Zusammenhang zwischen den<br />

abhängigen Variablen „Jahresumsatz“ <strong>und</strong> „subjektive Zufriedenheit“ <strong>und</strong> anderen<br />

Variablen (s. Anhang 11) zu ermitteln, wurden der Chi-Quadrat-Test <strong>und</strong> der t-Test<br />

durchgeführt. Dabei bestimmte das Skalenniveau der betreffenden Variablen die<br />

Wahl des Tests. Um Zusammenhänge zwischen nicht-metrischen, also kategorialen<br />

oder ord<strong>in</strong>alskalierten Variablen festzustellen, wurde der Chi-Quadrat-Test genutzt.<br />

Bei e<strong>in</strong>em metrischen Datenniveau wurde auf den t-Test zurückgegriffen.<br />

„... Der Chi-Quadrat-Test überprüft die Unabhängigkeit zweier Variablen <strong>und</strong><br />

damit <strong>in</strong>direkt den Zusammenhang der beiden Merkmale.“ (Bühl & Zöfel, 1994). Dazu<br />

werden Kreuztabellen gebildet. „... Zwei Variablen e<strong>in</strong>er Kreuztabelle gelten dann als<br />

vone<strong>in</strong>ander unabhängig, wenn die beobachteten Häufigkeiten der e<strong>in</strong>zelnen Zeilen<br />

mit den erwarteten Häufigkeiten übere<strong>in</strong>stimmen.“ (Bühl & Zöfel, 1994). Um die<br />

Stärke bzw. Schwäche e<strong>in</strong>es Zusammenhangs anzugeben, wurde der<br />

Kont<strong>in</strong>genzkoeffizient, e<strong>in</strong> auf dem Chi-Quadrat-Test basierendes Assoziationsmaß,<br />

berechnet. Dieser Koeffizient liegt immer zwischen 0 <strong>und</strong> 1, wobei Null ke<strong>in</strong>en<br />

Zusammenhang zwischen den Zeilen- <strong>und</strong> Spaltenvariablen angibt <strong>und</strong> Werte nahe<br />

1 e<strong>in</strong>en hohen Zusammenhang zwischen den Variablen (Bortz, 1993).<br />

Um Gruppenunterschiede zwischen den „zufriedenen“ <strong>und</strong> „unzufriedenen“<br />

Mediatoren sowie zwischen den „erfolgreichen“ <strong>und</strong> den „weniger erfolgreichen“<br />

Mediatoren festzustellen, wurde die Stichprobe <strong>in</strong> den Merkmalen „Zufriedenheit“<br />

(Mittelwert) <strong>und</strong> „Jahresumsatz“(Median) dichotomisiert. Die Variable „Jahresumsatz“<br />

71


teilte sich <strong>in</strong> die Gruppe von Mediatoren, die e<strong>in</strong>en „Jahresumsatz unter 12.500 €“<br />

<strong>und</strong> die, die e<strong>in</strong>en „Jahresumsatz über 12.500 €“ haben. Bei der Frage nach der<br />

„wirtschaftlichen Zufriedenheit“ galt es, im Fragebogen auf e<strong>in</strong>em Pfeil e<strong>in</strong> Kreuz<br />

zwischen zwei Polen zu setzen: Mediatoren, die e<strong>in</strong> Kreuz auf der l<strong>in</strong>ken Hälfte<br />

gemacht hatten, wurden als „zufrieden“ def<strong>in</strong>iert, Mediatoren, die auf der rechten<br />

Hälfte des Pfeils e<strong>in</strong> Kreuz gemacht hatten, wurden als „unzufrieden“ beschrieben.<br />

Für diese Gruppen wurde der t-Test für unabhängige Stichproben nach Student<br />

durchgeführt. Dieser vergleicht die Mittelwerte von Stichproben untere<strong>in</strong>ander,<br />

vorausgesetzt, dass es sich um normalverteilte Werte handelt. (Bortz, 1993; Bühl &<br />

Zöfel, 1994).<br />

4.3.2 Qualitative Auswertung<br />

4.3.2.1 Transkribierung<br />

Bei der Transkribierung wurden die Interviews zwischen den Forscher<strong>in</strong>nen<br />

getauscht, d.h. es wurden nicht die selbst durchgeführten Interviews transkribiert,<br />

sondern die nicht durchgeführten Interviews. Auf diese Art sollte e<strong>in</strong>e erhöhte<br />

Objektivität <strong>in</strong> die Transkribierung gebracht werden. Die Interviews wurden Wort für<br />

Wort transkribiert, jedoch ohne Zwischen- <strong>und</strong> Fülllaute wie „äh“, „hm“, „mmm“ etc.<br />

Auch wurden nicht, wie <strong>in</strong> manchen Studien üblich, die Länge von Pausen (außer<br />

wenn sie besonders lang waren), der Tonfall oder die Satzmelodie aufgezeichnet.<br />

Alle transkribierten Mediatoren-Interviews bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Anhang 15 auf der<br />

beigefügten CD-Rom (nur für die Gutachter). Daten, die e<strong>in</strong>e Identifizierung der<br />

Interviewpartner erlauben könnten, wurden aus den Transkribierungen entfernt.<br />

4.3.2.2 Der Kodierprozess<br />

Wie läuft der Kodierungsprozess ab? Wie ist das Vorgehen im E<strong>in</strong>zelnen? Im<br />

Unterschied zur quantitativen Forschung lässt sich auch bei <strong>in</strong>tensiven<br />

Literaturstudien ke<strong>in</strong> „Standardset” für qualitative Analysen f<strong>in</strong>den (Kohler Riessman,<br />

1993). Ostner (1982) br<strong>in</strong>gt das eigentliche Dilemma auf den Punkt, <strong>in</strong>dem er<br />

schreibt: „Ich vermisse E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> das ‘Handwerkliche’ ” (<strong>in</strong> Lamnek, 1995). Der<br />

qualitative Forscher ist sehr auf se<strong>in</strong>e eigene Kreativität angewiesen. E<strong>in</strong> anderes<br />

Problem, dem man <strong>in</strong> der Literatur begegnet, ist die Term<strong>in</strong>ologie. Es lassen sich<br />

72


viele Beispiele für den Kodierungsprozess f<strong>in</strong>den, die sehr große Ähnlichkeiten<br />

aufweisen. Wer sich zum ersten Mal mit qualitativer Analyse beschäftigt, ist nach der<br />

Darstellung des vierten oder fünften Verfahrens mehr als verwirrt <strong>und</strong> dem Verdacht<br />

nahe, dass er eigentlich immer wieder dasselbe nur mit anderen Worten liest. Aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong>e soll hier nur e<strong>in</strong> für diese Studie passender Kodierungsprozess<br />

dargestellt werden. Vorab wird e<strong>in</strong>e kurze Begriffserklärung des Wortes<br />

„Kodierungsprozess” gegeben.<br />

Der Kodierungsprozess ist „der Prozess, <strong>in</strong> dem die rohen Daten systematisch<br />

transformiert <strong>und</strong> <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heiten zusammengefasst werden, die e<strong>in</strong>e genaue<br />

Beschreibung der im Inhalt enthaltenen Charakteristika gestattet” (Bard<strong>in</strong>, 1986 <strong>in</strong><br />

Huber, 1992). In dieser Untersuchung heißt das, rohe, verbale Daten (Text) so zu<br />

reduzieren oder, e<strong>in</strong>facher gesagt, zu <strong>in</strong>terpretieren, dass sich die s<strong>in</strong>ntragenden<br />

Elemente herauskristallisieren. Diese s<strong>in</strong>ntragenden Elemente werden <strong>in</strong> der<br />

Literatur auch “Bedeutungse<strong>in</strong>heiten” genannt.<br />

Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayr<strong>in</strong>g. In Flick et al. (1995) beschreibt<br />

Mayr<strong>in</strong>g (1990) drei Gr<strong>und</strong>formen der qualitativen Inhaltsanalyse: die<br />

zusammenfassende, die explorierende <strong>und</strong> die strukturierende Inhaltsanalyse. Ziel<br />

von Inhaltsanalysen ist die systematische Bearbeitung von Material aus<br />

Kommunikationen.<br />

Bei der zusammenfassenden Inhaltsanalyse wird das Datenmaterial so reduziert,<br />

dass wesentliche Inhalte erhalten bleiben, aber e<strong>in</strong> überschaubarer Kurztext<br />

entsteht. Sie bietet sich immer dann an, wenn der Forscher nur an der <strong>in</strong>haltlichen<br />

Ebene des Materials <strong>in</strong>teressiert ist.<br />

Das Ziel der explizierenden Inhaltsanalyse ist die Suche nach zusätzlichem<br />

Material, um unklare Textstellen (Begriffe, Sätze, ...) verständlicher zu machen.<br />

Dabei lässt sich zwischen e<strong>in</strong>er engeren Kontextanalyse, die nur das direkte<br />

Textumfeld (z.B. die aufgezeichneten Aussagen e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>terviewten Person)<br />

heranzieht, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er weiteren Kontextanalyse, die Zusatzmaterial (z.B. weitere<br />

Veröffentlichungen der <strong>in</strong>terviewten Person, erneute telefonische Nachfragen) über<br />

den Text h<strong>in</strong>aus sammelt, unterscheiden.<br />

73


Die strukturierende Inhaltsanalyse will bestimmte Aspekte aus dem Datenmaterial<br />

herausfiltern. Sie geht im Unterschied zur zusammenfassenden Inhaltsanalyse<br />

stärker theoriegeleitet vor. Unter vorher festgelegten Ordnungskriterien kann<br />

e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> Querschnitt durch das Material gelegt oder andererseits das Material<br />

unter bestimmten Kriterien e<strong>in</strong>geschätzt werden. Die e<strong>in</strong>zelnen Strukturdimensionen<br />

(Themen) werden dabei <strong>in</strong> Kategorien untergliedert. Um bei der Strukturierung des<br />

Materials systematisch vorzugehen, werden Kodierleitfäden, auch Kodiersysteme<br />

genannt, genutzt. In diesen stehen die genaue Formulierung von Def<strong>in</strong>itionen für die<br />

e<strong>in</strong>zelnen Kategorien, typische Textpassagen als „Ankerbeispiele“ <strong>und</strong> Kodierregeln.<br />

Zu allen drei Formen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Flick (1995) Ablaufmodelle dargestellt. Bei Mayr<strong>in</strong>g<br />

(1990) selbst s<strong>in</strong>d neben den Ablaufmodellen noch Verfahrens- <strong>und</strong><br />

Interpretationsregeln formuliert. Da <strong>in</strong> dieser Studie das Datenmaterial aufgr<strong>und</strong> der<br />

direktiven Leitfäden (Donaghy, 1990), bereits themenbezogen vorlag, wurde die<br />

Vorgehensweise der strukturierenden Inhaltsanalyse genutzt (s. Abb. 4.24).<br />

6.Schritt<br />

Überarbeitung,<br />

gegebenenfalls<br />

Revision von<br />

Kategoriesystem<br />

<strong>und</strong> Kategoriedef<strong>in</strong>ition<br />

1.Schritt<br />

Festlegung der Strukturdimensionen<br />

(theoriegeleitet)<br />

2.Schritt<br />

Bestimmung der Ausprägung (theoriegeleitet)<br />

Zusammenstellung e<strong>in</strong>es Kodiersystems<br />

3.Schritt<br />

Formulierung von Def<strong>in</strong>itionen, Ankerbeispielen<br />

<strong>und</strong> Kodierregeln zu den e<strong>in</strong>zelnen Kategorien<br />

4.Schritt<br />

Materialdurchlauf: F<strong>und</strong>stellenbezeichnung<br />

5.Schritt<br />

Materialdurchlauf:<br />

Bearbeitung <strong>und</strong> Extraktion der F<strong>und</strong>stellen<br />

7.Schritt<br />

Ergebnisaufarbeitung<br />

Abb. 4.24 Ablaufmodell der strukturierenden Inhaltsanalyse (<strong>in</strong> Flick, 1995).<br />

74


4.3.2.3 Entwicklung e<strong>in</strong>es Kodiersystems<br />

Die Vorgehensweise bei der strukturierenden Inhaltsanalyse soll hier nach dem<br />

Ablaufmodell <strong>in</strong> Flick (1995) dargestellt werden. Da der Prozess für die Mediatoren-<br />

<strong>und</strong> Unternehmens-Interviews vom Vorgehen her gleich war, wird er<br />

zusammenfassend beschrieben.<br />

Schritt 1. Für die Auswertung wurden vorab schon e<strong>in</strong>ige grobe<br />

Strukturdimensionen festgelegt. Dabei handelte es sich um die e<strong>in</strong>zelnen Themen<br />

der Fragebögen (s. Kap. 4.1.3.2 <strong>und</strong> 4.1.3.3).<br />

Schritt 2. Das Kodiersystem wurde zum Teil theoriegeleitet, zum Teil aus dem<br />

Untersuchungsmaterial (also den transkribierten Interviews) heraus erarbeitet. Hier<br />

war das Vorgehen bei Mediatoren- <strong>und</strong> Unternehmens-Interviews unterschiedlich.<br />

Bei den Mediatoren-Interviews wurde nur jedes zweite Interview (alle ungeraden<br />

Codes) zur Erstellung des Kodiersystems benutzt. Bei den Unternehmen h<strong>in</strong>gegen<br />

wurden alle Interviews für die Erstellung des Kodiersystems genutzt. Der Gr<strong>und</strong> für<br />

dieses unterschiedliche Vorgehen war zum e<strong>in</strong>en die unterschiedlich hohe Anzahl<br />

von Interviews <strong>und</strong> zum anderen, dass die Unternehmens- im Gegensatz zur<br />

Mediatorenstichprobe eher heterogen war (sehr viele verschiedene Branchen,<br />

unterschiedlich lange Erfahrung der Interviewpartner <strong>in</strong> ihrer jeweiligen Stelle sowie<br />

Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung). Wären nicht alle genutzt worden,<br />

hätte es zu große Informationsverluste gegeben. Das tatsächliche Vorgehen zur<br />

Erarbeitung des Kodiersystems war allerd<strong>in</strong>gs das gleiche. Die transkribierten<br />

Interviews wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art Zusammenschau gelesen mit dem Ziel, für jeden<br />

Informationskomplex sozusagen Überschriften (Kategorien) <strong>und</strong> deren<br />

Ausprägungen zu f<strong>in</strong>den. E<strong>in</strong> Beispiel für die Mediatoren-Interviews: Dort lautete die<br />

erste Frage „Wie zufrieden s<strong>in</strong>d Sie mit Ihrem wirtschaftlichen Erfolg als Mediator?“.<br />

Die Antworten auf diese Frage ließen sich unter der Überschrift (Kategorie)<br />

„<strong>Wirtschaft</strong>liche Zufriedenheit“ zusammenfassen, deren Ausprägungen „zufrieden“,<br />

„weder/noch“ <strong>und</strong> „unzufrieden“ waren.<br />

Schritt 3. Ausgehend von dem im vorherigen Schritt erarbeiteten Kodiersystem<br />

wurde nun e<strong>in</strong> beschreibendes Kodiersystem entwickelt. Am Anfang dieser<br />

Beschreibung wird auf e<strong>in</strong>ige Kodierregeln e<strong>in</strong>gegangen, d.h. Vorgehensweisen, die<br />

76


ei der Kodierung (Reduzierung) des Untersuchungsmaterials zu beachten s<strong>in</strong>d.<br />

Hierfür e<strong>in</strong> Beispiel: „E<strong>in</strong>e Bedeutungse<strong>in</strong>heit ist e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>ntragende Textstelle. Sie<br />

kann aus e<strong>in</strong>em Satz, e<strong>in</strong>er Wortgruppe oder e<strong>in</strong>em Wort bestehen“. Weiterh<strong>in</strong> wird<br />

jede Kategorie kurz erläutert (def<strong>in</strong>iert). Im Falle des bereits genannten Beispiels der<br />

Kategorie „<strong>Wirtschaft</strong>liche Zufriedenheit“ ist dort folgende Erklärung zu f<strong>in</strong>den: „...<br />

damit ist geme<strong>in</strong>t, ob der/die MediatorIn die <strong>Mediation</strong> als e<strong>in</strong>es ihrer wirtschaftlichen<br />

Standbe<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>schätzen würde, d.h. zufriedenstellend entlohnt wird. Mit<br />

„zufriedenstellend entlohnt“ ist geme<strong>in</strong>t, ob Aufwand <strong>und</strong> Nutzen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em guten<br />

Verhältnis stehen.“ Zu jeder e<strong>in</strong>zelnen Ausprägung der Kategorien gibt es im<br />

beschreibenden Kodiersystem sogenannte „Ankerbeispiele“, also Textstellen, die<br />

beispielhaft <strong>in</strong> diese Ausprägung der Kategorie e<strong>in</strong>geordnet werden. Jedes dieser<br />

Beispiele wird mit se<strong>in</strong>er F<strong>und</strong>stelle, also dem Interviewcode <strong>und</strong> der Seitenzahl,<br />

aufgeführt. E<strong>in</strong> Ankerbeispiel für die Ausprägung „zufrieden“ der Kategorie<br />

„<strong>Wirtschaft</strong>liche Zufriedenheit“ ist: „mit dem wirtschaftlichen Erfolg b<strong>in</strong> ich sehr<br />

zufrieden“ (G11-M).<br />

Schritt 4 <strong>und</strong> 5. In dieser Phase des ersten Materialdurchlaufs wurde das<br />

Kodiersystem an e<strong>in</strong>em Teil der Interviews erprobt. Beide Forscher<strong>in</strong>nen kodierten<br />

die Interviews nach Vorgabe des <strong>in</strong> der 3. Phase entwickelten beschreibenden<br />

Kodiersystems. Dabei wurden die e<strong>in</strong>zelnen Textstellen mit ihren F<strong>und</strong>stellen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Vorlage mit den Kategorien <strong>und</strong> ihren Ausprägungen e<strong>in</strong>geordnet.<br />

Schritt 6. Nach diesem Materialdurchlauf wurden aufgr<strong>und</strong> der noch nicht<br />

befriedigenden Beurteilerübere<strong>in</strong>stimmung von 68% <strong>in</strong> Diskussion zwischen den<br />

beiden Forscher<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>zelne Kategorien noch e<strong>in</strong>mal überarbeitet. Es wurden<br />

Kategorien gestrichen, die nicht e<strong>in</strong>deutig waren. Ähnliche, nicht trennscharfe<br />

Kategorien wurden zusammengefasst <strong>und</strong> andere Kategorien bedurften nur e<strong>in</strong>er<br />

präziseren Beschreibung.<br />

Zweiter Materialdurchlauf. Gemäß des Ablaufmodell von Mayr<strong>in</strong>g (1990)<br />

wurden nun noch e<strong>in</strong>mal die Schritte 3-5 durchlaufen. Bei den Mediatoren-Interviews<br />

wurden bei diesem Materialdurchlauf jedoch alle Interviews berücksichtigt <strong>und</strong> nicht<br />

nur die e<strong>in</strong>e Hälfte wie <strong>in</strong> dem ersten Durchlauf. Auch nach diesem Schritt wurden<br />

wieder Kategorien verändert <strong>und</strong> das Kodiersystem perfektioniert. Somit s<strong>in</strong>d die<br />

77


eschreibenden Kodiersysteme für die Mediatoren im Anhang 16 auf der<br />

beiliegenden CD-Rom <strong>und</strong> für die Unternehmen im Anhang von Teil 2 dieser Arbeit<br />

Ergebnisse dieses letzten Schrittes. Aus Zeitgründen wurde allerd<strong>in</strong>gs auf e<strong>in</strong><br />

nochmaliges Durchlaufen verzichtet. Stattdessen wurden im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />

kommunikativen Validierung zwischen den Forscher<strong>in</strong>nen (Flick, 1995) alle<br />

Aussagen dah<strong>in</strong>gehend untersucht, ob sie a) hypothetisch, b) Zukunftsaussagen<br />

oder c) allgeme<strong>in</strong>e „man“-Aussagen waren, die ke<strong>in</strong>e direkten Rückschlüsse auf die<br />

tatsächliche Haltung/Tätigkeit des Befragten zuließen. Diese drei Typen von<br />

Aussagen wurden aus der Auswertung herausgenommen, da Wünsche, Pläne u. ä.<br />

nicht Teil der Analyse se<strong>in</strong> sollten.<br />

Objektivitätsprüfung. Das Ergebnis des zweiten Materialdurchlaufs war e<strong>in</strong>e<br />

Beurteilerübere<strong>in</strong>stimmung von 79%, die durchaus als zufriedenstellend angesehen<br />

werden kann. Frick <strong>und</strong> Semmel (1978) halten Übere<strong>in</strong>stimmungen von 75% für<br />

akzeptabel (<strong>in</strong> Greve, 1991). Dazu wurden alle kodierten Aussagen aus den<br />

Mediatoren-Interviews <strong>und</strong> aus den Unternehmens-Interviews <strong>in</strong> jeweils e<strong>in</strong>er großen<br />

Tabelle (s. Anhang 17 der beiliegenden CD-Rom) zusammengetragen, aus der<br />

ersichtlich ist, welche Forscher<strong>in</strong> welche Aussage <strong>in</strong> welche Kategorie e<strong>in</strong>geordnet<br />

hat. Für e<strong>in</strong>e noch höhere Objektivität wurden nur die übere<strong>in</strong>stimmenden Aussagen<br />

ausgewertet, d.h. die Aussagen, die von beiden Urteiler<strong>in</strong>nen kodiert wurden (s.<br />

Anhang 18 der beiliegenden CD-Rom).<br />

Mit dem hier beschriebenen Vorgehen folgt diese Arbeit fast vollständig den<br />

Empfehlungen von Froschauer <strong>und</strong> Lueger (1992), die vorschlagen, die<br />

Interpretationen von qualitativen Interviews <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe von m<strong>in</strong>destens zwei<br />

Personen vorzunehmen. Dabei sei es wichtig, dass die Interpreten sich gegenseitig<br />

akzeptieren <strong>und</strong> vorab ihre Rollenverteilung während der Interpretation klären. Die<br />

Interpretationen sollten schrittweise, chronologisch <strong>und</strong> ohne Zeitdruck erfolgen.<br />

4.4 Diskussion der methodischen Durchführung<br />

Diese Studie lässt sich von der methodischen Durchführung her an verschiedenen<br />

Stellen kritisieren. Zunächst e<strong>in</strong>mal zur schriftlichen Befragung der Mediatoren. Hier<br />

hätte e<strong>in</strong> frankierter Rückumschlag e<strong>in</strong>e höhere Rücklaufquote br<strong>in</strong>gen können – was<br />

aber aus f<strong>in</strong>anziellen Gründen nicht möglich war.<br />

78


E<strong>in</strong>e weitere E<strong>in</strong>schränkung h<strong>in</strong>sichtlich der Repräsentativität lässt sich aufgr<strong>und</strong><br />

der Überschrift „<strong>Wirtschaft</strong>smediation <strong>in</strong> Deutschland“ auf der ersten<br />

Fragebogenversion vermuten. Es ist nicht auszuschließen, dass viele Mediatoren<br />

des <strong>Mediation</strong>skongress <strong>in</strong> Münster nicht an der Befragung teilgenommen haben, da<br />

sie sich nicht zur geeigneten Zielgruppe gezählt haben oder aber, dass viel mehr<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediatoren an der Befragung teilgenommen haben. Bei der zweiten<br />

Erhebung wurde die Fragebogenüberschrift <strong>in</strong> „<strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> Deutschland“ verändert.<br />

Unter diesem Aspekt betrachtet, kann die schriftliche Befragung also ke<strong>in</strong>en<br />

Anspruch auf Repräsentativität erheben, sondern ist vielmehr e<strong>in</strong> erster E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong><br />

die Situation von Mediatoren <strong>in</strong> Deutschland.<br />

Um e<strong>in</strong>en stärkeren Bezug von der schriftlichen Befragung zu den Mediatoren-<br />

Interviews herzustellen zu können, wäre es effektiver gewesen, die Stichprobe der<br />

telefonisch befragten Mediatoren der der schriftlich befragten anzupassen. Dies war<br />

nicht möglich, da beide zum Teil parallel geführt wurden. Dennoch konnten aus dem<br />

Rücklauf der schriftlichen Befragung immer wieder wichtige Anregungen zur<br />

(Weiter-)Entwicklung der telefonischen Interviews entnommen werden.<br />

Bei den Mediatoren-Interviews wurde zwar danach gefragt, mit welchen Methoden<br />

die Interviewpartner sich vermarkten, es fehlte aber e<strong>in</strong>e systematische Abfrage der<br />

Bewertung dieser verschiedenen Methoden. So s<strong>in</strong>d zwar e<strong>in</strong>e große Zahl von<br />

Vermarktungsmöglichkeiten zusammengekommen, diese s<strong>in</strong>d aber nicht von den<br />

Mediatoren h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Nützlichkeit bewertet worden. E<strong>in</strong> Ersatz mag der<br />

Vergleich mit den Aussagen der Unternehmensvertreter mit <strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

se<strong>in</strong>, die dazu befragt wurden, was sie dazu gebracht hat, sich für ihren speziellen<br />

Mediator zu entscheiden.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Schwachstelle des Mediatoren-Interviews ist das Rollenspiel<br />

„Verkaufsgespräch“: obwohl hier <strong>in</strong> <strong>in</strong>novativer Form wichtige Informationen darüber<br />

gesammelt werden konnten, wie sich e<strong>in</strong> Mediator <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „realen“ Situation<br />

vermarkten würde, geschah dies nicht <strong>in</strong> standardisierter Form. Zum Beispiel wurde<br />

e<strong>in</strong>igen Mediatoren das Beispielproblem geschildert, anderen nicht. Die Details des<br />

Beispielproblems waren nicht vorgegeben, so dass sich die Forscher<strong>in</strong>nen bei<br />

79


Nachfragen der Interviewten etwas ausdenken mussten. Für e<strong>in</strong>e weitere<br />

Verwendung der Methode des Rollenspiels am Telefon wäre e<strong>in</strong>e größere<br />

Standardisierung wichtig, um verlässlichere Ergebnisse zu erhalten.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Empfehlung für zukünftige Untersuchungen ist die Erhebung des<br />

"Jahresumsatzes", der mit <strong>Mediation</strong> erwirtschaftet wurde, statt nach dem<br />

"E<strong>in</strong>kommen" zu fragen. Auf die Frage nach dem "E<strong>in</strong>kommen", die <strong>in</strong> den<br />

Mediatoren-Interviews verwendet wurde, kamen wesentlich mehr<br />

Aussageverweigerungen als auf die Frage nach dem "Jahresumsatz", welche <strong>in</strong> der<br />

schriftlichen Befragung gestellt wurde. Dies könnte an der Art der Befragung liegen,<br />

die ja zum e<strong>in</strong>en schriftlich <strong>und</strong> zum anderen persönlich (am Telefon) erfolgte. E<strong>in</strong><br />

anderer Gr<strong>und</strong> könnte das unterschiedliche Verständnis von "E<strong>in</strong>kommen" se<strong>in</strong>:<br />

e<strong>in</strong>erseits, dass "E<strong>in</strong>kommen" aufgr<strong>und</strong> von anderen Nebentätigkeiten nicht nur auf<br />

die <strong>Mediation</strong> bezogen wurde <strong>und</strong> dass andererseits e<strong>in</strong>ige Mediatoren ihr eigenes<br />

E<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong> andere den ihren Jahresumsatz angaben. Somit waren die Angaben<br />

letztendlich nicht mehr vergleichbar.<br />

Anders als bei den Unternehmens-Interviews wurden die Mediatoren am Ende des<br />

Interviews nicht gefragt: „Möchten Sie noch etwas ergänzen, das noch nicht erfragt<br />

worden ist?“ Bei den Unternehmensvertretern waren auf diese Frage e<strong>in</strong>e ganze<br />

Reihe von wertvollen Informationen gegeben worden, die bei den Mediatoren<br />

eventuell verloren gegangen s<strong>in</strong>d. In zukünftigen Untersuchungen sollte also<br />

eventuell <strong>in</strong>sgesamt mehr Raum für völlig freies Antworten der Gesprächspartner<br />

gegeben werden, um so viele Informationen wie möglich zu erhalten. Gegen die Art<br />

der Transkribierung der Interviews lässt sich e<strong>in</strong>wenden, dass sie ungenau sei <strong>und</strong><br />

viele Informationen mit ihr verloren g<strong>in</strong>gen. In Anbetracht der Tatsache, dass <strong>in</strong><br />

dieser Arbeit aber ke<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>guistische, sondern <strong>in</strong>haltliche Forschung betrieben<br />

wurde, lässt sie sich rechtfertigen. Die Entscheidung für den Verzicht auf e<strong>in</strong>e<br />

komplette Transkribierung begründet sich außerdem dar<strong>in</strong>, dass sonst die<br />

Bearbeitung des Datenmaterials unverhältnismäßig viel Zeit im Vergleich zur an sich<br />

schon umfangreichen Analyse <strong>und</strong> Interpretation <strong>in</strong> Anspruch genommen hätte. Bei<br />

der Erarbeitung der Kodiersysteme <strong>und</strong> der Kodierung der Interviews wurden zwar<br />

beide Forscher<strong>in</strong>nen mit ihren unterschiedlichen Me<strong>in</strong>ungen <strong>und</strong> (An-)Sichten<br />

genutzt, es darf aber angenommen werden, dass diese schon aufgr<strong>und</strong> der engen<br />

Zusammenarbeit nicht so unterschiedlich waren, wie Froschauer <strong>und</strong> Lueger (1992)<br />

80


es fordern. Es wäre also s<strong>in</strong>nvoll gewesen, noch weitere Personen <strong>in</strong> diesen Prozess<br />

mit e<strong>in</strong>zubeziehen, um e<strong>in</strong>e größere Zahl von heterogenen Me<strong>in</strong>ungen zu erlangen.<br />

81


5. Darstellung <strong>und</strong> Interpretation der Ergebnisse<br />

Im ersten Kapitel werden die Ergebnisse der schriftlichen Befragung von<br />

Mediatoren dargestellt <strong>und</strong> <strong>in</strong>terpretiert. Das zweite Kapitel widmet sich der<br />

Auswertung der Mediatoren-Interviews. Die Gesamt<strong>in</strong>terpretation aller Ergebnisse<br />

erfolgt im dritten Kapitel. Die Ergebnisdarstellung <strong>und</strong> -<strong>in</strong>terpretation der<br />

Unternehmens-Interviews bef<strong>in</strong>det sich im zweiten Teil diese Diplomarbeit.<br />

5.1 Ergebnisse der schriftlichen Befragung<br />

Um e<strong>in</strong> Bild von Mediatoren <strong>in</strong> Deutschland zu skizzieren, wurden praktizierende<br />

Mediatoren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er b<strong>und</strong>esweiten schriftlichen Erhebung zu ihrer eigenen Person, zu<br />

ihrer Ausbildung, zu ihrer Tätigkeit als Mediator <strong>und</strong> zu Schwierigkeiten bei der<br />

Fallsuche befragt. Aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Antworthäufigkeiten bei e<strong>in</strong>zelnen<br />

Fragen kann die Teilstichprobengröße (n) <strong>in</strong> den Abbildungen variieren. Die<br />

detaillierte Variablenliste bef<strong>in</strong>det sich im Anhang 11.<br />

5.1.1 Zur Person<br />

Die meisten der <strong>in</strong>sgesamt 75 befragten Mediatoren gehören der Altersgruppe von<br />

41 bis 50 Jahren an. Nur sehr wenige Mediatoren s<strong>in</strong>d jünger als 30 Jahre oder älter<br />

als 60 Jahre alt (s. Abb. 5.1).<br />

29%<br />

8%<br />

3%<br />

39%<br />

21%<br />

Abb. 5.1 Altersgruppen (n = 75).<br />

20 - 30 Jahre<br />

31 - 40 Jahre<br />

41 - 50 Jahre<br />

51 - 60 Jahre<br />

über 60 Jahre<br />

82


Betrachtet man die Verteilung der Geschlechter, kann man sagen, dass sich<br />

nur ger<strong>in</strong>gfügig mehr männliche als weibliche Mediatoren an der Befragung beteiligt<br />

haben (s. Abb. 5.2).<br />

56%<br />

44%<br />

weiblich<br />

männlich<br />

Abb. 5.2 Geschlechterverteilung (n = 72).<br />

Weiterh<strong>in</strong> wurde erfasst, <strong>in</strong> welcher Fachrichtung die befragten Mediatoren e<strong>in</strong>en<br />

Studienabschluss haben. Bei dieser Frage war es möglich, mehrere Antworten zu<br />

geben, falls <strong>in</strong> verschiedenen Fachrichtungen e<strong>in</strong> Abschluss erworben wurde. Die<br />

Mehrheit der Befragten kam aus dem juristischen Fachbereich (53%), gefolgt von<br />

den sozialwissenschaftlichen (20%) <strong>und</strong> wirtschaftlichen (15%) Fachrichtungen. Zu<br />

den sozialwissenschaftlichen Fachrichtungen wurden <strong>in</strong> dieser wie auch <strong>in</strong> den<br />

folgenden Abbildungen Psychologie, Soziologie <strong>und</strong> Sozialpädagogik/-arbeit gezählt.<br />

E<strong>in</strong>e genaue Aufschlüsselung gibt die Abbildung 5.3.<br />

Anzahl<br />

Nennungen<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Rechtswissenschaften<br />

40<br />

<strong>Wirtschaft</strong>swissenschaften<br />

11<br />

Psychologie<br />

7<br />

5<br />

Soziologie<br />

3 2 2 2<br />

Politikwissenschaften<br />

Verwaltungswissenschaften<br />

Ingenierwissenschaften<br />

Sonstige<br />

Abb. 5.3 Fachrichtungen - Mehrfachnennungen möglich (n = 69).<br />

6<br />

Fachrichtung<br />

83


5.1.2 Zur Ausbildung<br />

Fast alle Befragten hatten m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Ausbildung zum Thema <strong>Mediation</strong><br />

absolviert (92%). Manche haben zusätzlich noch weitere <strong>Mediation</strong>sausbildungen<br />

gemacht. E<strong>in</strong> sehr ger<strong>in</strong>ger Teil hatte ke<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>sausbildung, sondern<br />

durch artverwandte Ausbildungen im Bereich Konfliktmanagement oder <strong>in</strong> Form<br />

e<strong>in</strong>es Selbststudiums Wissen erworben (s. Abb. 5.4). Mit artverwandter Ausbildung<br />

ist, neben dem Selbststudium der aktuellen <strong>Mediation</strong>sliteratur, e<strong>in</strong>e Ausbildung z.B.<br />

<strong>in</strong> Teamsupervision, Transaktionen oder Organisationsberatung geme<strong>in</strong>t.<br />

20%<br />

8%<br />

72%<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>s-Ausbildung<br />

Abb. 5.4 Ausbildung zum Mediator (n = 75).<br />

mehrere <strong>Mediation</strong>s-Ausbildungen<br />

artverwandte Ausbildungen (<strong>in</strong>kl.<br />

Selbststudium)<br />

Die meisten befragten Mediatoren (67%) hatten bis zu 200 St<strong>und</strong>en <strong>in</strong> ihre<br />

Ausbildung zum Mediator <strong>in</strong>vestiert. Es gab aber auch e<strong>in</strong>e Reihe von Mediatoren<br />

(33%), die sich ihrer Ausbildung mehr als 200 St<strong>und</strong>en gewidmet hatten. Nur wenige<br />

(15%) ließen sich <strong>in</strong> weniger als 100 St<strong>und</strong>en ausbilden (s. Abb. 5.5). Die kürzeste<br />

Ausbildung dauerte nur 30 St<strong>und</strong>en, die längste Ausbildungsdauer betrug ganze<br />

1500 St<strong>und</strong>en. Hier ist anzumerken, dass es sich dabei um die geschätzte<br />

St<strong>und</strong>enanzahl handelt. Bei dieser Frage wurde nicht unterschieden, ob es sich um<br />

e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>sausbildung handelt oder z.B. um die Zeit e<strong>in</strong>es Selbststudiums.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der kle<strong>in</strong>en Stichprobe ist weiterh<strong>in</strong> darauf aufmerksam zu machen, dass<br />

sich aus den Ergebnissen nur Tendenzen ablesen lassen. Die Stichprobe von der<br />

ersten Erhebung auf dem <strong>Mediation</strong>skongress <strong>in</strong> Münster konnte nicht mit<br />

e<strong>in</strong>bezogen werden, da die Frage nach der Dauer der Ausbildung (<strong>in</strong> St<strong>und</strong>en) <strong>in</strong><br />

dieser Fragebogenversion nicht gestellt worden war. Es wurde nur nach der<br />

Ausbildungsdauer <strong>in</strong> Jahren gefragt (s. Abb. 5.5).<br />

84


Anzahl<br />

Mediatoren<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

7<br />

24<br />

12<br />

bis 100 101-200 201-300 > 300<br />

3<br />

Ausbildungsdauer<br />

<strong>in</strong> St<strong>und</strong>en<br />

Abb. 5.5 Dauer der <strong>Mediation</strong>sausbildung <strong>in</strong> St<strong>und</strong>en (n = 46).<br />

Drückt man die Ausbildungsdauer <strong>in</strong> Jahren aus, ergibt sich folgendes Bild<br />

(s. Abb. 5.6): Die meisten Mediatoren (43%) absolvierten ihre Ausbildung <strong>in</strong>nerhalb<br />

e<strong>in</strong>es Jahres. E<strong>in</strong> Drittel der Befragten gab an, die Ausbildung <strong>in</strong>nerhalb von 2<br />

Jahren bestanden zu haben. Auch bei dieser Frage wurde wieder jegliche Art der<br />

Ausbildung, d.h. re<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>sausbildung, artverwandte Ausbildungen <strong>und</strong><br />

Selbststudium, erfasst.<br />

Anzahl<br />

Mediatoren<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

29<br />

22<br />

11<br />

bis 1 1 bis 2 2 bis 3 > 3<br />

Abb. 5.6 Ausbildungsdauer <strong>in</strong> Jahren (n = 66).<br />

4<br />

Ausbildungsdauer<br />

<strong>in</strong> Jahren<br />

Befragt nach dem erhaltenen Abschluss der <strong>Mediation</strong>sausbildung (hierbei handelt<br />

es sich nur um e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>sausbildung) antwortete die Mehrzahl der<br />

