Bulletin 62 - VAS-AEC
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EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Vortrag von Markus Engemann, Notar, Grundbuchverwalter Kreisgrundbuchamt X Thun am<br />
25. November 1999 in Lyss<br />
Abgrenzung öffentliches Recht I privates Recht<br />
Öffentliches Recht bricht privates Recht, es ist stärker.<br />
Recht und Gesetz sind ein Gefüge von Sollensnormen.<br />
Öffentliches Recht<br />
Staatsrecht (Staatsverträge, Bundesverfassung)<br />
Verwaltungsrecht (Bauvorschriften,<br />
Polizeiwesen,<br />
Gesundheit, Kirche, Finanzen, Steuern<br />
usw.)<br />
Gerichtsbarkeit<br />
Strafrecht<br />
Schuldbetreibung und Konkurswesen<br />
Obligatorische Rechte (Vertragsfreiheit)<br />
Wirken nur intern unter den Vertragparteien<br />
(Schuldrecht, OR)<br />
6<br />
Privatrecht<br />
ZGB<br />
OR<br />
Dingliche Rechte (Typengebundenheit)<br />
Wirken direkt und gegenüber jedermann<br />
(Sachenrecht, ZGB><br />
Das Grundeigentum<br />
Horizontal abgegrenzt gemäss Plan<br />
aus Vermessungswerk.<br />
Vertikal abgegrenzt durch Umfang des<br />
Interesses.<br />
Inhaltlich gehört alles als Bestandteil<br />
zum Grundstück, was nicht kraft gesetzlicher<br />
Ausnahme oder Kraft einer<br />
Baurechtsdienstbarkeit davon ausgeschlossen<br />
ist.<br />
Beispiel: Gebäude wird erstellt, kein<br />
Grundbucheintrag nötig,<br />
man kann nicht mehr als<br />
Eigentümer werden.<br />
<strong>Bulletin</strong> 02 - 2000
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Arten von Grundstücken nach ZGB<br />
Liegenschaften<br />
Selbst. und dauernde Rechte<br />
Bergwerke<br />
Miteigentumsanteile<br />
= abgegrenzte Teile der Erdoberfläche (eigentlich<br />
räumlich zu verstehen)<br />
= verselbständigte Personaldienstbarkeiten<br />
= spezielle Art von selbst. und dauernden<br />
Rechten<br />
= idelle Teile von Liegenschaften oder<br />
selbst. und dauernden Rechten<br />
Organisation des Grundbuchwesens im Kt. Bern<br />
Alle Vorkehren im Grundbuchwesen stützen sich auf gesetzliche Vorschrift des<br />
ZGS's, der Vollzug und die Organisation des Grundbuchwesens obliegt den<br />
Kantonen. Im Kanton Sern gibt es 13 Kreisgrundbuchämter. Sie werden von einem<br />
oder mehreren Grundbuchverwaltern geführt, welche Sachbearbeiterinnen<br />
und Sachbearbeitern unterstützt werden. In der bernischen Grundbuchführung<br />
sind 120 Personen beschäftigt.<br />
Bestandteile des Grundbuches<br />
Tagebuch Alle angemeldeten Geschäfte sind in der Reihenfolge des Eingangs<br />
zu registrieren.<br />
Hauptbuch Verzeichnis aller Grundstücke mit stichwortartigen Einschreibungen.<br />
Belege Sammlung aller Grundlagen für Einschreibungen. Änderungen,<br />
Löschungen.<br />
Pläne Offizielle planliche Darstellung der Grundstücke durch den<br />
Nachführu ngsgeometer.<br />
Beispiel von zwei Geschäftsabläufen<br />
Kaufvertrag<br />
Verurkundung des Vertrags beim Notar<br />
<strong>Bulletin</strong> 02 - 2000<br />
Grenzänderung<br />
Auftrag an Nachführungsgeometer zur<br />
Vermarchung<br />
Übergabe von Messurkunde und Plan<br />
an Notar<br />
Verurkundung des Vertrags beim Notar<br />
7
Anmeldung des Geschäftes beim<br />
Grundbuchamt<br />
Tagebucheintrag<br />
Bleistiftnotiz<br />
Vorprüfung durch Grundbuchverwalter<br />
Hauptbucheintrag<br />
Verifikation<br />
Austrag aus dem Tagebuch, Abrechnung<br />
mit dem Notar und Aktenrückgabe<br />
Ablage der Grundbuchakten in die<br />
Belegsammlung<br />
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Anmeldung des Geschäftes beim<br />
Grundbuchamt<br />
Tagebucheintrag<br />
Bleistiftnotiz<br />
Vorprüfung durch Grundbuchverwalter<br />
Hauptbucheintrat<br />
Verifikation<br />
Austrag aus dem Tagebuch, Abrechnung<br />
mit dem Notar und Aktenrückgabe<br />
Ablage der Grundbuchakten in die<br />
Belegsammlung<br />
Vollzugsmeldung an den Geometer<br />
* Beim Hauptbucheintrag müssen alle Einschreibungen bereinigt werden (Zuordnung<br />
vom alten auf den neuen Zustand). Die Vertragsparteien müssen (unter<br />
Berücksichtigung der Errichtungsbelege) Bereinigungsanträge stellen und, wo<br />
nötig, Zustimmungserklärungen der Berechtigen einzeichnen.<br />
Bis zum Hauptbucheintrag können die Geschäfte zurückgezogen und bis zur Verifikation<br />
wegen Mängeln abgewiesen werden.<br />
Gegen Abweisung ist die Grundbuchbeschwerde an die Justiz-, Gemeinde- und<br />
Kirchendirektion in Bem möglich.<br />
Gegen die Amtsführung allgemein ist ebenfalls Grundbuchbeschwerde möglich.<br />
Auskunft aus dem Grundbuch (Art. 970, 970a ZGB)<br />
Jedermann ist berechtigt. darüber Auskunft zu erhalten, wer als Eigentümer eines<br />
Grundstückes im Grundbuch eingetragen ist.<br />
Wer ein Interesse glaubhaft macht, hat Anspruch darauf dass ihm Einsicht in das<br />
Grundbuch gewährt oder dass ihm daraus ein Auszug erstellt wird.<br />
Gemäss Art. 970 a ZGB sind die Kantone verpflichtet, die Handänderungen (mit<br />
Ausnahme des Erbganges) periodisch zu publizieren. Im Kanton Bem erscheinen<br />
die Handänderung als Beilage zum Amtsblatt.<br />
8 <strong>Bulletin</strong> 02 - 2000
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Als Schätzer sich immer eine Vollmacht zur Einholung eines<br />
Grundbuchauszuges sowie Kopien aller Grundbuchbelege geben<br />
lassenl<br />
Grundbuchauszug<br />
Der Grundbuchauszug stellt eine Kopie des Hauptbuchblattes dar. Der Auszug<br />
aus dem EDV-Grundbuch Capitastra ist ausführlicher gestaltet und nicht mehr<br />
eine Kopie eines Registerblattes.<br />
Zum Capitastra-Auszug einige Bemerkungen:<br />
Amtlicher Wert<br />
Der amtliche Wert wird von der Steuerverwaltung eingesetzt nach Vollzug der<br />
Schätzung. Die Rechtsgültigkeit dieses Wertes setzt das Steuerbüro der Gemeinde<br />
fest (Eröffnung und Abwarten des Eintritts der Rechtskraft). Für das<br />
Ausfüllen der Steuererklärung gilt der Wert jeweils auf den 1.1. der Steuerperiode.<br />
Für das Grundbuchamt gilt der neue a.W. ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft<br />
für die Handänderungssteuer (Bemessung der Steuer) und Ihr die Errechnung<br />
der Belastungsgrenze. Wahrscheinlich gilt dasselbe für die Banken. Ob dies<br />
auch für den Schätzer gilt, ist abzuklären.<br />
Anmerkung AV<br />
Angaben über die Triangulationspunkte. trig. Signale, Naturdenkmäler und<br />
Rutschgebiete sind Daten der Vermessung und sind jetzt nicht mehr als Anmerkungen<br />
im eigentlichen Grundbuch sichtbar.<br />
Beziehungen<br />
In Capitastra gibt es ein neues Feld für Beziehungen. Für die Beteiligung an Anmerkungsgrundstücken<br />
erfolgt beim berechtigten (herrschenden) Grundstück ein<br />
Hinweis unter nDominierte Grundstücke".<br />
Beim Anmerkungsgrundstück bleibt die Spalte Eigentum leer, dafür werden Beziehungen<br />
dargestellt.<br />
Beziehungen werden ebenfalls dargestellt bei Stammgrundstücken von Stockwerk-<br />
und Miteigentumsgrundstücken.<br />
Bemerkungen<br />
Anstelle von etwaigen, bisherigen Bleistiftnotizen können solche Hinweise im<br />
Rahmen eines Geschäftes angebracht, geändert oder gelöscht werden.<br />
Datum/Gültigkeit<br />
Am Schluss des Capitastra-Grundbuchauszuges steht geschrieben, bis und mit<br />
welchem Tag alle Tagebucheintragungen mitberücksichtigt sind. Beim Auskunftsbildschirm<br />