Mediatoren, dass sie e<strong>in</strong> Zertifikat im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Teilnahmebestätigung erhalten<br />

85


hätte (s. Abb. 5.7). Während 36% der Befragten darüber h<strong>in</strong>aus die Anerkennung<br />

der BAFM (B<strong>und</strong>esarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für <strong>Mediation</strong>) besitzen, gab es nur vier<br />

Personen (6,5%), die angaben, die Anerkennung des BM (<strong>B<strong>und</strong>esverband</strong>es<br />

<strong>Mediation</strong>) zu haben. Knapp e<strong>in</strong> Fünftel (18%) hatte e<strong>in</strong> Hochschuldiplom erworben.<br />

Dazu zählten neben dem Diplom e<strong>in</strong>er deutschen Hochschule oder Universität auch<br />

ausländische Examens- oder Masterabschlüsse.<br />

Anzahl<br />

Nennungen<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

35<br />

Zertifikat<br />

(Teilnahmebestätigung)<br />

22<br />

BAFM-Anerkennung<br />

11<br />

Hochschul-<br />

Diplom<br />

4<br />

BM-Anerkennung<br />

1<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Bestätigung<br />

Ausbildungsabschluss<br />

Abb. 5.7 Abschluss der <strong>Mediation</strong>sausbildung – Mehrfachnennungen möglich<br />

(n = 61).<br />

Knapp die Hälfte der Befragten (43%) <strong>in</strong>vestierte zwischen 2.501 <strong>und</strong> 5.000 € <strong>in</strong><br />

die Ausbildung zum Mediator (hierbei handelt es sich wieder um alle<br />

Ausbildungsformen). Die Masse der übrigen Mediatoren (32%) ließ sich die<br />

Ausbildung deutlich weniger kosten, d.h. sie <strong>in</strong>vestierten nur bis zu 2.500 €. Manche<br />

(18%) gaben allerd<strong>in</strong>gs deutlich mehr für ihre Ausbildung aus, sie <strong>in</strong>vestierten bis zu<br />

10.000 € (s. Abb. 5.8). Diese Angaben s<strong>in</strong>d jedoch nur unter Vorbehalt zu bewerten,<br />

da trotz der Präzisierung der Frage <strong>in</strong> der zweiten Erhebung („re<strong>in</strong>e<br />

Ausbildungskosten, ke<strong>in</strong>e Fahr- oder Unterkunftskosten, Verpflegung, Arbeitsausfall“)<br />

bei e<strong>in</strong>igen Aussagen immer noch die Vermutung nahe liegt, dass es sich um die<br />

Gesamtkosten <strong>und</strong> nicht nur um die re<strong>in</strong>en Sem<strong>in</strong>arkosten handelt. H<strong>in</strong>zu kommt,<br />

dass wieder nur die geschätzten Kosten angegeben wurden, da die genaue<br />

Aufschlüsselung den Rahmen dieses Kurz-screen<strong>in</strong>gs sprengen würde.<br />

86


Anzahl<br />

Mediatoren<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Kosten<br />

20<br />

bis<br />

2.500<br />

28<br />

2.501-<br />

5.000<br />

7<br />

5.001-<br />

7.500<br />

3 2<br />

7.501-<br />

10.000<br />

><br />

10.000<br />

Abb. 5.8 Ausbildungskosten <strong>in</strong> € (n = 65).<br />

Kosten <strong>in</strong> €<br />

Die E<strong>in</strong>schätzung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses von Ausbildungs<strong>in</strong>stituten<br />

(betrifft nur die re<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>sausbildung) ist sehr positiv. Die überwiegende<br />

Mehrheit zeigte sich äußerst zufrieden mit dem Verhältnis der Kosten <strong>und</strong> des<br />

späteren Nutzens (s. Abb. 5.9).<br />

20%<br />

9% 3%<br />

68%<br />

sehr gut<br />

eher gut<br />

eher schlecht<br />

sehr schlecht<br />

Abb. 5.9 E<strong>in</strong>schätzung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses der Ausbildung<br />

(n = 69).<br />

Gleiches gilt auch für die Beurteilung der Praxisrelevanz der Ausbildungen. Hier<br />

zeigt sich e<strong>in</strong> noch positiveres Bild. 93% der Befragten bewertete die Ausbildung als<br />

praxisrelevant. Das Urteil „überhaupt nicht praxisrelevant“ wurde von niemandem<br />

vergeben (s. Abb. 5.10).<br />

87


20%<br />

7%<br />

73%<br />

sehr praxisrelevant<br />

eher praxisrelevant<br />

wenig praxisrelevant<br />

Abb. 5.10 E<strong>in</strong>schätzung der Praxisrelevanz der Ausbildung (n = 69).<br />

Zu den fünf am häufigsten genannten Ausbildungs<strong>in</strong>stituten zählen: a)<br />

Fernuniversität Hagen mit 10 Nennungen, b) EIDOS Projekt <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> München<br />

mit 7 Nennungen, c) Hamburger Institut für <strong>Mediation</strong>, d) Heidelberger Institut für<br />

<strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> e) Zusammenwirken im Familienkonflikt <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> mit jeweils 5<br />

Nennungen. In Bezug auf die Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses als auch<br />

der Praxisrelevanz gab es nur sehr ger<strong>in</strong>ge Unterschiede, da die Beurteilung<br />

<strong>in</strong>sgesamt sehr positiv ausfiel. Die beste E<strong>in</strong>schätzung erhielt dennoch das<br />

Heidelberger Institut für <strong>Mediation</strong> sowohl h<strong>in</strong>sichtlich des Kosten-Nutzen-<br />

Verhältnisses als auch der Praxisrelevanz (s. Abb. 5.11 <strong>und</strong> 5.12).<br />

Ausbildungs<strong>in</strong>stitut<br />

Heidelberger Inst.<br />

Hamburger Inst.<br />

EIDOS<br />

Zusammenwirken<br />

vom<br />

Fernuni-Hagen<br />

1 2 3 4<br />

sehr<br />

schlecht<br />

eher<br />

schlecht<br />

eher<br />

gut<br />

Abb. 5.11 E<strong>in</strong>schätzung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />

Ausbildungs<strong>in</strong>stitut (n = 32).<br />

sehr<br />

gut<br />

88


Ausbildungs<strong>in</strong>stitut<br />

Heidelberger Inst.<br />

Zusammenwirken<br />

Hamburger Inst.<br />

EIDOS<br />

Fernuni-Hagen<br />

1 2 3 4<br />

sehr<br />

schlecht<br />

eher<br />

schlecht<br />

eher<br />

gut<br />

Abb. 5.12 E<strong>in</strong>schätzung der Praxisrelevanz <strong>in</strong> Abhängigkeit vom<br />

Ausbildungs<strong>in</strong>stitut (n = 32).<br />

5.1.3 Zur Tätigkeit als Mediator<br />

Da Konfliktmanagement unter dem Namen „<strong>Mediation</strong>“ noch e<strong>in</strong>e junge<br />

Dienstleistung ist, ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, wenn die große Mehrheit (47%) der<br />

befragten Mediatoren nur e<strong>in</strong>e sehr ger<strong>in</strong>ge Berufserfahrung von bis zu zwei Jahren<br />

vorweisen kann. Um so erstaunlicher ist es, dass es etliche Mediatoren (12%) gibt,<br />

die angaben, 9 <strong>und</strong> mehr Jahre Erfahrung als Mediator zu haben. E<strong>in</strong> detailliertes<br />

Bild gibt die Abbildung 5.13.<br />

Anzahl<br />

Mediatoren<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

36<br />

14<br />

10<br />

5<br />

6<br />

1 1 1<br />

sehr<br />

gut<br />

0-2 3-4 5-6 7-8 9-10 11-12 13-14 15-16<br />

Berufsjahre<br />

als Mediator<br />

89


Abb. 5.13 Berufserfahrung als <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> Jahren (n = 74).<br />

Ist man als Mediator tätig, gehört man mit großer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit nicht zur<br />

Berufsgruppe der Angestellten oder Beamten, sondern arbeitet selbständig. 82% der<br />

befragten Mediatoren gaben an, dass sie <strong>in</strong> ihrer Tätigkeit als Mediator selbstständig<br />

arbeiten (s. Abb. 5.14). Nur e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger Teil (18%) hat <strong>in</strong> dieser Funktion e<strong>in</strong>e<br />

Anstellung oder ist beamtet (z.B. als Richter).<br />

15%<br />

3%<br />

82%<br />

selbstständig<br />

angestellt<br />

beamtet<br />

Abb. 5.14 Beschäftigungsverhältnis – Mehrfachnennungen möglich (n = 72).<br />

Zur Zeit s<strong>in</strong>d die meisten Mediatoren im Bereich der Familienmediation<br />

(e<strong>in</strong>schließlich Scheidungs- <strong>und</strong> Trennungsmediation) <strong>und</strong> der <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation (e<strong>in</strong>schließlich Erbmediation) tätig, gefolgt von der Umwelt- <strong>und</strong> der<br />

Nachbarschaftsmediation (s. Abb. 5.15). H<strong>in</strong>sichtlich der Anwendung von <strong>Mediation</strong><br />

lässt sich aufgr<strong>und</strong> dieser Verteilung vermuten, dass <strong>in</strong> den Bereichen der Familien-<br />

sowie <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation bisher die größten Fortschritte <strong>in</strong> Richtung<br />

Akzeptanz des Verfahrens erzielt wurden. Allerd<strong>in</strong>gs ist diese Annahme unter der<br />

E<strong>in</strong>schränkung zu betrachten, dass der Fragebogen mit der Thematik<br />

„<strong>Wirtschaft</strong>smediation <strong>in</strong> Deutschland“ an die Mediatoren geschickt wurde. Wie <strong>in</strong><br />

Kapitel 4.4 bereits ausführlich diskutiert, liegt die Vermutung nahe, dass aufgr<strong>und</strong><br />

dieser Fokussierung wesentlich mehr <strong>Wirtschaft</strong>smediatoren als andere Mediatoren<br />

den Fragebogen ausgefüllt haben könnten, was e<strong>in</strong>e Verzerrung verursacht haben<br />

könnte.<br />

90


Anzahl<br />

Nennungen<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

<strong>Wirtschaft</strong> <strong>und</strong> Arbeit<br />

52<br />

Familie<br />

45<br />

Schule<br />

6<br />

Umwelt<br />

4 4<br />

Nachbarschaft<br />

TOA<br />

1 1 1 1<br />

Politik<br />

anderes<br />

Abb. 5.15 <strong>Mediation</strong>sfelder – Mehrfachnennungen möglich (n = 72).<br />

<strong>Mediation</strong>sfelder<br />

E<strong>in</strong>e weitere Auffälligkeit ist, dass knapp die Hälfte der befragte Mediatoren (47%)<br />

angaben, nicht nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Mediation</strong>sfeld tätig zu se<strong>in</strong>. Die häufigste Komb<strong>in</strong>ation<br />

war dabei <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation mit Familienmediation mit 26<br />

Nennungen. Dennoch beschäftigen sich die meisten Mediatoren (51%) nur mit e<strong>in</strong>em<br />

Gebiet der <strong>Mediation</strong>.<br />

Betrachtet man die Verteilung der e<strong>in</strong>zelnen Fachrichtung <strong>in</strong>nerhalb der<br />

unterschiedlichen <strong>Mediation</strong>sfelder, ergibt sich folgendes Bild (s. Abb. 5.16):<br />

Während die meisten juristischen Mediatoren <strong>in</strong> dem Gebiet der Familienmediation<br />

tätig s<strong>in</strong>d, beschäftigen sich die meisten sozial- <strong>und</strong> wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Mediatoren mit <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation. Am ger<strong>in</strong>gsten ist die Anzahl der<br />

wirtschaftswissenschaftlichen Familienmediatoren (zwei Nennungen).<br />

Wie <strong>in</strong> der Abbildung 5.15 wurde auch <strong>in</strong> Abbildung 5.16 die Erbmediation dem<br />

Gebiet der <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation zugeordnet. Aufgr<strong>und</strong> von zu wenigen<br />

Nennungen wurden weitere <strong>Mediation</strong>sfelder <strong>und</strong> Fachrichtungen nicht <strong>in</strong> diese<br />

Aufschlüsselung e<strong>in</strong>bezogen.<br />

91


Anzahl<br />

Nennungen<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

30<br />

8<br />

2<br />

19<br />

18<br />

10<br />

Familienmediation <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation<br />

Rechtswissenschaften<br />

Sozialwissenschaften<br />

<strong>Wirtschaft</strong>swissenschaften<br />

(<strong>in</strong>kl. BWL, VWL)<br />

<strong>Mediation</strong>sfeld<br />

Abb. 5.16 Verteilung der Fachrichtungen <strong>in</strong>nerhalb der Familien-, <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation – Mehrfachnennungen möglich (n = 55).<br />

Bei der Frage, <strong>in</strong> welchem B<strong>und</strong>esland die befragten Mediatoren vorrangig tätig<br />

seien, wurde wiederum nur auf die Stichprobe der zweiten Erhebung zurückgegriffen,<br />

da die Vermutung nahe lag, dass der Veranstaltungsort des <strong>Mediation</strong>skongresses<br />

(Münster) zu Verzerrungen <strong>in</strong> der Darstellung der ersten Erhebung führen könnte.<br />

Bei der Stichprobe der zweiten b<strong>und</strong>esweiten Erhebung ergab sich folgende<br />

Rangreihe (s. Abb. 5.17). Die meisten der befragten Mediatoren gaben an, dass sie<br />

vorrangig <strong>in</strong> den B<strong>und</strong>esländern Bayern, Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, Baden-Württemberg,<br />

Hessen, Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Hamburg arbeiten. Die wenigsten Mediatoren s<strong>in</strong>d derzeit <strong>in</strong> den<br />

B<strong>und</strong>esländern Thür<strong>in</strong>gen, Bremen, Saarland, Brandenburg <strong>und</strong> Mecklenburg-<br />

Vorpommern tätig. Die Landesgröße <strong>und</strong> E<strong>in</strong>wohnerzahl wurde nicht berücksichtigt.<br />

Anzahl<br />

Nennungen<br />

16<br />

12<br />

8<br />

4<br />

0<br />

14<br />

13<br />

Bayern<br />

NRW<br />

11 11<br />

10 10<br />

9<br />

Hessen<br />

Berl<strong>in</strong><br />

Hamburg<br />

Sachsen<br />

8<br />

7 7 7<br />

6 6 6<br />

Niedersachsen<br />

Schleswig-H.<br />

Sachsen-A.<br />

Rhe<strong>in</strong>land-Pf.<br />

Meck-Pom.<br />

Brandenburg<br />

Saarland<br />

Bremen<br />

5 5<br />

2<br />

Ausland<br />

B<strong>und</strong>esland<br />

Abb. 5.17 B<strong>und</strong>esländer, <strong>in</strong> denen Mediatoren vorrangig tätig s<strong>in</strong>d – Mehrfachnennungen<br />

möglich (n = 47).<br />

92


E<strong>in</strong>e entscheidende Frage ist, ob man von <strong>Mediation</strong> leben kann. Die meisten<br />

Befragten (40%) gaben e<strong>in</strong>en Jahresumsatz von 5.000 € <strong>und</strong> weniger an. Darunter<br />

befanden sich sechs Mediatoren (8%), die bisher noch gar ke<strong>in</strong>en Umsatz mit<br />

<strong>Mediation</strong> gemacht hatten. Weitere 20% der befragten Mediatoren gaben an, dass<br />

ihr Jahresumsatz mit <strong>Mediation</strong> zwischen 5.000 <strong>und</strong> 15.000 € liege. Dennoch gab es<br />

auch e<strong>in</strong>ige Mediatoren (13%), die sagten, dass sie e<strong>in</strong>en Jahresumsatz zwischen<br />

25.000 <strong>und</strong> mehr als 30.000 € hätten. Sehr viele Mediatoren (27%) machten ke<strong>in</strong>e<br />

Angabe zu dieser Frage (s. Abb. 5.18). Demnach sche<strong>in</strong>t die <strong>Mediation</strong> für die<br />

meisten Befragten eher den Charakter e<strong>in</strong>es Nebenverdienstes zu haben.<br />

Zu berücksichtigen ist bei dieser Frage, dass es sich wiederum nur um den<br />

geschätzten Jahresumsatz handelt <strong>und</strong> mehr „unzufriedene“ als „zufriedene“<br />

Mediatoren <strong>in</strong> der Stichprobe repräsentiert s<strong>in</strong>d (s. Abb. 5.19) <strong>und</strong> vermutlich der<br />

ger<strong>in</strong>ge Jahresumsatz mit zur Unzufriedenheit beiträgt.<br />

Anzahl<br />

Mediatoren<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

bis 5.000<br />

30<br />

5.001-10.000<br />

6<br />

10.001-15.000<br />

9<br />

15.001-20.000<br />

0<br />

20.001-25.000<br />

3 2<br />

25.001-30.000<br />

> 30.000<br />

5<br />

ke<strong>in</strong>e Angabe<br />

Abb. 5.18 Jahresumsatz als Mediator <strong>in</strong> € (n = 75).<br />

20<br />

Jahresumsatz <strong>in</strong> €<br />

Der größte Teil der Mediatoren (70%) ist eher unzufrieden bis sehr<br />

unzufrieden mit ihrem wirtschaftlichen Erfolg als Mediator. Nur e<strong>in</strong> Drittel der<br />

Befragten gab an, dass sie derzeit zufrieden mit ihrem wirtschaftlichen Erfolg als<br />

Mediator seien (s. Abb. 5.19).<br />

93


44%<br />

15%<br />

26%<br />

15%<br />

sehr zufrieden<br />

eher zufrieden<br />

eher unzufrieden<br />

sehr unzufrieden<br />

Abb. 5.19 Zufriedenheit mit dem wirtschaftlichen Erfolg als Mediator (n = 65).<br />

5.1.4 Zur Schwierigkeit, Fälle zu f<strong>in</strong>den<br />

E<strong>in</strong>e Quelle der Unzufriedenheit könnte der fehlende Umsatz se<strong>in</strong>, teilweise<br />

begründet aus der Schwierigkeit, <strong>Mediation</strong>sfälle zu f<strong>in</strong>den. Mit der Frage „Viele<br />

ausgebildete Mediator<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mediatoren haben Schwierigkeiten, nach oder auch<br />

schon während ihrer Ausbildung Fälle zu f<strong>in</strong>den. Was me<strong>in</strong>en Sie, woran das liegt?“<br />

wurde <strong>in</strong> dieser Studie versucht, e<strong>in</strong>ige Me<strong>in</strong>ungen <strong>und</strong> Standpunkte zum Thema<br />

„Akquisi-tionsschwierigkeiten“ zu erfassen (s. Abb. 5.20).<br />

Die meisten Mediatoren sahen die Ursache für ihre Schwierigkeit, Fälle zu f<strong>in</strong>den,<br />

<strong>in</strong> der Tatsache, dass <strong>Mediation</strong> noch zu unbekannt ist, die Marktbed<strong>in</strong>gungen für<br />

das Produkt „<strong>Mediation</strong>“ zu schlecht s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> die Streitkultur der Deutschen<br />

unterentwickelt ist. Erst an zweiter Stelle wurden Faktoren genannt, die teilweise<br />

auch auf eigenes Fehlverhalten h<strong>in</strong>deuten, wie fehlende Eigen<strong>in</strong>itiative, mangelhafte<br />

oder fehlgeschlagene Medienpräsenz <strong>und</strong> Defizite <strong>in</strong> der Ausbildung.<br />

94


Anzahl<br />

Nennungen<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Bekanntheitsgrad<br />

35<br />

13<br />

zu ger<strong>in</strong>ge Nachfrage<br />

11<br />

fehlende Eigen<strong>in</strong>itiative<br />

9<br />

6<br />

fehlende Akzeptanz<br />

10 10<br />

Vorteile nicht bewusst<br />

Streitkultur<br />

14<br />

Kosten<br />

11 10 11<br />

Ungeduld<br />

7 7<br />

Anderes<br />

Innovationsfördernde<br />

Kriterien:<br />

+<br />

Neuheitsgrad<br />

Unsicherheit & Komplexität<br />

Kompatibilität<br />

Profitabilität<br />

Beobachtbarkeit<br />

Market<strong>in</strong>g<br />

95<br />

(Meißner, 1989; Rogers, 1983)<br />

Abb. 5.20 Schwierigkeiten für die Mediatoren bei der Fallsuche (n = 72).<br />

Nach Meißner (1989) <strong>und</strong> Rogers (1983) gibt es <strong>in</strong>novationsfördernde Kriterien (s.<br />

Kap. 2.2.1), die e<strong>in</strong>en positiven E<strong>in</strong>fluss auf die Akzeptanz von neuen Produkten<br />

ausüben. Die Autoren behaupten, dass, je unbekannter e<strong>in</strong> Produkt ist<br />

(Neuheitsgrad), je höher die Unsicherheit h<strong>in</strong>sichtlich der Eigenschaften <strong>und</strong> Wirkung<br />

des Produktes ist (Unsicherheit), je komplexer <strong>und</strong> schwieriger das Produkt zu<br />

verstehen ist (Komplexität), je schwerer sich das Produkt <strong>in</strong> bisherige Prozesse <strong>und</strong><br />

E<strong>in</strong>stellungen der Anwender <strong>in</strong>tegriert (Kompatibilität), je höher die Kosten <strong>und</strong> je<br />

ferner der Erfolg (Profitabilität) sowie je verborgener <strong>und</strong> unbeobachtbarer e<strong>in</strong><br />

Produkt ist (Beobachtbarkeit), umso langsamer wird es sich verbreiten.<br />

Diese Kriterien lassen sich auch <strong>in</strong> den Aussagen der befragten Mediatoren<br />

wiederf<strong>in</strong>den. Wie bereits erwähnt, wurde die Unbekanntheit der <strong>Mediation</strong> als die<br />

größte Hürde bei der Fallsuche angesehen, gefolgt von der wenig förderlichen<br />

Streitkultur <strong>in</strong> Deutschland, z.B. mit der Aussage „die Mentalität der Deutschen ist für<br />

Vermittlung noch nicht offen genug, Eigenverantwortung noch nicht genügend<br />

gefragt“ oder „die Deutschen haben gern Recht <strong>und</strong> streiten gern darum“. Demnach<br />

wird vermutet, dass die E<strong>in</strong>stellung potenzieller Anwender gegenüber <strong>Mediation</strong>, die<br />

sich gerade durch Eigenverantwortlichkeit <strong>und</strong> friedliche E<strong>in</strong>igung auszeichnet, nicht<br />

gerade förderlich oder <strong>in</strong> Rogers (1983) Worten nicht kompatibel mit der deutschen<br />

(Streit-) Kultur sei.


Der Aspekt des richtigen Market<strong>in</strong>gs, auch wenn er bei Meißner (1989) <strong>und</strong> Rogers<br />

(1983) so nicht auftaucht, soll aufgr<strong>und</strong> der häufigen Nennungen mit berücksichtigt<br />

werden. Somit sahen viele der befragten Mediatoren e<strong>in</strong>en weiteren Schwerpunkt bei<br />

der Schwierigkeit, Fälle zu f<strong>in</strong>den, <strong>in</strong> der Tatsache, dass der <strong>Mediation</strong>smarkt e<strong>in</strong><br />

Angebots- <strong>und</strong> Ausbildungsmarkt sei. „Es gibt <strong>in</strong>sgesamt zu wenig Nachfrage“, „weil<br />

viel zu viele Mediatoren ausgebildet werden“ <strong>und</strong> „der Markt ist zu eng bisher“ s<strong>in</strong>d<br />

Äußerungen, die diese Haltung ausdrücken. Jedoch sche<strong>in</strong>t das eher<br />

unwahrsche<strong>in</strong>lich, wenn man bedenkt, dass fast jeder be<strong>in</strong>ahe täglich mit größeren<br />

<strong>und</strong> kle<strong>in</strong>eren Konflikten konfrontiert wird <strong>und</strong> es demnach e<strong>in</strong>e große K<strong>und</strong>schaft für<br />

die Dienstleistung <strong>Mediation</strong> geben sollte.<br />

Als weitere Ursache gaben die Befragten an, dass es im Bereich <strong>Mediation</strong> e<strong>in</strong><br />

ausgeprägtes Konkurrenzdenken <strong>und</strong> -verhalten gebe. Neben dem „Widerstand der<br />

Anwälte gegen diese ertragsm<strong>in</strong>dernde Berufsausübung“, gibt es auch den<br />

„Futterneid derjenigen, die Fälle zuarbeiten könnten“ <strong>und</strong> „praktizierende Mediatoren<br />

abblocken, da [sie] selbst zu wenig Fälle“ haben.<br />

Weiterh<strong>in</strong> wurden <strong>in</strong> dieser Befragung auch Market<strong>in</strong>gfaktoren genannt, die sich<br />

unter „mangelnder Eigen<strong>in</strong>itiative“ <strong>und</strong> „fehlenden Kontaktmöglichkeiten“<br />

zusammenfassen lassen. Unter diesen Kategorien wurde auf die „mangelnde<br />

Aktivität“ der Mediatoren h<strong>in</strong>gewiesen, dass „Mediatoren sich zum größten Teil mit<br />

sich selbst beschäftigen“, dass sie „unzureichenden Mut [haben], sich auf dem Markt<br />

anzubieten“ <strong>und</strong> es ihnen an „Kontaktmöglichkeiten zu Konfliktfeldern“ oder „zur<br />

Zielgruppe“ mangelt.<br />

E<strong>in</strong>en Beitrag zur Unsicherheitsstiftung <strong>und</strong> Komplexität lieferte die Feststellung<br />

vieler Mediatoren, dass die Vorteile der <strong>Mediation</strong> den Anwendern nicht bewusst<br />

seien <strong>und</strong> das Verfahren als solches noch nicht genügend Akzeptanz f<strong>in</strong>de. Der<br />

„Benefit wird nicht erkannt“, „der Prozess ist [...] zu unüberschaubar, das Ergebnis zu<br />

unsicher“, „<strong>Mediation</strong> ist noch nicht überall nur positiv besetzt“ <strong>und</strong> „<strong>Mediation</strong> ist <strong>in</strong><br />

Deutschland immer noch nicht gesellschaftlich akzeptiert“ s<strong>in</strong>d beispielhafte<br />

Aussagen.<br />

96


Obwohl <strong>in</strong> der Literatur <strong>Mediation</strong> als kostengünstigere Alternative zum Rechtsstreit<br />

dargestellt wird, nannten paradoxerweise viele Mediatoren die hohen Kosten als<br />

Barriere bei der Fallsuche (Profitabilität). Beispielhafte Aussagen waren:<br />

„Rechtsanwälte als Mediatoren, die gr<strong>und</strong>sätzlich zu teuer s<strong>in</strong>d“, „Kosten! Bei<br />

streitigem Verfahren spekuliert der Bürger immer darauf, im Falles e<strong>in</strong>es Sieges, die<br />

Kosten auf den Gegner abwälzen zu können“ <strong>und</strong> „die Klienten können sich das<br />

Verfahren oft nicht leisten“ (bei Familienmediation). E<strong>in</strong>e Erklärung dafür könnte se<strong>in</strong>,<br />

dass den potenziellen Anwendern dieser Vorteil der <strong>Mediation</strong> noch nicht bewusst ist.<br />

Es ist gut möglich, dass zum e<strong>in</strong>en nur die direkten Prozesskosten <strong>und</strong> nicht die<br />

<strong>in</strong>direkten Kosten (Verbrauch von betrieblichen Ressourcen) gesehen werden, die<br />

bei e<strong>in</strong>em Rechtsstreit über längere Zeit anfallen können. E<strong>in</strong> Effekt, der hier als<br />

Erklärung dienen könnte, ist der „opportunity-cost-effect“, der besagt, dass Individuen<br />

Opportunitätskosten, d.h. Nutzensverluste durch e<strong>in</strong>e nicht genutzte Alternative<br />

ger<strong>in</strong>ger bewerten als direkte Geldkosten <strong>in</strong> gleicher Höhe. Sie werten demnach e<strong>in</strong>e<br />

nicht realisierte oder nicht erreichte Alternative ab (Wiswede, 1995). Zum anderen<br />

neigen Personen dazu, ihre Gew<strong>in</strong>ne <strong>und</strong> Verluste unterschiedlich zu bewerten, der<br />

sogenannte „asymmetric effect“ (Wiswede, 1995). Die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>es<br />

Verlustes wird wesentlich ger<strong>in</strong>ger e<strong>in</strong>geschätzt als die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>es<br />

Gew<strong>in</strong>ns.<br />

Aufgr<strong>und</strong> des vertraulichen Charakters von <strong>Mediation</strong> ist das Verfahren <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

direkten Beobachtbarkeit sehr stark e<strong>in</strong>geschränkt. Allgeme<strong>in</strong>e<br />

Verfahrensbeschreibungen <strong>und</strong> anonymisierte Falldarstellungen <strong>in</strong> den Medien<br />

könnten dennoch als wirksame Mittel e<strong>in</strong>gesetzt werden. Die befragten Mediatoren<br />

bewerteten die Medienpräsenz allerd<strong>in</strong>gs als mangelhaft. „Mangelnde<br />

Öffentlichkeitsarbeit“, „nicht ausreichende Werbemöglichkeiten“ <strong>und</strong> „für die<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation fehlen [...] noch die richtigen Kracher, die den Bekanntheitsgrad<br />

schlagartig erhöhen würden“ u.a. wurden hier genannt. E<strong>in</strong> Mediator war h<strong>in</strong>gegen<br />

der Me<strong>in</strong>ung, dass „zwar [...] seit Jahren über <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong>formiert [wird], dies aber <strong>in</strong><br />

der Infoflut ke<strong>in</strong>e Rolle spielt“.<br />

E<strong>in</strong>ige Mediatoren sahen die Ursache für die Schwierigkeit, Fälle zu f<strong>in</strong>den, <strong>in</strong> der<br />

mangelnden Ausbildungsqualität. Sie gaben an, sich nicht genügend ausgebildet zu<br />

fühlen, um kompetent <strong>und</strong> selbstsicher bei der Fallsuche auftreten zu können. Es<br />

97


gäbe „zu viel Theorie“ <strong>und</strong> „zu wenig Praxis“, „zur <strong>Mediation</strong>sausbildung muss noch<br />

erhebliche Feldkompetenz kommen“. „Fehlendes Selbstbewusstse<strong>in</strong>, da ke<strong>in</strong>e<br />

Rout<strong>in</strong>e“ <strong>und</strong> die „Angst vor wirklichen Fällen“ nannten die befragten Mediatoren als<br />

Schwierigkeiten bei der Fallsuche.<br />

Andere Mediatoren machten die eigene Ungeduld für das Problem der<br />

Fallakquisition verantwortlich. Aussagen wie „Ungeduld“ <strong>und</strong> „zu hohe Ansprüche an<br />

den Fall (oder an sich)“ wurden <strong>in</strong> diese Kategorie e<strong>in</strong>geordnet.<br />

In die Kategorie „Anderes“ fallen Aussagen zur fehlenden Institutionalisierung der<br />

<strong>Mediation</strong>, zur Ablehnung von Rechtsanwälten als Mediatoren, zur Schwierigkeit, die<br />

Falleignung zu erkennen <strong>und</strong> dass <strong>Mediation</strong> höchste kognitive <strong>und</strong> psychische<br />

Ansprüche stelle, die den Medianten überfordern könnten.<br />

5.1.5 E<strong>in</strong>flüsse auf Umsatz <strong>und</strong> wirtschaftliche Zufriedenheit<br />

Um herauszuf<strong>in</strong>den, welche E<strong>in</strong>flussfaktoren auf die Variablen „Umsatz“ <strong>und</strong><br />

„wirtschaftliche Zufriedenheit“ wirken könnten, wurden diese beiden Variablen<br />

zunächst dichotomisiert (s. Kap. 4.3.1). Im folgenden wird von „ger<strong>in</strong>gem<br />

Jahresumsatz“ gesprochen, wenn angegeben wurde, e<strong>in</strong>en Jahresumsatz unter<br />

12.500 € zu haben <strong>und</strong> von „hohem Jahresumsatz“, wenn e<strong>in</strong> Jahresumsatz über<br />

12.500 € mit <strong>Mediation</strong> erwirtschaftet wurde. Als wirtschaftlich „zufrieden“ wurden<br />

Mediatoren def<strong>in</strong>iert, die e<strong>in</strong> Kreuz auf der l<strong>in</strong>ken Hälfte des Pfeils zur<br />

„wirtschaftlichen Zufriedenheit“ gemacht hatten <strong>und</strong> als wirtschaftlich „unzufrieden“<br />

jene, die auf der rechten Hälfte des Pfeils e<strong>in</strong> Kreuz gemacht hatten. Das Ziel der<br />

Auswertung war, herauszuf<strong>in</strong>den, welche Zusammenhänge es zwischen der<br />

„wirtschaftlichen Zufriedenheit“ <strong>und</strong> dem „Umsatz“ e<strong>in</strong>es Mediators <strong>und</strong> anderen<br />

Variablen geben könnte (s. Anhang 11).<br />

Alle Variablen wurden daraufh<strong>in</strong> beurteilt, ob e<strong>in</strong> Vergleich zwischen ihnen <strong>und</strong> den<br />

beiden abhängigen Variablen („Umsatz“ <strong>und</strong> „wirtschaftliche Zufriedenheit“)<br />

statistisch s<strong>in</strong>nvoll wäre. Untersucht wurden nur jene Variablen, bei denen <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Gruppe m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Verhältnis von 1 : 2,8 oder kle<strong>in</strong>er gegeben war. E<strong>in</strong><br />

Beispiel: <strong>in</strong> der Stichprobe befand sich nur e<strong>in</strong>e Mediator, der angab, Beamter zu<br />

se<strong>in</strong> (s. Abb. 5.14) <strong>und</strong> 34 Mediatoren, die angaben, dass sie nicht beamtet seien.<br />

98


Es würde methodisch fragwürdig se<strong>in</strong>, aus diesem Zahlenverhältnis e<strong>in</strong>e Aussage<br />

darüber zu machen, ob Beamte mehr Umsatz erwirtschaften oder zufriedenere<br />

Mediatoren s<strong>in</strong>d. Gut ließen sich h<strong>in</strong>gegen die Angaben für Mediatoren mit <strong>und</strong> ohne<br />

BAFM-Anerkennung vergleichen: hier standen 20 Personen mit Anerkennung 15<br />

Personen ohne Anerkennung gegenüber, was e<strong>in</strong>em Verhältnis von 1,3 entspricht.<br />

Bei e<strong>in</strong>igen Antworten ist zu berücksichtigen, dass e<strong>in</strong>erseits Mehrfachnennungen<br />

möglich waren <strong>und</strong> andererseits häufig ke<strong>in</strong>e Angaben gemacht wurden. So ergeben<br />

sich unterschiedliche Teilstichproben bei den e<strong>in</strong>zelnen Variablen.<br />

Folgende Variablen erfüllten letztendlich die methodischen Voraussetzungen <strong>und</strong><br />

konnten mit den Variablen „Jahresumsatz“ <strong>und</strong> „wirtschaftliche Zufriedenheit“<br />

verglichen werden:<br />

� „Geschlecht“ (männlich, weiblich)<br />

� „Alter“ (unterteilt <strong>in</strong> 5 Altersgruppen)<br />

� <strong>Mediation</strong>sausbildung (e<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>sausbildung, mehrere <strong>Mediation</strong>sausbildungen,<br />

artverwandte Ausbildung/Selbststudium)<br />

� „Rechtswissenschaften“ (als Ausgangsfachrichtung)<br />

� „<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation“ (als <strong>Mediation</strong>sfeld)<br />

� „BAFM-Anerkennung“<br />

� „Ausbildungsdauer <strong>in</strong> Monaten“<br />

� „Ausbildungskosten“<br />

� „Berufserfahrung als Mediator“<br />

Zu allen anderen Variablen gab es jeweils zu wenige Angaben, um sie quantitativ<br />

analysieren zu können.<br />

Zunächst sollen <strong>in</strong> sogenannten Kreuztabellen die gef<strong>und</strong>enen Zusammenhänge<br />

zwischen den ausgewählten Variablen <strong>und</strong> dem „Jahresumsatz“ sowie der<br />

„wirtschaftlicher Zufriedenheit“ dargestellt werden. In jeder Tabelle werden folgende<br />

Informationen gegeben: die Gesamtanzahl der Personen <strong>in</strong> der jeweiligen Kategorie,<br />

die Anzahl der Personen mit „hohem“ <strong>und</strong> „niedrigem Jahresumsatz“ <strong>und</strong> die Anzahl<br />

der wirtschaftlich „zufriedenen“ <strong>und</strong> „unzufriedenen“ Personen <strong>in</strong> dieser Kategorie.<br />

Zudem wurde mit dem Chi-Quadrat-Test berechnet, ob sich zwischen den Variablen<br />

99


100<br />

e<strong>in</strong> statistisch signifikanter Zusammenhang f<strong>in</strong>det (s. Kap. 4.3.1). Angegeben werden<br />

die Ergebnisse der statistischen Tests allerd<strong>in</strong>gs nur dort, wo sich signifikante<br />

Ergebnisse fanden. Die Berechnungen wurden mit dem Statistical Package for the<br />

Social Sciences (SPSS 1999) ausgeführt <strong>und</strong> bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Anhang 19.<br />

Geschlecht. Aus Abbildung 5.21 ist ersichtlich, dass sich <strong>in</strong>sgesamt, unabhängig<br />

vom Geschlecht, mehr Mediatoren als „wirtschaftlich unzufrieden“ <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>em<br />

„niedrigen Jahresumsatz“ beschrieben. Es gab ke<strong>in</strong>en statistisch signifikanten<br />

Zusammenhang zwischen „Geschlecht“ <strong>und</strong> „Jahresumsatz“ oder „wirtschaftlicher<br />

Zufriedenheit“.<br />

ger<strong>in</strong>ger<br />

Jahresumsatz<br />

hoher<br />

Jahresumsatz<br />

wirtschaftlich<br />

unzufrieden<br />

wirtschaftlich<br />

zufrieden<br />

männlich weiblich Summe<br />

19 12 31<br />

15 5 20<br />

20 22 42<br />

13 7 20<br />

Abb. 5.21 Kreuztabelle für die Variablen „Geschlecht“, „Jahresumsatz“ (n = 51)<br />

<strong>und</strong> „wirtschaftliche Zufriedenheit“ (n = 62).<br />

Alter. Das Alter wurde <strong>in</strong> dieser Stichprobe (s. Abb. 5.22) zur Vere<strong>in</strong>fachung der<br />

Analyse kategorial betrachtet, d.h. die Mediatoren wurden <strong>in</strong> fünf Altersgruppen<br />

unterteilt. Es konnte allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong> statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen<br />

dem „Alter“ <strong>und</strong> dem „Jahresumsatz“ oder der „wirtschaftlichen Zufriedenheit“<br />

festgestellt werden.


ger<strong>in</strong>ger<br />

Jahresumsatz<br />

hoher<br />

Jahresumsatz<br />

wirtschaftlich<br />

unzufrieden<br />

wirtschaftlich<br />

zufrieden<br />

20-30<br />

Jahre<br />

31-40<br />

Jahre<br />

41-50<br />

Jahre<br />

51-60<br />

Jahre<br />

über 60<br />

Jahre<br />

Summe<br />

0 6 14 11 5 36<br />

1 4 6 5 1 17<br />

0 8 20 14 3 27<br />

2 4 6 5 3 20<br />

101<br />

Abb. 5.22 Kreuztabelle für die Variablen „Alter“, „Jahresumsatz“ (n = 53) <strong>und</strong><br />

„wirtschaftliche Zufriedenheit“ (n = 47).<br />

Rechtswissenschaften. Bei den „Rechtswissenschaften“ als<br />

„Ausgangsfachrichtung“ zeigt sich e<strong>in</strong> ähnliches Bild wie bei den beiden zuvor<br />

betrachteten Variablen (s. Abb. 5.23): es gab <strong>in</strong> der Gesamtstichprobe <strong>in</strong>sgesamt<br />

mehr Mediatoren mit e<strong>in</strong>em „niedrigen Jahresumsatz“ <strong>und</strong> mehr Mediatoren die<br />

angaben, „wirtschaftlich unzufrieden“ zu s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> statistischer Zusammenhang<br />

konnte nicht festgestellt werden.<br />

ger<strong>in</strong>ger<br />

Jahresumsatz<br />

hoher<br />

Jahresumsatz<br />

wirtschaftlich<br />

unzufrieden<br />

wirtschaftlich<br />

zufrieden<br />

Rechtswissenschaften<br />

studiert<br />

nicht<br />

Rechtswissenschaft<br />

en studiert<br />

Summe<br />

19 14 33<br />

15 8 23<br />

26 17 43<br />

10 7 17<br />

Abb. 5.23 Kreuztabelle für die Variablen „Rechtswissenschaften“, „Jahresumsatz“<br />

(n = 56) <strong>und</strong> „wirtschaftliche Zufriedenheit“ (n = 60).


102<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation (<strong>in</strong>kl. Erbmediation). Hier konnte e<strong>in</strong><br />

statistisch signifikanter Zusammenhang (p = .019; r = .307) zwischen „<strong>Wirtschaft</strong>s-<br />

<strong>und</strong> Arbeitsmediation“ <strong>und</strong> „Jahresumsatz“ gef<strong>und</strong>en werden. In dieser Stichprobe (s.<br />

Abb. 5.24) gab es mehr „<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediatoren“, die angaben, e<strong>in</strong>en<br />

„hohen Jahresumsatz“ mit <strong>Mediation</strong> zu erwirtschaften, als Mediatoren, die <strong>in</strong><br />

anderen <strong>Mediation</strong>sfeldern tätig s<strong>in</strong>d (erwartete Werte <strong>und</strong> standardisierte Residuen<br />

siehe Anhang 17). Es ist allerd<strong>in</strong>gs zu berücksichtigen, dass Mehrfachnennungen<br />

möglich waren. Zukünftige Untersuchungen müssten also versuchen,<br />

herauszuf<strong>in</strong>den, welche Komb<strong>in</strong>ationen von <strong>Mediation</strong>sfeldern besonders<br />

gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gend s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen<br />

„<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation“ <strong>und</strong> „wirtschaftlicher Zufriedenheit“ wurde nicht<br />

gef<strong>und</strong>en.<br />

ger<strong>in</strong>ger<br />

Jahresumsatz<br />

hoher<br />

Jahresumsatz<br />

wirtschaftlich<br />

unzufrieden<br />

wirtschaftlich<br />

zufrieden<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- &<br />

Arbeitsmediatoren<br />

Andere<br />

Mediatoren<br />

Summe<br />

20 15 35<br />

16 2 18<br />

26 18 44<br />

15 5 20<br />

Abb. 5.24 Kreuztabelle für die Variablen „<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation“,<br />

„Jahresumsatz“ (n = 53) <strong>und</strong> „wirtschaftliche Zufriedenheit“ (n = 64).<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung. Die Variable „<strong>Mediation</strong>sausbildung“ zeigte ebenfalls e<strong>in</strong>e<br />

signifikante Interaktion mit den Variablen „Jahresumsatz“ (p = .20, r = .344). Dies<br />

lässt sich folgendermaßen <strong>in</strong>terpretieren (s. Abb. 5.25): <strong>in</strong> der Kategorie<br />

„artverwandte Ausbildung/Selbststudium“ befanden sich deutlich mehr „wirtschaftlich<br />

zufriedene“ Mediatoren mit e<strong>in</strong>em „hohen Jahresumsatz“ als „wirtschaftlich<br />

unzufriedene“ oder Mediatoren mit e<strong>in</strong>em „niedrigen Jahresumsatz“. Demzufolge<br />

sche<strong>in</strong>en Mediatoren mit e<strong>in</strong>er „artverwandten Ausbildung/Selbststudium“ mehr mit<br />

<strong>Mediation</strong> zu verdienen <strong>und</strong> <strong>in</strong>sgesamt auch „wirtschaftlich zufriedener“ zu se<strong>in</strong> als<br />

Mediatoren mit e<strong>in</strong>er oder mehreren „re<strong>in</strong>en <strong>Mediation</strong>sausbildungen. Bei der


103<br />

Interpretation dieser Daten ist allerd<strong>in</strong>gs folgendes zu bedenken: alle Mediatoren mit<br />

e<strong>in</strong>er „artverwandten Ausbildung/Selbststudium“ waren hauptsächlich im Feld<br />

„Arbeits- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediation“ tätig, so dass hier e<strong>in</strong>e Konf<strong>und</strong>ierung, also e<strong>in</strong>e<br />

Vermischung mit anderen signifikanten Interaktionen, vorhanden se<strong>in</strong> könnte (da ja<br />

Arbeits- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediatoren <strong>in</strong> dieser Stichprobe e<strong>in</strong>en signifikant höheren<br />

Jahresumsatz hatten). Zum anderen ist die Teilstichprobe der Mediatoren mit e<strong>in</strong>er<br />

„artverwandten Ausbildung/Selbststudium“ sehr kle<strong>in</strong> (n = 6). E<strong>in</strong>e Verallgeme<strong>in</strong>erung<br />

ist also problematisch <strong>und</strong> weitere Studien s<strong>in</strong>d nötig, um die Art des<br />

Zusammenhangs zwischen „artverwandter Ausbildung/Selbststudium“, „<strong>Wirtschaft</strong>s<strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation“, „Jahresumsatz“ <strong>und</strong> „wirtschaftlicher Zufriedenheit“ exakter<br />

beschreiben zu können.<br />

ger<strong>in</strong>ger<br />

Jahresumsatz<br />

hoher<br />

Jahresumsatz<br />

wirtschaftlich<br />

unzufrieden<br />

wirtschaftlich<br />

zufrieden<br />

E<strong>in</strong>e<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung<br />

Mehrere<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildungen<br />

Artverwandte<br />

Ausbildung/<br />

Selbststudium<br />

Summe<br />

28 8 0 36<br />

9 4 5 18<br />

33 11 1 45<br />

12 3 5 20<br />

Abb. 5.25 Kreuztabelle für die Variablen „<strong>Mediation</strong>sausbildung“, „Jahresumsatz“<br />

(n = 54) <strong>und</strong> „wirtschaftliche Zufriedenheit“ (n = 64).<br />

BAFM-Anerkennung. In H<strong>in</strong>blick auf die BAFM-Anerkennung der<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung konnten ke<strong>in</strong>e signifikanten Interaktionen mit dem<br />

„Jahresumsatz“ oder der „wirtschaftlichen Zufriedenheit“ festgestellt werden.<br />

Demzufolge sche<strong>in</strong>t bei den befragten Mediatoren die Anerkennung der Ausbildung<br />

durch e<strong>in</strong>en <strong>Mediation</strong>s-Verband ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf diese beiden Variablen zu<br />

haben.


ger<strong>in</strong>ger<br />

Jahresumsatz<br />

hoher<br />

Jahresumsatz<br />

wirtschaftlich<br />

unzufrieden<br />

wirtschaftlich<br />

zufrieden<br />

BAFM-<br />

Anerkennung<br />

Ke<strong>in</strong>e BAFM-<br />

Anerkennung<br />

Summe<br />

11 20 31<br />

6 5 11<br />

18 24 42<br />

3 7 10<br />

104<br />

Abb. 5.26 Kreuztabelle für die Variablen „BAFM-Anerkennung“, „Jahresumsatz“<br />

(n = 42) <strong>und</strong> „wirtschaftliche Zufriedenheit“ (n = 52).<br />

Um den möglichen E<strong>in</strong>fluss von „Ausbildungsdauer <strong>in</strong> Monaten“,<br />

„Ausbildungskosten“ <strong>und</strong> „Berufserfahrung als Mediator“ auf die Variablen<br />

„Jahresumsatz“ <strong>und</strong> „wirtschaftliche Zufriedenheit“ festzustellen, wurden t-Tests<br />

gerechnet (s. Kap. 4.3.1) . In diesem Datensatz konnten ke<strong>in</strong>e signifikanten<br />

Zusammenhänge zwischen den Variablen gef<strong>und</strong>en werden. Demnach sche<strong>in</strong>t der<br />

„Jahresumsatz“ <strong>und</strong> die „wirtschaftliche Zufriedenheit“ e<strong>in</strong>es Mediators nicht von der<br />

Länge oder den Kosten se<strong>in</strong>er Ausbildung oder von se<strong>in</strong>er Berufserfahrung als<br />

Mediator abhängig zu se<strong>in</strong> (die Ergebnisse der t-Tests <strong>und</strong> die Effektgrößen bef<strong>in</strong>den<br />

sich <strong>in</strong> Anhang 19). Dass ke<strong>in</strong>e Effekte gef<strong>und</strong>en wurden, könnte allerd<strong>in</strong>gs auch an<br />

den ger<strong>in</strong>gen Effektgrößen <strong>und</strong> der mangelnden Teststärke liegen, da nur e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />

Stichprobe betrachtet wurde.


5.2 Ergebnisse der Mediatoren-Interviews<br />

105<br />

Die Darstellung der Ergebnisse aus den Interviews mit den <strong>Wirtschaft</strong>s-<br />

<strong>und</strong>/oder Arbeitsmediatoren gliedert sich aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Auswertung<br />

<strong>in</strong> fünf Teile. Analog zur schriftlichen Befragung wird <strong>in</strong> den ersten drei Teilen mit den<br />

Angaben zur Person, zur Ausbildung <strong>und</strong> zur Tätigkeit begonnen. Die Unterschiede<br />

zwischen den erfolgreichen <strong>und</strong> den weniger erfolgreichen Mediatoren werden im<br />

vierten Teil dargestellt. Der fünfte Teil beschreibt erste Ergebnisse zur Akzeptanz von<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation. Die Variablenliste der vorwiegend<br />

soziodemografischen Daten <strong>und</strong> das beschreibende Kodiersystem für die<br />

qualitativen Aussagen bef<strong>in</strong>den sich im Anhang 12 <strong>und</strong> 14.<br />

5.2.1 Zur Person<br />

Die meisten <strong>in</strong>terviewten Mediatoren s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit den<br />

Ergebnissen der schriftlichen Befragung, zwischen 41 <strong>und</strong> 50 Jahre alt. Nur e<strong>in</strong><br />

Mediator war jünger als 30 Jahre <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er älter als 60 Jahre alt (s. Abb. 5.27).<br />

16%<br />

48%<br />

5%<br />

5%<br />

26%<br />

Abb. 5.27 Altersgruppen (n = 19).<br />

20 - 30 Jahre<br />

31 - 40 Jahre<br />

41 - 50 Jahre<br />

51 - 60 Jahre<br />

über 60 Jahre<br />

Es wurden deutlich mehr männliche als weibliche Mediatoren <strong>in</strong>terviewt (s.<br />

Abb. 5.28). E<strong>in</strong>e mögliche Ursache dafür könnte se<strong>in</strong>, dass sich wesentlich weniger<br />

Mediator<strong>in</strong>nen als Mediatoren mit <strong>Wirtschaft</strong>s- oder Arbeitsmediation beschäftigen.<br />

Psycholog<strong>in</strong>nen oder Sozialwissenschaftler<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Stichprobe nicht<br />

vertreten.


68%<br />

32%<br />

weiblich<br />

männlich<br />

Abb. 5.28 Geschlechterverteilung (n = 19).<br />

106<br />

Die <strong>in</strong>terviewten Mediatoren haben, unter Berücksichtigung von<br />

Mehrfachantworten, Ausbildungen <strong>in</strong> den folgenden Fachrichtungen absolviert (s.<br />

Abb. 5.29). Trotz versuchter Gleichverteilung kam der größte Teil der <strong>in</strong>terviewten<br />

Mediatoren – analog zur Fragebogenstichprobe – aus dem juristischen Fachbereich<br />

(47%), gefolgt von dem sozialwissenschaftlichen (31%) <strong>und</strong><br />

wirtschaftswissenschaftlichen (21%) Bereich. Zu den sozialwissenschaftlichen<br />

Fachrichtungen wurden Psychologie, Soziologie <strong>und</strong> Sozialpädagogik/-arbeit gezählt.<br />

Weiterh<strong>in</strong> befanden sich unter den Interviewten zwei Mediatoren, die e<strong>in</strong>e<br />

Lehrerausbildung hatten, außerdem zwei Theologen <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Philosoph.<br />

Anzahl<br />

Nennungen<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Rechtswissenschaften<br />

9<br />

<strong>Wirtschaft</strong>swissenschaften<br />

4 4<br />

Psychologie<br />

Lehramt<br />

2 2<br />

Theologie<br />

Philosophie<br />

1 1 1<br />

Soziologie<br />

Fachrichtung<br />

Abb. 5.29 Fachrichtungen – Mehrfachnennungen möglich (n = 19).


5.2.2 Zur Ausbildung<br />

107<br />

Mehr als zwei Drittel (72%) der Mediatoren haben e<strong>in</strong>e oder mehrere Ausbildungen<br />

im Bereich <strong>Mediation</strong> absolviert (s. Abb. 5.30). Fünf Mediatoren gaben an, ke<strong>in</strong>e<br />

re<strong>in</strong>e Medationsausbildung zu haben, sondern ihr Wissen zum Thema <strong>Mediation</strong><br />

durch Selbststudium oder artverwandte Ausbildungen erworben zu haben (z.B.<br />

Studium der aktuellen Literatur, Ausbildung <strong>in</strong> Teamsupervision, Transaktionen <strong>und</strong><br />

Organisationsberatung). E<strong>in</strong> Mediator sagte, dass er se<strong>in</strong>e Ausbildung noch nicht<br />

abgeschlossen habe <strong>und</strong> wurde deshalb nicht <strong>in</strong> die Auswertung mit e<strong>in</strong>bezogen.<br />

28%<br />

33%<br />

39%<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>s-Ausbildung<br />

Abb. 5.30 Ausbildung zum Mediator (n = 18).<br />

mehrere <strong>Mediation</strong>s-Ausbildungen<br />

artverwandte Ausbildungen (<strong>in</strong>kl.<br />

Selbststudium)<br />

Gut die Hälfte der <strong>in</strong>terviewten Mediatoren (53%) erwähnte zusätzlich, dass sie<br />

e<strong>in</strong>e spezifische Ausbildung <strong>in</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediation gemacht hätten. Nur e<strong>in</strong><br />

Mediator (5%) sagte explizit, dass er ke<strong>in</strong>e Ausbildung <strong>in</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediation habe.<br />

Viele (42%) machten jedoch hierzu ke<strong>in</strong>e Angaben (s. Abb. 5.31).<br />

42% ja<br />

5%<br />

53%<br />

ne<strong>in</strong><br />

ke<strong>in</strong>e Angabe<br />

Abb. 5.31 Spezifische Ausbildung <strong>in</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediation (n = 11).


108<br />

Während die e<strong>in</strong>e Hälfte (46%) der <strong>in</strong>sgesamt 13 Mediatoren mit „re<strong>in</strong>er Media-<br />

tionsausbildung“ ihre Ausbildung <strong>in</strong> maximal 200 St<strong>und</strong>en absolvierte, <strong>in</strong>vestierte die<br />

andere Hälfte (46%) mehr als 200 St<strong>und</strong>en <strong>in</strong> die Ausbildung. E<strong>in</strong> Mediator machte<br />

ke<strong>in</strong>e Angaben zu der Dauer se<strong>in</strong>er Ausbildung (s. Abb. 5.32).<br />

Anzahl<br />

Mediatoren<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

2<br />

4<br />

2<br />

bis 100 bis 200 bis 300 > 300 ke<strong>in</strong>e<br />

Angabe<br />

4<br />

1<br />

Ausbildungsdauer<br />

<strong>in</strong> St<strong>und</strong>en<br />

Abb. 5.32 Dauer der <strong>Mediation</strong>sausbildung <strong>in</strong> St<strong>und</strong>en (n = 13).<br />

Die meisten <strong>in</strong>terviewten Mediatoren (57%) gaben maximal 5.000 € für ihre<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung aus. E<strong>in</strong> Mediator gab an, bis zu 7.500 € für se<strong>in</strong>e Ausbildung<br />

bezahlt zu haben (s. Abb. 5.33). Hierbei handelt es sich jedoch nur um die<br />

geschätzten Kosten der „re<strong>in</strong>en <strong>Mediation</strong>sausbildung“, nicht aber um die der<br />

artverwandten Ausbildungen. Lag allerd<strong>in</strong>gs die Ausbildung zu weit zurück, konnten<br />

<strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong>e Angaben gemacht werden.<br />

Anzahl<br />

Mediatoren<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

2<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Kosten<br />

7<br />

1 1<br />

bis<br />

2.500<br />

bis<br />

5.000<br />

bis<br />

7.500<br />

3<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Angabe<br />

Abb. 5.33 Ausbildungskosten <strong>in</strong> € (n = 14).<br />

Kosten <strong>in</strong> €


109<br />

Weiterh<strong>in</strong> wurde erfragt, wie viele St<strong>und</strong>en die <strong>in</strong>terviewten Mediatoren während<br />

oder noch nach ihrer Ausbildung <strong>in</strong> die Supervision <strong>in</strong>vestierten. Insgesamt gaben<br />

nur 7 Mediatoren an, Supervision <strong>in</strong> Anspruch zu nehmen. Die meisten Mediatoren<br />

(63%) machten zu dieser Frage ke<strong>in</strong>e Angaben oder gaben explizit an, bisher noch<br />

ke<strong>in</strong>e Supervision genutzt zu haben (s. Abb. 5.34).<br />

Anzahl<br />

Mediatoren<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

6<br />

3<br />

1 1<br />

0 bis 50 bis 100 bis 150 > 150 ke<strong>in</strong>e<br />

Angabe<br />

Abb. 5.34 Supervisionsst<strong>und</strong>en (n = 19).<br />

2<br />

6<br />

Anzahl<br />

Supervisionsst<strong>und</strong>en<br />

In Übere<strong>in</strong>stimmung mit den Ergebnissen der schriftlichen Befragung haben<br />

die meisten <strong>in</strong>terviewten Mediatoren ihre Ausbildung mit e<strong>in</strong>er Zertifizierung im S<strong>in</strong>ne<br />

e<strong>in</strong>er Teilnahmebestätigung beendet. Nur je zwei Mediatoren gaben an, die BAFM-<br />

Anerkennung oder e<strong>in</strong> Hochschuldiplom (<strong>in</strong>kl. Master, Examen) zu besitzen (s.<br />

Abb. 5.35).


Anzahl<br />

Nennungen<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

8<br />

Zertifikat<br />

(Teilnahmebestätigung)<br />

2 2 2<br />

BAFM-Anerkennung<br />

Hochschul-<br />

Diplom<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Bestätigung<br />

Ausbildungsabschluss<br />

Abb. 5.35 Abschluss der <strong>Mediation</strong>sausbildung – Mehrfachnennungen möglich<br />

(n = 11).<br />

5.2.3 Zur Tätigkeit als Mediator<br />

110<br />

Die meisten <strong>in</strong>terviewten Mediatoren haben – analog zur Fragebogenstichprobe –<br />

maximal zwei Jahre Berufserfahrung als Mediator. Dennoch konnten knapp die<br />

Hälfte (47%) aller Interviewten fünf <strong>und</strong> mehr Jahre Erfahrung mit <strong>Mediation</strong><br />

vorweisen (s. Abb. 5.36).<br />

Anzahl<br />

Mediatoren<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

7<br />

3<br />

5<br />

0-2 3-4 5-6 7-8 9-10<br />

1<br />

3<br />

Berufsjahre<br />

als Mediator<br />

Abb.5.36 Berufserfahrung als Mediator <strong>in</strong> Jahren (n = 19).<br />

Das Beschäftigungsverhältnis gleicht ebenfalls dem Bild der schriftlichen<br />

Befragung. Die große Mehrheit der <strong>in</strong>terviewten Mediatoren (77%) ist selbstständig


111<br />

<strong>und</strong> nur sehr wenige Mediatoren (23%) gaben an, angestellt oder beamtet zu se<strong>in</strong> (s.<br />

Abb. 5.37).<br />

18%<br />

5%<br />

77%<br />

selbständig<br />

angestellt<br />

beamtet<br />

Abb. 5.37 Beschäftigungsverhältnis – Mehrfachantworten möglich (n = 19).<br />

Drei der 19 Mediatoren gaben an, ausschließlich von <strong>Mediation</strong> (<strong>in</strong>kl.<br />

Weiterbildung zum Thema) zu leben. Die meisten <strong>in</strong>terviewten Mediatoren (68%)<br />

beschäftigten sich allerd<strong>in</strong>gs nur zu e<strong>in</strong>em Viertel ihrer Gesamtarbeitszeit mit<br />

<strong>Mediation</strong> (s. Abb. 5.38).<br />

Anzahl<br />

Mediatoren<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

13<br />

2<br />

bis 25 bis 50 bis 75 bis 100<br />

1<br />

3<br />

Prozent der<br />

Arbeitstätigkeit<br />

Abb. 5.38 Anteil von <strong>Mediation</strong> an der Gesamttätigkeit <strong>in</strong> Prozent (n = 19).<br />

Da nur sehr wenige <strong>in</strong>terviewte Mediatoren angaben, ausschließlich von <strong>Mediation</strong><br />

zu leben, wurde weiterh<strong>in</strong> erhoben, welche Haupt- oder Nebentätigkeiten parallel zur<br />

Tätigkeit als Mediator ausgeübt werden. Unter der Berücksichtigung von<br />

Mehrfachantworten ergab sich folgendes Bild (s. Abb. 5.39): Die Hälfte der<br />

Mediatoren (50%), die nicht nur von <strong>Mediation</strong> leben, waren Unternehmensberater,<br />

gefolgt von Rechtsanwälten (38%) <strong>und</strong> Dozenten (38%).


Anzahl<br />

Nennungen<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Unternehmensberater<br />

8<br />

Rechtsanwalt /Referendar<br />

6 6<br />

Hochschullehrer +/od. Dozent<br />

Unternehmer<br />

4<br />

1 1 1<br />

Redakteur<br />

Schuldner- & Insolvenzberater<br />

Fam.-, Ehe- & Lebensberater<br />

Tätigkeiten<br />

neben der <strong>Mediation</strong><br />

Abb. 5.39 Haupt- oder Nebentätigkeiten – Mehrfachnennungen möglich (n = 16).<br />

112<br />

Wenn die <strong>in</strong>terviewten Mediatoren angaben selbstständig zu se<strong>in</strong>, wurde erfragt, ob<br />

sie eigene Angestellte hätten. Der größte Teil der Mediatoren gab an, ke<strong>in</strong>e eigenen<br />

Angestellten zu haben. E<strong>in</strong>ige Mediatoren haben bis zu fünf angestellte Mitarbeiter.<br />

Nur sehr wenige Mediatoren beschäftigen mehr als fünf Angestellte (s. Abb. 5.40).<br />

Allerd<strong>in</strong>gs muss bei diesen Angaben e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung gemacht werden. Die<br />

Angestellten arbeiteten für den Befragten zumeist nicht <strong>in</strong> ihrer Funktion als Mediator.<br />

Nur zwei Mediatoren, die ausschließlich mit <strong>Mediation</strong> ihr Geld verdienen (s.<br />

Abb. 5.38), gaben an, die Angestellten auf dem Gebiet der <strong>Mediation</strong> zu<br />

beschäftigen.<br />

4%<br />

22%<br />

9% 4%<br />

61%<br />

ke<strong>in</strong>e eigenen Angestellten<br />

bis zu 5 Mitarbeiter<br />

bis zu 10 Mitarbeiter<br />

bis zu 15 Mitarbeiter<br />

bis zu 20 <strong>und</strong> mehr Mitarbeiter<br />

Abb. 5.40 Anzahl eigener Angestellter (n = 17).


113<br />

Auf die Frage, zu wie viel Prozent sich die <strong>in</strong>terviewten Mediatoren <strong>in</strong> ihrer<br />

Tätigkeit als Mediator mit <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong>/oder Arbeitsmediation beschäftigen,<br />

antwortete e<strong>in</strong> Teil (44%) der Interviewten, dass er fast ausschließlich <strong>in</strong> dem Gebiet<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation tätig sei. Die meisten Mediatoren (56%) gaben<br />

allerd<strong>in</strong>gs an, dass sie sich neben der <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation noch<br />

weiteren <strong>Mediation</strong>sfeldern, z.B. der Familienmediation zuwenden würden (s. Abb.<br />

5.41). E<strong>in</strong> Mediator konnte diesbezüglich ke<strong>in</strong>e Angaben machen, da er sich bisher<br />

nur theoretisch mit <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation beschäftigt hat.<br />

Anzahl<br />

Mediatoren<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

4<br />

1<br />

2<br />

bis 20 bis 40 bis 60 bis 80 bis 100<br />

3<br />

8<br />

Prozent der<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation<br />

Abb. 5.41 Anteil der <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation von der Tätigkeit als<br />

Mediator <strong>in</strong> Prozent (n = 18).<br />

Da sich nicht e<strong>in</strong>mal die Hälfte der <strong>in</strong>terviewten Mediatoren nur mit<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong>/oder Arbeitsmediation beschäftigen wurde erfragt, welchen anderen<br />

<strong>Mediation</strong>sfeldern sie sich noch zuwenden. Analog zu den Ergebnissen der<br />

schriftlichen Befragung wurde die Familienmediation (91%) am häufigsten als<br />

weiteres Feld genannt, gefolgt von der Schulmediation (27%) <strong>und</strong> der <strong>Mediation</strong> im<br />

öffentlichen Bereich (Verwaltung etc.) (27%). Je e<strong>in</strong> Mediator gab an, sich neben der<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong>/oder Arbeitsmediation mit Umweltmediation oder Baustreitigkeiten<br />

zu beschäftigen (s. Abb. 5.42).


Anzahl<br />

Nennungen<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

10<br />

Familien-<br />

<strong>Mediation</strong><br />

3 3<br />

Schul-<br />

<strong>Mediation</strong><br />

Öffentlicher<br />

Bereich<br />

1 1<br />

Umwelt-<br />

<strong>Mediation</strong><br />

Bau-<br />

Streitigk.<br />

weitere<br />

<strong>Mediation</strong>sfelder<br />

Abb. 5.42 Weitere <strong>Mediation</strong>sfelder – Mehrfachnennungen möglich (n = 10).<br />

114<br />

Betrachtet man die e<strong>in</strong>zelnen Branchen, <strong>in</strong> denen Mediatoren derzeit tätig s<strong>in</strong>d,<br />

ergibt sich folgendes Bild (s. Abb. 5.43): Vier von 18 Mediatoren gaben an, <strong>in</strong> allen<br />

Branchen als Mediator zu arbeiten <strong>und</strong> sich nicht spezialisiert zu haben. E<strong>in</strong> Mediator<br />

begründete dies mit dem Satz: „... ich kann es mir nicht aussuchen ...“. Am<br />

häufigsten wurde jedoch die Verarbeitende <strong>und</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie (39%) genannt,<br />

gefolgt von der Technologie-, Telekommunikations- <strong>und</strong> Enterta<strong>in</strong>mentbranche (28%)<br />

<strong>und</strong> dem Dienstleistungsgewerbe (22%). Am wenigsten verbreitet sche<strong>in</strong>t <strong>Mediation</strong><br />

<strong>in</strong> dieser Stichprobe <strong>in</strong> den Branchen Industrie allgeme<strong>in</strong> (alle anderen, außer der<br />

Verarbeitenden <strong>und</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie), Pharmazie, Verkehr- <strong>und</strong> Transport <strong>und</strong><br />

dem Versicherungsgewerbe zu se<strong>in</strong>.<br />

Verarbeitende & Automobil<strong>in</strong>dustrie<br />

Technologie, Telekomm. & Enterta<strong>in</strong>ment<br />

Dienstleistungen<br />

Immobilien & Bauwirtschaft<br />

M<strong>in</strong>isterien & öffentl. Bereich<br />

F<strong>in</strong>anzdienstleistungen<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

Handel<br />

Hotel- & Gaststättengewerbe<br />

sozialer Bereich<br />

Industrie allgeme<strong>in</strong><br />

Pharmazie<br />

Verkehr- <strong>und</strong> Transport<br />

Versicherungsgewerbe<br />

alle Branchen<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

0 2 4 6<br />

3<br />

3<br />

4<br />

4<br />

5<br />

7<br />

8<br />

Anzahl Nennungen<br />

Abb. 5.43 Unternehmensbranchen, <strong>in</strong> denen Mediatoren arbeiten –<br />

Mehrfachnennungen möglich (n = 18).


115<br />

Die meisten <strong>in</strong>terviewten Mediatoren s<strong>in</strong>d momentan <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>- <strong>und</strong> mittelgroßen<br />

Unternehmen tätig (s. Abb. 5.44). Nur zwei Mediatoren gaben an, dass sie <strong>in</strong><br />

Großunternehmen mediieren. Manche konnten ke<strong>in</strong>e spezifische<br />

Unternehmensgröße angeben, sondern sagten, dass es zur Zeit noch „... bunt<br />

gemischt ...“ sei.<br />

11%<br />

22%<br />

67%<br />

Abb. 5.44 Unternehmensgrößen (n = 18).<br />

5.2.4 Mögliche Erfolgsfaktoren<br />

kle<strong>in</strong>- <strong>und</strong> mittelgroße Unternehmen<br />

Großunternehmen<br />

alle Unternehmensgrößen<br />

Um Hypothesen über mögliche Erfolgsfaktoren aufstellen zu können, wurde auf die<br />

qualitativen Aussagen der Mediatoren-Interviews zurückgegriffen. Mit Hilfe des<br />

erarbeiteten Kategoriensystem (s. Anhang 15) wurde nach Faktoren gesucht, <strong>in</strong><br />

denen sich die erfolgreichen von den weniger erfolgreichen Mediatoren<br />

unterscheiden. Dazu wurden die <strong>in</strong>terviewten Mediatoren <strong>in</strong> erfolgreiche <strong>und</strong> weniger<br />

erfolgreiche Mediatoren unterteilt. Die Unterteilung erfolgte nach den <strong>in</strong> Kapitel<br />

4.1.3.2 beschriebenen subjektiven <strong>und</strong> objektiven Erfolgskriterien. Insgesamt<br />

beschrieben sich elf der 19 Mediatoren als subjektiv „zufrieden“ mit ihrem<br />

wirtschaftlichen Erfolg. Auf Gr<strong>und</strong> dieser hohen Antworthäufigkeit wurde die Variable<br />

„wirtschaftliche Zufriedenheit“ nicht wie geplant als Trennungsmerkmal, sondern nur<br />

als Bed<strong>in</strong>gung verwendet. In den engeren Kreis der „erfolgreichen“ Mediatoren<br />

kamen nur jene, die auf die Frage nach der „wirtschaftlichen Zufriedenheit“ mit „Ja“<br />

geantwortet haben.<br />

Als bestes Trennungsmerkmal erwies sich der „Arbeitszeitanteil“, der für <strong>Mediation</strong><br />

aufgewendet wurde. Es gab drei Mediatoren, die angaben, sich hauptberuflich mit


116<br />

<strong>Mediation</strong> zu beschäftigen <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>en Nebenverdienst zu haben (s. Abb. 5.38) <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>en Mediator, der sich bis zu 60 Prozent se<strong>in</strong>er Arbeitszeit mit <strong>Mediation</strong><br />

beschäftigt. Alle anderen Mediatoren dieser Stichprobe lagen weit unter e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Mediation</strong>s-Arbeitszeitanteil von 50 Prozent. Der „Jahresumsatz“ wurde von zu<br />

wenigen Mediatoren angegeben, so dass dieses Merkmal für die Auswertung entfiel.<br />

Das Kriterium „Anzahl der Fälle“ wurde schon während der Untersuchung <strong>in</strong> den<br />

Interviews von e<strong>in</strong>igen Mediatoren h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>er Trennschärfe bemängelt. Die<br />

<strong>in</strong>terviewten Mediatoren gaben zu bedenken, dass nicht jede <strong>Mediation</strong> gleich viel<br />

Können <strong>und</strong> Energie erfordere <strong>und</strong> somit auch nicht gleich vergütet werde. Aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong>e wurde dieses Kriterium zweitrangig behandelt, d.h. es fungierte nicht<br />

als Ausschlusskriterium, sondern hatte eher e<strong>in</strong>e Art Kontrollfunktion (s. Abb. 5.45).<br />

Code der<br />

Mediatoren<br />

<strong>Wirtschaft</strong>liche<br />

Zufriedenheit<br />

Arbeitszeitanteil<br />

<strong>in</strong> %<br />

Fälle pro Jahr<br />

G1-M Ja 100 25<br />

G4-M Ja 100 > 20<br />

G11-M Ja 60 20<br />

G15-M Ja 100 6,25<br />

Abb. 5.45 Kriterien, nach denen Mediatoren als erfolgreich e<strong>in</strong>gestuft wurden.<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieser Erfolgskriterien konnte e<strong>in</strong> Mediator, der eigentlich noch zu der<br />

Gruppe der „erfolgreichen“ Mediatoren gehören würde, nicht berücksichtigt werden.<br />

Er war wirtschaftlich „zufrieden“ <strong>und</strong> hatte bisher 12,5 Fälle pro Jahr bearbeitet.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs gab er an, sich nur 10% von se<strong>in</strong>er Gesamtarbeitszeit mit <strong>Mediation</strong> zu<br />

beschäftigen. Weiterh<strong>in</strong> sagte er, dass „... [se<strong>in</strong>] Auskommen davon nicht abhängig<br />

...“ sei <strong>und</strong> er <strong>Mediation</strong> „... schließlich nicht als Hauptberuf, sondern nebenbei ...“<br />

betreibe. Demnach wurde vermutet, dass er ke<strong>in</strong>e spezifische Vermarktungsstrategie<br />

entwickelt hat, um sich als Mediator zu präsentieren.<br />

Analog zur schriftlichen Befragung (s. Kap. 5.1.5) wurden ke<strong>in</strong>e Unterschiede<br />

zwischen den „erfolgreichen“ <strong>und</strong> den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Merkmale „Geschlecht“, „Alter“ <strong>und</strong> „Beschäftigungsverhältnis“ gef<strong>und</strong>en. Auch<br />

gab es ke<strong>in</strong>e deutlichen Differenzen <strong>in</strong> Bezug auf den „Ausbildungsabschluss“, die


117<br />

„Ausgangsfachrichtung“ <strong>und</strong> den „Wohnort“ (NRW oder NBL). In der Interview-<br />

Stichprobe waren genauso viele „erfolgreiche“ Männer wie Frauen vertreten. Alle<br />

„erfolgreichen“ Mediatoren waren zwischen 40 <strong>und</strong> 50 Jahren alt <strong>und</strong> vom<br />

Arbeitsstatus her selbstständig, genauso wie die Mehrheit der „weniger erfolgreichen“<br />

Mediatoren. Zwei der vier „erfolgreichen“ Mediatoren (50%) haben ihre<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung mit e<strong>in</strong>em „Zertifikat“ i.S. e<strong>in</strong>er Teilnahmebestätigung beendet,<br />

ebenso wie die Hälfte der Teilstichprobe der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren.<br />

Betrachtet man die „Ausgangsfachrichtungen“ so hat e<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator<br />

Philosophie, e<strong>in</strong> anderer Rechtswissenschaften, e<strong>in</strong>er Psychologie,<br />

Betriebswirtschaftslehre <strong>und</strong> Soziologie <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Ingenieur-Pädagogik studiert. Zwei<br />

der „erfolgreichen“ Mediatoren wohnen <strong>in</strong> NRW <strong>und</strong> zwei <strong>in</strong> den NBL. Diese<br />

Variablen sche<strong>in</strong>en demnach ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf den Erfolg als <strong>Wirtschaft</strong>s- oder<br />

Arbeitsmediator zu haben.<br />

Dennoch ergaben sich auch e<strong>in</strong>e Reihe von Unterschieden zwischen den<br />

„erfolgreichen“ <strong>und</strong> den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren, z.B. bezüglich der<br />

„Ausbildungsdauer <strong>und</strong> -art“, der „Berufserfahrung“, des „Arbeitsortes“ (B<strong>und</strong>esland),<br />

der „Unternehmensbranchen“ <strong>und</strong> „Unternehmensgrößen“, <strong>in</strong> denen die Mediatoren<br />

tätig s<strong>in</strong>d, dem „Akquisitionsanteil“, der „Vermarktungsstrategie“ <strong>und</strong> der eigenen<br />

Kompetenz („Sicherheitsgefühl“ während der <strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> Fähigkeit der<br />

„Fallerkennung“). Diese Unterschiede sollen im Folgenden genauer erläutert werden.<br />

5.2.4.1 Erfolgsfaktoren bezüglich der Ausbildung<br />

Die Hälfte der „erfolgreichen“ Mediatoren hat e<strong>in</strong>e „artverwandte Ausbildung“<br />

absolviert. Demnach muss man ke<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>sausbildung machen, um als<br />

Mediator Erfolg zu haben. Zwei Drittel der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren haben<br />

e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>sausbildung absolviert, welche somit nicht unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> Garant<br />

für den Erfolg als Mediator zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t. Die Ergebnisse der schriftlichen<br />

Befragung bestätigen ebenfalls e<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen der Höhe des<br />

„Jahresumsatzes“ <strong>und</strong> dem Absolvieren e<strong>in</strong>er „artverwandten Ausbildung“ (s. Kap.<br />

5.1.5).