auf dem Grundbuchamt ist an Stelle einer solche Angabe bei<br />
hängigen Geschäften am Bildrand unten rechts eine farbige Flagge sichtbar.<br />
<strong>Bulletin</strong> 02 - 2000 9
Eigentum<br />
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Das Eigentumsrecht ist das allumfassende Recht, über eine Sache im Rahmen<br />
der gesetzlichen Ordnung zu verfügen. (z.B. Beachtung gesetzlicher Eigentumsbeschränkungen<br />
aus dem öffentlichen Recht wie Bauvorschriften oder aus dem<br />
privaten Recht wie gesetzliche Vorkaufsrechte beim Miteigentum oder beim<br />
selbst. und dauernden Baurecht). Vertraglich abgeänderte oder aufgehobene<br />
öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen gelten gegenüber Dritten nur,<br />
wenn sie im Grundbuch vorgemerkt sind, sofern eine solche Vormerkung gesetzlich<br />
vorgesehen ist.<br />
Alleineigentum<br />
Eine natürliche oder juristische Person ist allein als Eigentümerin eingetragen.<br />
Gemeinschaftliches Eigentum<br />
Es sind mehrere Personen als Eigentümer eingetragen:<br />
- Gesamteigentum (Verfügung nur unter Mitwirkung aller möglich)<br />
Erbengemeinschaft<br />
einfache Gesellschaft<br />
Gütergemeinschaft<br />
Fortgesetzte Gütergemeinschaft<br />
Kollektivgesellschaft (im Grundbuch erscheint nur die Firma, handeln durch<br />
Zeichnungsberechtigte der Firma)<br />
Kommanditgesellschaft (im Grundbuch erscheint nur die Firma, handeln durch<br />
Zeichnungsberechtigte der Firma)<br />
- Miteigentum (Einzelverfügung über eigene idelle Quote möglich)<br />
Im Capitastra existiert die Sonderbezeichnung "gemeinschaftliches Miteigentum".<br />
Diese wird benötigt, um darzustellen, dass eine Trägerschaft eines Gesamthandsverhältnisses<br />
als Miteigentümerin eingeschrieben ist; denn eine Gesamthandschaft<br />
kann Miteigentümerin sein.<br />
Dienstbarkeiten<br />
Die Dienstbarkeiten sind beschränkte dingliche Rechte.<br />
Ihr Inhalt muss ein Dulden oder Unterlassen seitens des belasteten Grundeigentümer<br />
darstellen.<br />
Dulden (Gewährung eines Wegrechtes)<br />
Unterlassen (Einhalten Baubeschränkung)<br />
Die Identität der Dienstbarkeit ist zu wahren. Dies bedeutet, dass der Zweck, für<br />
welchen die Dienstbarkeit errichtet wurde erhalten bleiben muss, und nur mit Zu-<br />
10 <strong>Bulletin</strong> 02 - 2000
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
stimmung der Beteiligten geändert "Yerden kann. (Fahrweg recht für landw.<br />
Zwecke darf später nicht als Zugang Ihr Hochhaus mit Mietwohnungen verwendet<br />
werden).<br />
Davon zu unterscheiden ist jedoch die zweckentsprechende intensivere Nutzung<br />
der Dienstbarkeit (häufigeres Befahren, Durchfahren mit Motorfahrzeugen anstatt<br />
mit Pferdekutschen).<br />
Der Dienstbarkeitsinhalt ist im Hauptbuch mit einem Stichwort angegeben. Der<br />
genaue Wortlaut findet sich im Beleg. Fall Thun. Wir verlangen personenunabhänige<br />
Definitionen des Dienstbarkeitsinhaltes, bei örtlich begrenzter Ausübung<br />
der Dienstbarkeit eine Einzeichnung in einer vom Geometer ausgestellten oder<br />
anerkannten Kopie aus dem Vermessungswerk.<br />
Arten von Dienstbarkeiten:<br />
• Grunddienstbarkeiten<br />
• Personaldienstbarkeiten<br />
• Selbst. und dauernde Rechte<br />
Selbständig<br />
dauernd<br />
= frei übertragbar und vererblich<br />
= min. 30 Jahre oder auf unbestimmte Zeit (bei Baurechten<br />
höchstens 100 Jahre)<br />
Dienstbarkeitliche Ausgestaltung am Beispiel des Baurechts: ••.<br />
Inhalt: es kann ein Bauwerk auf einer Liegenschaft durch Errichtung einer Baurechtsdienstbarkeit<br />
ins Sonderrecht des Baurechtsberechtigten gestellt werden<br />