118<br />

Weiterh<strong>in</strong> haben „erfolgreiche“ Mediatoren, <strong>in</strong>sofern sie e<strong>in</strong>e „re<strong>in</strong>e<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung“ absolviert haben, durchschnittlich sieben mal mehr St<strong>und</strong>en <strong>in</strong><br />

ihre Ausbildung <strong>in</strong>vestiert als „weniger erfolgreiche“ Mediatoren.<br />

„Erfolgreiche“ Mediatoren haben nicht nur e<strong>in</strong>e längere „<strong>Mediation</strong>sausbildung“<br />

absolviert, sondern auch mehr „Supervision“. Durchschnittlich haben „erfolgreiche“<br />

Mediatoren acht mal so viele Supervisionsst<strong>und</strong>en angegeben als „weniger<br />

erfolgreiche“ Mediatoren.<br />

5.2.4.2 Erfolgsfaktoren bezüglich der Tätigkeit<br />

Im Schnitt gaben die „erfolgreichen“ Mediatoren an, doppelt so viele Jahre<br />

Berufserfahrung (6,5 Jahre) als Mediator zu haben als die „weniger erfolgreichen“<br />

Mediatoren (3,6 Jahre). Dieser Unterschied wurde durch die Ergebnisse der<br />

schriftlichen Befragung bestätigt (s. Kap. 5.1.5). Je mehr „Berufserfahrung“ e<strong>in</strong><br />

Mediator besitzt, desto höher ist die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass er <strong>in</strong> diesem Gebiet<br />

erfolgreich ist.<br />

Trotz der Gleichverteilung des Wohnortes <strong>in</strong> NRW <strong>und</strong> den NBL <strong>in</strong> der Stichprobe,<br />

arbeiten zwei Drittel der „erfolgreichen“ Mediatoren <strong>in</strong> den alten B<strong>und</strong>esländern.<br />

Diese Tendenz zeigt sich aber auch <strong>in</strong> der gesamten Stichprobe der <strong>in</strong>terviewten<br />

Mediatoren. In der Teilstichprobe der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren gaben<br />

ger<strong>in</strong>gfügig mehr Mediatoren an, dass sie <strong>in</strong> den NBL tätig s<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Unterschied wurde bezüglich des „<strong>Mediation</strong>sfeldes“ gef<strong>und</strong>en, <strong>in</strong> dem<br />

die Mediatoren vorrangig tätig s<strong>in</strong>d. Während drei Viertel der „erfolgreichen“<br />

Mediatoren angaben, nicht nur <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong>/oder Arbeitsmediation zu betreiben,<br />

sondern auch <strong>in</strong> anderen <strong>Mediation</strong>sfeldern tätig zu se<strong>in</strong>, wurde diese Aussage nur<br />

von der Hälfte der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren bejaht. Demnach lässt sich<br />

vermuten, dass zurzeit weniger e<strong>in</strong>e Spezialisierung auf e<strong>in</strong> <strong>Mediation</strong>sfeld<br />

erfolgsversprechend ist als e<strong>in</strong>e Zentrierung auf e<strong>in</strong> breites Angebot <strong>in</strong><br />

verschiedenen <strong>Mediation</strong>sfeldern.<br />

Bezüglich der „Unternehmensbranchen“, <strong>in</strong> denen die <strong>in</strong>terviewten Mediatoren tätig<br />

s<strong>in</strong>d, lässt sich festhalten, dass die „erfolgreichen“ Mediatoren hauptsächlich <strong>in</strong> der


119<br />

„verarbeitenden <strong>und</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie“ sowie <strong>in</strong> „M<strong>in</strong>isterien <strong>und</strong> dem öffentlichen<br />

Bereich“ tätig s<strong>in</strong>d. Die „weniger erfolgreichen“ Mediatoren gaben an, dass sie<br />

ebenfalls vorwiegend <strong>in</strong> der „verarbeitenden <strong>und</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie“, aber auch <strong>in</strong><br />

der Branche der „Technologie, Telekommunikation <strong>und</strong> Enterta<strong>in</strong>ment“, der<br />

„Immobilien- <strong>und</strong> Bauwirtschaft“ <strong>und</strong> im „Dienstleistungsgewerbe“ arbeiteten. Der<br />

größte Unterschied zeigte sich allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> der Aussage, <strong>Mediation</strong> unabhängig von<br />

e<strong>in</strong>er spezifischen Branche zu betreiben. Während die Hälfte der „erfolgreichen“<br />

Mediatoren dies angab, waren es nur 17% der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren,<br />

die ebenfalls diese Aussage machten.<br />

Weiterh<strong>in</strong> unterschieden sich die „erfolgreichen“ <strong>und</strong> die „weniger erfolgreichen“<br />

Mediatoren <strong>in</strong> dem Merkmal „Unternehmensgröße“. Ke<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator war<br />

ausschließlich <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>- <strong>und</strong> mittelgroßen Unternehmen tätig, sondern immer auch <strong>in</strong><br />

Großunternehmen. E<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator gab sogar an, ausschließlich <strong>in</strong><br />

Großunternehmen zu arbeiten. Demgegenüber gab der überwiegende Teil (64%) der<br />

„weniger erfolgreichen“ Mediatoren an, vorwiegend <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en <strong>und</strong> mittelständischen<br />

Unternehmen tätig zu se<strong>in</strong>.<br />

5.2.4.3 Die Vermarktungsstrategie der „erfolgreichen“ Mediatoren<br />

In der schriftlichen Befragung äußerten viele Mediatoren, dass e<strong>in</strong> schlechtes oder<br />

falsches Market<strong>in</strong>g für Schwierigkeiten <strong>in</strong> der Fallsuche verantwortlich sei. Aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong>e wurde die Vermarktungsstrategie der <strong>in</strong>terviewten Mediatoren<br />

besonders detailliert betrachtet. Dabei stellte sich heraus, dass sich die<br />

„erfolgreichen“ von den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren nicht nur <strong>in</strong> ihrer<br />

„Vermarktungsstrategie“, sondern auch <strong>in</strong> dem zeitlichen Aufwand, der <strong>in</strong> die<br />

Akquisition <strong>in</strong>vestiert wurde, unterscheiden.<br />

„Erfolgreiche“ Mediatoren gaben an, mehr als doppelt so viel Zeit für die Akquisition<br />

zu verwenden als „weniger erfolgreiche“ Mediatoren. Während die „erfolgreichen“<br />

Mediatoren durchschnittlich ca. 32% ihrer Arbeitszeit für die Akquisition neuer Fälle<br />

verwendeten, <strong>in</strong>vestierten „weniger erfolgreiche“ Mediatoren nur ca. 12% ihrer<br />

Arbeitszeit <strong>in</strong> die Suche nach neuen Fällen. E<strong>in</strong>ige Mediatoren der Gesamtstichprobe<br />

gaben an, dass sie gar ke<strong>in</strong>e Zeit für die Akquisition verwendeten, da sie zurzeit mit<br />

der Anzahl von Fällen, die sie bearbeiten, ausgelastet seien.


120<br />

Wie sieht nun aber die „Vermarktungsstrategie“ der „erfolgreichen“ Mediatoren<br />

konkret aus? In welcher Art <strong>und</strong> Weise <strong>und</strong> mit welchen Argumenten vermarkten sie<br />

<strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> sich selbst?<br />

Art <strong>und</strong> Weise. Der wesentliche Unterschied liegt dar<strong>in</strong>, dass „erfolgreiche“ im<br />

Vergleich zu den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren sich <strong>und</strong> <strong>Mediation</strong> stärker<br />

„aktiv“ <strong>und</strong> weniger „passiv“ vermarkten. „Erfolgreiche“ Mediatoren vermarkten sich<br />

durch „<strong>in</strong>formelle Kontakte“ (z.B. M<strong>und</strong>-zu-M<strong>und</strong>-Propaganda, Multiplikatoren- <strong>und</strong><br />

Kollegennetzwerke), e<strong>in</strong>e „aktive Öffentlichkeitsarbeit“ (z.B. Publikationen,<br />

Veranstaltungen, Ausbildung) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e „aktive traditionelle Akquise“ bei der<br />

potenzielle K<strong>und</strong>en direkt angesprochen werden. In der folgenden Abbildung 5.46 ist<br />

die bevorzugte Vermarktungsstrategie (farbig schattiert) der „erfolgreichen“<br />

Mediatoren dargestellt.<br />

Informelle<br />

Kontakte<br />

Aktive<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Passive<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Vermarktung von <strong>Mediation</strong><br />

Aktive<br />

traditionelle<br />

Akquise<br />

Abb. 5.46 Vermarktungsstrategie von „erfolgreichen“ Mediatoren.<br />

Passive<br />

traditionelle<br />

Akquise<br />

In der Kategorie „aktive Öffentlichkeitsarbeit“ gibt es nur e<strong>in</strong>en quantitativen, nicht<br />

aber e<strong>in</strong>en qualitativen Unterschied zwischen den „erfolgreichen“ <strong>und</strong> den „weniger<br />

erfolgreichen“ Mediatoren, d.h. „erfolgreiche“ Mediatoren machen ke<strong>in</strong>e andere, nur<br />

<strong>in</strong>sgesamt mehr Öffentlichkeitsarbeit. Sie publizieren mehr über <strong>Mediation</strong>, halten<br />

mehr Vorträge <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d stärker als Ausbilder oder Dozenten tätig, um <strong>Mediation</strong> <strong>und</strong><br />

sich selbst als Mediator auf diese Weise bekannt zu machen. Zwei „erfolgreiche“<br />

Mediatoren gaben an, dass sie auch über R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> Fernsehen werben würden<br />

bzw. geworben hätten. Unter „passiver Öffentlichkeitsarbeit“ wurde die Werbung per<br />

Anzeige, das E<strong>in</strong>tragen <strong>in</strong> Mediatorenverzeichnisse <strong>und</strong> das Erstellen e<strong>in</strong>er Website


121<br />

verstanden. In dieser Kategorie gab es allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>en Unterschied zwischen den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Mediatorentypen.<br />

„Informelle Kontakte“ nutzen „erfolgreiche“ wie „weniger erfolgreiche“ Mediatoren <strong>in</strong><br />

gleichem Maße <strong>und</strong> <strong>in</strong> gleicher Weise. An erster Stelle wurden „Multiplikatoren“ (z.B.<br />

Gerichte, Vere<strong>in</strong>e, Verbände) genannt, gefolgt von „M<strong>und</strong>-zu-M<strong>und</strong>-Propaganda“,<br />

„Kollegen-“ <strong>und</strong> „K<strong>und</strong>ennetzwerken“ sowie „Arbeitskreisen“.<br />

E<strong>in</strong> dritter Schwerpunkt bei den „erfolgreichen“ Mediatoren ist die „aktive<br />

traditionelle Akquise“. Im Gegensatz zur „passiven traditionellen Akquise“, die die<br />

Herstellung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>maligen Kontaktes zu potenziellen Mandanten <strong>und</strong><br />

anschließendes Abwarten me<strong>in</strong>t, versteht sich die „aktive traditionelle Akquise“ als<br />

direktes <strong>und</strong> aktives Zugehen auf potenzielle Mandanten. „Erfolgreiche“ Mediatoren<br />

gaben an, doppelt so viel „aktive traditionelle Akquise“ zu betreiben als weniger<br />

erfolgreiche Mediatoren. Während die Hälfte der „erfolgreichen“ Mediatoren sagte,<br />

dass sie sich immer an die direkten Entscheider wenden würden, wurde diese<br />

Strategie nur von e<strong>in</strong>em Viertel der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren verfolgt.<br />

In Bezug auf die „passive traditionelle Akquise“ gab die Hälfte der<br />

„erfolgreichen“ wie auch die Hälfte der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren an, dass<br />

sie auf Fälle warten würden oder dass sie z.B. nach Veranstaltungen angesprochen<br />

werden würden. Im Unterschied zu den „erfolgreichen“ Mediatoren, die abwarten, da<br />

sie mit den Anzahl von Fällen, die sie haben, zufrieden s<strong>in</strong>d, gab es allerd<strong>in</strong>gs unter<br />

den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren etliche (63%), die unzufrieden mit ihrem<br />

wirtschaftlichen Erfolg waren. E<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator sagte sogar explizit: „...<br />

wer darauf wartet, dass jemand zu ihm kommt, der hat ke<strong>in</strong>en Erfolg.“.<br />

Bei der Beurteilung der Bedeutung von Interessenvere<strong>in</strong>en h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

Fallsuche gab es ke<strong>in</strong>en Unterschied zwischen den „erfolgreichen“ <strong>und</strong> den „weniger<br />

erfolgreichen“ Mediatoren. Interessenvere<strong>in</strong>e für <strong>Mediation</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en oder<br />

Familienmediation (z.B. CfM, BAFM) wurden von mehr als der Hälfte (52%) aller<br />

<strong>in</strong>terviewten Mediatoren als „weniger nützlich“ <strong>in</strong> Bezug auf die Fallsuche im Gebiet<br />

der <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong>/oder Arbeitsmediation beurteilt. Nur zwei Mediatoren bewerteten<br />

diese Vere<strong>in</strong>e als „nützlich“. Spezifische Interessenvere<strong>in</strong>e für <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong>/oder


122<br />

Arbeitsmediation (z.B. BMWA, gwmk) wurden zu gleichen Teilen (jeweils 16%) als<br />

„nützlich“ <strong>und</strong> „weniger nützlich“ empf<strong>und</strong>en. Insgesamt gab es vier „weniger<br />

erfolgreiche“ Mediatoren, die von e<strong>in</strong>er oder mehreren Fallvermittlungen durch<br />

allgeme<strong>in</strong>e oder spezifische Interessenvere<strong>in</strong>e berichten konnten.<br />

Werbeargumente. Neben der Art <strong>und</strong> Weise der Vermarktung wurde ebenfalls<br />

erfasst, mit welchen Argumenten der Mediator für <strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> für sich selbst wirbt.<br />

E<strong>in</strong> wesentlicher Unterschied bestand dar<strong>in</strong>, dass „erfolgreiche“ Mediatoren nur<br />

Vorteile der <strong>Mediation</strong> als Werbeargumente nannten <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e Nachteile<br />

traditioneller juristischer Verfahren erwähnten. Die Hälfte der „erfolgreichen“<br />

Mediatoren gab sogar an, nur mit allgeme<strong>in</strong>en <strong>und</strong> nicht mediationsspezifischen<br />

Argumenten zu werben. Dabei handelte es sich um positive Werte wie „... Klugheit,<br />

Cleverness, E<strong>in</strong>vernehmlichkeit ...“ aber auch um die Reduzierung von Leidensdruck,<br />

„...Schmerz vermeiden, Freude gew<strong>in</strong>nen ...“. Interessanterweise entspricht dies der<br />

Anspruchsniveau-Theorie von March <strong>und</strong> Simon (1976), welche im Kapitel 2.2.3<br />

vorgestellt wurde. Die Autoren gehen davon aus, dass Unzufriedenheit, d.h. e<strong>in</strong><br />

gewisser „Leidensdruck“, zu Änderungsaktivitäten führt. Im Fall der <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation würde das bedeuten, dass e<strong>in</strong>e große Unzufriedenheit mit der<br />

bisherigen Streitbeilegung dazu führen kann, dass Unternehmen alternative Wege<br />

der Konfliktlösung suchen <strong>und</strong> e<strong>in</strong> anderes Streitverfahren, z.B. die <strong>Mediation</strong>,<br />

ausprobieren.<br />

Bezüglich der Vorteile von <strong>Mediation</strong> nennen „erfolgreiche“ Mediatoren an erster<br />

Stelle die „Zeit- <strong>und</strong> Kosteneffizienz“ des Verfahrens (s. Abb. 5.48). Dagegen<br />

sprechen „weniger erfolgreiche“ Mediatoren hauptsächlich von der<br />

„Eigenverantwortlichkeit“, die dieses Verfahren ermöglicht, <strong>und</strong> erst an zweiter <strong>und</strong><br />

dritter Stelle von der „Zeit- <strong>und</strong> Kosteneffizienz“ (s. Abb. 5.49). E<strong>in</strong> „erfolgreicher“<br />

Mediator nannte noch zwei weitere Argumente, die von ke<strong>in</strong>em „weniger<br />

erfolgreichen“ Mediator erwähnt wurden, <strong>und</strong> zwar die „Praxisorientierung“ <strong>und</strong> das<br />

F<strong>in</strong>den von „kreative Lösungen“.<br />

Um zu überprüfen, ob die genannten Werbeargumente der Mediatoren wirklich die<br />

potenziellen K<strong>und</strong>en überzeugen, wurden e<strong>in</strong>erseits die Mediatoren nach positiven<br />

<strong>und</strong> negativen Erfahrungen von Unternehmen befragt (sek<strong>und</strong>äre Informationsquelle)


123<br />

<strong>und</strong> andererseits Vertreter verschiedener Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

(primäre Informationsquelle). Der Vergleich, <strong>in</strong> wieweit die Werbeargumente mit den<br />

tatsächlichen Interessen der Unternehmen übere<strong>in</strong>stimmen, ist im Kapitel fünf des<br />

zweiten Teils „Deutsche Unternehmen <strong>und</strong> <strong>Mediation</strong>“ dieser Diplomarbeit zu lesen.<br />

Die <strong>in</strong>terviewten Mediatoren berichteten, dass Unternehmen, die bereits<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrungen haben, die „Zeit- <strong>und</strong> Kosteneffizienz“, die<br />

„Ergebniszufriedenheit“, die „Vertraulichkeit“ des Verfahrens, den „zivilisierten“ <strong>und</strong><br />

„konstruktiven Umgang“ während <strong>und</strong> auch nach Beendigung e<strong>in</strong>es<br />

<strong>Mediation</strong>sverfahrens <strong>und</strong> den „Lerneffekt“ oder die Erfahrung, auch anders mit<br />

Konflikten umgehen zu können, als positiv bewerten würden (s. Abb. 5.47).<br />

Anzahl<br />

Nennungen<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Zeiteffizienz<br />

5 5<br />

Kosteneffizienz<br />

Ergebniszufriedenheit<br />

4<br />

Vertraulichkeit<br />

3 3<br />

zivilisierter Umgang<br />

konstruktiver Umgang<br />

2 2<br />

Lerneffekt<br />

Positive<br />

Erfahrungen<br />

Abb. 5.47 Mediatorenaussagen über positive Erfahrungen von Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong> (n = 19).<br />

Es stellt sich nun die Frage, ob die Werbeargumente der Mediatoren mit diesen<br />

Erfahrungsberichten übere<strong>in</strong>stimmen. Bei der Hälfte der „erfolgreichen“ Mediatoren<br />

konnten zwei Übere<strong>in</strong>stimmungen gef<strong>und</strong>en werden: „Zeit- <strong>und</strong> Kosteneffizienz“<br />

werden am häufigsten genannt (s. Abb. 5.48). Demnach sche<strong>in</strong>t die Hälfte der<br />

„erfolgreichen“ Mediatoren mit diesen Argumenten die Bedürfnisse der Unternehmen<br />

anzusprechen. Bei den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren ist dies nicht so<br />

offensichtlich. Wie bereits erwähnt, sprechen sie am häufigsten (60%) von der<br />

„Eigenverantwortlichkeit“, obwohl dieser Punkt nicht als positive Erfahrung berichtet<br />

wurde, <strong>und</strong> erst dann von der „Zeit- <strong>und</strong> Kosteneffizienz“. Allerd<strong>in</strong>gs gibt es auch


124<br />

e<strong>in</strong>ige „weniger erfolgreiche“ Mediatoren (33%), die „Ergebniszufriedenheit“ als e<strong>in</strong><br />

Argument für <strong>Mediation</strong> nennen, welches ebenfalls unter den positiven Erfahrungen<br />

berichtet wurde (s. Abb. 5.49).


Anzahl<br />

Nennungen<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Zeiteffizienz<br />

2 2<br />

Kosteneffizienz<br />

Eigenverantwortlichkeit<br />

1 1 1<br />

Prozessvermeidung<br />

Abb. 5.48 Argumente der<br />

„erfolgreichen“ Mediatoren<br />

(n = 4).<br />

Anzahl<br />

Nennungen<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

9<br />

Eigenverantworlichkeit<br />

Zeiteffizienz<br />

8<br />

Kosteneffizienz<br />

7<br />

Ergebniszufriedenheit<br />

5 5 5<br />

Zukunftsorientierung<br />

Erhalt von Beziehungen<br />

125<br />

Abb.5.49 Argumente der „weniger<br />

erfolgreichen“ Mediatoren (n =<br />

15).<br />

E<strong>in</strong> Problem bei sek<strong>und</strong>ären Informationen ist allerd<strong>in</strong>gs die<br />

größere Ungenauigkeit bei der Wiedergabe, z.B. können<br />

Interferenzen (Überlagerungen) mit bereits vorhandenen<br />

Vermutungen auftreten (Anderson, 1995). Vermutlich er<strong>in</strong>nern sich<br />

die befragten Mediatoren aufgr<strong>und</strong> der vorher gestellten Frage („Mit<br />

welchen Argumenten werben Sie für <strong>Mediation</strong>?“) stärker an<br />

Erfahrungsberichte, die mit ihren eigenen Argumenten<br />

übere<strong>in</strong>stimmen (Ausstrahlungseffekt, s. Kap. 4.1.3.1). E<strong>in</strong>en<br />

besseren Vergleich werden die Ergebnisse der Unternehmens-<br />

Interviews br<strong>in</strong>gen.<br />

In Bezug auf die „Eigenwerbung“ nennen „erfolgreiche“ Mediatoren durchschnittlich<br />

mehr Argumente, warum sie als Mediator geeignet s<strong>in</strong>d, als „weniger erfolgreiche“<br />

Mediatoren. Ke<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator gab an, über das Verfahren <strong>Mediation</strong> für<br />

sich zu werben, während e<strong>in</strong>ige der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren (13%) dies<br />

erzählten. „Erfolgreiche“ Mediatoren gaben an, <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie über die eigene<br />

„Persönlichkeit“, d.h. vorwiegend über die „Ausstrahlung“, <strong>und</strong> dann erst mit den<br />

eigenen „Fähigkeiten“ zu werben. „Weniger erfolgreiche“ Mediatoren gaben an,


126<br />

hauptsächlich über die „Fähigkeiten“ <strong>und</strong> weniger über die eigene Person zu werben.<br />

Als „Fähigkeiten“ wurden z.B. „Lebens-“ <strong>und</strong> „Berufserfahrung“, „Ausbildung“ <strong>und</strong><br />

„Fachkompetenz“ genannt. „Erfolgreiche“ Mediatoren sprachen h<strong>in</strong>sichtlich ihrer<br />

Fähigkeiten am häufigsten von ihrer „Lebenserfahrung“ <strong>und</strong> ihrer „Ausbildung“.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs kann die „Ausbildung“ nicht als spezifisch für die „erfolgreichen<br />

Mediatoren“ angesehen werden, da sie auch von den „weniger erfolgreichen“<br />

Mediatoren sehr häufig genannt wurde.<br />

Aufschlussreicher als die Suche nach Unterschieden wird der Vergleich dieser<br />

Argumente mit den „Anforderungen“ der Unternehmen an e<strong>in</strong>en guten Mediator se<strong>in</strong><br />

(s. Kap. 5, Teil 2). Um die Aussagen der Mediatoren zur Vermarktung mit e<strong>in</strong>er<br />

„echten“ Situation zu vergleichen, wurde am Ende der Interviews e<strong>in</strong> Rollenspiel<br />

durchgeführt. Die genaue Beschreibung der Inhalte des Rollenspiel bef<strong>in</strong>det sich im<br />

Kapitel 4.1.3.2. Neben dem Feststellen von weiteren situationsspezifischen<br />

Merkmalen wie z.B. dem Nennen von „Erfahrungswerten“, dem Vorschlag zu e<strong>in</strong>em<br />

„persönlichen Gespräch“, sollten die so eben beschriebenen Werbeargumente<br />

wieder zu f<strong>in</strong>den se<strong>in</strong>. Interessanterweise war dies nicht immer der Fall.<br />

Verkaufsgespräch. In dem Rollenspiel nannten die „erfolgreichen“ Mediatoren im<br />

Unterschied zum allgeme<strong>in</strong>en Aufzählen von Werbeargumenten durchschnittlich<br />

weniger Argumente für das Verfahren als die „weniger erfolgreichen“ Mediatoren. Die<br />

am häufigsten verwendeten Argumente s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Abbildung 5.50 <strong>und</strong> 5.51<br />

dargestellt. An dem Rollenspiel haben aus Zeitgründen nicht alle, sondern <strong>in</strong>sgesamt<br />

nur 15 Mediatoren teilgenommen, drei „Erfolgreiche“ <strong>und</strong> zwölf „weniger<br />

Erfolgreiche“.<br />

Sowohl „erfolgreiche“ als auch „weniger erfolgreiche“ Mediatoren sagten am<br />

häufigsten, dass der „Mediator den Parteien bei der Verhandlungsführung hilft“, z.B.<br />

stehe er den Parteien zur Seite, wenn die Verhandlungen festgefahren s<strong>in</strong>d <strong>und</strong><br />

unterstütze sie, um wieder <strong>in</strong>s Gespräch zu kommen. Am zweit-häufigsten sprachen<br />

alle Mediatoren von der „Eigenverantwortlichkeit“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Mediation</strong>sverfahren. E<strong>in</strong><br />

Drittel der „erfolgreichen“ Mediatoren erwähnte den „Zeit- <strong>und</strong> Kostenvorteil“ sowie<br />

die „Vertraulichkeit“ des Verfahrens <strong>und</strong> den „zivilisierten Umgang“ während <strong>und</strong>


127<br />

nach der <strong>Mediation</strong>. Weiterh<strong>in</strong> sprachen sie von der „Interessenorientierung“, der<br />

„Erweiterung des E<strong>in</strong>igungsraumes“ <strong>und</strong> dem „Erhalt von (Geschäfts-)Beziehungen“.<br />

Im Unterschied dazu erwähnten nur zwei der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren<br />

den „Zeitvorteil“ <strong>und</strong> zwei den „Kostenvorteil“ der <strong>Mediation</strong>. Ebenso wurden die<br />

Argumente „Vertraulichkeit“ (e<strong>in</strong> Mediator) <strong>und</strong> „zivilisierter Umgang“ (zwei<br />

Mediatoren) sehr selten genannt. Etwa die Hälfte erwähnte allerd<strong>in</strong>gs die<br />

„Interessenorientierung“. Weiterh<strong>in</strong> sprachen sie von der „Ergebniszufriedenheit“,<br />

welche als positive Erfahrung berichtet wurde, von der „Verh<strong>in</strong>derung der Verhärtung<br />

der Fronten“ (Abbau von „Mauern“) <strong>und</strong> der „Suche nach Geme<strong>in</strong>samkeiten“. Eher<br />

skeptisch könnte die Arbeit auf der „emotionalen Ebene“ (<strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong> sicher<br />

eher ungewöhnlich) <strong>und</strong> die Anwesenheit e<strong>in</strong>es „zweiten Mediators“ (der höhere<br />

Kosten vermuten lässt) betrachtet werden.<br />

Anzahl<br />

Nennungen<br />

4<br />

2<br />

0<br />

3<br />

2<br />

1 1 1 1 1 1 1<br />

Mediator hilft<br />

Eigenverantwortlichkeit<br />

Zeiteffizienz<br />

Kosteneffizienz<br />

Vertraulichkeit<br />

Zivilisierter Umgang<br />

Interessenorientierung<br />

Erhalt von Beziehungen<br />

Erweiterung des E<strong>in</strong>igungs...<br />

Abb. 5.50 Argumente der „erfolgreichen“<br />

Mediatoren im Rollenspiel<br />

(n = 3).<br />

Anzahl<br />

Nennungen<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

10<br />

8<br />

Mediator hilft<br />

Eigenverantworlichkeit<br />

7<br />

Interessenorientierung<br />

Ergebniszufriedenheit<br />

4 4<br />

3 3 3<br />

Abbau von "Mauern"<br />

Suche nach Geme<strong>in</strong>samkeiten<br />

Emotionen<br />

evt. zweiter Mediator<br />

Zeiteffizienz<br />

2 2<br />

Kosteneffizienz<br />

Abb.5.51 Argumente der „weniger<br />

erfolgreichen“ Mediatoren im<br />

Rollenspiel (n = 12).<br />

Die <strong>in</strong>terviewten Mediatoren wurden im Rollenspiel ebenfalls befragt, warum der<br />

Anrufer sich gerade für sie als Mediator entscheiden solle. Im Unterschied zu der<br />

allgeme<strong>in</strong>en Darstellung der „Eigenwerbung“ erwähnten sowohl die „erfolgreichen“<br />

als auch die „weniger erfolgreichen“ Mediatoren vorwiegend ihre „Fähigkeiten“ <strong>und</strong><br />

g<strong>in</strong>gen weniger auf ihre „Persönlichkeit“ e<strong>in</strong>. Wahrsche<strong>in</strong>lich ist dies auf die<br />

spezifische Situation des Rollenspiel, welches am Telefon stattfand, zurückzuführen.<br />

Bei telefonischen Interviews fehlt den Gesprächspartnern jeglicher visueller Kontakt,


128<br />

<strong>und</strong> somit ist die Möglichkeit zur Wahrnehmung der „Persönlichkeit“ des Anderen<br />

stark e<strong>in</strong>geschränkt. Dennoch erwähnten alle „erfolgreichen“ Mediatoren, dass es<br />

wichtig sei, darauf zu achten, dass die Chemie zwischen dem Mediator <strong>und</strong> den<br />

Medianten stimme („Beziehungsebene“), was sich am Telefon nur schwer feststellen<br />

lasse.<br />

Bezüglich der „Fähigkeiten“ betonten die „erfolgreichen“ Mediatoren im<br />

Unterschied zu den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren stärker ihre „Profession“ (z.B.<br />

Dipl.-Pädagoge, Jurist), ihre „Erfolgsaussichten“ (z.B. „... ich kann sagen, ich habe<br />

80% vermittelt ...“) <strong>und</strong> ihre „Referenzen“ (z.B. „... auf me<strong>in</strong>er Homepage, da gibt es<br />

auch Referenzen ...“). „Weniger erfolgreiche“ Mediatoren betonten hauptsächlich ihre<br />

„Erfahrungen“ mit <strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> Konfliktlösung im allgeme<strong>in</strong>en, gefolgt von der<br />

„Kompetenz“ im spezifischen Fall <strong>und</strong> der „<strong>Mediation</strong>sausbildung“.<br />

„Erfolgsaussichten“ wurden nur von sehr wenigen (16%) <strong>und</strong> dann auch eher<br />

allgeme<strong>in</strong> <strong>und</strong> ohne Prozentangaben berichtet. Erfolgreiche Mediatoren dagegen<br />

werben <strong>in</strong> ersten L<strong>in</strong>ie mit ihrer „Profession“, ihrer fallspezifischen statt allgeme<strong>in</strong>en<br />

„Erfahrung“ <strong>und</strong> den eigenen „Erfolgsaussichten“. Sie werben nicht mit ihrer<br />

„<strong>Mediation</strong>sausbildung“. Die Vermarktungsstrategie der „erfolgreichen“ Mediatoren ist<br />

<strong>in</strong> der folgenden Abbildung 5.52 zusammengefasst.<br />

1.<br />

Nennen der eigenen Profession<br />

Erfahrung<br />

•<br />

•<br />

Spezifische Fallerfahrung<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation<br />

Nennen von Erfolgsaussichten<br />

• Prozentangaben<br />

2.<br />

Fallspezifische Kompetenz<br />

Referenzen<br />

Abb. 5.52 Selbstvermarktungsstrategie der „erfolgreichen“ Mediatoren (n = 3).<br />

E<strong>in</strong>en weiteren Unterschied zwischen den „erfolgreichen“ <strong>und</strong> den „weniger<br />

erfolgreichen“ Mediatoren gab es bezüglich des „Vorschlags zu e<strong>in</strong>em<br />

Selbstvermarktung


129<br />

Vorstellungsgespräch“. Zwei Drittel der „erfolgreichen“ Mediatoren machten sehr<br />

zeitig (im ersten Drittel des Gesprächs) den Vorschlag, „... ich würde gern e<strong>in</strong><br />

persönliches Gespräch führen ...“. Nur etwas mehr als e<strong>in</strong> Drittel der „weniger<br />

erfolgreichen“ Mediatoren tat dies ebenfalls. E<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator sagte im<br />

Anschluss an dieses Rollenspiel: „... ich hatte am Anfang [...] e<strong>in</strong>e ganz hohe<br />

Ausfallquote von Fällen, die nicht zustande gekommen s<strong>in</strong>d [...] weil ich nicht früh<br />

genug versucht habe, auch anzubieten zu den [Interessenten] zu kommen ...“.<br />

Zuletzt sei noch genannt, dass prozentual betrachtet wesentlich mehr „erfolgreiche“<br />

(30%) als „weniger erfolgreiche“ (8%) Mediatoren <strong>in</strong> diesem „Verkaufsgespräch“ die<br />

fiktive Unternehmensvertreter<strong>in</strong> (Anrufer<strong>in</strong>) an ihre Nichte<strong>in</strong>igungsalternativen (was<br />

passiert, wenn ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung erzielt wird) er<strong>in</strong>nert haben.<br />

5.2.4.4 Erfolgsfaktoren bezüglich der Kompetenz<br />

Unter diesem Gesichtspunkt wurde untersucht, ob die Kompetenz e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss<br />

auf den Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators hat. Dabei g<strong>in</strong>g es zum e<strong>in</strong>en um das<br />

„Sicherheitsgefühl“ während der <strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> zum anderen um die Fähigkeit der<br />

„Fallerkennung“. E<strong>in</strong> Mediator wurde mit der Frage nach dem „Sicherheitsgefühl“<br />

nicht konfrontiert, da er noch ke<strong>in</strong>e praktischen Erfahrungen mit <strong>Mediation</strong> gemacht<br />

hatte.<br />

Die Hälfte der „erfolgreichen“ Mediatoren gab an, dass sie sich während der<br />

<strong>Mediation</strong> „sicher“ fühle <strong>und</strong> die andere Hälfte, dass sie sich „teilweise sicher“ fühle.<br />

Zwei Drittel der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren fühlten sich ebenfalls „sicher“<br />

bzw. „teilweise sicher“. Ke<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator gab an, dass er sich „unsicher“<br />

fühle. Dagegen machten e<strong>in</strong>ige „weniger erfolgreiche“ Mediatoren (21%) sehr wohl<br />

diese Aussage. Dennoch sollte dieser Aspekt nicht überbetont werden, da es sich um<br />

e<strong>in</strong>e Selbste<strong>in</strong>schätzung handelt, die mehr oder weniger ehrlich se<strong>in</strong> kann.<br />

Als „Ursachen für Sicherheit“ nannten sowohl „erfolgreiche“ als auch „weniger<br />

erfolgreiche“ Mediatoren am häufigsten die „Erfahrung“, gefolgt von dem Wissen um<br />

die „Verfahrensverantwortlichkeit“ im Unterschied zur „Ergebnisverantwortlichkeit“,<br />

„Selbstvertrauen“ <strong>und</strong> die „Bereitschaft der Medianten“. „Erfolgreiche“ nannten im


130<br />

Unterschied zu den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren nicht die<br />

„<strong>Mediation</strong>sausbildung“ als Ursache ihrer Sicherheit.<br />

Bei den „Ursachen für Unsicherheit“ gab es nur leichte Differenzen (s. Abb. 5.53).<br />

Sowohl „erfolgreiche“ als auch „weniger erfolgreiche“ Mediatoren fanden den<br />

Umgang mit „Emotionen“ <strong>und</strong> „unerwarteten <strong>und</strong>/oder komplexen Situationen“ als<br />

besonders schwierig. Weiterh<strong>in</strong> nannten die „erfolgreichen“ Mediatoren überwiegend<br />

Unsicherheitsquellen, die weniger auf ihre eigene Person als auf äußere Umstände<br />

zurückzuführen s<strong>in</strong>d, z.B. drohendes Gerichtsverfahren. Die genannten Ursachen der<br />

„weniger erfolgreichen“ Mediatoren lassen sich dagegen eher auf fehlende<br />

Fähigkeiten der eigenen Person zurückführen.<br />

Ursachen für Unsicherheit<br />

Erfolgreiche Mediatoren<br />

� Emotionen<br />

� Unerwartete <strong>und</strong>/oder<br />

komplexe Situationen<br />

� Verständnisprobleme<br />

� Unsichere Rollenverteilung<br />

� Äußerer Druck<br />

� Parteien können nicht für sich<br />

selber sprechen<br />

� Drohendes Gerichtsverfahren<br />

Weniger erfolgreiche Mediatoren<br />

� Emotionen<br />

� Unerwartete <strong>und</strong>/oder<br />

komplexe Situationen<br />

� Wenig Erfahrung<br />

� Fehlende Ausbildung im<br />

Bereich Psychologie<br />

� Eigene Ungeduld<br />

� Probleme mit der eigenen<br />

Neutralität<br />

Abb. 5.53 Ursachen für Unsicherheit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Mediation</strong>sverfahren (n = 18).<br />

Entscheidend ist allerd<strong>in</strong>gs der Umgang mit Unsicherheit, die sogenannten<br />

„Cop<strong>in</strong>g-Strategien“. „Erfolgreiche“ <strong>und</strong> „weniger erfolgreiche“ Mediatoren<br />

unterscheiden sich nicht nur <strong>in</strong> der Anzahl der genannten Strategien, sondern auch<br />

dar<strong>in</strong>, was sie konkret für Möglichkeiten neben der Supervision, nutzen. „Supervision“<br />

wurde von allen Mediatoren am häufigsten genannt. „Erfolgreiche“ Mediatoren<br />

versuchten im Unterschied zu „weniger erfolgreichen“, „sich selbst zu beruhigen“, die<br />

„Schwierigkeit als Herausforderung“ zu sehen <strong>und</strong> im konkreten Fall<br />

„E<strong>in</strong>zelgespräche“ mit jeder Streitpartei zu führen. „Weniger erfolgreiche“ Mediatoren<br />

begegneten schwierige Situationen dagegen mit „Pausen“, „Co-<strong>Mediation</strong>“ <strong>und</strong> dem<br />

„Zulassen <strong>und</strong> Thematisieren der eigenen Unsicherheit“.


131<br />

E<strong>in</strong>e Vermutung, warum Mediatoren nur schwierig Fälle f<strong>in</strong>den, war, dass sie<br />

diese nicht als mediationsgeeignet erkennen. Demzufolge ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich,<br />

dass immerh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator angab, dass er alle Fälle für die <strong>Mediation</strong><br />

geeignet halte, „...Jeder Konflikt ist mediativ lösbar...“. Dennoch nannte auch er,<br />

ebenso wie die anderen „erfolgreichen“ Mediatoren, „Ausschluss- <strong>und</strong><br />

Eignungskriterien“, anhand derer e<strong>in</strong> neuer Fall beurteilt wird. Bei e<strong>in</strong>er Unterteilung<br />

<strong>in</strong> „personenspezifische“, „fallspezifische“ <strong>und</strong> „den Mediator betreffende“ Kriterien<br />

erwähnten sowohl „erfolgreiche“ als auch „weniger erfolgreiche“ Mediatoren am<br />

häufigsten personenspezifische Ausschluss- <strong>und</strong> Eignungskriterien.<br />

Demzufolge würden sowohl die meisten „erfolgreichen“ als auch die meisten<br />

„weniger erfolgreichen“ Mediatoren nicht mediieren, wenn die beteiligten Personen<br />

„ke<strong>in</strong>e Offenheit <strong>und</strong> Ehrlichkeit“ zu erkennen geben <strong>und</strong> der Verdacht besteht, das<br />

e<strong>in</strong>e Partei das Verfahren für andere Ziele missbraucht oder aber e<strong>in</strong> „Kräfte- bzw.<br />

Machtungleichgewicht“ zwischen den Parteien bestehe. Weitere, aber weniger häufig<br />

genannte Gründe waren die „fehlende Bereitschaft“ <strong>und</strong> das Vorhandense<strong>in</strong> von<br />

„psychologischen Störungsbildern“ bei den Beteiligten. E<strong>in</strong> wesentlicher Unterschied<br />

bestand bezüglich des Kriterium „ke<strong>in</strong>e längerfristige Beziehung gewünscht“.<br />

Während mancher (13%) der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren angab, unter diesen<br />

Umständen e<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong> abzulehnen, machte ke<strong>in</strong> „erfolgreicher Mediator“ diese<br />

Aussage. Gleiches zeigte sich auch <strong>in</strong> den „Eignungskriterien“. E<strong>in</strong>ige (13%)<br />

„weniger erfolgreiche“ Mediatoren halten e<strong>in</strong>en Fall für geeignet, wenn es e<strong>in</strong>e<br />

„längerfristig angelegte Beziehung“ zwischen den Streitparteien gab. „Erfolgreiche“<br />

Mediatoren sprachen nicht davon.<br />

Die größten Unterschiede gab es allerd<strong>in</strong>gs h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

„Ausschlusskriterien,, die den Mediator betreffen“. Knapp die Hälfte der „weniger<br />

erfolgreichen“ Mediatoren nannte „den Mediator betreffende Ausschlusskriterien“. Sie<br />

gaben an, den Fall abzulehnen, wenn a) der „Mediator schon <strong>in</strong> anderer Funktion mit<br />

den Parteien zu tun hatte“, b) „die eigene Neutralität gefährdet ist“, c) „man das<br />

subjektive Gefühl hat, es geht nicht“ <strong>und</strong> d) „mangelnde Fachkompetenz“ zu Gr<strong>und</strong>e<br />

lag. Nur e<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator gab an, aus dem „subjektiven Gefühl heraus“<br />

den Fall abzulehnen.


132<br />

Weiterh<strong>in</strong> sagten „weniger erfolgreiche“ Mediatoren, dass sie nicht mediieren<br />

würden, wenn a) es sich um „Ja-Ne<strong>in</strong>-Entscheidungen“ handelt oder b) im Vorfeld<br />

„Gewalt aufgetreten ist“ oder es sich um e<strong>in</strong>e „zu niedrige Eskalationsstufe“ handelt<br />

(fallspezifisch). Diese Kriterien wurden von den „erfolgreichen“ Mediatoren nicht<br />

genannt.<br />

Bei den „Eignungskriterien“ gab es kaum Unterschiede zwischen den<br />

„erfolgreichen“ <strong>und</strong> den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren. Ganz oben stand für alle<br />

Mediatoren die „Bereitschaft der Parteien“. Für e<strong>in</strong>en „erfolgreichen“ Mediator war<br />

weiterh<strong>in</strong> noch wichtig, dass die Parteien „freiwillig“ <strong>in</strong> das Verfahren gehen würden<br />

<strong>und</strong> er als Mediator „dem Fall offen <strong>und</strong> unparteiisch gegenüber“ stehe.<br />

Befragt, ob die Fallerkennung schwer falle, sagte ungefähr die Hälfte aller<br />

Mediatoren „Ja“ <strong>und</strong> die andere Hälfte „Ne<strong>in</strong>“. Während e<strong>in</strong> Viertel der „weniger<br />

erfolgreichen“ Mediatoren angab, dass sie bisher wenig Erfahrung im Bereich der<br />

Arbeits- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediation hätten, gab es ke<strong>in</strong>en „erfolgreichen“ Mediator, der<br />

diese Aussage machte.<br />

5.2.4.5 Basis des Erfolgs<br />

Am Ende des Interviews wurden alle Mediatoren gebeten, noch e<strong>in</strong>mal<br />

e<strong>in</strong>zuschätzen, was ihrer Me<strong>in</strong>ung nach ausschlaggebend für ihren Erfolg als<br />

Mediator gewesen ist. Im Unterschied zu der „Vermarktungsstrategie“ (s. Kap.<br />

5.2.4.3) machten die „erfolgreichen“ Mediatoren <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie ihre „Fähigkeiten“, wie<br />

z.B. „Souveränität“, „Erfahrungen“, „Empatisches Zuhören“, „Methodenkompetenz“,<br />

für ihren Berufserfolg verantwortlich, gefolgt von den „Fertigkeiten“, hauptsächlich im<br />

Bereich „Market<strong>in</strong>g“, dem Umstand, dass sie zu den „Ersten <strong>in</strong> Deutschland“ gehört<br />

hätten <strong>und</strong> schließlich ihrer „Persönlichkeit“ im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er gewissen „Autorität“,<br />

welche man als Mediator ausstrahle.<br />

„Weniger erfolgreiche“ Mediatoren vertraten die Auffassung, dass ihr bisheriger<br />

Erfolg, mit dem sie mehr oder weniger zufrieden s<strong>in</strong>d, ebenfalls hauptsächlich auf<br />

ihren „Fähigkeiten“ zurückzuführen sei, gefolgt von ihrer „Persönlichkeit“ <strong>und</strong> ihre<br />

„Fertigkeiten“. Bei den „Fertigkeiten“ nannten sie allerd<strong>in</strong>gs nicht das „Market<strong>in</strong>g“,<br />

sondern die „<strong>Mediation</strong>sausbildung“, die für ihren Erfolg verantwortlich sei.


5.2.5 Fördernde <strong>und</strong> hemmende Akzeptanzfaktoren<br />

133<br />

In den Interviews mit den Mediatoren wurden zwei Akzeptanzfaktoren<br />

(Meißner, 1989) e<strong>in</strong>gehender betrachtet, zum e<strong>in</strong>en der „Neuheitsgrad“ von<br />

<strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> zum anderen die Stiftung von „Unsicherheit“ durch dieses Verfahren.<br />

In diesem Zusammenhang wurden auf die „Erfahrungsberichte“ von Unternehmen<br />

aus Sicht der Mediatoren, den eigenen „Vergleich mit der bisherigen<br />

Streitschlichtung“ <strong>und</strong> die evtl. vorhandenen, aus den unterschiedlichen<br />

Fachbereichen der Mediatoren resultierenden „Rollenkonflikte“ zurückgegriffen.<br />

Die meisten Mediatoren kannten ke<strong>in</strong>e Unternehmen, die bereits „Erfahrungen“ mit<br />

<strong>Mediation</strong> gemacht haben. Sie waren meist die Ersten, die den Unternehmen von<br />

<strong>Mediation</strong> erzählten <strong>und</strong> das Verfahren vorstellten. Insofern ist davon auszugehen,<br />

dass die meisten Unternehmen das Verfahren noch gar nicht kennen. Diese<br />

Aussage wurde auch <strong>in</strong> den Ergebnisse der schriftlichen Befragung deutlich (s. Kap.<br />

5.1.4).<br />

Knapp die Hälfte der Mediatoren konnte allerd<strong>in</strong>gs auch von „positiven<br />

Erfahrungen“ berichten <strong>und</strong> nur e<strong>in</strong> Viertel hatte bisher von „negativen Erfahrungen“<br />

gehört. Die „positiven Erfahrungen“ wurden bereits <strong>in</strong> der Abbildung 5.47 dargestellt.<br />

Von „negativen Erfahrungen“ wurden berichtet, wenn a) „ke<strong>in</strong> Ergebnis“ erzielt<br />

wurde, b) „ke<strong>in</strong> richtiges <strong>Mediation</strong>sverfahren“ angestrebt wurde, c) die „Bereitschaft<br />

der Beteiligten“ oder die „Entscheidungsträger“ fehlten, d) es sich um e<strong>in</strong>en<br />

„schlechten Mediator“ handelte oder e) es „falsche Erwartungen an den Mediator“<br />

gab. Insgesamt berichteten aber wesentlich weniger Mediatoren von „schlechten“ als<br />

von „positiven Erfahrungen“.<br />

Bezüglich des Neuheitsgrades wurden weiterh<strong>in</strong> die Unterschiede zur bisherigen<br />

Streitbeilegung analysiert. Dabei wurde deutlich, dass die „Eigenverantwortlichkeit“<br />

der Streitparteien mit Abstand als größte Veränderung von den Mediatoren<br />

wahrgenommen wurde, gefolgt von der „Interessenorientierung“ <strong>und</strong> der<br />

„Erweiterung des E<strong>in</strong>igungsraumes“ (s. Abb. 5.54). Viele Mediatoren bewerteten vor<br />

allem die „Eigenverantwortlichkeit“ nicht als „optimale Neuerung“ (Wiswede, 1995).<br />

Zu sehr bedeutet sie für viele Anwender Neuland <strong>und</strong> die Abkehr von der vertrauten


134<br />

juristischen Streitbeilegung, bei welcher die Verantwortung fast ausschließlich an<br />

Dritte (z.B. Rechtsanwälte) delegiert wird. Dies kann zu Unsicherheiten bei den<br />

Nutzern führen.


Anzahl<br />

Nennungen<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

12<br />

Eigenverantwortlichkeit<br />

Interessenorientierung<br />

7<br />

erweiterter E<strong>in</strong>igungsraum<br />

4<br />

Zukunftsorientierung<br />

3<br />

2 2 2<br />

<strong>in</strong>formelles Verfahren<br />

Beziehungsebene<br />

Unterschiede<br />

Abb. 5.54 Unterschiede zum Gerichts- oder Schiedsverfahren (n = 19).<br />

135<br />

Interessanterweise haben vier Mediatoren die <strong>Mediation</strong> mit e<strong>in</strong>em<br />

psychologischen Streitbeilegungsverfahren, <strong>und</strong> zwar der Konfliktmoderation,<br />

verglichen. Bei diesem Vergleich wurden im Gegensatz zu dem Gerichts- oder<br />

Schiedsverfahren nicht nur Unterschiede, sondern auch Geme<strong>in</strong>samkeiten genannt.<br />

Wendet man auch hier das Pr<strong>in</strong>zip der „optimalen Neuerung“ (Wiswede, 1995) an,<br />

welche sich genau <strong>in</strong> der Mitte zwischen den Polen „viel zu neu“ <strong>und</strong> „überhaupt nicht<br />

neu“ bef<strong>in</strong>det, so lässt sich feststellen, dass es zwischen der Konfliktmoderation <strong>und</strong><br />

der <strong>Mediation</strong> zwar e<strong>in</strong>en „semantischen Unterschied“ gibt, aber auch „gleiche<br />

Methoden <strong>und</strong> Techniken“. Demnach könnte verglichen mit der Konfliktmoderation<br />

die <strong>Mediation</strong> schon eher als „optimale Neuerung“ bewertet werden. Es dürfte somit<br />

psychologischen Mediatoren, die bereits Konflikte moderiert haben, weniger schwer<br />

fallen, ihren K<strong>und</strong>en <strong>Mediation</strong> zu verkaufen, als juristischen Mediatoren.<br />

Daraus ergibt sich die Frage, ob Mediatoren abhängig von ihrer<br />

„Ausgangsqualifikation“ von ihren K<strong>und</strong>en oder Mandanten unterschiedlich<br />

wahrgenommen werden. Gibt es evtl. e<strong>in</strong>en „Rollenkonflikt“ zwischen der Rolle als<br />

Anwalt <strong>und</strong> der als Mediator, der zu Verunsicherungen führen könnte? Um e<strong>in</strong>e<br />

Antwort auf diese Fragestellung zu f<strong>in</strong>den, wurden die Mediatoren befragt, ob sich<br />

ihre Rolle, d.h. ihr Auftreten nach außen, im Unternehmen verändert habe.


136<br />

Ausgangspunkt für diesen Vergleich war die Beschreibung der Rolle e<strong>in</strong>es Mediators.<br />

Dieser wurde als „allparteiisch“, „konfliktlösungs-“ <strong>und</strong> „<strong>in</strong>teressenorientiert“,<br />

zwischen den Parteien „vermittelnd“, so dass „beide Parteien ihre maximalen<br />

Positionen darstellen“ können, erlebt. E<strong>in</strong> Mediator arbeitet auch auf der<br />

„emotionalen Ebene“ <strong>und</strong> macht „ke<strong>in</strong>e Lösungsvorschläge“.<br />

Es konnten drei verschiedene Berufsgruppen mit der Rolle des Mediators<br />

verglichen werden: a) Rechtsanwälte, b) Unternehmensberater <strong>und</strong> c) Schuldner<strong>und</strong><br />

Insolvenzberater. Die juristischen Mediatoren (n = 7) nannten ausschließlich<br />

Unterschiede zwischen ihrer Rolle als Anwalt <strong>und</strong> der Rolle als Mediator, z.B.<br />

„Parteilichkeit“, „Durchsetzung der maximalen Positionen“ der eigenen Partei, „ke<strong>in</strong><br />

Verständnis für die Gegenpartei“ <strong>und</strong> die „Ausarbeitung von rechtlichen<br />

Vorschlägen/Lösungen“. Vertreter der anderen Berufsgruppen nannten dagegen<br />

auch Geme<strong>in</strong>samkeiten zwischen ihren beiden Rollen. So empfanden sich die<br />

Unternehmensberater (n = 4) zwar ebenso „parteiisch“ <strong>und</strong> im „Auftrag der<br />

Geschäftführung“ handelnd, aber sie erwähnten auch, dass sie „ähnliche<br />

Kompetenzen“ wie e<strong>in</strong> Mediator hätten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er „gleichen Erwartungshaltung“<br />

begegnen würden. Gleiches gilt für den Schulder- <strong>und</strong> Insolvenzberater (n = 1),<br />

welcher sich zwar „parteiisch“ sah, aber dennoch als „Vermittler“ agiere <strong>und</strong> Sorge<br />

trage, dass „beide Parteien ihre maximalen Positionen darstellen“ könnten.


5.3 Gesamt<strong>in</strong>terpretation der Ergebnisse<br />

137<br />

Um die Frage zu beantworten, welche Faktoren zum Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators<br />

beitragen, wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schriftlichen Befragung <strong>und</strong> <strong>in</strong> Interviews mit 19<br />

Mediatoren e<strong>in</strong> Reihe von verschiedenen Informationen zur Person, zur Ausbildung,<br />

zur Tätigkeit, zur Vermarktung <strong>und</strong> zur eigenen Kompetenz erhoben. Aufgr<strong>und</strong> der<br />

kle<strong>in</strong>en Interview-Stichprobe von „erfolgreichen“ Mediatoren können aus den<br />

Ergebnissen dieser Arbeit allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Kausalaussagen abgeleitet, sondern nur<br />

Hypothesen über Faktoren, die zum Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators beitragen, aufgestellt<br />

werden. Dabei konnten für <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediatoren folgende Tendenzen<br />

beobachtet werden:<br />

5.3.1 Personenspezifische Hypothesen<br />

1. Der Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators ist nicht von se<strong>in</strong>em Alter oder Geschlecht abhängig.<br />

2. Die „Ausgangsfachrichtung“ e<strong>in</strong>es Mediators ist nicht entscheidend für se<strong>in</strong>en<br />

Erfolg.<br />

Beide Hypothesen wurden nicht nur <strong>in</strong> den Interview-Aussagen, sondern auch <strong>in</strong><br />

den Ergebnissen der schriftlichen Befragung gef<strong>und</strong>en. Die „erfolgreichen“<br />

Mediatoren der Interview-Stichprobe hatten alle verschiedene Fachrichtungen<br />

studiert.<br />

5.3.2 Ausbildungsspezifische Hypothesen<br />

1. Der Erfolg als Mediator ist sche<strong>in</strong>bar nicht an das Absolvieren e<strong>in</strong>er „re<strong>in</strong>en<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung“ geb<strong>und</strong>en.<br />

2. In dem Fall, dass die Qualifizierung zum Mediator durch e<strong>in</strong>e „re<strong>in</strong>e<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung“ geschieht, sche<strong>in</strong>t der spätere Erfolg als Mediator von der<br />

Anzahl der <strong>in</strong>vestierten St<strong>und</strong>en abhängig zu se<strong>in</strong>.<br />

Mit „re<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong>sausbildung“ ist e<strong>in</strong>e Weiterqualifizierung im Bereich <strong>Mediation</strong><br />

geme<strong>in</strong>t. Weiterbildung, die unter anderem Namen, z.B. „Konfliktmanagement“<br />

angeboten werden <strong>und</strong> sich nicht ausschließlich mit <strong>Mediation</strong> beschäftigen, zählen<br />

nicht dazu. Nur zwei der vier „erfolgreichen“ Mediatoren (50%) gaben an, e<strong>in</strong>e „re<strong>in</strong>e<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung“ zu haben. Die andere Hälfte der „erfolgreichen“ Mediatoren


138<br />

hatte ihr Wissen zur <strong>Mediation</strong> durch e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensives Selbststudium oder das<br />

Absolvieren von „artverwandten Ausbildungen“ (z.B. psychologische Weiterbildungen<br />

zu den Themen Konfliktmanagement, Organisationsberatung etc.) erworben. E<strong>in</strong><br />

Zusammenhang zwischen dem Absolvieren e<strong>in</strong>er „artverwandten Ausbildung“ <strong>und</strong><br />

dem „Jahresumsatz“ wurden auch <strong>in</strong> der schriftlichen Befragung gef<strong>und</strong>en. Die zwei<br />

„erfolgreichen“ Mediatoren der Interviewstichprobe mit e<strong>in</strong>er „re<strong>in</strong>en<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung“ haben durchschnittlich ca. 1500 St<strong>und</strong>en <strong>in</strong> ihre Ausbildung<br />

als Mediator <strong>in</strong>vestiert. In den Ergebnissen der schriftlichen Befragung konnte dieser<br />

Zusammenhang nicht gef<strong>und</strong>en werden.<br />

3. Für den Erfolg als Mediator spielt es sche<strong>in</strong>bar ke<strong>in</strong>e Rolle, mit welchem<br />

Abschluss (Zertifikat, BM-Anerkennung, Diplom, Master etc.) die<br />

<strong>Mediation</strong>sausbildung beendet wird.<br />

In den Interviews konnten ke<strong>in</strong>e Unterschiede zwischen den „erfolgreichen“<br />

<strong>und</strong> den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren h<strong>in</strong>sichtlich des Abschlusses der<br />

<strong>Mediation</strong>s-ausbildung gef<strong>und</strong>en werden. Die Ergebnisse der schriftlichen Befragung<br />

bestätigen diese Aussage.<br />

4. Die Häufigkeit von Supervision könnte e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf den Erfolg e<strong>in</strong>es<br />

Mediators haben.<br />

„Erfolgreiche“ Mediatoren gaben an, acht mal so viele Supervisionsst<strong>und</strong>en<br />

absolviert zu haben als „weniger erfolgreiche“ Mediatoren. Insofern lässt sich<br />

vermuten, dass die Anzahl von Supervisionsst<strong>und</strong>en für den Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators<br />

mitverantwortlich se<strong>in</strong> könnten.<br />

5.3.3 Tätigkeitsspezifische Hypothesen<br />

1. Der Erfolg als Mediator könnte von der Berufserfahrung im Bereich <strong>Mediation</strong><br />

abhängig se<strong>in</strong>.<br />

„Erfolgreiche“ Mediatoren gaben an, doppelt so viele Jahre als Mediator tätig<br />

gewesen zu se<strong>in</strong> als „weniger erfolgreiche“ Mediatoren. In den Ergebnissen der<br />

schriftlichen Befragung konnte dieser Zusammenhang nicht gef<strong>und</strong>en werden.


139<br />

Vermutlich ist diese Differenzen auf die ger<strong>in</strong>ge Anzahl der „erfolgreichen“<br />

Mediatoren (n = 4) <strong>in</strong> der Interviewstichprobe zurückzuführen. In e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en<br />

Stichprobe können Extremwerte e<strong>in</strong>en stärkeren E<strong>in</strong>fluss ausüben.<br />

2. Der Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators sche<strong>in</strong>t davon abhängig zu se<strong>in</strong>, ob er se<strong>in</strong>e<br />

Dienstleistung <strong>in</strong> den neuen B<strong>und</strong>esländern oder <strong>in</strong> den alten B<strong>und</strong>esländern<br />

anbietet.<br />

Zwei Drittel der „erfolgreichen“ Mediatoren arbeiten <strong>in</strong> den alten B<strong>und</strong>esländern. Da<br />

diese Tendenz aber auch bei den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren <strong>und</strong> somit <strong>in</strong><br />

der Gesamtstichprobe zeigte, ist nur von e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gfügigen E<strong>in</strong>fluss auszugehen.<br />

Des weiteren bleibt bei dieser Hypothese offen, ob für diese Tendenz die größere<br />

Nachfrage oder die höhere Entlohnung von Mediatoren <strong>in</strong> den alten B<strong>und</strong>esländern<br />

verantwortlich ist.<br />

3. Der Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators sche<strong>in</strong>t davon abhängig zu se<strong>in</strong>, ob er neben der<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong>/oder Arbeitsmediation noch <strong>in</strong> weiteren <strong>Mediation</strong>sfeldern tätig<br />

ist.<br />

Im Unterschied zu den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren gaben die meisten<br />

„erfolgreichen“ Mediatoren an, nicht nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Mediation</strong>sgebiet tätig zu se<strong>in</strong>.<br />

Vermutlich liegt das daran, dass <strong>Mediation</strong> noch e<strong>in</strong>e sehr junge Dienstleistung ist<br />

<strong>und</strong> „erfolgreiche“ Mediatoren es sich derzeit nicht leisten können, sich auf e<strong>in</strong><br />

<strong>Mediation</strong>sfeld zu spezialisieren. Gleiches gilt für die Unternehmensbranchen, <strong>in</strong><br />

denen Mediatoren tätig s<strong>in</strong>d. „Erfolgreiche“ Mediatoren arbeiten nicht nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er,<br />

sondern <strong>in</strong> vielen verschiedenen Branchen.<br />

4. Der Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators ist sche<strong>in</strong>bar nicht an e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

<strong>Wirtschaft</strong>sbranche geb<strong>und</strong>en.<br />

Die Hälfte der „erfolgreiche“ Mediatoren gab an, <strong>in</strong> allen Branchen gleich viel als<br />

Mediator tätig zu se<strong>in</strong>. Demgegenüber machten nur zwei „weniger erfolgreiche“<br />

Mediatoren (11%) diese Aussage. Demnach sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e Spezialisierung auf e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Branche derzeit nicht erfolgversprechend zu se<strong>in</strong>.


140


5. Erfolgreiche Mediatoren sche<strong>in</strong>en eher <strong>in</strong> größeren Unternehmen tätig zu se<strong>in</strong>.<br />

141<br />

Ke<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediatoren mediierte ausschließlich <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>- oder<br />

mittelständischen Unternehmen, sondern immer gleichzeitig noch <strong>in</strong><br />

Großunternehmen. Daher lässt sich vermuten, dass derjenige, der von <strong>Mediation</strong><br />

leben möchte, auch <strong>in</strong> Großunternehmen akquirieren sollte. Auch bei dieser<br />

Hypothese ist wiederum fraglich, ob hier die höhere Akzeptanz <strong>und</strong> Nachfrage <strong>in</strong> den<br />

größeren Unternehmen oder die höhere Entlohnung des Mediators der Ausschlag<br />

gebende Faktor ist.<br />

5.3.4 Vermarktungsspezifische Hypothesen<br />

1. Der Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators könnte von der Intensität se<strong>in</strong>er Akquisition abhängig<br />

se<strong>in</strong>.<br />

„Erfolgreiche“ Mediatoren gaben an, mehr als doppelt so viel Zeit <strong>in</strong> die<br />

Akquisition zu <strong>in</strong>vestieren als „weniger erfolgreiche“ Mediatoren.<br />

2. Erfolgreiche Mediatoren sche<strong>in</strong>en aktiv auf den Markt zuzugehen.<br />

Der größte Unterschied zwischen den „erfolgreichen“ <strong>und</strong> den „weniger<br />

erfolgreichen“ Mediatoren h<strong>in</strong>sichtlich der „Vermarktungsstrategie“ bestand dar<strong>in</strong>,<br />

dass „erfolgreiche“ Mediatoren stärker „aktiv“ <strong>und</strong> weniger „passiv“ auf den<br />

<strong>Mediation</strong>smarkt zugehen.<br />

3. Der Erfolg als Mediator hängt sche<strong>in</strong>bar neben dem Aufbau von „<strong>in</strong>formellen<br />

Kontakten“ vorwiegend von e<strong>in</strong>er „aktiven Öffentlichkeitsarbeit“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er „aktiven<br />

traditionellen Akquise“ ab.<br />

Sowohl „erfolgreiche“ als auch „weniger erfolgreiche“ Mediatoren gaben an,<br />

„<strong>in</strong>formelle Kontakte“ <strong>in</strong> gleichem Maße zu nutzen. Allerd<strong>in</strong>gs unterschieden sie sich<br />

bezüglich der „aktiven Öffentlichkeitsarbeit“ <strong>und</strong> der „aktiven traditionellen Akquise“.<br />

Im Unterschied zu den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren betreiben „erfolgreiche“<br />

Mediatoren viel mehr „aktive Öffentlichkeitsarbeit“ <strong>und</strong> doppelt so viel „aktive<br />

traditionelle Akquise“. (Erläuterungen s. Kap. 5.2.4.3).


142<br />

3a. Erfolgreiche Mediatoren wenden sich vermutlich an die „direkten Entscheider“<br />

<strong>in</strong> den Unternehmen.<br />

Während die Hälfte der „erfolgreichen“ Mediatoren angab, sich immer an die<br />

„direkten Entscheider“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmen zu wenden, erwähnte diese Strategie<br />

nur e<strong>in</strong> Viertel der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren. Im H<strong>in</strong>blick auf die<br />

Vermarktung von <strong>Mediation</strong> sche<strong>in</strong>t das Ansprechen von direkten Entscheidern<br />

zwar empfehlenswert, aber nicht h<strong>und</strong>ertprozentig erfolgversprechend zu se<strong>in</strong>.<br />

4. Für e<strong>in</strong>e erfolgreiche Vermarktung sche<strong>in</strong>en die Interessenvere<strong>in</strong>e für <strong>Mediation</strong><br />

eher e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge bis ke<strong>in</strong>e Rolle zu spielen.<br />

Die meisten Mediatoren, unabhängig davon, ob sie der Gruppe der<br />

„erfolgreichen“ oder „weniger erfolgreichen“ Mediatoren angehörten, bewerteten vor<br />

allem die Interessenverbände ohne Ausrichtung auf <strong>Wirtschaft</strong>s- oder<br />

Arbeitsmediation als „weniger nützlich“ bei der Fallsuche. Insgesamt gab es nur vier<br />

„weniger erfolgreiche“ Mediatoren, die von e<strong>in</strong>er Fallvermittlung durch die<br />

Interessenvere<strong>in</strong>e berichten konnten. Demnach sche<strong>in</strong>en die Interessenverbände für<br />

<strong>Mediation</strong> bei der Suche nach neuen Fällen nicht sehr hilfreich zu se<strong>in</strong>.<br />

5. Die erfolgversprechendsten Argumente für <strong>Mediation</strong> sche<strong>in</strong>en der „Zeit- <strong>und</strong><br />

Kostenvorteil“ sowie die „Vertraulichkeit“ <strong>und</strong> der „zivilisierte Umgang“ zu se<strong>in</strong>.<br />

Die Hälfte der „erfolgreichen“ Mediatoren gab an, dass sie die Argumente „Zeit- <strong>und</strong><br />

Kostenvorteil“ zur Werbung für <strong>Mediation</strong> benutzen würden. Der „Zeit- <strong>und</strong><br />

Kostenvorteil“ wurde auch als positive Erfahrung von Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung berichtet. In dem Rollenspiel, das e<strong>in</strong> „echtes“<br />

Verkaufsgespräch simulieren sollte, erwähnten e<strong>in</strong> Drittel der „erfolgreichen“<br />

Mediatoren den „Zeit- <strong>und</strong> Kostenvorteil“ sowie die „Vertraulichkeit“ des Verfahrens<br />

<strong>und</strong> den „zivilisierten Umgang“ während <strong>und</strong> auch nach der <strong>Mediation</strong>.<br />

Demgegenüber gab es nur je zwei „weniger erfolgreiche“ Mediatoren, die den „Zeit<strong>und</strong>/oder<br />

Kostenvorteil“ nannten. Weitere zwei erwähnten den „zivilisierten Umgang“<br />

<strong>und</strong> nur e<strong>in</strong>er sprach die „Vertraulichkeit“ an. Demzufolge sche<strong>in</strong>en der „Zeit- <strong>und</strong>


143<br />

Kostenvorteil“, aber eventuell auch die Argumente der „Vertraulichkeit“ <strong>und</strong> des<br />

„zivilisierten Umgangs“ am überzeugendsten zu se<strong>in</strong>.<br />

5a. Die Arbeit auf der „emotionalen Ebene“ sche<strong>in</strong>t ke<strong>in</strong> überzeugendes<br />

Argument zu se<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong> Viertel der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren erzählte <strong>in</strong> dem<br />

„Verkaufsgespräch“, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong> auch „Emotionen“ bearbeitet werden.<br />

„Erfolgreiche“ Mediatoren erwähnten dies weder als sie zu ihrer<br />

„Vermarktungsstrategie“ befragt wurden, noch im dem Rollenspiel. Demnach<br />

sche<strong>in</strong>t diese Argument eher weniger überzeugend zu se<strong>in</strong>.<br />

5b. Es sche<strong>in</strong>t erfolgversprechender zu se<strong>in</strong>, eher mit wenigen als mit vielen<br />

Argumenten zu werben.<br />

In dem Rollenspiel nannten die „erfolgreichen“ Mediatoren im Unterschied zum<br />

allgeme<strong>in</strong>en Aufzählen von Werbeargumenten durchschnittlich weniger Argumente<br />

für das Verfahren als die „weniger erfolgreichen“ Mediatoren. Demnach sche<strong>in</strong>en<br />

„erfolgreiche“ Mediatoren zwar e<strong>in</strong> größeres Repertoire an Argumenten für<br />

<strong>Mediation</strong> zu haben, nutzen <strong>in</strong> sogenannten „Verkaufsgesprächen“ aber nur e<strong>in</strong>en<br />

ger<strong>in</strong>gen Teil davon.<br />

6. Der Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators ist sche<strong>in</strong>bar davon abhängig, ob er <strong>in</strong> der Lage ist,<br />

se<strong>in</strong>e potenziellen Mandanten zu e<strong>in</strong>em persönlichen Gespräch vor Ort zu<br />

überzeugen <strong>und</strong> nicht nur am Telefon über e<strong>in</strong>e mögliche <strong>Mediation</strong> zu<br />

verhandeln.<br />

Wesentlich mehr „erfolgreiche“ Mediatoren (66%) machten sehr zeitig (im ersten<br />

Drittel des Gesprächs) den Vorschlag, „... ich würde gern e<strong>in</strong> persönliches Gespräch<br />

führen ...“. Nur etwas mehr als e<strong>in</strong> Drittel der „weniger erfolgreichen“ Mediatoren tat<br />

dies. E<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator erzählte sogar, dass er anfangs viele Fälle verloren<br />

habe, da er nicht schnell genug angeboten habe, e<strong>in</strong> persönliches Gespräch vor Ort<br />

zu führen. Somit sche<strong>in</strong>t der „Vorschlag zu e<strong>in</strong>em persönlichen Gespräch“ noch nicht


144<br />

der Garant, wohl aber e<strong>in</strong>e Bed<strong>in</strong>gung für den erfolgreichen Verkauf dieser<br />

Dienstleistung zu se<strong>in</strong>.<br />

7. Das Nennen der eigenen Profession, spezifischer Fallerfahrungen im Bereich<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation, prozentualer Erfolgsaussichten <strong>und</strong> Referenzen sche<strong>in</strong>t die<br />

erfolgreichste Eigenwerbung als <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong>/oder Arbeitsmediator zu se<strong>in</strong>.<br />

Die Selbstdarstellung der Mediatoren unterschied sich im Rollenspiel <strong>und</strong> <strong>in</strong> den<br />

allgeme<strong>in</strong>en Aussagen zur „Eigenwerbung“ nur ger<strong>in</strong>gfügig zwischen den<br />

„erfolgreichen“ <strong>und</strong> den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren. Es wurde vermutet, dass<br />

die Aussagen im Rollenspiel näher an der Realität se<strong>in</strong> würden. Demzufolge stützt<br />

sich diese Hypothese auch auf das simulierte „Verkaufsgespräch“ <strong>und</strong> nicht auf die<br />

allgeme<strong>in</strong>e „Eigenwerbung“. Dabei werben „erfolgreiche“ Mediatoren im Unterschied<br />

zu den „weniger erfolgreichen“ Mediatoren am stärksten mit ihrer „Profession“<br />

(Gr<strong>und</strong>qualifikation), ihren fallspezifischen „Erfahrungen“ im Bereich der<br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation, ihren „Referenzen“ <strong>und</strong> nennen prozentuale<br />

„Erfolgsaussichten“. Demzufolge sche<strong>in</strong>en spezifische Erfahrungen,<br />

Erfolgsaussichten <strong>und</strong> Referenzen sowie das Nennen der eigenen Profession am<br />

erfolgversprechendsten zu se<strong>in</strong>.<br />

8. Der Erfolg e<strong>in</strong>es Mediator ist sche<strong>in</strong>bar von se<strong>in</strong>er „Prozesskompetenz“, se<strong>in</strong>en<br />

Market<strong>in</strong>gfertigkeiten <strong>und</strong> der Darstellung e<strong>in</strong>er gewissen Autorität abhängig.<br />

In Übere<strong>in</strong>stimmung zur Literatur (s. Kap. 2.1.6) sprachen die „erfolgreichen“<br />

Mediatoren <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie von e<strong>in</strong>er gewissen „Prozesskompetenz“ (Eidenmüller,<br />

2000). E<strong>in</strong> Mediator sollte demnach mit typischen Verhandlungsabläufen vertraut<br />

se<strong>in</strong> <strong>und</strong> verschiedene <strong>Mediation</strong>stechniken e<strong>in</strong>setzten können. „Erfolgreiche“<br />

Mediatoren nannten <strong>in</strong> diesem Zusammenhang ihre „Souveränität“ <strong>und</strong> ihre<br />

„Erfahrungen“, ihre Fähigkeit, „empatisch zuhören“ zu können <strong>und</strong> ganz allgeme<strong>in</strong><br />

ihre „Methodenkompetenz“. Ke<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator sprach allerd<strong>in</strong>gs von e<strong>in</strong>er<br />

„Sachkompetenz“ im H<strong>in</strong>blick auf den Verhandlungsgegenstand oder von<br />

e<strong>in</strong>schlägigen „Rechtskenntnissen“, die Eidenmüller (2000) ebenfalls erwähnte.<br />

Weiterh<strong>in</strong> machten „Erfolgreiche“ im Unterschied zu „weniger erfolgreichen“<br />

Mediatoren ihre Fertigkeiten im Bereich „Market<strong>in</strong>g“ <strong>und</strong> ihre „Persönlichkeit“, i.S. der<br />

Ausstrahlung e<strong>in</strong>er gewissen „Autorität“ für ihren Erfolg verantwortlich.