(Art. 675, 779 ZGB)<br />
Ausgestaltung möglich als Grunddienstbarkeit, Personaldienstbarkeit oder selbst.<br />
und dauerndes Recht (Beizug des Nachffihrungsgeofl71eterS für Plangrundlage<br />
nötig). Egal, welche rechtliche Ausgestaltung das Baurecht aufweist, der Inhalt,<br />
die baulichen Möglichkeiten des Baurechtsberechtigen sind dieselben, nur für<br />
den Rechtsverkehr ergeben sich Unterschiede.<br />
Grundlasten<br />
Beinhalten eine Leistungspflicht des belasteten Grundeigentümers, ein persönliches<br />
Tun. Die Leistung muss<br />
sich aus der Art der belasteten Grundstückes ergeben oder (bei Realgrundlasten)<br />
der wirtschaftlichen<br />
Bestimmung des herrschenden Grundstückes dienen.<br />
Beispiel:<br />
Grundlast Wärmelieferungspflicht zu Lasten eines Grundstückes mit einer Heizanlage<br />
zu Gunsten von Grundstücke mit Wärmebedarf (Heizungsanlage).<br />
<strong>Bulletin</strong> 02 - 2000 11
Grundpfandrecht<br />
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Ist ein Verwertungsrecht, aus dessen Erlös man sich bezahlt machen kann,<br />
wenn der Schuldner nicht zahlt. Es ist nicht nötig, dass der Schuldner auch der<br />
Grundeigentümer ist.<br />
Ein Grundstück kann als Einzelpfand eingesetzt werden, mehrere Grundstücke<br />
können für das gleiche Grundpfandrecht als Gesamtpfand eingesetzt werden.<br />
Bei landwirtschaftlichen Grundstücken gilt die Belastungsgrenze nach BGBB. Ein<br />
Gesamtpfand unter Grundstücken, die dem BGBB unterstellt sind und solchen,<br />
die dem BGBB nicht unterstellt sind, ist untersagt.<br />
Arten von Grundpfandrechten:<br />
Schuld brief<br />
Gru nd pfa ndversch rei bu ng<br />
Gült<br />
Der Schuldbrief kann auf den Namen des Gläubigers oder auf den Inhaber ausgestellt<br />
sein. Namenschuldbriefe werden durch Indossament. Inhaberschuldbriefe<br />
durch Übergabe des Dokumentes an den neuen Gläubiger übertragen.<br />
Der Schuldbrief ist ein Wertpapier, welches jederzeit wieder neu belehnt werden<br />
kann. Bei Rückzahlung einer Forderung geht er nicht unter.<br />
Die Grundpfandverschreibung besteht nur aus dem Grundbucheintrag, es gibt<br />
kein Wertpapier, höchstens eine Bescheinigung über den vollzogenen Grundbucheintrag.<br />
Die Grundpfandverschreibung dient nur für ein Schuldverhältnis, bei<br />
Abzahlung dieser Schuld muss sie gelöscht werden.<br />
Grundpfandrechte können vertraglich vereinbart werden (Kreditgeschäfte).<br />
Höchstzinsfuss im Grundbuch, gilt nur für die Zinsberechnung im Verwertungsfall.<br />
Zum Schutz der Gläubigerrechte gibt es folgende gesetzlichen Grundpfandrechte<br />
(welche nur als Grundpfandverschreibungen im Grundbuch eingetragen werden<br />
können):<br />
Stockwerkeigentümergemeinschaft ZGB 712 i<br />
Heimfallsentschädigung Baurecht ZGB 779 d<br />
Baurechtszinssicherung ZGB 779 i<br />
Verkäufer ZGB 837<br />
Miterben ZGB 837<br />
Gemeinder ZGB 837<br />
Bauhandwerker ZGB 837<br />
pfründer OR 523<br />
12 <strong>Bulletin</strong> 02 - 2000
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Diese Grundpfandrechte entstehen erst mit der Eintragung im Grundbuch, es<br />
besteht aber gegenüber dem Grundeigentümer ein Anspruch auf Eintragung.<br />
Vormerkungen<br />
Persönliche Rechte (Vorkaufsrecht, Kaufsrecht, Rückkaufsrecht, Miete*)<br />
Verfügungsbeschränkungen (vom Richter verfügte Verfügungsbeschränkung,<br />
vom Betreibungsamt verfügte Pfändung oder Pfandverwertung)<br />
Vorläufige Eintragungen (Rangsicherung durch Vormerkung z.B. beim Bauhandwerkerpfandrecht,<br />
Gewinnanspruch gemäss BGBB)<br />
* Die Vormerkung des Mietvertrages (OR 261 b) bewirkt, dass der Erwerber bis<br />