145


5.3.5 Kompetenzspezifische Hypothesen<br />

146<br />

1. Der Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators könnte von dem eigenen „Sicherheitsgefühl“ abhängig<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Die meisten Mediatoren gaben an, sich mehr oder weniger „sicher“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

<strong>Mediation</strong> zu fühlen. Sie unterschieden sich allerd<strong>in</strong>gs h<strong>in</strong>sichtlich des Gefühls der<br />

„Unsicherheit“. Während e<strong>in</strong>ige „weniger erfolgreiche“ Mediatoren (21%) sagten,<br />

dass sie sich „unsicher“ fühlten, gab es ke<strong>in</strong>en „erfolgreichen“ Mediator, der diese<br />

Aussage machte. Demzufolge ist das subjektive Gefühl von „Sicherheit“ nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt für den Erfolg verantwortlich, sche<strong>in</strong>bar hängt aber das Gefühl von<br />

Unsicherheit mit weniger Erfolg zusammen. Auch <strong>in</strong> der Literatur ist dieses<br />

Erfolgskriterium wiederzuf<strong>in</strong>den. Montada <strong>und</strong> Kals (2001) sprechen davon, dass<br />

neben der „... Kompetenz der Problembewältigung ...“ e<strong>in</strong> „... sicheres Auftreten ...“<br />

für den Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators entscheidend ist.<br />

2. Der Erfolg als Mediator sche<strong>in</strong>t von der Fähigkeit der richtigen „Fallerkennung“<br />

abhängig zu se<strong>in</strong>.<br />

Diese Hypothese basiert auf der Vermutung, dass Mediatoren Schwierigkeiten<br />

bei der Akquisition haben, da sie evt. zu viele Fälle ablehnen, weil sie diese als<br />

media-tionsungeeignet ansehen. E<strong>in</strong> „erfolgreicher“ Mediator gab an, dass für ihn<br />

jeder Konflikt mediativ lösbar ist. Demzufolge wird er wahrsche<strong>in</strong>lich weniger Fälle<br />

ablehnen als die „weniger erfolgreichen“ Mediatoren, die diese Aussage nicht<br />

machten. E<strong>in</strong> weiterer Unterschied bestand dar<strong>in</strong>, dass nur „weniger erfolgreiche“<br />

Mediatoren angaben, den Fall abzulehnen, wenn die Beteiligten „ke<strong>in</strong>e längerfristige<br />

Beziehung“ wünschen würden. Da dies für „erfolgreiche Mediatoren“ ke<strong>in</strong><br />

Ausschlusskriterium war, ist davon auszugehen, dass sie auch <strong>in</strong> sogenannten<br />

„Trennungsmediationen“ mediieren würden, <strong>in</strong>sgesamt also e<strong>in</strong>e breitere Palette von<br />

Fällen haben, bei denen sie akquirieren können.


5.3.6 Akzeptanzspezifische Hypothesen<br />

147<br />

Bezüglich der Akzeptanz von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation lassen sich<br />

folgende Tendenzen zusammenfassen:<br />

1. Die fehlende Akzeptanz bzw. Anwendung von <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong> sche<strong>in</strong>t<br />

<strong>in</strong> der Unbekanntheit des Verfahrens begründet zu se<strong>in</strong>.<br />

Da die meisten Mediatoren ke<strong>in</strong>e Unternehmen kannten, die bereits<br />

Erfahrungen mit <strong>Mediation</strong> gemacht haben <strong>und</strong> auch die Ergebnisse der schriftlichen<br />

Befragung eher die fehlende Bekanntheit statt schlechte Erfahrungen mit <strong>Mediation</strong><br />

für die schwierige Fallsakquisition verantwortlich machen, liegt die Vermutung nahe,<br />

dass weniger die Verunsicherung h<strong>in</strong>sichtlich der Wirkung <strong>und</strong> Eigenschaft von<br />

<strong>Mediation</strong> als vielmehr die Unbekanntheit des Verfahrens für die noch fehlende<br />

Akzeptanz verantwortlich ist.<br />

2. Der Umstand, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Mediation</strong>sverfahren die Streitparteien<br />

„eigenverantwortlich“ e<strong>in</strong>e Lösung f<strong>in</strong>den sollen, könnte bei Erstnutzern zu e<strong>in</strong>er<br />

Verunsicherung <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong>er Ablehnung des Verfahrens führen.<br />

Bei dem Vergleich zur bisherigen juristischen Streitbeilegung wurde die<br />

„Eigenverantwortlichkeit“ der Streitparteien mit Abstand als größte Veränderung von<br />

den Mediatoren wahrgenommen. Dieses Merkmal der <strong>Mediation</strong> beurteilten viele<br />

Mediatoren nicht als „optimale Neuerung“ (Wiswede, 1995). Demzufolge ist davon<br />

auszugehen, dass das Argument „Eigenverantwortlichkeit“ eher zur Verunsicherung<br />

von potenziellen Nutzern als zur deren Überzeugung beiträgt.<br />

3. <strong>Mediation</strong> wird vermutlich schneller akzeptiert, wenn das Verfahren an bereits<br />

bekannte Konfliktlösungsverfahren wie z.B. „Konfliktmoderation“ angeknüpft wird.<br />

Gegenüber der „Konfliktmoderation“ stellt <strong>Mediation</strong> nach dem Pr<strong>in</strong>zip der<br />

„optimalen Neuerung“ nicht „etwas total Neues“ dar. Bei diesem Vergleich wurden im<br />

Unterschied zu dem „Gerichts- oder Schiedsverfahren“ nicht nur Unterschiede,<br />

sondern auch Geme<strong>in</strong>samkeiten zwischen dem <strong>Mediation</strong>sverfahren <strong>und</strong> der<br />

„Konfliktmoderation“ genannt. Die <strong>in</strong>terviewten Mediatoren sprachen zwar von e<strong>in</strong>em


148<br />

„semantischen Unterschied“, es gebe aber auch „gleiche Methoden <strong>und</strong> Techniken“.<br />

Demzufolge dürften sich Streitparteien, die bereits Erfahrungen mit e<strong>in</strong>er<br />

Konfliktmoderation gemacht haben, schneller von dem Verfahren <strong>Mediation</strong><br />

überzeugen lassen als Streitparteien, die noch ke<strong>in</strong>e Erfahrungen <strong>in</strong> diesem Bereich<br />

haben. Es sei denn, sie sehen <strong>in</strong> der <strong>Mediation</strong> „überhaupt nichts Neues“<br />

(entgegengesetzter Pol der „Optimalen Neuerung“) <strong>und</strong> lehnen aus diesem Gr<strong>und</strong>e<br />

das Verfahren ab.<br />

4. Unternehmensberater haben es im Unterschied zu Rechtsanwälten vermutlich<br />

leichter, auch <strong>in</strong> der Rolle als Mediator akzeptiert zu werden.<br />

Die juristischen Mediatoren nannten ausschließlich Unterschiede zwischen der<br />

Rolle als Mediator <strong>und</strong> der Rolle als Rechtsanwalt. Unternehmensberater<br />

(e<strong>in</strong>schließlich Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberater) nannten dagegen auch<br />

Geme<strong>in</strong>samkeiten. Letztendlich sche<strong>in</strong>t die „Ausgangsfachrichtung“ wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

ke<strong>in</strong>e Rolle für den Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators zu spielen, da die „erfolgreichen“<br />

Mediatoren aus den verschiedensten Fachgebieten kamen (s. Kap. 5.2.4). Aber<br />

übertragen auf das Pr<strong>in</strong>zip der „optimalen Neuerung“ haben die juristischen<br />

Mediatoren es vermutlich schwerer, <strong>in</strong> ihrer neuen Rolle akzeptiert zu werden.<br />

Für die Überprüfung dieser Hypothesen s<strong>in</strong>d weitere Untersuchungen mit<br />

repräsentativen Stichproben notwendig.


5.4 Diskussion <strong>und</strong> Ausblick<br />

149<br />

Abschließend sollen die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit<br />

zusammengefasst <strong>und</strong> im H<strong>in</strong>blick auf die Zielsetzung bewertet werden. Am Ende<br />

werden noch e<strong>in</strong>ige Anregungen für weitergehende Forschungen gegeben.<br />

Ausgehend von der Überlegung, dass die Akzeptanz von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation nicht nur von der E<strong>in</strong>stellung der potenziellen Anwender, sondern<br />

auch von der überzeugenden Präsentation durch die Mediatoren abhängig zu se<strong>in</strong><br />

sche<strong>in</strong>t, wurde <strong>in</strong> dieser vorwiegend qualitativen Studie versucht, erste Hypothesen<br />

über mögliche Erfolgsfaktoren von Mediatoren empirisch herzuleiten. Dabei wurden<br />

folgende Tendenzen gef<strong>und</strong>en:<br />

Bei den <strong>in</strong>terviewten Mediatoren konnte nicht festgestellt werden, dass der Erfolg<br />

e<strong>in</strong>es Mediators von se<strong>in</strong>em Alter, se<strong>in</strong>em Geschlecht oder se<strong>in</strong>er absolvierten<br />

Ausgangsfachrichtung (z.B. Rechtswissenschaften, Sozialwissenschaften,<br />

<strong>Wirtschaft</strong>swissenschaften, etc.) abhängig ist. Weiterh<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t der Erfolg nicht an<br />

das Absolvieren e<strong>in</strong>er „re<strong>in</strong>en <strong>Mediation</strong>sausbildung“ oder an den Erhalt e<strong>in</strong>es<br />

bestimmten Qualifikationsnachweises (Ausbildungsabschluss) geb<strong>und</strong>en zu se<strong>in</strong>. Es<br />

ist sche<strong>in</strong>bar auch möglich, sich anderweitig, z.B. durch e<strong>in</strong> ausgiebiges<br />

Selbststudium oder „artverwandte Ausbildungen“ (psychologische Weiterbildungen<br />

zum Thema Konfliktmanagement) als Mediator zu qualifizieren <strong>und</strong> damit erfolgreich<br />

zu se<strong>in</strong>. Die Ergebnisse der Mediatoren-Interviews zeigten weiterh<strong>in</strong>, dass die Anzahl<br />

von absolvierten Supervisionsst<strong>und</strong>en mit dem Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>gen.<br />

„Erfolgreiche“ Mediatoren hatten deutlich mehr Supervisionen besucht als „weniger<br />

erfolgreiche“ Mediatoren.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der Tätigkeit als Mediator konnte festgestellt werden, dass der Erfolg<br />

als Mediator sche<strong>in</strong>bar von der Berufserfahrung, dem Arbeitsschwerpunkt <strong>in</strong> den<br />

alten B<strong>und</strong>esländern, der Kompetenz <strong>in</strong> verschiedenen <strong>Mediation</strong>sfeldern <strong>und</strong> der<br />

Größe der Unternehmen, <strong>in</strong> denen der Mediator tätig ist, abhängig ist. Der Erfolg<br />

sche<strong>in</strong>t derzeit nicht an das Arbeiten für e<strong>in</strong>e bestimmte Unternehmensbranche<br />

geb<strong>und</strong>en zu se<strong>in</strong>. So haben „erfolgreiche“ im Gegensatz zu „weniger erfolgreichen“<br />

Mediatoren mehr Berufserfahrung, s<strong>in</strong>d unabhängig vom Wohnort häufiger <strong>in</strong> den


150<br />

alten B<strong>und</strong>esländern tätig <strong>und</strong> arbeiten neben der <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong>/oder<br />

Arbeitsmediation auch noch <strong>in</strong> weiteren <strong>Mediation</strong>sfeldern. Ferner bieten sie ihre<br />

Dienstleistung nicht nur <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en <strong>und</strong> mittelgroßen Unternehmen an, sondern<br />

mediieren auch <strong>in</strong> Großunternehmen.<br />

Große Unterscheide zeigten sich bei der Vermarktung von <strong>Mediation</strong>. Für den<br />

Erfolg als Mediator sche<strong>in</strong>t derzeit vor allem die Intensität der Akquisition, das aktive<br />

Zugehen auf die potenzielle Zielgruppe <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e aktive Öffentlichkeitsarbeit<br />

verantwortlich zu se<strong>in</strong>. Die Akquisition über die Interessenvere<strong>in</strong>e für <strong>Mediation</strong><br />

wurde von den befragten Mediatoren als wenig erfolgversprechend beurteilt. Für e<strong>in</strong>e<br />

erfolgreiche Präsentation des Verfahrens sche<strong>in</strong>t es empfehlenswert zu se<strong>in</strong>, mit<br />

dem „Zeit- <strong>und</strong> Kostenvorteil“, der „Vertraulichkeit“ <strong>und</strong> dem „zivilisierten Umgang“ <strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> auch nach diesem Verfahren zu werben. Ferner wird vermutet, dass die<br />

„erfolgreichen“ Mediatoren eher nur mit e<strong>in</strong>igen wenigen Argumenten statt mit zu<br />

vielen werben. Als e<strong>in</strong> wichtiger Faktor hat sich e<strong>in</strong> „persönliches Gespräch“ vor Ort<br />

herausgestellt. Um für sich selbst als Mediator zu werben, sche<strong>in</strong>t es vorteilhaft zu<br />

se<strong>in</strong>, wenn von spezifischen Fallerfahrungen im Bereich der <strong>Wirtschaft</strong>smediation,<br />

prozentualen Erfolgsaussichten, möglichen Referenzen <strong>und</strong> der eigenen Profession<br />

gesprochen wird.<br />

Bezüglich der Kompetenz, die e<strong>in</strong> erfolgreicher Mediator haben sollte, konnten<br />

folgende teils <strong>in</strong> der Literatur beschriebene Faktoren gef<strong>und</strong>en werden. Der Erfolg als<br />

Mediator ist sche<strong>in</strong>bar von se<strong>in</strong>er „Prozesskompetenz“ (Eidenmüller, 2000), se<strong>in</strong>em<br />

„Sicherheitsgefühl“ (Montada & Kals, 2001), se<strong>in</strong>en Market<strong>in</strong>gfertigkeiten <strong>und</strong> der<br />

Ausstrahlung e<strong>in</strong>er gewissen Autorität abhängig. Ferner sche<strong>in</strong>t die Fähigkeit der<br />

richtigen Fallerkennung <strong>in</strong> der Akquisitionsphase e<strong>in</strong>e wichtige Rolle zu spielen. Es<br />

werden vermutlich noch zu viele Fälle als mediationsungeeignet abgelehnt.<br />

Diese Studie konnte ebenfalls e<strong>in</strong>en ersten Beitrag zur Ursachenforschung der<br />

fehlenden Akzeptanz von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation <strong>in</strong> Deutschland leisten.<br />

Diese sche<strong>in</strong>t hauptsächlich <strong>in</strong> der Unbekanntheit des Verfahrens begründet zu se<strong>in</strong>.<br />

Bezüglich der Argumentation könnte vor allem der Umstand, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Mediation</strong>sverfahren die Streitparteien „eigenverantwortlich“ e<strong>in</strong>e Lösung f<strong>in</strong>den<br />

sollen, bei Erstnutzern zu e<strong>in</strong>er Verunsicherung <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong>er Ablehnung des


151<br />

Verfahrens führen. Weiterh<strong>in</strong> wird vermutet, dass <strong>Mediation</strong> schneller akzeptiert<br />

werden würde, wenn das Verfahren an bereits bekannte Konfliktlösungsverfahren<br />

wie z.B. „Konfliktmoderation“ angeknüpft würde.<br />

Für zukünftige Studien empfiehlt es sich, die aufgestellten Hypothesen an größeren<br />

Stichproben von Mediatoren zu überprüfen. Um auf die Repräsentativität der<br />

befragten Stichprobe e<strong>in</strong>en größeren E<strong>in</strong>fluss zu haben, wäre es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiteren<br />

Untersuchung s<strong>in</strong>nvoll, zuerst Mitgliederlisten der <strong>Mediation</strong>sverbände anzufordern<br />

<strong>und</strong> dann e<strong>in</strong>en eigenen Pool daraus zu entwickeln, der <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die<br />

Repräsentativität den methodischen Ansprüchen e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen Arbeit<br />

genügt. Interessant wären auch weitere Untersuchungen h<strong>in</strong>sichtlich der Bewertung<br />

<strong>und</strong> Effektivität der <strong>in</strong> dieser Arbeit zusammen getragenen Vermarktungsmethoden<br />

von Mediatoren.<br />

Als e<strong>in</strong>e sehr ergiebige, wenn auch etwas zeitaufwändige Informationsquelle hat<br />

sich das „Rollenspiel“ erwiesen. Durch diese mehrmalige Erhebung von<br />

Werbeargumenten zum e<strong>in</strong>en ohne <strong>und</strong> zum anderen mit Testcharakter konnten<br />

widersprüchliche Aussagen der Mediatoren identifiziert <strong>und</strong> dementsprechend<br />

ger<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> der Auswertung gewichtet werden.<br />

Für weitere qualitative Studien empfiehlt es sich, nicht mit weniger als zwei<br />

verschiedenen Beobachtern e<strong>in</strong>e qualitative Inhaltsanalyse durchzuführen. Je mehr<br />

Beobachter, desto objektiver werden die Ergebnisse. Auch für die ständigen<br />

Diskussionen zur Entwicklung e<strong>in</strong>es Forschungskonzeptes <strong>und</strong> vor allem e<strong>in</strong>es<br />

geeigneten Kodiersystems war es <strong>in</strong> dieser Arbeit sehr effektiv, sich stets aus<br />

verschiedenen Blickw<strong>in</strong>keln dem Forschungsgegenstand nähern zu können.<br />

Zusammenfassend lässt sich schlussfolgern, dass es bestimmte personen-,<br />

ausbildungs-, tätigkeits-, vermarktungs- <strong>und</strong> kompetenzspezifische Faktoren zu<br />

geben sche<strong>in</strong>t, die e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf den derzeitigen Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators haben.<br />

Ob diese Faktoren tatsächlich für den Erfolg verantwortlich s<strong>in</strong>d, lässt sich allerd<strong>in</strong>gs<br />

nur mit weiteren quantitativen Untersuchungen feststellen. E<strong>in</strong>e erste Annäherung an<br />

e<strong>in</strong>e Überprüfung dieser Ergebnisse, vor allem zur Akzeptanz von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation, liefert der zweite Teil dieser Diplomarbeit.


5.5 Ergebnisse der Unternehmens-Interviews<br />

152<br />

Dieses Kapitel widmet sich der Auswertung der Unternehmens-Interviews. Die<br />

Interpretation der Ergebnisse erfolgt im nächsten Teil, mögliche Konsequenzen für<br />

die Vermarktung von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation werden im letzten Teil<br />

beschrieben. Zu unterscheiden s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Darstellung der Interview-Ergebnisse<br />

jeweils Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung (im Folgenden auch U+) <strong>und</strong><br />

Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung (im Folgenden auch U-). Die bei der<br />

Auswertung <strong>in</strong> Klammern angegebenen Zahlen beziehen sich auf die Anzahl<br />

ausgewerteter Aussagen <strong>in</strong> den Interviews der betrachteten Gruppe. E<strong>in</strong>e (14)<br />

bedeutet also z.B, dass <strong>in</strong> den Interviews <strong>in</strong>sgesamt 14 Aussagen zur jeweiligen<br />

Kategorie gemacht wurden: Beispielsweise 2 Aussagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em, fünf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

anderen <strong>und</strong> sieben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dritten Interview. Ausnahme: Wenn der Zahl <strong>in</strong><br />

Klammern „n=“ vorangestellt ist, ist die Anzahl untersuchter Personen <strong>und</strong> nicht<br />

Aussagen geme<strong>in</strong>t. Alle Kategorie-Bezeichnungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Anführungsstriche gesetzt.<br />

E<strong>in</strong> Überblick über die e<strong>in</strong>zelnen Kategorien ist im beschreibenden Kodiersystem im<br />

Anhang 16 auf der beiliegenden CD-Rom zu f<strong>in</strong>den. Die vorliegenden Daten wurden<br />

nicht h<strong>in</strong>sichtlich aller im Kategoriensystem beschriebenen Kategorien ausgewertet,<br />

sondern nur im H<strong>in</strong>blick auf diejenigen Kategorien, die zur Beantwortung der <strong>in</strong> der<br />

Fragestellung formulierten Fragen nützlich erschienen.<br />

5.5.1 Zur Person<br />

Bei der Beschreibung der demografischen Daten werden die<br />

Unternehmensvertreter mit <strong>und</strong> ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung geme<strong>in</strong>sam betrachtet.<br />

Die meisten <strong>in</strong>terviewten Unternehmensvertreter waren zwischen 30 <strong>und</strong> 60 Jahren<br />

alt, nur e<strong>in</strong>e Person war jünger als 30 Jahre. Jeweils etwa e<strong>in</strong> Drittel der<br />

Unternehmensvertreter war zwischen 31 <strong>und</strong> 40, zwischen 41 <strong>und</strong> 50 <strong>und</strong> zwischen<br />

51 <strong>und</strong> 60 Jahren alt, es zeigte sich also e<strong>in</strong>e recht gleichmäßige Verteilung über die<br />

Altersgruppen (s. Abb. 5.27).


7%<br />

33% 20 - 30 Jahre<br />

27%<br />

33%<br />

31 - 40 Jahre<br />

41 - 50 Jahre<br />

51 - 60 Jahre<br />

Abb. 5.27 Altersgruppen der befragten Unternehmensvertreter (n = 15).<br />

153<br />

Die große Mehrheit der Interviewpartner war männlich (s. Abb. 5.28), was damit<br />

zusammenhängt, dass Frauen <strong>in</strong> Führungspositionen der <strong>Wirtschaft</strong> immer noch sehr<br />

stark unterrepräsentiert s<strong>in</strong>d. Unter den „Top 100“ der b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Unternehmen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Führungspositionen nur 5,5% der Stellen mit Frauen<br />

besetzt, <strong>und</strong> unter den r<strong>und</strong> 2000 deutschen Top-Managern f<strong>in</strong>det sich kaum mehr<br />

als e<strong>in</strong> Dutzend Frauen (Die Welt Onl<strong>in</strong>e, 2001).<br />

87%<br />

13%<br />

weiblich<br />

männlich<br />

Abb. 5.28 Geschlechterverteilung der befragten Unternehmensvertreter (n = 15).<br />

Aus Abbildung 5.29 lässt sich ersehen, dass alle Interviewpartner leitende<br />

Funktionen haben.


Anzahl<br />

Interviewpartner<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Justitiar<br />

4<br />

Abteilungsleiter<br />

4<br />

3<br />

Leiter Personal<br />

2<br />

Fachkraft (Bildungswesen)<br />

1<br />

Position im<br />

Unternehmen<br />

Abb. 5.29 Position der Interviewpartner im Unternehmen (n = 15).<br />

154<br />

Die meisten Gesprächspartner hatten Rechts- oder <strong>Wirtschaft</strong>swissenschaften<br />

studiert. Es gab allerd<strong>in</strong>gs auch e<strong>in</strong>en recht hohen Anteil an Psychologen (s. Abb.<br />

5.30), der sich wohl vor allem dadurch erklären lässt, dass e<strong>in</strong>e Reihe von Kontakten<br />

über die Fachrichtung Psychologie der Technischen Universität Dresden hergestellt<br />

wurde.<br />

Anzahl<br />

Interviewpartner<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Rechtswissenschaften<br />

6<br />

Psychologie<br />

4<br />

<strong>Wirtschaft</strong>swisseschaften<br />

3<br />

Ingenieurwissenschaften<br />

1 1<br />

Hotelfach<br />

Fachrichtung<br />

Abb. 5.30 Ausgangsfachrichtungen der Interviewpartner (n = 15).<br />

Die Interviewpartner hatten recht unterschiedlich lange Erfahrungen <strong>in</strong> ihrem<br />

jeweiligen Unternehmen (s. Abb. 5.31). Während zwei Personen erst zwei Jahre ihre<br />

Stelle hatten, konnten drei Personen auf e<strong>in</strong>e mehr als 20jährige Karriere <strong>in</strong> ihrem


155<br />

Unternehmen zurückblicken. Etwa die Hälfte der Interviewpartner hatte zwischen<br />

sechs <strong>und</strong> 15 Jahren Erfahrung <strong>in</strong> ihrem Unternehmen.<br />

14%<br />

6%<br />

20%<br />

6%<br />

27%<br />

27%<br />

0 - 5 Jahre<br />

6 - 10 Jahre<br />

11 - 15 Jahre<br />

16 - 20 Jahre<br />

21 - 25 Jahre<br />

26 - 30 Jahre<br />

Abb. 5.31 Betriebszugehörigkeit <strong>in</strong> Jahren (n = 15).<br />

Die von den Interviewpartnern repräsentierten Unternehmen gehören e<strong>in</strong>er Reihe<br />

von unterschiedlichen Branchen an (s. Abb. 5.32), besonders stark vertreten s<strong>in</strong>d die<br />

F<strong>in</strong>anzdienstleister (n = 4), sowie die Sektoren Technologie, Telekommunikation <strong>und</strong><br />

Enterta<strong>in</strong>ment sowie die Automobil<strong>in</strong>dustrie (jeweils n= 3).<br />

Branchen<br />

<strong>Mediation</strong><br />

ja<br />

<strong>Mediation</strong><br />

ne<strong>in</strong><br />

Summe<br />

Dienstleistungen 0 2 2<br />

F<strong>in</strong>anzdienstleitungen 1 3 4<br />

Hotel- <strong>und</strong> Gaststättengewerbe 1 0 1<br />

Immobilien <strong>und</strong> Bauwirtschaft 1 0 1<br />

Rohstoffe <strong>und</strong> Energieversorgung 1 0 1<br />

Technologie, Telekommunikation <strong>und</strong><br />

Enterta<strong>in</strong>ment<br />

1 2 3<br />

Automobil<strong>in</strong>dustrie 2 1 3<br />

Anzahl 7 8 15<br />

Abb. 5.32 Branchenzugehörigkeit der Unternehmen (n = 15).<br />

Abschließend soll noch die Größe der Unternehmen angegeben werden, bei denen<br />

die Interviewpartner angestellt s<strong>in</strong>d. Die Klassifizierung <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>e, mittelgroße <strong>und</strong>


156<br />

große Unternehmen erfolgte nach dem HGB, § 267 (s. Anhang 14). Laut diesem<br />

Gesetz werden Unternehmen oder Gesellschaften nach der Bilanzsumme, der<br />

Mitarbeiteranzahl <strong>und</strong> dem Umsatzerlös klassifiziert. Weiterh<strong>in</strong> spielt es e<strong>in</strong>e Rolle,<br />

ob es sich um börsennotierte Unternehmen oder Gesellschaften handelt. Die<br />

Kriterien müssen m<strong>in</strong>destens zwei aufe<strong>in</strong>ander folgende Jahre lang erfüllt werden.<br />

Die Bewertung stützte sich auf die Geschäftsjahre 1999 <strong>und</strong> 2000 sowie die<br />

deutschen E<strong>in</strong>zelunternehmen, wenn es sich um weltweite Konzerne handelte. Zehn<br />

der 15 befragten deutschen E<strong>in</strong>zelnunternehmen waren börsennotierte Unternehmen<br />

<strong>und</strong> wurden demzufolge als große Unternehmen klassifiziert. Weitere vier<br />

Unternehmen erfüllten ebenfalls die Anforderungskriterien für e<strong>in</strong> großes<br />

Unternehmen. Somit waren <strong>in</strong>sgesamt 14 große <strong>und</strong> e<strong>in</strong> mittelgroßes Unternehmen<br />

an der Untersuchung beteiligt.<br />

5.5.2 Vergleiche zwischen Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

E<strong>in</strong>e der wichtigsten Fragen, die <strong>in</strong> diesem Ergebnisteil beantwortet werden sollen,<br />

ist die nach den Unterschieden zwischen Unternehmen mit (U+) <strong>und</strong> ohne (U-)<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung. Wie unterscheiden sie sich z.B. h<strong>in</strong>sichtlich der im<br />

Unternehmen auftretenden Konfliktarten <strong>und</strong> dem Umgang damit, woher beziehen<br />

sie ihr Wissen über Konfliktmanagement? Lassen sich also sozusagen schon von<br />

vornhere<strong>in</strong> strukturelle Unterschiede feststellen? Es werden nachfolgend die<br />

Aussagen aus den Interviews ausgewertet.<br />

5.5.2.1 Informationsquellen zu Konfliktmanagement <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediation<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der Informationsquellen von Unternehmen zu Konfliktmanagement <strong>und</strong><br />

<strong>Wirtschaft</strong>smediation f<strong>in</strong>den sich viele Geme<strong>in</strong>samkeiten, aber auch e<strong>in</strong>e Reihe von<br />

Unterschieden zwischen U+ <strong>und</strong> U-. Beide nutzen Medien wie „(Fach-)Bücher“ <strong>und</strong><br />

„(Fach-)Zeitschriften“ gleichermaßen, um sich über Konfliktmanagement zu<br />

<strong>in</strong>formieren (U+: 12, U-: 13). Besonders stark genutzt werden „juristische <strong>und</strong><br />

wirtschaftliche“ Zeitschriften.<br />

Im Bereich der Weiterbildung zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen U+ <strong>und</strong><br />

U- (s. Abb. 5.33). Befragt, woher sie ihr Wissen zu Konfliktmanagement <strong>und</strong><br />

<strong>Mediation</strong> hätten, gaben mehr Unternehmensvertreter aus der U+-Gruppe an,


157<br />

„<strong>in</strong>terne“ (<strong>in</strong>nerbetriebliche) <strong>und</strong> „externe“ (außerbetriebliche <strong>und</strong> privat f<strong>in</strong>anzierte)<br />

Schulungen zu <strong>Mediation</strong> gemacht zu haben. Bei den Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung gab es nur e<strong>in</strong>e Nennung für „<strong>in</strong>terne Weiterbildung“, dafür<br />

<strong>in</strong>sgesamt genauso viele „externe Weiterbildungen“ wie bei den Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung.<br />

extern<br />

<strong>in</strong>tern<br />

4<br />

0 2 4 6 8 10<br />

Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

6<br />

8<br />

<strong>Mediation</strong><br />

andere<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

extern<br />

<strong>in</strong>tern<br />

1<br />

3<br />

0 2 4 6 8 10<br />

Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

Abb. 5.33 Interne <strong>und</strong> externe Weiterbildung <strong>in</strong> Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung (n = 7) <strong>und</strong> Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung (n = 8).<br />

7<br />

<strong>Mediation</strong><br />

andere<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

E<strong>in</strong> weiterer Weg, auf dem Unternehmensvertreter von <strong>Mediation</strong> erfahren können,<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>formelle oder formelle „Kontakte“ zu anderen Personen wie z.B. „Bekannte“,<br />

„Kollegen“ oder „Mediatoren“. Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung haben deutlich<br />

häufiger als Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung auf diesem Weg von dem<br />

Verfahren gehört. Bei U- gab es nur zwei Nennungen, beide <strong>in</strong> der Kategorie<br />

„Kollegen“. Bei U+ h<strong>in</strong>gegen gab es 13 Nennungen, die sich folgendermaßen<br />

aufgliederten (s. Abb. 5.34): an erster Stelle rangiert der Kontakt zu Mediatoren, an<br />

zweiter der zu „anderen Unternehmen, die auch <strong>Mediation</strong> nutzen“. Weitere, e<strong>in</strong>zelne<br />

Nennungen gab es zu „Kollegen“, „Organisationen“ <strong>und</strong> „Bekannten außerhalb der<br />

Arbeit“.


Mediatoren<br />

andere Unternehmen<br />

Kollegen<br />

Organisationen<br />

Bekannte<br />

1<br />

1<br />

1<br />

2<br />

0 2 4 6<br />

4<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

Abb. 5.34 Kontakte, über die U+ von <strong>Mediation</strong> erfahren haben (n = 7).<br />

158<br />

Insgesamt zeigten sich sowohl U+ als auch U- eher zufrieden mit ihrem Wissen<br />

über Konfliktmanagement: es gab nur vier (U+) bzw. drei (U-) Nennungen für „mehr<br />

Informationen gewünscht“, dafür aber jeweils zehn für „ke<strong>in</strong>e zusätzlichen<br />

Informationen gewünscht“. Typisch waren hier Äußerungen wie die folgende:<br />

„... es gibt e<strong>in</strong>e unüberschaubare Fachliteratur ... die Problematik ist<br />

eben, dass es eher zu viel gibt als zu wenig ...“ (G4-U)<br />

Zusätzliche Informationen wurden sowohl <strong>in</strong> Form von „Wissensvermittlung“ als<br />

auch als eher praktische Unterstützung <strong>in</strong> Form von „Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Coach<strong>in</strong>g oder<br />

Supervision“ gewünscht.<br />

5.5.2.2 Veränderungen im Unternehmen<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der Veränderungen, die <strong>in</strong> Unternehmen auftreten können, wurden <strong>in</strong><br />

dieser Arbeit drei Typen unterschieden:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

„strukturelle Veränderungen <strong>in</strong>nerhalb der Unternehmens“ (z.B. die<br />

E<strong>in</strong>führung neuer Technologien, Ablaufveränderungen oder<br />

Zentralisierung)<br />

„Veränderungen, die die Mitarbeiter betreffen“ (z.B. Änderungen der<br />

Verträge, e<strong>in</strong> neuer Vorstand oder Mitarbeiterfluktuation)<br />

„Veränderungen als Reaktion auf die Umwelt des Unternehmens“ (z.B.<br />

Bildung e<strong>in</strong>es Jo<strong>in</strong>t Venture, Abschaffung der Monopolstellung des<br />

Unternehmens oder e<strong>in</strong>e Fusion).