zum Ablauf der festen Mietdauer auch keinen Eigenbedarf geltend machen kann.<br />
Das Wesen von Vorkaufsrecht und Kaufsrecht/Rückkaufsrecht<br />
Beim Vorkaufsrecht ist der aktuelle Grundeigentümer in der aktiven Rolle. Sofern<br />
er verkaufswillig ist, und den Vorkaufsfall herbeiführt, kann der Vorkaufsberechtigte<br />
sein Recht ausüben und erhält gegenüber dem Drittkäufer den Vorzug<br />
oder er kann auf die Ausübung des Rechtes verzichten. Beim limitierten Vorkaufsrecht<br />
gilt ihr den Berechtigten die vereinbarte Preisbestimmung, zu welcher<br />
er das Grundstück erwerben kann.<br />
Das Recht kann nur ausgeübt werden, wenn der Vorkaufsfall eintritt, also, wenn<br />
der Verkäufer Ware gegen Geld oder andere vertretbare Sachen einhandeln will.<br />
Kein Vorkaufsfall liegt also vor beim Tausch- Abtretungs- oder Schenkungsvertrag,<br />
weil die Gegenleistung nicht von jedermann erbracht werden kann oder es<br />
auf die Person des Erwerbers ankommt.<br />
Beim Kaufsrecht/Rückkaufsrecht sind Bedingungen vereinbart, bei deren Eintritt<br />
der Berechtigte sein Recht ausüben kann oder nicht. Nach Vereinbarung eines<br />
solchen Rechtes spielt der Eigentümer des belasteten Grundstückes eine<br />
passive Rolle. Er darf den Eintritt der vereinbarten Bedingung weder fördern<br />
noch hindern und ist mehr oder weniger dem Zufall und dem Willen des Berechtigen<br />
ausgeliefert.<br />
Um nicht dem Missbrauch Tür und Tor zu öffnen, ist bei Ausübung von Vorkaufs<br />
Kaufs- und Rückkaufsrechten für den Grundbucheintrag des Erwerbers in jedem<br />
Fall die Eintragungsbewilligung des belasteten Grundeigentümers nötig.<br />
<strong>Bulletin</strong> 02 - 2000 13
Anmerkungen<br />
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Die Anmerkungen haben keinen Rang und wirken nur deklaratorisch, also nicht<br />
rechtsbegründend und weisen auf etwas hin, was für den Grundeigentümer<br />
wichtig ist.<br />
Beispiele:<br />
Veräusserungsbeschränkung nach BVG<br />
Zweckentfremdungsverbot, Kaufs- und Vorkaufsrecht nach WEG<br />
Grundbuchsperre<br />
Eigentumsübertragung zustimmungsbedürftig<br />
Konkurs<br />
Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft<br />
Nutzungs- und Verwaltungsordnung<br />
Zugehör<br />
Kunstaltertum<br />
Dem BGBB unterstellt<br />
Dem BGBB nicht unterstellt<br />
Rangregelung<br />
Die Einschreibungen im Grundbuch erhalten ihren (zeitlichen) Rang gemäss ihrer<br />
Einschreibung im Tagebuch.<br />
Die Grundpfandrechte unter sich haben eine Reihenfolge der Pfandrechtsränge,<br />
dies legt die Reihenfolge fest, nach welcher sie im Fall der Pfandverwertung befriedigt<br />
werden.<br />
Die Rangfolge kann durch vertragliche Abmachung geändert werden.<br />
Im Zwangsverwertungsverfahren von Bedeutung sind die Rangreihenfolge zwischen<br />
den Dienstbarkeitslasten, Grundlasten, Grundpfandrechten und einigen<br />
Vormerkungen.<br />
Geht eine Last einem Grundpfandrecht nach, kann der Gläubiger im Zwangsverwertungsfall<br />
(nach Voranmeldung beim Betreibungs- bzw. Konkursamt) den<br />
Doppelausruf verlangen. Resultiert beim 2. Ausruf (ohne die betreffende Last)<br />
ein höherer Erlös, fällt die Last von Amtes wegen dahin und ist bei der Anmeldung<br />
des Eigentumsübergangs infolge Zwangsverwertung von Amtes wegen löschen<br />
zu lassen.<br />
14 <strong>Bulletin</strong> 02 - 2000
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Beispiel:<br />
Anhand der Grundbucheinträge ergibt sich folgende Rangsituation<br />
12.01.1933<br />
25.05.1995<br />
31.07.1998<br />
Schuldbrief Fr. 10'000.--, 5 %<br />
Schuldbrief Fr. 200'000.--,10%<br />
Nutzniessung zG Gasser Peter<br />
I. Rang<br />
11. Rang<br />
Der Gläubiger des Schuldbriefes im I. bzw. im 11. Rang hat der nachträglichen<br />
Errichtung der Nutzniessung nicht zugestimmt. Beide können nun verlangen,<br />
dass das Grundstück in einem 11. Ausruf (= Doppelausruf) nochmals angeboten<br />
wird, jedoch ohne die Last Nutzniessung. Ergibt sich ein höheres Angebot, fällt<br />
die Nutzniessung weg. Sie muss im Grundbuch bei Anmeldung des Eigentumsübergangs<br />
vom Betreibungs- und Konkursamt zur Löschung beantragt werden.<br />
Der Nutzniessungsberechtigte kann sich gegen die Folge der Löschung nur<br />
wehren, indem er das Grundstück selbst ersteigert und Eigentümer wird oder vor<br />
der Versteigerung mit dem Gläubiger der Schuldbriefe Kontakt aufnimmt und eine<br />
Lösung sucht, damit nicht der Doppelausruf verlangt werden wird.<br />
Bei Errichtung der Nutzniessung oder später wäre jedoch eine vertragliche Rangregelung<br />
möglich gewesen, indem die Gläubiger der Schuldbriefe gegenüber<br />
dem Last-Eintrag der Nutzmessung den Nachgang erklärt hätten.<br />
Bezüglich beschränkten dinglichen Rechten und Vormerkung ist die Rangfolge<br />
des Datums zu berücksichtigen unter Einschreibungen auf den Anteilen und dem<br />
Stammblatt. Grundpfandrechte auf dem Stamm blatt gehen den Grundpfandrechten<br />
auf den Anteilen laut Gesetz vor.<br />
Die Einschreibungen auf einem selbst. und dauernden Recht bilden ein separates<br />
Objekt, hingegen nimmt der Lasteintrag eines SDR auf dem "belasteten"<br />
Grundstück an der Rangfolge bezüglich Datum teil. Steht also ein Lasteintrag<br />
eines SDR im Nachgang zu einem Grundpfandrecht, ist im Fall der Zwangsverwertung<br />
ein Doppelausruf und allenfalls der ganze Wegfall des SDR möglich!<br />
Auch die Vormerkung Pfändung nimmt also an der Rangreihenfolge teil, mit der<br />
Konsequenz, dass zuerst die Gläubiger der bereits eingetragenen Grundpfandrechte<br />
voll befriedigt werden müssen. Ist dies nicht der Fall, darf das Grundstück<br />
nicht an den Bieter übertragen werden, und der Pfändung war kein Erfolg beschieden.<br />
Die Angabe der PfandsteIle unter den Grundpfandrechten gibt die Reihenfolge<br />
an, in welcher die Grundpfandgläubiger befriedigt werden. Ansprüche aus unmittelbar<br />
gesetzliche Pfandrechten, welche ohne Grundbucheintrag bestehen,<br />
sind jedoch noch vorab zu befriedigen.<br />
<strong>Bulletin</strong> 02 - 2000 15
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
BG über das bäuerliche Bodenrecht BGBB<br />
Das BGBB definiert den Begriff des landw. Gewerbes (sofern es nicht seit min. 6<br />
Jahren ganz oder teilweise rechtmässig parzellenweise verpachtet ist) und des<br />
landw. Grundstückes. Ein landw. Gewerbe kann aus einem oder mehreren<br />
landw. Grundstücken bestehen, die zusammen eine entsprechende wirtschaftliche<br />
Einheit bilden. Eine Summe einzelner landw. Grundstücke ohne diesen inne<br />
ren Zusammenhang bilden kein Gewerbe (also kein Zusammenrechnen mehrerer<br />
landw. Einzelgrundstücke).<br />
Alle Geschäfte über Eigentumsübertragungen sind in einen der folgenden Abläufe<br />
integrierbar:<br />
Erbteilung! Aufhebung von vertraglich begründetem gemeinschaftlichem Eigentum<br />
I Veräusserungsverträge<br />
Zu Gunsten der Selbstbewirtschafter besteht ein Zuweisungsanspruch, welcher<br />
Ihr landw. Gewerbe zum Ertragswert und Ihr landw. Grundstücke zum doppelten<br />
Ertragswert geltend gemacht werden kann.<br />
Für den Pächter besteht ein gesetzliches Vorkaufsrecht.<br />
Für das landw. Gewerbe ist zu beachten:<br />
- das Veräusserungsverbot während 10 Jahren, wenn das Gewerbe aus der<br />