159<br />

Insgesamt gab es <strong>in</strong> den Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung deutlich mehr<br />

Nennungen <strong>in</strong> der Kategorie „Veränderungen“ (42 gegenüber 21 bei den<br />

Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung). Am deutlichsten zeigte sich dieser<br />

Unterschied <strong>in</strong> der Kategorie „Reaktion auf die Umwelt des Unternehmens“, <strong>in</strong> der<br />

nur bei U- Nennungen gab. Außerdem wurden bei U- häufiger Veränderungen<br />

„struktureller“ Art genannt (s. Abb. 5.35). „Veränderungen, die die Mitarbeiter<br />

betreffen“, waren bei U+ <strong>und</strong> U- gleich stark ausgeprägt.<br />

strukturelle<br />

Veränderungen<br />

<strong>in</strong>nerhalb des<br />

Unternehmens<br />

Veränderungen, die die<br />

Mitarbeiter betrefffen<br />

Veränderungen als<br />

Reaktion auf die<br />

Umwelt des<br />

Unternehmens<br />

7<br />

7<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24<br />

Abb. 5.35 Veränderungen im Unternehmen (n = 15).<br />

5.5.2.3 Konflikte im Unternehmen<br />

14<br />

16<br />

21<br />

U+<br />

U-<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

In den Aussagen der Unternehmen ließen sich vier Typen von Konflikten im<br />

Unternehmen unterscheiden:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

„Konflikte, die aus strukturellen Veränderungen entstehen“ (z.B.<br />

überlappende Zuständigkeiten oder Kostenverteilung)<br />

„Konflikte <strong>in</strong> der Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern“ (z.B.<br />

Mobb<strong>in</strong>g, Gerüchtebildung oder Rollenkonflikte)<br />

„Konflikte mit dem Betriebsrat“<br />

„Konflikte mit der Umwelt des Unternehmens“ (z.B. vertragliche <strong>und</strong><br />

f<strong>in</strong>anzielle Konflikte)<br />

Die Ergebnisse zeigen bei Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung <strong>in</strong>sgesamt<br />

ger<strong>in</strong>gfügig weniger Nennungen für „Konflikte“ als bei Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung (29 gegenüber 33 Nennungen). Als häufigster Konfliktpunkt


wurde sowohl bei U+ als auch bei U- die Zusammenarbeit zwischen den<br />

Mitarbeitern genannt (s. Abb. 5.36), wobei bei U+ weniger Nennungen als bei U- <strong>in</strong><br />

dieser Kategorie gemacht wurden. Bei den Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

traten Konflikte mit dem Betriebsrat <strong>und</strong> mit der Umwelt des Unternehmens häufiger<br />

als bei U- auf. Nur bei den Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung gab es<br />

Nennungen <strong>in</strong> der Kategorie „Konflikte, die aus strukturellen Veränderungen<br />

entstehen“.<br />

Konflikte, die aus strukturellen Veränderungen<br />

entstehen<br />

Konflikte <strong>in</strong> der Zusammenarbeit zwischen den<br />

Mitarbeitern<br />

Konflikte mit dem Betriebsrat<br />

Konflikte mit der Umwelt des Unternehmens<br />

Abb. 5.36 Konflikte im Unternehmen (n = 15).<br />

5.5.2.4 Umgang mit Konflikten im Unternehmen<br />

1<br />

4<br />

7<br />

7<br />

7<br />

15<br />

21<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24<br />

U+<br />

U-<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

Wie gehen Unternehmen mit den Konflikten um, die <strong>in</strong> der täglichen Arbeit<br />

auftreten? Es wurden hier vier Möglichkeiten unterschieden, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Unternehmen alle mehr oder weniger vorhanden se<strong>in</strong> können <strong>und</strong> je nach Art des<br />

Konfliktes <strong>und</strong> der beteiligten Personen zum E<strong>in</strong>satz kommen:<br />

�<br />

160<br />

„autoritär“ (der Konflikt wird von oben entschieden, z.B. vom Vorstand,<br />

dem Vorgesetzter oder mit e<strong>in</strong>em gerichtlichen Urteil)<br />

� „partizipativ“ (der Konflikt wird zwischen den Beteiligten, z.B. durch<br />

Verhandeln, entschieden – hierbei können <strong>in</strong>nerbetriebliche Stellen wie<br />

die Personalabteilung oder Qualitätszirkel unterstützend tätig se<strong>in</strong>; der<br />

Unterschied zur „Lösung mit Hilfe e<strong>in</strong>es beratenden Dritten“ besteht dar<strong>in</strong>,<br />

dass die Stellen, die die partizipative Konfliktbeilegung unterstützen, nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt speziell ausgebildete Konfliktmanager s<strong>in</strong>d)


�<br />

161<br />

„mit Hilfe e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternen beratenden Dritten“ (z.B. e<strong>in</strong>es <strong>in</strong><br />

Konfliktmanagement geschulten Mitarbeiters des Unternehmens, der aber<br />

anders als bei der autoritären Vorgehensweise ke<strong>in</strong>e<br />

Entscheidungsgewalt hat)<br />

� „mit Hilfe e<strong>in</strong>es externen beratenden Dritten“ (z.B. e<strong>in</strong>es Mediators oder<br />

e<strong>in</strong>er Unternehmensberatung)<br />

In den Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung gab es weitaus mehr Nennungen<br />

<strong>in</strong> der Kategorie „autoritärer Umgang mit Konflikten“ als bei den Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung (30 gegenüber zehn Nennungen, s. Abb. 5.37). E<strong>in</strong> Beispiel<br />

hierfür ist folgende Äußerung:<br />

„... letztendlich landet es bei den klassischen Organen, wenn es also<br />

e<strong>in</strong>en unlöslichen Streit gibt, entscheidet das dann der Vorstand.<br />

Also so wie es eigentlich immer war. Der Vorstand sagt, jetzt wird<br />

das so gemacht <strong>und</strong> dann fertig <strong>und</strong> wird das so gemacht ...“ (G15-U)<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist bei den U- auch der partizipative Umgang mit Konflikten wesentlich<br />

stärker verbreitet (33 im Vergleich zu 17 Nennungen bei U+). Mit Hilfe e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternen<br />

beratenden Dritten werden nur <strong>in</strong> den Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

Konflikte gelöst, <strong>in</strong> beiden Gruppen ist wird selten die Hilfe e<strong>in</strong>es externen<br />

beratenden Dritten <strong>in</strong> Anspruch genommen (e<strong>in</strong>e Nennung mehr bei U-).<br />

autoritär<br />

partizipativ<br />

mit Hilfe e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternen<br />

beratenden Dritten<br />

mit Hilfe e<strong>in</strong>es externen<br />

beratenden Dritten<br />

2<br />

3<br />

7<br />

10<br />

17<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36<br />

Abb. 5.37 Umgang mit Konflikten im Unternehmen (n = 15).<br />

30<br />

33<br />

U+<br />

U-<br />

Anzahl der<br />

Nennungen


Die e<strong>in</strong>zelnen Strategien, mit Konflikten umzugehen, sollen nun detailliert<br />

aufgeschlüsselt werden. Zunächst sollen die autoritären Methoden, mit Konflikten<br />

umzugehen, näher erläutert werden (s. Abb. 5.38). In Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e recht breite Auswahl von autoritären Methoden<br />

der Konfliktbeilegung: gerichtliche Entscheidung ist e<strong>in</strong>e Möglichkeit, <strong>und</strong><br />

Personalabteilung, Vorstand, Vorgesetzte oder Rechtsabteilung/Justitiar können<br />

sich e<strong>in</strong>schalten, um Konflikte zu entscheiden. Bei den Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung dom<strong>in</strong>ieren deutlich die Entscheidung durch den Vorstand (16<br />

Nennungen) <strong>und</strong> durch Vorgesetzte (elf Nennungen). Gerichtliche Entscheidungen<br />

spielen wie bei der anderen Gruppe e<strong>in</strong>e eher ger<strong>in</strong>ge Rolle.<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

2<br />

3<br />

2<br />

16<br />

2 11<br />

1<br />

Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

3<br />

Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

gerichtliche<br />

Entscheidung<br />

Personalabteilung<br />

Vorstand<br />

Vorgesetzte<br />

Rechtsabteilung/Justitiar<br />

Abb. 5.38 Autoritäre Methoden im Umgang mit Konflikten (n = 15).<br />

Zu den partizipativen Methoden der Konfliktbeilegung: hier s<strong>in</strong>d zwischen<br />

Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung nicht so große Unterschiede zu<br />

f<strong>in</strong>den (s. Abb. 5.39). Bei beiden werden <strong>in</strong> der partizipativen Vorgehensweise<br />

Konflikte meist entweder durch direkte Verhandlung zwischen den Beteiligten oder<br />

auch mit Unterstützung des Vorgesetzten gelöst. Um noch e<strong>in</strong>mal den Unterschied<br />

zur „autoritären“ Konfliktlösung klar zu machen: hier berät der Vorgesetzte, bei<br />

e<strong>in</strong>em „autoritären“ Vorgehen entscheidet er, evtl. sogar ohne die Streitparteien<br />

vorher konsultiert zu haben.<br />

Methoden wie der Qualitätszirkel <strong>und</strong> die Unterstützung durch<br />

Rechstabteilung/Justitiar s<strong>in</strong>d bei U- stärker verbreitet als bei U+. Bei Unternehmen<br />

162<br />

mit <strong>Mediation</strong>serfahrung gab es dafür mehr Nennungen für „Zusammenarbeit


Geschäftsleitung/Betriebsrat“, d.h., dass bestimmte Konflikte direkt zwischen diesen<br />

Gruppen gelöst werden.<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

1<br />

4<br />

2<br />

6<br />

2<br />

Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

4<br />

2<br />

3<br />

10<br />

2<br />

5<br />

Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

Qualitätszirkel<br />

Zusammenarbeit<br />

Geschäftsleitung/<br />

Betriebsrat<br />

Verhandlung<br />

zwischen den<br />

Beteiligten<br />

Vorgesetzte<br />

Personalabteilung<br />

Rechtsabteilung/<br />

Justitiar<br />

Abb. 5.39 Partizipative Methoden im Umgang mit Konflikten (n = 15).<br />

Konfliktlösung mit Hilfe e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternen „professionell“ beratenden Dritten gab es<br />

nur bei den Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung. Möglichkeiten waren <strong>in</strong>terne<br />

Konfliktlotsen (fünf Nennungen) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Schulung <strong>in</strong> Konfliktmanagement für alle<br />

Mitarbeiter (zwei Nennungen). Bei U- gab es bei der externen Konfliktbeilegung e<strong>in</strong>e<br />

Nennung für „externe Juristen“ <strong>und</strong> zwei für „Unternehmensberatungen“, bei U+<br />

zwei für „<strong>Mediation</strong>“.<br />

5.5.2.5 Zufriedenheit mit dem bisherigen Konfliktmanagement<br />

Gemessen an der Zahl der Nennungen im Interview waren weitaus mehr<br />

Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung unzufrieden mit dem bisherigen<br />

Konfliktmanagement <strong>und</strong> mehr Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung zufrieden<br />

(s. Abb.5.40). Nur bei U- gab es 2 Nennungen für „teils/teils“, also e<strong>in</strong>e (noch) nicht<br />

e<strong>in</strong>deutige Bewertung des gegenwärtigen Konfliktmanagements.<br />

163


zufrieden<br />

teils/teils<br />

unzufrieden<br />

2<br />

2<br />

3<br />

4<br />

0 2 4 6 8 10<br />

8<br />

U+<br />

U-<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

Abb. 5.40 Zufriedenheit mit dem bisherigen Konfliktmanagement (n = 15).<br />

Die Gründe für die Zufriedenheit mit dem bisherigen Konfliktmanagement teilten<br />

sich <strong>in</strong> den Aussagen der Interviewpartner <strong>in</strong> drei große Gruppen (s. Abb. 5.41).<br />

Sowohl bei U+ als auch bei U- spielt die „Prozessvermeidung“ e<strong>in</strong>e große Rolle.<br />

Noch wichtiger für die Zufriedenheit mit dem Status Quo sche<strong>in</strong>t aber die<br />

„Konfliktmanagement-Kompetenz im Unternehmen“ (<strong>in</strong>klusive „gutem Umgang mit<br />

Konflikten“) zu se<strong>in</strong>: hierzu gab es zehn Aussagen bei den Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung <strong>und</strong> vier bei den Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung. Nur<br />

bei U- gab es auch noch zwei Aussagen <strong>in</strong> der Kategorie „Lösungszufriedenheit“.<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

3<br />

10<br />

Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

4<br />

4<br />

2<br />

Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

Prozessvermeidung<br />

Konfliktmanagement-<br />

Kompetenz im<br />

Unternehmen<br />

Lösungszufriedenheit<br />

Abb. 5.41 Gründe für Zufriedenheit mit dem bisherigen Konfliktmanagement<br />

(n = 15).<br />

164<br />

Bei den Gründen für die Unzufriedenheit mit dem bisherigen Konfliktmanagement<br />

lassen sich zwei Bereiche unterscheiden: Unzufriedenheit mit der Konfliktlösung<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>und</strong> außerhalb des Unternehmens. Bei der Konfliktlösung <strong>in</strong>nerhalb des


165<br />

Unternehmens gab es nur wenige Aussagen: zwei Nennungen bei den Unternehmen<br />

mit <strong>Mediation</strong>serfahrung zur „Dauer“ der <strong>in</strong>ternen Konfliktlösung, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e bei den<br />

Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung zur „ungenügenden Schulung der<br />

Mitarbeiter <strong>in</strong> Konfliktmanagement/-prävention. Weit mehr Aussagen gab es zur<br />

Unzufriedenheit mit der Konfliktlösung außerhalb des Unternehmens (s. Abb. 5.42):<br />

die Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung zeigten sich vor allem unzufrieden mit<br />

dem „Gerichtsverfahren“ (14 Aussagen), die Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

übten vor allem Kritik an den „Schiedsgerichtsverfahren“ (acht Aussagen) <strong>und</strong><br />

externen „Rechtsanwälten“ (fünf Aussagen).<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

2<br />

14<br />

Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

5<br />

8<br />

1<br />

Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

Rechtsanwälte<br />

Schiedsgerichtsverfahren<br />

Gerichtsverfahren<br />

Abb. 5.42 Gründe für Unzufriedenheit mit dem bisherigen Konfliktmanagement<br />

außerhalb des Unternehmens (n = 15).<br />

5.5.2.6 Vorstellungen von <strong>Mediation</strong><br />

Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung unterscheiden sich h<strong>in</strong>sichtlich<br />

ihrer Vorstellungen von dem <strong>Mediation</strong>sverfahren nur ger<strong>in</strong>gfügig. Bei U- gab es nur<br />

unwesentlich mehr falsche Vorstellungen von <strong>Mediation</strong>: „Mediator entscheidet“<br />

(e<strong>in</strong>e Nennung) <strong>und</strong> „Mediator bee<strong>in</strong>flusst die Parteien“ (zwei Nennungen). Bei U+<br />

hatte nur e<strong>in</strong> Unternehmensvertreter die Vorstellung, <strong>Mediation</strong> sei e<strong>in</strong><br />

„Schiedsverfahren“. Insgesamt machten Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung mehr<br />

Aussagen sowohl zur „Verfahrensbeschreibung“ als auch zur „Rolle des Mediators“<br />

(siehe Abb. 5.43). Bei beiden Gruppen war die „Vermittlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Streitfall“ (14<br />

Nennungen U+ gegenüber sechs Nennungen U-). Weiterh<strong>in</strong> wurden von U+ vor<br />

allem die „Eigenverantwortlichkeit“ der Parteien <strong>und</strong> die „Neutralität des Mediators“<br />

sowie das „strukturierte Vorgehen“ hervorgehoben. Dass „<strong>Mediation</strong> dabei ist, sich <strong>in</strong>


166<br />

Deutschland zu etablieren“, me<strong>in</strong>te e<strong>in</strong> Vertreter der U- - Gruppe. Bei U+ gab es vier<br />

Aussagen <strong>in</strong> dieser Kategorie.<br />

Mediator ist fachkompetent<br />

Mediator ist neutral<br />

strukturiertes Vorgehen<br />

Eigenverantwortlichkeit<br />

außergerichtliches Verfahren<br />

Vermittlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Streitfall<br />

1<br />

1<br />

1<br />

2<br />

3<br />

3<br />

4<br />

4<br />

5<br />

6<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16<br />

14<br />

U+<br />

U-<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

Abb. 5.43 Vorstellungen vom <strong>Mediation</strong>sverfahren <strong>und</strong> der Rolle des Mediators<br />

(n= 15).<br />

In den Interviews wurde weiterh<strong>in</strong> erfragt, welche Informationen die<br />

Unternehmensvertreter von anderen Personen über <strong>Mediation</strong> erhalten haben. Diese<br />

Informationen wurden <strong>in</strong> „akzeptanzfördernd“ <strong>und</strong> „akzeptanzhemmend“ aufgeteilt.<br />

Aus Abb. 5.44 ist zu ersehen, dass die Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung mehr<br />

„akzeptanzfördernde“ <strong>und</strong> weniger „akzeptanzhemmende Informationen“ als die<br />

Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung erhalten. Als „akzeptanzfördernde<br />

Informationen“ Informationen wurden „Ergebniszufriedenheit“, „Kostenersparnis“,<br />

„Verbesserung der Betriebsatmosphäre“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e konkrete „Erfolgsquote bei<br />

<strong>Mediation</strong>en“ klassifiziert. Unter „akzeptanzhemmenden Informationen“ wurden<br />

„Abgrenzung zur Supervision/zum Coach<strong>in</strong>g schwierig“, „Abgrenzung zur Schlichtung<br />

schwierig“, die „<strong>in</strong>flationäre Verwendung des Begriffs“ <strong>und</strong> die Aussage, dass<br />

„<strong>Mediation</strong> nichts Neues“ sei, gefasst.


Anzahl der<br />

Nennungen<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

2<br />

10<br />

akzeptanzfördernde<br />

Informationen<br />

9<br />

4<br />

akzeptanzhemmende<br />

Infomationen<br />

Abb. 5.44 Akzeptanzfördernde <strong>und</strong> –hemmende Informationen (n = 15).<br />

5.5.2.7 Externe Mitarbeiter<br />

U-<br />

U+<br />

167<br />

Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung nutzen mehr „externe Mitarbeiter“ (13<br />

Nennungen) als Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung (neun Nennungen). Zu den<br />

„externen Mitarbeitern“ werden z.B. „Dozenten/Ausbilder“, „Coaches“ oder<br />

„Investmentbanker“ gezählt. Interessant ist hier noch, warum „Externe“ genutzt<br />

werden <strong>und</strong> was für „Erfahrungen“ mit ihnen <strong>in</strong> der Vergangenheit gemacht wurden.<br />

Zunächst zu den Gründen für die Nutzung: U- nutzen „Externe“ vor allem „zur<br />

Unterstützung/Beratung“ (vier Nennungen) <strong>und</strong> „um Alternativen zu generieren“ (fünf<br />

Nennungen). Bei U+ gab es jeweils e<strong>in</strong>e Nennung für die Kategorie „um Alternativen<br />

zu generieren“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e für „Neutralität“. Bei U+ <strong>und</strong> U- wurden „gute“ Erfahrungen<br />

mit „Externen“ (jeweils zwei Nennungen) gemacht. Bei U- gab es allerd<strong>in</strong>gs auch<br />

zwei Aussagen <strong>in</strong> der Kategorie „zu teuer“, zwei, die die Erfahrungen mit den<br />

„Externen“ als „teils/teils“ beurteilten, <strong>und</strong> fünf Aussagen, die „schlechte“ Erfahrungen<br />

mit „Externen“ berichteten, wie z.B. hier:<br />

„... da habe ich miserable Erfahrungen - der Berater, der Konflikte<br />

lösen soll, e<strong>in</strong>fach nur, weil er standardmäßig hier vorgeht, schafft<br />

erst die Konflikte heran ...“ (G11-U)<br />

5.5.2.8 Gründe für <strong>und</strong> Bedenken gegen <strong>Mediation</strong><br />

In den Interviews wurden die Unternehmensvertreter als Fazit gefragt, was aus<br />

Ihrer Sicht für bzw. gegen <strong>Mediation</strong> spricht. Von den Unternehmen mit


168<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung wurden hier sowohl „Vorteile des Verfahrens“, „Nachteile von<br />

anderen Konfliktlösungsverfahren“ als auch „persönliche <strong>und</strong> motivationale Gründe“<br />

genannt, wie z.B. die „Neugier“:<br />

„... es ist spannend, weil beim ersten Mal ist es immer besonders, der<br />

erste 10 Meter-Turm-Sprung ist immer spannend ...“ (G4-U)<br />

Bei den „Vorteilen des Verfahrens“ wurden besonders (vor allem hast du so oft) die<br />

„Kosteneffizienz“ <strong>und</strong> die „Zeiteffizienz“ mit jeweils vier Nennungen am häufigsten<br />

erwähnt.<br />

Wettbewerbsvorteil<br />

{<br />

Vorteile<br />

des<br />

Verfahrens<br />

Kontrolle<br />

persönliche <strong>und</strong><br />

motivationale<br />

Gründe<br />

{<br />

0 1 2 3 4 5 6 7<br />

Abb. 5.45 Gründe für <strong>Mediation</strong> (n = 7).<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

Von den Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung wurden sowohl „Bedenken gegen<br />

<strong>Mediation</strong>“ als auch „Gründe für andere Konfliktlösungsverfahren“ als Begründung<br />

dafür genannt, warum sie das Verfahren <strong>Mediation</strong> nicht nutzen (s. Abb. 5.46).<br />

„Gründe für andere Konfliktlösungsverfahren“ waren vor allem die „Zufriedenheit mit<br />

dem Status Quo“ (also ke<strong>in</strong> Veränderungsbedarf) <strong>und</strong> die „Angst vor<br />

psychologischen Themen/Methoden“. Es gab allerd<strong>in</strong>gs auch vier Aussagen, die der<br />

Kategorie „<strong>Mediation</strong> soll <strong>in</strong> Zukunft eventuell genutzt werden“ zugeordnet wurden.


{<br />

ke<strong>in</strong><br />

geordnetes Konfliktmanagement<br />

Gründe<br />

für andere<br />

Angst<br />

vor psychologischen Themen/Methoden<br />

Konflikt-<br />

lösungs-<br />

autoritäre Streitkultur<br />

verfahren<br />

Zufriedenheit mit dem Status Quo<br />

{<br />

Suche<br />

nach e<strong>in</strong>em Mediator schwierig<br />

Bedenken<br />

gegen<br />

<strong>Mediation</strong><br />

mangelnde Neutralität des Mediators<br />

mangelnde<br />

Fachkompetenz des Mediators<br />

Abb. 5.46 Gründe gegen <strong>Mediation</strong> (n = 8).<br />

5.5.3 Erfahrungen von Unternehmen mit <strong>Mediation</strong><br />

169<br />

0 2 4 6 8 10 12<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

Im Interview für die Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung wurden für die Themen<br />

„Neuheit des Verfahrens“, „empf<strong>und</strong>enes Risiko“ <strong>und</strong> „Zufriedenheit mit der<br />

<strong>Mediation</strong>“ die Aussagen der Interviewpartner zusätzlich auf e<strong>in</strong>er vierstufigen Likert-<br />

Skala (Judd et al., 1991) e<strong>in</strong>gestuft. In diesem Teil werden die Ergebnisse aus<br />

beiden Erhebungsmethoden dargestellt .<br />

5.5.3.1 Empf<strong>und</strong>ene Neuheit von <strong>Mediation</strong><br />

Das Verfahren <strong>Mediation</strong> wird von den Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Neuheitsgrad sehr unterschiedlich bewertet (s. Abb. 5.47): vier<br />

Unternehmensvertreter bewerten es als „eher neu“ oder „total neu“, drei als<br />

„überhaupt nicht neu“ oder „etwas neu“. Jeweils e<strong>in</strong> Interviewpartner war mit dem<br />

Verfahren zuerst vor neun <strong>und</strong> vor anderthalb Jahren <strong>in</strong> Kontakt gekommen, die<br />

Mehrheit vor vier bis fünf Jahren.


Anzahl der<br />

Unternehmens-<br />

vertreter<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

überhaupt<br />

nicht neu<br />

etwas neu eher neu total neu<br />

Abb. 5.47 Empf<strong>und</strong>ene Neuheit von <strong>Mediation</strong> (n = 7).<br />

5.5.3.2 Empf<strong>und</strong>enes Risiko bei der erstmaligen Nutzung von <strong>Mediation</strong><br />

170<br />

Vier Interviewpartner empfanden die Situation „etwas riskant“, als sie zum ersten<br />

Mal an e<strong>in</strong>em <strong>Mediation</strong>sverfahren beteiligt waren, zwei empfanden sie „überhaupt<br />

nicht riskant“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er „eher riskant“ (s. Abb. 5.48). Ke<strong>in</strong>er empfand die Situation<br />

e<strong>in</strong>er erstmaligen Nutzung von <strong>Mediation</strong> als „sehr riskant“.<br />

Anzahl der<br />

Unternehmens-<br />

vertreter<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

überhaupt nicht<br />

riskant<br />

etwas riskant eher riskant<br />

Abb. 5.48 Empf<strong>und</strong>enes Risiko bei der erstmaligen Nutzung von <strong>Mediation</strong><br />

(n = 7).<br />

Interessant s<strong>in</strong>d hier die Gründe für e<strong>in</strong> mehr oder weniger stark empf<strong>und</strong>enes<br />

Risiko. E<strong>in</strong>e „positive Vore<strong>in</strong>stellung“, e<strong>in</strong>e „aktive Begrenzung des Risikos“ <strong>und</strong> „gut<br />

geeigneter Konfliktfall“ wurden von den Interviewpartnern als Sicherheiten benannt,<br />

die es ihnen ermöglichten, die Situation als wenig riskant zu erleben. Strategien zur<br />

„aktiven Begrenzung des Risikos“ waren e<strong>in</strong>e „gute Vorbereitung“, die Möglichkeit<br />

„andere Konfliktlösungsverfahren als Alternative“ zu nutzen <strong>und</strong> die Verwendung


171<br />

e<strong>in</strong>es „anderen Begriffs, um die Akzeptanz zu erhöhen“: e<strong>in</strong> Interviewpartner sagte<br />

z.B.:<br />

„... ich habe versucht, das Wort <strong>in</strong> Deutschland zu vermeiden, weil es<br />

zu nah an dem Wort Meditation liegt, das <strong>in</strong> <strong>Wirtschaft</strong>skreisen<br />

negativ besetzt ist, da denkt man immer an Hare Krishna, an Gurus -<br />

ich sage lieber ASR, alternative Streitregelung ...“ (G4-U)<br />

Gründe für mehr oder viel empf<strong>und</strong>enes Risiko waren, „hohe Erwartungen<br />

geweckt“ wurden, die Möglichkeit, dass der „Aufsichtsrat das Ergebnis nicht trägt“<br />

<strong>und</strong> sogar dass die „eigene Stelle möglicherweise gefährdet“ war:<br />

„... das hätte mich me<strong>in</strong>en Kopf kosten können wenn [das] schief<br />

gegangen wär, dann wär ich heute nicht mehr Geschäftsführer hier<br />

...“ (G5-U)<br />

5.5.3.3 Suche e<strong>in</strong>es geeigneten Mediators<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich lassen sich hier zwei Möglichkeiten unterscheiden: „Initiative des<br />

Medianten“ (aktiv) <strong>und</strong> „Initiative des Mediators“ (passiv). Zur „aktiven“ Auswahl<br />

e<strong>in</strong>es Mediators gab es 12 Aussagen, zur „passiven“ vier: hier hatte sich der<br />

Mediator jeweils im betreffenden Unternehmen persönlich vorgestellt. Es wurden<br />

folgende Strategien beschrieben, e<strong>in</strong>en Mediator zu f<strong>in</strong>den: das „Aussuchen auf<br />

Empfehlung“ (mit sechs Nennungen die häufigste Möglichkeit, davon drei zur<br />

„Empfehlung durch die gwmk“), e<strong>in</strong>e „Auswahl <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der<br />

Gegenseite im Streitfall“, das „Kennenlernen des Mediators auf e<strong>in</strong>em Sem<strong>in</strong>ar“ <strong>und</strong><br />

das „Aussuchen aus Mediatoren, mit denen man schon bekannt ist“. Bei der<br />

letztgenannten Strategie ergaben sich für e<strong>in</strong>en Interviewpartner Schwierigkeiten<br />

dadurch, dass durch se<strong>in</strong>e Bekanntschaft mit Mediatoren manchmal von der<br />

Gegenseite deren Neutralität im konkreten Fall angezweifelt wurde. Dies war<br />

allerd<strong>in</strong>gs auch die e<strong>in</strong>zige Schwierigkeit bei der Suche e<strong>in</strong>es Mediators, die von den<br />

Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung geschildert wurde.<br />

5.5.3.4 Erwünschte Eigenschaften des Mediators


Wie sollte e<strong>in</strong> Mediator se<strong>in</strong>, um von Unternehmen engagiert zu werden? Er sollte<br />

e<strong>in</strong> „passendes Alter“ haben (vier Nennungen):<br />

„... man wird sicher nicht e<strong>in</strong>en 32jährigen nehmen, wenn bei beiden<br />

Seiten die verantwortlichen Manager alle älter als 50 s<strong>in</strong>d. Die<br />

brauchen jemanden mit grauen Schläfen dann. S<strong>in</strong>d junge Menschen<br />

im Internetbereich betroffen, die akzeptieren vielleicht e<strong>in</strong>en<br />

31jährigen ...“ (G4-U)<br />

172<br />

Weiterh<strong>in</strong> werden von ihm „Fachkompetenz“ (vier Nennungen) <strong>und</strong><br />

„Sozialkompetenz“ (zehn Nennungen, z.B. Eigenschaften wie „offen“, „ehrlich“,<br />

sicher“) sowie „Erfahrung“ (ebenfalls zehn Nennungen) erwartet. „Erfahrungen“<br />

umfassen hier „<strong>Mediation</strong>serfahrung“, „Referenzen“ <strong>und</strong> sogar e<strong>in</strong>e „bereits<br />

bestehende Zusammenarbeit mit dem Unternehmen“. E<strong>in</strong>e „<strong>Mediation</strong>sausbildung“<br />

(vier Nennungen) wurde ebenfalls gefordert.<br />

5.5.3.5 Zufriedenheit mit der <strong>Mediation</strong><br />

Alle sieben befragten Unternehmensvertreter zeigten sich „sehr zufrieden“ mit den<br />

bereits erlebten <strong>Mediation</strong>sverfahren <strong>und</strong> gaben an, das Verfahren gern wieder<br />

verwenden zu wollen. E<strong>in</strong>e beispielhafte Aussage ist:<br />

„... mehr als zufrieden. Wenn Sie sagen, ich b<strong>in</strong> zufrieden, was ist die<br />

Steigerung? (Begeistert.). Ah, ich war begeistert ...“ (G8-U)<br />

Folgende Gründe wurden für die Zufriedenheit angegeben:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

„Lösungszufriedenheit“ (zwölf Nennungen, <strong>in</strong>klusive „Kosteneffizienz“ <strong>und</strong><br />

„Zeiteffizienz“)<br />

„Verbesserung<br />

Nennungen)<br />

der Betriebsatmosphäre/Zukunftsorientierung“ (vier<br />

„angenehmer Umgang mit dem Konflikt <strong>und</strong> den Streitparteien“ (17<br />

Nennungen, <strong>in</strong>klusive „besseres Verständnis des Konfliktes“ <strong>und</strong><br />

„Interessenorientierung“)


5.5.3.6 Kommunikation mit Anderen zum Thema <strong>Mediation</strong><br />

Unternehmen, die bereits mit <strong>Mediation</strong> Erfahrung haben, berichten Anderen<br />

darüber. Sie tun dies, nach den Äußerungen der Interviewpartner zu schließen, vor<br />

allem <strong>in</strong> „Gruppen <strong>und</strong> Institutionen“ (s. Abb. 5.49) wie z.B. der „IHK“, „Verbänden“<br />

oder e<strong>in</strong>em „Stammtisch von Unternehmensjuristen“. Im „Kontakt zu anderen<br />

Unternehmen“ oder „im eigenen Unternehmen“ wird eher selten über Erfahrungen<br />

mit <strong>Mediation</strong> berichtet.<br />

im Kontakt zu anderen<br />

Unternehmen<br />

im Kontakt zu<br />

Gruppen/Institutionen<br />

im eigenen Unternehen<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Abb. 5.49 Kommunikation mit Anderen zum Thema <strong>Mediation</strong> (n = 7).<br />

173<br />

Anzahl der<br />

Nennungen<br />

Wenn anderen Unternehmen von dem Verfahren berichtet wird, dann<br />

hauptsächlich allgeme<strong>in</strong>e Informationen (acht Nennungen) z.B. zur „Fallgeschichte“,<br />

zum „Ablauf“, zu den „Ziele“ <strong>und</strong> zum „Ergebnis“ der <strong>Mediation</strong>. Vorteile, wie z.B.<br />

„Kosteneffizienz“ von <strong>Mediation</strong> werden eher selten hervorgehoben (zwei<br />

Nennungen). Fragen andere Unternehmen genauer nach, wollen sie typischerweise<br />

wissen, ob die <strong>Mediation</strong> „Erfolg“ gebracht hat (fünf Nennungen) <strong>und</strong> „wie man e<strong>in</strong>en<br />

Mediator aussuchen sollte“ (e<strong>in</strong>e Nennung):<br />

„... es kamen auch Fragen nach dem Mediator, also sprich<br />

Referenzen, wen kann man dafür nehmen, was muss der haben,<br />

was, wie soll der aussehen <strong>und</strong> so was ...“ (G5-U)<br />

Gleichzeitig beobachteten die befragten Unternehmensvertreter aber auch e<strong>in</strong>e<br />

gewisse „Reserviertheit gegenüber dem Begriff“ bei ihren Kollegen <strong>in</strong> anderen<br />

Unternehmen (zwei Nennungen):


„... diejenigen, die damit was anfangen konnten, hatten eher so’ne<br />

gewisse Reserviertheit gegenüber dem Begriff so unter dem Motto:<br />

das kl<strong>in</strong>gt wieder so ausländisch <strong>und</strong> das ist wieder was Neues <strong>und</strong><br />

ist, kl<strong>in</strong>gt so’n bisschen englisch – also es war e<strong>in</strong>e gewisse<br />

Reserviertheit gegenüber dem Begriff ...“ (G5-U)<br />

174


5.6 Interpretation der Ergebnisse der Unternehmens-Interviews<br />

175<br />

Die <strong>in</strong> Abschnitt 5.2 dargestellten Ergebnisse sollen nun im H<strong>in</strong>blick auf die <strong>in</strong><br />

Abschnitt 3 dargestellten Fragestellungen <strong>in</strong>terpretiert werden. Bed<strong>in</strong>gt durch den<br />

qualitativen Charakter <strong>und</strong> die kle<strong>in</strong>e Stichprobe dieser Untersuchung können nur<br />

Hypothesen aufgestellt werden, die durch quantitative Studien mit repräsentativen<br />

Stichproben überprüft werden sollten. Weiterh<strong>in</strong> wird diskutiert, wie die Ergebnisse<br />

<strong>und</strong> Hypothesen aus dem ersten Teil dieser Arbeit (Herrmann, 2002) im<br />

Zusammenhang mit den hier vorliegenden Ergebnissen der Unternehmens-<br />

Interviews zu bewerten s<strong>in</strong>d. Ausformuliert werden nur Hypothesen, die denen aus<br />

Teil 1 widersprechen, <strong>und</strong> solche, die vollkommen neu s<strong>in</strong>d.<br />

5.6.1 Unterschiede zwischen Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung<br />

Die Ergebnisse der Interviews lassen sich mit H<strong>in</strong>sicht auf die Unterschiede<br />

zwischen Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung wie folgt zusammen<br />

fassen: Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung bieten mehr <strong>in</strong>terne Schulungen zu<br />

den Themen Konfliktmanagement <strong>und</strong> <strong>Mediation</strong> an.<br />

Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung haben auch e<strong>in</strong>e differenziertere Vorstellung<br />

von <strong>Mediation</strong>, dabei allerd<strong>in</strong>gs auch genau so viele nicht zu treffende Vorstellungen<br />

von dem Verfahren wie Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung. U- erhalten ihrem<br />

Empf<strong>in</strong>den nach mehr akzeptanzhemmende, U+ mehr akzeptanzfördernde<br />

Informationen über <strong>Mediation</strong>. Diese Ergebnisse bestätigen die Hypothese aus Teil<br />

1, dass die fehlende Akzeptanz bzw. Anwendung von <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong><br />

zum<strong>in</strong>dest teilweise <strong>in</strong> der Unbekanntheit des Verfahrens begründet ist:<br />

Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung wissen nicht sehr viel über <strong>Mediation</strong>, <strong>und</strong><br />

sie nehmen auch eher negativen Informationen über das Verfahren wahr . Zu dieser<br />

Hypothese passt auch die Aussage von e<strong>in</strong>igen Unternehmensvertretern, die<br />

berichteten, dass ihnen im Gespräch mit Anderen oft e<strong>in</strong>e gewisse Reserviertheit<br />

dem Begriff der <strong>Mediation</strong> gegenüber aufgefallen sei, die auch <strong>in</strong> der Unbekanntheit<br />

des Verfahrens begründet se<strong>in</strong> könnte.


176<br />

Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung nutzen häufiger externe Mitarbeiter als<br />

Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung, haben allerd<strong>in</strong>gs auch mehr schlechte<br />

Erfahrungen gemacht. Hier lässt sich folgende Hypothese aufstellen:<br />

1. Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung könnten durch die schlechten<br />

Erfahrungen, die sie mit externen Mitarbeitern gemacht haben, e<strong>in</strong>em externen<br />

Mediator gegenüber misstrauischer se<strong>in</strong> als Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung.<br />

Für diese Hypothese spricht, dass e<strong>in</strong>ige der <strong>in</strong>terviewten Unternehmen mit<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung <strong>in</strong>terne Mediatoren ausbilden <strong>und</strong> nutzen, um so die<br />

Konfliktmanagement-Kompetenz (<strong>und</strong> auch das Wissen über <strong>in</strong>terne Konflikte) im<br />

Unternehmen zu halten. Auf diese Art <strong>und</strong> Weise kann das Verfahren auch ohne<br />

externe Mitarbeiter genutzt werden.<br />

In Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung wurde von <strong>in</strong>sgesamt mehr<br />

Veränderungen berichtet, <strong>in</strong>sbesondere struktureller Art <strong>und</strong> als Reaktion auf die<br />

Umwelt des Unternehmens. Wie lässt sich dies <strong>in</strong>terpretieren? E<strong>in</strong>e Möglichkeit<br />

wäre, dass die Bereitschaft, <strong>Mediation</strong> zu nutzen, unabhängig von der Art <strong>und</strong> Menge<br />

der im Unternehmen vorhandenen Konflikte ist. Andererseits ist es auch möglich,<br />

dass gerade diese Art von Konfliktfällen als nicht für <strong>Mediation</strong> geeignet empf<strong>und</strong>en<br />

werden – <strong>Mediation</strong> als zum<strong>in</strong>dest teilweise „psychologisches“ Verfahren könnte eher<br />

als e<strong>in</strong> Instrument <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung zwischen Mitarbeitern als bei großen,<br />

auch wirtschaftlichen, Veränderungen gesehen werden. Gegen diese Hypothese<br />

spricht die Tatsache, dass es <strong>in</strong> Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung mehr<br />

Konflikte mit dem Betriebsrat <strong>und</strong> mit der Umwelt des Unternehmens, <strong>in</strong><br />

Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung mehr Konflikte <strong>in</strong> der Zusammenarbeit<br />

zwischen den Mitarbeitern <strong>und</strong> als Reaktion auf strukturelle Veränderungen gibt – die<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung mit <strong>und</strong> zwischen Mitarbeitern spielt also <strong>in</strong> beiden Gruppen<br />

e<strong>in</strong>e große Rolle. Aus den Angaben über die Art der Konflikte <strong>in</strong> den beiden<br />

Unternehmensgruppen lässt sich also ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Hypothese formulieren.


177<br />

In U- wird e<strong>in</strong> mehr autoritärer (<strong>in</strong>sbesondere Vorstand <strong>und</strong> Vorgesetzte) <strong>und</strong> mehr<br />

partizipativer Umgang mit Konflikten gepflegt, nur <strong>in</strong> U+ erfolgt Konfliktlösung mit<br />

Hilfe e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternen beratenden Dritten.<br />

2. Unterschiedliche Kulturen des Konfliktmanagements könnten e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> dafür<br />

se<strong>in</strong>, warum Unternehmen sich für oder gegen <strong>Mediation</strong> entscheiden.<br />

5.6.2 Diffusion von <strong>Mediation</strong><br />

Mit „Diffusion“ wird nach Rogers (1983) die Verbreitung e<strong>in</strong>er Innovation<br />

bezeichnet. Im Falle von <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong>teressieren vor allem die Wege der Verbreitung<br />

dieser Neuerung. E<strong>in</strong> Weg s<strong>in</strong>d natürlich die unter 5.3.1 erwähnten Schulungen, e<strong>in</strong><br />

anderer persönliche Kontakte. Besonders bedeutsam sche<strong>in</strong>en für die<br />

Unternehmensvertreter Kontakte zu Mediatoren sowie zu anderen Unternehmen zu<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Unternehmen berichten eher im Kontakt zu Gruppen <strong>und</strong> Institutionen als <strong>in</strong><br />

anderen oder im eigenen Unternehmen von <strong>Mediation</strong>. Berichtet werden vor allem<br />

allgeme<strong>in</strong>e Informationen wie die Fallgeschichte <strong>und</strong> das Ergebnis, seltener explizit<br />

Vorteile wie die Kosteneffizienz des Verfahrens. Andere Unternehmen <strong>in</strong>teressierte<br />

typischerweise der Erfolg e<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> die Möglichkeiten, e<strong>in</strong>en Mediator zu<br />

f<strong>in</strong>den.<br />

Risses (1999) These, dass sich <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> Deutschland über die US-<br />

amerikanischen Kontakte deutscher Unternehmen verbreitet, konnte mit den Daten<br />

nicht bestätigt werden. Nur e<strong>in</strong> U+-Vertreter gab an, auf diesem Weg von <strong>Mediation</strong><br />

erfahren zu haben, <strong>und</strong> die U- – Gruppe hatte <strong>in</strong>sgesamt sogar mehr geschäftliche<br />

Beziehungen zu den USA als die U+ – Gruppe. Aus diesen Ergebnissen lassen sich<br />

folgende Hypothesen formulieren:<br />

1. Arbeits- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>smediation könnte sich <strong>in</strong> Deutschland nicht über den Weg<br />

aus den USA, sondern vor allem durch die persönlichen Kontakte von<br />

Unternehmensvertretern zu Mediatoren sowie durch Multiplikatoren-<br />

Veranstaltungen (wie z.B. Sem<strong>in</strong>are oder Vorträge bei Institutionen/Vere<strong>in</strong>en)<br />

verbreiten.