Erbteilung, aus der Auflösung von gemeinschaftlichem Eigentum auf Vertragsbasis<br />
oder durch Ausübung des Vorkaufsrechtes zur Selbstbewirtschaftung<br />
übernommen wurde. Bei Erwerb durch Veräusserungsgeschäft besteht<br />
während 10 Jahren ein Kaufs- bzw. Rückkaufsrecht.<br />
- Zustimmungserfordernis des mitbewirtschaftenden Ehegatten<br />
Für den Erwerb eines landw. Grundstückes oder Gewerbes ist die Erwerbsbewilligung<br />
erforderlich, sofern das Grundstück min. 25 Aren Fläche aufweist. Bewilligungen<br />
erteilt der Regierungsstatthalter.<br />
Für landw. Gewerbe ist das Realteilungsverbot zu beachten, Ausnahmen bewilligt<br />
der Regierungsstatthalter.<br />
Für landw. Grundstücke ist das Zerstückelungsverbot zu beachten, Ausnahmen<br />
(Unterschreitung der Mindestfläche von 36 Aren) bewilligt der Regierungsstatthalter.<br />
Für landw. Grundstücke gilt die Belastungsgrenze (135 % des Ertragswertes),<br />
Ausnahmen bewilligt der Regierungsstatthalter.<br />
Je nach Beurteilung, was für ein Grundstück vorliegt, kann das BGBB voll, nicht<br />
oder teilweise darauf Anwendung finden.<br />
16 <strong>Bulletin</strong> 02 - 2000
Das BGBB gilt für:<br />
- Landw. Gewerbe ausserhalb Bauzone<br />
- Landw. Grundstücke ausserhalb<br />
Bauzone<br />
- Grundstücke und Grundstückteile<br />
mit landw. Gebäuden und Anlagen,<br />
einschliesslich angemessenem<br />
Umschwung, die in einer Bauzone<br />
liegen und zu einem landw. Gewerbe<br />
gehören<br />
- Waldgrundstück, das zu landw.<br />
Gewerbe gehört (Art. 25 WaIdgesetz<br />
beachten)<br />
Grundstücke, die zum Teil innerhalb<br />
der Bauzone liegen (und nicht<br />
gemäss Nutzungszonen aufgeteilt<br />
sind: Anspruch auf Teilung Art.<br />
60,lit.a)<br />
- Grundstücke mit Gemischter Nutzung<br />
(Anspruch auf Teilung Art.<br />
60,lit.a)<br />
- Anteils- und Nutzungsrechte an<br />
Allmenden, Alpen, Wald und Weiden,<br />
die im Eigentum von AIImendgenossenschaften,Alpgenossenschaften,WaIdkorporationen<br />
oder ähnlichen Körperschaften<br />
stehen.<br />
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Geltungsbereich BGBB<br />
Das BGBB gilt nicht für:<br />
- Landw. Gewerbe ganz in Bauzone<br />
gelegen<br />
- Nichtlandw. Grundstück in Landwirtschaftszone<br />
(soweit nicht zu landw.<br />
Nebenbetrieb, eng verbunden mit<br />
landw. Gewerbe)<br />
- Waldgrundstück nicht zu landw.<br />
Gewerbe gehörend (Art. 25 Waldgesetz<br />
beachten)<br />
- Landw. Grundstück in Bauzone,<br />
sofern nicht Wohn- oder Oekonomiegebäude<br />
zu einem landw. Gewerbe<br />
enthaltend, zudem die übrigen<br />
Grundstücke ausserhalb der<br />
Bauzone liegen<br />
Das BGBB gilt teilweise für:<br />
Landw. Grundstücke mit weniger als 25 Aren (Rebland mit weniger als 10 Aren),<br />
die nicht zu einem landw. Gewerbe gehören<br />
bezüglich:<br />
- Gewinnansprüche (soweit zur landw. Nutzung, d.h. unter Verkehrswert erworben)<br />
- Grenzverbesserungen (Art. 57)<br />
Belastungsgrenze (Art. 73 ff.)<br />
Nichtlandw. Grundstücke zu einen nichtlandw. Nebenbetrieb, der mit einem<br />
<strong>Bulletin</strong> 02 - 2000 17
landw. Gewerbe eng verbunden ist.<br />
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
bezüglich:<br />
- Zuweisungsanspruch der Erben (Art. 15., Abs. 2)<br />
- Ausdehnung Vorkaufsrechte (Art. 51)<br />
Das BGBB gilt bezüglich Vorschriften zum landw. Gewerbe nicht tür:<br />
- Landw. Grundstücke, die zu parzellenweise verpachtetem landw. Gewerbe<br />
gehören (Art. 8)<br />
- Landw. Grundstücke, die mit behördlicher Bewilligung vom landw. Gewerbe<br />
abgetrennt werden.<br />
Wohnung der Familie (Art. 169 ZGB)<br />