178<br />

<strong>Mediation</strong> wurde von den Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung im Schnitt als<br />

mittelmäßig neu empf<strong>und</strong>en. Das erstmalige Ausprobieren wurde von den meisten<br />

als durchaus riskant erlebt. Das Risiko wurde als weniger groß erlebt, wenn e<strong>in</strong>e<br />

positive E<strong>in</strong>stellung dem Verfahren gegenüber vorhanden war, oder das Risiko aktiv<br />

(z.B. durch die Verwendung e<strong>in</strong>es anderen Begriffs, e<strong>in</strong>e gute Vorbereitung <strong>und</strong> die<br />

Möglichkeit, andere Konfliktlösungsverfahren zu verwenden) begrenzt wurde. Das<br />

Risiko wurde außerdem als weniger groß erlebt, wenn der Anwender von <strong>Mediation</strong><br />

sich selbst als neugierig <strong>und</strong> Neuem gegenüber offen erlebt.<br />

2. <strong>Mediation</strong>snutzer <strong>in</strong> Unternehmen könnten im S<strong>in</strong>n von Rogers (1983)<br />

Innovatoren se<strong>in</strong>, die sich durch e<strong>in</strong>e erhöhte Bereitschaft zum Risiko <strong>und</strong><br />

Offenheit gegenüber Neuem auszeichnen.<br />

Das Risiko, <strong>Mediation</strong> anzuwenden, wurde als größer empf<strong>und</strong>en, wenn Druck von<br />

außen vorhanden war (die eigene Stelle gefährdet wurde, die Möglichkeit bestand,<br />

dass das Ergebnis der <strong>Mediation</strong> von e<strong>in</strong>em höheren Gremium nicht getragen<br />

werden würde oder hohe Erwartungshaltungen geweckt wurden).<br />

3. Ob <strong>Mediation</strong> genutzt wird oder nicht könnte nicht so sehr von den strukturellen<br />

Gegebenheiten als vielmehr von der Situation des Entscheiders, d.h. von se<strong>in</strong>er<br />

Persönlichkeit (<strong>in</strong>sbesondere Offenheit für Neues) <strong>und</strong> dem Druck, dem er von<br />

außen ausgesetzt ist, abhängen.<br />

5.6.3 Zufriedenheit deutscher Unternehmen mit ihrem momentanen Konfliktmanagement<br />

Insgesamt zeigten sich die meisten U- zufrieden mit ihrem momentanen<br />

Konfliktmanagement, bei U+ waren mehr unzufrieden als zufrieden.<br />

1. Unzufriedenheit mit dem bisherigen Konfliktmanagement könnte <strong>in</strong> Unternehmen<br />

mit <strong>Mediation</strong>serfahrung dazu geführt haben, dass <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> Anspruch<br />

genommen wurde.<br />

Gründe für die Zufriedenheit waren vor allem die Vermeidung von Konflikten sowie<br />

Konfliktmanagement-Kompetenz im Unternehmen, die e<strong>in</strong>en guten Umgang mit


179<br />

schwierigen Fällen ermöglicht. Zu Unzufriedenheit führten vor allem die klassischen<br />

Konfliktlösungsverfahren Gerichts <strong>und</strong> Schiedsgericht.<br />

5.6.4 Kompatibilität der Vermarktungsstrategien von Mediatoren mit den<br />

Erwartungen der Unternehmen<br />

Im ersten Teil dieser Arbeit (Hermann, 2002) wurden Hypothesen dazu formuliert,<br />

welche Vermarktungsstrategien für den Erfolg oder Misserfolg e<strong>in</strong>es Mediators<br />

verantwortlich se<strong>in</strong> könnten. E<strong>in</strong>e Reihe der dort aufgestellten Hypothesen wurden<br />

durch die Aussagen der Unternehmensvertreter bestätigt.<br />

Für die Unternehmen, die das Verfahren nutzen, s<strong>in</strong>d Gründe für die Anwendung<br />

von <strong>Mediation</strong> vor allem die Nachteile traditioneller Konfliktlösungsverfahren wie z.B.<br />

Prozesse. Außerdem wurden die Vorteile von <strong>Mediation</strong>, hier <strong>in</strong>sbesondere Zeit- <strong>und</strong><br />

Kosteneffizienz, hervorgehoben. Auch als Gründe für die Zufriedenheit mit dem/den<br />

selbst erlebten <strong>Mediation</strong>sverfahren wurden die Kosten- <strong>und</strong> Zeiteffizienz sowie der<br />

angenehme Umgang mit dem Konflikt <strong>und</strong> den Streitparteien genannt. Die im ersten<br />

Teil dieser Arbeit aufgestellt Hypothese, dass die erfolgversprechendsten Argumente<br />

für <strong>Mediation</strong> die Zeit- <strong>und</strong> Kosteneffizienz sowie die Vertraulichkeit <strong>und</strong> der<br />

zivilisierte Umgang mit dem Konflikt ist, wird hier zum<strong>in</strong>dest zu Teil bestätigt. Es lässt<br />

sich also folgende neue Hypothese aufstellen:<br />

1. Für Unternehmen könnten die Argumente „Kosten- <strong>und</strong> Zeiteffizienz“, die<br />

„Nachteile traditioneller Konfliktlösungsverfahren“ sowie e<strong>in</strong> „angenehmer<br />

Umgang mit dem Konflikt“ die überzeugendsten für e<strong>in</strong> <strong>Mediation</strong>sverfahren<br />

se<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong>e Rolle sche<strong>in</strong>en auch der vorhandene Leidensdruck sowie die persönliche<br />

Neugier, die Offenheit für Neues, zu se<strong>in</strong>. Bei U- ist es vor allem die Zufriedenheit mit<br />

dem momentanen Konfliktmanagement, die gegen die Nutzung von <strong>Mediation</strong><br />

spricht: oft gibt es e<strong>in</strong>fach ke<strong>in</strong>en Bedarf, etwas Neues auszuprobieren.<br />

E<strong>in</strong> weiterer oft genannter Gr<strong>und</strong> ist die Angst vor psychologischen Themen <strong>und</strong><br />

Methoden. Dies deckt sich mit der Hypothese aus Teil 1, dass die „Arbeit auf der


180<br />

emotionalen Ebene“ ke<strong>in</strong> Argument für <strong>Mediation</strong> sei. Es lässt sich also folgende<br />

Hypothese aufstellen:<br />

2. Dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong> (auch) auf emotionaler Ebene gearbeitet wird, sche<strong>in</strong>t<br />

für Unternehmensvertreter eher abschreckend zu se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Assoziation von<br />

<strong>Mediation</strong> mit Therapie sollte <strong>in</strong> der Vermarktung vermieden werden.<br />

Bedenken, die Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung gegen das Verfahren<br />

hatten, waren, dass sie Schwierigkeiten bei der Suche nach e<strong>in</strong>em Mediator haben<br />

könnten, <strong>und</strong> dass der Mediator nicht wirklich neutral <strong>und</strong> fachkompetent se<strong>in</strong> könnte.<br />

Hier lässt sich folgende Hypothese formulieren:<br />

3. Unternehmen könnten sich gegen <strong>Mediation</strong> entscheiden, weil sie Zweifel an der<br />

Fachkompetenz <strong>und</strong> der Neutralität e<strong>in</strong>es Mediators haben, <strong>und</strong> weil sie sich die<br />

Suche nach e<strong>in</strong>em geeigneten Mediator schwierig vorstellen.<br />

Die meisten Unternehmen sche<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>en Mediator von sich aus aktiv<br />

auszusuchen <strong>und</strong> nicht auf Initiative e<strong>in</strong>es Mediators h<strong>in</strong>. Meistens wurden<br />

Mediatoren empfohlen, z.B. von Bekannten. Für den konkreten Fall wurden auch<br />

schon bekannte Mediatoren ausgesucht, mit denen man z.B. schon persönlich, durch<br />

e<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>ar oder durch die vorherige Zusammenarbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen<br />

Zusammenhang bekannt war. Die Bedeutung der „<strong>in</strong>formellen Kontakte“ für e<strong>in</strong>en<br />

Mediator wurde bereits <strong>in</strong> Teil 1 formuliert worden <strong>und</strong> f<strong>in</strong>det hier e<strong>in</strong>e weitere<br />

Bestätigung.<br />

Mehrere Unternehmen gaben allerd<strong>in</strong>gs auch an, Mitglied bei der gwmk zu se<strong>in</strong><br />

(bzw. werden zu wollen) <strong>und</strong> sich von dort Mediatoren empfehlen zu lassen. Dies<br />

widerspricht der <strong>in</strong> Teil 1 aufgestellten Hypothese, dass die Interessenvere<strong>in</strong>e für<br />

<strong>Mediation</strong> für die Vermarktung e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge bis ke<strong>in</strong>e Rolle spielen. Stattdessen lässt<br />

sich folgende Hypothese aufstellen:


181<br />

4. Für die erfolgreiche Vermarktung von Arbeits- bzw. <strong>Wirtschaft</strong>smediation könnte<br />

die gwmk im Gegensatz zu anderen Interessenverbände e<strong>in</strong>e besondere Rolle<br />

spielen .<br />

Wenn die Initiative vom Mediator ausgegangen war, hatte dieser sich persönlich im<br />

Unternehmen vorgestellt. Dieses Ergebnis stützt die <strong>in</strong> Teil 1 formulierte Hypothesen,<br />

dass erfolgreiche Mediatoren aktiv auf den Markt zugehen <strong>und</strong> sich im Unternehmen<br />

an die direkten Entscheider wenden. E<strong>in</strong>e weitere Hypothese aus Teil 1, die mit<br />

diesem Ergebnis gestützt wird, ist die, dass der Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators davon<br />

abhängt, ob er se<strong>in</strong>e potenziellen Mandanten zu e<strong>in</strong>em persönlichen Gespräch vor<br />

Ort überzeugen kann <strong>und</strong> nicht nur am Telefon über e<strong>in</strong>e mögliche <strong>Mediation</strong><br />

verhandelt.<br />

Geforderte Eigenschaften e<strong>in</strong>es Mediators s<strong>in</strong>d Fach- <strong>und</strong> Sozialkompetenz sowie<br />

(<strong>Mediation</strong>s-)Erfahrung. Hier wird die <strong>in</strong> Teil 1 formulierte Hypothese, dass der Erfolg<br />

als Mediator von der Berufserfahrung im Bereich <strong>Mediation</strong> abhängig sei, unterstützt.<br />

E<strong>in</strong> „passendes“ Alter wurde ebenfalls häufig als wichtige Eigenschaft e<strong>in</strong>es<br />

Mediators genannt. Dies widerspricht der <strong>in</strong> Teil 1 aufgestellten Hypothese, dass der<br />

Erfolg e<strong>in</strong>es Mediators nicht von se<strong>in</strong>em Alter abhängig sei. Unternehmen sche<strong>in</strong>en<br />

Mediatoren durchaus auch nach ihrem Alter auszusuchen, wobei nicht das absolute<br />

Alter, sondern eher das zum Fall <strong>und</strong> den Beteiligten passende Alter wichtig zu se<strong>in</strong><br />

sche<strong>in</strong>t.<br />

Von den Unternehmen wurde außerdem e<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>sausbildung gefordert, dies<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht sehr häufig <strong>und</strong> nicht an erster Stelle. Diese Tatsache kann als<br />

Bestätigung für die <strong>in</strong> Teil 1 aufgestellte Hypothese gelten, dass Erfolg als Mediator<br />

nicht an das Absolvieren e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en <strong>Mediation</strong>sausbildung geb<strong>und</strong>en sei.


182<br />

5.7 Konsequenzen für die Vermarktung von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation<br />

Wenn die hier aufgestellten Hypothesen stimmen sollten, hätte dies e<strong>in</strong>e Reihe von<br />

Konsequenzen für die Vermarktung von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation. Im<br />

Folgenden soll daher e<strong>in</strong>e Zusammenstellung von Tipps gegeben werden, wie<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation zielgruppengerecht vermarktet werden könnte.<br />

Berücksichtigt werden dafür Hypothesen aus beiden Teilen dieser Arbeit.<br />

5.7.1 Strategien der Vermarktung<br />

Wie sollte e<strong>in</strong> Mediator auf den Markt, d.h. auf e<strong>in</strong> Unternehmen zugehen, um<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation erfolgreich zu verkaufen? Hier e<strong>in</strong>ige H<strong>in</strong>weise <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er möglichen chronologischen Reihenfolge. Es sollte allerd<strong>in</strong>gs noch e<strong>in</strong>mal<br />

unterstrichen werden, dass diese Empfehlungen (noch) nicht auf repräsentativen<br />

Forschungsergebnissen basieren, sondern auf den hier erstellten Hypothesen.<br />

�<br />

�<br />

�<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation bekannt machen. Viele Unternehmen wissen<br />

noch nichts von diesem Verfahren <strong>und</strong> entscheiden sich deshalb für andere<br />

Wege des Konfliktmanagements. Zeit für Öffentlichkeitsarbeit jeder Art für<br />

<strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong> ist also gut <strong>in</strong>vestiert.<br />

Selbst bekannt werden. Die „erfolgreichen“ Mediatoren aus Teil 1 waren alle<br />

nicht nur durch ihre <strong>Mediation</strong>en, sondern auch durch Vorträge,<br />

Veröffentlichungen sowie Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung bekannt geworden. Bekannte<br />

Mediatoren werden auch von Unternehmensvertretern eher ausgewählt,<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich, weil sie für kompetenter gehalten werden.<br />

<strong>Mediation</strong>svere<strong>in</strong>e. Mitgliedschaft <strong>in</strong> Verbänden wie der CfM oder der BAFM hat<br />

ke<strong>in</strong>en positiven E<strong>in</strong>fluss auf die Akquise von Fällen, wie Wirtschafs- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediatoren übere<strong>in</strong>stimmend feststellen. In der <strong>Wirtschaft</strong> s<strong>in</strong>d sie<br />

unbekannt. Der e<strong>in</strong>zige <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong> bekannte <strong>und</strong> akzeptierte Verband<br />

sche<strong>in</strong>t die gwmk zu se<strong>in</strong>, von der sich Unternehmensvertreter auch Mediatoren<br />

empfehlen lassen. Hier ist e<strong>in</strong>e Mitgliedschaft also trotz der hohen Gebühren<br />

empfehlenswert.


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183<br />

Informelle Kontakte pflegen. Kontakte zu Bekannten, Kollegen oder sogar alten<br />

Studienfre<strong>und</strong>en können alle nützlich se<strong>in</strong>, um als <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediator empfohlen zu werden. Sie sollten gepflegt werden. Wie e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>terviewter Mediator sagte: „Jede Dienstleistung beruht auf Empfehlung“ (G12-<br />

M).<br />

Innovatoren im Unternehmen ansprechen. Sollte die Hypothese stimmen, dass<br />

<strong>Mediation</strong>snutzer im Unternehmen „Innovatoren“ im S<strong>in</strong>ne von Rogers (1983)<br />

mit e<strong>in</strong>er höheren Risikobereitschaft, relativ großem E<strong>in</strong>fluss <strong>und</strong> Offenheit<br />

gegenüber Neuem s<strong>in</strong>d, so ist es die Aufgabe des Mediators, sie ausf<strong>in</strong>dig zu<br />

machen. In kle<strong>in</strong>eren Unternehmen ist der wichtigste Ansprechpartner der<br />

Geschäftsführer, <strong>in</strong> größeren der Leiter der Rechts- oder auch der<br />

Personalabteilung. Nicht <strong>in</strong> jedem Unternehmen wird es jemanden geben, der<br />

für dieses Verfahren offen ist (so könnte er z.B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmen mit sehr<br />

autoritärer Streitkultur schwer zu f<strong>in</strong>den se<strong>in</strong>), aber ist er erst e<strong>in</strong>mal gef<strong>und</strong>en,<br />

wird er e<strong>in</strong> wichtiger Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt für die Vermarktung von <strong>Wirtschaft</strong>s<strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation se<strong>in</strong>. Natürlich ist es auch wichtig, Unternehmen zu<br />

f<strong>in</strong>den, bei denen bereits e<strong>in</strong>e gewisse Unzufriedenheit mit dem bisherigen<br />

Konfliktmanagement gegeben ist <strong>und</strong> somit e<strong>in</strong> Leidensdruck besteht, der e<strong>in</strong>e<br />

größere Offenheit gegenüber Neuem bed<strong>in</strong>gen könnte.<br />

Intern <strong>in</strong> Unternehmen arbeiten. E<strong>in</strong>e Reihe von Unternehmen sche<strong>in</strong>en es<br />

vorzuziehen, <strong>in</strong>terne statt externe Mediatoren zu nutzen oder sogar große Teile<br />

des Personals <strong>in</strong> Techniken des Konfliktmanagements auszubilden. Hier bieten<br />

sich reichhaltige Möglichkeiten für Mediatoren <strong>in</strong> der <strong>Wirtschaft</strong>. Es ist also<br />

s<strong>in</strong>nvoll, vielleicht schon auf e<strong>in</strong>em anderen Weg mit dem Unternehmen <strong>in</strong><br />

Kontakt zu se<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Mediation</strong> dann als zusätzliches Angebot e<strong>in</strong>zuführen. So<br />

ist es auch möglich, wie <strong>in</strong> Teil 1 empfohlen, <strong>Mediation</strong> an bereits bestehende<br />

Möglichkeiten des Konfliktmanagements anzuschließen.<br />

Das direkte Gespräch suchen. <strong>Mediation</strong> lässt sich nicht gut über<br />

Akquiseschreiben oder am Telefon verkaufen. Soweit möglich, sollte der<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediator e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> im Unternehmen machen, um


184<br />

das Verfahren persönlich vorzustellen – am besten bei e<strong>in</strong>em vorher ausf<strong>in</strong>dig<br />

gemachten Innovator.<br />

5.7.2 Argumente für <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation<br />

Wenn e<strong>in</strong> persönliches Gespräch arrangiert ist, wie sollte dann für <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation geworben werden? Es ist vor allem wichtig, sich <strong>in</strong> Form <strong>und</strong> Inhalt<br />

der Präsentation des Verfahrens den Erwartungen der Zielgruppe anzupassen.<br />

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�<br />

Sich kurz fassen. „Erfolgreiche“ Mediatoren werben mit wenigen,<br />

schlagkräftigen Argumenten <strong>und</strong> stehlen nicht unnötig die Zeit der<br />

Kontaktperson im Unternehmen. Es ist s<strong>in</strong>nvoll, e<strong>in</strong>e kurze, prägnante<br />

Präsentation zu erarbeiten <strong>und</strong> zu üben.<br />

Zeit- <strong>und</strong> Kosteneffizienz. Dies s<strong>in</strong>d die Vorteile, die Unternehmensvertretern<br />

wichtig s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> die von ihnen an <strong>Mediation</strong>sverfahren als positiv<br />

wahrgenommen werden, <strong>und</strong> die Argumente, mit denen „erfolgreiche“<br />

Mediatoren vorrangig werben. E<strong>in</strong> <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediator muss sich<br />

auf se<strong>in</strong>e Zielgruppe e<strong>in</strong>stellen, für die die Maxime „Zeit ist Geld“ immer noch<br />

große Bedeutung hat.<br />

Zivilisierter Umgang mit Konflikten, Vertraulichkeit. Dies s<strong>in</strong>d weitere Argumente<br />

der „erfolgreichen“ Mediatoren <strong>und</strong> Aspekte des Verfahrens, die von den<br />

Unternehmensvertretern positiv beurteilt werden.<br />

Ke<strong>in</strong>e zu „psychologischen“ Argumente. Gerät <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation <strong>in</strong> der Vorstellung des Gesprächspartners <strong>in</strong> die Nähe von<br />

Therapie, ist dies für den typischen Unternehmensvertreter abschreckend. Dass<br />

Gefühle bearbeitet werden, mag sich während des Verfahrens ergeben, es<br />

sollte aber nicht bei der Präsentation betont werden. Gleiches gilt für die von<br />

Mediatoren fast immer <strong>und</strong> von Unternehmensvertretern nie genannten<br />

„Eigenverantwortlichkeit“. Zwar wird <strong>Mediation</strong> <strong>in</strong> der Literatur oft so<br />

beschrieben, für e<strong>in</strong>en Unternehmensvertreter kl<strong>in</strong>gt dies allerd<strong>in</strong>gs eher nach<br />

e<strong>in</strong>er Bürde als nach e<strong>in</strong>em Vorteil. E<strong>in</strong>e empfehlenswerte Alternative könnte<br />

„Kontrolle“ während des Verfahrens se<strong>in</strong>.


�<br />

�<br />

185<br />

Nachteile traditioneller Konfliktlösungsverfahren. Gerade im Zusammenhang mit<br />

Zeit- <strong>und</strong> Kosteneffizienz lassen sich für e<strong>in</strong> Unternehmen wichtige<br />

Unterschiede zu e<strong>in</strong>em Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren<br />

herausarbeiten: <strong>Mediation</strong> ist schneller <strong>und</strong> billiger, <strong>und</strong> sie h<strong>in</strong>terlässt ke<strong>in</strong>e<br />

„verbrannte Erde“. In diesen Zusammenhang gehört auch die mögliche<br />

Unzufriedenheit mit dem momentanen Konfliktmanagement im Unternehmen,<br />

über das vorher so viel wie möglich <strong>in</strong> Erfahrung gebracht werden sollte. Es<br />

empfiehlt sich allerd<strong>in</strong>gs, <strong>in</strong> diesem Bereich sehr vorsichtig zu argumentieren.<br />

Eigenwerbung. Es ist wichtig, die eigene Fachkompetenz, Sozialkompetenz,<br />

Erfahrungen <strong>in</strong> ähnlichen Fällen, <strong>Mediation</strong>sausbildung <strong>und</strong> eventuell sogar<br />

Erfolgsquoten zu unterstreichen. Da den Unternehmensvertretern<br />

Fachkompetenz sehr wichtig ist, kann es für e<strong>in</strong>en Mediator notwendig se<strong>in</strong>,<br />

sich auf e<strong>in</strong>en bestimmten <strong>Wirtschaft</strong>szweig zu konzentrieren, <strong>in</strong> dem er sich<br />

glaubwürdig als Spezialist ausweisen kann. Sozialkompetenz lässt sich am<br />

besten persönlich darstellen, e<strong>in</strong> weiterer Gr<strong>und</strong>, immer den direkten Kontakt zu<br />

suchen.


5.7 Diskussion <strong>und</strong> Ausblick<br />

186<br />

In diesem letzten Teil der Arbeit werden die wichtigsten Ergebnisse zusammen<br />

gefasst <strong>und</strong> <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Zielsetzung ausgewertet. Außerdem werden H<strong>in</strong>weise<br />

für zukünftige Forschungen gegeben.<br />

Die Akzeptanz von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation <strong>in</strong> Deutschland hängt<br />

sche<strong>in</strong>bar von e<strong>in</strong>er Reihe von Faktoren ab. Zum e<strong>in</strong>en ist da die Art, <strong>in</strong> der das<br />

Verfahren von den Diffusionsagenten (Kaas 1973), also den Mediatoren, dargestellt<br />

wird. Dieser Aspekt wurde im ersten Teil dieser Arbeit behandelt. Der andere<br />

wichtige Faktor, von dem die Akzeptanz des Verfahrens abhängt, s<strong>in</strong>d die von den<br />

potenziellen K<strong>und</strong>en wahrgenommenen Eigenschaften des Verfahrens, se<strong>in</strong>er Vor-<br />

<strong>und</strong> Nachteile sowie dem Risiko, das sie e<strong>in</strong>gehen, wenn sie sich entscheiden, es<br />

auszuprobieren. Dieser Aspekt wurde im vorliegenden zweiten Teil der Arbeit näher<br />

untersucht.<br />

Bei den <strong>in</strong>terviewten Unternehmensvertretern konnte festgestellt werden, dass es<br />

e<strong>in</strong>e Reihe von Unterschieden zwischen Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung gibt. Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung haben e<strong>in</strong>e<br />

differenziertere Vorstellung von <strong>Mediation</strong> <strong>und</strong> nehmen aus ihrer Umwelt mehr<br />

akzeptanzfördernde Informationen über das Verfahren wahr. Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung erhalten dagegen mehr akzeptanzhemmende Informationen,<br />

was sicherlich auch e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass sie Bedenken bezüglich <strong>Mediation</strong><br />

haben, wie z.B., dass der Mediator parteilich oder nicht fachkompetent se<strong>in</strong> könnte.<br />

Schon e<strong>in</strong>e bessere Verbreitung von Informationen über <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation könnte hier e<strong>in</strong>e bessere Akzeptanz des Verfahrens br<strong>in</strong>gen.<br />

Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung haben mehr schlechte Erfahrungen mit<br />

Externen gemacht, was ihre skeptische Haltung gegenüber e<strong>in</strong>em externen Mediator<br />

begründen könnte. E<strong>in</strong>ige Unternehmen, die <strong>Mediation</strong> nutzen, umgehen dieses<br />

Problem, <strong>in</strong>dem sie <strong>in</strong>terne Mediatoren ausbilden oder sogar alle Mitarbeiter <strong>in</strong><br />

Konfliktmanagement schulen lassen. Hier bietet sich für Mediatoren e<strong>in</strong> bisher noch<br />

zu wenig beachtetes Tätigkeitsfeld.


187<br />

In Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung ist häufiger e<strong>in</strong> autoritärer Umgang mit<br />

Konflikten anzutreffen, der als „Nährboden“ für <strong>Mediation</strong> natürlich nicht sehr<br />

geeignet ist. Auch e<strong>in</strong> partizipativer Umgang mit Konflikten wurde bei dieser Gruppe<br />

verstärkt festgestellt, was aber auch daran liegen könnte, dass dieser „partizipative“<br />

Stil begrifflich (<strong>und</strong> damit auch <strong>in</strong> der Kodierung) oft schwer vom autoritären Stil <strong>und</strong><br />

auch von der H<strong>in</strong>zuziehung e<strong>in</strong>es externen Dritten zu unterscheiden ist. E<strong>in</strong>e<br />

genauere <strong>und</strong> f<strong>und</strong>iertere Operationalisierung ist hier für zukünftige<br />

Forschungsvorhaben unbed<strong>in</strong>gt notwendig. E<strong>in</strong> weiteres Problem lag hier auch <strong>in</strong> der<br />

etwas unglücklichen Formulierung der Frage im Interview: es wurde danach gefragt,<br />

wer entscheidet, wie mit e<strong>in</strong>em Konflikt umgegangen wird, <strong>und</strong> nicht, wer den Konflikt<br />

entscheidet .<br />

In der Zufriedenheit mit dem bisherigen Konfliktmanagement zeigten sich deutliche<br />

Unterschiede zwischen Unternehmen mit <strong>und</strong> ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung.<br />

Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung zeigten sich im Schnitt unzufriedener mit dem<br />

bisherigen Umgang mit Konflikten, was dazu geführt haben könnte, dass sie sich<br />

dann neuen Methoden zuwandten. Allerd<strong>in</strong>gs hätte auch hier die Frage im Interview<br />

e<strong>in</strong>deutiger gestellt werden können: gefragt wurde nach der „Zufriedenheit mit dem<br />

bisherigen Konfliktmanagement“ – für die Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung war<br />

es wahrsche<strong>in</strong>lich nicht ganz e<strong>in</strong>deutig, ob mit „bisherig“ nur die Zeit vor oder auch<br />

die Zeit nach der E<strong>in</strong>führung von <strong>Mediation</strong> geme<strong>in</strong>t war.<br />

Unternehmen ohne <strong>Mediation</strong>serfahrung beschrieben sich <strong>in</strong> den Interviews als<br />

<strong>in</strong>sgesamt zufriedener mit ihrem bisherigen Konfliktmanagement. Wenn dies<br />

tatsächlich der Fall ist, so ist bei ihnen wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>fach ke<strong>in</strong> Anlass gegeben,<br />

etwas zu ändern <strong>und</strong> z.B. e<strong>in</strong> neues Verfahren wie <strong>Mediation</strong> auszuprobieren.<br />

Zufriedenheit wurde <strong>in</strong> dieser Untersuchung nur <strong>in</strong> den oberen Hierarchieebenen<br />

erfasst. Aus diesen Ergebnissen lässt sich natürlich nicht auf die Zufriedenheit aller<br />

Mitarbeiter im Unternehmen schließen: was den Vorgesetzten gefällt, muss den<br />

Mitarbeitern noch lange nicht gefallen. E<strong>in</strong>e umfassendere Untersuchung <strong>in</strong> ganzen<br />

Betrieben (z.B. <strong>in</strong> Stichproben auf allen Hierarchieebenen) würde hier e<strong>in</strong><br />

differenzierteres <strong>und</strong> realitätsgetreueres Bild der Zufriedenheit mit dem<br />

Konfliktmanagement geben.


188<br />

In e<strong>in</strong>er späteren Untersuchung wäre es auch s<strong>in</strong>nvoll, die Zahl der aktiv <strong>und</strong><br />

passiv geführten Prozesse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmen als Kovariable für die<br />

Zufriedenheit mit dem Konfliktmanagement zu erfassen, da die meisten<br />

Unternehmen angaben, dass ihnen die Vermeidung von Prozessen besonders<br />

wichtig sei.<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation sche<strong>in</strong>t sich <strong>in</strong> Deutschland vor allem über<br />

persönliche Kontakte (<strong>in</strong>sbesondere von Unternehmensvertretern zu Mediatoren)<br />

sowie über <strong>in</strong>ner- <strong>und</strong> außerbetriebliche Schulungen zu verbreiten. Die Kontakte<br />

deutscher Unternehmen zu den USA sche<strong>in</strong>en, entgegen der These von Risse<br />

(1988), nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige bis gar ke<strong>in</strong>e Rolle zu spielen.<br />

Mediatoren <strong>und</strong> Dozenten s<strong>in</strong>d natürlich nicht die e<strong>in</strong>zigen Diffusionsagenten (Kaas<br />

1973) für das Verfahren <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation <strong>in</strong> Deutschland. Um e<strong>in</strong><br />

noch genaueres Bild davon zu bekommen, wie <strong>Mediation</strong> von<br />

Unternehmensvertretern wahrgenommen wird, wäre es s<strong>in</strong>nvoll, das Bild, das von<br />

<strong>Mediation</strong> im Fernsehen, Fachzeitschriften, Tageszeitungen <strong>und</strong> anderen Medien zu<br />

analysieren, die <strong>in</strong> Unternehmen konsumiert werden.<br />

Auch die <strong>Mediation</strong>sverbände könnten als Diffusionsagenten für <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmediation agieren. Tatsächlich wird aus dem breiten Spektrum der Verbände<br />

nur die gwmk von der <strong>Wirtschaft</strong> wahrgenommen <strong>und</strong> auch genutzt, um sich<br />

Mediatoren empfehlen zu lassen. Warum gerade die gwmk so erfolgreich ist, wäre<br />

e<strong>in</strong>e Untersuchung wert – alle<strong>in</strong> aus dem Gr<strong>und</strong>, dass andere Verbände dann<br />

wüssten, woran sie noch arbeiten müssen, um e<strong>in</strong>en ähnlichen E<strong>in</strong>fluss zu erlangen.<br />

Ob <strong>Mediation</strong> tatsächlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmen genutzt wird oder nicht sche<strong>in</strong>t vor<br />

allem von der Person des Entscheiders abzuhängen, von se<strong>in</strong>er persönlichen<br />

Disposition (d.h., ob er sich selbst als risikofreudig <strong>und</strong> offen gegenüber Neuem sieht<br />

<strong>und</strong> damit nach Rogers (1988) e<strong>in</strong> „Innovator“ ist), <strong>und</strong> wie stark der Druck ist, der<br />

von außen auf ihn ausgeübt wird.


189<br />

Im Vergleich der Ergebnisse aus dem ersten <strong>und</strong> zweiten Teil der Arbeit zeigte<br />

sich, dass die Vermarktungsstrategien der Mediatoren <strong>und</strong> die Erwartungen der<br />

Unternehmen noch nicht optimal aufe<strong>in</strong>ander abgestimmt s<strong>in</strong>d. Für die Unternehmen<br />

s<strong>in</strong>d vor allem die Argumente „Kosten- <strong>und</strong> Zeiteffizienz“ sowie e<strong>in</strong> „angenehmer<br />

Umgang mit dem Konflikt“ die ausschlaggebenden. Diese Aspekte von <strong>Wirtschaft</strong>s-<br />

<strong>und</strong> Arbeitsmediation werden von Mediatoren noch nicht genügend unterstrichen.<br />

Manche Mediatoren werben damit, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Mediation</strong> auch auf der<br />

„emotionalen Ebene“ gearbeitet wird – e<strong>in</strong> Aspekt, der auf die Unternehmensvertreter<br />

eher abschreckend wirkt. Im Abschnitt 5.4 werden konkrete H<strong>in</strong>weise dafür gegeben,<br />

wie sich e<strong>in</strong> <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediator mit H<strong>in</strong>blick auf se<strong>in</strong>e Zielgruppe<br />

vermarkten sollte. Auch hier wäre es natürlich <strong>in</strong>teressant, zu untersuchen, ob die<br />

Befolgung der H<strong>in</strong>weise tatsächlich zu größerem Erfolg bei der Akquise von Fällen<br />

führt.<br />

Die meisten Unternehmen lassen sich e<strong>in</strong>en Mediator empfehlen: von Bekannten,<br />

Kollegen oder auch von der gwmk. Manche s<strong>in</strong>d auch bereits mit Mediatoren<br />

bekannt, aus denen dann e<strong>in</strong>er ausgewählt wird. In der hier untersuchten Stichprobe<br />

erfolgte die Auswahl selten auf Initiative des Mediators h<strong>in</strong> – wenn dies der Fall war,<br />

hatte der Mediator sich persönlich im Unternehmen vorgestellt. Im H<strong>in</strong>blick auf diese<br />

Ergebnisse sche<strong>in</strong>en Vermarktungsstrategien wie Anzeigen oder Akquiseschreiben,<br />

die von vielen <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediatoren genutzt werden, wenig<br />

erfolgversprechend zu se<strong>in</strong>.<br />

Von e<strong>in</strong>em Mediator erwarten die Unternehmensvertreter vor allem Fach- <strong>und</strong><br />

Sozialkompetenz sowie relevante Erfahrungen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Mediation</strong>sausbildung. Um<br />

e<strong>in</strong> noch genaueres Bild von den Erwartungen der Unternehmen an Mediatoren zu<br />

haben, wäre es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er späteren Untersuchung s<strong>in</strong>nvoll, spezifische Punkte wie z.B.<br />

den präferierten Beruf des Mediators (z.B. Rechtsanwalt oder Psychologe), die Art<br />

der <strong>Mediation</strong>sausbildung, welche Erfahrungen gewünscht werden usw. e<strong>in</strong>zeln<br />

abzufragen.<br />

Insgesamt lässt sich sagen, dass Mediatoren noch viel Arbeit leisten müssen, um<br />

die Akzeptanz für das Verfahren <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation zu erhöhen <strong>und</strong><br />

für sich selbst effektiv zu werben. Aber es gibt auch Ergebnisse, die Mut machen: so


190<br />

z.B., dass alle Unternehmen mit <strong>Mediation</strong>serfahrung hoch zufrieden mit dem<br />

Verfahren waren, <strong>und</strong> dass etwa die Hälfte der Unternehmen ohne<br />

<strong>Mediation</strong>serfahrung angab, an dem Verfahren durchaus <strong>in</strong>teressiert zu se<strong>in</strong> <strong>und</strong> es<br />

eventuell <strong>in</strong> Zukunft nutzen zu wollen.<br />

Das Ziel dieser Arbeit war es, mit e<strong>in</strong>er für qualitative Forschung angemessenen<br />

Stichprobengröße von 19 Mediatoren <strong>und</strong> 15 Unternehmensvertretern Hypothesen<br />

zur mangelnden Akzeptanz von <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation <strong>in</strong> Deutschland zu<br />

generieren. In den Ergebnisse zeichnen sich drei große Aspekte ab: zunächst die<br />

Unbekanntheit des Verfahrens. Nach Rogers (1983, s. Kap. 2.3.3) bef<strong>in</strong>det sich<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation damit noch auf der ersten Stufe der Verbreitung<br />

e<strong>in</strong>er Innovation: es ist noch nicht genügend Wissen über diese Innovation<br />

vorhanden, die es potenziellen Nutzern ermöglichen würde, e<strong>in</strong>e bestimmte Haltung<br />

ihr gegenüber e<strong>in</strong>zunehmen. Nach Lucke (1988, s. Kap. 2.2.2) kann also noch nicht<br />

von e<strong>in</strong>er Akzeptanz von <strong>Mediation</strong> die Rede se<strong>in</strong>.<br />

Der zweite Aspekt, der sich <strong>in</strong> den Ergebnissen abzeichnet, ist die Inkompatibilität<br />

der Vermarktungsstrategien der Mediatoren mit den Erwartungen der Unternehmen.<br />

Die hier formulierten Empfehlungen decken sich mit denen von Stülb von Klimesch<br />

(1999, s. Kap. 2.1.8), müssen aber natürlich noch daraufh<strong>in</strong> überprüft werden, ob<br />

ihre Umsetzung tatsächlich zu e<strong>in</strong>em größeren Erfolg als Mediator führt.<br />

Der dritte <strong>und</strong> letzte Aspekt ist die Situation <strong>in</strong> der Unternehmen, den potenziellen<br />

Nutzern der Innovation <strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation. Neben Unwissen über das<br />

Verfahren kann auch die Zufriedenheit mit dem Status Quo e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>, <strong>Mediation</strong><br />

nicht zu nutzen: laut March <strong>und</strong> Simon (1976) ist e<strong>in</strong> gewisser Leidensdruck wichtig,<br />

um Veränderungsbereitschaft zu schaffen. Außerdem sche<strong>in</strong>t die Kultur des<br />

Konfliktmanagements <strong>in</strong> manchen Unternehmen eher autoritär zu se<strong>in</strong> <strong>und</strong> damit mit<br />

dem egalitären, offen Verfahren <strong>Mediation</strong> nicht kompatibel zu se<strong>in</strong>.<br />

Es bietet sich also e<strong>in</strong> weites Feld für weitere Forschung zur Akzeptanz von<br />

<strong>Wirtschaft</strong>s- <strong>und</strong> Arbeitsmediation, zur Überprüfung der hier aufgestellten<br />

Hypothesen, zur weiteren Analyse der Zielgruppe <strong>und</strong> der Entwicklung effektiver<br />

Vermarktungsstrategien.


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