Will ein Ehegatte über ein Grundstück grundbuchlich verfügen, das die Wohnung<br />
der Familie betrifft, muss der andere Ehegatte zustimmen.<br />
Eine Verfügung des Zivilrichters kann die fehlende Zustimmung des andern Ehegatten<br />
notfalls ersetzen.<br />
BG über die direkten Bundessteuern (Art. 172)<br />
Hat der Veräusserer Wohnsitz im Ausland und ist nur aufgrund von Grundbesitz<br />
in der Schweiz steuerpflichtig, darf der Erwerber nur mit Einwilligung der kt.<br />
Steuerverwaltung (bei natürlichen Personen Veranlagungsbehörde am Ort des<br />
gelegenen Grundstücks, bei jur. Personen Abt. jur. Personen in Bern) im<br />
Grundbuch eingetragen werden.<br />
Lex Friederich<br />
Personen, die als Person im Ausland gelten, dürfen nur mit Bewilligung des Regierungsstatthalters<br />
(am Ort der gelegenen Sache) Grundstücke oder bedeutende<br />
Rechte an solchen erwerben.<br />
Keine Bewilligung benötigen:<br />
Ausländer mit Niederlassungsbewilligung (Ausweis "CU).<br />
Ausländische gesetzliche Erben im Sinne der Schweizer Rechtes im Erbgang.<br />
Ausländische Verwandte des Veräusserers in auf- und absteigender Linie sowie<br />
dessen Ehegatte.<br />
Eine natürliche Person, welche erklärt, das Grundstück als Hauptwohnung an<br />
ihrem rechtmässigen Wohnsitz zu erwerben.<br />
Eine juristische Person, welche nicht als ausländisch beherrscht anerkannt ist.<br />
Eine juristische Person, welche erklärt, das Grundstück als ständige Betriebsstätte<br />
eines Gewerbes zu erwerben.<br />
18 <strong>Bulletin</strong> 02 - 2000
EIN BLICK INS GRUNDBUCH<br />
Handänderungs- und Pfandrechtssteuern<br />
Der Eigentumserwerb ist grundsätzlich steuerpflichtig. Die Grundbuchämter beziehen<br />
von der Gegenleistung für den Grundstückerwerb die Handänderungssteuer.<br />
Der Normalsatz beträgt 1,8 % und der reduzierte Satz für Nachkommen und<br />
Ehegatten 0,9 % von der Gegenleistung.<br />
Erfolgt keine Gegenleistung (z.B. bei reiner Schenkung) wird keine Steuer erhoben.<br />
Von den neu errichteten Grundpfandrechten wird eine Steuer von 0,25 der<br />
pfandsumme erhoben. Gesetzliche Grundpfandrechte sind steuerfrei.<br />
Die bernischen Grundbuchämter liefern dem Kanton pro Jahr zwischen 70 und<br />
100 Mio. Fr. brutto ab.<br />
Gebühren<br />
Die Einschreibungen und Änderungen von Grundbucheinträgen, Vor- und Anmerkungen<br />
sind gebührenpflichtig gemäss kt. Gebührenordnung, erlassen durch<br />
den Regierungsrat.<br />
Löschungen sind gebührenfrei.<br />
Öffentliche Beurkundung I Notariat<br />
Die meisten Geschäfte betreffend dingliche Rechte an Grundstücken müssen<br />
laut gesetzlicher Vorschrift öffentlich beurkundet abgefasst werden. So die Verträge<br />
auf Eigentumsübertragung (Kauf, Tausch, Schenkung), gewisse Dienstbarkeitsverträge<br />
(Nutzniessung, Wohnrecht, selbst. u. dauerndes Baurecht), Dienstbarkeitsverträge,<br />
die gesetzliche Eigentumsbeschränkungen aufheben oder abändern<br />
(Grenz- und Näherbaurechte, Nutzungstransport), Grundpfandverträge,<br />
Errichtung von Vorkaufsrecht mit Preisbestimmung, Kaufsrecht usw.<br />
In einfach-schriftlicher Form möglich sind z.B. Erbteilungsvertrag, Dienstbarkeitsverträge<br />
ohne Abänderung oder Aufhebung gesetzlicher Eigentumsbeschränkungen,<br />
Vorkaufsrechte ohne Preisbestimmung.<br />
Zur Beurkundung von Verträgen betr. dinglichen Rechten und Vormerkungen an<br />
bernischen Grundstücken ist jeder bernische Notar auf dem ganzen Kantonsgebiet<br />
zuständig.<br />
Es ist empfehlenswert, sich auch für Verträge, die in einfach-schriftlicher Form<br />
gültig sind, durch einen Notar beraten zu lassen.<br />
<strong>Bulletin</strong> 02 - 2000 19